Apokalypse & Filterkaffee: Heimspiel: Sawsan Chebli

Micky Beisenherz & Studio Bummens Micky Beisenherz & Studio Bummens 10/1/23 - Episode Page - 43m - PDF Transcript

Viel Spaß bei dieser Folge wünscht ihr Vodafone und die Giga-Kombi, ob Internet, TV oder Mobilfunk in jeder Kombi, steckt mehr für dich drin.

Apokalypse und Filtercafé, Heimspiel, das Interview am Sonntag mit Wolfgang Heim.

Sie ist Politikwissenschaftlerin und war selbst in der Politik. Sie ist Migrantin, Muslima und Feministin.

Sie ist Bloggerin und Aktivistin. Sie kämpft gegen Rassismus und Sexismus und bekommt selbst jede Menge Hass ab.

Herzlich willkommen, Safsan Shepli.

Wir zeichnen auf an einem Nachmittag um 17 Uhr. Du hast Wert darauf gelegt, dass wir relativ zügig loslegen, weil zu Hause gibt es jemanden, der wartet.

Ja, mein Sohn.

Drei Jahre alt?

Der ist drei, genau.

Der um halb acht ins Bett gebracht wird. Mit welcher Geschichte heute Nacht?

Ich weiß nicht, er darf sich aus den ganz vielen Büchern, die er hat, eins aussuchen und ich weiß nicht, was es heute ist.

Ob es die besten Freunde sind oder der Wahl oder das Flugzeug oder ich weiß es nicht.

Ein schönes Ritual, das sich bewährt hat?

Ja, auf jeden Fall ist was ganz Tolles.

Was ich schade finde, wir reden ja beide arabisch mit ihm, dass ich ihm nichts auf arabisch vorlesen kann, weil das arabisch ist immer hoch arabisch und das sprechen wir halt nicht so und das spricht er nicht.

Und deswegen würde er es nicht verstehen, weshalb ich ihm Bücher auf Deutsch und Englisch vorlese.

Er spricht drei Sprachen, aber arabisch vorlesen geht leider nicht.

Drei Sprachen, also Deutsch, Englisch und Arabisch. Also wenn du dir anhörst, was bei ihm dann rauskommt, ist es eine Mixtur von allen drei Sprachen oder trennt er auch schon sehr griebig?

Also mit seinem Vater spricht er schon eher konsequent arabisch.

Bei mir mixt er, weil ich leider auch mixe. Also er fängt einen Satz auf arabisch an, beendet ihn auf Deutsch und in der Kita spricht er halt Englisch und Deutsch.

Und wir haben Freunde, die uns ein bisschen helfen, die reden auch nur Englisch und da redet er halt auch nur Englisch.

Das Leben mit Kindern, wenn sie denn auf der Welt sind, ändert sich dramatisch, war sicher in deinem Fall auch so.

Du warst im Übrigen auch bis Ende 2021 insofern aktiv in der Politik, als du bevollmächtigte warst, das Landes Berlin in Zusammenhang mit dem Bund, mit der Bundesrepublik Deutschland.

Und du hattest auch noch den Titel Staatssekretärin für, wie war da die komplette Bezeichnung?

Staatssekretärin für bürgerschaftliches Engagement und Internationales.

Wie sehr fehlen dir die beiden Jobs?

Ich habe das total gerne gemacht. Ich war unglaublich gern bevollmächtigte. Viele wissen ja überhaupt nicht, was das ist.

Ich war quasi Berlins Stimme im Bundesrat, habe den ganzen Prozess im Hintergrund organisiert, koordiniert,

dass Berliner Verhalten im Bundesrat gegenüber zum Beispiel Gesetzesvorhaben der Bundesregierung koordiniert, eigene Berliner Initiativen auf den Weg gebracht.

Das hat unglaublich viel Spaß gemacht.

Ich habe da eine ganz andere Welt kennengelernt und ich war auch gerne Staatssekretärin, vor allem bürgerschaftliches Engagement, da ging es konkret um Demokratie stärken.

Was ein bisschen schwierig war, weil Staatssekretärin wird man nicht als Politiker gesehen, sondern der Job ist es, es ist ein Beamtenjob eigentlich.

Aber ich habe mich immer als Politikerin gesehen und habe den auch so ausgefüllt, den Job, was dann nicht immer so einfach war in der Umsetzung und bei das zusammenzubringen.

Aber wenn du mich jetzt fragst, irgendwie fehlt mir dieses ganze politische Leben, ja es fehlt mir schon sehr und ich bin schon leidenschaftliche Politikerin.

Was diesen Job als Staatssekretärin angeht, so wie du es gerade geschildert hast, hast du natürlich auch vermutlich relativ viel mit der unfassbar effektiven Berliner Verwaltung zu tun gehabt oder nicht?

Ja, also ehrlich gesagt, als ich in die Senatskanzlei gekommen bin, war ich denn doch überrascht, dass vieles besser lief, als ich mir das vorgestellt habe.

Da gibt es sehr, sehr engagierte Leute, mit denen man auch gut zusammenarbeiten kann.

Ich hatte ein sehr tolles Team, das sage ich jetzt nicht nur so, ich müsste es nicht, wenn mich kennt, weiß, dass ich auch nicht die Klappe halte, wenn es da wirklich komplett anders gelaufen wäre.

Ich hatte sehr starkes Team, ich konnte nur so stark performen, weil das Team auch so gut war.

Aber es gab natürlich auch das Klassische, was man halt auch kennt, Leute, die Dienst nach Vorschrift machen, die dann gesagt haben, es ist nicht meine Zuständigkeit, mache ich nicht und dann habe ich halt Sachen einfach alleine gemacht, wenn andere nicht mitgezogen haben.

Aber so diese Schwerfälligkeit, die man für Berliner Verwaltung von außen kennt, ich glaube, so eine Senatskanzlei muss auch anders funktionieren als sozusagen Operationszentrale eines Landes.

Ich finde immer, man kann jeden Menschen motivieren auch anders und mehr zu arbeiten, wenn man das richtig macht.

Hast du dann auch in diesem Job Menschen in Meetings und in Sitzungen kennengelernt, deren Hauptaufgabe darin bestand, sehr ausführlich und sehr umständlich zu erklären, warum das eine geht und das andere nicht?

Auf jeden Fall. Ich glaube es auf jeden Fall auch.

Aber das hat mich ehrlich gesagt ganz selten davon abgehalten, Dinge zu machen, von denen ich dachte, dass sie richtig wären und dann habe ich es dann irgendwie doch gemacht.

Jetzt also, ich weiß nicht, ob man sagen kann, der Bruch, aber es ist natürlich schon ein gänzlich anderes Leben.

Inwiefern denkst du, wirst du an diese beiden Jobs, die jetzt nicht mehr da sind, irgendwann beruflich nochmal anknüpfen?

Das kann ich dir stand heute nicht sagen, aber am Bruch ist es ja nicht, weil ich bin ja immer noch eine politische Person.

Ich werde auch als Politikerin geframed und gelesen, ich werde als Politikerin eingeladen.

Ich habe die Öffentlichkeit heute, so wie ich sie damals hatte, also ich kann Diskussionen mit Anstoßen in deutschland politische Diskussionen auch mitmischen bei Debatten.

Da hat sich ehrlich gesagt so wenig verändert.

Ich bin immer noch superpolitisch aktiv, auch wenn ich heute keine Funktion habe und als Autorin und Kolumnistin und als Selbstständiger eigentlich ja unterwegs bin.

Das kannst du aber, wenn du einmal Politik gemacht hast mit dieser Sichtbarkeit, mit der ich es immer gemacht habe,

das hört ja dann nicht auf. Ein Sigmar Gabriel wird nie aufhören auch Politiker zu sein, auch wenn er nicht mehr Politik macht.

Das behältst du und ich finde es auch gut.

Apropos Sigmar Gabriel, der war am Ende seiner politischen Karriere Außenminister der Bundesrepublik Deutschland.

Du wiederum warst davor, ich glaube für einen Zeitraum von zwei Jahren, stellvertretende Sprecherin des Außenministeriums.

Damals war der Außenminister noch Frank Walter Steinmeier, korrekt?

Ja, richtig.

Was waren da die prägenden Erinnerungen an diese Zeit?

Das war für mich die krasseste Zeit meines Lebens, also krass im Sinne von ich bin so gewachsen in der Zeit.

Ich habe so viel gelernt, man muss sich vorstellen, sämtliche Krisen dieser Welt sind in diese Zeit gefallen.

Also Krim-Annektion, Brexit, Trump, die Flüchtlingskrise, Griechenland, also Euro-Krise, alles war zu dem Zeitpunkt.

Das war eine Aufeinanderreihung von Krisen. Wir kamen aus dem Krisenmodus gar nicht raus.

Und als Sprecherin ist man ja sehr, sehr nah dran.

Man gehört zu dem engsten Stab des Ministers, reist viel mit.

In meiner Zuständigkeit waren zum Beispiel jeden Monat den Außenrat mit dem Minister zu machen, also Außenrat in Brüssel.

Außenminister treffen in Europa, das habe ich jeden Monat gemacht.

Und natürlich vieles andere mehr, aber das hat mich unglaublich geprägt.

Wie wichtig war denn in dieser damaligen Zeit ein persönlich gutes Verhältnis zu dem, dessen Stimme man schlussendlich dann auch ist?

Das A und O. War das von Anfang an bei euch so oder hat sich das im Laufe der Zeit erst ergeben?

Frank-Weiter-Steimer und ich kannten uns ja von früher. Ich bin ja keine Karriere-Diplomatin, sondern er hat mich ins Amt geholt.

Ich gab auch mit einem Ziel, auch dem Amten noch mal ein anderes Profil zu geben.

Das wurde ja medial unglaublich rezipiert. Weltweit gab es Schlagzeilen.

So erste muslimische Sprecherin, Deutsche mit palästinensischen Wurzeln wird Sprecherin im Außenministerium.

Also da gab es wirklich weltweit Berichterstattungen.

Und ich glaube, das war auch sein Ziel, um zu zeigen, wir sind offen in Deutschland auch für Biografien wie meine.

Und er wollte mir auch, glaube ich, helfen, dem politischen Weg weiterzugehen.

Ich war ja, vorher hatte ich ja auch keine Sprecherin-Erfahrung.

Unsere Beziehung, wir kannten uns vorher, aber die ist natürlich im Laufe der Zeit unglaublich gewachsen und wir sind heute noch eng und befreundet.

Wie groß war der Stress damals, nicht nur für dich, sondern auch für all die anderen im Hintergrund und schlussendlich natürlich auch für den Außenminister selbst?

Also ich war ständig auf 180, ich habe wenig geschlafen in der Zeit, noch weniger als jetzt.

Wir standen massiv unter Druck einfach und die ganze Zeit.

Und als Sprecherin arbeitest du halt vom Montag bis Sonntag und hast eigentlich nie Ruhe, weil permanent passiert was.

Permanent die Medienrezeption, du liest ständig was los ist in den Medien und immer musst du bereit sein, zu agieren und zu handeln.

Und da gibt es eigentlich keine Pause, es war, es war ein unglaublich exzessiver, anstrengender, emotional aufwührender Job,

aber der auf der anderen Seite, dadurch, dass man so viel mitbekommt und auch an der einen oder anderen Stelle auch Einfluss hatte, ich möchte es nicht missen.

Es war unfassbar hart, also körperlich auch, aber sehr, sehr, sehr bereichernd.

Wer gibt denn eigentlich auf diesem Parkett die Sprachregelung vor und welche Fehler kann man machen?

Ich habe da schon den einen oder anderen Fehler gemacht.

Ich kann mich erinnern, als es zum Abschuss der Maschine in der Ukraine kam, MH17, können uns erinnern.

Mit 300 Toten?

Ja, es war echt krass und das war der Tag, an dem ich zur Regierungspressekonferenz musste, die ja sonst regelmäßig der Sprecher gemacht hat,

ich war ja Stellvertreterin und ich bin da rein und wurde natürlich danach gefragt und hatte mich zwar sprachlich mit dem Haus,

natürlich, so läuft das ab, man stimmt sich ab im Haus, man stimmt sich ab mit dem Minister, wobei Frank-Walter Steinmeier dem Sprecher und mir sehr viel Raum gegeben hat in unserer Sprache.

Also ich weiß von anderen Sprecherinnen, dass sie jede Kommunikation absprechen mussten, das mussten wir beide nicht, der hat uns vertraut, hat uns sehr viel Raum gegeben.

Wir haben nur in den Fällen, wo es Heikel war, wo wir wussten, da muss das jetzt auch sitzen und er muss auch wissen, was wir hier sagen,

haben wir die Sprache auch abgestimmt und in dem Fall hatte ich mich schon abgestimmt, ich glaube er war auf Reisen,

aber nicht im Detail und habe dann so ein Satz gesagt, wie jetzt reicht es.

Und mit diesem jetzt reicht es, war ich in allen Medien und zwar als Aufmacher.

Und so nach dem Motto Kriegserklärung Deutschlands an Russland.

Und ich glaube, es fand er nicht so toll, aber er hat es mir nie gesagt, aber ich glaube er fand es tatsächlich nicht so toll,

es ist ja auch nicht seine Sprache, es ist überhaupt nicht seine Art zu reden und du musst als Sprecher eher so sprechen, wie der Minister auch sprechen würde.

Und ja, aber in dem Fall war ich so emotional aufgewühlt und mir ist es ja auch an anderer Stelle nicht so leicht gefallen,

ich gesagt diese Diplomaten Sprache zu verwenden, sondern ich war, ich bin ja zu sehr auch Politikerin,

als dass ich so einen nüchternen Sprech da einfach so runterrattern kann.

Mir hat man öfter angesehen, dass ich mich unwohl gefühlt habe bei der anderen Sprache, die ich da von mir gegeben habe.

Du hast ja vorhin schon aufgezählt, was alles war, also Trump ist auf der Bildfläche erschienen, es gab den Brexit, es gab die EU-Auseinandersetzungen wegen Griechenland,

es gab die Krim, die Flüchtlingskrise, mit anderen Worten, es gab auch in den jeweiligen Ländern,

nehmen wir mal die Türkei, Russland, USA, London, auch die jeweiligen Botschafter, mit denen ihr ja da auch Kontakt hattet.

Meinst du jetzt unsere Deutschen?

Die deutschen Botschafter, genau.

Und bei denen man ja möglicherweise auch beim einen das Gefühl hatte, dass er seinen Job ein Tick besser macht und souveräner macht als der andere.

Ich meine, die Diplomaten sind nicht alle gleich, ist ja klar, es gab Botschafter, die aus meiner Sicht das sensationell gemacht haben.

So stelle ich mir das vor, ich will keinen Namen nennen ehrlich.

Der gut einen, der seinen Job gut gemacht hat.

Ich finde zum Beispiel unser, ja, genau, der wird ja immer erwähnt.

Ich finde, er hat das, der Erdmann, der hat ja fast sein Zuhause im Türkischen Außenministerium.

Zwei, ich muss heute belachen, aber das war schon, der wurde so oft einbestellt, der arme Mann.

Wegen Böhmermann.

Ja, und auch, weiß gar nicht, ob es nur Böhmermann, aber Böhmermann war schon der Pieck so.

Und ich finde, er hat das wirklich gut gemacht.

Es war keine leichte Zeit für ihn in deiner Türkei.

Und trotzdem, glaube ich, war es gut, dass ein Erdmann zu dem Zeitpunkt an der Stelle war.

Savzan, um diesen Themenkomplex abzuschließen, es gibt jetzt einen neuen deutschen Botschafter in Moskau.

Graf Lambsdorf, kann es sein, dass der aktuell den mit Abstand schwierigsten Job hat?

Er hat auf jeden Fall einen verdammt harten Job, aber ich traue dem Graf Lambsdorf zu,

einen guten Job zu machen.

Ich kenne ihn seit vielen, vielen Jahren als guten Außenpolitiker und habe da eigentlich vertrauen, dass der das gut macht.

Es ist ja schwierig in der Konstellation, es ist brutal für einen Botschafter.

Wenn wir auf deine persönliche Vita gucken, deine Eltern waren palästinensische Flüchtlinge im Libanon.

Sie kam, ich glaube, Anfang der 70er Jahre dann nach Deutschland als Asylbewerber.

Du bist das zwölfte von 13 Kindern.

Das klingt jetzt nicht nach einer wohlbehüteten Mittelstandsfamilie in Deutschland.

Wohlbehütet, ja, Mittelstand, nein.

Wir waren bitter, wir waren sehr, sehr arm, aber es war trotzdem ein Elternhaus, in dem ich viel Liebe bekommen habe.

Und auch entsprechende Förderung, oder musstest du dir da sehr viel selbst erkämpfen?

Förderung in dem Sinne, dass ich ermutigt wurde, meinen Weg zu gehen, vielleicht so.

Und auch diese hundertprozentige Sicherheit, dass da jemand ist, der mich auffängt, wenn was ist.

Das Vertrauen, dass mein Vater an mich hatte, war so gigantisch, das war so groß.

Und all das sozusagen mit oder all das zu haben, wiegt auch schon schwer.

Auch wenn man jetzt die finanzielle Förderung oder die akademische Förderung oder im Bereich der Bildung oder so, das ist natürlich alles weggefallen,

weil meine Eltern, mein Vater ist an Alphabet gestorben und meine Mutter spricht kein Deutsch und kann auch nicht Deutsch lesen und schreiben.

Deine Eltern haben, ich glaube Anfang der 90er Jahre, dann die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen.

Davor war eure Familie aber immer mal wieder von Abschiebungen bedroht.

Wie erinnerst du dieses Gefühl von Angst?

Mein Vater wurde zweimal abgeschoben, tatsächlich.

Einmal war er denn ein Jahr weg und einmal war er ein halbes Jahr weg, als er ein Jahr weg war, da war ich fünf.

Und ich erinnere mich daran, wie ich ihn in dieser Abschiebehaft besucht habe.

Ich werde es nie vergessen, ich werde nie vergessen, diese Schritte, die ich gegangen bin in seine Zelle, es war so eine ganz kleine Zelle,

und er hat auf so einer Pritsche geschlafen und es war das letzte Mal, dass ich ihn gesehen habe, bevor er ein Jahr weg war.

Ich konnte mich aber ehrlich gesagt lange nicht daran erinnern, dass es ein Jahr war, ich habe es unglaublich verdrängt.

Erst als ich jetzt das Buch geschrieben habe und mich damit auseinandergesetzt habe, ich bin ein bisschen geflohen vor der Geschichte,

ehrlich gesagt, weil sie auch weh tut.

Und als ich das Buch geschrieben habe, habe ich mit meinem Bruder und anderen gesprochen, die mir gesagt haben, er war ein Jahr weg.

Aber ich kann mich halt an diese Abschiebehaft und Abschiebezelle erinnern und an diese Angst und die Unsicherheit,

nicht nur an dem Tag, die, ehrlich gesagt, ging sie so lange bis wir eingebürgert wurden, war Angst ein permanenter Begleiter meiner Kindheit.

Wobei, also was es mit Kindern macht, wenn sie den Vater ein Gefängnis besuchen oder besuchen müssen, es gibt ja auch die Geschichte von Boris Palmer,

der seinen Vater den rebellischen Helmut Palmer in Stuttgart-Stammheim im Knast besucht hat, weil der immer mal wieder in Knast gekommen ist,

weil er sich halt gewährt hat und sich mit Gott in der Welt angelegt hat.

Und was das mit Kindern macht, ist eigentlich kaum vorstellbar.

Mich hat es geprägt und ich glaube, daraus ist der unbedingt Wille entstanden, etwas zu machen,

das mich niemals in diese Abhängigkeit von anderen bringt.

Ich glaube, das war mit dieser Trigger zu sagen, niemals werde ich zulassen, dass ihr so was mit mir macht.

Das bedeutet auch, dein Werdegang Schule, Gymnasium, Abitur, Studium, abgeschlossenes Studium,

der plant dann auch den eigenen Weg, entsprechend konsequent zu gehen?

Ja, absolut. Das liegt ganz stark in meiner Biografie und begründet und in der Tatsache,

dass ich ja früh gesehen habe, wie ohnmächtig meine Eltern waren gegenüber einem mächtigen System,

weil ich ja auch früh die Rolle übernommen habe, der Betreuerin, ich habe meine Eltern zu Ämtern begleitet,

wie viele migrantische Kinder es ja tun, weil die Eltern nicht der deutschen Sprache mächtig sind,

habe gesehen, wie sie von Beamten entschikaniert wurden und meine Eltern nichts dagegen tun konnten

und ich auch meine Klappe halten musste, weil wir Angst hatten, dass wir sonst bestraft würden.

All das habe ich mitbekommen als Kind eigentlich ja noch und auch das hat mich geprägt

und am Ende zu der Frau gemacht, zu der ich bin, auch zu der politisch denkenden Frau.

Mein heutiger Werbepartner ist AG1.

Immer wieder werde ich gefragt, sagen wir mal, was ist bei dir eigentlich so im Kühlschrank drin

und dann sage ich natürlich so Sachen wie, da ist ja sowas wie Proteinjoghurt drin mit wenig Zucker,

Tunfisch habe ich drin oder Proteinchips, was macht ihr eigentlich im Kühlschrank, solche Fragen halt

und natürlich AG1, klar. Also jemand wie ich, der sich so ernährt, der hat natürlich AG1 im Kühlschrank

und das ist super wichtig, denn die Bakterienkulturen, die sind einer der Gründe,

wie so AG1 nach dem Öffnen gekühlt werden sollte, das ist ja die hohe Bioverfügbarkeit, irgendwo muss die ja herkommen

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Ich trinke AG1 bereits seit, ich weiß gar nicht, seit zwei Jahren oder so, die größten Vorteile sind natürlich,

dass ich mich sehr, sehr schnell regeneriere und ich fühle mich sehr, sehr gut.

Das ist doch klar, ich bin unglaublich viel unterwegs, ich treibe viel Sport, ich habe eine hohe Anforderung

an mich, an Körper, an Geist und AG1 enthält Nährstoffe, die zu einer gesunden Herzfunktion beitragen.

Also alle sagen doch mal, wie hältst du das eigentlich aus? Du musst doch irgendwann, musst du doch zusammenklappen.

Dann sage ich, nee, ich ernähre mich einfach gut, ich habe Spaß und ich weiß, was mir gut tut

und die Details zu den gesundheitlichen Vorteilen der einzelnen Nährstoffe, die findet ihr im Link in den Show Notes.

Aber AG1, das passt einfach als Routine in meinen Alltag.

Ich meine, das ist ja morgens ganz einfach, da machst du dann einmal so diesen Löffel, der ist ja schon drin,

den machst du dir in so ein Glas, so weiß ich nicht, 200 Milliliter kaltes Wasser, umrühren, zunehmen,

zum Beispiel vor dem Zähne putzen oder nach dem Zähne putzen, wie es dir am besten schmeckt,

bis in Zitrone rein, Eis oder ins Kokosnusswasser, es ist doch einfach.

Und durch die Synergieeffekte der hochqualitativen Inhaltsstoffe in AG1, dann nimmst du jeden Tag mit einem Scoop

eine sinnvolle Menge an Vitaminmineralstoffen, Botanicals, Bakterienkulturen und weitere Zutaten aus echten Lebensmitteln auf.

Wir haben es schon über die hohe Bioverfügbarkeit gesprochen, das heißt, der Körper nimmt das Ganze besonders gut auf.

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Also AG1 demnächst auch in eurem Kühlschrank.

Alle Infos auch noch mal in den Shownauts und jetzt weiterhin viel Spaß mit der heutigen Folge, deren geistige Leistung unterstützt wurde von AG1.

Kannst du in deinem Leben einen Zeitpunkt festmachen, wo dann für dich persönlich und auch für deine Familie plötzlich ein Gefühl von Sicherheit da war?

Im Nachhinein würde ich sagen der Tag, an dem ich die deutsche Staatsbürgerschaft bekam und die Urkunde in der Hand hielt.

An dieses Gefühl kann ich mich heute noch erinnern. Es war sehr prägend. Ich hatte, ich weiß noch heute, wie frei ich mich gefühlt habe,

als wir aus der Behörde, aus dem Bezirksamt glaube ich war, das rausgegangen sind und dieses Papier in der Hand hielten

und ich wirklich dachte, wir sind frei, ich kann reisen. Wir hatten ja vorher schon den gesicherten Aufenthalt.

Wir waren zwar startenlos, aber wir waren ja dann nicht mehr von der Abschiebung bedroht zu dem Zeitpunkt.

Aber es gab ja viele Sachen, die ich trotzdem nicht machen konnte als startenlose und auch dieses Gefühl, dass man auch nicht drüber reden kann.

Heute wissen ja ganz viele, was startenlosigkeit bedeutet. Zu meiner Zeit wussten auch viele Lehrer, überhaupt nichts damit anzufangen.

Mir war das unglaublich peinlich zu sagen, ich habe kein Pass, ich habe keine Papiere und ich war ja 3, ne warte mal, 15 war ich, ja 93.

Und das war schon ein Gefühl von, ich bin jetzt frei, ich bin jetzt sicher und Deutschland ist jetzt wirklich mein Land.

Ich bin jetzt wirklich Deutsche, so habe ich mich damals zumindest gefühlt.

Du bist vor gut 20 Jahren in die SPD eingetreten, warum die SPD?

Weil die SPD für mich immer die Partei war und ist die für Menschen Eintritt, die nicht mit dem Gollnen dafür im Mund aufgewachsen sind,

die auf soziale Gerechtigkeit einen großen Wert legt, die darauf wert legt, dass diese Gesellschaft beieinander bleibt, nicht immer weiter auseinander driftet,

ökonomisch sozial auseinander driftet, dass jeder Mensch eine Chance hat aufzusteigen und ich an meiner Biografie auch zeige, dass das möglich ist

und ich das wirklich für eine ursozialdemokratische Biografie halte. Das war der Grund, warum SPD.

Hast du die Entscheidung mal bereut?

Nein, auf keinen Fall.

Wie geht es dir, wenn du dir die aktuellen Umfrageergebnisse anguckst und feststellst, dass die SPD inzwischen hinter der AfD rangiert?

Wir müssen besser werden. Für mich ist der dritte Platz überhaupt gar keine Option. Also wir müssen da ganz viel mehr machen, anders machen.

Aber ich habe da eine innere Zuversicht, dass es uns auch gelingen wird, bei den nächsten Bundestagswahlen besser abzuschneiden.

Wobei, also wenn man sich die SPD anguckt und eigentlich kann man die anderen mit dazu nehmen, die FDP, die Grünen, auch die Union,

alle Parteien, die dieses demokratische System ja eigentlich abbilden, haben eigentlich einen dramatischen Ansehensverlust erlitten.

Das muss ja Gründe haben und vor allem muss ja irgendwann mal auch die Frage beantwortet werden, wie alle zusammen aus diesem tiefen Tal rauskommen.

Ja, absolut. Und das bewegt mich. Und es geht auch keinen Tag, worüber ich nicht darüber nachdenke, wie wir aus dieser Politikverachtung ja fast schon rauskommen.

Also du kennst das, wir alle kennen das. Wir sitzen irgendwo und kommen sofort auf Politik zu sprechen.

Und du hörst, also ich vernehme eine Politikverachtung so, wie ich sie noch nie vernommen habe in meiner Seite, ich politisch denken kann.

Und zwar gegenüber allen. Ja, es ist nicht die eine Partei, ist genau wie du sagst, gegenüber allen demokratischen Parteien.

Und ich glaube, also ich würde es, ich würde, ich bin ja, ich gehöre zu den Menschen, die erstmal sich an einen eigenen Kopf fassen und sagen,

was macht, welchen Beitrag leiste ich eigentlich dazu, dass Menschen kein Vertrauen haben in Politik oder leisten wir jetzt Gesellschaft.

Und was muss Politik anders machen? Ich glaube, wo wir alle miteinander besser werden müssen als Gesellschaft, ist an unserer Fehler Kultur und Fehler Toleranz zu arbeiten.

Weil wir können nicht auf der einen Seite erwarten, dass Politik uns mitnimmt bei Entscheidungen, dass Politiker auch Menschen sind und Naber sind.

Auf der anderen Seite, aber wenn sie Fehler machen, sie am liebsten vernichten wollen.

Das geht beides halt nicht zusammen. Und es gibt einfach zu viele Politikerinnen, die inzwischen kaum noch bereit sind, Entscheidungen zu treffen,

die auch wehtun und die auch nicht gefallen, weil sie Schiss haben, dass am Ende des Tages auch ihr eigener Kopf irgendwie damit zusammenhängt oder sie Macht verlieren.

Und ich glaube, wenn wir alle daran arbeiten, der Politik auch mehr Spielräume zu geben in der Frage von Fehlbarkeit, nicht alles, natürlich ist verzeihbar,

aber ich finde schon, dass da Raum nach oben ist in unserem Umgang auch mit fehlerhaften Entscheidungen von Politik,

kennen wir einen Schritt näher. Auf der anderen Seite muss Politik, glaube ich, lernen oder müssen Politikerinnen,

ich würde es gar nicht auf diese ganze Frage von Kommunikation begrenzen, weil das alleine Kommunikation ist, ist nicht.

Aber ich glaube, wo wir auf jeden Fall besser werden müssen, ist, Entscheidungen zu erklären, besser zu erklären, Leute mitzunehmen, vor Ort,

also Bundestagsabgeordnete, Kommunalpolitikerinnen vor Ort, präsenter zu sein, als die AfD zum Beispiel es ist.

Also wenn Sie in manchen Kommunen unterwegs sind, sehen Sie halt übernull die AfD, vor den Supermärkten steht die AfD.

Und da frage ich mich, wo sind denn die demokratischen Parteien, die da auch präsent sein müssen?

Und das Dritte ist, und das ist mein, ein großes Problem, was ich sehe, dass wir der AfD zu stark auf den Leim gehen bei Themen,

von denen wir meinen, dass sie die Gesellschaft auseinander treiben, zum Beispiel Migration.

Migration ist ein Thema, das wir viel zu defensiv führen, weil wir Angst haben, Wählerinnen zu verlieren,

anstatt sozusagen progressiv offen nach vorn gerichtet es als Zukunftsthema zu betrachten,

hächeln wir, rennen wir der AfD hinterher, die dieses Thema natürlich negativ besetzt und das auch zu einem Kampfthema macht.

Du lässt mich kurz eine Anmerkung machen, was den klassischen SPD-Wähler oder die klassische SPD-Wählerinnen angeht.

Da hat es ja nun signifikante Wanderbewegungen gegeben, von der SPD zur AfD.

Und ich behaupte, das hat auch mit dem Thema Migration zu tun, dass diese Leute, du hast ja selber gesagt, du bist in die SPD gegangen,

weil du auch aus einem Milieu kommst, wo du eigentlich Hilfe und Unterstützung gebraucht hast,

dass die Leute das Gefühl haben, die SPD gibt Hilfe und Unterstützung nicht ihnen,

die es als biologisch-deutsche vielleicht brauchen oder brauchen könnten.

Und stattdessen kriegen es diejenigen, die als Migranten nach Deutschland kommen.

Nein, also die SPD hat nicht das Potential an die AfD verloren.

Unser Problem ist auch, ich glaube, die SPD-Wählerschaft hat sich eigentlich, hat sich einfach gewandelt.

Es sind nicht mehr die, das was man so klassisch, die Gewerkschafter, also nur, die Gewerkschafter, das Gewerkschafter Klientel,

sind auch eben junge Menschen, Menschen, die ein diverses plurales Deutschland haben wollen,

die potenzielle Wähler der SPD sind und ihr auch die Stimme geben wollen, wenn sie nicht den Grünen die Stimme geben.

Und da ist einfach wirklich großes Potential.

Ich glaube, es wäre, es wäre total falsch von der SPD zu denken, dass wir irgendwelche Wähler zurückbekommen,

die mal zur AfD gegangen sind, weil wir zu offen sind in Sachen Migration.

Also das kann nicht die Antwort sein.

Die SPD ist dann am stärksten, wenn sie zu ihrem Werten steht.

Und diese Werte sind soziale Gerechtigkeit, Chancengleichheit, Bildung für alle,

ein, der Kampf darum, dass niemand aufgrund von Herkunft, sexueller Orientierung, Religiosität, diskriminiert wird.

Wenn wir da treu sind, glaube ich, werden wir wieder viel, viel stärker.

Du hast mal in einem Sternen-Interview gesagt, laut bleibe ich trotzdem.

Also von daher logischerweise hast du dann dieses Buch, das du geschrieben hast und das im März rausgekommen ist auch laut genannt.

Ein Buch gegen Hass im Netz.

Dass du in welcher Ausprägung bis heute abkriegst?

Ich würde sagen, es vergeht keinen Tag für mich ohne Hass im Netz.

Welches war die letzte Drecksmail, die du gelesen hast?

Gestern, glaube ich, ich habe heute gar nicht reingeschaut.

Das meiste befindet sich ja unter meinen Tweets.

Manches kommt erreicht mich per Mail.

Ich würde viel mehr erreichen, wenn den Leuten klar wäre, welche E-Mail-Adresse ich hätte.

Sie ist ja nicht so ganz offensichtlich sichtbar für alle.

Aber über die sozialen Medien erreicht mich jeden Tag massenhaft.

Hast du Beleidigen?

Beleidigen und beschimpfen dich die Leute anonym oder mit Namen?

Mehrheitlich anonym, aber immer mehr auch mit Klarnamen.

Inzwischen kriege ich auch Nachrichten mitsetzen wie hier mein Klarnamen, kannst du mich anzeigen und hier die Beleidigung.

So weit geht es.

Über Tragen formuliert. In welchen Fällen schmeißt du diese Drecksmails weg?

Und wann erstattest du Anzeige?

Ich leite das alles an das LKA weiter.

Also wenn ich sehe, das ist ja eine Beleidigung, von der ich meine, dass ich strafbar ist.

Dann leite ich es an das LKA weiter und an Hate Aid.

Hate Aid-Organisationen, die sich um Opfer von hast und zum Netz kümmert.

Und die machen ja auch die Verfahren für mich dann.

Ich leite alles weiter, was mich per Mail erreicht und auch was ich sehe an Reaktionen unter meinen Tweets.

Aber das Ding ist, ich komme gar nicht hinterher.

Also ich kann das nicht alles monitoren.

Ich habe gar nicht die Kraft und die Zeit und ich möchte es auch nicht, mir diesen Dreck durchzulesen, gerade in den sozialen Medien.

Weshalb vieles leider einfach umbeobachtet bleibt.

Aber das, was ich lese, bringe ich zur Anzeige.

Ist das schon mal was draus geworden?

Ja, zum Beispiel.

Mehrmals.

Das haben mich Leute beleidigt und ich habe Anzeige erstattet und gewonnen und die mussten Schmerzensgeld zahlen.

Es gab ja auch diesen einen Fall gar nicht Hass und Hetze, sondern Sexismus.

Zwei Fälle, wo ich ja auch gewonnen habe.

Der eine Fall, Tichys Einblick, ein Journalist bei Tichys Einblick hat mich übel, sexistisch beleidigt.

Ich habe Anzeige erstattet und 10.000 Euro Schmerzensgeld bekommen.

Das war ein Erfolg.

Ja, es gibt, diese Erfolge sind leider eher nicht in einem hohen Bereich.

Also ich würde sagen so 5% von Anzeigen sind erfolgreich.

Aber das darf uns nicht davon abhalten. Keine Anzeigen zuständig, wichtig.

Es hat auf der anderen Seite auch Gerichtsurteile gegeben, die nicht in deinem Szene ausgefallen sind.

Ich glaube ein Urteil im Jahr 2020 in Berlin, aktueller ein Urteil aus Heilbronn im Jahr 2023.

Wie gehst du mit so was um?

Bei dem aktuellsten aus Heilbronn gehen wir in Berufung.

Das läuft über Hate Aid, die wir haben entschieden, dass wir in Berufung gehen.

Renate Kwinast hat ja auch bis zuletzt ins Dans geklagt, gegen übelste Beleidigung und am Ende auch gewonnen.

Und ich werde diesen Weg auch gehen, weil ich der Meinung bin, dass diese Art der Beleidigung, ich möchte sie nicht rezipieren, das kannst du da machen.

Aber einfach keine Meinungsfreiheit ist.

Und ich würde mir wünschen, dass wir eine Justiz haben, die auch uns als öffentlich sichtbare Personen schutzt und nicht der Meinung ist, dass wir auch Beleidigung ertragen müssen.

Diese Renate Kwinast ist ja auch über einen ganz langen Zeitraum, vermutlich bis heute ist es so beleidigt und beschimpft worden und hat etwas ganz Bemerkenswertes gemacht.

Die ist mit Spiegeljournalisten zu denen, die sie mit Klarnamen beleidigt haben, nach Hause gegangen und hat geklingelt.

Und das war eine sehr beeindruckende Spiegelgeschichte, aus der dann vorging, wie diese Leute plötzlich, wenn sie vis-à-vis demjenigen gegenüberstehen, den sie da in den Dreck geschmissen haben, wie sie sich winden und wie es ihnen unangenehm ist.

Und dann war es doch gar nicht so gemeint und so was alles. Kennst du das auch?

Ja, ich kenne es auch. Ich hatte einen Mann angezeigt, der mich beleidigt hat, als ich Staatssekretärin war und habe gewonnen und dann hat er mir zurückgeschrieben.

Ich weiß ja, ob es eine Mail oder ein Brief war, das ihm leidtut und das er es gar nicht so meint und das er besoffen war.

Und ob ich die Anzeige nicht zurückziehe, weil er sich das nicht leisten könne.

Und er würde das ja nicht wieder machen, also so was erlebe ich auch.

Die Anonymität im Netz verleitet halt tatsächlich noch mehr Menschen dazu, Dinge zu sagen, die sie vielleicht von Angesicht zu Angesicht nicht sagen würden.

Aber ehrlich gesagt habe ich da wenig Mitleid, weil dieser Hass am Ende und diese Beleidigung, diese Diffamierung dazu führen, dass manche Leute sich eben ermutigt fühlen, dann auch direkt zuzuschlagen.

Und da habe ich echt einfach kein Mitleid, auch wenn ich sonst versuche, mich in die Lage ganz vieler Menschen hineinzuversetzen und zu verstehen, aber irgendwie ist dann auch die Grenze erreicht.

Hast du mal überlegt, dich aus dieser digitalen Welt zurückzuziehen?

Immer wieder, wenn ich mal wieder in einem Shitstorm bin, kommt dann schon so das Gefühl hoch, wozu eigentlich, wozu tust du dir das an, wozu tust du vor allem das deiner Familie an?

Weil die leidet ja noch viel, viel mehr darunter, dass ich Hass abbekomme, weil das bedeutet ja auch Unsicherheit.

Es bedeutet auch, dass ich mit meinem Sohn, meinem Mann ganz viele Orte in diesem Land nicht besuchen kann.

Wir meiden bestimmte Gegenden, aus Angst angegriffen zu werden. Wir wurden ja auch schon angepöbelt als Familie.

Und das ist halt traurig, wenn die Nachbarn dir sagen, kommt ihr mit zu einem See nach Brandenburg und du sagst, würde ich gerne, aber ich habe doch Schiss, dass da irgendwer ist, der uns angreift.

Und natürlich will man das nicht. Das will man nicht für die Familie, das will man für sich selbst nicht.

Und dann komm natürlich so, dann fragst du dich, warum tue ich mir das an, wo seid ihr eigentlich die anderen, die auch genauso laut sein könnten und aber schweigen?

Wieso muss ich da ständig gegenhauen? Es gibt ja total viele. Ich bin ja dankbar auch für eine engagierte Zivilgesellschaft.

Aber dann kommt wieder dieses kleine Mädchen zum Vorschein, die es ein bisschen geschafft hat und die auf dem Weg dorthin auch etliche Baustellen aus dem Weg räumen musste.

Und dann mache ich halt weiter.

Was muss ich in Deutschland ändern, damit du dir die Frage, ob du mit Freunden zu einem See in Brandenburg fährst oder nicht fährst, nicht mehr stellen musst?

Ich glaube, wir müssen uns viel klarer darüber sein, dass diese Demokratien, der wir leben, einfach keine Selbstverständlichkeit ist und aus diesem Gedanken heraus eine Tat ableiten, etwas zu tun.

Etwas zu tun bedeutet Stoppschilder zu setzen, wenn wir in unserem Umfeld, in unserem Freundeskreis, in unserem bekannten Kreis Dinge hören, die nicht so gesagt werden dürfen.

Von dem wir meinen, dass das jetzt einfach nicht in Ordnung ist.

Stoppschilder zu setzen, wenn wir sehen, dass Menschen im Netz angegriffen werden, indem wir ihnen beistehen, indem wir zeigen, dass das nicht in Ordnung ist.

Zivilcourage zu zeigen auf der Straße, zivilcourage zu zeigen im Netz, Gespräche führen und dann aber auch konsequent sein, wenn diese Gespräche ins Nogen zu führen.

Also nicht einfach ignorieren, nicht einfach blind sein, nicht einfach nur beobachten, sondern aus dieser Beobachterrolle austreten und aktiv was dafür tun, dass dieses Land ein demokratisches Land bleibt.

Dann mache ich mir keine Sorgen mehr.

Ich danke dir für das Gespräch.

Danke für die Einladung.

Heimspiel.

Apokalypse und Filtercafé ist eine Studio-Bummens-Produktion mit freundlicher Unterstützung der Florida Entertainment.

Redaktion Wolfgang Heim.

Executive Producer Tobias Bauckage.

Produktion Hannah Marahil.

Ton und Schnitt Christian Pfeiffer.

Diese Folge wurde dir präsentiert von Vodafone und der Giga-Kombi. In jeder Kombi steckt mehr für dich drin.

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Sawsan Chebli ist Politikerin, Autorin, Aktivistin und Feministin. Sie kämpft gegen Rassismus und Sexismus und setzt sich intensiv gegen Hass im Internet ein. Von 2016 bis 2021 war sie Bevollmächtigte des Landes Berlin beim Bund und Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement und Internationales in der Berliner Senatskanzlei.

Im Gespräch mit Wolfgang reflektiert sie ihre Zeit als politische Beamtin, sowie ihre Rolle als stellvertretende Sprecherin des Auswärtigen Amtes für Außenminister Frank-Walter Steinmeier in einer Zeit überbrodelnder Krisen in Deutschland. Wolfgang und Sawsan Chebli sprechen zudem über ihre Familiengeschichte und ihre Motivation Politikerin zu werden, sowie ihren unermüdlichen Kampf gegen Hass im Netz. Außerdem plädiert sie für mehr Zivilcourage und betont ihre Hoffnung, dass Deutschland ein demokratisches Land bleibt, in dem sich alle sicher fühlen können.

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