Apokalypse & Filterkaffee: Heimspiel: Sabine Adler

Micky Beisenherz & Studio Bummens Micky Beisenherz & Studio Bummens 7/2/23 - Episode Page - 50m - PDF Transcript

Diese Folge wird er präsentiert von...

Yup. Vodafone seit über...

Mhm, 30 Jahren.

Für dich da.

Es ist Sonntag, der 2. Juli.

Apokalypse und Filtercafé.

Heimspiel.

Das Interview am Sonntag.

Mit Wolfgang Heim.

Sie ist Journalistin des Deutschlandfunks.

Sie war Korrespondentin in Moskau

und kennt auch die Ukraine und Belarus besser als viele andere.

Und wir reden miteinander wenige Tage nach dem Versuchten

beziehungsweise gescheiterten Putsch in Russland.

Herzlich willkommen, Sabine Adler.

Hallo, Prussi.

Frau Adler, wir zeichnen auf Mittwoch-Nachmittag.

Wir gehen online Sonntag-Vormittag mit anderen Worten.

Da sind jetzt 3,5 Tage dazwischen,

in denen einiges passieren kann.

Womit rechnen Sie?

Vielleicht mit ein paar mehr Informationen,

was über den Verbleib von Evgeni Prigoshin

dem Gründer der Wagner-Privata-Armee passiert ist.

Das heißt ja, dass er in Weißrussland,

in Belarus angekommen sein soll.

Gesehen haben wir ihn da noch nicht.

Es gibt noch kein Zeugnis davon, dass das unmissverständlich belegt.

Vielleicht erfahren wir ein bisschen mehr darüber,

ob seine Truppe nach Belarus geht.

Auch da gibt es immer noch widersprüchliche Informationen.

Das Internetportal Wörskat hat geschrieben,

das ist ein unabhängiges russisches Portal,

hat geschrieben, dass Behörden in Belarus bestätigen,

dass eben Unterkünfte gebaut werden sollen.

Für Wagner mit mehreren Lagern, für je 8.000 Mann.

Aber das ist dann wieder dementiert worden.

Da müssen wir abwarten, was da kommt.

Ansonsten ist die Frage, ob er sich komplett allein

in die Hände von Lukaschenko begeben hat oder begeben wird,

ob er eine Leibgarde dabei hat.

Eine zentrale Frage ist natürlich auch die,

in welcher Bewaffnung die Wagner-Leute nach Belarus kommen.

Das ist in der Tat eine Frage.

Das heißt, Sie haben Ihre Waffen abgegeben.

Sie würden große Teile von Militärtechnik

tatsächlich der russischen Armee übergeben.

Wir können es nicht nachweisen.

Wir wissen nicht, ob das stimmt.

Wir haben diese Aussage unter anderem gehört von Vladimir Putin.

Aber der sagt auch viel, wenn der Tag lang ist.

Und weiß Gott nicht alles.

Wenn wir vielleicht am Anfang unseres Gesprächs

bei Yevgeni Brigoshin bleiben,

wäre aus Ihrer Sicht der allererste und allerwichtigste Verlierer

dieser ganzen Geschichte?

Das wird sich noch zeigen.

Ich bin mir nicht so sicher, ob das wirklich so ist.

Das wird davon abhängen, ob Putin ihn weiter braucht.

Das wäre denkbar, dass die ganzen Einsätze in Afrika,

in der Zentralafrikanischen Republik, in Mali, in Libyen, in Syrien,

ob diese Einsätze jeweils weitergehen andauern.

Ich kann mir nicht vorstellen,

dass mit dem Verschwinden von Brigoshin an der Spitze

tatsächlich auch diese ganzen Einsätze beendet werden.

Das sollte mich wundern.

Wir werden auch darüber wenig erfahren.

Und die andere Geschichte ist,

wenn Putin tatsächlich diese Kampfkraft der Wagnergruppe

weiter benutzen möchte.

Das ist ja eine sehr schlagkräftige, brutale, effiziente,

in einem schlimmen Sinne effiziente Armee.

Dann könnte das sein, dass das nur der Fall ist,

wenn Brigoshin an der Spitze steht.

Das heißt, wenn er sie wirklich anführt.

Denn er hat schon so etwas Sikarisma.

Er kann einen unglaublichen Chorgeist offenbar entwickeln.

Und ob das einfach so mal irgendjemand anders übernimmt

und das genauso kann, ist die große Frage.

Ja, auf der anderen Seite, wenn man sich diese Wagnergruppe anguckt,

das sind ja nicht nur irgendwie ein versprengter Haufen

ehemaliger Mörder und Totschläger,

die man aus den russischen Gefängnissen rekrutiert hat.

Da muss es ja eine funktionierende militärische Hierarchie geben,

die diese Schlagkraft letztlich ausgemacht hat.

Dieses zum einen, zum anderen.

Putin hat ja gesehen, wozu Brigoshin möglicherweise in der Lage ist.

Das wäre jetzt meine Vermutung, wenn er was gelernt hat,

dass dieser Brigoshin nie mehr in die Situation

vom vergangenen Samstag kommen darf.

Genau, das sollte man jetzt annehmen,

dass man jetzt diese Schlüsse daraus zieht.

Allein, wir wissen es nicht.

Denn wir wissen nicht, was wirklich dahinter gestanden hat.

Es gibt diese Zusicherung von Brigoshin auf gar keinen Fall

nach der Macht von Putin gegriffen zu haben.

So, wie er aufgetreten ist in dem vergangenen halben Jahr,

schätzungsweise war es immer so, dass er sehr gehadert hat,

um das mal milder auszudrücken

mit dem Verteidigungsminister Sergei Scheu-Gou

und der Admiralität, der Generalität, das alles ja.

Aber er hat letzten Endes mit dem Marsch nach Moskau auch gezeigt,

was heißt Moskau?

Moskau heißt natürlich das höchste Amt,

heißt natürlich der Präsident.

So hat es die ganze Welt verstanden,

so wird es der Präsident auch verstanden haben.

Und in der Tat müsste er dann daraus die Schlüsse ziehen,

dass dieser Mann in so eine Position nicht mehr kommen kann.

Das kann aber sein,

dass die Bergwürdigkeiten im Hintergrund ablaufen.

Ich sag das deshalb so geheimnisvoll,

weil es wirklich manchmal mit Beobachtung

und mit geltenden Verhaltensweisen,

sagen wir mal so ganz allgemein,

mitunter nicht immer zu erklären,

ist was in Russland und vor allem hinter Denkulissen sich abspielt.

Wenn wir auf Vladimir Putin gucken,

der hat ja innerhalb dieses letzten Wochenendes

eine denkwürdige Wandlung durchgemacht.

Erst mal hat er sehr spät reagiert,

dann hat er von Fahrrad gesprochen,

das ist ja in der Diktion von Vladimir Putin,

so ziemlich das Schlimmste, was ein anderer Mensch tun kann.

Und plötzlich hat er auch wieder wenige Stunden danach,

sozusagen eine Generalamnestie für Brigoschin

und seine Wadlertruppe ausgesprochen.

Welche Erklärung gibt es aus ihrer Sicht dafür?

Also ich teile nicht ganz ihren Eindruck,

dass Putin spät reagiert hat.

Putin reagierte in solchen Krisensituationen

immer wahnsinnig spät.

Und dass er quasi zehn Stunden nach Beginn

dieser Revolte reagiert hat,

war für seine Verhältnisse schnell.

Man hat auch gemerkt, dass er vorbereitet war.

Denn diese Rede war nicht nur Verrat, Vergätung, Drohung.

Das war auch dieser Anklang an die historischen Vorbilder.

Er hat ja da von 1917 vom Ersten Weltkrieg vom Ausbruch.

Er meinte, er hat es nicht gesagt,

aber der Revolution, der Oktober-Revolution,

die er dann umgeschlagen ist in einen Bürgerkrieg,

davon hat er gesprochen, das war eine vorbereitete Rede.

Für die braucht man keine zehn Stunden, das ist schon wahr.

Aber auf jeden Fall war es eine relativ schnelle Reaktion von ihm.

Aber ich teile auch wirklich voll um ihren Eindruck,

dass das eine 180-Grad-Wende war.

Und die hat stattgefunden zwischen 10 Uhr morgens,

Samstag 10 Uhr bei der Rede

und dann wieder verkünden dessen, was wahrscheinlich

die Einheiten der Wagner-Gruppe erwartet,

bzw. Prigoshin selbst erwartet,

verkündet durch Dimitri Peskov seinen Sprecher.

Und das war in der Tat, das Strafreiheit zu verkünden,

das war sehr, sehr unerwartet.

Und das ist ja wiederum zurückgenommen worden am nächsten Tag.

Also dann hieß es, na ja, die Ermittlungen

bzw. am Montag zurückgenommen worden.

Also zwei Tage später.

Am Montag hat Prigoshin dann von dem Präsidenten hören müssen,

dass weiter die Generalschaftsanwaltschaft

gegen ihn ermittelt und der FSB gegen ihn ermittelt.

Und das sind diese Wolken, die ich finde,

die man immer mitdenken muss.

Wenn etwas gerade ganz klar aussieht, kann es nochmal ganz anders kommen.

Die ganze Welt hat sich ja gefragt,

warum Prigoshin 200, 300 Kilometer von Moskau gestoppt hat

und den Putsch abgeblasen hat.

Offizielle Erklärungen, letztlich auf beiden Seiten dann.

Man wolle Blutvergießen vermeiden,

eine merkwürdige Begründung angesichts dessen,

was beide Seiten in den letzten anderthalb Jahren veranstaltet haben.

Kann es sein, das haben nun viele Fachleute,

zu denen ich mich überhaupt nicht zählen möchte, gesagt,

kann es sein, dass sich Prigoshin insofern verspekuliert hat,

als er gedacht hat, wenn er loszieht,

dann kommen von links und rechts die Leute aus den Sicherheitsapparaten,

aus den Ministerien und aus der Armee und schließen sich ihm an.

Ja, ich glaube, es waren zwei Entwicklungen,

die er so nicht einkalkuliert hat.

Die eine Entwicklung ist genau die,

dass sich ihm die Leute anschließen,

aus der Armee, aus dem Innenministerium,

vielleicht auch Nationalgarde,

also aus verschiedenen bewaffneten Verbänden

der russischen Siloviki,

also der bewaffneten Einheiten unterschiedlicher Formation,

auch das Geheimdienst, zum Beispiel.

Das ist ausgeblieben, aber es ist noch was anderes ausgeblieben.

Es ist ihm auch niemand entgegengetreten.

Es hat ja überhaupt keine Verwicklung in irgendwelche Kämpfe gegeben.

Und dieses Motiv, was ja ganz zu Anfang genannt hat,

nämlich, dass seine Leute in einem Lager noch auf ukrainischer Seite

beschossen worden sind mit Raketen und aus Hubschraubern.

Diesen Beweis ist er uns ja komplett schuldig geblieben,

den gibt's ja gar nicht.

Das behauptet er, er sagt, es gibt 30 Tote, er nennt nicht den Ort.

Man sieht nicht die Opfer und so weiter,

was ja in anderen Zusammenhängen durchaus der Fall ist.

Aber er hat etwas Unerhörtes gemacht.

Er hat dann selbst drei Hubschrauber abgeschossen

oder abschießen lassen

und eine Iyushinmaschine ist kein Kampfflugzeug.

Das heißt also, er selbst hat letzten Endes

einen bewaffneten Angriff oder, er sagt es, das war eine Notwehr.

Und damit war für ihn eigentlich die Schule aus.

Damit konnte Putin ihn nicht mehr empfangen.

Das heißt, er wollte unbedingt, dass Putin mit ihm spricht.

Sie haben schon ein enges Verhältnis,

aber er ist nicht umsonst Putins Koch.

Als solcher wird er immer wieder bezeichnet.

Man nutzt seine Dienste,

aber der Koch sitzt ja in aller Regel nicht mit am Tisch.

Und so sollte es auch bleiben.

Und das, was Prigoshin nachgesagt hat,

wurde wahr, dass er eben tatsächlich gegriffen hat

nach dem Amt des Verteidigungsministers.

Er wollte, dass Helge Scholgu abgesetzt wird

und dass er, nehm ich an, mutmaßlich ihn ersetzen soll.

Wenn das so ist, wie Sie gerade sagen,

dann hätte Prigoshin für Putin eine rote Linie überschrieben.

Und der Bundeswehrhistoriker Masala hätte recht, indem er sagt,

an seiner Stelle wäre er,

Prigoshin würde er jede Nacht dreimal das Bett wechseln.

Absolut. Ich gebe dem absolut recht, dem Kollegen.

Denn es ist tatsächlich so,

Prigoshin lebt sowieso noch nie sicher, das muss man jetzt auch mal sagen.

Auch aus anderen Zusammenhängen.

Sie haben es anmoderiert, er hat ja wirklich eine Gewaltkarriere hinter sich.

Die ist ja wirklich nicht besser geworden

durch all die Afrika-Einsätze.

Wenn man sich das vergegenwärtigt, was da los ist,

wer sich irgendwie interessiert für das, was Wagen in Afrika macht,

das spielt mit seinem Leben.

Und umgekehrt ist es natürlich so,

wer so mordend und wütend durch die Welt zieht,

der muss auch damit rechnen, dass sich das nicht immer jemand gefallen lässt,

dass es dadurch Auskräfte gibt, die das mal beenden wollen.

Und dann kennen wir ja auch diese Serie, die ja ein paar Jahre schon anhalt.

Das müssen sie gar nicht immer Putin-Vereinde sein,

die sich auf die Hohen stürzen oder aus dem Fenster fallen,

oder aus Kliniken fallen oder mit einmal Selbstmord begehen,

sich erhängen, erschießen, ihre Familien gleich mit.

Also das passiert am laufenden Band.

Das sind manchmal Gegnerschaften.

Manchmal sind es auch einfach nur Besitzer von großen Vermögen,

die Begehrlichkeiten entwickelt haben.

Beziehungsweise, es sind Positionen, die andere Leute haben wollen.

Also der Machtkampf in Russland um Besitz und Positionen,

das erleben wir jetzt in den letzten Jahren,

der ist schon wieder sehr, sehr gewalttätig geworden.

Noch nicht so gewalttätig wie nach dem Zerfei der Sowjetunion 91,

aber doch mit einem hohen Potenzial.

Gleichzeitig versucht offenkundig die Staatsführung in Moskau,

sowas wie Normalität vorzuspielen oder dem Volk zu signalisieren.

Also Putin schreitet wieder diese albernen Treppen runter,

um darauf zu hoffen, dass diese Machtinszenierung beim Volk ankommt.

Kommt die denn noch an? Was denken Sie?

Das habe ich mich auch gefragt, als ich das gestern gesehen habe.

Da habe ich so gedacht, je kleiner der Mann,

desto länger der Rote Teppich,

das ist schon wirklich eine merkwürdige Kombi, die er da immer braucht.

Er nimmt auch immer mehr und mehr die Symbolik der Zaren.

Das war gestern auf dem Krönungsplatz der Zaren und so weiter.

Ich bin mir nicht sicher, was russische Bürger davon halten.

Denn auf der einen Seite ist es natürlich so,

sie sind ja nicht vom Internet abgeschnitten.

Sie können sich die Informationen alles holen.

Es ist wirklich zugänglich, wie man Sperren umgeht und so weiter.

Und auf der anderen Seite ist es auch die Psychologie der Diktatur,

dass wenn man anfängt, die Diktatur in Frage zu stellen,

es sich sehr unbequem lebt.

Ich weiß das aus eigener Erfahrung.

Ich bin der DDR groß geworden.

Und wenn man anfängt, die Führung zu hinterfragen,

dann kommt man ganz schnell an dem Punkt,

oder sagen wir, wir kommen früher oder später,

wo man sagt, was heißt das eigentlich für mich?

Welche Konsequenzen muss ich daraus ziehen?

Und man fängt an, sehr unbequem zu leben.

Deshalb kann ich mir vorstellen,

dass die Leute sich für Dünn verkaufen lassen wollen,

weil alles andere unbequem wäre.

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Frau Adler, wenn Sie es ansprechen,

Sie kommen aus einer kleinen Stadt in Sachsen-Anhalt, korrekt?

Ja.

Sie sind in einer Familie groß geworden, Frage,

die sich auf welche Art und Weise mit dem System der DDR arrangiert hat?

Meine Eltern sind ganz einfache kleine Leute.

So würde man das, glaube ich, ganz zutreffend formulieren.

Ich würde nicht sagen, dass sie unpolitisch waren.

Sie haben diese Unzulänglichkeiten dieses Staates sehr wohl gesehen.

Aber ich finde, dass sie oberigkeitshörig waren

und sich nicht mit dem Staat angelegt haben.

Und das wirklich auch schon relativ weit unten.

Das heißt auch nicht, dass sie das nicht gesehen hätten oder gar ...

Ich glaub schon, sie sind insofern Mitläufer gewesen,

weil sie ja nicht in Opposition gegangen sind.

Also waren sie Mitläufer.

Aber sie sind nicht aktiv geworden.

Sie haben sich politisch nicht einspannen lassen,

zum Beispiel, dass das nie im Leben für sie möglich gewesen wäre.

Wie war das für Sie als Tochter zumal, wenn Sie in einem Alter waren,

mit, weiß nicht, 12, 13, 14, 15,

wo man ja natürlicherweise in eine Oppositionsrolle

gegenüber den eigenen Eltern kommt?

Ja, ich war schon in der Oppositionsrolle über den eigenen Eltern.

Aber das betrifft eine ganz andere Geschichte.

Das betrifft einen Punkt in unserer Biografie.

Es waren Eltern, die die sogenannten Wochenkrippen

in Anspruch genommen haben.

Und als Kind das zu erfahren.

Und dann, wenn man so heran wächst

und vielleicht auch allmählich dann in das Alter kommt,

wo man selber einen Freund hat oder schon mal daran denkt,

auch irgendwie eines für einen Tag ist, eine Familie zu gründen,

dann kommen solche Sachen ins Bewusstsein.

Und das haben meine Geschwister und ich dann wirklich sehr stark

in unserer Jugend hinterfragt.

Und die Wochenkrippen heißt, dass man die Kinder sehr früh quasi weggibt?

Genau. Das heißt eigentlich, dass man die Betriebe in der DDR,

einige Betriebe, nicht alle, aber einige Betriebe,

vor allem, wenn es Großbetriebe sind.

Und das war Wolfen mit Orvo, dem großen Filmfabrik,

beziehungsweise dem Chemiekombinat.

Da hat es diese Großbetriebe gegeben.

Und da gab es immer sehr viel Schichtarbeit.

Die Menschen haben in Schichten gearbeitet.

Und für die Frauen, damals eben vorwiegend Frauen,

bestand die Möglichkeit, in Schichten zu arbeiten

und die Kinder während dieser Dienste eben in eine Krippe zu geben.

Das heißt also, mit wenigen Monaten kamen die Kinder in die Krippe.

Sie konnten dann auch in den Kindergarten weitergehen.

Man hat im Grunde genommen die Betreuung abgegeben,

an Einrichtungen ausgelagert.

Und das war eine Auseinandersetzung.

Da muss ich sagen, mit der waren wir vollauf beschäftigt.

Ich war auch politisch interessiert.

Ich jedenfalls war politisch interessiert.

Aber genau, das gehörte eben zu dieser Auseinandersetzung.

Frau Adler, wie haben Sie es dann für sich selber hingekriegt?

Also, ich höre aus dem, was Sie gerade gesagt haben,

eine Skepsis gegenüber den Eltern ein Stück weit raus.

Skepsis auch dem Staat und dem System gegenüber.

Jetzt sind Sie nun Journalistin geworden,

haben auch in Leipzig Journalismus studiert

und sind letztlich dann in einen Beruf rein,

bei dem die DDR-Führung ja großen Wert auf Linientreue gelegt hat.

Ganz genau. So war das auch.

Für mich war das möglich,

weil ich an einer ganz bestimmten Stelle,

und das hatte auch mit den Eltern zu tun,

sehr darum gekämpft habe, Abitur machen zu können.

Also, ich gehörte zu denen aus meiner Klasse.

Es kam immer fünf Leute maximal aus einer Klasse aufs Gymnasium.

Ich kriegte meinen Bescheid sehr früh,

und meine Eltern waren der Meinung, das sei nicht nötig.

Ich wollte ja nicht Abitur machen. Da hatten sie sich geirrt.

Als ich dann auf das Gymnasium kam,

gab es eine sehr denkwürdige Begrüßung durch den Direktor.

Da musste jeder Schüler erzählen,

mit welchem Berufswunsch er eigentlich auf dieses Gymnasium gekommen ist.

Ich habe das ein bisschen zu spät verstanden, worum es eigentlich ging.

Es ging eigentlich darum, dass geprüft wurde,

ob die Jungen bei ihrem Berufswunsch Offizier zu werden bleiben.

Denn wer Offizier angegeben hat,

konnte egal, wie der Durchschnitt war,

der musste keinen guten Leistungsdurchschnitt haben,

auf das Gymnasium gehen.

Das wurde direkt zu Beginn abgefragt.

Wer da abgewichen ist von diesem Berufswunsch,

dem hat man wirklich derartig zugesetzt.

Und ich sah das, wir waren vier Klassen in einer großen Aula.

Jeder einzelne wurde gefragt und in mir rebellierte alles.

Bis zu diesem Zeitpunkt wollte ich noch Lehrer werden.

Und dann habe ich innerlich so sehr gekocht,

dass ich gedacht habe, jetzt werde ich nicht mehr Lehrerin.

Jetzt sage ich hier was ganz anderes.

Aber da hatte ich noch nicht begriffen,

dass es eigentlich nur um die Jungs ging.

Dann musste ich mir schnell was überlegen

und hatte gesagt, Journalistin.

Und dann merkte ich, dann habe ich nur noch einen dran gemacht,

das hat ihn überhaupt nicht interessiert.

Aber das hat dann für mich etwas wirklich Maßgebliches ausgelöst.

Ich begann mich für diesen Beruf zu interessieren.

Und sah im Grunde genommen in diesem Beruf das,

was ja auch das Spannende an unserem Beruf ist,

dass ich nämlich auf andere Leute zugehen kann und Fragen stellen kann.

Was ich mit 14, 15 noch nicht überblickt habe, war,

dass ich in einer Art und Weise Journalisten

für das System eingespannt worden sind.

Und als ich von dieser Situation erzählte zu Hause

und von meinem Berufswunsch erzählte,

sagte mein Vater, oh Gott, noch eine mehr, die uns belügt.

Und das war eine Situation.

Der Vater ist dagegen.

Der Vater, das habe ich jetzt gerade schon vorher erzählt,

hat für mich so eine Rolle gespielt, dass ich fand,

du hast jetzt auch nicht alles richtig gemacht.

Jetzt bist du nicht in der Position,

dass du es nur vorschreiben kannst.

Und dann war es, ehrlich gesagt, trotz.

Und dieser trotz, den bin ich sehr dankbar,

dieser trotz hat etwas bewirkt.

Ich habe dann studiert, wirklich im roten Kloster.

Das war tiefrot.

Das war furchtbar.

Es hat eine ganz schlimme Atmosphäre des gegenseitigen Misstrauens geherrscht.

In Leipzig.

Wir wussten das in einer Seminargruppe.

Wir waren quasi wie Klassen die Seminargruppen weiter organisiert.

Wir wussten ganz genau, irgendjemand hier ist bei der Stasi.

Wir wussten nicht, wer bei der Stasi ist.

Man hat sich gehütet, irgendwie eine politische Zweifel zu äußern.

Und für mich war klar,

dass ich, wenn ich dann tatsächlich als Journalistin arbeiten würde,

ich nur Kultur machen würde.

Und das habe ich auch gemacht.

Ich bin eingestiegen und habe zunächst Theaterkritiken gemacht.

Sie waren dann in Magdeburg bei einer Radiostation,

die irgendwie angedockt war, an Radio DDR2.

Es war natürlich vollkommen klar in der damaligen Zeit.

Wir reden von der zweiten Hälfte der 80er-Jahre.

Gorbatschow war schon in Erscheinung getreten.

Die DDR-Staatsführung ist immer ängstlicher und immer betonhafter

letztlich auch geworden, nach innen,

um auch aufkeimende Sympathien für Gorbatschow zu unterdrücken.

In diesem Umfeld Radio zu machen mit Vorgesetzten,

die zu 100 Prozentlinien treu waren,

muss doch, das sage ich jetzt mal vollkommen ungeschützt,

eine absolute Horrorveranstaltung gewesen sein.

Das war es nicht, und zwar auf zweierlei Gründen.

Also der erste Grund liegt darin.

Als Gorbatschow kam, an die Macht kam, habe ich noch studiert.

Und es gab die Möglichkeit,

einen Studentenausschuss zu machen in der Sowjetunion.

Und ich wäre nie unten immer ohne Gorbatschow

in die Sowjetunion gefahren.

Aber als Gorbatschow da war

und diese Möglichkeit sich eröffnete, da habe ich zugegriffen.

Denn ich habe gesagt, das gucke ich mir aus der Nähe an.

Das fand ich wirklich rasend spannend.

Und habe da zum ersten Mal erlebt,

was man als Korrespondentin dann auch öfter mal erlebt,

dass sich die Dinger aus der Nähe anders anfühlen

als aus der Ferne, sie sich verständlich machen oder aussehen.

Und habe da etwas erlebt, dass schon eine Kohopolitisierung da war,

dass das Bild von der Sowjetunion ein völlig anderes war,

dass Dinge in der Sowjetunion möglich waren,

die bei uns nicht möglich waren und umgekehrt.

Also kurzum, es war wirklich rasend spannend.

Und der zweite Effekt, der da eingetreten ist war,

mit Gorbatschow als dem doch großen Bruder von dem,

die sozialistische Welt lernen sollte, wurde alles infrage gestellt.

Gorbatschow hat dieses ganze System infrage gestellt,

in dem er gesagt hat, wir müssen dieses System zudem machen,

wie es doch eigentlich gemeint ist.

Das, was wir hier als Sozialismus verkaufen,

das ist es doch gar nicht, was gewollt war.

Diese Unfreiheit, diese Unterdrückung,

dass Potenziale sich nicht entwickeln können und so weiter.

Und damit die eigenen Professoren an der Uni zu konfrontieren,

hat viel Spaß gemacht. Das hat sehr, sehr viel Spaß gemacht.

Und damit auch dann die Chefs zu konfrontieren im Radio.

Das hat mindestens nochmal genauso viel Spaß gemacht.

Ich bin 87 fertig geworden und 89 fiel die Mauer.

Und in diesen zwei Jahren haben wir zweierlei,

wirklich ganz hautnah gespürt,

nämlich wie ein System erstarrt vor lauter Angst.

Und wie sich eben auch Sachen öffnen.

Und wie es voll klar wird, hier braut sich was zusammen.

Und es sucht sich einen Weg, und damit zu machen,

das war schon sehr spannend.

Also, die Wende, oder das Wendejahr 1989,

sie waren Mitte 20, mit anderen Worten,

unser früherer Bundeskanzler hätte möglicherweise

von der Gnade der späten Geburt gesprochen,

weil sie waren in einem Alter, wo sie quasi neue anfangen konnten,

was in ihrem Fall auch funktioniert hat.

Sie haben Radio bei FFN gemacht.

Sie waren dann ein paar Jahre bei der deutschen Welle.

Und dann kam die Chance, ich glaube, 1997,

zum Deutschlandfunk zu kommen.

Seitdem sind sie auch bei Deutschlandfunk,

und in der Wahlweise Deutschland-Radio

waren insgesamt auch fünf Jahre Korrespondentin in Moskau.

Die spannendste oder eine der spannendsten Zeiten

ihres beruflichen Lebens?

Ja, ja, auf jeden Fall.

Auf jeden Fall.

Das war so Anfang der Nullerjahre?

Nee, das war 1999, das war im Sommer, im August bin ich dahin.

Und da wurde gerade eben Putin, Ministerpräsident,

von Borussia Zin eingesetzt.

Und kein Mensch kannte ihn.

Und also dieser ganze Wechsel war total interessant,

das mit zu verfolgen, also den wirklich ausgehenden,

sozusagen Geldziehen, der immer schwächer wurde.

Immer bedrohender?

Ja, auch immer kränker, muss man auch sagen.

Und den man auf der Nase rumtanzte,

der im Grunde genommen jede Sympathie längstens verspielt hat.

Und der hat es einem solchen Nachfolger, wie Putin,

eigentlich auch sehr leicht gemacht,

Putin war der Gegenentwurf von Geldziehen

und also der sehr viel jüngere, zurückhaltende,

sportliche, smarte Typ, als er da angefangen hat.

Und ich fand, was sehr unterbelichtet war,

dass dieser Mann KGB war, dass er FSB war,

der kam immerhin als Chef des Inlandsgeheimdienstes

in diese Position.

Das fand ich damals wirklich extrem beunruhigend von Anfang an.

Und ich kann mich sehr genau erinnern,

dass mein früherer Chefredakteur im Deutschlandfunk gesagt hat,

ja, Sie sind immer so kritisch mit diesem Putin,

ist denn der so schlimm?

Und dann versuchte ich das immer zu erklären.

Doch, also wenn jemand vom KGB und FSB kommt,

dann ist wirklich Vorsicht geboten.

Also, Frau Adler, seit anderthalb Jahren

fragen sich viele Menschen auf diesem Planeten,

wie sie sich in Vladimir Putin so irren konnten.

Ich erinnere mich an einen Auftritt von Vladimir Putin

im Deutschen Bundestag, wo, glaube ich, alle aufgestanden sind

oder applaudiert haben, zu einem Zeitpunkt,

als Putin schon Chechenien zu verantworten hatte.

Und Kräuel passiert sind, wie es schlimmer nicht geht.

Also, ich kann mich an diese Situation ganz genau erinnern.

Ich bin sozusagen mit Putin zu seiner Berliner Reise mitgereist

und hab mir diesen Auftritt im Bundestag angeguckt.

Und ich hab gedacht, ich traue meinen Augen nicht und Ohren nicht,

als der gesamte Bundestag bis auf ganz wenige Ausnahmen

Aufstand und Applaudierte.

Und ich hab mir gedacht, und das auch kommentiert,

ihr applaudiert hier eine Mörder.

Zumindest jemand, der Mord anordnet,

bei dem wir in Chechenien vorgeht.

Der als Allererstes die Chechenische Hauptstadt

in Schutz und Asche gelegt hat.

Und es zugelassen hat, dass da wirklich ein Terrorregime,

die Macht übernommen hat, installiert und beordert von ihm.

Das fand ich wirklich sehr, sehr geschichtsvergessen.

Und natürlich konnte ich mir das erklären, warum das so ist.

Denn dieser Auftritt kam 14 Tage nach 9.11.

Und das war wirklich eine, wir sagen, heute Zeitenbände.

Das war ein sehr großer Einschnitt für die westliche Welt,

überhaupt für die Welt.

Und Putin hatte etwas so unfassbar schlaues gemacht.

Der hat sich also unmittelbar nach diesen Angriffen

auf das World Trade Center und den anderen Anschlägen

auf den Pentagon und dieses Flugzeug in Pennsylvania.

Da hat er etwas unfassbar schlaues gemacht.

Er hat George Bush angerufen und hat ihm die Solidarität

und sozusagen die Mithilfe im Kampf

gegen den islamistischen Terror versprochen.

Und es ist, finde ich, vollkommen untergegangen

in dieser ganzen Geschichte,

weil die Begründung war, diesen Kampf führe ich ja selbst hier zu Hause.

Und es ist untergegangen auf welche Art und Weise

und mit welchen Mitteln Putin diesen Kampf führt.

Nämlich eben mit Terror, er hat Terror mit Gegentehrer beantwortet.

Und das ist ein großes Missverständnis, finde ich,

über das ich auch im Übrigen in meinem Ukraine-Buch schreibe,

weil ich finde, damit fängt nicht die Fehleinschätzung

der deutschen Politiker von Putin an.

Aber es ist ein ganz, ganz wichtiger Baustein.

Frau Adler, der Untertitel ihres Ukraine-Buches

heißt ja auch Deutschlands Versagen und die Lehren für die Zukunft.

Wenn wir mal uns die Hauptakteure angucken,

die möglicherweise versagt haben, ist da aus ihrer Sicht,

wir müssen da auch nicht in alle Details gehen,

ist da Angela Merkel an erster Stelle zu nennen,

als Bundeskanzlerin, die die Geschicke dieses Landes,

16 Jahre zu verantworten hat?

Das finde ich schon, das ist bei allem Verständnis

und bei einem Wissen, was Angela Merkel natürlich über Russland hat,

auch über die Sowjetunion hat, und über Putin.

Hat sie etwas ganz Entscheidendes eben verpasst?

Sie hat verpasst, Grenzen zu setzen.

Und bestimmt sich auf eine Kooperation von Anfang an eingelassen,

nämlich Stichwort Nord Stream, die überhaupt nicht ihre Sache war

und die sie sich auch gar nicht hätte zu eigen machen müssen.

Auch nach der Annikation der Krim?

Und nach der Annikation der Krim,

und da wird es dann wirklich noch unverständlicher.

Bei Nord Stream 1 war es ja so, dass die Gaslieferungen möglich waren,

dass die deutsche Wirtschaft billiges Gas

über diese direkte Pipeline bekommen hat.

Und das in einem Maße, das absolut ausreichend war,

Deutschland war versorgt.

Es gab überhaupt keine Not,

da noch zusätzliche Lieferungen zu beschaffen.

Und in dieser Situation 2015,

da steckte Europa in der tiefsten Flüchtlingskrise,

ist genau dieser Schritt auch wieder vollkommen unbeachtet

oder fast unbeachtet geblieben.

In dieser Situation hat sie Sigmar Gabriel

als ihren Vizekanzler und Wirtschaftsminister nach Moskau geschickt.

Der hat mit Putin Nord Stream 2 verabredet.

Und das gegen die große und jahrelange Kritik

der europäischen Nachbarn, der Vereinigten Staaten,

der Ukraine, die natürlich die erste Leitragende ist

und Hauptleitragende gewesen wäre,

das hat alles nicht interessiert.

Es musste dieses zweite Projekt hin.

Und das hat wiederum natürlich den Hintergrund in der Energiewende,

dem Atomausstieg, dem Kohleausstieg und so weiter.

Klar.

Und dann gibt's, wenn ich das sagen darf,

noch eine zweite Politikerin, die noch deutlich länger,

letztlich bis ran an diesen Ukraine-Krieg,

versucht hat, diese Geschichte mit Nord Stream 2

auch auf sehr kreative Art und Weise zu realisieren.

Manuela Schwesig.

Die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern.

Exakt.

Und das spricht nicht für die deutsche Politik,

dass diese Politikerinnen bis jetzt vollkommen unbeeindruckt

und unbeherrlicht ihr Land regieren darf,

noch mal eine Wahl gewinnt.

Und der Untersuchungsausschuss im Landtag so zahnlos ist,

weil natürlich auch alle mitgemacht haben.

Also, diese Stiftung ist eben von den damaligen

Landtagsfraktionen beschlossen worden.

Und wenn die jetzt im Untersuchungsausschuss sitzen

und die Grünen, die nicht mitbeschlossen haben,

aber jetzt erst dazukommen und da allein im Prinzip die Arbeit machen müssen,

dann reicht das eben nicht, dann fehlt es den Anschlagkraft.

Und dann gab es, wenn ich zurückgucke,

fast zeitgleich noch eine Verteidigungsministerin

zu einem Zeitpunkt als, ich weiß es nicht, 130, 140.000 russische Soldaten

an den Grenzen aufmarschiert waren,

5.000 Helme in die Ukraine schicken wollte.

Ja, und es gab aber auch zuvor noch eine Bundesregierung,

die schon 2013 und 2014 genau diese Anzeichen,

nämlich diesen riesigen Truppenaufmarsch, nicht wahrhaben wollte.

Der anders als jetzt 2022 und 2021 im Übrigen

auch schon in Stadten ging.

Und die Geheimdienste haben jetzt vor Beginn der großen Inversion

tatsächlich aus dem Fehler von 2014 vor der Krim-Annexion gelernt.

Sie haben diese Zahlen öffentlich gemacht,

sie haben öffentlich gemacht, dass sie aus Satin-Liten-Überwachung

und anderen Quellen wissen, dass da ein großer Truppenaufmarsch

von russischer Seite an der ukrainischen Grenze von Stadten geht

und haben das offen gehandelt.

Das haben sie vor der Krim-Annexion nicht gemacht.

Da standen diejenigen, die darüber wussten,

davon wussten zum Beispiel eben auch Korrespondenten,

da als wären wir die Cassandras dieser Welt

und würden von etwas reden, was überhaupt nicht belegt ist,

weil sich niemand getraut hat

oder ist niemand richtigiert, diese Zahlen zu veröffentlichen.

Ja. Also die Partei in Deutschland, die sich am schwersten getan hat,

aus meiner Sicht mit der Korrektur Putin ist sicher die SPD,

die ja als große Geschichte auch die Entspannungspolitik

von Willy Brandt mit sich herumträgt,

kann es sein, dass die auch den weitesten Weg zurückgelegt haben.

Also wenn ich mir beispielsweise den SPD-Vorsitzenden angucke,

mit dem sie ja am Sonntagabend bei Anne Will waren,

habe ich schon den Eindruck,

dass der nicht nur sehr nachdenklich geworden ist,

sondern auch einen sehr weitem Weg zurückgelegt hat.

Da gebe ich Ihnen recht.

Lars Klingmer ist sicherlich derjenige,

der tatsächlich für eine Revision

bzw. für eine Aufarbeitung für einen Rückblick eintritt,

der aber auch ziemlich einsam mit diesem Anliegen

davor sich hinwerkelt, sage ich jetzt mal so.

Bis heute in der SPD?

Ja, zumindest haben wir schon mal gehört,

dass es eine Geschichtskommission gibt,

die sich mit der Russlandpolitik beschäftigen soll.

Ich habe es nicht gehört, bis jetzt ist die nicht einberufen worden

von der SPD.

Und wir müssen natürlich auch ganz dringend noch einen Namen nennen,

der nämlich am längsten für Russlandpolitik zuständig ist,

allerdings nicht an höchster operativer Stelle,

eben als Regierungschef, aber immerhin jetzt Bundespräsident ist

und schon als Chef der Staatskanzlei in Niedersachsen

und dann der Chef des Bundeskanzleramtes war

und als Außenminister, Fraktionsvorsitzender

in wirklich wechselnden Funktionen jeweils maßgeblich

die Russlandpolitik mitbestimmt hat

und eine Ukrainepolitik betrieben hat,

die so viel Rücksicht und so viel Parteiname

für Russland immer enthalten hat,

dass, also wirklich, wenn der Ukraine es nicht bedenken kann,

dass sie sehr vorsichtig ist, wenn es um Steinmeier geht.

Wobei sich dieser Frank-Walter Steinmeier ja zumindest,

ich weiß nicht, ob das Wort viel,

aber er hat auf eine gewisse Art und Weise sich entschuldigt,

ohne da genauer und präziser geworden zu sein.

Genau, also er hat gesagt, und sehr früh, das ist richtig,

er hat das als einer der ersten gesagt,

wir haben Fehler gemacht, ich habe Fehler gemacht, andere auch.

Aber die Fehler hätte ich gerne mal benannt bekommen.

Das hätte ich schon richtig gefunden,

denn ich frage mich, welche Fehler meint er denn jetzt?

Es gab nämlich einen Fehler, den er wirklich sehr offen

auch zugegeben hat und wie ich finde, korrigiert hat.

Das ist der offene Auftritt in Kiew gewesen.

Am Tag, am einem Jubiläum in Bhabia,

der Schlucht, wo durch Wehrmachtsoldaten,

durch Sondereinheiten 30.000, mindestens 30.000 Juden

erschossen worden sind an einem Tag.

Und er hat gesagt, dieser Holocaust durch Kugeln,

der von den deutschen Nazis verübt worden ist,

ist einfach zu wenig bekannt in Deutschland.

Und er hat, weil er nicht bekannt ist,

auch zu einer falschen Rücksichtnahme geführt.

Beziehungsweise zu einer Fehlannahme,

dass es in Russland mehr Opfer, andere Opfer gegeben hat,

als in der Ukraine.

Und die Ukraine in ihrem Leid, in ihrem geschichtlichen Leid,

nicht so wahrgenommen wurde, wie sie es verdient hätte.

Das war eine Korrektur, das machen Politiker nicht so häufig.

Er hat es gemacht, das habe ich ihm auch hoch angerechnet.

Das haben ihm vor allem die Ukraine,

das ist für Wichtiger hoch angerechnet.

Aber die anderen Sachen Nordstream,

dieses Verzeihen der Annexion, der Krim,

dieser schlechte Minskvertrag,

dieser Vertrag, der wirklich das Papier fast nicht wert war,

auf dem er geschrieben wurde, das sind so alle Stationen gewesen.

Da finde ich, da müsste man eigentlich hingucken.

Und da interessiert mich natürlich auch,

was die Kanzlerin mal schreiben wird,

wenn sie dann ihre Biografie mal vorlegt,

wenn jemand 16 Jahre lang entlangträgt,

so viele Krisen bewältigt wie sie,

dann ist es zwangsläufig, dass man da auch Fehler macht.

Und das nicht zuzugeben, das finde ich,

ist eigentlich unter ihrer Würde.

Frau Adler, ich würde gerne noch ein paar Punkte ansprechen,

die aus der Ecke kommen, wo man sagt,

also unsere Berichterstattung, das ist ja nur,

entweder ist es nur ein Teil der Wahrheit,

oder es ist eine verbogene oder gebogene Wahrheit.

In Wirklichkeit sind die Verhältnisse doch ganz anders.

Das sind Leute, die aus der AfD-Ecke so argumentieren,

auch von anderer Seite, aus der linken Seite gibt es sowas.

Sie beginnen damit, dass man sagt,

die Ukraine ist ein hochkorruptes Land,

Selensky als Person auch,

ist Teil des Problems mit anderen Worten Subtext.

Warum engagieren wir uns für dieses merkwürdige Land

in dieser herausragenden Art und Weise?

Weil die Ukraine vor allem ein Land ist,

das eine sehr, sehr starke Zivilgesellschaft hat

und dass diese Zivilgesellschaft es vermocht hat,

anders als in Russland zum Beispiel,

sich aus diesen Verhältnissen,

aus dieser Herrschaft der Oligarchen herauszubewegen.

Und zwar durch Proteste und auch durch wirklich demokratische Basisarbeit,

insofern, dass sich die Bürger überlegt haben,

welche Art von Gesellschaft wollen wir eigentlich haben,

in welchen Bereichen muss sich diese Gesellschaft zwingend ändern?

Und sie haben angefangen,

vor allem als Allererstes mit der Antikorruptionsarbeit,

also wirklich zu versuchen,

den Oligarchen, den korrupten Politikern das Handwerk zu legen.

Und das ist zum Teil gelungen, das muss man ganz klar sagen.

Und ich würde nicht ganz einstimmen,

wenn man sagt, Selensky ist Teil des Problems.

Selensky ist nicht Oligarch gewesen,

er ist nicht jemand, der wirklich anders als Poroshenko zum Beispiel

sehr reich ist, viele Firmen hatte, große Firmen hatte

und damit sich über diesen wirtschaftlichen und finanziellen Einfluss

den politischen Einfluss holen konnte.

Das ist bei Selensky so nicht der Fall.

Aber er hatte Firmenanteile offenkundig ins Ausland transferiert?

Ganz genau. Selensky wird sich dafür verantworten müssen,

dass er eben tatsächlich Anteil, Firmenanteile

im Ausland verschleiern wollte.

Das wird die Zeit kommen.

Und Selensky ist jetzt nicht derjenige,

der völlig unverdächtig als lupenreiner Demokrat da

an der Spitze des Landes steht

und sozusagen da keinerlei Verfehlungen sich geleistet hat.

Das ist nicht der Fall.

Selensky ist jemand, der auch versucht hat,

gleich zu Beginn des Krieges die Presse gleichzuschalten.

Und das ist eine Angelegenheit gewesen,

die in der Ukraine sehr auf Widerstand gestoßen ist,

als nämlich die Gesellschaft,

auch wieder die Zivilgesellschaft gesagt hat,

auf der einen Seite richtig.

Wir müssen im Krieg natürlich gucken,

dass bestimmte kriegswichtige Informationen

nicht preisgegeben werden.

Aber auf der anderen Seite brauchen wir natürlich schon

eine Meinungsfreiheit

und wir wollen hier keine Meinungsdiktatur haben.

Wir wollen nicht über den Krieg zurück in solche Zeit.

Und das hat er dann auch stoppen müssen.

Es gibt durchaus freie Medien in der Ukraine, auch im Krieg.

Lassen Sie uns, Sabile Adler,

zum Schluss unseres Gesprächs

vielleicht noch stichwortartig versuchen,

in die Zukunft zu gucken,

wissend, wie schwierig, wie kompliziert

und wie unsicher das alles ist.

Wie sehen Sie die Zukunft von Vladimir Putin

und im Übrigen auch in Kombination

mit seinem Außenminister Lavrov,

dem zu diesem Putschversuch auch nicht viel mehr eingefallen ist,

als zu sagen, das stünden ausländische Geheimdienste dahinter?

Ja, das ist die Lesart, die immer funktioniert.

Das ist auch eine, die immer ins Inland geht.

Also Schuld ist immer der äußere Feind, egal was passiert.

Das ist jetzt nichts Überraschendes.

Und Lavrov ist wirklich ein Diener seines Herrn.

Es gibt diesen sehr, sehr bösen Ausdruck, Mietmaul.

Und er ist so eins, das muss man einfach sagen.

Er sagt, was Putin hören möchte

und hat da, glaube ich, auch schon längstens seine Seele verkauft.

Ja, wie wird's kommen?

Ich glaube, was wir wirklich gesehen haben

an dieser Mäuterei, Revolte, Putschvers letzten Endes nicht,

ist, dass diese Privataarminen,

die ein wirklich langes Eigenleben schon führen in Russland,

zu einer echten Gefahr für Putin werden können.

Und dass diese Privataarminen auch nichts Gutes für die Zukunft verheißen,

weil in der Zwischenzeit neben den ganzen staatlichen militärischen Strukturen

da eine zivile militärische Struktur geschaffen worden ist,

die jederzeit von jedem instrumentalisiert werden kann.

Und wenn wir über dieses Szenario,

Putin selber hat gestern das Wort in den Mund genommen,

Bürgerkrieg, ein Bürgerkrieg sei abgewendet worden,

es ist nicht der Bürgerkrieg, wie 1917,

als die Oktoberrevolution stattfand,

als wirklich Volksmassen aufeinander gehetzt wurden.

Das ist nicht das Szenario, was ich erwarte.

Aber es wird ein Szenario sein, ich rede jetzt zum schlimmsten Fall,

dass, wenn die Verhältnisse ins Rutschen geraten,

diese Interessengruppen ihre Kämpfe bewaffnet austragen.

Ja, es gibt Leute oder viele Leute sagen,

nachdem was am letzten Wochenende passiert ist,

das ist der Anfang vom Ende politisch

und möglicherweise auch persönlich von Vladimir Putin.

Sehen Sie das auch so?

Ich finde, es ist noch nicht so ganz ausgemacht.

Es kann sein, dass es ihm gelingt,

seine Macht noch mal zu konsolidieren.

Aber ich würde mal so sagen, also ein Bein am Stuhl von Putin

ist so angesägt, wenn er sich da einmal

zu kräftig reinplumpsen lässt, ist er kaputt.

Wie geht es weiter mit Yevgeni Prigoshin?

Wird der Weihnachten noch erleben, ob in Belarus oder wo ganz anders?

Da würde ich jetzt nicht mein letztes Hemd dafür verwerten.

Das kann sein, dass es ganz schnell zu Ende geht.

Vielleicht ist er so schlau und hat immer einen Gegengift.

Der weiß ja nun, wie man das macht bei Novichok

und sowas, was man da als Gegengift braucht.

Vielleicht hat er sowas immer bei sich, keine Ahnung.

Wann wird verhandelt, was den Krieg in der Ukraine angeht?

Ich hoffe, dass, wenn die Gegenoffensive

für die Ukraine erfolgreich stattfindet,

der Druck hoch genug ist, dass dann Putin damit zu beeindrucken ist

und er endlich an dem Punkt kommt, wo er mehr zu verlieren

als zu gewinnen hat, aber an dem Punkt sind wir noch nicht.

Gibt es die Chance, dass wir an diesen Punkt in diesem Jahr kommen?

Ich glaube nicht, ich glaube nicht.

Dazu muss die Ukraine sehr, sehr gut kämpfen.

Das Schlimme ist, was nicht passiert ist in diesem Putsch jetzt

oder in diesem Putschversuch,

dass darüber die russische Front in der Ukraine schwächer geworden ist.

Das Gegenteil könnte der Fall sein,

wir haben vorhin kurz mal am Anfang darüber gesprochen,

es könnte das Gegenteil der Fall sein,

wenn die Wagner-Truppe tatsächlich in Belarus stationiert wird,

wenn sie dort einigermaßen an Schlagkraft wieder gewinnt,

dass von dort aus sogar eine zweite Front losgehen könnte.

Wir hoffen es nicht.

Danke für das Gespräch, alles Gute für Sie.

Sehr gerne, danke.

Heimspiel.

Apokalypse und Filtercafé ist eine Studio-Boomens-Produktion

mit freundlicher Unterstützung der Florida Entertainment.

Redaktion Wolfgang Heim.

Executive Producer Tobias Bauckage.

Produktion Hannah Marahil.

Ton und Schnitt, Meerbecker.

Diese Folge wurde dir na klar präsentiert von Vodafone.

Seit über 30 Jahren für dich da.

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Sabine Adler ist Journalistin und Autorin und war Korrespondentin des Deutschlandfunks in Moskau. Darüber hinaus ist sie Expertin für die politische Lage in der Ukraine und Belarus und beleuchtet in ihrem Buch “Die Ukraine und wir: Deutschlands Versagen und die Lehren für die Zukunft” nicht nur den aktuellen Krieg im Land, sondern auch die Rolle, die Deutschland in diesem Kontext wirtschaftlich, medial und politisch spielt.

Im Gespräch mit Wolfgang analysiert Sabine Adler den gescheiterten Putsch von Wagner-Chef Prigoschin sowie mögliche Entwicklungen des Krieges und reflektiert dabei auch das historische Verhältnis der deutschen Politik zu Putin.

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