Apokalypse & Filterkaffee: Heimspiel: Rosa von Praunheim

Micky Beisenherz & Studio Bummens Micky Beisenherz & Studio Bummens 4/23/23 - Episode Page - 46m - PDF Transcript

Diese Folge wird dir präsentiert von ...

Japp, Vodafone seit über 30 Jahren für dich da.

Guten Morgen, lieber Wolfgang.

Guten Morgen, Mickey.

Ich sage dich akribisch an der Technik rumfummeln,

wie der sehr späte Peter Lustig, aber es sieht aus, als wäre alles ...

Dieses Kompliment, welche Ehre, ich habe nichts anderes gemacht,

als das Mikrofon ein bisschen anzuheben, dass ich näher rankomme.

Und du hast frische Blumen für mich extra hinten im Hintergrund hingestellt.

Ich glaube ja nicht, dass mir so etwas entgeht.

Also, die Blumen hab ich natürlich für dich hingestellt.

Ich hab vor unserem Gespräch auch eine kleine Wette mit mir selbst gemacht,

welches der Hintergrund dieses Mal ist, ganz Holz verteffelt.

Jetzt hab ich eigentlich getippt, innerlich wiederum,

dass es sich möglicherweise um ein Trapistenkloster handelt.

Aber es ist ganz anders.

Das ist absolut richtig.

Ein Schweigekloster ist für mich bis auf weiteres ...

Kommt nicht in Frage.

Ein Trapistenkloster interessiert mich eigentlich nur bierseitig.

Das ist korrekt.

Es ist aber am Ende wieder ganz simpel.

Diese Holzvertefflung ist ein relativ großer Kleiderschrank.

Ich bin in einem Hotel in Berlin

und werde gleich mit unserem, in dem Fall kann ich ja sagen,

gemeinsam bekannten Oliver Polak essen gehen.

Dem wunderbaren Komedien, mit dem ich auch die Ehre

und das Vergnügen hatte, diesen Podcast aufzuzeichnen.

Grüß Ihnen von mir.

Das werde ich machen.

Und jetzt schlage ich moderativ eine gekonnte Brücke,

ein Enfante-Riebel.

Das wird ja Oliver Polak auch gerne mal als Etikett angeheftet.

Er muss allerdings, um den Status deines Gesprächspartners

dieser Episode zu erreichen,

da muss er schon noch ein bisschen mehr machen.

Unter anderem, wenn ich das recht rekapituliere,

den ein oder anderen prominenten Zwangsauten.

Was uns unweigerlich zur Rosa von Braunheim bringt.

Der Mann, der mittlerweile wie alt geworden ist,

hat gerade Rundengeburtstag gehabt.

Wenn ich das richtig weiß, im November letzten Jahres,

ist er 80 Jahre alt geworden.

80? Unfassbar.

War einer übrigens der wenigen Aufzeichnungen,

die face-to-face stattgefunden haben.

Wir waren beide im Studio Bummens in Berlin.

Ich war da, er war da, oder er kam dann.

Ist ein absolut professionell, präziser Mensch, sagt,

okay, es ist so und so viel Uhr, wie lange brauchen wir?

Weil ich hab anschließend noch den Anschlusstermin.

Ich brauche ein Vorgespräch, frag mich, was du willst.

Was wiederum auch bedeutet, dass der Mann,

wenn der Anschlusstermine hat, nach wie vor sehr gefragt ist.

Ja, das hängt zum einen damit zusammen,

dass er Künstler ist schon sehr breit gefächert unterwegs ist.

Nicht nur die vielen Filme, der kommt auf 150 Filme in den 50 Jahren.

Der schreibt auch Gedichte und macht noch ganz andere Sachen.

Und hat offenbar die Fähigkeit, all das wunderbar zu kombinieren.

Und das hat, wie er dann mir auch gesagt hat,

auch nur den Aspekt, dass er nach wie vor Geld verdienen muss.

Ja, in der Tat begegnet einem dann doch immer wieder mal

bei dem einen oder anderen, Arrivierten, Künstler, Hören, Alters,

dass sie einfach auch Dinge machen, weil sie's müssen.

Aber er wirkt so aus der Halbdistance,

aber jetzt nicht wie jemand, der es allein des Geldes wegen macht, oder?

Nein, also das ist sicher auch eine Form von kreativer Selbstbestätigung.

Dann hat er nach wie vor auch diese mediale Bühne,

die er immer noch gerne bespielt.

Also gehört dann zu den Leuten, die sagen,

ich isst mir das alles viel zu viel, aber wenn dann keiner mehr anruft

und keiner mehr eine Mail schickt und keiner ihn mehr einlädt,

ist das auch nicht recht.

Aber ein Mann mit einer Wahnsinnslebensgeschichte

und auch einer Wahnsinnslebensleistung,

also was der für die Schulenszene und für die Schulbewegung

in Deutschland getan hat, das ist schon einzigartig.

Eine Bewegung, die sich ja mittlerweile noch mal dramatisch auch verästelt hat,

wenn man sich die aktuellen Debatten und alles anguckt,

wie blickt er darauf? Hast du mit ihm darüber sprechen können?

Ehrlicherweise haben wir das nicht groß thematisiert.

Das Gespräch hat sich schon ein bisschen an seiner Biografie

und an den einzelnen Dingen entlanggehangelt,

für die er nun mal steht.

Ich meine, das beginnt ja auch in seinem Fall mit einer irrsinnigen Lebensgeschichte.

Wer kann von sich behaupten,

dass er während des Zweiten Weltkriegs

im Zentralgefängnis von Riga auf die Welt gekommen ist?

Das stimmt allerdings, ja.

Und die eigene Mutter, die leibliche Mutter,

von der er das ganze Leben eigentlich gar nicht wusste,

dass es die gibt, hat ihn dann zur Adoption freigegeben

und sehr viel später haben die Adoptiveltern,

die er für seine richtigen Eltern gehalten hat,

ihm erzählt, was eigentlich der Ursprung seines Lebens war.

Und da kommen so viele Geschichten zusammen.

Also, ja, sehr beeindruckend.

Als Fan von dir würde ich mir natürlich grundsätzlich sein Leben

auch von dir und deiner schönen Stimme erzählen lassen.

Aber es wäre dann irgendwie auch ein bisschen schade,

sonst hätte ich dich ja gar nicht besuchen müssen.

Deswegen hören wir doch einfach mal rein.

Ich bin sehr gespannt auf dein Gespräch mit Rosa von Braunheim.

Vielen Dank.

Es ist Sonntag, der 23. April.

Apokalypse und Filtercafé, Heimspiel,

das Interview am Sonntag mit Wolfgang Heim.

Er ist einer der kreativsten deutschen Filmemacher.

Er kommt auf die beeindruckende Bilanz von mehr als 150 Filme

in mehr als 50 Jahren.

Und er ist so was wie Pionier und Ikone der Welt.

Pionier und Ikone der deutschen Schwulenbewegung.

Herzlich willkommen, Rosa von Braunheim.

Guten Morgen.

Wie oft hast du dir heute schon die Hände desinfiziert,

wenn ich damit einschägen darf?

Gar nicht, überhaupt nicht. Ich habe sie nur gewaschen.

Wir sitzen hier in Berlin um 12 Uhr zusammen.

Du hast auch nicht in Erfahrung gebracht,

wo in nächster Nähe ein Notarzt ist?

Nee, in Berlin brauche ich das nicht.

Das ist, wenn ich voran das hinreise,

deswegen reise ich auch nicht mehr voran das hin.

Beide ungewöhnlichen Einstiegsfragen hängen damit zusammen,

dass wer auch immer dir mal das Etikett des Hypochonders umgehängt hat.

Ich habe mir das selber auch umgehängt.

Ich bin ein Hypochonders.

Das ist auch der Titel eines Films, den ich gemacht habe.

Über meine Reizblase, die immer heftiger wird.

Das ist gar nicht lustig, weil ich jetzt operiert werden muss.

Am 2. März.

Das hat in diesem Fall einen durchaus ernsten Hintergrund.

Ja, ja, das hat einen ernsten Hintergrund.

Ich war zu allen möglichen Schamanen

und alternativen Medizinleuten gegangen.

Aber keiner konnte mich heilen.

Ich muss sehr oft raus nachts und hab mich zwar dran gewöhnt, aber ...

Wie bist du eigentlich, wenn wir gerade beim Hypochondrisch seien,

über diese drei Corona-Jahre gekommen?

Eigentlich ganz gut, weil das Schlimmere war ja AIDS.

Und AIDS war ja nun gerade auch für jüngere Leute sehr, sehr tragisch.

Und das fing ja Anfang der 80er-Jahre an

und ging also bis Mitte der 90er sehr heftig.

Und viele, viele Freunde von mir so gestorben.

Da war ich sehr, muss man schon sagen, hysterisch.

Und war deshalb eben auch sehr politisch, sehr aktivistisch.

Ich hab viele Filme über das zu dem Thema gemacht

und war sehr aufklärerisch.

Ich hab mir da viele Feinde gemacht, weil viele die Gefahr ignoriert haben.

Und warst möglicherweise auch sehr vorsichtig,

was dann dazu geführt hat, dass du immerhin

im November des letzten Jahres deinen 80. Geburtstag feiern konntest?

Ja, das ist ein Gerücht.

Also, ich bin ja im Grunde genommen erst mal acht Jahre.

Ich bin sehr kindlich und verspielt und bleibe auch acht Jahre.

Okay.

Geht's dann möglicherweise irgendwann auch wieder rückwärts?

Das wäre ja auch eine Möglichkeit, dass ein Kreis sich schließt.

Nein, ich sterbe ja 16. Oktober diesen Jahres

und hab schon eine Grabstelle auf dem alten St. Matthäus Friedhof

in Berlin gepachtet und werde da mit meinen zwei Männern ...

hab ich schon Probe gelegen und feier meine Beerdigung.

Das ist die Voraussage einer besoffenen Astrologin,

die mich anrief von ein paar Jahren

und sagte kurz vor meinem 81. Wird ich sanft versterben.

Das ist wichtig.

Aber es kann in diesem Fall auch sein, dass sie verstirbt.

Und ich dann lebendig meine Beerdigung feiern kann.

Ist es irgendein Datum, dass, so wie du es gerade geschildert hast,

als Anekdote nicht wirklich ernst zu nehmen ist

oder spielt das im Hinterkopf doch so eine Rolle,

wenn irgendjemand einmal gesagt hat, dann und dann bist du tot?

Ja, natürlich spielt das eine Rolle.

Und ich freue mich auch drauf.

Ich hab ja genug gelebt.

Und deine zwei Männer freuen die sich auch drauf?

Äh, ja, mein Freund möchte, dass ich 100 werde.

Deswegen hab ich jetzt gerade ein Buch und Arbeit,

100 Jahre Rosa mit 100 Bildern und 100 Geschichten,

die ich dazu geschrieben hab.

Also, ich beruhige die eben.

Also, das ist jetzt, wenn ich kurz sagen darf,

dein Lebenspartner, mit dem du seit, ich weiß nicht, 15 Jahren zusammen bist.

Oliver, ein paar Jahre jünger als du,

und dann gibt es aber einen anderen Mann,

mit dem du auch so was wie eine Lebenspartnerschaft gehabt hast,

der jetzt Frage, wie alt ist?

Äh, der ist neun Jahre jünger als ich, also Anfang 70.

Und, äh, ihr Leben zu dritt.

Und Mike ist mein Ex, sozusagen, und Mitarbeiter.

Also, der mit mir eben seit 45 Jahren in der Firma zusammenarbeitet,

macht Schnitt und Postproduktion und ähm, ist wunderbar.

Kommt ihr gut zu dritt miteinander klar?

Ja, gut. Ja, wir respektieren uns und äh, kommen gut miteinander aus und äh...

Und dein Ex ist nicht eifersüchtig auf den anderen, der...

Nein, mein Ex hatte ja auch, nachdem wir uns,

wir hatten uns 77 in Florida kennengelernt.

Und dann hab ich ihn mit nach Berlin gebracht

und 83 haben wir uns getrennt.

Und dann hatte er natürlich auch längere Beziehungen.

Ja.

Und insofern ähm, ging das in eine, ja,

würde ich sagen, familiäre, brüderliche Beziehung über.

Du hast gerade gesagt, also du arbeitest an,

damit ist das Datum des 16. Oktober, hat Absurdum geführt,

du arbeitest an 100 Jahre Rosa.

Du bist insofern, glaube ich, auch sehr kreativ,

dass du aus dem Ärmel, ich weiß nicht,

wie viele Gedichte schütteln kannst am Tag, 15, 20?

Ja, manchmal auf 50 oder 100, das kommt drauf an,

wenn ich vom Publikum bin.

Jetzt neulich hatte ich in Haus der Poesie hier in Berlin einen Abend

und dann hab ich 100 Gedichte geschrieben.

Für jeden Zuschauer ein Gedicht.

Ja, und das sind ja automatisches Schreiben.

So schreibe ich auch meine Theaterstücke,

die inzwischen recht erfolgreich sind.

Ja, sozusagen nicht ich schreibe, sondern es schreibt mich.

Das Kreative ist ja immer etwas Magisches.

Also ich hab in Vorbereitung dieses Gesprächs

mir einen Ausschnitt aus einer Fernsehsendung angeguckt,

die du dieser Tage gehabt hast mit einer NDR-Kollegin,

der du im Übrigen dann auch ein Gedicht geschenkt hast.

Ich weiß nicht, ob ich heute noch im Verlauf unseres Gesprächs

in die wunderbare Situation komme, von der ein persönliches Gedicht ...

Nein, du musst nicht kaufen bei Martin Schmitzverlag,

gibt es meinen Gedichtsband, mein Armloch.

Und auch Martin Schmitzverlag gibt es Rosas Racher,

50-Jahre-Tagebücher.

Und vor allen Dingen meinen letzten Roman.

Ja.

Hasen-Pupsyloch.

Das ist ein wunderbarer Roman, wo ich drei ältere Damen

in die Welt schicke, um die Diktatoren dieser Welt zu entsorgen.

Und wenn ich ein schönes Gemälde von dir haben möchte,

dann kriege ich es auch nicht geschenkt,

sondern kauf es mir oder muss es mir wohlkaufen?

Also, ich hab gerade eine Ausstellung in Frankfurt,

in der Galerie Hanna-Bekker vom Rad.

Und ich werde im September in Hamburg eine Ausstellung haben.

Und es gibt hier in der Galerie Mond in Berlin ein Online-Shop.

Und ja, da kann man meine Bilder kaufen.

Hast du eigentlich, wenn ich fragen darf,

noch Terminen nach dem 16. Oktober?

Nee, aber ich hab ungefähr 30 Filmprojekte.

Und ich möchte ja hier auch den Zuhörer auffordern,

mir eine Million zu geben, damit ich noch zehn Filme machen kann.

Okay.

Du bist geboren, auf die Welt gekommen, als Holger Ratke.

Am 25. November des Jahres 1942

im Zentralgefängnis von Riga.

Stimmt das alles so, wie ich es gerade erzählt habe?

Genau, das mit dem Namen Ratke wusste ich ja lange nicht.

Das habe ich erst am Jahrtausendwende.

Habe ich das erfahren von meiner damals 94-jährigen Mutter

in Anführungsstrichen, denn ich hatte sie ja immer

als leibliche Mutter angesehen, aber sie sagte mir dann,

Tränen überströmt, ich will mit keiner Lüge sterben

und du bist nicht mein Sohn.

Das natürlich nicht stimmt.

Sie ist immer noch meine Mutter und die ist die wichtigste Person.

Und hat auch an deiner Zuneigung und deiner Liebe zu ihr

nicht das Geringste verändert?

Nein, um Gottes Willen.

Nein, nein, nein.

Sie hat mich ja gerettet, sozusagen,

als ich aus dem Gefängnis bin.

Ich bin dann ein deutsches Krankenhaus in Riga gekommen.

Und sie hat mich da geklaut, also sie hat da gearbeitet

und hat mich dann bei Krebsende einfach mitgenommen.

Ich bin nie offiziell adaptiert worden,

aber ich habe ihren Namen bekommen

und den sozusagen von ihrem Mann.

Wenn ich das sagen darf, nach diesem späten Geständnis

deiner Stiefmutter hast du dich auf Spurensuche begeben.

Was hast du rausbekommen über deine leibliche Mutter zunächst mal?

Ja, also wir hatten jemanden, das ist ja sehr schwierig,

diese ganzen Kriegsakten und so sind ja zum Teil verschwunden.

Aber es gab eine lättische Mitarbeiterin,

die einen Dokument gefunden hat,

Antrag auf gebrauchte Windeln für das Vindelkind Holger Ratke.

Und da war zum ersten Mal dieser Name.

Und dann haben wir über die Pommersche Landsmannschaft,

haben wir dann rausgekriegt, den Namen Ratke,

wer da eventuell dran hängt,

und haben durch Zufall die Schwester meiner leiblichen Mutter.

Dann haben wir rausgefunden und deren Sohn

hat uns dann drei Fotos meiner leiblichen Mutter

und haben dann durch weitere Recherche herausgefunden,

dass meine leibliche Mutter ein Jahr nach dem Krieg,

nachdem sie da aus dem Knast kam,

ein Jahr nach dem Krieg ist sie nach Berlin gegangen

und ist dort ermordet worden von den selben Ärzten der Euternazi,

die in Berlin praktiziert haben.

Warum hat dich deine leibliche Mutter

in diesem Zentralgefängnis von Riga auf die Welt gebracht?

Warum war sie inhaftiert?

Wir wissen nicht, warum sie inhaftiert war.

Wir können nur ahnen, es gab eine Schwarzmarktgeschichte,

ob sie da involviert war.

Ich denke, es hatte sich auch zu tun mit der Diagnose.

Man hat sie mit Schizophrenie diagnostiziert,

dass sie eine unbequemte Person war.

Wir haben ja den Vater nie rausgekriegt,

ob der der Vater da eine Rolle spielte,

sie in den Knast gebracht hat oder sie unbequem war.

All das Sachen sind gerüchtet.

Das heißt, über deinen leiblichen Vater

hast du bei dieser Spursuche nichts rausfinden können?

Nein, ich habe dann einen Medium engagiert in Berlin.

Das hat meine beiden Mütter materialisiert in meinem Wohnzimmer.

Ich habe das auch mitgefilmt.

Und da sagte sie, das wäre ein Geschäftsmann gewesen.

Das hat mich beruhigt, weil vorher das Gerücht war,

dass er hätte ein SS-Norder sein können.

Hätte aber auch ein Fotograf sein können, der jüdisch war,

aber getarnt, dann sehr berühmt war,

Fotos der Nazi-Zeiten, dann später auch

von Spiegelporträts gemacht hat.

Aber das waren Recherchesachen.

Hast du rausbekommen, ob es Geschwister gibt oder gegeben hat?

Nee, ich glaube, in dem Fall war ich der einste Sohn.

Dieser geisteskranken Mutter.

Und diese Geisteskrankheit habe ich ja auf positive Weise geerbt,

in dem ich verrückt im kreativen Sinne bin.

Das ist ja was Wunderbares.

Es hat mein Leben bereichert und nicht krank geworden.

Konntest du denn so spät,

wie du von diesen ganzen Beziehungsgeschichten erfahren hast,

konntest du so spät zu dieser leiblichen Mutter

ein emotionales Verhältnis aufbauen?

Nein, emotional nicht, eher Angst.

Ich dachte, wenn ich mit einer verrückten Mutter aufgewachsen wäre,

wäre das sicher schwierig gewesen.

Ich bin sehr froh, dass ich bürgerliche Eltern dann hatte.

Die haben mich geliebt, ohne mich zu verstehen.

Aber sie haben mich geliebt und haben mir die Freiheit gelassen,

ein verrückter Künstler zu wählen.

Das gilt auch für deinen Stiefvater?

Genau, mein Stiefvater sagt, Hauptsache, du kommst nicht ins Gefängnis.

Ich bin ja dreimal sitzen geblieben, habe eine Lehre abgebrochen

und bin erst mal auf der Kunstschule nicht angenommen worden.

Aber dann zweit mal doch.

Dann habe ich mein Studium der Freien Malerei in Berlin begonnen.

Dann habe ich angefangen, 1967 mein 1. Kurzfilm zu machen.

Da ging dann ziemlich schnell eine Karriere los.

Wenn du in deiner Biografie zurückguckst,

kannst du den Zeitpunkt definieren und festmachen,

an dem dir klar war, ich bin schwul?

Na ja, zurücklegend, ich kann mich erinnern.

Ich glaube, ich war fünf Jahre oder so.

Da habe ich am Schwanz von meinem Vater gespielt.

Der hat da geschnarrigt und lag da und ich habe mich rangekuschelt.

Das ist komischerweise, ich kriegte dann so Schuldgefühle.

Das blieb einfach in meinem Kopf.

Ist ja eine extrem frühe Erinnerung für dich.

Ja, es ist eine frühe Erinnerung.

Ich fand meinen Vater auch immer erotisch.

Der spielte an seinem Schwanz, lag irgendwie auf seinem Bett.

Ich glaube, mit 15 bin ich zu ihm ins Bett gekrochen.

Er hat das ignoriert.

Er hat es nicht verboten, aber er hat es auch nicht befördert.

Da bin ich in gewisser Weise auch dankbar.

Das wäre sicher auch verwirrend gewesen für mich.

Das heißt, dass ich meinen Vater,

der aus heutiger Sicht, der ist so dick wie ich, gewesen und so.

Also jetzt nicht so attraktiv, aber er war ein männlicher Bezugspunkt.

Und das, bevor ich überwusste, was schwul oder weiß nicht was,

hat das mich gereizt.

Aber wie war das dann für dich in diesen 50er-Jahren,

die dich ja geprägt haben von deiner Sozialisation her,

in der du dann auch in die Pubertät gekommen bist,

in diesem doch sehr fundamentalistischen Umfeld

solche Gefühle zu haben, Männern, Jungs gegenüber

und gleichzeitig auch noch den Gruppendruck zu erleben,

der anderen, dass man doch gefälligst sich in Richtung Mädchen

und Frauen zu bewegen hat?

Es hat dazu geführt, dass ich eigentlich ziemlich schwulenfeindlich war.

Und ich hatte mit Mädchen Sex sehr, sehr gerne auch Sex,

aber die haben sich in mich verliebt, und ich konnte das nicht erwidern,

weil ich in Berlin eben Kontakte zu Männern hatte,

die dann wiederum sich nicht in mich verliebt haben.

Also das war, hat doch eine Zeit lang gedauert,

bis ich eine erste Beziehung hatte.

Es hat gedauert, den Bewusstsein zu kriegen.

Ja.

Ich glaube, Sexualität ist für viele Menschen

hetero- oder schwulverwirrend.

Aber Sex mit Mädchen und mit Frauen war für dich erst mal okay?

Ja.

Warum heißt es denn irgendwann ...

Aber ich merkte, ich kann mich nicht verlieben,

die haben sich in mich verliebt, und dann fand ich das ungerecht.

Deshalb hast du dann aufgehört damit?

Na ja, die Attraktivität zu Männern war dann ...

Also mit 19 hatte ich zum ersten Mal Sex.

Das war in der Türkei, glaube ich, da war grad eine Revolution.

Und ich ging in einen Park und hatte irgendwie gewichst

mit einem Soldaten, das war irgendwie das erste Mal.

Aber im gleichen Jahr hatte ich auch Sex mit einer Frau.

Also das ging so parallel.

Könntest du dir das heute noch vorstellen, Sex mit einer Frau zu haben?

Ja, natürlich.

Ja, ich finde Frauen wunderbar.

Also ich finde ...

Also zum Beispiel meine wunderbare Freundin Lottie Huber,

mit der ich lange Filme gemacht habe.

Gott hat sie sie.

Eine wunderbare, warmherzige, tolle, für mich auch erotische Frau.

Wir haben gekuschelt und haben zusammen im Bett gelegen und so.

Und reinstecken hätte dann sehr wahrscheinlich

wäre kompliziert, auch für unsere Freundschaft oder so gewesen.

Du hast dann ja auch, was auf den ersten Blick relativ ungewöhnlich war

und schwer verständlich, du hast dann auch geheiratet.

Wen und warum?

Das war 1969, heiratete ich Carla Aulau Lu, die ich so nannte.

Das war die Protagonistin meiner ersten drei Kurzfilme.

Eine verrückte, wunderbare, fantasievolle junge Frau.

Und wir haben geheiratet aus Geldgründen,

weil wir damals 30.000 Mark Ehestandsdarlehen kriegten.

Also in Berlin zur Gründung einer Familie.

Nach der Hochzeitsnacht haben wir uns nie wiedergesehen.

Sie ist nach München und hat mit Fassbinder gearbeitet

und anderen Regisseuren und ...

Weißt du, was das ihr geworden ist?

Ja, sie hatte, glaube ich, lange mit einem Regisseur zusammen gelebt hat.

Wohl auch ein Kind.

Und sie hatte sich ganz von uns abgewendet.

Das also nicht nur ich hab mit ihr Filme gemacht,

sondern dann auch Werner Schröter.

Und sie hatte dann, glaube ich, diese verrückten Filme gefielen ihr nicht.

Sie wollte dann seriöse Schauspielerin werden.

Hat sich dann von uns abgewandt.

Aber für uns war sie damals sehr inspirierend.

Du bist ja in den frühen 60er-Jahren nach Berlin gegangen.

Dann Kunststudium.

Ich weiß gar nicht, es war die Zeit,

hast du den Mauerbau im August des Jahres 61 in Berlin mitbekommen?

Ja, natürlich hab ich das mitbekommen.

Weil meine Familie, ich komm ja aus dem Stadtrand im Ostteil.

Bin ich aufgewachsen.

Von Krieger bin ich in den Ostteil sozusagen in die DDR gekommen.

Bin da aufgewachsen bis zu meinem zehnten Lebensjahr.

Das war noch vor der Mauer.

Und da konnten meine Eltern mit mir dann rüber in den Westen

und dann später nach Frankfurt-Braunheim,

wo mein Vater gearbeitet hat.

Aber natürlich 61 der Mauerbau, da war sowohl meine Tante,

wie meine Großmutter, lebten dort im Ostteil,

die ich auch besucht hatte.

Und meine Tante blieb im Westen.

Aber meine Großmutter blieb dann noch lange dort.

Die hab ich dann öfter auch besucht.

Ich hatte auch Jugendfreunde, die im Ostteil waren.

War es ein Schock für dich,

als plötzlich an diesem Augustag des Jahres 61

überall in Berlin die Mauern hochging?

Ja, sicher war das ein Schock.

Klar, ich mein, das war, wie gesagt,

gerade weil ich eben Freundschaften auf der anderen Seite hatte.

Das war schon ein bedeutendes Ereignis.

Genauso wie die Öffnung der Mauer dann 89,

das auch ein Schock war und unerwartet.

Ja.

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Wieder mal in einem anderen Land unterwegs

und plötzlich fällt euch ein,

ich spreche die Sprache ja gar nicht, das ist natürlich blöd.

Und da stehe man dann wie Le Ox, vom Berge.

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Du hast ja auch die Zeit der Studentenbewegung in Berlin mitbekommen.

Was sind da so für dich die prägenden Erinnerungen?

Na ja, auf der einen Seite gab es natürlich so eine Massenbewegung

der 68er, aber ich war nie ein Typ, der so mit Massen gegangen ist.

Ich war zu individuell.

Also, Gedichte schreiben war da unmöglich für die 68er.

Man musste Propaganda machen.

Ich weiß noch die deutsche Film- und Fernseherakademie,

die DFB in Berlin oder so.

Und da waren die meisten drauf, Propagandafilme zu machen.

Und eben nicht Kunstfilme und auch Kunstfilme nicht tollzufinden und so weiter.

Das war nicht so mein Ding.

Natürlich habe ich auch an Demonstrationen teilgenommen

und habe auch versucht, Marx zu lesen und so weiter.

Aber ich war zu individuell.

Ich habe eher die Spaßfraktion.

Die fand ich toll, so das Anarchistische dran.

Also, sich lustig zu machen über Autoritäten und so weiter.

Und neue Lebensformen auszuprobieren,

Kommune leben, also viele zusammen, Wohngemeinschaft.

Ja, ich meine, Dennis war ja so, dass die Studentenbewegung

erst mal mit Schwulen und Lesben nicht so viel zu tun hatte.

Ja, auch mit Frauenbewegung nicht so viel zu tun hatte.

Die Frauen waren da immer noch abgestellt, Kaffee zu holen und so weiter.

Und insofern, als ich anfing, eben mein Schwulenfilm zu drehen,

das war, also 1969 gab es einem Gesetz,

der Schwulenparagraf 175 verändert wurde,

zugunsten von Homosexuell.

Abgeschafft ja erst 1994.

Und zwischen 1949 und 1969 gab es doppelt so viele Schwule,

die ins Gefängnis kamen wie während der Nazi-Zeit.

Aber es gab eben nicht mehr das KZ.

Und 1969 war sozusagen eine Befreiung.

Und da kriegte ich den Auftrag von der Bavaria und vom WDR,

einen Film zu dem Thema zu machen.

Und das war mein inzwischen berühmter hysterisch-historischer Film,

nicht der Homosexuelles, sondern Situation, der lebt.

Der lehnte Titel der Filmgeschichte, übrigens.

Der dann die Schwulenbewegung mit angeregt hat

in Westdeutschland und Westberlin.

Wir haben über 50 Gruppen mit dem Film gegründet.

Und der Film wurde zuerst verboten vom Fernsehen.

Dann 1973 kam er ins erste Programm und war damals ein Straßenfeger.

Wobei der Bayerische Rundfunk damals auch ausgestiegen ist.

Ausgestiegen ist ja auch die Übertragung.

Diese Zeit damals, oder wenn ich noch mal einen Schritt zurückgehen darf,

dass du dich mit davor, die du ja auch sehr intensiv miterlebt hast.

Es gab noch diesen Paragraf 175.

Es gab das Leben von Schwulen im Verborgenen.

Und es gab einen Faktor, der wie groß war, nämlich Angst.

Natürlich, ich meine, die 50er-Jahre, oder?

Also, Schwulenunterdrückung hat sehr viel mit Religion zu tun,

sehr viel mit Kirche zu tun.

Und ich weiß ja noch, mit den 50er-Jahren,

die Höllenstrafen, die von der katholischen Kirche

von den Priestern verbreitet wurden und so weiter.

Und natürlich galt Sexualität als Sünde, wenn du es nicht verheiratet.

Das ist im Sinne der Fortpflanzung und so weiter.

Und Schwule, das war sowieso ganz furchtbar.

Diese Angst natürlich.

Und es war so, dass jeder konnte dich ins Gefängnis bringen.

Denunzieren.

Das heißt, wenn ein Mann bei dir übernachtete.

Oder sonst wie, ich hatte eine Wohngemeinschaft als Student.

Und ein Mitbewohner wollte mich anzeigen,

als er mitkriegte, dass ich Männerbeziehungen hatte.

Und wenn er das gemacht hätte, hätte ich ins Gefängnis kommen müssen.

So war die Gesetzeslage da.

Er hat es dann aber nicht gemacht.

Er hat es nicht gemacht.

Und ich war natürlich sehr jung.

Und in den 60er-Jahren war man dann verrückter Künstler.

Und hat natürlich mehr gewagt.

Aber die Älteren, die noch die Nazi-Zeit erlebt hatten,

die waren natürlich sehr geprägt von dieser Angst.

Ich wollte dich fragen, wie viele zerstörte Biografien

da erlebt, also Männer, die nicht so sein konnten,

wie sie eigentlich gerne gewollt hätten.

Und die sich dann auf irgendeine schreckliche Art und Weise

eigentlich ihr ganzes Leben dann haben anpassen müssen?

Ja, zum Teil eben geheiratet haben, auch Kinder kriegten und so weiter.

In mehr oder weniger komplizierten Ähen.

Aber das habe ich damals nicht so mitgekriegt.

Ich war jung.

Und ich meine, es gab Schwulenlokale in Berlin.

So heimlich, dass man da nachts mit Klingelbars und so ging man rein.

Ich fand das nicht so gut, weil es sehr verklemmt war.

Und es gab eben noch nicht offen Schwulekünstler oder Studenten.

Sondern es waren dann eben mehr so Leute, so Kellner oder was nicht,

was die man da traf.

Und da konnte man wenig gemeinsame Interessen finden.

Und das war eben immer die Angst.

Also die Angst auch in der vergleichsweise liberalen Region,

wie Westberlin, wie groß war dann die Angst in Ostberlin?

Da gab es ja auch Schwule.

Ja, es gab auch Schwule und es gab da auch ...

Ich habe da auch später Interviews gemacht.

Da gab es auch Schwulenlokale.

Und da gab es auch einige Mutige, die Beziehungen hatten.

Die Selbstmordrate war sehr hoch von Schwulen in der DDR.

Hauptsächlich auch aus unglücklichen Liebschaften heraus und so weiter.

Und es gab dann auch Erpressungsversuche vom Staat.

Also, dass Schwule dann eben so zu Spitzeln gedrängt wurde und so weiter.

Also der Staat, zumindest in Westdeutschland,

hat sich dann selbst ein Stück weit liberalisiert,

auch mit der Abschaffung des Paragrafen 175.

Wie war es dann eigentlich mit den christlichen Kirchen?

Also es gab die katholische Kirche, bei der man ja bis heute sagt,

da gibt es auch einen bestimmten Schwulenanteil.

Ein sehr hohen Schwulenanteil, derer, die damit machen.

Klar, das war immer so.

In Männergesellschaften ist ein sehr, sehr hoher Anteil.

Und das ist ja das Bigotte, sozusagen gerade bei der katholischen Kirche,

die nach außen hin ja auch in der ganzen Erzkrise Kondome,

also verboten hat und so weiter.

Und bis heute weiß man, dass im Vatikanen unheimlich in höchsten Kreisen

viele Schwule sind, die das auch ausleben.

Aber natürlich auf der Kanzel dann was anderes predigen

und Schwulen sein verurteilen.

Ja, aber diese Form von Doppelmoral hält sich bis in alle Ewigkeit?

In fast allen Religionen, würde ich sagen.

Ich meine, das ist ja, im Sexualunterdrückung

ist eben ein Großteil von allen Religionen.

Und das ...

Dann gibt es den Islam.

Das ist auch nicht gerade eine schwulenfreundliche Religion.

Wenn man Glück hat, wird man nur ausgepeitscht.

Wenn man es schlecht erwischt, wird man gesteinigt.

Und während die Realität ganz anders aussieht,

dass gerade im Islam durch die große Frauenunterdrückung

ist Homosexualität gang und gäbe.

Die Leute haben ja keine Möglichkeit,

die jungen Männer sozusagen ihrer Sexualität anders auszuüben.

Das darf natürlich nicht öffentlich werden.

Aber das war bei uns noch bis Anfang des 20. Jahrhunderts auch so.

Ja.

Dass man es machte, aber es durfte nicht öffentlich werden.

Aber das war bei Sexualität sowieso.

Also, wenn du fremdgegangen bist oder geliebter hattest oder so,

das durfte eben alles nur heimlich sein.

Siehst du denn heute, wenn du auf die Welt guckst,

oder auch auf eine Stadt wie Berlin, in der wir jetzt gerade sind

und dieses Gespräch aufzeichnen,

sind da Dinge, die sich auch was den Islam angeht, verbessern?

Na ja, interessant ist zum Beispiel, dass das Schwurz,

dieses Schwulendisko, die berühmte in Berlin oder so,

die ist mitten in Neukölln, sehr viel mislamische Bewohner sind da.

Natürlich gehen da auch dann junge Türken hin,

oder Araber oder so, das ist für sie ein Schutzraum.

Aber natürlich öffentlich in ihren Familien sich zu outen,

ist sehr, sehr schwer für einen jungen Türken oder auch in der Schule.

Ich meine, das ist furchtbar für junge Menschen.

Und es gibt auch Länder in Europa, in der man als Schwuler

möglicherweise auch nicht die allerbesten Karten hat,

wenn wir nach Russland beispielsweise gucken.

Und dann natürlich ganze Kontinente wie Afrika, Asien und so weiter,

wo das ganz schwer ist oder kriminalisiert ist.

Bedeutet unterm Strich, wenn wir nach Deutschland gucken,

da ist in den letzten Jahren und Jahrzehnten sehr viel passiert.

Und wenn wir auf die Welt gucken,

gibt es noch sehr viel Nachholbedarf.

Ja, und auch immer wieder Rückschläge.

Man sieht ja, wie die Welt wieder antidemokratisch rechts wird oder so.

Ich meine, in Florida, in Amerika haben wir diesen Governor,

Desantis, der das Wort Gay sozusagen aus den Schulbüchern

herausstreichen will und so weiter.

Es gibt immer wieder Bestrebungen, das Spulen schwer zu machen.

Und deswegen müssen wir immer weiterkämpfen.

Du hast diesen Film, den vielleicht wichtigsten Film für dich schon angesprochen,

der zumindest dir deine Karriere ein Stück weit ermöglicht hat,

Ende der 60er-Jahre rausbekommen.

Also nicht der homosexuelle ist pervers,

sondern die Situation, in der er lebt.

50 Jahre her, mehr als 50 Jahre her,

wenn du den Film heute anguckst, an wie vielen Stellen denkst du,

ich hätte es anders machen sollen?

Nee, sehr vieles ist geblieben. Es ist nur anders.

Heute durch zum Beispiel, durchs Internet und so weiter,

haben sich andere Formen sozusagen der sexuellen Kommunikation ergeben.

Grein da zum Beispiel, kannst du auf deiner App sehen,

wer hier in der Nähe schwul ist oder offenschwul ist,

wen du vielleicht treffen kannst, ein schnelles Sexerlebnis hast.

Aber diese Möglichkeit, schnell Sex zu haben,

macht viele Schwuler auch einsam.

Also ein junger Schwuler, der in die Großstadt kommt

und eine Freiheit leben will, beziehungsweise auch ein Freund finden will.

Da ist es genauso schwer wie damals, als ich den Film gemacht habe.

Ende der 60er-Jahre.

Das heißt, vieles ist geblieben, dass man doch immer noch ...

Das ist vieles nicht so warmherzig, menschlich, kommunikativ,

ist im positiven Sinne, wie wir uns das gewünscht hätten.

Also wenn wir sozusagen freier leben, dass wir dann auch glücklicher sind.

Da ist vieles, vieles doch immer noch im Argen.

Ja, weil die Schwulen sich sehr wahrscheinlich nie so richtig

eine Moral gegeben hatten, was die heterosexuellen zwangsweise einfach mussten.

Dass die sich daten und dass die sich sozusagen

eine Beziehung ernsthafter aufbauen, vielleicht auch über Familie.

Und die Schwulen haben dann, wofür wir damals sehr gewarnt hatten

bei dem Schwulenfilm, dass wir uns nicht anpassen wollten

an die Kleinfamilie, an die heterosexuelle Gesellschaft,

die wir zum Teil als sehr verklemmt und sehr altmodisch fanden.

Unterdrückung der Frau und Besitzstatus von Frauen und Frauen,

die allein mit den Kindern bleiben, die Hoch-Eidungsrate usw.

Wir wollten doch in größeren Gruppen zusammenleben

und uns mehr zu unterstützen.

Das alles ist nicht passiert, sondern die Schwulen

wollten dann auch die Schwule eher.

Das bedeutet natürlich auch, bei den Schwulen, wenn ich es richtig sehe,

bis heute gibt es dieses Primat der jugendlichen Attraktivität.

Bedeutet im Umkehrschluss, wenn ich als schwuler Mann einsam,

allein alt werde, das ist keine schöne Kombination.

Da hat sich vieles positiv geändert.

Damals war das sicher noch viel grausamer.

Aber inzwischen über das Internet können sich viele ältere Schwule

können kommunizieren.

Das funktioniert?

Das funktioniert.

Mein Partner, Lebenspartner Oliver ist in der Schwulenberatung

und arbeitet mit älteren Schwulen, ein Projekt Andersaltern.

Da treffen sich eben ältere Schwule.

Es gibt immer mehr Jüngere, die ältere attraktiv finden usw.

Da gibt es inzwischen Kneipen, wo Ältere hingehen usw.

Diese reine Jugendkultur für älteren Schwulen,

der jetzt nur auf Jüngere steht, wird es natürlich schwieriger.

Der letzte Film oder einer deiner letzten Filme

charakterisiert einen Menschen, der auch schwul alt geworden ist,

aber in einer Zeit, in der das alles niemals nach außen dringen durfte.

Rex Gildo, also Schlagerstar der 50er, 60er-Jahre,

an der Seite von Cornelia Frobes, der ideale Schwiegersohn

für die damalige Zeit und ein wie-unglücklicher Mensch.

Ja, er ist mit 17 entdeckt worden in den 50er-Jahren

von einem älteren Herrn, der dann sein Manager wurde

und ihm ein Studium-Gesangstanz-Schauspiel ermöglicht hat

und ihm zum Star gemacht hat.

Und die beiden waren sehr eng, aber durften ihre Liebesbeziehung

natürlich nicht nach außen tragen. Das war also unmöglich.

Und der Manager hat ihn, Fred Miklay,

hat Rex Gildo dann aufgebaut zum Frauenschwarm.

Er hat viele Filme gemacht und so weiter.

Und aus dieser Rolle ist Rex Gildo nie rausgekommen

und hat sich dann auch nie gewagt, auch in liberaleren Zeiten

offen schwul zu sein.

Und als sein letzter Freund dann sich trennen wollte,

ist er aus dem Fenster gesprungen.

Und hat sich er dann später drunter gelitten,

dass er ... er konnte auch nicht alt werden.

Er war sehr nazistisch, aber es ist ein Spiegel der Zeit für Schwule.

Und das ist nicht nur er, sondern viele andere Schwule,

Schauspieler, Sänger, Entertainment-Leute haben das bis heute

gibt es immer noch Leute, die es nicht wagen,

offen schwul zu sein.

Im Falle Rex Gildo kam ja dann viel zusammen.

Die Karriere war futsch, er musste in Möbelhäusern auftreten.

Er hatte ein gewaltiges Alkoholproblem.

Ja, aber ich meine, Möbelhäuser war jetzt nicht das Schlimmste.

Er kriegte hohe Gagen.

Und er hat immer noch viele Auftritte gehabt, die er genossen hat.

Aber natürlich war die große Zeit vorbei.

Aber das Schwierige war für ihn das Älterwerden.

Er hatte diesen Charme des Jugendlichen,

Schönlings- und das Älterwerden, das Schwierige.

Aber dieser Spagat hat sich ja dann irgendwie auch noch

mit seiner Kusine verheiraten lassen, um den Schein zu wahren.

Ja, also diese zwei Leben, die ja nie zusammengehen,

die machen dich doch irgendwann mal innerlich kaputt.

Und er ist ein Beispiel von vielen.

Viele Schwule haben gegeben, geheirateten.

Oder mussten heiraten.

Du hast einen anderen Mann porträtiert,

mit dem ich vor vielen Jahren auch mal eine Sendung gemacht habe,

Andreas Markwart.

Ehemaliger Zuhälter, ehemaliger Knacki.

Ein Mann mit einer wirklich harten Biografie,

der, und das ist ein Teil der Erklärung,

der eigentlich als Kind und Jugendlicher

von der eigenen Mutter vergewaltigt wurde.

Ja, der Film heißt Härte.

Und sicher einer meiner besseren Filme.

Das war ein Glücksfall, dass dieser Andreas Markwart

sehr offen über seinen Missbrauch gesprochen hat,

über seine kriminelle Vergangenheit.

Er hatte zum Teil als Zuhälter zehn Frauen gleichzeitig,

die nichts voneinander wussten, kam dann länger in ein Knast

und lebt heute, hat ein Sportstudio

und unterrichtet auch Jugendlicher aus schwierigen Verhältnissen.

Sein Leben habe ich mit Schauspielern nachgestellt.

Und der Film ist sehr intensiv geworden.

Ja, diese Art von Dokudrama liegt mir, da habe ich einige gemacht.

Was hat denn diese auch psychische Abhängigkeit von der eigenen Mutter,

die einen sozusagen als Liebhabermiss braucht,

aus diesem jungen Mann gemacht? Was ist da passiert?

Ja, er ist zum Frauenhasser geworden, nicht?

Deswegen hat er Frauen auch als Zuhälter gequält

und nicht richtig akzeptieren können.

Und sicher auch sexuell haben sie ihn nie ganz erfüllt.

Und das ist das, was wir damals in den 68ern noch nicht mehr

so begriffen hatten, das Missbrauch, wie auch immer,

dich ein Leben lang psychisch verkrüppeln kann.

Und wir dachten immer, Kinder, die müssen auch eine freie Sexualität haben.

Das haben auch die Grünen gedacht und viele andere.

Einer der großen Irrtümer der 80er-Jahre.

Also einvernehmlicher Sex mit Kindern.

Aber das ist ja Gott sei Dank inzwischen längst kassiert.

Gott sei Dank, dass man weiß, was für psychische Schäden das mit sich bringt.

Ich hab Rosa Eingangs unseres Gesprächs gesagt,

du hast eine beeindruckende berufliche Bilanz

im Sinne von mehr als 150 Filme, in mehr als 50 Jahren.

Nicht der Homosexuelle ist pervers,

sondern die Situation, in der er lebt.

Dein vielleicht wichtigster gibt's aus deiner Sicht

auch einen überflüssigsten Film?

Nein, aber erst mal zur Zeit von nicht der Homosexuelle 1971,

hab ich ja auch einen Film gemacht, Die Bedwurst.

Die Bedwurst ist genau so bekannt geworden.

Ein Klassiker, ein Kultfilm, bis heute für junge Leute immer wieder entdeckt.

Ich hab ja gerade ein Musical draus gemacht,

was hier in der Barier der Vernunft wieder aufgenommen worden ist

und großer Erfolg ist.

Das heißt also, da sind viele Filme, Komödien,

aber auch politische Filme und aufklärerische Filme.

Also, das ist ein großes Spektrum, was ich gemacht hab.

Und da bin ich auch sehr stolz, aber eben auch Theaterstücke

und Bücher, die ich geschrieben hab und so weiter.

Gibt's auch Filme, die du heute nicht mehr drehen würdest?

Fällt dir da was ein?

Naja, jeder Film ist ja ein Stück der eigenen Geschichte,

der eigenen Biografie.

Und man gibt sich natürlich immer Mühe.

Man macht ja nicht von vornherein einen Film und sagt,

das wird ein blöder Film, sondern man steckt da all seine Intensität rein.

Das hinterher eventuellen Publikum sagt, das mag ich nicht.

Ich hab einen Film gemacht, Hitler und Jesus, eine Liebesgeschichte.

Mein Lebenspartner Oliver findet den meinen schlechtesten Film.

Ich find den wunderbar, ich find den originell.

Weil ich grade da, Jesus und Hitler in irgendeiner Weise

Gleichsätze als Quatschbacken, sozusagen als Influencer.

Als Leute, die in einer ungeren Rede Gewandtheit

Leute manipuliert haben, ideologisch waren.

Die lass ich im Himmel dann zusammenkommen und so weiter, das ist ...

Also, mal davon abgesehen, dass man den Film oder den Titel

blasphemisch finden kann, was genau hat Oliver an diesem Film gestürft?

Ja, ich weiß nicht, er findet ihn einfach doof.

Und da gibt es sicher einige Filme, die er nicht so mag.

Und wie gesagt, ein Film ist ja immer erst dann durch den Zuschauer.

Und durch die Reaktionen des Zuschauers kriegt er seine Wertung.

Ich mein, mein Film ist nicht der Homosexuelle,

es ist bei Verso oder die Bedwurst.

Kultfilme wurden, wer hätte das gedacht,

hätte genauso auch anders sein können.

Aber ich bin eben auch stolz auf viele Dokumentarfilme überleben

in New York, zum Beispiel von 1989 über drei junge Frauen in New York.

Oder unsere gleichen Leben noch mit älteren Frauen,

mit ersten Film mit Lottie Huber und, und, und.

Also, es gibt viele Filme, auf die ich stolz bin.

Gibt es den einen Film, den du unbedingt noch machen möchtest?

Wie gesagt, es sind zehn Filme, für die brauche ich eine Million.

Und da sind schon fertige Drehbücher, zum Beispiel über den jungen Hitler.

Der Linz mit 15 Jahren, ein Freund fand und mit dem sehr kreativ war.

Und, äh, das ist.

Historisch abgesichert, oder?

Das ist historisch abgesichert, ja.

Und die Homo-Erotik von, von Hitler auch historisch abgesichert.

Aber das ist ein großes Tabu immer noch.

Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für dich.

Ja, für dir auch ein schönes Lebensabend, ne?

Bist ja auch nicht mehr der Jüngste.

Vielen Dank. Aber ich hab noch keinen Datum.

Erfreulicherweise, im Gegensatz zu dir.

Ja, dann solltest du dich schon mal drum bemühen, ne?

Ich warte auf den Anruf der Wahrsagerin.

Sehr gut.

Wenn die noch lebt. Ja.

Tschüss. Tschüss.

Heimspiel.

Apokalypse und Filtercafé ist eine Studio-Bummens-Produktion

mit freundlicher Unterstützung der Florida Entertainment.

Redaktion Wolfgang Heim.

Executive Producer Tobias Bauckage.

Produktion Hannah Marahiel.

Ton und Schnitt, Mia Becker.

Diese Folge wurde dir na klar präsentiert von Vodafone.

Seit über 30 Jahren für dich da.

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Rosa von Praunheim ist einer der kreativsten deutschen Filmemacher und eine Ikone sowie Wegbereiter der LGBTQ-Bewegung in Deutschland. Gemeinsam mit Wolfgang spricht er über sein filmisches Schaffen, das sich über Dekaden erstreckt, die eigene Sterblichkeit und über die Spurensuche nach seiner leiblichen Mutter.

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