Apokalypse & Filterkaffee: Heimspiel: Jan Müller

Micky Beisenherz & Studio Bummens Micky Beisenherz & Studio Bummens 4/9/23 - Episode Page - 44m - PDF Transcript

Frohe Ostern! Lieber Wolfgang! Ja, die auch frohe Ostern, Micky. Und zunächst einmal herzlichen Glückwunsch, denn Apokalypse und Filtercafé, das habe ich natürlich selber wieder nicht mitbekommen, sondern das hat uns ein Fan geschickt, wird drei Jahre alt und das gilt natürlich dann in diesem Fall ja auch dir, denn du bist ja Teil dieser Familie und bereicherst uns ja und da möchte ich dir also auch gratulieren.

Ja, das freut mich zum einen, auf der anderen Seite ist es ja in allererster Linie dein bzw. euer Verdienst. Ich bin ja schon später zugekommen.

Wir sind ja eine Art Familienunternehmen, ich bin also in diesem Zusammenhang der Wolfgang Grupp von Apophika.

Und wer ist der Schimpanze? Ja, das bin ich leider auch, ich bin leider Grupp und der Schimpanze, wobei wenn man die letzten Äußerungen von Grupp so gehört hat, weiß man auch nicht so genau, wer da jetzt, aber gut, das seien wir dahingestellt.

Und um da jetzt auf das zurückzukommen, worüber wir ja eigentlich sprechen wollten, du bereicherst unser Portfolio ja dadurch, dass du dich immer mit interessanten Menschen unterhältst, so auch einem Mann namens Jan Müller, der vor allen Dingen Musikfreunden bekannt sein dürfte, in welcher Funktion?

Seit 30 Jahren ist er der Bassist von Torko Dronik, Bassist und Mitbegründer, sollte man auch sagen, eins noch zu der Familie, ich das vergesse, der gehört ja inzwischen auch zu eurer oder zu unserer Familie, weil er mit seinem Reflektor Podcast ja umgezogen ist und den inzwischen bei Studio Bummens produziert.

Ich habe mir ein paar Sachen von ihm angehört, der hat schon sehr spannende Leute aus dieser ganzen Relativ-Jungen-Szene auch, dann auch wieder, keine Ahnung, vom Bassisten der Toten Hosen bis zu Bella B von den Ärzten, also eine richtig schöne Mischung und ich glaube, das bekommt dann dem, wie nennt sich das, Portfolio ganz gut.

Ja, interessant, man weiß ja oder ich glaube zu wissen, gerade Bassisten in einer Band, die führen ja immer einen Schatten da sein, die werden vielleicht nicht so sehr belächelt wie der Keyboarder, das muss man dazu sagen, aber dann doch auch schon stehen jetzt nicht in der ersten Reihe, also hat dieser Jan Müller jetzt für sich ein Ventil gefunden, um all das rauszulassen, was ihm auf der Bühne Dirk von Lotso, der ungleich bekanntere Sänger der Band, wegnimmt.

Wir haben ja auch darüber gesprochen bei der Aufzeichnung, wie wir gemacht haben und da sagte er, das würde eigentlich schon auch ganz gut mit seiner eigenen Persönlichkeitsstruktur harmonieren, eher im Hintergrund und nicht so die Rampensau wie andere da offenkundig ihre Befriedigung drausziehen.

Also von daher hat alles seinen Platz und letztlich dann auch seinen Preis und er macht das toll und macht dann auch verschiedene andere Dinge. Im letzten Jahr zusammen mit einem sehr guten Freund ein Buch über seine Punkzeit und die darauffolgende Zeit gemacht, also er ist sehr breit aufgestellt.

Offenkundig und weißt du, was mich besonders freut an unserem kleinen Vorgeplänkel, Wolfgang?

Nein, verrat es mir. Dass du mich nicht angesprochen hast auf das verdammte, beschissene Pokalspiel von Borussia Dortmund. So eine Gelegenheit lässt du doch sonst nie liegen.

Ich habe mir ehrlicherweise das für den Schluss unseres Gesprächs aufgehoben, wobei es ja nicht nur das Spiel in Leipzig war, es war leider Gottes auch das Spiel davor in München.

Stimmt, da haben wir ja noch gar nicht drüber geredet. Also das Münchenspiel habe ich nicht gesehen, das Leipzig-Spiel habe ich komplett gesehen und diese erste Halbzeit hat mich so was von ratlos gemacht.

Ich habe nicht kapiert, wie eine Spitzenmannschaft mit diesem Personal und diesem Lauf, den sie eigentlich gehabt haben mit diesen vielen in Folge gewonnenen Spielen, wie die so tot untergehen.

Hast du dir erklärt? Ja, ich habe eine Erklärung dafür und zwar bin ich dem Fußball ja nur noch partiell verbunden und habe diese neuen Spiele, diese siegreichen Spiele des BVB gar nicht wirklich verfolgt, weil ich andere Dinge zu tun hatte.

Und erst in dem Moment, wo ich wieder anfing, mich für Fußball zu interessieren und gesagt habe, Mensch, dieser BVB, mein Verein, den gucke ich mir mal wieder an.

Ich fahre mal nach München, schaue mir das im Stadion an, ich schaue mir mal das Pokalspiel an. Erst in dem Moment, als ich anfing, mich für den Verein zu interessieren, da brach er unter dem Druck meiner Erwartungshaltung komplett zusammen.

Das bedeutet im Umkehrschluss, du müsstest schleunigst wieder ein großes Desinteresse an den Tag legen, damit es mit diesem Verein und dieser Mannschaft aufwärts geht.

Und zwar umgehend mit dem heutigen Tag.

Gegen wen spielen die als nächstes? Die spielen, wenn ich mich nicht irre, spielen sie gegen Union Berlin. Herzlichen Glückwunsch, sagt man da.

Ja gut, die haben jetzt auch verloren in Frankfurt, glaube ich. Sie sind auch aus dem Pokal draußen.

Ja, das ist fantastisch. Also Wolfgang, du weißt, also nochmal auf dem BVB bezogen, du weißt ja, wie das so ist.

Und das ist ja auch das Thema großer Songs. Wenn du mich liebst, lass mich gehen.

Und ich denke, das ist das, was ich für Borussia Dortmund tun kann. Das Beste, was ich für meinen Verein tun kann, ist, mich von ihm abzuwenden und ihn außerhalb meines Schattens gedeihen zu lassen.

Ein wunderbares Schlusswort.

Sehr gut, ich freue mich auf die Folge.

Das war's gut. Schau, schau. Tschüss.

Es ist Sonntag, der 9. April.

Apokalypse und Filtercafe.

Heimspiel.

Das Interview am Sonntag.

Mit Wolfgang Heim.

Er ist Musiker und Musikverleger.

Er ist Bassist und Mitbegründer von Tokotronik.

Er ist Podcaster und Schriftsteller.

Herzlich willkommen, Jan Müller.

Ja, danke für die Einladung. Ich freue mich.

Hab ich irgendwas Wichtiges vergessen?

Oh, das war schon viel zu viel. Das klingt ja total übertrieben. Ich mach gar nicht mehr alles aktiv.

Zum Beispiel Musikverleger bin ich auf dem Papier noch, aber ich hab das weitgehend, lass das grad weitgehend ruhen.

Warum?

Weil ich der Meinung bin, dass man sich dieser Sache doch sehr stark und zeitintensiv widmen müsste.

Und ich hab gemerkt, das hab ich dann irgendwann nicht mehr geschafft.

Wie verteilst du deine Zeit? Was beschäftigt dich zeitlich gesehen am meisten?

Meine Familie besteht aus einer Frau und zwei Kindern und mir.

Wie alt sind die Kinder?

Acht und fünf Jahre sind die beiden alt.

Wie seid ihr über Corona gekommen?

Gut eigentlich, ganz gut.

Ich mein, das war eher beruflich für mich schwierig, weil, wie gesagt, keine Konzerte und so.

Aber jetzt familiär betrachtet eigentlich ganz schön.

Aber dieses Gefühl des Eingesperrtseins, wovon ja viele Familien auch mit kleinen Kindern gerade erzählt haben, habt ihr so nicht wahrgenommen?

Überhaupt nicht.

Weil ich fand, man konnte ja rausfahren immer. Das war ja immer möglich.

Und ich hab nicht so den Derang nach so großer, wie soll ich das sagen, nach großen Raum und Freiheit.

Ich hab das Problem nicht. Und so dieses gegenseitig auf der Pelle sitzen, das war eigentlich nicht so.

Wir sind näher und näher gekommen.

Umgekehrt, was du auch angesprochen hast, der Umstand, dass halt Konzerte nicht am Start finden können,

hattest du dann häufiger als davor ab und an die Gedanken, wie kommen wir auch finanziell über die Runden?

Da muss ich mir mal in der Zeit zurückgehen.

Ich glaube, klar kriegt man Ängste, weil es war ja auch völlig unbestimmt, wie lange wird das dauern,

wann wird es einen Impfstoff geben, wie gefährlich ist überhaupt diese Pandemie

und gibt es irgendwie bösere Varianten dann noch?

Und das hat mir schon Sorgen gemacht.

Aber andererseits ist man, wenn man jetzt selbstständig, künstlerisch selbstständig ist,

ist das eigentlich ein ewigwährender Gedanke, wie geht es weiter und so.

Deshalb ist das, glaube ich, jetzt nicht so ein großer Einschnitt gewesen.

Anfang letzten Jahres ist ja euer letzter Tonträger rausgekommen mit dem prophetischen Titel Nie Wieder Krieg.

Wir werden da auch noch eingehend drüber reden.

Ist der Tonträger während Corona entstanden?

Also, die Songs waren eigentlich schon fertig, bevor die Pandemie über uns hereinbrach.

Und wir haben dann aber die Aufnahmen tatsächlich, die waren in dieser Corona-Zeit.

Ich kann mich daran erinnern, es gab dann ja immer diese verschiedenen Regelungen.

Jetzt dürfen wir zwei miteinander, drei miteinander und das haben wir immer so genau bis zur Grenze ausgenutzt.

Manchmal, weil wir haben nicht alles live aufgenommen, dann war dann immer einer von uns bei Moses,

unserem Produzenten bei Moses Schneider.

Und in so einer kleinen, sommerlichen Lockerungswelle waren wir auch im Studio, im Hansa-Studio

und haben die gemeinsamen Aufnahmen gemacht.

Ja, also das ist schon mitten in der Pandemie entstanden.

Der Titel Nie Wieder Krieg, nochmal rausgekommen, ist das ganze Anfang letzten Jahres kurz vor dem Einmarsch der Russen in die Ukraine.

Hattet ihr, als es darum ging, die Texte zu schreiben, schon eine Form von Ahnung oder war der allein der zeitliche Abstand einfach viel zu groß?

Und es ist einfach der nackte Zufall, dass das Ding Nie Wieder Krieg heißt.

Ja, es ist zumindest nicht beabsichtigt.

Ich weiß immer nicht, ich bin nicht esoterisch veranlagt, aber ob es nur ein Zufall ist, weiß ich nicht.

Und es ist vielleicht dann auch irgendwie so eine Fügung des Schicksals, aber wir haben daran überhaupt nicht gedacht.

Und der Song Nie Wieder Krieg ist ja auch gar kein vordergründig politischer Song, sondern es handelt, es ist ein sehr privates Stück.

Das handelt von Zerrüttung verschiedener Personen, über die im Lied erzählt wird, in der zweiten Person Singular.

Und ich weiß gar nicht, wie ich das dann fand.

Natürlich war das einerseits, hatten wir viel Aufmerksamkeit, als dann dieser Krieg losging.

Erstmal war es ja echt schrecklich, dass hier so ein Krieg über uns herein bricht.

Und dass wir dann mit diesem Titel gerade mitten in unserer Veröffentlichungsphase waren,

ist eine Sache, die ich einerseits schwierig finde, andererseits gut,

weil ich bin mir bis heute nicht sicher, ob das jetzt so der richtige Slogan zur richtigen Zeit ist.

Ich wollte gerade sagen, dieser Krieg ist ja für viele von uns auch das Ende alter Gewissheiten.

Für dich auch?

Nee, würde ich nicht sagen, also nein.

Also wenn ich es kurz ausführen darf, was ich meine, also alte Gewissheiten im Sinne von,

mit Russland kann man auf der einen Seite tolle Geschäfte machen,

ansonsten sind sie verlässliche Partner und lassen die anderen in Ruhe ein Beispiel, gibt auch noch andere.

Ja, also das war ja eigentlich seit 2014 klar.

Trotzdem natürlich bin ich so in der Politik, um mich auszukennen,

aber ich war mir, glaube ich, fast jeder überrascht, ob jetzt Politiker oder nicht, dass das passiert ist.

Aber ich fand es überraschend, natürlich, dass, was da passiert ist,

dass solche Diktaturen wie Russland oder China und all diese Länder,

dass die mit Vorsicht zu genießen sind, das war mir eigentlich schon vorher im Bewusstsein.

Ja, also man kann es ja auch erweitern, wenn man auf die Bundesrepublik oder auf Deutschland guckt.

In der linken Szene hatte die Bundeswehr beispielsweise nicht den allerbesten Ruf und kein besonders hohen Stellenwert.

Und wenn man sich jetzt anguckt, wie auch Leute aus der linken Szene durchaus gutieren,

dass die Bundeswehr jetzt einen Sondervermögen von 100 Milliarden bekommt,

dann ist das ja schon ein großer Wandel in den jeweiligen Auffassungen.

Ja, da gebe ich dir auf jeden Fall recht.

Ich finde aber, dass dieser Wandel in meinen Empfinden vorher passiert, nämlich in der Pandemie.

Da sind Sachen passiert, die ich total gruselig fand.

Das nahm ja seinen Ursprung einerseits bei dir in Stuttgart und andererseits hier in Berlin

waren die ersten Demonstrationen dann vor der Volksbühne hier, wo Leute wirklich...

Du meinst, diese Querdenkenbewegung?

Genau, diese ganze Querdenkenbewegung, wo ja auch links und rechts und quer und ökos und esoterik

miteinander gekungelt haben.

Und also das hat mich sehr verstört, glaube ich.

Und jetzt, das ging ja so Hand in Hand ineinander über die Pandemie in diesem Krieg

und deshalb meinte ich auch eben, dass mich das gar nicht mehr alles so überrascht hat.

Und ja, und sicher, man muss da seinen eigenen Weg finden, denke ich.

Ich war jetzt auch nicht bei der Bundeswehr und habe den Wehrdienst verweigert und klar.

Und ich wundere mich auch manchmal, wie viel militärischer Wille da doch bei manchen

eher grünen Politikern oder so ist, aber ist auch schwierig.

Ich bin, glaube ich, gar nicht so der geeignete Mensch, um das so ganz decidiert zu beurteilen.

Also was mich bei dieser Querdenkenbewegung eigentlich am meisten verstört hat, ist,

mit welcher Selbstverständlichkeit die durch die Straßen gezogen sind und gebrüllt haben,

Deutschland sei eine faschistische Diktatur.

Damit bin ich nicht klar.

Ja klar, das ist völlig gaga und wie viel Aufmerksamkeit diesen Menschen gewidmet wurde.

Also das ist schon... da würde ich mir manchmal einfach weniger Toleranz wünschen.

Aber so geht mir das schon seit jeher, so geht es mir seit den Pogromen in Rostock-Lichtenhagen,

wo es gibt einfach Menschen, mit denen sollte man nicht diskutieren.

Das ist meine Meinung.

Glaubst du auch von dir ausgehend, dass man jetzt in den letzten Jahren beginnen mit Corona

und enden mit dem russischen Überfall auf die Ukraine den Wert einer freien, liberalen,

toleranten Gesellschaft, in der wir letztlich leben und leben dürfen, wieder höher schätzt?

Also ich schätze ihn sehr hoch.

Ich merke auch.

Ich mein, ich komme ja mit meiner Band aus einer wirklich decidiert sehr linken Subkultur.

Ich komme so persönlich schon bevor es Tokotronic gab, war ich in der Punk- und Hardcore-Szene aktiv

und bestimmt relativiert sich vieles mit den politischen Entwicklungen

und auch ganz allgemein, glaube ich, mit dem Alter, dass man in seinen Ansichten etwas differenzierter wird.

Und das ist, glaube ich, wenn junge Menschen das beobachten bei Leuten, die älter sind,

also ich bin jetzt 51, dann wirkt das immer total abturnend, aber ich genieße das sehr,

nicht mehr in jedem Punkt so total radikal sein zu wollen, wie ich das als junger Mensch war.

Ich wollte grad sagen, du bist Jahrgang 1971.

Ja, ist richtig.

Du kommst, glaube ich, auch aus einem eher konservativen und durchaus auch vielleicht wohlhabenden Elternhaus

und hast deine Rebellion dann wie intensiv als Punk ausgelebt?

Oh, gar nicht so intensiv. Also ich hatte halt bunte Haare und das war's.

Welche Farbe?

Alle Farben.

Alle?

Nacheinander.

Und wie hoch standen die?

Zehn Zentimeter?

Ja, ich hatte jetzt keine Spikes, ich weiß gar nicht, sondern einfach so ein bisschen Wuschelhaare.

Aber ja, ich weiß auch gar nicht, das wäre auch ein bisschen verkürzt, wenn man sagen würde,

dass mein Elternhaus konservativ war, das hat sich auch sehr gewandelt über die Jahre.

Meine Eltern waren jetzt keine Akademiker und sind konservativer geworden bestimmt im Alter,

denke ich mal.

Ja, aber klar, das ist, ich glaube, es ist auch sehr wichtig, sich irgendwann zu rebellieren

und abzugrenzen.

Und das empfinde ich auch heute noch so.

Ich empfinde, es gibt viele Sachen, wo ich noch heute denke, ja, die mich wütend machen,

sagen wir mal so.

Aber es ist nicht mehr so pauschal als Teenager.

Wenn ich mal auf die Punkzeit kommen darf, wie lange war die bei dir, wie intensiv war die?

War das auch eine bestimmte Gruppe, in der man sich da getroffen hat und in der man sich

dann auch gegenseitig selbst bestätigt hat?

Auf jeden Fall.

Es gab ja, ich finde ja damals war es ja zumindest schon so, diese Subkulturen zeichneten sich

dadurch auf, dass sie in verschiedenste Fraktionen gesplittet waren.

In der Punk-Szene gibt es ja einerseits diese Punks, die auf der Straße sitzen und laufen

und schnochen, finde ich auch gut, aber damit hatte ich wenig zu tun.

Ich war eher so in dieser Welt von Menschen, die aktiv was gemacht haben.

Ich habe sehr jung angefangen, zusammen mit Arne Zank, dem Schlagzeiger meiner Band,

Fanscenes zu machen.

Deshalb bin ich auch jetzt so begeistert von Podcast.

Das hat eigentlich seinen Ursprung darin, kann ich vielleicht nachher noch mal erzählen.

Und da gab es halt ein ganz Deutschlands Netzwerke von Leuten, diese Fanscenes und Tapes,

kleine Bands, die Tapes getauscht haben.

Und dort war ich aktiv und da war ich 14, 15.

Und erst ein paar Jahre später, mit 17, 18, finde ich wirklich sehr exzessiv an,

auf Konzerte zu gehen und meistens in so kleinen Clubs.

Es gab ja jetzt in Hamburg nicht so direkt Jugendzentren, da gab es das Störtebaker,

Veranstaltungsort in der Hafenstraße und die Rote Flora, die es immer noch gibt.

Vor allen Dingen im Keller waren dann die Punkkonzerte, wo ich auch so ein bisschen mitgeholfen habe.

Und innerhalb dieser Szene gab es halt so einen Kreis von Menschen,

die die Sachen so ein bisschen ironischer betrachtet haben, sage ich mal.

Da kommt es auch in unser ganz modischer Ursprung von Tokotronic zu suchen, mit den Trainingsjaggen.

Also Leute, die sich so ein bisschen ganz bewusst nicht hart angezogen haben,

sondern in quitschbunden Klamotten.

Bisschen ähnlich waren auch die goldenen Zitronen, mit denen hatte ich nicht direkt was zu tun,

aber die hatten auch so einen speziellen Look.

Und das war so die Szene, aus der ich da kam.

Du hast Ziviliens gemacht auf St. Paulich, weiß gar nicht, in welcher Art

und Krankenhaus, Altenpflege oder was war das damals?

MSHD, weißt du noch wofür diese Abkürzung steht?

M, lass mich überlegen, MSHD.

Abkürzungen sind schlimm, mobile soziale Hilfsdienste.

Das heißt auf Deutsch, ich habe eingekauft für Omas Opas, also meistens alte Frauen,

auf St. Paulich und in der Neustadt.

Das fand ich total toll.

Ich hatte natürlich überhaupt keinen Bock auf Zivildienst, mir da die Zeit klauen zu lassen.

Aber als ich dann irgendwie dabei war, fand ich das sehr gut,

weil einerseits gab es natürlich diese sehr speziellen Altenmenschen auf St. Paulich

und um das zu erklären, der Nachbarnstadtteil Neustadt, das ist da um den Hamburger Michel herum.

Das ist auch ein ganz alter Hamburger Stadtteil und da waren auch sehr hamburgische Menschen.

Ich kam ja sehr nützlich vor damals.

Wenn ich einen kurzen Schlenker machen darf, einfach deshalb,

weil wir vor Kurzem eine Aufzeichnung gemacht haben mit Charlotte Kretschmann,

der ältesten Frau Deutschlands, die 113 Jahre alt ist, sehr beeindruckend.

Ich habe davon gehört, und mir da irgendwie klar geworden ist,

sie fand es wirklich toll, dass wir, als wir kamen, uns für sie interessiert haben.

Und dann ist mir klar geworden, wie viele alte Menschen sitzen zu Hause irgendwie in ihrer Wohnung

und kein Mensch fragt irgendwas.

Hast du damals so eine Erfahrung auch gemacht, dass die dankbar waren?

Ja, natürlich.

Ich fand das total schrecklich und das ist auch eine Sache, wo ich sagen würde,

da sollte man gesellschaftskritisch sein, dass diese Menschen, als Zivildienstleister,

für viele war man der einzige Kontakt, der da ein oder zweimal die Woche kam

und sich den dann gewidmet hat.

Ich hatte ja überhaupt keinen, als Zivil, du hast ja keine dementsprechende Ausbildung.

Das heißt, man muss das noch zum eigenen Feeling machen

und auch schauen, wie viel Zeit bin ich jetzt bereit, diesen Menschen zu widmen.

Aber ich habe da einfach auch sehr gute Leute kennengelernt, die sehr interessante Biografien hatten.

Oder auch irgendwie ganz normale Biografien ist ja auch okay.

Ich erinnere mich also an eine Frau, die hatte so einen sehr alten Dackel,

den hat man immer so eine Handtasche gestopft und musste einmal mit ihnen,

was waren das, breite Straße, irgendwo die drei Stockwerke runter

und dann ist er wirklich drei Schritte gegangen, hat sein Geschäft gemacht

und dann muss man ihn wieder in die Tasche gesteckt und irgendwann kam ich zu er

und dann stand sie ja mit Tränen in den Augen und hat gesagt, ihr Hund sei gestorben.

Waren sie nicht traurig, man denkt dann auch, ja, wie geht für die Frau das Leben jetzt weiter,

wo dieses wichtige Bezugsobjekt weg ist.

Wenn ich nochmal auf deine Zeit als Punk kommen darf,

du hast dir literarisch nochmal aufgearbeitet.

Im letzten Jahr ist ein Buch rausgekommen, das du zusammen mit Rasmus Engler geschrieben hast,

Enger Freund von dir, vor Glühnen.

War das sozusagen nochmal, keine Ahnung, vielleicht sogar ein therapeutischer Manier,

eine Aufarbeitung der eigenen persönlichen Frühgeschichte?

Ja, die Jahre sind ein bisschen später.

Es war schon manchmal so diese Punk-Zeit, das war eigentlich so diese Anfangszeit von Tokotronic,

die wir uns zeitlich vorgenommen haben und ich weiß gar therapeutisch würde ich nicht sagen,

aber es waren für uns beide, weil wir es auch eben zusammen gemacht haben,

ganz bewusst zusammen gemacht haben, war das eine sehr schöne Rückbesinnung.

Wir haben das Buch ja so geschrieben, jeder hat seine Teile geschrieben,

also wir haben die Kapitel irgendwann aufgeteilt,

aber wir haben uns extrem viel zusammengesetzt und unterhalten

und uns dieser alten Zeiten besonnen und es ist ganz schön, weil man gemerkt hat,

wo sind die Lücken, was Rasmus noch erinnert hatte,

habe ich vergessen und umgekehrt und das war für mich insofern eine sehr schöne Rückbesinnung,

aber Therapie...

Und diese Aufteilung beim Schreiben, die hat funktioniert,

dieses der andere jenes Kapitel?

Doch, das war eigentlich, ja, wir wurden das dann oft gefragt,

wie habt ihr das zu zweit gemacht, aber für uns war das eigentlich ganz selbstverständlich,

wahrscheinlich, weil wir haben auch schon viel Musik zusammen gemacht,

das hängt vielleicht damit zusammen und Rasmus spielt auch in diversen Bands

und ich glaube, dadurch ist uns das Arbeiten in der Gruppe sehr vertraut.

Und für das Schreiben war das irgendwie gut, für uns war es gut.

Wie ehrlich wart ihr euch gegenüber,

weil der eine muss ja dann die Texte des anderen irgendwie mal gegenlesen?

Ja, das ist natürlich nicht so leicht.

Wir haben versucht, sehr ehrlich zu sein und es ist schon so,

wenn man dann, wenn man was geschrieben hat,

da hat man echt was rausgehauen, finde ich,

und da ist man auch empfindlich, wenn man dann Kritik bekommt,

aber das haben wir dann gelernt während dieser Zeit uns da irgendwie nicht zu schonen.

Ja, wart ihr da zu zweit sozusagen eingesperrt und eingemauert

und jeder war auf den anderen angewiesen

oder gab es noch mehr Leute, die da irgendwie in diesem Schreibprozess involviert waren?

Es gab noch mehr Leute, also nicht direkt ins Schreiben,

aber wir haben einen Agenten, der hat uns auch an den Ulstein-Verlag vermittelt

und der hat uns auch viel geholfen.

Daniel Siechmann sei hier genannt, kluger Mensch.

Genau, und dann bei Ulstein hatten wir natürlich auch Lektorat

und Lektoren, also das finde ich auch irgendwie,

ich bin nicht so ein Typ, der denkt, man muss irgendeine Sachen stehen,

kann man allein machen, ich finde das super mit Menschen zusammenzuarbeiten.

Ja, toll, gut.

Lass uns ein bisschen über Tokotronic reden.

Also eine Band, die 1993 von dir mitbegründet wurde,

mit anderen Worten, euch gibt es jetzt seit 30 Jahren,

ich weiß gar nicht, auf wie viele Alben kommt ihr insgesamt 12, 13, 14?

Oder bist du kein Buchhalter in eigener Sache?

Ich glaube, es sind 13.

Aber ich komme dir auch immer auf die Zählweise an.

Ich habe ein sehr schlechtes Jahreszahlengedächtnis.

Wie und warum seid ihr damals zusammengekommen?

Schicksal, würde ich mal sagen.

An unseren Schlagzeugern kenne ich ja schon sehr lange seit der Schule,

wir sind alte Schulfreunde, da waren wir 12, 13 Jahre alt,

als wir uns anfreundeten, und Dirk lernte ich an der Uni kennen.

Wir haben beide die Schnapsidee gehabt, Jura zu studieren,

und zwar Jura 2, das ist so eine Art Zeckenjura gewesen,

was es nur in Bremen und Hamburg gab.

Das ist Zeckenjura.

Jura ist ein sehr konservativer Studiengang,

und die sozialdemokratischen Regierungen in Hamburg und Bremen

haben sich irgendwie überlegt,

dass sie das ein bisschen gesellschaftskritischer gestalten wollen.

So entstand dann dieses Jura 2-Studium,

was dann aber zu der Zeit also wir damit anfingen,

schon völlig dem normalen Jura angeglichen war.

Der einzige Unterschied war,

dass man so alte APO-Professoren hatte, was natürlich ganz lustig war.

Und genau, dort fühlte ich mich völlig deplaziert,

weil ich nur aus einer Orientierungslosigkeit heraus

diesen Studiengang gewählt habe,

und traf dann dort Dirk, der sich, glaube ich, ähnlich deplaziert dort fühlte,

und dort haben wir eigentlich im Hörsaal, kann man sagen,

die Band Tokotronic gegründet.

Und das Studium habt ihr geschmissen?

Das haben wir noch eine Weile gemacht,

aber es hat sehr gelitten unter der Band,

und deshalb habe ich es dann auch nicht zu Ende gebracht.

Es nützt mir viel, ich lese ganz gern Verträge,

wenn ich mich unterzeichne.

Wie ist das? Also ihr habt dann Tokotronic gegründet,

ihr habt dann Sachen aufgenommen, ihr hattet Auftritte,

kann man irgendeinen Zeitpunkt festmachen,

an dem für euch klar war,

das Ganze ist nicht nur ein schöner Versuch,

sondern auch ein Unternehmen mit Perspektive.

Da habe ich letztens schon mal drüber nachgedacht,

also ich sage mal, dass die Karriere und das Monetäre,

das stand bei uns überhaupt nicht im Fokus, die ersten.

Gar nicht.

Nein, es war wichtig für uns, was zu schaffen ist.

Tokotronic war total wichtig für uns vom ersten Tag an,

total wichtig für unsere eigene Identität, denke ich.

Wir haben dann auch gemerkt irgendwann,

okay, wir verdienen ja auch Geld damit,

und das war natürlich auch super,

aber wir hatten nie so etwas wie so ein Businessplan,

Karriereplan oder wie lange wird das gehen zu,

aber das Ganze ist ja auch ein Bands,

das ist ein Bands, das damals nicht funktioniert.

Ich finde das total spannend,

das zu beobachten, wie das heute ist.

Heute ist das ganze Popwesen verschult.

Es gibt überall diese Pop-Akademien,

und ich will da auch gar nicht gegenpolimisieren,

weil da kommt auch teilweise tolle Musik bei heraus.

Ich merke nur, wie anders diese Menschen,

die das machen, arbeiten, als die Bands meiner Generation.

Zu unserer Zeit war, man war in einer Band,

der Außenseiter war.

Ich glaube, der Ursprung ist einfach bei uns,

bei Tocotronic bei uns ein,

weil wir uns nicht für Sport interessiert haben.

Und dann ist man irgendwie im gewissen Alter als Junge außen vor,

und so kam das irgendwie mit der Musik.

Und wie ist es heute?

Du hast gerade geschildert, die Anfänge eher ziellos und planlos.

Also nur im geschäftlichen Sinne, Ziel und Planlos.

Sonst schon sehr, also wir lieben Konzepte mit der Band

also sehr gezielt eigentlich.

Und diese Konzepte, die gibt es auch heute noch,

oder sagt ihr nach 30 Jahren, jetzt ist es im Prinzip wurscht,

wir lassen es laufen, solange es uns Spaß macht,

und wenn es da nicht mehr ist, dann ist es halt so.

Also das ist natürlich die schwierige Frage zu erkennen.

Trägt es irgendwann nichts mehr zur Wahrheitsfindung bei?

Nicht nur für einen selber, sondern auch für die Allgemeinheit,

aber zumindest für einen selber.

Und das ist natürlich schwierig, das zu erkennen.

Aber für uns ist es so, jedes Album ist die total

wortreiche, schwere Geburt.

Und das macht jedes Mal wieder wahnsinnig viel Spaß,

das ist eine krasse Aufgabe,

und bisher ist es uns nicht langweilig geworden.

Also wir haben jetzt gerade...

Auf die Bühne gehen macht es auch noch Spaß?

Auf die Bühne gehen sowieso, also mehr denn je.

Ich meine, es hat sich ja, muss man auch mal sagen,

das merke ich, wenn ich zu anderen Konzerten gehe,

das hat sich ja so viel verbessert.

In den 90er Jahren, ich weiß nicht, ob du dich daran erinnerst,

Konzerte klangen zumindest im Underground-Bereich,

wo ich unterwegs war, klangen sehr oft sehr schlecht.

Es war laut, ein riesiger Klangbrei,

und man hat überhaupt nicht das bekommen,

was man sich eigentlich erhofft hat,

wenn man die Platten, die Alben kannte.

Und das ist so viel besser geworden durch den technischen Fortschritt.

Muss man auch mal sagen, wenn ich jetzt auf ein Konzert bin,

ich staune immer, wie toll das klingt.

Ganz ähnlich ist es auf der Bühne.

Das war früher für uns echt oft,

natürlich, man verbessert seine eigenen Fähigkeiten auch ein bisschen,

aber eben auch durch diese technischen Innovationen

machen die Konzerte viel mehr Spaß.

Du machst jetzt seit insgesamt vier Jahren, glaube ich,

deinen Musik-Podcast-Reflektor.

Bist jetzt mit diesem Podcast-Reflektor

zu Studio Bummens gegangen,

also zu der Podcastfirma,

die auch unseren schönen Podcast produziert.

Ja, wir sind Kollegen.

Wir sind Kollegen, von daher freue ich mich,

das ist ja auch das erste Mal, dass wir jetzt miteinander reden,

freue ich mich, dich auf diese Art und Weise auch kennengelernt zu haben,

vor allem auch vor dem Hintergrund,

dass du ja in deinem Podcast die unterschiedlichsten Kollegen

und Musiker schon erlebt und kennengelernt hast.

Wie war es beispielsweise mit Andy Meurer,

also deinem bassisten Kollegen von den Toten Hosen?

Ganz toll, finde ich.

Weil für mich sind das ja auch oft wieder Begegnungen

mit alten Jugendidolen.

Und die Toten Hosen waren für mich in den Anfangstagen,

als ihr erstes Album rauskam, Opel Gang,

und beim zweiten Album Unter falscher Flagge

auch noch eine ganz wichtige Band, so eine Kindheitsband,

bevor ich mich dann so der härteren Punkmusik

und weiter in den Untergrund zugewandt habe.

Und das war deshalb ein sehr schönes Gespräch,

weil ich da auch mich gar nicht so groß vorbereiten musste,

sondern weil ich das alles noch abrufen konnte

bis zum gewissen Jahr zumindest.

Aber ich hatte auch so ein bisschen die Idee,

so psychologisch mal zu erkunden, wie ist es so?

Er ist in der zweiten Reihe in einer Band,

ich bin in der zweiten Reihe in einer Band,

und vielleicht kann man darüber auch ein bisschen reden.

Und das hat nicht so gut geklappt.

Einerseits, weil ich vielleicht auch noch zu unerfahren war,

das war eines meiner frühen Interviews.

Andererseits, und ich glaube aber hauptsächlich,

weil eine Band wie die Toten Hosen, die ist so,

ich habe vorhin über Tocotronic

und die sportlich Dinge geredet,

so eine Band wie die Toten Hosen,

die ist so wie so eine Fußballmannschaft,

würde ich mal sagen, im positiven Sinne,

da würde nie einer irgendwas über den anderen sagen.

Also das fand ich schon beeindruckend,

wie wenig Blick hinter die Kulissen dann da erlaubt wurde.

Du hast BLAB auch interviewt, wie war das?

Auch für dich persönlich?

Das war auch sehr schön,

weil ich wusste schon, er erzählt gerne,

und das war wirklich ein Gespräch,

ein gerade zu unverloses Gespräch,

wo ich viel erfahren habe.

Ich mache diese Gespräche ja auch,

weil natürlich für meine Hörerinnen und Hörer,

aber auch weil ich selber was erfahren möchte.

Und bei BLAB habe ich sehr viel erfahren.

Und du machst es, glaube ich, auch ohne zeitliche Limitierung,

also es kann zu einem Podcast folgen,

kann durchaus auch mal anderthalb zwei Stunden

oder noch länger dauern.

Wie viel Zeit mir meine Gäste Wittmann mögen

und auch wie viel Gesprächsbedarf da ist.

Das finde ich ja das Tolle an dem Format Podcast.

Man ist sehr frei von Formatgrenzen,

kann ich ja vielleicht auch noch mal erzählen,

weil als ich das irgendwie erfuhre,

das ist ja schon die zweite Podcastwelle,

die vielleicht so 2.16, 2.17 losging,

als ich das so mitbekam, dass da viel passiert,

das ist ja genauso wie damals für mich in den 80er Jahren

die Fencing-Kultur, wo man diese billigen Diener 5-Heftchen

kopiert hat im Copy Shop und ohne viel technischen Aufwand

sich Gehör verschaffen konnte.

Und so finde ich das beim Bereich Podcast auch.

Es ist wirklich möglich, etwas sehr frei zu machen,

ohne dass ein viele Vorgaben gemacht werden.

Und natürlich professionalisiert sich das alles irgendwann

im Allgemeinen oder jetzt auch in meinem Format Reflektor.

Aber ich finde das schon ganz toll, was da möglich ist.

Du hast vorhin gesagt, bei Andy Meurer

hast du dich gar nicht groß vorbereitet,

weil da auch so eine große inhaltliche Nähe da ist.

Aber ansonsten giltst du ja als jemand,

der sich akribisch vorbereitet.

Weil es vielleicht auch nicht ganz blöd ist,

wenn man so möglicherweise eine ganz lange Strecke,

Interview vor sich hat.

Ja, ich glaube, das erfordert einfach das Format.

Und für mich so, das ist eine Frage des Respekts auch.

Wenn ich jemanden einlade und das sind entweder,

ja, meist sind das schon Musikerinnen und Musiker

mit einer gewissen Diskographie im Nacken.

Und ich fände es einfach blöd,

dann den gegenüber zu treten, ohne zu wissen,

was jetzt eigentlich Gegenstand des Gesprächs sein müsste.

Und ich persönlich, ich finde so manche von diesen

sogenannten Laber-Podcasts total witzig.

Aber ich möchte mich da nicht einreihen,

weil ich möchte was anderes machen.

Wie war es mit den Sportfreunden stiller?

Gut, sehr gut.

Weil die haben ja sozusagen ein Comeback-Album gemacht

und waren vorher in der Krise miteinander

und haben das da ganz öffentlich drüber gesprochen

auch in unserem Gespräch.

Das ist natürlich spannend,

weil das ja eine Sache ist,

die wird oft eher nur hinter den Kulissen verhandelt.

Es gibt ja oft in Gruppendynamiken von Bands,

dass da Probleme sind.

Und dann war es auch deshalb interessant,

weil ich denke mal, in einer gewisser Weise

waren meine Band Tokotronic und die Sportfreunde stiller

in den 90er- und Nullerjahren Antipoden.

Wir waren zuerst da

und die Sportfreunde stiller, kamen da ein bisschen später,

waren viel erfolgreicher als wir natürlich

und haben die Sache aber ein bisschen anders angegangen

als wir.

Und das mal so abzugleichen und zu schauen,

wo sind eigentlich Sympathien, wo sind Antipathien,

wo waren die und wie blickt man heute darauf,

ist man dann noch genauso verbissen wie damals.

Das fand ich total spannend.

Wie war es mit Max Gold?

Das war eins der Gespräche,

wo ich mit dem größten Respekt rangegangen bin,

weil das fängt schon da an,

dass allgemein bekannt ist,

dass er das Du, die Du-Form hast,

die er im Podcast üblich ist.

Und ich habe eigentlich nur einen Podcast gemacht,

wo ich, wo mir völlig klar war,

ich muss meine Gesprächspartnerin sitzen

und werde sie auf keinen Fall duzen.

Das war Esther Begerano,

die Shoah-Überlebende,

die leider vor zwei, drei Jahren verstorben ist.

Ganz wichtiges Gespräch für mich.

Aber bei Max Gold wusste ich, okay, der besteht auf das Sie.

Da ist schon mal so eine gewisse Distanz geschaffen.

Und dann musste ich so ein bisschen mich ran tasten.

Ich wusste schon, die größten Hits seiner Band

vor jeder Saar, wie wissenswert ist,

über Erlangen, die mag er selber nicht so gerne.

Ich musste mich da sehr vortasten

und hatte aber das Gefühl,

dass wir dann, als das Gespräch zu Ende war,

eine ganz gute Basis hatten miteinander.

Aber es war wirklich so,

die ersten Antworten waren sehr einsilbig.

Und ich glaube jemand wie Max Gold, der gibt kaum Interviews.

Der war auch nur bereit, das Interview zu geben,

weil es nicht um seine literarischen Texte ging,

sondern um seine Musik.

Und ja, dann hatte ich allein deshalb schon Respekt,

wenn man weiß, oh, jetzt bin ich einer dieser seltenen Gesprächspartner.

Ich weiß nicht, das kennst du ja vielleicht auch.

Du hast ja dann auch schon sehr viele Menschen interviewt, oder?

Ja, ich überlege gerade,

also habe ich Menschen erlebt,

aus dieser Szene, an die man nur schwer angekommen ist,

weil sie eigentlich nicht reden wollen,

und das eher ungern machen, was ja immer blöd ist,

weil wie soll sich da ein Gespräch entwickeln?

Ich habe eigentlich fast immer nur erlebt,

dass Leute dann auf eine sehr professionelle Art ums Eck gekommen sind.

Also ich nenne jetzt mal das Beispiel Peter Marfeille.

Also man muss jetzt die Musik nicht toll finden,

aber Peter Marfeille, den habe ich wirklich schätzen gelernt,

als einen absolut professionellen,

freundlichen, sympathischen Gesprächspartner,

mit dem man alles Mögliche besprechen kann.

Und wo es auch nicht so, habe ich auch schon erlebt,

dann kam irgendwie das Management und sagte, also dazu sagt da nix,

und dazu möchte er auch nicht gefragt werden.

Weiß nicht, hast du die Erfahrung dieser Art bei deinem Podcast auch gemacht,

dass es bestimmte Vorgaben gab?

Also ich habe mich ehrlicherweise nie dran gehalten,

weil ich das nicht akzeptieren möchte.

Hast du irgendwie solche Erfahrungen gemacht,

dass man dir gesagt hat, das solltest du nicht fragen?

Glücklicherweise nicht.

Wir hatten eigentlich meist dann irgendwie,

das Ganze wird ja nicht live ausgestrahlt,

was ich ganz, das macht das schon entspannter,

und wir hatten manchmal bei manchen Gesprächen irgendwie eher so,

waren wir uns dann hinterher darüber einig,

das Gespräch ist jetzt ein bisschen hier,

dieser Gesprächsstrang ist ein bisschen vom Faden abgekommen,

den nehmen wir mal raus, aber sonst habe ich das nicht.

Ich muss aber dazu sagen, erstens finde ich es auch ganz gut,

wenn Leute so ein bisschen öffentlichkeitscheuse sind,

so, das reizt mich, dann gerade ein Gespräch,

also hat mich wahnsinnig gereizt bei Max Gold.

Ich habe mich da auch sehr eingesetzt, dieses Interview zu bekommen,

ganz ähnlich wie bei Reinhard May, der auch selten Interviews gibt,

und der dann war auch ein sehr schönes Gespräch.

Das war ja der angenehmsten Gesprächspartner, die ich jemals hatte.

Ganz toller Mensch.

Ja, fand ich auch, also wirklich.

Und da hatte ich auch, das war auch eine Sache,

eine der seltenen Punkte, wo ich im Vorfeld dann mal gefragt habe,

da ging es um den Tod seines Sohnes,

und ob man das ansprechen sollte oder nicht,

also ich versuch dann auch selber ein bisschen

Fingerspitzengefühl zu haben.

Aber was ich dazu sage,

Da hat er gesagt, der möchte nicht drüber sprechen, oder?

Doch, er hat gesagt, können wir drüber sprechen.

Und was glaube ich so ein bisschen mein unsportlicher Vorteil ist,

ist, ich und Interview ja Musiker und bin selber Musiker,

und deshalb treten viele Musikerinnen und Musikern

mir mit sehr viel Vertrauen entgegen.

Ich kenne es ja selber auch von der anderen Seite.

Man hat ja als Musiker, man ist ja erstmal skeptisch,

Musikjournalistinnen und Musikjournalisten gegenüber,

und der Oha, die haben es ja eh nicht verstanden,

was ich da sagen will.

Oder das, woher eigentlich der Musikjournalismus

sehr freundlicher Journalismus ist.

Da müsste es ja eher mal ein bisschen mehr kritischen Journalismus geben,

aber es gibt ja auch nicht mehr so viel in dem Bereich.

Deshalb ist es für mich umso schöner, dass ich das machen kann.

Eine Frage habe ich noch, vielleicht werden es auch zwei oder drei.

Der nächste Podcast ist mit wem?

Die nächste Folge ist tatsächlich mit Eva Briegel von der Band Juli.

Erinnerst du dich an die?

Gemeingesagt, ne?

Ich muss jetzt gestehen, ich bräuchte länger nachzudenken,

wo ich sie rauszutehne.

Wenn ich dir den Hit nenne, dann weißt du sofort,

das ist die perfekte Welle.

Oder geile Zeit.

Also es war eine Band, die in den Nullerjahren riesen Hits hatte

und wahnsinnig viel Platten verkaufte,

irgendwann stiller wurde und die jetzt ein Comeback-Album versuchen gerade.

Und das war ein ganz spannendes Gespräch auch,

weil ich kannte sie vorher nicht

und fand das sehr interessant zu erfahren, wie die so tickt.

Gut.

Nächstes Konzert mit Tokotronic ist Warnenburg.

Oh, im Mai haben wir ein paar Konzerte.

Es gibt ja immer diese Corona-verschobenen Konzerte

und da haben wir noch einiges nachzuholen.

Da freue ich mich sehr drauf.

Nächstes Buch? Allein?

Ja, mit Kompagnon.

Erstmal Buchpause.

Weil so viel Spaß das gemacht hat,

das ist schon echt sehr anstrengend, Roman zu schreiben.

Ich danke dir für das Gespräch.

Ich danke dir, es war sehr schön.

Danke schön. Alles Gute.

Danke, ebenso.

Heimspiel.

Apokalypse und Filtercafé

ist eine Studio-Boomens-Produktion

mit öffentlicher Unterstützung der Florida Entertainment.

Redaktion Wolfgang Heim.

Executive Producer Tobias Baukage.

Produktion Hannah Marahil.

Ton und Schnitt Niki Franke.

Die Studio-Boomens-Podcast-Empfehlung.

Dieses Wort Schwul.

Und zu sagen, ich bin Schwul war so,

ab normal über die Lippen zu bekommen irgendwie.

Hallo, ihr Liebenmenschen.

Mein Name ist Aljosha Mutadi

und ich habe jetzt einen eigenen Podcast.

Ein Projekt, auf das ich mich schon so lange gefreut habe

und das mir so unfassbar viel bedeutet.

Ich werde verschiedenen Menschen begegnen,

die mir ihre ganz persönliche Coming-Out-Geschichte erzählen.

Du hast dich per Brief bei deinen Eltern geoutet.

Schwulst das Briefpapier, was für dir vorstellen konntest?

Also ich war schon classy.

Das sind Geschichten über Mut und Durchhaltevermögen.

Ich würde ihr wünschen, dass sie,

Scheiße, dass sie Menschen hat,

die sie so sehen, wie sie ist

und ihr beiseite stehen kann.

Geschichten, die von einer neuen Generation erzählen.

Also ich sage meiner Tochter,

dass ihr niemand sagen kann, wie sie ist

oder wie sie sein soll,

sondern dass nur sie das entscheiden kann.

Meine Gäste nehmen euch und auch mich

mit in die queere Welt der Sitziger.

Es gab diese Parole, Feminismus,

ist die Theorie, lässt beschreiben, die Praxis.

In suchtgeprägte Lebensepisoden.

Beim Sex den Kopf nicht ausschalten zu können,

weil du die ganze Zeit am Nachdenken bist,

bin ich jetzt richtig so, wie ich bin.

Das heißt, du ruhst super schnell da rein,

Drogen zu konsumieren, um diesen Sex

dann über dich ergehen zu lassen letzten Endes.

Und in Kindergartenzeiten,

die Vorbutte und Safe Space sein können.

Also meine Mutter hat das ganz klar mitbekommen.

Wenn die mich abgeholt hat im Kindergarten

und dann irgendwie zu der Erzieherin gesagt hat,

wo ist eine Ahmed, dann stand ich meistens neben ihr,

als Mädchen verkleidet und sie hat mich nicht erkannt.

Und damit herzlich willkommen zu Out and About.

Wir hören uns ab dem 8.3.

immer mitwochs überall, wo es Podcast gibt.

I'm a frag mom.

Let's go.

Machine-generated transcript that may contain inaccuracies.

Jan Müller ist seit fast 30 Jahren Bassist der Band Tocotronic und spricht in seinem eigenen Podcast “Reflektor” mit Musikerinnen über ihre Karrieren, Höhepunkte und die schmerzhaftesten Rückschläge. In Heimspiel reflektiert er gemeinsam mit Wolfgang seinen eigenen Werdegang, die Anfänge von Tocotronic, seine Jugend in der Punk- und Hardcore-Szene sowie die Gespräche mit Idolen und Musikerinnen, die ihn besonders inspiriert und bewegt haben.

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