Geschichten aus der Geschichte: GAG402: Die Vegetarian Society und die Begründung des modernen Vegetarismus

Richard Hemmer und Daniel Meßner Richard Hemmer und Daniel Meßner 6/7/23 - Episode Page - 1h 3m - PDF Transcript

Hallo und herzlich willkommen bei Geschichten aus der Geschichte, mein Name ist Daniel.

Und mein Name ist Richard.

Ja und wir sind zwei Historiker, die sich Woche für Woche eine Geschichte aus der Geschichte erzählen,

immer abwechseln und immer so, dass der eine nicht weiß, was der andere ihm erzählen wird.

Genau, so ist es.

Tja, und Richard, wir sind, wie viele Folgen von der 500 entfernt?

97, 98, 97.

98, also, wenn man die gemacht haben, dann nur noch 98.

Sehr gut, also Folge 402. Weißt du noch, worum es letzte Woche ging?

Ich weiß natürlich über was wir letzte Woche gesprochen haben, denn du hast die Geschichte,

die Geschichte der Waldseemüllerkarte erzählt und warum sie vielleicht propaganda war.

Ganz genau, portugiesische Propaganda.

Da habe ich auch ein Feedback, also ich habe viel Feedback gehalten, aber eine Sache möchte ich kurz erwähnen.

Und zwar ging ja auch eine Frage darüber, ob die Portugiesen vielleicht schon vorher da waren

oder inwiefern sie die Westküste vielleicht schon kannten und vielleicht geheime Expeditionen gab

oder Expeditionen, die verloren gegangen sind.

Und da habe ich von Julia das Feedback bekommen, dass sie schreibt, es ist auch so, dass man davon ausgeht,

dass die Portugiesen auch schon vor der Wiederentdeckung Südamerikas dort waren.

Bei diesem Vertrag von Tordesillas ist es so, dass sie ohne erkennbaren Grund

und weil der portugiesische König der Joao, der Zweite, das unbedingt will,

verschieben sie die Trennlinie um ungefähr 1400 Kilometer nach Westen.

Und damit war quasi plötzlich ein Teil Brasiliens unter ihrer Kontrolle.

Und der Vertrag von Tordesillas ist vor der offiziellen Entdeckung Brasiliens.

Insofern ist das eine Vermutung, wie man hat, dass sie das eigentlich schon kannten, dass sie wussten, dass da Land ist.

Ja, interessant.

Genau.

Das dazu.

Und ich habe noch ein weiteres Feedback, und zwar noch mal zur 400.

Ich habe ein bisschen versagt, was die Statistiken angeht.

Aber uns haben einige Leute Statistiken jetzt geschickt, weil das Ding ist ja so,

die Zahlen sind ja in unserem Feed öffentlich einsehbar.

Ich habe es nur nicht geschafft, die automatisiert irgendwie auszulesen,

weil meine Programmierkenntnisse nicht mehr so besonders gut sind.

Aber Stefan zum Beispiel hat uns so ein paar Zahlen geschickt,

und zwar sagt er, die durchschnittliche Dauer unserer Folgen sind, was glaubst du?

Jetzt musst du nur noch mal raten, was ist die durchschnittliche Dauer unserer Folgen?

Mittlerweile, oder alles zusammen?

Alles zusammen, genau.

Der Dschingel ist nicht dabei.

40 Minuten.

Ja, nicht so schlecht. 42 Minuten und 47 Sekunden.

Und zwar schreibt er, dass bis 270 ungefähr ist so ein leichter Aufwärtstrend zu sehen,

der hört aber inzwischen wieder auf.

Ah ja, gut.

Schauen wir mal, wie das heute wird.

Frank schreibt uns noch die insgesamte Dauer, also wenn wir quasi alles zusammenzählen,

dass wir ein Audematerial so veröffentlicht haben.

Was gab es so, wie viele Stunden kommen wir mittlerweile?

Auf wie viele Stunden?

Insgesamt würde ich sagen ungefähr 380 Stunden.

Wow, also die drei stimmt.

Es sind nur 306 Stunden, 28 Minuten und 38 Sekunden.

Ach so, ja, natürlich.

Ich habe gedacht, nicht 400, beziehungsweise auch mit den 20 Zusätzlichen.

Aber das ist dann tatsächlich nur 306 Stunden sein.

Wir haben halt wirklich so Folgen am Anfang, die nur so 20 Minuten oder so gehen.

Da kommen wir zum nächsten Punkt, auf den ich hinaus wollte.

Was glaubst du ist die kürzeste Folge?

Das hat uns Reif, hat uns ein paar Facts auch noch geschickt, die würde ich noch kurz durchgehen.

Also die kürzeste Folge?

17 Minuten.

Ja, kürzer, 13 Minuten.

Stellen wir das mal 13 Minuten.

13 Minuten.

Solange brauchen wir mittlerweile allein für diesen Teil, den wir jetzt schon haben.

Hier, das kreativ ausgeibigt, zelebrieren.

Das war Folge 7, geteilte Habsburgern.

Ja, ja.

Was glaubst du ist, was ist die längste Folge?

Längste Reguläre oder auch Sonnefolge?

Ja, es ist eine reguläre Folge, aber es ist auch irgendwie eine Sonnefolge.

Wahrscheinlich mit dem Gast.

Ach nicht.

Ich weiß es nicht.

Das ist die 200.

Die 200?

Die 200 dauert zwei Stunden 51.

Gut, aber das ist ja keine Reguläre, das ist ja Jubiläums.

Ja, aber sie zählt zu den Regulieren.

Ja, ja, Gott, die läuft im Fehl.

Aber ist die 200 länger als die 300?

Ja, offenbar.

Ich meine, sie zählt zu den normalen Folgen, weil sie quasi in der fortlaufenden Numerierung.

Ja, ja, genau.

Ich habe eben auch gemeint, die Jubiläumsfolgen, da wissen wir ja, die sind immer ein bisschen länger als üblich.

Ja, so weiter zu den Zahlen, hier nachgetragen von der 400.

Hervorragend.

Also vielen Dank, Stefan, Frank und Drang.

Hervorragend.

Dann würde ich sagen, Richard, wenn du gut vorbereitet bist, was ich hoffe,

dann würde ich mich jetzt zurücklehnen und meine Wasserflasche öffnen und zu deiner Stimme lauschen.

Gut.

Daniel, lass mich diese Folge mit den wahrscheinlich berühmtesten Zeilen eines ohnehin sehr berühmten Gedichtsbeginnern.

Nur vorher, kurz in diesem Gedicht, wird beschrieben, wie eine Gruppe von Seeleuten von der Insel landet.

Diese Insel wird von den sogenannten Lotusessern bewohnt.

Und die Seeleute konsumieren diesen Lotus, der bei ihnen einen Zustand traumhafter und zufriedener Vergessenheit hervorruft,

indem sie keine Lust haben, in ihre Heimat zurückzukehren oder ihre Reise fortzusetzen.

Also, kurz gesagt, sie werden hei.

Stattdessen möchten sie ständig in diesem idyllischen, traumähnlichen Zustand bleiben und alle Verantwortung und auch Mühen ihres früheren Lebens aufgeben.

Was du jetzt gleich hören wirst, sind jene Zeilen, in denen die Seeleute darum bitten oder eigentlich darum flehen, auf dieser Insel bleiben zu können.

Hatful is the dark blue sky, vaulted or the dark blue sea, death is the end of life. Ah, why should life or labor be?

Let us alone, time drives onward fast and in a little while our lips are dumb.

Let us alone, what is it that will last? All things are taken from us and become portions and parcels of the dreadful past.

Also, diese Seeleute reflektieren in diesen Zeilen über dieses unerbittliche Leid des Lebens und fragen, warum das ganze Leben eigentlich aus Arbeit bestehen muss,

wenn der Tod ohnehin das unvermeidliche Ende ist.

Berechtigte Frage?

Ja, nachdem wir ja schon einige Folgen über die Seefahrt und deren Gefahren und Mühen gemacht haben, ist es nicht unverständlich, was sie davon sich geben.

Ein Miniexkurs, wer die hervorragende Serie White Lotus gesehen hat, in der es unter anderem auch um Klassismus und auch die Ausbeutung von Arbeitskraft geht,

erinnert sich vielleicht daran, dass einige dieser Zeilen von einem der Protagonisten vorgetragen werden.

Geschrieben wurde dieses Gedicht von Alfred Lord Tennyson, den du vielleicht kennst, einem der berühmtesten Poeten des viktorianischen Zeitalts.

Tennyson orientiert sich dabei an einem noch berühmteren Werk der Literaturgeschichte, und zwar der Odyssee von Homer.

Die kenn ich.

Genau. Dort landet nämlich Odysseus mit seiner Mannschaft ebenfalls auf dieser Insel, die von Lotus essen bewohnt wird.

Homer nennt sie die Lothophagen von Lotus und Phagein, also Essen.

Und der Lotusbaum, von dem sie diese Pflanzen essen, der ist allerdings genauso mythologisch wie diese Lotusesser selbst.

Die Lotuspflanze, diese tatsächlich gibt es ja Wasserpflanze eigentlich.

Was an diesem Volk aber besonders ist, und warum ich sie jetzt hier erwähne, im Zuge des Rezitierens dieses Gedichts,

auch wenn sie mythologisch sind, sind diese Lotusesser eines der frühesten erwähnten Völker, die sich rein pflanzlich ernähren.

Ein Volk von Vegetarien.

Ah, das ist interessant.

Daniel, ich werde in dieser Folge über den Vegetarismus sprechen.

Und mein Fokus wird dabei aber auf der Gründung der Vegetarian Society im Jahr 1847 liegen, also der moderne Vegetarismus.

Diese Gründung der Vegetarian Society, dieser bahnbrechende Entwicklung, die den Übergang des Vegetarismus von einer hauptsächlich individuellen,

philosophisch-spirituellen Praxis zu einer organisierten sozialen Bewegung markiert.

Und wir werden uns die vielschichtigen Aspekte, die zur Formierung dieser ersten modernen vegetarischen Vereinigung geführt haben, anschauen.

Dazu gehört vor allem der Einfluss von Religion und Philosophie aus der Antike, auch Reiseberichte aus Indien,

und es passiert alles inmitten der breiteren sozialen und kulturellen Trends des 19. Jahrhunderts, einschließlich der Auswirkungen der industriellen Revolution.

Fantastisch, also es war ein sehr guter Teaser.

Sehr gut.

Was ich auch machen werde im Zuge der Folge, wird über die Auswirkungen dieser Reformbewegungen, auch auf beiden Seiten des Atlantiks sprechen,

also auch die Gesundheitsreformbewegung in den USA und auch die Lebensreformbewegung in Deutschland, die ebenfalls maßgeblich dazu beigetragen haben,

den Vegetarismus nicht nur als Idee, sondern als Lebensstil in der Gesellschaft zu verankern.

Machen wir zuerst einmal einen kleinen Rückblick in die Antike.

Da praktizieren verschiedene Kulturen, insbesondere in Indien, teilweise auch in Griechenland, den Vegetarismus aus unterschiedlichen Gründen,

die aber häufig mit Religion oder Philosophie verbunden sind.

Also die frühesten Hinweise auf eine überwiegend vegetarische Ernährung in Indien lassen sich bis zur Industrial-Zivilisation und dem Rick Weder zurückverfolgen,

von einer Sammlung von über 1000 Versen, die ungefähr 1500 vor Christus erstellt worden ist.

Und diese vegetarische Tradition, die ist in Indien eng mit Hinduismus, Buddhismus und Jainismus verbunden,

und in Südindien, wo der Einfluss des Jainismus und Buddhismus stark war, da wurde diese Tradition, Tiere nicht für Nahrung zu töten,

großflächig angenommen und der Vegetarismus blüht dort auch noch bis heute.

Gleichzeitig in Griechenland nimmt der Vegetarismus auch eine prominente Position in den Überzeugungen und Praktiken verschiedener philosophischer Schulen ein.

Pythagoras zum Beispiel, wird oft mit Vegetarismus in Verbindung gebracht, aufgrund seines Verzichts auf den Konsum von Fleisch.

Aber die Pythagorische Ernährung, die stand damals für den Verzicht auf das Fleisch geschlachteter Tiere und beruhte in Erseline auf moralisch ethischen Überlegungen.

Pythagoras hat geglaubt, dass der Verzicht auf tierisches Fleisch zum Frieden beitragen kann und dass Menschen, die das Töten von Tieren verabscheuen,

weniger wahrscheinlich Krieg führen würden oder einfach grundsätzlich selten andere Menschen töten würden.

Ja, interessant, das war mir gar nicht klar, dass die auch schon etwas mit Vegetarismus zu tun hatten oder dass da auch schon Überlegungen dazu gab.

Oh ja, er selber hat sich auch Großteils vegetarisch ernährt.

Er war auch der Meinung, dass es der Reinheit der Seele hilft und deswegen bestand seine Ernährung in Erseline aus Brot, Honig, Getreide, Früchten und einigen Gemüsesorten.

Er war damit aber auch nicht ganz allein. Theophrastus zum Beispiel oder Theophrast, der Philosoph, der nach dem Tod von Aristoteles die Leitung des Lyciums in Athen übernimmt,

war ebenfalls ein Fürsprecher einer vegetarischen Ernährung.

Und für den Fall, dass jeder Name jetzt bekannt vorkommt, ich habe ihn schon einmal erwähnt und zwar in einer Folge zu Alexandria.

Tolle Meiers wollte Theophrast als Leiter seines neu gegründeten Museums in Alexandria haben.

Theophrast hat es aber vorgezogen, in Athen zu bleiben. Stattdessen hat er den Schüler geschickt.

In Griechenland gab es auch den sogenannten Orphismus, weitere religiöse, mystische Strömung, die den Vegetarismus ebenfalls propagiert hat.

Es war, wie Vorschern sagen, recht subversive Forderung, kein Fleisch zu essen, weil das gleichzeitig diese Veränderung der Ernährungsweise,

das hat in diesem system, in diesem antiken griechischen System auch die Beziehung zwischen Göttern, Menschen und Tieren infrage gestellt.

Also dieses System, auf dem im Grunde das gesamte politisch religiöse System der Zeit beruht hat.

Während des Mittelalter und der Renaissance, der ernährt sich die Mehrheit des christlichen Europas von einer pflanzlichen Diät,

allerdings weder aus Wahl noch aus Ideologie heraus. Also Knappheit der Nahrungsmitteln.

Vor allem im Winter hat die meisten Menschen dazu gezwungen, sich von Getreide, Wurzelgemüse und eingelegten Lebensmitteln zu ernähren.

Also Fleisch galt dort großteils als Luxus und diese fleischlosen, fasten Tage der Kirche, das hat weniger mit Vegetarismus zu tun,

sondern eher mit, wie soll ich sagen, einer Züchtigung des Fleisches im übertragenen Sinn.

Sexuelle Gelüste sollten damit irgendwie unterdrückt werden.

Und es ist etwas, dem wir später auch noch begegnen werden, wenn wir über die Ursprünge des modernen Vegetarismus sprechen werden.

Während der Renaissance gab es zwar einige bekannte Personen, die sich aus Überzeugung vegetarisch ernährt haben.

Ein sehr bekanntes Beispiel dafür ist Leonardo da Vinci.

Es wird aber noch einige Zeit dauern, bis diverse Philosophien die Idee eines Vegetarismus auch tatsächlich mit einem, wie soll ich sagen, ideologischen Unterbau versehen werden.

Wir springen deswegen gleich einmal in die Zeit der industriellen Revolution.

Die industrielle Revolution ist uns ja schon einige Male begegnet.

Und wir wissen, neben diesem dramatischen technologischen Fortschritt ist es vor allem auch so diese tiefgreifende Veränderung der Gesellschaft,

die massiven Einfluss auf die lebensweite Menschen haben wird.

Oder umgekehrt.

Also diese rapide Industrialisierung führt einerseits zu einer zunehmenden Urbanisierung,

was sich dann auch stark auf den Lebensstil und die Ernährung der Menschen auswirkt.

Während Fleisch in der Vergangenheit eher Luxusgut war, das nur selten konsumiert worden ist vom Großteil der Leute,

ermöglicht die Industrialisierung jetzt auch eine größere Verfügbarkeit und damit auch einen gesteigerten Konsum von Fleisch.

Diese Entwicklungen rufen aber auch Bedenken hervor.

Also einerseits in Bezug auf die Ethik des massenhaften Fleischkonsums,

aber auch was die Gesundheit und das Wohlbefinden des Menschen angeht.

Ich meine, da entkoppelt sich ja dann auch die Produktion und der Konsum so ein Stück weit,

weil wenn du am Land wohnst und dann eben auch auf dem Bauernhof bist, dann kriegst du das ja auch quasi alles mit.

Und wenn du in der Stadt wohnst, dann hast du von dieser Produktion ja, kriegst du da von ja gar nichts mehr mit.

Genau.

Diese Entfremdung.

Die Entfremdung des Menschen vom Essen.

Ja, genau.

Vor allem von den Tieren auch.

Ja, genau.

Also Mittelalter haben die Menschen ja oft noch Seite an Seite mit den Tieren gelebt.

Da war das irgendwie eine andere Beziehung, die geführt worden ist.

Es werden, wie du später dann auch noch hören wirst, vor allem religiöse Bewegungen sein,

die schließlich den Vegetarismus auch als erorganisierte Bewegung vorantreiben.

Diverse philosophische Strömungen abseits der christlichen Überzeugungen liefern aber schon seit dem 17. Jahrhundert

teilweise sogar früher diesen ideologischen Unterbau, von dem ich vorgesprochen habe.

Das wiederum ist vor allem Reiseberichten aus Indien zu verdanken.

Ich habe vorhin kurz erwähnt, welchen Stellenwert Vegetarismus in Indien damals gehabt und auch heute noch hat.

Das wird auch von westlichen Reisenden erkannt.

Und im 17. Jahrhundert gibt es dann schon in England einige Philosophen, die von der Fleischlosen

oder zumindest Fleischarmer in Ernährung überzeugt sind.

Namen wie John Evelyn oder Sir Thomas Brown oder Sir William Tempo sind die wahrscheinlich berühmtesten

Därer, die davon überzeugt waren, dass sich der Mensch in erster Linie von Obst und Gemüse ernähren soll.

Das heißt, ab 17. und 18. Jahrhundert gibt es schon Ärzte und Philosophen, die sich vegetarische ernähren

bzw. eine vegetarische Ernährung propagieren.

Es gibt aber noch kein breites gesellschaftliches Bewusstsein, dass es überhaupt eine Möglichkeit ist.

Dass man das wählen kann und was es für Vorteile haben könnte.

Entweder jetzt philosophisch betrachtet, ethisch betrachtet oder gesundheitlich betrachtet.

Es gibt aber so ein paar berühmte Menschen, die sich jetzt auch schon vegetarisch ernähren.

Zum Beispiel Percy Shelley, der Schriftsteller der Romantik, den du vielleicht besser als den Mann von Mary Shelley kennst.

Ja, sehr gut.

Die Artorin des Klassikers Frankenstein ist.

Dieses wachsende Bewusstsein, grundsätzlich was Ernährung angeht,

aber vor allem auch was eben die Ernährung ein vegetarisch angeht,

ist jetzt eigentlich ein sehr gutes Umwelt für die Verbreitung neuer Ideen und Ansätze zu Ernährung grundsätzlich.

Es ist aber, wie man es dort sagen wird, ein uphill battle, ein schwerer Kampf.

Weil die verbreiteten Ansichten auch zur viktorianischen Zeit, also vor allem frühen viktorianischen Zeit, was Gemüse anging, die waren speziell.

Also es wird zum Beispiel behauptet, Gemüse erfordert mehr Aufwand zur Verdauung als tierische Lebensmittel

und es müssten größere Mengen verzehrt werden, um gleichwertige Menge an Nährstoffen zu halten.

Man kann teilweise erstimmen, dass es jetzt schwieriger ist, es zu verdauern.

Es sind dann diese Dinge über, die sich auch zu jener Zeit die unterschiedlichen Experten immer wieder streiten.

Es geht auch um die Art und Weise, wie Gemüse wahrgenommen werden, Gemüsesuppen zum Beispiel.

Die werden in erster Linie assoziiert mit der französischen Küche, also mit dieser kolinarischen Raffinesse,

der französischen Küche aus minderwertigen Produkten was Gutes zu machen.

Und weißt du, alles was französisch ist, zu jener Zeit auch, will man eigentlich nicht haben, zumindest in der breiten Gesellschaft.

Gemüse wird auch gesellschaftlich mit einem Stigma versehnt teilweise.

Also Zwiebeln zum Beispiel, die werden mit der Arbeiterklasse in Verbindung gebracht.

Das heißt, die brauchen Zwiebeln, die dann im Magen so wirken, dass sie sich stimulieren, so in die Richtung.

Und Wurzelgemüse, Wurzelgemüse wird zum Beispiel auch so unterschiedliche Arten von Rüben und so weiter,

oder Pastinaken, diese Dinge werden so als die letzte Wahl lang gesehen.

Und das letzte, was man dann essen will, wenn man unbedingt was im Bauch baut.

Interessant.

Knoblauch, Knoblauch wird einfach als ausländisches Gemüse betrachtet.

Und auch so Dinge wie Linsen und Reis, die sind Anfang des 19. Jahrhunderts auch noch relativ schwer zu kriegen

oder werden sehr wenig gegessen.

Erschwerend kommt natürlich auch dazu, dass Rindfleisch in der nationalen Psyche

Großbritannien seinen sehr hohen Stellenwert hat.

Also wir müssen nur an den Sunday Roast Denking.

Roast Beef ist und neben deinem Yorkshire Pudding und all diesen Dingen mit Gravy.

Und das heißt, es ist sehr verankert dort, so wie auch bei uns natürlich Fleisch sehr verankert ist,

noch immer in der Gesellschaft.

Sag mal, weil du jetzt den Sonntagsbraten angesprochen hast, kommt das auch vor beim Turnspit Dog?

Der Sonntagsbraten?

Ja, oder?

Das kann gut sein.

Das kann gut sein.

Ich weiß nicht, ob ich spezifische Dinge habe, aber natürlich Braten.

Ja, dafür waren sie ja da, die Turnspit Dogs.

Nichtsdestotrotz wird der vegetarische Gedanke jetzt vor allem über religiöse Ideologien vorangetrieben.

Und eine der wichtigsten Organisationen, die solche religiöse Ideologie vertritt,

ist die sogenannte Bible Christian Church.

Beziehungsweise, wie sie auch genannt wurden, die Cowherdites oder Cowherditen, nenne ich sie jetzt einmal.

Warum dieser komische Name?

Weil diese Kirche im Jahr 1809 von einem Vika der Church of England namens William Cowherd gegründet wurde.

Zusprechend war in der Church of England ertritt dann später der sogenannten Schweden-Borgischen-Kirche bei,

die wiederum von einem schwedischen Wissenschaftler und Mystiker namens Emanuel Sweden Boy aus Schweden gegründet wird.

Also die Bible Christian Church für sich ist eine Abspaltung, eine Abspaltung und wird eigentlich als Sekte betrachtet.

Und Cowherd, der propagiert von Anfang an Vegetarismus gleichzeitig mit der Abstinenz von Alkohol und wird damit relativ schnell bekannt.

Diese Ernährungsform der Cowherdites, die geht einher mit dem aktiven Interesse an Gleichheit, an Bildung und auch an sozialer Fürsorge.

Also Sie glauben an wie soll ich sagen, ein langsames Wachstum der geistigen und moralischen Regeneration.

Und großen Anteil daran haben Alkoholverzicht und vegetarische Ernährung.

Ganz im Geiste der Zeit beruft sich Cowherd aber auch auf medizinische Argumente.

Und vor allem auf die medizinischen Argumente eines gewissen Dr. Chyn.

Dieser Dr. Chyn war ein schottischer Arzt des 17. und 18. Jahrhunderts

und war wohl einer dieser vorhin kurze erwähnten Ärzte, die auch schon überzeugt davon waren,

dass die moderne fleischlastige Ernährung für verschiedenartigste Gesundheitsprobleme verantwortlich zu machen sei.

Also dieser Dr. Chyn, der entschied sich zum Beispiel dafür hauptsächlich Obst, Gemüse und Milch zu sich zu nehmen,

einmal am Tag hat er ein bisschen Fleisch zu sich genommen und er war der Meinung,

dass das zu einer Verbesserung seiner Gesundheit führt.

Aber gut, einmal am Tag Fleisch essen, da ist man schon noch weit entfernt vom Vegetarismus.

Aber nur ein bisschen, nur ein kleines Stück. War schon ein großer Fortschritt für die eine Zeit.

Der Einfluss von Dr. Chyn führt dann auch zur Verbreitung der Vorstellung,

dass der Verzehr von Fleisch für die Gesundheit schädlich sei, physiologisch unnatürlich

und auch grundsätzlich zu allen möglichen Gesundheitsproblemen beiträgt.

Eine hervorragende Vorlage für Kauherd, der jetzt seine spirituellen Vorstellungen damit auch wissenschaftlich bewiesen sieht.

Die Kauherdites waren aber nicht die einzigen, die ihre Vorstellungen, wie man essen soll, verbreiten

und damit eben den ideologischen Unterbau für das, was folgen soll, bilden.

Ein gewisser Willem Horsell, der sollte hier vor allem mit einer seiner Publikationen eine große Rolle spielen

und weil ich jetzt von Publikationen gesprochen habe.

Ein Großteil jener Ernährungsreformer und Reformerinnen, denen wir jetzt auch noch begegnen werden,

die haben jede Menge geschrieben, haben viel veröffentlicht, haben Pamphlete geschrieben,

haben Zeitschriften gehabt, wo sie diese Dinge verbreitet haben, kommt da vielleicht auch bekannt vor.

Aus anderen Folgen, die ich schon gemacht habe, über Reformer, seien sie jetzt religiös

oder seien sie, wenn es um Gesundheitsreform geht, oft geht es eben auch Hand und Hand.

Da wurde viel geschrieben, deswegen gibt es viele, an denen man sich festhalten kann,

was für uns als Historiker natürlich hervorragend ist.

Die Publikation, die Willem Horsell veröffentlicht, die heißt The Truth Tester, also der Wahrheitstester

und in dieser Publikation vertritt er Ansichten, die stark von der Abstinenzbewegung geprägt sind.

Also er mag keinen Alkohol, er mag vor allem kein Nikotin.

Im Jahr 1838 gründet er schon eine Anti-Nikotin-Gesellschaft

und er ist natürlich auch gegen den Fleisch konsum.

Und im Jahr 1846 wird er selbst Vegetarier.

Und in Horsells Zeitschrift The Truth Tester schreibt er, der Vegetarismus sei

the next practical moral subject, which is likely to call forth the virtuous energy of society.

Also das nächste praktisch moralische Thema, das voraussichtlich die tugendhafte Energie der Gesellschaft hervorrufen wird.

Im April 1847 drückt Horsell in seinem Magazin The Truth Tester den Brief eines jungen Absinenzlers namens

William Bramwell Withers ab und der fordert in diesem Brief die Gründung einer vegetarischen Gesellschaft.

Am 8. Juli, also nur ein paar Monate später, trifft sich dann eine Gruppe von Vegetariern um dieses Projekt zu diskutieren

und bei einem weiteren Treffen, am 30. September 1847 in Northwood Villa in Ramsgate,

das eine Kuranstalt, die von Horsell und seiner Frau geführt worden ist, da wird formell die Vegetarian Society gegründet.

Und sie hat schon zu Beginn 100 Mitglieder.

Ein Jahr später, 1848, wird die erste Mitgliederliste der insgesamt 265 Mitglieder veröffentlicht,

Cowherdites, also Mitglieder der Bible Christian Church, machen 136 davon aus.

Mit der Gründung der Vegetarian Society wird auch der Begriff Vegetarian oder Vegetarier offiziell.

Also Vegetarian wurde zu jener Zeit zwar schon verwendet, diese Art der Ernährung wurde aber bis zu dem Zeitpunkt

in erster Linie als Pythagoräische Ernährung bezeichnet, wegen Pythagoras.

Wie geht es jetzt weiter mit dieser Vegetarian Society?

Es gibt unterschiedliche Leute, die großen Einfluss gehabt haben.

Einen möchte ich hier kurz noch rausstreichen und zwar ein gewisser James Simpson,

der wird wahrscheinlich den größten Einfluss in den nächsten Jahrzehnten haben mit dieser Gruppierung.

Unter anderem gibt er am Tag der Gründung der Vegetarian Society ein eigenes Rezeptbuch raus,

mit dem Namen A Few Recipes of Vegetable Diet.

Außerdem verfügt er über ein nicht gerade geringes Erbe und dieses Erbe, das steckt er voll und ganz in seine Überzeugungen.

Und von diesen Überzeugungen, von denen hat er genug.

Es ist nicht nur der Vegetarismus, es ist auch Abstinenz, es sind Friedensbewegungen,

Abschaffung der Todesstrafe und das sogenannte Allotment Movement.

Also eine Reformbewegung, im Zuge derer Mitgliedern der Arbeit der Klasse kleine Landparzellen zur Verfügung gestellt werden sollten,

damit sie dort selber Gemüse und Obst am Pflanzen können.

Wenn er jetzt noch auf Koffein verzichtet und Hard Cup hankert, dann könnte er sich in X auf den Hand drücken meinen.

Tatsächlich hat er sich auch gegen den Konsum von T ausgesprochen.

Also diese Art von Koffein hat er schon mal verabscheut.

Die Vegetarian Society sieht sich nach ihrer Gründung natürlich mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert.

Sie werden in jener Zeit nicht zu einer Massenbewegung, sie erregen aber Aufmerksamkeit in verschiedenen Bereichen.

Also wissenschaftliche Persönlichkeiten stellen sich auf ihre Seite.

Kochbücher mit vegetarischen Rezepten werden produziert, inser-tierischen Zeitschriften und Theater-Sketches kommen sie vor.

Es wird viel geschrieben über vegetarisches Essen, es werden schon die ersten vegetarischen Restaurants gegründet

und es wird auch viel diskutiert, ob man eventuell tierfreie Kleidung anziehen soll.

Interessant, dass es dann schon eine Sonne ausgab.

Und das wird sich jetzt auch rausstellen in der nächsten Zeit. Essen im viktorianischen England ist natürlich nicht einfach nur Essen.

Es ist ein Thema, das eine Menge wichtiger Fragen aufwirft.

Also zuerst einmal neiliegend, was die Versorgung angeht.

Wie soll ich sagen, das, wie Sie es genannt haben, die nationale Genügsamkeit, wie viel braucht man.

Es sind Fragen zu nationaler und sozialer Identität.

Erstens, was bedeutet das, wenn man in Großbritannien oder Mitglied der britischen Gesellschaft ist,

aber was bedeutet es auch, wenn man Mitglied einer bestimmten Klasse in dieser Gesellschaft ist.

Es sind Fragen, die aufgeworfen werden, zu Wohltätigkeit, zu Arbeit der Klasse grundsätzlich

und vor allem auch das Budget, das die Arbeit der Klasse zur Verfügung hat für die eigene Grundversorgung.

Die vegetarische Bewegung und vor allem eben auch die Vegetarian Society,

die stellt aber auch die Frage, in welcher Beziehung Mensch und Tier miteinander stehen.

Und es ist deswegen auch nicht sehr verwunderlich, dass Leute wie zum Beispiel der vorhin erwähnte James Simpson

gegen die Todesstrafe und gegen den Krieg ist.

Gleichzeitig hat die Bewegung aber auch Einfluss auf andere Bewegungen der Zeit, zum Beispiel die Frauenrechtsbewegung.

Also beide Bewegungen stehen ja traditionelle Normen in Frage

und propagieren teilweise dann auch einen ethischeren und auch mitfühlenderen Lebensstil.

In zeitgenössischen Diskussionen heißt es dort auch manchmal, dass sich Frauen deshalb mit dem Vegetarismus identifizieren,

weil sie beide opfermännlicher Krausumkeit sind.

Auch wird von Vegetarien argumentiert, dass Frauen von Natur aus,

aufgrund ihrer Empathie und ihrer ethischen Überzeugungen, ideale Vertreterinnen des Vegetarismus sein.

Was es aber auch zeigt ist, obwohl es schon ein Kampf gegen Normen ist,

ist zu jener Zeit, also vor allem in den Jahrzehnten nach der Gründung,

ist der Vegetarismus nicht wahnsinnig radikal.

Im Grundfügt ist sich so ein bisschen in das viktorianische Gefüge ein,

die vegetarischen Lebensmittelreformer versuchen deshalb so ein bisschen über den Umweg

auch sehr verbreiteten zu jener Zeit nicht vegetarischen Lebensmittelreformer,

also die, die grundsätzlich gesagt haben, wir müssen unsere Ernährung grundsätzlich umstellen,

damit man zum Beispiel alle Leute auch ernähren können,

weil es ja natürlich ein wahnsinniges Bevölkerungswachstum gegeben hat zu jener Zeit.

Was diese nicht vegetarischen Lebensmittelreformer vor allem auch machen,

sie versuchen Mitgliedern der Arbeiterklassien wirtschaftlicheren Umgang mit Essen näher zu bringen,

ist für sich auch schon problematisch, weil viele von ihnen nicht einmal die tatsächliche Lebenswelt der Arbeiterklasse gekannt haben

oder es einfach ignoriert haben.

Ein gewisser Johnis Handway zum Beispiel, ein Lebensmittelreformer eben in der Mitte des 19. Jahrhunderts,

auch ein bisschen ein Absinenzler, der hat auch kein Tee mögen,

der propagiert Suppen mit wahnsinnig viel Gemüse und nur ein bisschen Fleisch.

Er ignoriert aber dabei, dass ein Großteil der Arbeiter und Arbeiterinnen sich deshalb von Brot und Käse ernährt haben,

weil sie einfach nicht genug Brennstoff gehabt haben, um sich erfolge leisten zu können.

Also geschweige denn, dass sie genug gehabt hätten, dass sie sich so ein Eintopf kochen,

der dann stundenlang vor sich hin köcheln muss.

Was für ein klassistischen Einschlag diese Bemühungen zu der Zeit gehabt haben,

das zeigt sich auch darin, dass vielen Argumenten für vegetarische Ernährung

aus der Arbeiterklasse weitgehend Skeptik entgegenkam.

Also nicht zuletzt, weil befürchtet wurde, dass die Lohnpolitik davon beeinflusst werden wird.

Wenn propagiert würde, dass sie sich günstiger ernähren können, indem sie mehr Gemüse zu sich nehmen,

dann hätten das ihre Arbeitgeber als Rechtfertigung dafür sehen können, ihnen weniger Lohn zu zahlen.

Großbritannien war mit seinen diversen Reformbewegungen und eben auch dem Vegetarismus natürlich nicht allein.

Was den Vegetarismus im Speziellen angeht, war Großbritannien aber auch zu einem großen Teil dafür verantwortlich,

dass es in den USA ankommt.

Genauer Cowherd und seine Bible Christian Church.

Ich habe gesagt, diese Kirche wird im Jahr 1809 gegründet und am 15. Juni 1817

erreichen an gewisse Reverend William Metcalf und Reverend James Clark

gemeinsam mit 20 Erwachsenen und 19 Kindern die USA.

Und sie waren aufgebrochen, um die Lehren und im Spezifischen diese Art der Ernährung

der Bible Christian Church auch in den USA zu verbreiten.

Die Reise über den Atlantik übrigens, die elf Wochen dauert, die war so beschwerlich,

dass nur elf der Erwachsenen, als sie schließlich in den USA ankommen, weiterhin von der Sache überzeugt sind.

Die neun anderen, die verlassen die Gruppe.

Also diese Mitglieder der Bible Christian Church in den USA, die verteilen sich jetzt über das ganze Land

und versuchen dort Fuß zu fassen.

Es ist relativ schwierig, weil sie haben nicht wahnsinnig viel Geld

und ihre Ernährung macht es auch nicht einfacher, wenn sie sich nur vegetarisch ernähren wollen.

Reverend James Clark, der hat Glück, der schafft es relativ schnell, so viel zu verdienen,

dass er sich Land in Pennsylvania kauft und zieht dort mit seiner Familie hin.

Dieser Reverend Metcalf allerdings, der muss sich zuerst einmal in Philadelphia als Lehrer seinen Unterhalt verdienen.

Dabei hat er relativ vermögende Freunde, auch die ihm aber nicht aushelfen.

Und sie helfen ihm nicht aus, weil sie meinen, er müsste sich zuerst von seiner Abstinenz

und seinem Vegetarismus los sagen.

Will er natürlich nicht machen.

Und auch von der religiösen Presse in den USA schlägt ihm ein rauer Wind entgegen.

Also sie verunglimpfen ihn als Ungläubigen sogar als Skeptiker, was wahrscheinlich das Schlimmste war.

Dabei ist er nicht einmal der erste in jener Zeit auch so diese Art der Ernährung vertritt.

Also in den USA gibt es seit dem 18. Jahrhundert schon religiöse Gemeinden,

die sich vom Konsum von Fleisch abgewandt haben.

Allerdings auch wieder in erster Linie, um der Fleisches Lust entgegenzuwirken.

Und Metcalf, der lässt sich aber von seinen Widersachern nicht beeindrucken.

Und im Jahr 1821 veröffentlichte er einen Essay mit dem Titel Abstinenz from the Flash of Animals,

also Abstinenz vom Fleisch von Tieren.

Und dieser Essay findet einige Verbreitung.

Und nachdem seine Frau im Jahr 1823 in einem Vorort von Philadelphia Schule eröffnet,

richten sie dort dann ein vegetarisches Zentrum ein.

Diesem vegetarischen Zentrum arbeiten sie erzeitlang, bis sie dann im Jahr 1830

einen für sie sehr mächtigen Verbündeten finden.

Und zwar einen, der maßgeblich beteiligt dran sein wird,

dass der Literismus in den USA verbreitet wird.

Und zwar ist es ein gewisser Sylvester Graham.

Sylvester Graham.

Sylvester Graham.

Nie gehört.

Noch nie gehört?

Nee, nie gehört.

Vielleicht hast du schon einmal von ihm gehört.

Bis gleich hören.

Okay.

Ende des 18. Jahrhunderts geboren,

war er einer der ersten Ernährungsreformen der USA,

außerdem natürlich auch ein glühender Abstinenzler.

Von der vegetarischen Ernährung ist er spätestens seit er diesen Essay von

Metcalf-Glesen hat überzeugt.

Und den gesunden Lebensstil, den er im Laufe seines Lebens propagieren wird,

der wird dann vor allem Vollkornfrüchte und Gemüse beinhalten.

Natürlich kein Alkohol, kein Nikotin.

Seine Vollkorncracker übrigens, die kriegen seinen Namen,

heißen dann Grahamcracker.

Und Grahamcracker, die gibt's heute noch.

Die kenn ich nicht.

Kennst du nicht?

Nee, kenn ich nicht.

Jetzt mal mitbringen sollen.

Sie sind nicht wahnsinnig aufregend.

Man muss auch dazu sagen, also eher verkauft die nicht,

die sind auch imbenannt, er hat Niedermetergeld verdient.

Aber diese Ärzte, Cracker gibt's heute noch, die verwendet man gerne.

Zum Beispiel zerdrückt man sie so oder zerpröselt sie

und dann verwendet man sie als Boden für Cheesecake oder andere solche Dinge.

Sag mal, haben die sich, wann war Kellogg, war der später?

Ein bisschen später war er später.

Wer mal wollte gerade noch sagen, wollte gerade noch erwähnen.

Es ist nämlich tatsächlich so, dass John Harvey Kellogg,

den ich ja in Folge 268 besprochen hab,

der wird sehr inspiriert von Sylvester Graham.

Und sie teilen ja auch gewisse Überzeugungen an.

Deshalb mich auch, wenn diese sexuelle Absinenz und so,

dass die da mit der Ernährung zusammenhängte.

Sylvester Graham ist auch der Überzeugung,

dass die richtige Ernährung und richtige Ernährung in seinem Fall ist,

dass es eher relativ geschmacklose Vollkorn-Dinge sind,

in dem er ist, dass die dafür sorgen,

dass man nicht so starke sexuelle Gelüste hat.

Und das ist auch was, was John Harvey Kellogg vertreten hat.

Also das richtige Frühstück, in seinem Fall Cornflakes,

sollten das überbordende sexuelle Verlangenen unterdrücken.

Im Gegensatz zum Eugeniker Kellogg war Graham allerdings ein Abolitionist.

Also jetzt so ein bisschen relativ objektiv betrachtet,

ein besserer Mensch da geht.

Und weil ich sagte Abolitionist,

es werden auch jede Menge Abolitionisten dabei sein,

als Metcalf, Graham und ein weiterer Mann namens William Orkett

ein Treffen einberufen.

Und zwar ein Treffen, um eine Gesellschaft zu gründen.

Und zwar die American Vegetarian Society.

Die wird im Jahr 1850 gegründet, also nur drei Jahre,

nachdem die Vegetarian Society in Großbritannien gegründet wird.

Wie schaut es allerdings in Deutschland aus?

Hab ich gedacht, ist vielleicht für unsere Hörerinnen und Hörer

auch nicht ganz uninteressant.

Da verläuft alles so ein bisschen anders.

Also die Wurzeln der vegetarischen Bewegung in Deutschland

finden sich vor allem in der Naturheilbewegung des 18. und 19. Jahrhunderts.

Und Vorreiter hier philosophisch betrachtet,

ist der berühmte Jean-Jacques Rousseau,

dessen Naturverährung relativ konkurrenzlos war.

Also in Deutschland werden es vor allem Ärzte sein,

die sich von Rousseau angesprochen fühlen,

unter ihnen zum Beispiel Christian August Strouwe

und Christoph Wilhelm Huffeland,

einer der bekanntesten Mediziner, um die Jahrhundertwende.

Also Jahrhundert, 18. und 19.

Dieser Huffeland, der verankert in Deutschland zum Beispiel,

hat den Glauben an die heiligende Kraft der Natur.

Gütegemutter Natur nennt das.

Auch er, so wie seine Kollegen in Großbritannien und den USA,

ist ein Absinenzler.

Er ist gegen alles Unmäßige, er ist gegen Füllerei, er ist gegen Alkohol.

Er propagiert Baden, Schlaf, Bewegung,

eine gewisse tägliche Routine und vor allem auch gesunde Kost.

Er ist noch kein Vegetarier,

in dem Sinne, dass er rein pflanzliche Ernährung propagiert,

aber zumindest ist er schon der Ansicht,

dass man sich in erster Linie vom Pflanzen ernähren sollte.

Und ich zitiere jetzt was aus seiner Schriften.

Man halte sich bei der Wahl der Speisen immer mehr an die Vegetabilien.

Fleischspeisen haben immer mehr Neigung zur Feulnis,

die Vegetabilien hingegen zur Säure und zur Verbesserung der Feulnis,

die unser beständiger Nächsterfeind ist.

Ferner, animalische Speisen haben immer mehr Reizendes

und erhitzendes.

Hingegen Vegetabilien geben ein kühles, mildes Blut,

vermindern die inneren Bewegungen die Leibes und Seelen Reizbarkeit

und retardieren also wirklich die Lebenskonsumtion.

Und endlich geben animalische Speisen viel mehr Blut und Nahrung

und erfordern also, wenn sie gut bekommen sollen,

weit mehr Arbeit und körperliche Bewegung.

Interessant.

In Kombination mit dieser Entwicklung,

aber auch so wie in den USA und Großbritannien,

in Kombination mit religiösen Gruppierungen,

ab Beginn des 19. Jahrhunderts,

entwickelt sich dann in Deutschland eine Bewegung,

von der du sicher schon gehört hast,

die ein Überbegriff ist für mehr Reformbewegungen

und die Lebensreformbewegung.

Schon mehrfach angefangen zu recherchieren für eine Folge.

Wir haben hin und wieder über Mitglieder der Lebensreformbewegung gesprochen.

Ich glaube, als wir über den Kokovorismus gesprochen haben,

da ging es nicht nur um Ernährungsreformen,

es ging auch zum Beispiel um Kleidungsreformen,

also das, was ohnehin im 19. Jahrhundert in Europa und in den USA

viel diskutiert worden ist.

Es ging auch um so Dinge wie Freikörperkultur.

Es wird im 19. Jahrhundert einige Personen geben,

die den Vegetarismus in Deutschland maßgeblich prägen.

Eine der wichtigsten, die wir hier haben,

ist, dass wir in Deutschland,

in den 1830er Jahren,

aufgrund revolutionärer Tätigkeiten, Deutschland fliehen,

weil er zum Tode verurteilt worden ist.

Über den Umweg Schweiz landet das schließlich im Jahr 1851 in den USA.

Dort kämpft er dann nach Ausbruch des Bürgerkriegs

in der Armee der Nordstaaten,

kehrte aber,

nachdem sich die

politischen Verhältnisse in Deutschland geändert haben,

kehrte wieder dorthin zurück.

Er gründet 1868 die vegetarische Gesellschaft Stuttgart.

Gibt dann auch später ein Werk namens

Pflanzenkost die Grundlage einer neuen Weltanschauung raus.

Aber seine Wege kreuzen sich nicht

mit der amerikanischen vegetarischen Bewegung?

Sehr interessant, dass du das ansprichst.

Wollte ich nämlich gerade sagen,

man würde davon ausgehen,

wenn er in den USA ist,

als er auch die amerikanische vegetarische Gesellschaft gegründet worden war,

dass die sich über den Weg laufen,

nach eigenen Angaben allerdings,

konvertiert er schon früher zum Vegetarismus,

und zwar eben schon in den 1830er Jahren,

und zwar nachdem er ein Buch von Rousseau gelesen hat.

Ein Buch von Rousseau, und in diesem Buch wird Plutarch zitiert,

und Plutarch prangert die Grausamkeit des Menschen gegen Tiere an,

und er glaubt dafür jene, die sich nur vom Pflanzen ernähren.

Also laut ihm hat er nicht einmal mitkriegt,

dass es diese Gesellschaft in den USA gab, als er dort war.

Auch der Apotheker Theodor Hahn,

der zwischen 1824 und 1883 lebt,

der wird einer der Protagonisten der vegetarischen Bewegung in Deutschland.

Er veröffentlicht die Schrift,

die naturgemäße Diät, die Diät der Zukunft,

und liefert damit einem Mann namens Edward Balzer

das Material, damit auch er sich mit dieser Thematik auseinandersetzt.

Und Edward Balzer wird der Mann sein,

der den ersten großen deutschen Vegetarierverein gründen wird,

der mehrere Namens-Iterationen durchlaufen wird,

bis er dann schließlich im Jahr 1869

Deutscher Verein für Naturgemäße lebensweise heißt.

Die Mitte des 19. Jahrhunderts

wird in Deutschland eine Menge an vegetarischen Vereinen hervorbringen.

Während es zum Beispiel in Österreich-Ungarn im Jahr 1884

nur drei vegetarische Vereine gibt, in Frankreich sogar nur zwei,

sind es in Deutschland jetzt schon elf.

Was aber vor allem auch mit so kleineren Fraktionskämpfen zu tun hat.

Es gibt Abspaltungen, zum Beispiel im Jahr 1879,

als Berliner Studenten den deutschen akademischen Vereinen

für harmonische Lebensweise gründen.

Vielleicht klickt es auch daran, man sagt ja auch gerne nach,

dass Deutschland immer an Vereine gründet,

wenn man irgendwie eine Interessensvertretung braucht,

aber man kann ja auch vegetarisch leben,

ohne sich in einem Verein zu engagieren.

Ja, kann man.

Aber es ist natürlich sinnvoll, wenn es noch nicht zu verbreitet ist,

und wenn du bewusst einschaffen willst, dass du an Vereinen gründest.

Der Verlauf der vegetarischen Gesellschaften

und vor allem auch der Lebensreform-Bewegungen im 20. Jahrhundert,

vor allem auch während der NS-Zeit,

als auch eine eigene Folge wert ist,

kurz gesagt, die deutsche vegetarische Bewegung wird

durch das nationalsozialistische Regime 1933 vorübergehend ausgelöscht.

Sie versuchen zwar vor allem eben die Lebensreformer

sich so ein bisschen an das NS-Regime anzupassen,

eben auch mit diesem Fokus auf das gesunde Leben

und reines Blut und solche Dinge.

Und wir wissen ja auch, Hitler war Vegetarier.

Aber grundsätzlich aber eher pacifistischen Tendenzen,

die werden misstrauisch beäugt

und sie werden dann in der deutschen Gesellschaft für Lebensreform quasi gleichgeschaltet.

Erst nach 1945 erholt sich die Bewegung

und es wird dann die Vegetarische Union Deutschlands gegründet,

die zwischenzeitlich dann auch Bund für Lebenserneuerung heißt.

Heute heißt sie pro Weg Deutschland und hat circa 14.000 Mitglieder.

Lass uns aber zum Schluss nochmal nach Großbritannien springen,

und zwar ins Jahr 1884.

Während also in Deutschland diese elf vegetarischen Vereine existieren,

sind sie in Großbritannien schon 15,

was dort auch mit einer gewissen Fragmentierung zu tun hat.

Also es wird dann 1888 die Landen Vegetarian Society gegründet,

die sich eben unterscheidet von der Vegetarian Society,

die ihren Sitz in Manchester hat.

In den 1880er Jahren findet aber in Großbritannien

auch erneuerliche Erstärkung der vegetarischen Bewegung statt,

nicht zuletzt aufgrund der Gründung einer Gesellschaft,

die auch schon ein, zwei Mal in diesem Podcast besprochen worden ist,

und zwar der Fabian Society.

Die Fabian Society, wie du weißt, ist zwar keine vegetarische Gesellschaft per se,

sie ist aber im Grunde eine Weiterentwicklung der Food Reform Society,

die pro Vegetarismus war.

Also Mitglieder der Food Reform Society,

die gründen im Jahr 1883, so genannten Fellowship of New Life,

Gesellschaft, die Pazifismus, Vegetarismus und ein einfaches Leben

propagiert, auch eben so wieder rusoartig zurück zur Natur,

die auch inspiriert werden von einem anderen berühmten Vegetarier,

und zwar dem russischen Autor Leo Tolstoy.

Als Mitglieder dieser Gesellschaft aber sich dann auch politisch engagieren wollen,

wird beschlossen, dafür eigene Gesellschaft zu gründen, die Fabian Society.

Und ich glaube, ich habe es in irgendeinem Feedback Teil schon einmal erwähnt,

die ist benannt nach Quintus Fabius Maximus Veracusus,

der während der punischen Kriege, die Katage bzw. Hannibal

mit seiner Strategie besiegen wollten,

und das ist eben auch die Strategie, die Fabian Society verfolgt,

also über interative Zermürbung, wenn man so will,

das feindes Veränderung hervorrufen.

Nicht alle Mitglieder der Fabian Society sind Vegetarier oder Vegetarier erinnern,

aber du erinnerst dich vielleicht also über die Fabian Society gesprochen,

aber ich glaube, das war in der Folge über die Matchstick Women,

dass so eines der prominentesten Mitglieder erwähnt.

Weißt du noch, wer das war?

Der Sean?

Genau, George Bernard Sean und George Bernard Sean zum Beispiel, der war Vegetarier.

Und ich glaube, er war ein anderes Mitgliederwend, Beatrice Webb,

und die war auch Vegetarierin, und Mitglieder Fabian Society.

Also es ist vor allem ab den 1880er Jahren in Großbritannien,

dass diese Verquickung zwischen feministischen oder sozialistischen

oder Reformbewegungen grundsätzlich stattfindet,

mit eben der vegetarischen Bewegung.

Und es ist auch die Zeit, in der Frauen einen wichtigen Beitrag zur Verbreitung

des Vegetarismus leisten.

Also gewisse Anna Kingsford zum Beispiel, Ärztin und Frauenrechtlerin,

die hält jede Menge Vorlesungen zum Thema.

Und im Jahr 1881 bringt sie ein einflussreiches Buch heraus,

namens The Perfect Way in Diet, also die perfekte Ernährungsart,

was er will, und dort spricht es sich für den Vegetarismus aus,

aufgrund von Überlegungen zur menschlichen Gesundheit,

zur sinnvollen Verwendung von Land,

Vermeidung von Grausamkeiten gegenüber Tieren,

und so wie sie es auch darstellt, gegen die Verderbung des menschlichen Charakters

durch Fleischkonsum.

Ihre Arbeit und ihre Ideen zum Vegetarismus, die sind ja noch eng

mit ihren Überzeugungen gegen Tierversuche,

mit ihren religiösen Vorstellungen und auch feministischen Ansichten verbunden.

Und mit dieser Art und Weise zu Denken und auch zu formulieren,

kreiert sie so eine Art philosophische Synthese,

die dann auch typisch sein wird für das Denken der New Woman,

der 1890er und fröhliche 1900er Jahre.

Also die ist so ein bisschen auch philosophische Unterstützerin

dieser neuen Bewegung.

Sowohl Frauen wie Anna Kingsford, also die Gründung

der Women's Vegetarian Union im Jahr 1897,

die werden dann auch so der Beginn der Verknüpfung

zwischen Vegetarismus und der Sufragistenbewegung sein.

Haben wir ja auch besprochen in meiner Folge über Sufragitsu.

Kingsford übrigens war auch Theosophin,

so wie andere prominente Fürsprecherin für den Vegetarismus,

eine gewisse Annie Besant,

die sogar die Nachfolgerin der ursprünglichen Gründerin

der Theosophischen Gesellschaft war.

Da haben wir noch eine kleine Verknüpfung zu anderen Folgen,

die wir gemacht haben.

Weißt du, wer die Gründerin der Theosophischen Gesellschaft war

im Jahr 1874 in den USA?

Die Gründerin in den USA, nee?

Helena Blavatsky.

Ah, sehr gut.

Hab ich zum Beispiel erwähnt in der Folge über Lemuria,

diesen Kontinent, der nie wirklich existiert hat,

beziehungsweise weil die Theosophische Gesellschaft

eher so ein bisschen,

sondern so eine esoterische Vereinigung war,

die Blavatsky war zum Beispiel auch in Frankreich,

um die Arbeit von Mesmer zu studieren,

mit seinem Mesmerismus.

Es sind also die Erzehnte am Ende des 19. und jene zu Beginn des 20. Jahrhunderts,

die dann den Vegetarismus

von einer hauptsächlich religiös motivierten Einstellung

zu einer sozialen, philosophischen und politischen Frage machen

und damit dann auch gesellschaftlich als ein Lebensstil verankern.

Und das, lieber Daniel, war meine kurze Geschichte darüber,

wie vor allem religiös motivierte Organisationen

eine anfangs auf einzelne lokale,

exzentriker beschränkte Bewegung

in die Mitte der Gesellschaft holten,

wo sie dann in weiterer Folge mit Hilfe

unterschiedlichster philosophischer und politischer Strömungen

zu einem eigenständigen Lebensstil wurde.

Fantastisch, Richard.

Also sehr, sehr gutes Thema.

Und du hast es geschafft, dieses, ja doch,

diesen Brocken,

schön verdaulich uns,

ich lasse dieses Wortspiel,

aber das ist ein super Thema.

Und bevor wir noch mal einsteigen jetzt inhaltlich,

mir ist gerade eingefallen,

hast du gerade Annie Bessent gesagt?

Ja.

Sie ist ja auch die, von der es heißt,

dass sie den Streik der Streichholzfrauen

angeführt haben sollen.

Ah, das ist die, die ganzen...

Die die Lorbeeren eingeheimsten.

Die Lorbeeren eingeheimsten.

Ja, genau.

Ich habe es nämlich gelesen, und ich habe mir gedacht,

der Name kommt mal ein bisschen bekannt vor.

Und ich bin aber dann nicht so tief eingetaucht

in ihre Biografie,

weil ich mich erst dann auf ihre vegetarischen Tätigkeiten

konzentriert habe, dass man das aufgefallen wäre.

Was stimmt natürlich?

Das ist nämlich diese interessante Verknüpfung,

das ist eine sehr interessante Society.

Und später wird sie dann aber zu einer Theosophin

und lebt dann nach, glaube ich, lange Zeit in Indien.

Es ist super, weil da sieht man auch

wirklich so diese philosophischen Strömungen,

wie sie sich gegenseitig,

also wie sie quasi verknüpfen

oder wie man sie verknüpfen kann

bzw. wie sie sich alle mehr oder weniger

über den Weg laufen.

Was ich sehr spannend von der Geschichte

Videos jetzt erzählt hast,

ist, also Vegetarismus gab es schon

seit der Antike, aber es war

noch kein Lebensentwurf oder es war

noch kein Konzept, kein Lebensmodell.

Und wie das quasi von dieser Idee

zu einem Lebensmodell wird, das fand ich

sehr spannend, weil das ist auch etwas,

was so modernes Leben prägt, oder?

Also das ist, glaube ich, auch etwas,

was gerade im 19. Jahrhundert sehr oft passiert,

dass eben aus solchen Ideen so wirklich

Lebensmodelle werden.

Mir war lange Zeit nicht bewusst,

dass es wirklich so vegetarische Vereinigungen

gegeben hat, weil ich mir halt so gedacht habe,

gut, man entscheidet sich,

man ist es weiterhin. Aber natürlich ist

es absolut sinnvoll, dass es diese Vereinigungen gibt,

weil die müssen das ja auch, und darum

ist es ja tatsächlich auch gegangen, das

in der Gesellschaft so verankern, dass es

für die Leute, die dann sich entscheiden,

dass sie sich vegetarisch ernähren wollen,

dass die quasi schon die Unterstützung haben,

die sie brauchen dafür.

Was ich eben wirklich sehr interessant

gefunden habe, auch als ich über diese Dinge

nachgelesen habe, ist, dass Vegetarismus

mehr oder weniger zu eben nicht

am Massenphänomen, aber dass es immer

geworden ist zu einem relativ

überschaubaren Zeitraum.

In so 18. und 19. Jahrhundert

hat es so angefangen, dass es immer

mehr geben hat, dass es aber

oft einfach sehr unterschiedliche Gründe

waren, warum?

Also dass die einen das wirklich aus

rein ethischen Überlegungen gemacht haben,

die anderen aus medizinischen,

wieder andere wirklich aus so religiösen

Gründen, weil sie gemeint haben, dass der

Mensch verdorben wird dadurch, und natürlich

immer wieder sexuelle Gelüste unterdrückt

werden müssen. Und dass das dann aber

alles so zusammenläuft, dass man

wirklich eine Gesellschaft gründen

kann, die mehr oder weniger alles unter

einen Hut bringt.

Natürlich hat es so nicht funktioniert,

ansonsten hätte es immer nur diesen einen

geben, diese eine Gesellschaft geben, aber

dass es überhaupt möglich war, das dann

irgendwann so zusammenzufassen, und das

dann nicht wieder völlig zu splitert, habe

ich schon recht beeindruckend gefunden.

Und dass es dann auch so einen Namen

hat, also man kann es danach benennen,

das kottest du ja vorher so dann gar nicht

benennen. Ja, du hast halt von der

Pythagoräischen Diät gesprochen, oder

von der Pythagoräischen Ernährung.

Ja, sehr spannend. Und vor allen Dingen,

weil muss ich ja glaube ich schon auch klar machen,

wie zentral auch Ernährung ist

für die Kultur und für das Leben.

Also das ist ja auch

superprägend. Und ich weiß nicht, wie es dir

geht, aber je älter ich werde, desto

mehr merke ich, wie prägend auch die

Ernährung war in der Jugend.

Also sozusagen, was man als normal wahrnimmt.

Wie viel Fleischkonsum zum Beispiel

oder so. Und wenn du jetzt sagst,

also ich zum Beispiel bin mit Fleisch

groß geworden, und ich esse immer noch Fleisch,

aber für mich jetzt der Schritt zu sagen,

ihr nehm ich vegetarisch oder vegan, bedeutet

für mich einfach eine Umstellung in dem,

was ich als normal wahrnehme.

Und das finde ich sehr spannend, dass das

eben damals versucht wurde, über diese Vereine

zu verankern. Ich glaube halt auch

tatsächlich, weil ich es ja auch

angesprochen habe vorhin, es ist ein

Punkt gewesen, was Essen bedeutet

für Gesellschaft, aber

eben auch die unterschiedlichen Mitglieder

dieser Gesellschaft. Weil nicht für alle

Essen dasselbe war. Die Leute, die

sich leisten haben können, haben natürlich

auch viel öfter Fleisch essen können.

Und irgendwie gibt es natürlich Sinn,

dass dann diese Entwicklung

von oben her ab passiert, weil es diejenigen

sind, die eigentlich ständig Fleisch essen

könnten. Die dann

quasi das Privileg oder den Luxus

haben sich zu entscheiden, dass sie keine

Essen essen und dann vielleicht auch

in der Lage sind, das philosophisch

so zu untermauern, beziehungsweise so

zu argumentieren, dass sie auch unter

Umständen dann in der Lage sind, davon

andere Leute zu überzeugen.

Ja, ja. Und gleichzeitig, und wenn ich

meine, wir schauen uns jetzt eine Geschichte an,

die 100 oder 200 Jahre

mir ist, aber Essen oder

Ernährung so als gewissen

Lifestyle ist ja heute auch gang und gäbe.

Also so eine Paleo Diät

oder was das nicht, es gibt ja auch diese

Ernährung und so. Und da stecken ja auch so

Gedanken dahinter, dass man so

philosophische, moralische oder eben auch

christliche Werte oder überhaupt religiöse

Werte damit verbindet.

Natürlich, du identifizierst die dann einfach mit

irgendwas. Ja.

Ist natürlich einfach Möglichkeit,

eine Zugeheuerigkeit zu finden.

Also wenn du, wenn du grundsätzlich auch jemand

bist, der einfach gern eingebettet ist

in bestimmte Gruppierungen,

dann ist heutzutage wahrscheinlich nichts

einfacher als einfach zu beschließen,

ich bin jetzt jemand, der die und die und die

Sachen nicht ist oder ich bin jemand, der

nur diese oder nur diese Dinge ist.

Und plötzlich hast du vor allem auch eben

mit dem Internet und so weiter, da hast

natürlich dann plötzlich deine ganz eigene Familie.

Falls jetzt jemand vorhat, nur Kokosnüsse

zu essen.

Das kann ich nicht empfehlen. Das ist keine gute Idee.

Nein, das

hat sich schon als

sehr ungesund herausgestellt.

Ja, ich hatte sehr, sehr spannende Geschichte.

Gibt es irgendwelche Bücher?

Es gibt sehr, sehr viel dazu.

Ja, es gibt viele Bücher.

Also die wahrscheinlich

ausführlichste Geschichte des Vegetarismus

ist ein Buch von Colin Spence.

Das heißt The Heritage Feast

A History of Vegetarianism.

Ich hab das zu Rate gezogen.

Dann gibt es ein sehr schönes Buch,

das aus einer Dissertation

hervorgegangen ist von James Gregory.

Das heißt Of Victorians and Vegetarians.

The Vegetarian Movement in 19th

century Britain.

And Tristram Stewart

hat geschrieben The Bloodless Revolution

Radical Vegetarians and the Discovery

of India.

Was vor allem auch um den Einfluss

Indians auf England geht, wenn es darum geht,

sich vegetarisch zu ernähren.

Und außerdem

noch sehr spannend von Diana

Donald Women Against Cruelty

Protection of Animals in 19th

century Britain.

Und für diesen Teil über Deutschland

gibt es ein sehr schönes

Buch von Hans-Jürgen Teutoberg.

Das heißt, zu Sozialgeschichte

des Vegetarismus erschienen

in der Vierteljahr Schrift für

Sozial- und Wirtschaftsgeschichte.

Sehr schön. Auch guter Titel ist es genauso,

wie man sich so akademische

Geschichtswissenschaft vorstellt.

Sehr gut.

Gibt es ein Hinweisgeber vielleicht

oder Hinweisgeber drinnen?

Nein. Tatsächlich habe ich ein Buch

angefangen zu lesen und in dem Buch war

über Sylvester Graham die Rede.

Das war der Vater des amerikanischen

Vegetarismus.

Und dann haben wir gedacht,

ich weiß eigentlich gar nichts über

die Entstehungsgeschichte

weder des amerikanischen noch des britischen.

Und dann haben wir gedacht,

machen wir da auch eine Frage drüber.

Das führt mich noch zu einer Frage, die

hatte ich vorhin, die haben vergessen zu fragen.

Die wandern ja dann aus, also die

Mitglieder der britischen Vegetarian Society.

Also wandern die aus, weil sie den

Vegetarismus in die USA bringen wollen

und das ist schon ein starkes

Sendungsbewusstsein.

Ja, schon.

Es haben Sekten ja so an sich.

Also ohne jetzt irgendwie das Negativ

konnotieren zu wollen, aber das ist,

die werden als Sekt bezeichnet

und auch die Art und Weise, wie sie

agiert haben, wie ihr Sekt reagiert.

Und natürlich geht es dann auch darum,

dass so diese Dinge verbreitet sind.

Und sie haben beschlossen,

dass sie das in den USA machen.

Ja, und dann ja auch erfolgreich.

Sehr gut.

Hast du diese Geschichte noch was hinzuzufügen?

Ja, also ich habe nichts hinzuzufügen mehr.

Wie gesagt, es gibt wahnsinnig viel

nachzuläsen drüber. Also allein dieses

Werk von Colin Spencer.

Es hat über 800 Zeiten.

Er lohnt sich auf jeden Fall

alles sehr spannend und

auch sehr komplex.

Ich hoffe, ich habe es jetzt so zumindest

in der Auswahl und auch in der Art und Weise,

wie ich es dann dargestellt habe,

irgendwie sinnvoll wiedergeben können

und natürlich nicht die Dinge zu sehr verkürzt,

um es auch irgendwie

noch in den richtigen Rahmen packen zu können.

Ich meine, eine Sache,

die wir natürlich noch schon besprechen könnten,

ist so die Frage der Gegenwart,

weil es ist ja schon so,

dass Vegetarismus eine Ernährungsart ist,

die immer stärker

Verbreitung findet und noch gerade

mit der Klimakrise natürlich auch

nochmal ein politisches Gewicht hat.

Ja, aber dafür, wie gesagt,

ich glaube, das wäre eigene Folge.

Wahrscheinlich sind wir nicht der richtige Ort dafür,

um das zu besprechen.

Aber ja, natürlich, heutzutage

hat sich das natürlich groß weiterentwickelt

und diese Fragen,

die damals in erster Linie

relativ lokal an Natur waren,

die sind jetzt im Grunde eine globale Frage.

Ja, ja.

Auch mit der Herstellung und der Produktion

von Fleisch, ja.

Sehr gut, Richard. Dann würde ich sagen,

gehen wir über zum nächsten Teil

des Podcasts.

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Wir bedanken uns in dieser Woche

bei

Susanne Christoffer

Michael Dominic Lukas

Marc Andreas

Thibault

Marie Joe Nicholas

Julia Laura

Miko Sebastian

Barbara Joe

Natia Eva

Jakob Stefanie Michael

Jörg Paul

Iris Andreas

Christoff

und Xenia. Vielen, vielen Dank

für eure Unterstützung.

Und danke auch an Lene Kieberl,

die diese Folge geschnitten hat.

Und dann würde ich sagen, Richard,

machen wir noch das, was wir immer machen.

Genau, geben wir dem einen

das letzte Wort, der es immer hat.

Bruno Kreisky

Lern uns ein bisschen Geschichte.

Lern uns ein bisschen Geschichte,

dann werden wir uns sehen,

wie das sich damals entwickeln kann.

Wie das sich damals jetzt entwickeln kann.

Aha.

Bin ich sicher, oder bist es du?

Ich höre ganz viele Vögel in deinem Hintergrund.

Ich meine, das macht ja nichts, aber

hast du das Fenster auf, damit du atmen kannst.

Ich dachte, ich habe Mut, aber ich war gar nicht auf Mut

und hatte das Mühe auch kletzlich offen.

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Eine Geschichte über viktorianische Reformen, vegetarische Ärzte und den Vegetarismus als Lebensstil

Wir springen in dieser Folge in die Mitte des 19. Jahrhunderts, und sehen uns die Etablierung des modernen Vegetarismus an. Federführend werden hier vor allem religiöse Organisationen sein, im Laufe des 19. Jahrhunderts wird der Vegetarismus aber bald Teil diverser sozialer, feministischer und politischer Strömungen. Wir sprechen darüber, wie der Vegetarismus damit innerhalb weniger Jahrzehnte von einer meist lokalen Eigenart zu einem in der Gesellschaft verankerten Lebensstil wurde.


Literatur

Colin Spencer. The Heretic’s Feast: A History of Vegetarianism. UPNE, 1995.

Diana Donald. Women Against Cruelty: Protection of Animals in Nineteenth-Century Britain: Revised Edition. Manchester University Press, 2021.

James Gregory. Of Victorians and Vegetarians: The Vegetarian Movement in Nineteenth-Century Britain. Bloomsbury Academic, 2007.

Teuteberg, Hans-Jürgen. „Zur Sozialgeschichte des Vegetarismus“. VSWG: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 81, Nr. 1 (1994): 33–65.

Tristram Stuart. The Bloodless Revolution: Radical Vegetarians and the Discovery of India. HarperCollins UK, 2012.

Das Episodenbild zeigt einen Ausschnitt aus Juan Sánchez Cotáns "Stilleben mit Quitte, Kohl, Melone und Gurke".

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