11KM: der tagesschau-Podcast: Energiewende: Deutschland in der China-Falle

tagesschau tagesschau 3/8/23 - Episode Page - 23m - PDF Transcript

Wirtschaftliche Abhängigkeit kann schmerzhaft sein.

Das spüren wir seit Russland vor einem Jahr die Ukraine angegriffen hat.

Deutschland versucht, seitdem unabhängiger zu werden bei der Energie.

Deswegen soll sie noch schneller gehen, die Energiewende.

Das Problem sind wir wieder abhängig, bei der Windkraft zum Beispiel.

Wir brauchen Magnete für unsere Generationen.

Und auch bei der Solarenergie.

Zirka 80% aller Photovoltaikzellen, die weltweit verbaut werden,

kommen im Moment aus China.

Wie sehr wir bei unserer Energiewende auf China angewiesen sind

und woher das kommt, das erzählen wir heute bei 11km.

Und es geht darum, welchen Preis Deutschland zahlen will,

um weniger erpressbar zu sein.

Ihr hört 11km der Tagesshow-Podcast, ein Thema in aller Tiefe.

Ihr findet uns in der ARD-Audiothek

und überall dort, wo es Podcast gibt, abonniert uns gern.

Mein Name ist Hannes Kunz, heute ist Mittwoch der 8. März.

Hallo, Mario.

Hallo, viele Grüße aus Hamburg.

Das ist Mario Schmidt vom NDR.

Er war viele Jahre Peking-Korrespondent

und zusammen mit seinem Kollegen Philipp Abrisch

hat er zu dieser chinesischen Abhängigkeitsfalle recherchiert.

Erst haben wir eine Baustelle besucht.

Das war in Albinghausen, das ist in der Nähe von Bremen.

Die Anlage hat eine Narbenhöhe von 166 m,

eine Gesamthöhe von 246 m.

Da haben wir den Projektleiter Madena gesprochen

und haben wir erst mal nur, das war spät, abends kamen wir an,

die Sonne ging unter, das sah alles wunderschön aus.

Dann haben wir erst mal gefragt, was an den Windrädern,

was wir da so, ob man bestimmen könnte,

was da von außensichtbar aus China käme.

Wir haben natürlich einige Einzelteile, die wir aus China bekommen,

gerade Magneten, die wir im Generator einsetzen.

Diese Rotorblätter haben wir auch aus China bezogen.

Wir haben noch mehrere Produktionsstandorte,

wo sie hergestellt werden.

Für diesen Park haben wir die aus China bekommen.

Dann zeigen Sie mir noch mal den Generator,

da oben am Windrad ist.

Genau, der ist zwischen Rotor und Maschinenhaus.

Der Rundekreis, den wir da jetzt noch von hier aus sehen können.

Und da sind diese Magneten drin mit.

Dort sind die verbaut, ja.

Und speziell diese Magneten, die kommen eben nur aus China.

Das heißt, da kann man nicht diversifizieren.

Und wenn China diese Magneten nicht liefern würde,

hätte die Firma ein Problem.

Deshalb sind wir dann weitergefahren nach Aurich.

Dort ist die Firma Enakon, da hatten wir ein Gespräch mit dem CEO.

Er hat einen Zeschi und den haben wir genau das gefragt.

Wir haben gesagt, was ist denn, wenn China morgen sagen würde,

wir liefern nicht, wir stellen das ein.

Und er sagte, im Bereich der Magnete

hätten Sie dann ein Riesenproblem,

dann können wir das nicht mehr bauen.

Wir brauchen Magnete für unsere Generatoren.

Mit Magneten kann man die Säfe kleiner bauen,

Leistungsstärker, bessere Effizienz.

Wir importieren die heute komplett aus China.

Weil es im Weltmarkt praktisch keine anderen gibt,

die diese Magnete liefern können.

Stichwort seltener Erden als Basismaterial.

Wäre das Existenz bedrohnt?

Wenn das wirklich von heute auf morgen so käme,

haben wir ein wirkliches Problem.

Wir haben natürlich auch Anlagen, die ohne Magnete auskommen.

Aber was wäre für uns ein Riesenproblem?

Was würde denn passieren,

wenn China von heute auf morgen diese Magneten nicht mehr liefert?

Man muss das sehen vor dem Hintergrund der Ziele der Energiewende.

Wir wollen ja bis 2030 so ein Jahr 80% unseres Strombedarfs

aus erneuerbaren Energien gedeckt werden.

Das ist eh schon ein sehr ärgerziges Ziel

und viele bezweifeln, ob das überhaupt zu erreichen ist.

Aber dafür bräuchte es zum Beispiel auch 4-5 Windräder,

die am Tag sozusagen installiert werden müssten.

Und das heißt auch, man bräuchte unheimlich viele Magneten

und in einer solchen Weise seltenen Erden,

die aus China kommen, müssten für diese Magnete.

Das heißt also, wir könnten die Ziele der Energiewende,

das kann man auch als Gleihe, glaube ich, sagen,

die würden wir nicht erreichen können.

Allein schon, weil die Windenergie

dann ihren Teil nicht leisten könnte.

Aber es geht ja dann auch noch weiter mit der Solarenergie,

quasi die zweite Säule der Energiewende,

die hätte ein ähnliches Problem.

Wen habt ihr da gesprochen, wo wart ihr?

Da waren wir bei der Firma Solar Wat in Dresden bei Peter Bachmann.

Die komplette Photovoltaikindustrie warnt da seit Jahren.

Es ist ja wirklich dramatisch, wenn man sich überlegt,

wir hatten 2011 in Deutschland, glaube ich,

150.000 Menschen, die bereits in der Photovoltaikindustrie beschäftigt waren.

Und dann brach ja unheimlich viel zusammen damals,

als die Subventionen so ermittig gestrichen worden sind.

Es war doch so, dass Deutschland sogar Nummer eins war, zwischenzeitlich.

Innovationsführer, alles, es war eigentlich alles da.

Also aus heutiger Sicht würde man sagen,

wie konnte man so blöd sein, dass das alles verschwunden ist.

Aber es war auf jeden Fall alles da.

Es ging dann, würde das sozusagen von China so langsam verdrängt,

mit Dumpingpreisen.

Wenn die Chinesen morgen sagen würden,

wir brauchen unsere Sachen selbst oder wir können nicht mehr liefern,

das würde das für ihr Unternehmen bedeuten.

Das würde für unser Unternehmen, aber auch generell für die Photovoltaikindustrie,

einen massiven Einschnitt bedeuten.

Denn ca. 80% aller Zellen, die weltweit verbaut werden,

also Photovoltaikzellen, kommen im Moment aus China.

Es ist vor allem der Energiebereich, sagst du,

was ja ein absurdes Dilemma ist.

Wir wollen weg von fossilen Energieträgern,

weg von dieser Abhängigkeit von Russland

und stellen fest, bei den Alternativen den erneuerbaren Energien

sind wir noch viel abhängiger, nämlich von China.

Das hat uns bei der Dokumentation auch am meisten überrascht.

Das muss man leider so sagen.

Und auch wenn man sozusagen in der Wertschiffung

noch weiter nach vorne schauen würde.

Also vor der Zelle kommt noch der Wafer.

Und bei den Wafer sind sogar 98% aller Wafer

im Moment in China hergestellt.

Das heißt, die Abhängigkeit ist im Moment sehr, sehr massiv.

Haben wir uns da eine Sackgasse gehandelt, würdest du sagen?

Also sagen wir so, bis zum Krieg gegen die Ukraine

haben zwar Insider, glaube ich, davor gewarnt

und auch immer gesagt, das könnte mal ein Problem werden,

aber für den Großteil der Gesellschaft, also ich habe da nie drüber nachgedacht,

ob jetzt speziell in der Umwelttechnologie

die Abhängigkeit von China so ein Riesenproblem ist.

Aber jetzt plötzlich fällt es einem so ein bisschen wie Schuppen von den Augen,

dass man denkt, wow, also wir hatten auch wirklich so das Gefühl,

wir sind ja über die Autobahnen dann gefahren

und sahen überall die Windräder und haben gedacht,

wie kann es sein, dass man da nicht so richtig hingeguckt hat?

Aber es kann sein, dass wir jetzt plötzlich nach den Erfahrungen mit Russland denken,

wow, da haben wir ein ähnliches Problem

und wie konnte es sein, dass wir da wieder genauso reingetappt sind,

obwohl man doch vielleicht vor ein paar Jahren schon hätte sagen können,

es kann grundsätzlich nicht gut sein,

wenn wir uns nur auf eine Bezugsquelle da verlassen.

Wie geht deine Antwort?

Ich glaube, das war naiv, würde ich mal sagen.

Wir haben ja auch verschiedene Politiker gesprochen

und Lars Klingbein, der SPD-Parteivorsitzende,

der sagte einen Grund dafür,

wir haben in Deutschland nicht in verschiedenen Szenarien gedacht,

sondern man hat einfach mal gedacht,

wir machen Wandel durch Handel, das wird schon alles irgendwie funktionieren

und das China uns mal davon abkoppelt,

das wird schon nicht passieren oder zumindest denkt man nicht über nach.

Wie kann das passieren, dass man über Jahre sich da eingeredet hat,

das funktioniert mit China?

Wir haben nicht in Szenarien gedacht.

Aber es hätte halt immer ein Szenario eigentlich sein können,

weil zum Beispiel hat China ja auch mal Japan

von der Lieferung seltener Erden abgekoppelt

wegen eines politischen Streits, 2010 war das,

da ging so mein Inselstreit in den Boden,

eine Weile wurden auch keine seltenen Erden geliefert.

Also möglich war das nur, wir haben wahrscheinlich gedacht,

das Verhältnis zu China ist so gut, das wird schon nicht passieren

und das soll man jetzt viel Kapazitäten aufbauen,

wenn man es doch woanders günstiger bezieht.

Diese Abhängigkeit von China muss nicht unbedingt sein.

Gibt es denn auch Beispiele, wo das schon praktiziert wird?

Also Best Practice, es funktioniert schon,

dass wir uns unabhängig machen von China?

Es gibt so eine gewisse Rückbewegung nach Europa bei Produktionen.

Das haben wir in der Fahrradindustrie gesehen.

Und zwar war der Philipp Abrech, mit dem ich den Film zusammengemacht habe

und der ist nach Portugal gefahren.

Da gibt es das sogenannte Tal der Fahrräder.

Das ist mit EU-Sip-Fensionen unterstützt worden.

Dort werden sogar zum Beispiel Carbonrahmen dort hergestellt,

die sehr arbeitsintensiv sind

und deshalb eigentlich nach Asien gegeben worden sind.

Und jetzt versucht man das in Portugal wieder zum Teil

so eine europäische Fahrradindustrie wiederherzustellen,

Produktionsketten wiederherzustellen.

Und das funktioniert allerdings natürlich mit Zusatzkosten.

Wir haben dort den Philippe Motar getroffen.

Der war früher Buchhalter, jetzt managt er eine stark wachsende Firma dort.

Den haben wir das gefragt.

Das sind Vorstellungen, dass man quasi alle Teile

wieder hier nur in Europa herstellt.

Weil der Fahrradindustrie sagte und der Philippe Motar

meint so 20-30 Prozent würde ein Fahrrad dann bestimmt teurer,

wenn das rein in Europa wird.

Das ist ordentlich.

Jetzt sind Fahrradteile keine Solarmodule.

Trotzdem, können wir was aus diesem Beispiel in Portugal lernen?

Also man kann zumindest lernen, dass es auch in Europa

ja zumindest in einigen Branchen ein Bemühen gibt,

ein Teil der Produktion wieder zurückzuholen.

Das geht nur in Maßen, glaube ich.

Es ist nicht für alle Lieferketten machbar, weil das kostet ja auch Geld.

Also die Arbeitskosten in Europa sind hoch.

Es hat ja immer Gründe gegeben, warum die Produktion nach Asien gegeben wurde,

nach China gegeben wurde, weil es halt viel günstiger ist.

Deshalb wäre es wahrscheinlich verrückt, wenn man jetzt sagen würde,

man holt alles, jedes Teil wird jetzt wieder in Europa hergestellt.

Aber in bestimmten Bereichen, da zum Beispiel,

wo eine hohe Automatisierung möglich ist,

wo die Arbeitskosten jetzt in Portugal einigermaßen günstig sind,

also wo sich die Herstellungskosten im Rahmen halten,

da können Sachen durchaus zurückgeholt werden.

Und das ist jetzt vor dem Hintergrund der Erfahrungen durch die Corona-Zeit,

wird das bei Unternehmen zunehmt attraktiv zu gucken,

was ginge eigentlich in Europa, was, wenn eine Lieferkette zusammenbricht,

wo kann ich mich hinwenden und kriege die gleichen Teile in einer verlässlichen Zeit.

Das finde ich, kann man in Portugal ganz gut lernen,

auch dass es das Bestreben gibt, das zu machen,

aber dass es eben auch Zeit kostet.

Dass wir sagen, wir holen Sachen wieder zurück in gewissen Teilen,

zumindest aus China, aus Asien zum Beispiel, sagen die,

hat mir ein Experte gesagt, er hält das für unwahrscheinlich,

dass man alles aus Asien zurückholt,

weil das macht ja auch nicht zwingend Sinn,

das wird ja auch in Indonesien produziert, in Malaysia wird produziert und so weiter.

Aber dass man China irgendwann ersetzen könnte,

das ist zumindest nicht unrealistisch.

Das kostet Zeit, sagst du, aber das kostet ja auch Geld.

Wir müssen uns darauf einstellen,

dass wir Verbraucherinnen und Verbraucher mehr dafür zahlen müssen,

also dass sozusagen das breite Etikett ist für die Unabhängigkeit von China,

dass es noch, noch teurer wird alles.

Das sagt zum Beispiel auch Frau Strackzimmermann.

Also Marie Agnes Strackzimmermann,

die Vorsitzende des Bundestagsverteidigungsausschusses.

Es geht ja nicht um eine komplette Abkoppelung.

Wir werden immer mit China verhandeln.

Aber ich glaube, dass wir als Verbraucher uns auch klar darüber werden müssen,

dass bestimmte Produkte in Zukunft teurer werden,

dafür aber in der heimischen Industrie oder in Europa hergestellt worden sind.

Man muss dann sehr genau gucken, in welchen Bereichen ist das wirklich möglich

und das ist auch wirklich notwendig,

weil wir wollen ja auch nicht die ganze Globalisierung jetzt zurückdrehen.

Das gibt ja auch ganz viele Länder,

mit denen wir wunderbar noch Handel treiben können

und wahrscheinlich in vielen Bereichen mit China auch weiterhin über meine Prognose.

Also deshalb ist das Reine zurückholen,

glaube ich, ist wichtig in den Bereichen,

wo man sagt, das ist schon zentral auch für die Gesamtwirtschaft

und das ist Rohstoffe, weil wenn man Teile nicht kriegt

und hier brechen komplette Produktionsverfahren zusammen,

dann wird es, finde ich, riskant.

Franziska Brandner, die parlamentarische Geschäftsführerin

im Bundeswirtschaftsministerium, mit der wir auch gesprochen haben,

die wesentlich an der China-Strategie mitschreibt,

die hat das auch ganz schön beschrieben.

Die Frage ist, wenn nicht nur, wo es aktuell herkommt,

sondern wie schnell können Sie es ersetzen?

Wenn Sie etwas haben, wo Sie heute 100 Prozent abhängig sind von China,

aber in zwei Wochen haben Sie es wieder in Deutschland hergestellt,

dann mache ich mir darum keine Sorgen.

Das macht mir dann keine schlaflosen Nächte.

Aber wenn ich weiß, im Rohstoffabbau,

es dauert halt zehn Jahre, bis ich eine Alternative habe,

das sind die Bereiche, die mir Sorgen machen.

Es braucht also Zeit, sagst du,

und den Willen natürlich in die Zukunft da zu investieren.

Diese Abhängigkeit ist über Jahre, Jahrzehnte gewachsen.

Wie lange dauert es, um dieses Rad wieder zurückzudrehen?

Also da ist jetzt was die seltenen Erden angeht.

Ich habe schon das Gefühl, das kann ein paar Jahre dauern,

bis das soweit ist, dass wir das Gefühl haben,

da kann man jetzt richtig was ersetzen.

Viel Hoffnung kann man natürlich auch noch in andere Länder setzen,

also dass wir jetzt mehr nach Kiel gucken, Südafrika,

also mehr Handeln noch mit anderen Ländern betreiben,

die auch seltene Erden haben oder die auch Produkte,

die wir dringend brauchen haben.

Dass wir uns da breiter aufstellen, das wird eine Zeit dauern.

Also über Nacht geht das alles gar nicht.

Aber ich denke, innerhalb von ein paar Jahren

wird man diese zentralen Abhängigkeiten stark reduzieren können.

Und bei den ganzen anderen Sachen ist es ja so,

wir wollen ja den Handel gar nicht beenden.

Also das wäre furchtbar, wenn wir jetzt sagen würden,

die ganzen hunderte oder tausende von Produkten,

die zwischen China und Deutschland nicht nur hergehen,

Vorprodukte, Endprodukte,

wenn das jetzt alles zusammenbrechen würde,

das würde ja auch alles teurer werden.

Also das ist auch jetzt nicht das Szenario, glaube ich,

auf dem man so rumkaut.

Das wäre schon der absolute Extremfall.

Das gelingt aber oft so, oder?

Dass von China unabhängig machen heißt, sich von China los sagen,

das ist sozusagen nicht die Lösung.

Das sollten wir nicht wollen.

Das wäre, glaube ich, der Gau und alle Gespräche, die wir geführt haben.

Also da hat nichts darauf hingedeutet, dass das jemand will.

Das könnte im Fall Taiwan passieren.

Das macht es halt so gefährlich mit Taiwan,

weil man weiß, da kommen Sanktionen

und dann würde eine richtige Eiszeit anbrechen, wenn das käme.

Dann würde unheimlich viel zusammenbrechen.

Aber bis dahin sagen natürlich alle,

natürlich wollen wir mit China weiter Handeltreiben.

Natürlich wollen wir Geschäfte mit China machen.

Es gibt ja Industrien.

Auch die Autoindustrie in der Dokumentation,

die ist ja auch China zum Beispiel gar nicht angewiesen,

nur weil der Markt so groß ist.

Der Markt ist zentral.

Aber auch weil China sehr innovativ geworden ist.

Man kapstelt sich ein bisschen von technologischer Entwicklung

in vielen Bereichen ab, wenn man mit China keinen Handel treibt.

China ist ja nicht mehr einfach die billige Werkbank der Welt,

sondern es ist ein Innovationsstandort geworden in vielen Bereichen.

Seit Sonntag tagt in Peking ja der Nationale Volkskongress

knapp 3.000 Abgeordnete, die eine Woche lang

die Entscheidungen der Regierung absegnen.

Also zum Beispiel mehr Geld für die Rüstung,

eine dritte Amtszeit als Präsident für Xi Jinping,

mehr Wirtschaftswachstum und besonders Heikel.

Das Ziel, Taiwan an die Volksrepublik anzuschließen.

Was werden, wenn Peking da tatsächlich ernst macht?

Dann könntet man sich auch noch ein bisschen überlegen,

dass es nicht so gut ist,

dass es nicht so gut wird, wenn Peking da tatsächlich ernst macht.

Dann könnte tatsächlich dieses Szenario eintreten,

von dem ich eben gesagt habe, das ist der Gau.

Weil wenn China militärisch jetzt in Taiwan einmarschieren würde,

was gesagt, mich auszuschließen ist,

dann stellt sich dieses China ja völlig anders dar.

Wie weit das dann jede einzelne Lieferkette betrifft,

ist schwer zu sagen, aber es würde sicherlich massive Sanktionen geben.

Aber ob sich jetzt dann VW aus China sofort zurückziehen würde

und da kein Auto mehr verkaufen könnte,

ich finde, da reicht meine Fantasie jetzt nicht,

um mir das alles vorzustellen.

Für wie wahrscheinlich hältst du es?

Taiwan halte ich für sehr wahrscheinlich.

Ich habe auch mit meinen Jahren in China Xi immer so erlebt,

das ist ein Ideologe, der ist auf einer Mission,

der will Taiwan ist etwas,

was er in seiner Lebenszeit noch verwirklichen will.

Das hat auch eine andere Dimension,

weil das starkte China hat jetzt ein Jahrhundert der Schande

hinter sich gehabt.

Wenn man als kolonialisiert war und so weiter.

Jetzt ist dieses China wieder wahnsinnig stark

und strebt unter Xi im Mittelpunkt der Welt.

Und die einzige Rechnung, die noch offen ist,

Hongkong ist sozusagen schon wieder zurückgeholt worden,

ist Taiwan.

Und quasi der Abschluss dieses furchtbaren Jahrhunderts

aus chinesischer Sicht oder der ganzen Schmach,

die man erlebt hat, der ist abgeschlossen,

wenn Taiwan auch zurück ist.

Dann ist China wieder da, wo es immer sein wollte.

Ich glaube, dass Xi das anstreben wird.

Wie schnell das kommt, weiß ich nicht.

Es hängt sicherlich vom Preis ab.

Was das am Ende kosten wird, ist der Preis jetzt noch zu hoch.

Aber er würde auch bereits sein,

einen wirtschaftlichen Preis dafür zu zahlen.

Wir müssen das auch im Blick haben

und uns auch deswegen unabhängiger machen,

weil wenn es dazu kommt,

dann kommt es höchstwahrscheinlich auch zu Sanktionen,

dann Sanktionen, die auch uns empfindlich treffen könnten.

Man sagt eigentlich auch, dass vieles,

was wir immer für selbstverständlich genommen haben,

diese ganzen Lieferketten, den Handel usw.,

dass man da halt in der viele Dinge jetzt ein Fragezeichen setzen muss

und immer fragen muss, ist das wirklich alles so selbstverständlich?

Und das haben wir jetzt bei China, sehen wir das,

dass es Risikofaktoren gibt

und die müssen oder zumindest geht Deutschland jetzt diesen Weg

oder gehen viele Unternehmen diesen Weg geben,

muss man versuchen, abzustellen,

das ist wirtschaftlich. Es ist nicht so,

dass hier sofort alle Lichter jetzt ausgehen würden.

China war der wichtigste Handelspartner als Einzelland,

aber zum Beispiel ist ja die Europäische Union viel wichtiger

für Deutschland insgesamt.

Das heißt also, wir hätten einen wirtschaftlichen Schaden hier,

aber es ist nicht so, dass hier alle Lichter ausgehen würden.

1,1 Mio. Jobs in Deutschland hängen vom Geschäft mit China ab.

Das ist erstmal natürlich viel, aber es sind 3% aller Jobs.

Wir haben insgesamt 46 Mio.

Deutschland kann auch noch sehr selbstbewusst damit umgehen,

weil hier eben nicht alles zusammenbricht, wenn es so käme.

Mario, du hast am Anfang gesagt, dass wir im Bereich der Energie

wohl am verwundbarsten sind.

Wenn wir jetzt über Auswegesprächen, über neue Strategien,

siehst du da auch den dringendsten Handlungsbedarf, also bei der Energie?

Also das ist auf jeden Fall der offensichtlichste,

weil wir jetzt durch Russland natürlich gemerkt haben,

was dafür Probleme sind.

Es ist auch in der Medizin gibt es sicherlich Bereiche,

wo jetzt nachgedacht werden muss.

Aber das tut die EU.

Die Bundesregierung überlegt das in vielen Bereichen.

Also das Aufwachen, finde ich, ist schon da erkennbar

und auch für mich überzeugend.

Die Franziska Brandner hat immer gesagt, sie hat das Gefühl,

da sich beide Länder immer noch brauchen, Deutschland und China,

haben wir dann noch ein paar Jahre Zeit in bestimmten Bereichen,

um das alles aufzubauen.

Ich hoffe, dass viele Unternehmen jetzt gucken,

dass sich die jetzige Partner- und Zulieferfirmen auftun,

die quasi die Abhängigkeit von China reduzieren.

Also was ich dringend ändern muss, ist, glaube ich,

tatsächlich zu gucken, gibt es andere Länder,

mit denen wir Handel betreiben können,

gerade im Bereich Rohstoffe, die wir bis jetzt nicht auf dem Zettel hatten.

Also viele Südafrika zum Beispiel,

oder wo wir noch nicht genug gemacht haben.

Das passiert ja auch, also man sieht ja an den Reisen des Bundeskanzlers

und auch des Wirtschaftsministers, wo überall geguckt wird.

Also das muss ganz dringend geschehen, zu gucken, was geht.

Also sozusagen auf einem relativ schnellen Weg.

Und die Firmen müssen das genauso tun,

also genauso aufwachen und gucken, wo sind diese in unterschiedlichen Szenarien denken,

glaube ich, das wird ganz zentral werden.

Dass man sagt, okay, wir rechnen mal mit der Zukunft,

so wird es wahrscheinlich aussehen, aber es könnte auch so aussehen.

Und was können wir machen, damit wir einen Plan B haben?

Also wir müssen ehrlicher sein, sagst du,

wir müssen selbstbewusster sein,

wir müssen weiter in die Zukunft blicken,

nicht nur auf die nächsten Wahlen, abschließend noch eine persönlichere Frage.

Jetzt bist du ein absoluter China-Experte,

was lange Leiter des ID-Studios in Peking,

hast auch sonst viel gesehen von der Welt,

gab es trotzdem, was dich noch überrascht hat bei eurer Recherche?

Also wir waren ja auch im Bundestag, haben da viele Interviews geführt.

Ich fand, das ist schon sehr reflektiert,

wie China jetzt plötzlich wahrgenommen wird.

Und auch so am Sinne von, welche Fehler gemacht worden sind

und dass man da umsteuern muss.

Wir müssen nicht drumherum reden,

weil China gibt es diese einseitigen Abhängigkeiten.

Wir müssen grundsätzlich uns mal auf die Zukunft vorbereiten.

Wo kann im Zweifel, wenn ein Stecker gezogen wird,

bei uns sehr viel Zeit?

Das heißt Zeitenwende und das betrifft auch unser Verhältnis zu China.

Das fand ich eigentlich durch über alle Parteien hinaus sehr überzeugend.

Da waren wir zu kurzsichtig und das muss sich jetzt ändern.

Ich finde, man muss bei China sehen,

dass China's Entwicklung ist rasant

und China wird unheimlich stark werden.

Aber China hält uns ja in vielen Sachen auch den Spiegel vor.

Wenn ein Land sich so stark entwickelt,

jetzt mal unheimlich von Menschen rechnen

und sich wirtschaftlich so stark entwickelt,

dann ist das ja auch eine Herausforderung an uns,

dass wir da mithalten wollen.

Es hilft ja nicht, dass wir uns nur beklagen und sagen,

oh, die Chinesen und das und das und das.

Nein, das ist ein Wettbewerb jetzt.

Und da muss Europa auch alles rausholen aus sich

und auch alte Strukturen abschütteln

und sich auch erneuern, um da mithalten zu können.

Das ist auch ein Wegruf.

Der Aufstiegs-China ist ein Wegruf an uns zu sagen,

wir können dagegenhalten.

Und das kostet aber natürlich Kraft und Energie.

Können wir gegenhalten?

Ich glaube ja, weil wir sind frei, wir sind kreativ.

Wir sind auch ehrlich zu uns.

China führt keine ehrlichen Debatten.

Das Land selber, die chinesische Führung,

ist untereinander wahnsinnig misstrauisch.

Ich finde, da haben wir so viele Vorteile,

weil wir reflektieren können,

wir können kritisch miteinander umgehen,

können aus Fehlern lernen.

Wir können diesen Fehlern auch so lernen,

dass dann was wirklich Neues daraus entsteht

und was ein stärkeres Europa daraus entsteht.

Mario, danke für diesen teilweise düsteren,

aber am Ende doch

ganz hoffnungsfrohen Einblick

in das doch sehr komplexe Wirtschaftsgeflecht mit China.

Danke dir.

Vielen Dank.

Das war 11km der Tagesshow-Podcast

heute mit Mario Schmidt.

Den Link zu seiner Story im ersten

findet ihr wie immer in den Show-Nodes

und uns findet ihr natürlich

die ARD-Audiothek

und überall dort, wo es Podcasts gibt.

Wir freuen uns, wenn ihr uns da Sterne dalasst.

Folgenautor ist Stefan Beutting

mitgearbeitet hat Hans-Christoph Böhringer,

Produktion Fabian Zweck,

Georg Schoskel, Gerhard Wichow,

Simon Schuling, Jürgen Kopp

und Eva Erhardt, Redaktionsleitung

Lena Gürtler und Fumiko Lipp.

11km ist eine Produktion von BR24

und NDR Info.

Mein Name ist Hans Kunz

und bis zum nächsten Mal.

Machine-generated transcript that may contain inaccuracies.

Der Volkskongress in Peking bestätigt in diesen Tagen wieder, was die chinesische Regierung will: mehr Waffen, mehr Wachstum, eine längere Amtszeit für den autoritären Präsidenten Xi Jinping, und: Taiwan. Aber was kann Deutschland diesem Kurs entgegensetzen? In vielen Bereichen ist die Abhängigkeit von China riesig, besonders bei Wind- und Solarenergie und das könnte die deutsche Energiewende gefährden. Der langjährige Asien-Korrespondent Mario Schmidt begibt sich bei 11KM auf eine Deutschlandreise zu Hersteller:innen, Händler:innen, Verbraucher:innen und zu den Politiker:innen, die einen neuen Umgang mit dem wichtigen Handelspartner suchen müssen. Welchen Preis ist Deutschland bereit zu zahlen, um nicht erpressbar zu sein?



Den Film zu der Recherche von Mario Schmidt und Philipp Abresch gibt es in der ARD Mediathek:



https://www.daserste.de/information/reportage-dokumentation/dokus/sendung/die-china-falle-wie-erpressbar-sind-wir-100.html



An dieser Folge waren beteiligt:

Autor: Stephan Beuting

Mitarbeit: Hans Christoph Böhringer

Produktion: Jonas Teichmann, Georg Czoske, Gerhard Wicho, Fabian Zweck

Redaktionsleitung: Fumiko Lipp und Lena Gürtler

Host: Hannes Kunz



11KM: der tagesschau-Podcast wird produziert von BR24 und NDRInfo. Die redaktionelle Verantwortung dieser Folge liegt beim NDR.