Verbrechen: Ein Opfer für die Göttin

ZEIT ONLINE ZEIT ONLINE 7/4/23 - Episode Page - 58m - PDF Transcript

Liebe Zuhörerinnen, liebe Zuhörer, liebe Sabine, wir waren mal wieder live auf der Bühne

und zwar beim Zeit-Podcast Festival in Berlin.

Ja, und wir waren dort mit Ursula Merz und werden jetzt gleich die Folge, die damals

aufgenommen worden ist, aus Strahlen in unserem Live-Marathon, der hier seit drei Wochen

abgespielt wird in unserem Podcast.

Ja, aber ich habe gelernt, auch in diesem Podcast, Recht ist ja quasi so was wie ein

liebendes Wesen, es kann sich was verändern und bei einer alten Folge, einer älteren

Folge hat sich etwas verändert und zwar ist, glaube ich, ein Urteil des Aufgehobens.

Aufgehoben worden vom Bundesgerichtshof.

Ja, es geht um das Urteil gegen die Richterin und ihr Kartenhaus, man kann das noch mal

nachhören, die Richterin K, Frau K, wurde ja wegen Prokrastination, also wegen Verschleppung

ihrer Fälle, wegen Rechtsbeugung unter anderem, das war der schwerste Vorwurf oder Verwahrungsbruch

verurteilt vom Landgericht Hagen.

Sie hat damals wegen Urkundenfälschung, Verwahrungsbruch und wegen Rechtsbeugung drei Jahre und zehn

Monate Gesamtfreiheitsstrafe bekommen und das hat der Bundesgerichtshof aufgehoben.

Dieses Urteil auf Revision der Angeklagten oder der Verurteilten hin und hat es zurück

verwiesen an das Landgericht Hagen mit der Begründung, dass manche der Taten zu schwer

beurteilt worden sind.

Ich müsste jetzt da ins Detail gehen, warum eine Begehung durch Unterlassen bei der Rechtsbeugung

anders bewertet wird, als wenn man selber eben tätig wird, um eine Rechtsbeugung zu

begehen.

Aber da in diesem juristischen Feindeflecht befindet sich die Begründung.

Kurz gefasst, nichts tun ist weniger schlimm als falsches zu tun.

Ja genau, als das Böse absichtlich herbeizuführen, da ist ein anderer Strafrahmen und deswegen

hat der Bundesgerichtshof gesagt, dieses hätte das Landgericht Hagen verkannt und deswegen

sei die Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten wegen der falsch eingeschätzten

Einzelfälle auch insgesamt zu hoch.

Und deswegen wurde es zurück verwiesen mit dem Hinweis, dass es anders zu bewerten sei,

klammer auf milder zu bewerten sei.

Jetzt wird natürlich eine neue Hauptverhandlung anberaumt, die dürfte relativ kurz ausfallen,

weil es nur noch um die Bewertung geht, also nur noch um die Strafzumessung, nicht mehr

um die Tatsachen.

Die Tatsachen sind ja alle ermittelt worden und zwar zu Recht ermittelt worden und dann

wird es darauf ankommen, wie Frau K. verteidigt wird.

Es gibt ja dann eine überlange Verfahrensdauer, wahrscheinlich wird erst 2024 die nächste

Hauptverhandlung an der Raumzeit, das lastet natürlich alles auf ihr, dann wird man sie

fragen, wie ihre Biografie sich verändert hat, sie hat ja eine alte Mutter, deren Gesundheitszustand

wird eine Rolle spielen und es wird natürlich der Verteidiger oder die Verteidigerin die

größtmögliche Anstrengung unternehmen, um eine Bewährungsstrafe für die Richterin

rauszuholen.

Und ehrlich gestanden finde ich das auch in Ordnung, denn allein die Strafe, die sie ja

bekommen wird in jedem Fall verbrechen, ist ja existenzvernichtend für sie, sie kann ja

keine Richterin mehr sein, sie kann auch keine Staatsanwältin mehr sein, sie kann nicht einmal

mehr eine Rechtsanwältin sein, sie ist von großer Höhe abgestürzt und muss sich jetzt

völlig neu orientieren in ihrem Leben.

Manchmal ist das Leben dann Strafe genug.

Ja.

Jetzt aber, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, schalten wir in den Berliner Westhafen.

Vielmehr, wir holen diese schöne Konserve aus der Schublade.

Liebe Zuschauerinnen, liebe Zuschauer, liebe Gäste hier in Berlin, großartig seht ihr

aus.

Wir freuen uns so sehr, dass ihr da seid.

Liebe Zuhörerinnen, liebe Zuhörer, schade, dass ihr das nicht sehen könnt.

Ich kann euch sagen, das ist ein umwerfender Anblick, den wir hier vor uns haben.

Und wenn ihr nachhört, könnt ihr aber vielleicht etwas von der Atmosphäre dieses Raumes mitbekommen.

Herzlich willkommen zu einer ganz besonderen Folge unseres Podcasts, Zeit Verbrechen.

Sabine, heute Morgen in Hamburg bin ich am Tatort vorbeigefahren.

Ja.

Aha.

Ich dachte, ich guck mal, ob er noch steht.

Ich nicht.

Ich bin nicht am Tatort vorbeigefahren, konnte ich nicht.

Erst mal herzlichen Glückwunsch, können wir uns sagen, wir sind fünf Jahre alt geworden.

Stimmt.

Wir sind jetzt fünf Jahre lang im Podcastwiesen, der Andreas und ich.

Und die große Podcast-Geburtstagsfeier gibt es allerdings erst am dritten Juni in der

Lange nach der Zeit.

Aber wir können ja schon ein bisschen, ein ganz kleines bisschen vorfeiern.

Vorfeiern.

Machen wir gerne mit euch.

Wir kriegen nach fünf Jahren jetzt häufiger besorgte Fagen, gehen euch irgendwann die

Fälle aus.

Sabine, gehen uns irgendwann die Fälle aus?

Uns gehen eher die Jahre aus als die Fälle.

Also das Publikum, das hier noch sehr jung ist, die werden uns noch länger hören und

vielleicht auch nicht mehr unbedingt in dieser Besetzung.

Aber die Fälle gehen uns ganz sicher nicht aus.

Dann reden wir jetzt über die Ereignisse des 30.

April 1993.

Das heißt eigentlich, Ursula, müssen wir am 27.

April 1993 anfangen.

Da macht sich nämlich ein Mann auf den Weg nach Hamburg.

Ja, ein kleiner Mann, ein sehr unauffälliger Mann, ein Mann, der durch seine Unauffälligkeit

besonders auffällt.

Es gibt ja im Volksbund den Begriff von der grauen Maus.

Ja.

Aber im Zusammenhang mit diesem Mann wurde er oft verwendet.

Ein Mann mit abgeschärbten Hosen, mit einer merkwürdigen Frisur.

Er hat eine Halbklatze, über die er aus altbuddische Weise die Haare kämmt und mit

Pumade festklebt.

Also drei Strähnen vorne.

Sie strehnet fest, dass er es 35 Jahre alt ist.

Es hat also Andreas aufgegeben, diese Art der Kascherung.

Ich habe den konsequenzen Schnitt gemacht.

Das Wichtigste, was es aber über diesen Mann an diesem Tag zu sagen gibt, ist, er macht

etwas, was er in seinem ganzen Leben noch nie gemacht hat.

Er unternimmt eine Zugfahrt.

Denn bis dahin hat sich das Leben dieses Mannes nahezu ereignislos abgespielt.

Er lebt in Görsbach, einem Dorf in Thüringen.

Seit seinem zehnten Lebensjahr lebt er mit seiner Tante ziemlich sympathisch zusammen.

Nun aber fühlt er den dringenden Wunsch, wenn nicht sozusagen die Passion, nach Hamburg zu fahren.

Er fährt am 27. nach Hamburg, was für ihn eine Herausforderung ist, den man sich kaum vorstellen kann.

Er wird sich wohl ein Pensionszimmer genommen haben, genau weiß man es nicht.

Er hat einen Rucksack dabei.

In diesem Rucksack befindet sich ein Schlafanzug, den braucht man, wenn man eine Reise unternimmt,

eine große Dauerwurst, weil er nicht weiß, wie man sich in der Fremde verköstigt.

Und er hat auch noch nie eine Zugfahrt unternommen.

Er hat auch noch nie etwas anderes gegessen als das, was seine Tante kocht.

Nur bei ihr am Küchentisch schmeckt es ihm.

Aber nun in Hamburg muss er sich verköstigen, hat die Dauerwurst dabei und darauf kommt es nun an.

Er hat ein Messer dabei, und zwar ein sogenanntes Ausbeinmesser.

Das ist ein, wie es Köche verwenden, um Fleisch vom Knochen zu lösen.

Es ist ziemlich lang, hat eine schmale, spitzzulaufende Klinge.

Das Messer hat er in seinem Rucksack.

Am nächsten Tag fragt er sich durch zum Rotenbaum Tennisstadion.

Da bist du heute morgen vorbeigekommen.

Zum einen will er sich eine Eintrittskarte kaufen für zwei Tage später.

Da nehme ich für den Sittessen-Cup im damen Tennis gespielt, am 30. April.

Zum anderen will er sich aber umschauen.

Er hat einen Tatplan, eine fixe Idee.

Er will die Tennis-Spielerin amtierende Weltrang-Listen 1.

Monika Sellesch körperlich so schädigen, dass sie für einige Zeit nicht spielen kann.

Das ist die Idee.

Er sieht ihr sogar aus der Entfernung beim Training zu.

Das hat man hinterher, das hat er selber erzählt.

Aber er weiß nicht, wie er an sie rankommt und beschließt dann

der 30. April ist vielleicht doch der bessere Tag.

Vielleicht überlegt er auch, es muss ja gar nichts sein.

Es kommt darauf an, wie Monika Sellesch spielt.

Dann kann ich vielleicht verzichten und ganz schnell wieder nach Geausbach nach Hause fahren.

Aber es kommt anders.

Er hat ja auch gar nichts gegen Monika Sellesch.

Normalerweise hat ja jemand, der ein Messer in der Tasche hat,

etwas gegen den, gegen den er das Messer richtet.

Aber persönlich hat er gegen die Frau nicht das Geringste.

Persönlich? Was hat er denn für eine Absicht?

Das kann man nicht sagen, dass er nicht gesagt hat, er ist schon

auf eine wahnhafte Weise gegen sie geladen.

Er ist nicht gegen sie persönlich, sondern gegen ihre Position.

Ja, aber er findet sie schon, abgeleitet jetzt auch ganz schrecklich.

Weil sie etwas Furchtbares getan hat in seiner Welt.

Sie hat zwei Jahre zuvor, nämlich 1991,

seine Göttin, seinen Ausnahmemenschen,

die Person, für die er alles tut, für die er lebt, für die er alles Geld ausgibt.

Steffi Graf, von ersten Platz der Weltrangliste, abgelöst.

Er hat Steffi Graf 1985 zum allerersten Mal im Fernsehen gesehen,

im Westfernsehen, im Sportstudio.

Und er wusste sofort, es gibt keinen zweiten solchen Menschen

auf dieser Welt wie Steffi Graf, die war damals 16 Jahre alt.

Tatsächlich 1986 machte sie den ganz großen Durchbruch an die Weltspitze.

Er hat sie gesehen, wusste, das ist seine Passion.

Dieser Steffi Graf wurde für ihn erschaffen.

Sie ist überirdisch in jeder Hinsicht als Sportlerin, als Frau, als Mensch.

Und ab dann, in diesen ganzen Jahren ist er Steffi Graf so verfallen,

wie man vielleicht wirklich nur religiös verfallen kann.

Er hat ihr immer Briefe geschrieben, beziehungsweise an ihr Management,

die er immer nur unterschrieben hat mit einem Fan aus Thüringen,

nach der Wende, ein Fan aus den neuen Bundesländern.

Er hat alles gesammelt von Steffi Graf.

Er hat sich in Unkosten gestürzt und für 10.000 Ostpark,

der seit 1988 einen Videorekorder aus dem Westen gekauft.

Hätte der Mann ein Jahr gewartet?

Ja, ein Jahr gewartet.

Man hätte ihm den Rekorder nachgeschmissen.

Ich glaube, das Finanzielle ist jetzt hier nicht so wichtig heute.

Wissenschaftsredaktion, oder?

Aber es ist doch interessant, Ursula, dass es ein Mann aus dem Osten ist.

Es ist ein Fan hinter der Mauer.

In vieler Hinsicht.

Ist das nicht ungewöhnlich?

Nicht unbedingt.

Er ist ja schon nicht regime treu.

Er hat offenbar West-Fernsehen geguckt.

Dazu müsste man jetzt zu sein, ich nenne es mal Wangebilde,

noch mehr sagen.

Weil ich gebe mir das ein bisschen auf.

Aber Kalter Krieg, Osten-Westen, Helldunkel, Russland, Amerika

spielt schon eine große Rolle.

Eines aber ist tatsächlich wichtig.

Er gehört nicht zu den obsessiven Fans oder den Stalkern,

die ihrem Idol da kommen wollen.

Also, die sich irgendwie so durchbeißen,

bis sie irgendwann mal einen Handschlag bekommen.

Oder ein Autogramm oder sowas.

Er sagte in einem Verhör oder im Prozess,

wurde er natürlich gefragt,

ja, wollten Sie den Stafigraf nicht mal sehen?

Oder irgendwie, der sagte nicht mehr, gestorben vor Angst.

Das wollte er gar nicht.

Das heißt, das Religiöse ist auch,

dass er die Distanz zum göttlichen Wesen brauchte

für diese vollkommene Bewunderung.

Er sagt über Stafigraf,

sie hat Augen wie Diamanten und Haare wie Seide.

Aber vielleicht für die Jüngeren hier im Saal fassen wir mal einmal

blitzartig sozusagen die Karriere von Stafigraf zusammen.

Ihr Vater Peter Graf hat eine Tennis-Lehrer-Lizenz,

eine Tennis-Trainer-Lizenz

und entdeckt an seiner jungen, dreijährigen Tochter,

dass sie eine ordentliche Vorhand hat.

Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung von Tennis,

ich habe mir das angelesen.

Ich habe das Karriere um fast 900 Siege und 115 Niederlagen.

Das ist eine enorme, kaum erreichte Siegesquote.

Es ist, glaube ich, nur noch von zwei Spielerinnen weltweit übertroffen worden.

Sie steht 377 Wochen an der Spitze der Weltrangliste.

Sie wird Profi mit 13.

Da spielt sie ihr erstes Profiturnier.

Und als sie das allererste Mal auf Monika Sellisch trifft,

ist sie 66 Spiele lang ungeschlagen.

Denn Ursula, man muss sagen, die Katastrophe beginnt schon vorher

mit einem Spiel in Berlin.

Mit einem Spiel in Berlin?

Also die Katastrophe für unseren Mann Günter Parich.

Ich weiß gar nicht, ob wir den Namen schon genannt haben.

Er heißt Günter Parich.

Da beginnt die Katastrophe in Berlin,

nämlich Stafigraf,

wird besiegt in Berlin von Monika Sellisch.

Was für Günter Parich in seinem Bewusstsein ganz schlimm war,

in Anwesenheit des deutschen Bundespräsidenten.

Das war damals Weizsäcker.

Da sieht man, das war schrecklich.

Es schaut auch noch nicht nur, ich, Günter Parich,

muss das erleben, die Welt,

sondern der Bundespräsident sieht, was mit Stafigraf passiert.

Das kann auch gar nicht sein.

Es kommt natürlich noch schlimmer.

Ein Jahr später, 1991,

vertreibt diese Monika Sellisch,

Stafigraf vom ersten Platz

der Weltrangliste des Damen Tennis.

Ab da ist Günter Parich,

also er singt ins Bodenlose.

Er denkt über Suizid nach, im Jahr 1991.

Dann aber denkt er im Laufe des Jahres 1991

und 1992 über etwas anderes nach.

Wie er dieses, was nicht sein darf, stoppen kann.

Was kann er tun, um Stafigraf auf den Thron zurückzubekommen,

wo eine Königin nun einmal hingehört?

Und so kommt er auf die Idee mit der Zugreise nach Hamburg

und der Dauerwurst und dem Messer.

Und was geschah jetzt genau vor 30 Jahren?

Jetzt ist der 30. April vor 30 Jahren.

Ein warmer Tag.

Auf Fotos sieht man noch wärmer als heute, glaube ich.

Auf Fotos sieht man, dass die Männer kurze Händen anhaben,

die Frauen Kleider.

Der Citizen Cup wird gespielt.

Wir sind im Viertelfidale.

Es ist 18.15 Uhr.

Monika Sellisch spielt gegen die Bulgarin Magdalena Maleva

und liegt ganz klar vorne.

Es sind zwei Sätze gespielt.

6 zu 4, 4 zu 3.

Es ist vermutlich zum letzten Mal ein Seitenwechsel,

eine kurze Pause.

Monika Sellisch setzt sich an die Längsseite des Senterkorps

auf ein Stuhl, trocknet sich ab,

hat Handtuch um die Schultern gelegt.

Sie hat einen Bodyguard.

Man muss dazu sagen,

vielleicht jetzt schon, es wird noch sehr wichtig,

Monika Sellisch ist im Novizat geboren,

im heutigen Serbien.

Aber sie hat die amerikanische Staatsbürgerschaft,

weil sie schon mit 12 Jahren nach Florida gegangen ist,

an eine Tennis-Akademie.

Sie ist also Amerikanerin.

Sie hat einen Bodyguard dabei.

Der ist aber irgendwie abgelenkt,

weil die Zuschauer die Autogramme haben wollen, vertreibt.

Sie sitzt mehr oder weniger ungeschützt alleine.

Der steht auch nicht direkt hinter ihr.

Der sitzt in der Reihe dahinter so leicht schräg versetzt.

Manfred Gropel heißt der Mann.

Der ist so quasi in den ersten Rhein der Zuschauer.

Günter Peiche sitzt, ich glaube, in der 8. oder 9. Reihe.

In dieser aufsteigenden Tribüne.

Er hat seinen Rucksack auf den Knien

und hat schon die ganze Zeit während des Spiels

die Hand, den Arm in dem Rucksack.

Er weiß wirklich viel von Tennis und ihm ist klar,

wenn es so weitergeht, wird Monika Sellisch gewinnen.

Und sie kommt in das Finale gegen Steffi Graf.

Und das muss jetzt in diesem Moment verhindert werden.

Er nimmt dieses Ausbeinmesser und schiebt es sich hier so unter den Arm,

geht runter aus der 9. Reihe, stellt sich hinter Monika Sellisch.

Er ist eine 90 Zentimeter hohe Absperrung, über die er sich beugt.

Er nimmt dieses Messer, geht alles, ich glaube, sehr schnell,

schneller, als ich jetzt spreche,

und sticht hier in den Rücken zwischen die Schulterblätter.

Ganz wichtig, in diesem Moment, wo er das macht,

beugt sich Monika Sellisch nach vorne, um eine Trinkflasche zu nehmen

und nochmal irgendwie zu trinken,

sodass der Stich 2 Zentimeter tief nur ist

und weder die Wirbelsäule berührt,

noch eine Blutbahn und noch ein Organ.

Also die 2 Zentimeter...

Tiefe Fleischwunde.

Die haben das nicht betrachtet, im Grunde wirklich nicht harmlos,

aber nicht dramatische Fleischwunde.

Ist auch alles aufgezeichnet worden.

Es wurde ja quasi übertragen.

Und wir haben es alle im Fernsehen gesehen.

Die Zuschauer waren noch nicht geboren, aber wir haben es gesehen.

Und man kann es auch immer noch angucken,

wenn man es aufruft auf YouTube.

Es geht so schnell, dass ganz viele Zuschauer

erst mal gar nicht mitbekommen, was da passiert.

Der Reporter des Spiels ist gerade abgelenkt,

kommentiert jetzt also auch nicht gerade schnell,

der diskutiert mit seinen Kollegen, gerade wie der Spielverlauf so ist.

Hinter Monika Sellisch sitzt Winfried Röhl,

ein Zuschauer, der eine ganz normale Karte gekauft hat.

Der ist der Erste, der versteht, was passiert

und jetzt zugreift und Monika sie schützt.

Und von der gegenüberliegenden Seite kommt die Turniermanagerin Rübergerand.

Und jetzt erst wird den Zuschauern auch im Stadion klar,

da ist was ganz Schlimmes passiert tatsächlich.

Monika Sellisch kommt ins UKE, ins Universitätsklinikum Eppendorf.

Die Ärzte stellen relativ rasch fest,

diese Verletzung ist physisch relativ harmlos.

Und sie sagt selbst, als sie aus der Untersuchung

und aus der Computertomografie kommt, sagt sie,

I'm okay, so kommt sie da raus.

Und ihr Arzt sagt auch zu ihr, bis Wimble dann sind sie fit.

Wimble dann ist im Sommer, also zwei, drei Monate später bis dahin,

sind sie fit, sie wird bei Leibi nicht so fit, sie wird nie wieder fit sein.

Das können wir noch erwähnen.

Man kann vielleicht auch erwähnen,

dass die Ärzte sich vor die Kameras gestellt haben

und gesagt haben, der Monika Sellisch fehlt nichts

und die haben dann alle Redeverbot bekommen.

Alle Ärzte wurden dann mit einem Bannfluch belegt,

des Managements von Monika Sellisch,

wenn hier einer noch ein Pieps macht, dann gibt es ein Prozess.

Das wusste ich gar nicht.

Ich ahne, dahinter stecken amerikanische Rechtsanwälte die...

Das sagen die dann auch, das ist so.

Das sagen, weil die armadeamerikanische Rechtsanwälte uns bereits im Nacken sitzt.

Es passiert etwas ganz anderes, etwas ganz Unerwartetes, glaube ich.

Denn tatsächlich wird Monika Sellisch nach diesem Attentat zwei Jahre nicht spielen.

Warum nicht?

Sie ist traumatisiert.

Sie hat wahnsinnig Angst, überhaupt einen Stadion zu betreten.

Wenn ich mich überhaupt reinversetzen kann,

dieses, dass von hinten jemand kommt und sticht.

Das ist, glaube ich, noch mal was anderes,

als wenn du siehst, dass da was geschieht.

Sie ist wirklich ungeheuer verängstigt.

Sie ist ohnehin eine sehr expressive, sehr schnell aufgeregte Person.

Wir haben ja noch nicht darüber gesprochen,

wie sie als Tennis-Spielerin war.

Im Gegensatz auch zu Steffi Graf.

Sie ist übereregt.

Sie kann diesen Moment nicht verarbeiten.

Er ist sogar Monate später in ihrer Erinnerung.

Wird er immer, immer schlimmer.

Dazu kommt sie, fängt an, ziemlich viel zu essen.

Sie nimmt innerhalb von einem Jahr, glaube ich, viele 20 Kilo oder so zu.

Also auch als Spielerin wird es, also rein sportlich wird es schwerer.

Sie tritt zwei Jahre später zum ersten Mal wieder in Kanada bei einem Gross Slam an.

Aber sie findet nie wieder zurück in ihre alte Position.

Sie ist eigentlich erledigt.

Es gibt ein Buch von ihr,

in dem sie über alles, wie ich finde, sehr gut erzählt,

auch nicht mehr anklagend, nicht mehr allzu anklagend.

Ein Detail am Tag später, nämlich am 1. Mai, also morgens sozusagen,

besucht sie Steffi Graf im Krankenhaus, im Eppendorf.

Steffi Graf weiß natürlich jetzt, um was es da geht,

dass es, dass sie gerettet wurde.

Aber Steffi Graf sagt, sorry, ich habe wenig Zeit.

Ich muss zurück, das Finale spielen.

Und Monika Selles denkt, welches Finale ist das Spiel weitergegangen?

Ist das Turnier weitergegangen?

Ist das Turnier sofort weitergegangen?

Man hat gedacht, das ist ein 2 cm Muskelwunde.

Das wird schon nicht so schlimm sein.

Die Wahrnehmung ist dann, wenn man betroffen ist, eine andere.

Und es ist auch interessant, dass die Wahrnehmung von außen eben war.

Na gut, es ist letztlich nicht viel passiert.

Aber derjenige, der betroffen ist,

erlebt das als einen Angriff auf seine komplette Person.

Und ich denke mir dann oft, bei solchen Sachen,

wenn Flüchtlinge kommen zu uns aus Kriegsgebieten,

dann sagen wir, warum passen die sich hier nicht an?

Warum stellen die sich hier so an?

Und jetzt haben sie auch noch psychische Störungen und so weiter.

Und diese Frau hat einen Trauma erlebt,

dass eigentlich keine lebensgefährlichen Folgen für sie hatte.

Und trotzdem ist sie in ihrem ganzen Leben nie darüber hinweggekommen.

Und zu uns kommen Leute, die unter Umständen in Gefängnissen waren,

in Syrien oder sonst wo.

Und wir erwarten von denen letztlich,

dass sie sich hier jetzt einfügen und brav sind.

Und da habe ich mir noch mal gedacht,

da habe ich mir noch mal gedacht,

es ist eine vollkommene Verkennung der Situation,

wenn jemand in einem Gewalttat ausgesetzt war.

Was das für Folgen hat für die Leute?

Ich habe aus diesem Buch, aus ihrer Autobiografie,

die auf Deutsch unter dem Titel immer wieder aufstehen erschienen.

Es ist eine kurze Passage mitgebracht.

Das habe ich ganz gut schildert.

Ich wurde niedergestochen auf dem Platz vor 10.000 Zuschauern.

Was ich keiner zu Fragen getraut, aber alle wissen wollen,

ist, ob es wehgetan hat.

Ja, es hat sehr wehgetan.

Es war ein schlimmerer Schmerz,

als ich ihn je hätte vorstellen können.

Sobald ich begriffen hatte, was gerade geschehen war,

verfiel ich in einen Schockzustand.

Eine erstaunliche Schutzreaktion,

derer sich der Körper bedient,

damit einem die Schwere des Geschehens nicht bewusst wird.

Mit dem körperlichen Schmerz und der selischen Verwirrung

könnte man nicht gleichzeitig fertig werden.

Während ich im Krankenwagen die Hand meines Bruders umklammerte,

bewahrte mich der Schock vor der Erkenntnis,

dass meine Welt gerade in Stücke brach.

Dem musste ich mich erst später stellen.

Das zeigt, ob ich ganz mit ihren eigenen Worten sehr deutlich,

dass hier tatsächlich etwas zerbricht.

Und es zeigt auch, es gibt ein Comeback,

zwei Jahre später,

aber sie wird nie wieder so erfolgreich spielen,

nie wieder so entschlossen spielen.

Und man muss sich diese Szene auf dem Tennisplatz vorstellen.

Für Pasche ist das, glaube ich,

das total gegensätzliche Welten,

dieser Steffi Graf-disziplinierte Spielerin,

Rechtshänderin mit dieser kräftigen Vorhand.

Monika Sellisch ist Linkshänderin,

schlägt beidhändig, immer begleitet von einem lauten Stöhnenlaut.

Also einem aufstöhnen.

Und so laut, dass manche ihrer Gegenspielerinnen

in den Turnieren sich beschweren und sagen,

das musst du lassen.

Es sind zwei Welten, die hier aufeinanderprallen.

Aber Ursula, es sind für Pasche auch noch in anderer Art und Weise zwei Welten.

Denn für ihn ist Steffi Graf nicht nur diese strahlende Frau,

sondern quasi der strahlende Westen.

Ja, ich sage mal, was ich an ihm damit beschäftigt habe,

so faszinierend finde, dass man so ein Einblick,

ein bisschen Einblick bekommt, wie eine Warnwelt eigentlich funktioniert.

Nämlich, dass eine persönliche Obsession sich ernährt von allem drum herum,

eigentlich von der gesamten Zeitgeschichte, von allem, was geschieht.

Also er vergöttert Steffi Graf für ihn das Inbild des hellen Westens

und das Inbild des hellen Westens wiederum ist Amerika.

Die Gegenwelt dazu ist das dunkle Russland.

Alles Russische, alles Östliche ist für ihn tödlich, bedrohlich und schwarz.

Und dazu rechnet er auch Serbien.

Auch Serbien, also Osteuropa, alles.

Also die Pointe ist, dass Monika Sellisch amerikanischer Staatsbürgerin ist,

aber das ist ja egal, sie ist in seinen Augen eine Serbin.

Und dazu gehört zum Beispiel auch dieses Drama, das er erlebt,

als Monika Sellisch, Steffi Graf 1991 von der Spitze der Wetterangiste vertreibt,

bricht im Juni 1991 der Krieg in Ex-Jugoslawien aus.

Verpariche folgt das analogik.

Der dunkle Osten, der dunkle, aggressive, böse Osten ist wieder da.

Und das helle Prinzip sozusagen ist in Gefahr und ich muss eingreifen.

Er fühlt sich auch getragen von einer Stimmung, also von einer gewissen Richtigkeit.

Also er glaubt, er handelt auch im Sinne des Westens.

Jetzt will ich eines aber dazu sagen, so verrückt das Klingenmark,

es gibt darin durchaus realistische Anteile.

Nämlich erst vor zwei Jahren hat der Schiedsrichter des Tennis-Spiels, von dem wir sprechen,

in einem Interview gesagt, liebe Leute, niemals wurde über etwas gesprochen.

Nämlich über die stark spürbare Anti-Sellis-Stimmung im Stadium in Rotendau bei diesem Spiel.

Also Monika Sellesch hatte sich ja auch einen sehr, etwas unguten Ruf erworben.

Also es gab...

Durch die Stürzung der...

Nein, nicht durch Steffi Graf, sondern durch ihr Verhalten.

Durch dieses Stöhnen.

Sie wurde zum Beispiel in der Englischen Boulevardpresse die Gründzerin genannt.

Weil sie es so stürte, das ist aber für eine 17-, 18-jährige Spielerin vielleicht unwitzig.

Sie wurde unter die zehn schlecht angezogensten Frauen gewählt.

Da reden wir jetzt auch von einer 17-Jährigen.

Wenn sie anfing zu donnern, also sie spielte wirklich Donnern des Tennis,

beiden Händen, dann stöhnte auch das Publikums U-Auf und sehnte sich zurück.

Also ja, natürlich sie gewinnt mit diesem Power-Tennis der Frauen, das sie erfunden hat.

Aber dieser Schiedsrichter sagte, es gab eine wirkliche antisellesch Stimmung im Stadion,

die unseren Günther Parche mehr oder weniger vielleicht einfach auch getragen hat.

Also er hatte in dem Moment, also er mit seinem Messer Aufstand

und in seinem Wahn durchaus das Gefühl, ich muss das machen.

Alles sind dafür.

Alles sind gegen Sellesch.

Man hört, man spürt es doch.

Und der Schiedsrichter sagte, ja, da war was zu spüren.

Ursula, du warst dann zwar nicht in der Parche, wurde ja dann vor Gericht gestellten.

Ein halbes Jahr später.

Und er wurde vor das Amtsgericht gestellt, also er wurde nicht vor das Landgericht gestellt.

Das heißt, die Staatsanwaltschaft hat schon gefährliche Körperverletzung angeklagt,

aber kein Mordversuch, also keinen versuchten Totschlag.

Das heißt, die Staatsanwaltschaft hat schon vor dem Amtsgericht angeklagt.

Das heißt, die Strafe kann vier Jahre nicht überschreiten,

vier Jahre Freiheitsstrafe nicht überschreiten.

Es wurde schon also dann deutlich runtergedimmt, die ganze Veranstaltung.

Ja.

Und dann, da warst du nicht dabei, aber du warst dann in der Hauptverhandlung

vor dem Landgericht als Berufungsverhandlung.

Ja, ich war zwei Jahre später.

Und davon musst du uns jetzt was erzählen.

Noch einmal ganz kurz.

Also Günter Parche saß ein halbes Jahr in Untersuchungshaft in Hamburg,

der einzige und einzige größere Ausflug seines Lebens.

In dem ersten Prozess, im Oktober 1993,

wurde er zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.

Zwei Jahre sind er sozusagen das Maximum.

Das heißt, er ist als freier Mann, wieder zurückgefahren nach Görsbach.

Das hat eigentlich erst den unglaublichen internationalen Rümmel erzeugt,

weil alle davon ausgingen, vor allem die amerikanischen Versicherungen

von Monika Sellisch und ihre Anwälte.

Wenn die Weltrangliste eine erste verletzt wird,

dann kommt der Täter lebenslang nicht mehr raus.

Davon ging übrigens Parche selber auch aus.

Der hatte ja mit dem Leben schon abgeschlossen.

Parche ging nach DDR-Gesetzen davon aus.

Das sagte er, dass er 15 bis 20 Jahre in Haft bleibt.

Und um dafür Vorsorge zu tragen,

hat er alles, was er von Steffi Graf hatte,

in Koffer getan und vergraben, um es dann wieder auszugraben.

Die Staatsanwaltschaft ging...

Also er war das Opfer.

Er hat sich geopfert.

Ja, er hat sich dafür geopfert.

Das hat er auch mit aller logischer Konsequenz genauso gesagt.

Das war es ihm wert.

Die Staatsanwaltschaft hat Berufung eingelegt.

Die Nebenklage hat sich angeschlossen.

Es kommt 1995 zu einem zweiten Prozess.

Der Berufungsprozess nun vor dem Landgericht.

Die Vorsitzende Richterin war eine Frau Mitte 50,

an die ich mich...

Da war ich nämlich bei diesen Prozessen...

Frau Göring war das.

Der Tochter ist heute Richterin am Landgericht Hamburg.

Es scheint eine Dynastie zu sein.

Eine Dynastie?

Die Mutter auf alle Fälle habe ich als eine sehr unbeeindruckbare Frau.

Das hat die Tochter geerbt.

In Erinnerung?

Also eine echte Dynastie.

Was sich schon auch darin ausgedrückt hat,

ich erinnere mich, das ist wirklich lange her,

an den Gerichtssaal.

Das war eigentlich kein großer Saal.

Nicht besonders groß.

Da passten nicht so viele hinein, wie ich hinein wollten.

Es waren Medien aus aller Welt da.

Das war unglaublich.

Ich habe angefangen,

mich für Gerichtsprozesse zu interessieren, nicht erwartet.

Es stand ein japanisches Fernsehteam.

Es war die BBC.

Es waren Reporter aus aller Welt.

Es waren Kanadier.

Es war ein unglaublicher Medienauftrieb.

Die haben mich ein bisschen besonders amissiert,

nämlich die Versicherungsvertreter,

oder die Anwälte der Versicherungen von Monika Sellisch aus Florida.

Sie seh ich ziemlich genau vor mir.

Das waren drei ganz lange Kerle, unheimlich gut trainiert.

Florida unglaublich gebräunt.

Sie hatten tolle, dunkle Anzüge an mit Goldknöpfen.

Das weiß ich noch genau, bis zu Goldknöpfen.

War denn Frau Sellisch auch da?

Nein.

Die war weder immer noch da.

Die hat Deutschland nicht mehr betreten.

Das hat sie auch gesagt.

Sie hatten auch hier Goldknöpfe.

Und stattens sehr siegesgewiss da.

Vielleicht habe ich sie als siegesgewisser empfunden.

Aber sie lehnten im Flur an der Wand.

Vor dem Gerichtsprozesse.

Und rechneten damit, dass sie jetzt ...

Das ist der Hammer aus dem Weltalkor.

Dass sie überhaupt reinkommen in den Prozess.

Aber es kamen viele nicht rein, weil der Sali so groß war.

Und die Unbeeindruckbarkeit der Richterin zeigt es sich aus darin,

dass sie nicht sagt in der Gut.

Also wir vertagen und nehmen einen gewiesen Gerichtssaal.

Sondern rein, komm, komm rein.

Und wer nicht blieb, draußen.

Man muss natürlich sagen, um diese Versicherung zu erklären.

So ein Tennisspielerinnenkörper ist ja nicht irgendein Körper.

Der wird dann schon versichert.

Und zwar so mich teuer.

Und das heißt, die Versicherungsgesellschaften haben natürlich

ein hohes Interesse, nachzuweisen,

dass Schaden an diesem Körper auf einen Verbrechen zurückzuführen sind.

Und dass dieses Verbrechen auch angemessen verurteilt.

Und Froselisch wollte 24 Millionen vom Deutschen Tennissbund, oder?

Ja.

Sie hat sowohl den Deutschen Tennissbund verklagt,

als auch den Verein, also Rotenbaum.

Da waren es, glaube ich, 12 Millionen.

Wegen mangelnder Sicherheitsvorkehrungen.

Es wurde eigentlich alles abgeschmettert, um es mal vorwegzunehmen.

Denn auch das Ende dieses Berufungsverfahren waren, es bleibt dabei,

zwei Jahre.

Auf Bewährung.

Wegen gefährlicher Körperverletzung.

Auf Bewährung.

Und dann ging es noch mal hoch her,

wirklich auch in dem Sinn,

die Deutschen und ihr Rechtssystem sind irgendwie völlig aus der Spur.

Ja.

Liebe Hörerinnen und Hörer,

Sie möchten das Magazin zum Podcast einmal unverbindlich testen?

Dann lassen Sie sich Ihre persönliche Zeitverbrechen-Ausgabe gratis nach Hause liefern.

Jetzt bestellen unter www.zeit.de.

Ich zitiere jetzt noch einmal, Monika Sellesch im Original,

Körperverletzung.

Vor tausenden Zuschauern hat mich dieser Typ angegriffen

und gerade noch mal zustechen wollen,

als er überwältigt wurde.

Versuchter Mord wäre die angemessene Beschreibung dafür gewesen.

Das Deutsche Gericht stimmte mit mir, meinem Rechtsanwalt

und dem vom Gericht bestellten Ankläger,

darin nicht überein.

Paarche wurde ein geringeres Vergehen zur Last gelegt

und dafür bekannte er sich schuldig.

Seine Strafe, zwei Jahre auf Bewährung,

als mein Bruder mir das erzählte, war ich fassungslos.

Ich muss gestehen,

als ich mich vorbereitet habe,

auf diesen Fall war ich auch ein bisschen fassungslos.

Denn ich habe natürlich auch dieses Bild vor Augen gehabt

von diesem Mann mit diesem Messer

und dieses Auge,

mein Messer hat so eine 20 cm lange Klinge.

Sehr spitze Dünn, du hast es vorhin beschrieben.

Das heißt, wenn man damit richtig zusticht,

dann dreht es natürlich problemlos durch das Gewebe

in die Lunge ein oder kann das Herz treffen.

Es ist aber nicht.

Da muss ich jetzt mal ein bisschen Wasser

in den Begeisterung hier tun,

für lebenslang und so weiter.

Begeisterung für Mord habe ich auch nach vielen Diskussionen

mit dir noch nicht.

Wir haben ihm eine Bewährungsstrafe gegeben.

Beide Gerichte waren davon überzeugt,

dass er Monika Sellisch nicht töten wollte.

Es gab Sachverständige, er wurde psychiatrisch untersucht.

Es gab Sachverständige, was die Tat anging.

Es gab rechtsmedizinische Sachverständige.

Und das Gericht ist zweimal zur Überzeugung gekommen.

Er wollte Monika Sellisch stoppen, aber er wollte sie nicht töten.

Und er hat das offenbar beiden Gerichten klarmachen können,

dass er keine Tötungsabsicht hatte.

Und darauf kommt es an.

Und du kannst nicht jemanden einsperren für lebenslang,

weil dir das Opfer Monika Sellisch heißt,

denn genau darauf wäre es hinausgelaufen.

Naja, und er hatte ein Messer dabei.

Das habe ich jedenfalls gelesen,

das 23 cm lange Klinge.

Mess, also wirklich scharf wie eine Rasierklinge.

Er hätte sie ohne Weiteres töten können, ohne Weiteres.

Er hat es aber nicht getan.

Und deswegen hat man gesagt, okay, da war kein Tötungsvorsatz.

Auf den inneren Vorsatz kommt es aber an.

Und es de facto gab es eine 2 cm lange Fleischwunde.

Es gibt ein Reuegeständnis.

Es gibt ein umfassendes Geständnis und eine nachvollziehbare Reue.

Er hat bereits ein halbes Jahr in Einzelhaft gesessen.

Ein Urhaft gesessen.

Und er hat ein IQ von 80, also ein Intelligenzquotienten von 80.

Also er ist geistig eingeschränkt.

Und er hatte einen hochabnormen Charakter.

Das heißt, er hat eine Verminderung der Steuerungsfähigkeit gehabt.

Er hat den Paragraphen 21 bekommen.

Die ist nachgewiesen.

Ja, ein Strafrabatt durch psychische Ausnahmeerscheinungen.

Und deswegen hat man gesagt, okay, er kriegt eben noch mal Bewährung.

Weil nichts passiert ist natürlich auch.

Und weil er es auch gar nicht wollte, das was passiert.

Das müssen wir ihm glauben.

Und deswegen hat man ihn milde bestraft.

Und ich muss ja ehrlich sagen, er hat ja auch nie wieder was gemacht.

Das Urteil war richtig.

Wenn er jetzt rausgegangen wäre und hätte 5 Leute erstochen, okay.

Dann hätte man sagen können, hier hat einen großen Fehler gemacht.

Hat das aber nicht.

Das sind 2 Gerichte, ein richtiges Urteil gesprochen.

Trotzdem Sabine, ich stelle mir dem zu, liegt darin ein interessantes Thema.

Macht es einen Unterschied, ob mir Ursula Merz, der kleine Finger zerknickt wird

oder einem internationalen Stabhirnisten.

Ist es ein Unterschied oder nicht?

Im juristischen Sinne.

Oder auch im moralischen.

Strafrechtlichen Sinne nicht.

Nur im zivilrechtlichen.

Weil der Klavier-Spieler hinterher nicht mehr spielen kann.

Das ist aber eine andere Baustelle.

Dass es dann einen Unterschied gibt,

weil ob mein Finger, also ich könnte auch sehr gut weitermachen,

der Piern ist nicht.

Die Tennisspielerin auch nicht.

Es heißt, ich finde schon, dass das Rechtsdenken,

sozusagen hier irgendwie stark geprüft wird.

Das heißt, dass es hier auch irgendwie sich beweisen muss,

in dem nur das Juristische gilt und nicht das gefühlt Moralische.

Das war ja sehr oft.

Ein Historiker, Kellermann, der auch über diesen Fall,

über Attentäter schrieb,

der schreibt in dem Absatz wirklich wörtlich,

juristisch ist dieses Urteil richtig Punkt.

Moralisch ist es sicherlich ganz falsch.

So und so hätte es ausfallen müssen.

Die Welt wimmelt von solchen Urteilen.

Ist der Knackpunkt.

Aber wir machen ja keine moralischen Urteile, sondern juristische.

Und da bin ich auch sehr froh drüber, ehrlich gestanden.

Übrigens war Frau Seelisch sehr eindrucksvoll vertreten

durch einen der besten Anwälte Hamburgs,

durch Herrn Strate, der natürlich versucht hat,

das als Mordversuch und als versuchten Totschlag vor Gerichten zu bringen.

Und deswegen auch die Berufung,

weil natürlich die Staatsanwaltschaft nicht mit dem Strafmaß

und schon gar nicht Strate oder Frau Seelisch

mit dem Strafmaß zufrieden waren.

Und Herr Paareche hatte auch einen,

interessanterweise auch einen sehr prominenten Anwalt,

Ottmakuri.

Und die beiden breiten da vor Gericht aufeinander.

Und darüber hat die Hamburger Morgenpost damals berichtet,

hier Showdown der Staranwälte.

Und dem habe ich dann entnommen,

dass die beiden Freunde waren und seither dann nicht mehr.

Und hier steht,

Sie haben einen guten Namen als Anwälte und Verteidiger

und sind seit langem befreundet.

Sie sitzen Seite an Seite

im Vorstand der Strafverteidigervereinigung,

aber ein Mann hat es geschafft,

das Verhältnis zwischen Ottmakuri und Gerhard Strate zu trüben.

Günter Paareche, der Unbekannte aus Thüringen.

Doch der Täter, kaum in der Lage,

einen Hauptsatz zu bilden,

saß während des Verfahrens verschüchtert mit einer Plastiktüte

im Gericht und zog weit weniger Aufmerksamkeit auf sich

als die brillierenden Prozessgegner.

Jedes Interview mit den zahlreichen Journalisten

galt als Stimmungsmache,

als Blasebalk am Medienfeuer,

bezeichnete Kuri die Taktik der Seelesch-Anwälte,

den in ereines Interesse

am Schadensersatzverfahren von Monika Seelesch unterstellte.

Im Fall Paareche standen sich zwei erfahrene Juristen gegenüber.

Kuri als Verteidiger des geständigen Attentäters,

Strate als Vertreter des Opfers.

Und obwohl die Fronten klar und der Sachverhalt eindeutig schien

und alle Sympathien dem Tennis-Star galten,

hatte Strate den schwierigeren Part.

Das ist interessant.

Neben dem Staatsanwalt als Kläger aufzutreten,

damit habe er sich keinen Gefallen getan,

den Anwaltskreisen zu hören.

Doch auf Strate lastete der Druck.

Die Wildstar Monika Seeles wollte eine harte Strafe.

Ihren Vorwurf der Tötungsabsicht

versuchte Strate nun zu beweisen.

Doch seine Grundzeugen machten keinen glaubwürdigen Eindruck,

zumal er kurz zuvor noch mit ihnen gesprochen hatte.

Verteidiger Ottmar Kuri sagte, was wurde denn da geredet?

Der Zeuge? Nichts.

Kuri, hallo hier, Strate, Wiedersehen oder so?

Der Verdacht der Absprache schwebt über dem ganzen Verfahren

und wird es nie mehr verlassen.

Also der Einflussnahme auf die Zeugen.

Beide Augenzeugen wird scheibchenweise

durch den versierten Kuri die Glaubwürdigkeit abgeschnitten,

als er bohrt, nachfragt und zuspitzt.

Wie versteinert sitzt der ebenso erfahrene Strate dabei

und muss ohnmächtig erleben, wie sein Kollege souverän agiert,

die Zeugen eine Geisterarmee

und ein oder opportunistische Lügner nennt.

Und das Schlimmste daran, Strate würde es genauso machen,

wäre er der Verteidiger.

Das sieht man mal, dass man, wenn man auf der Nebenklagebank sitzt

und die Nebenklage durchfechten muss

für jemanden, der hier Druck macht aus Amerika,

das ist kein Spaß.

Und da hat er tatsächlich, obwohl er die große

und berühmte Monika vertreten hat,

hatte er trotzdem die Arschkarte.

Das Nachsehen, Samuel. Das Nachsehen.

Das Nachsehen.

Das Nachsehen.

Das Nachsehen.

Wer Otmar Kuri einmal erleben möchte,

dem empfehle ich eine NDR-Dokumentation,

die jetzt gerade in der Mediathek steht.

Er sagt da den Satz,

ich kann in diesem Urteil keinen Rechtsfehler erkennen.

Und ich überlege die ganze Zeit, seit ich das gesehen habe,

ob Rechtsanwälten diese Mischung

so viel Sands und Selbstüberzeugung

ihr Leben lang antrainiert wird.

Aber wie dieser Mann diesen Satz ausspricht,

das spricht schon sehr für sich, muss man sagen.

Na ja, 30 Jahre später?

Er argumentiert auch, dass das Urteil deswegen richtig ist,

weil sich Günter Pache danach nichts mehr zu Schulden kommen lässt.

Wie ist es denn mit Günter Pache weitergegangen?

Weil es absehbar ist,

dass der nie wieder etwas hat vorher nichts Böses getan.

Es gab einen einzigen Menschen, den er schädigen wollte,

das war Monika Sellisch.

Also er hatte Erfolg auf der ganzen Linie.

Aber es war klar, er wird nichts...

Moment, um noch einmal klarzumachen,

das ist mir aufgefallen,

als ich deine damalige, deinen Text dazu gelesen habe,

wie sehr diese Bewunderung

für Steffi Graf in Günter Pache

zu einem wahnsinnigen inneren Konflikt führt.

Wie können wir die Geschichte mit der Dusche erzählen?

Ja, in der Zeit vorher schon, ich glaube,

also zwei Jahre, drei Jahre nachdem er begonnen hat

für Steffi Graf, also sie anzubeten,

er hat ihr immer Briefe geschickt, die das Management bekommen hat,

also handschriftliche Briefe,

und er hat ihr immer 50 Markscheine beigelegt,

damit sie sich was Hübsches kauft.

Also in leichter Verkennung...

Ich glaube, das Steffi Graf, ich glaube,

insgesamt an Preisgeldern 82 Millionen,

aber ist egal, also 50 Mark.

Und einmal hatte er etwas Entsätzliches erfahren,

gelesen oder im Fernsehen gehört, nämlich Steffi Graf,

war in Brighton, hat sie gespielt,

und war hinterher in dem Umkleiderraum und in der Dusche,

und in der Zeit wurde ihre kleine Dusche,

und in der Zeit wurde ihre kleine Lieblingskette

mit ihrem Lieblingsanhänger gestohlen,

kam abhanden.

Und sie hat sehr um diese Kette getraut,

und Günther Parche in Thüringen hat mindestens so sehr getraut,

und hat auch da...

Man fängt an sich über jemanden ein bisschen zu,

aber es ist, es hat eine komische Seite, es ist nun mal so,

aber trotzdem, es sind auch ernste,

wenn auch vielleicht wahnhaft unterlegte Gefühle.

Also Günther Parche hat überlegt, was kann er tun,

um Steffi Graf in dieser furchtbaren Sache zu helfen,

dass sie sich, dass sie an eine neue Kette kommt,

und um auf eine Idee zu kommen, wie er hilft,

musste er sich jetzt hineinversetzen in die Duschszene,

und als er damit anfing,

wurde es ihm schon ganz schrecklich,

weil er hörte schon das Wasser und fand,

Gottes will, das darf er nicht.

Steffi Graf, Steffi Graf ist in der Dusche,

und in der Dusche hat man ja, wie man weiß, also das geht gar nicht,

also er muss zurück mit seinen Gedanken,

dann doch wieder an die Kette geht.

Das hat er eindrücklich geschildert.

Am Ende hat er dann Steffi Graf 300 Mark geschickt,

damit sie sich eine neue Kette kaut.

Er hat aber gleichzeitig der Mutter von Steffi Graf 50 Mark geschickt,

damit sie ihrer Tochter einen schönen Blumenstrauß kauft.

Er konnte das nicht, oder hätte es auch nicht gemacht,

damit sie sich doppelt freut über die neue Kette.

Und hat der Mutter auch sehr viel auch oft geschrieben.

Beide haben natürlich niemals diese Briefe in die Hände bekommen,

sondern das Management von Steffi Graf kannte,

den war schon klar, dass da ein jahrelanger Spinner schreibt.

Wir haben, sollen wir es zugeben, Sabine,

wir haben ganz wenige, ganz, ganz wenige,

aber auch manchmal Leserinnen, Leser, die Briefe schreiben,

wo wir beim Absender schon sehen, da will wieder jemand,

also in meinem Fall Einsteins Relativitätstheorie,

wiederlegen und die waren dann dann auf so einen Stapel.

Man oder Frau?

Man oder Frau?

Man, natürlich. Es sind immer nur Männer, die Einstein widerlegen wollen.

Behaupt dich mal.

Die waren dann dann auf so einen Stapel

und ich stelle mir das bei dem Management ähnlich vor.

Also es gibt ja in dieser NDR-Dokumentation einen Beitrag,

auch von dem von uns immer wieder zitierten Psychiater Ludwig Kröber,

Hans Ludwig Kröber, der auch bei uns immer wieder vorkommt im Podcast

und der sagte, ohne ihn Untersuch zu haben,

sondern als Kommentar zu dieser Art von Tätern,

sagte Kröber den wunderbaren Satz,

Perche war eine Einmannsekte

und das ist ein fantastischer Begriff Einmannsekte

mit einer Göttin und einem Totalopfer.

Hinter dem Ganzen steckt ja ein großes Thema,

ein großes Stichwort, nämlich Attentat.

Alle Schlagzeilen, also gleich im Stadion noch,

also wenige Minuten später erzählt der Sportreporter,

gab es nur ein Wort, Attentat, Attentat, Attentat.

Und wenn man jetzt die Schlagzeilen liest, 30 Jahre später,

auch an diesem Wochenende, Attentat.

Es gibt, soweit ich weiß, eine Typologie der Attentäter.

Kannst du uns Günter Pache da mal einordnen?

Ja, es gibt verschiedene Typologien,

also weil die auch nur unscharf abzugrenzen sind.

Also es gibt den religiösen Fanatiker,

Atta bei, nein, Eleven zum Beispiel,

es gibt den politischen Terroristen,

zum Beispiel, da sieht man schon die Überschneidung,

es gibt den gedungenen Killer, ganz einfach,

es gibt auch den politischen Idealisten,

es gibt jemand wie Stauffenberg,

das ist sozusagen der Ausführende einer Verschwörung,

zugleich ist er politischer Idealist.

Und es gibt eine Kategorie, das ist der geistig verwirrte

oder geistig gestörte Einzeltäter.

Und das ist der häufigste Attentäter.

Also der Typus, der am häufigsten ein Attentat,

am meisten Auftritt ein Attentat macht,

was nichts sagt, dass er die meisten Opfer hat.

Das sind natürlich die politischen Attentate oder Terror.

Dieser Typus, zum Beispiel, der Mann,

ich komme nicht genau auf den Namen,

der auf Rudi Dutschke geschossen hat,

war ein klassisches Exemplar.

Also dazu gehört die Vorgeschichte

einer obsessiven Fixierung auf das,

auch der Mann, der auf John Lennon erschossen hat,

der Mann, der auf Schäuble geschossen hat, die Frau,

die Lafontaine angegriffen hat,

die fallt alle in diese Kategorie.

Aber unsere auch?

Ja, die würde ich eher unter den religiösen Eiferern tun.

Nein, nein, nein, er hat eine religiöse,

es mag mal eine religiöse Eiferer,

heißt er wirklich aus einer religiösen Überzeugung heraus,

also aus einer islamistischen Überzeugung.

Aber er hatte jetzt keinen, er war also nicht geistig verwirrt.

Er hat natürlich gestört,

er hatte eine Persönlichkeitsstörung,

aber er hat alles geplant,

er hat jetzt nicht phaselnd in der S-Bahn umgesetzt.

Ja, aber insofern, er hatte ein Warnsystem.

Aber ist die Liebe nicht immer ein Warnsystem?

Es ist ein Pinnair.

Er ist aber steigert.

Aber man kann die Liebe schon unter Warnsystem einordnen, oder?

Zumindest beinhalten Sie gewisse Risiken, sagen wir mal so.

Also diese Art der übersteigerten Liebe ist Warnhaft.

Er gehört auf alle Fälle zu diesen Eigentätern.

Bist eigentlich mein Gefährlich.

Und was das ist, ich glaube Gerhard Mautz,

der legendäre frühere Gerichtsreporter des Spiegel,

der schrieb über den Attentäter von Rudi Dutschke,

als er ihn im Gerichtssaal zum ersten Mal gesehen hat.

Und das war auch mein Eindruck,

als ich Günter Parich zum ersten Mal gesehen habe,

wie bitte, der, der hat das,

also dieser Mann hat die gesamte Sport,

internationale Sportwelt durcheinandergebracht.

Der saß auf dem Stuhl, schaukelte so mit den Beinen,

guckte nach unten die Pomade auf den,

und da Mautz schrieb über den Attentäter,

er ist ein Wicht, ein Nichtschrieb er,

und er schrieb den wichtigen Satz,

er gehört zu denen, die niemand auf der Rechnung hat.

Und das macht die vollkommen unkakulierbar.

Man sieht es ihm nicht an.

Man kann ihn auch nicht vorher,

irgendwie politische Terroristen kann man versuchen,

vorher auszufinden.

Einen solchen Einzeltäter nicht.

Wie ging es denn mit ihm weiter?

Wie lebte er denn danach weiter?

Er fuhr zurück nach Görsbach,

zog wieder bei der Tante ein, nach dem halben Jahr U-Haft.

Er rupt die Koffer wieder aus.

Ja, er holte die Koffer wieder raus.

Er kapazierte sein Zimmer wieder.

Wie es in seinem Zimmer war, das weiß man nicht.

Günter Parche hätte sehr viel Geld verdienen können.

Es gab einen Buchvertrag mit Ghostwriter Marguerite Schreidemarkas,

hat ihn immer wieder eingeladen,

ihre Talkshow-Interviews.

Er hat nichts.

Er ist vollkommen verschwunden aus der Öffentlichkeit.

Er war angeltlich interessiert.

Man weiß, er ging nach Hause.

Er hat nicht mehr als Dreher gearbeitet.

Er war vorher Dreher bei der IFA,

ein Automobilwerkstatt,

sondern Gelegenheitsarbeiter beim Straßenbau, beim Hausbau.

Er hat allerdings 15 Jahre, ich weiß nicht genau wann,

einige Zeit später mehrere Schlaganfälle erlitten.

Und er wurde geistig wirklich vollkommen verwirrt.

Er hat die letzten 15 Jahre seines Lebens

in einem Pflegeheim gelebt, entmündigt.

Und er ist, was auch jetzt erst bekannt wurde,

im vergangenen Sommer gestorben.

Das Ende des Günter Parches ist fast so schlicht

und auch noch völlig wieder in sein Leben davor.

Wie alles davor.

Es gibt nur diesen einen Moment, über den wir heute gesprochen haben.

Liebe Ursula, ganz herzlichen Dank,

dass du diesen tiefen Einblick mitgebracht hast.

Ich danke Ihnen und Euch für das Zuhören und das Dasein.

Machine-generated transcript that may contain inaccuracies.

Günther Parche kann es nicht ertragen, dass die junge Tennisspielerin Monica Seles sein Idol Steffi Graf vom Platz 1 der Weltrangliste verdrängt hat. Er beschließt, die Aufsteigerin zu stoppen. Koste es, was es wolle …

Folge 146 ist ein Live-Mitschnitt vom Podcast-Festival am 30. April 2023 in Berlin. Sabine Rückert und Andreas Sentker reden mit der ZEIT-Autorin Ursula März über einen Mann, dessen Tat die Sportwelt und die Strafgerichte jahrelang beschäftigte.

Der Text zur Folge ("Das ist kein Spiel" von Ursula März) ist im Mai 2020 erschienen.

Die neue Ausgabe des Kriminalmagazins ZEIT Verbrechen liegt am Kiosk und ist hier online bestellbar. Sie möchten zwei Ausgaben zum Kennenlernpreis testen? Dann klicken Sie hier.