Verbrechen: Die Luftschlösser des Dr. Pomo

ZEIT ONLINE ZEIT ONLINE 6/20/23 - Episode Page - 41m - PDF Transcript

Liebe Zuhörerinnen, liebe Zuhörer und heute auch herzlich willkommen dem Live-Publikum hier in

Wien, allen ein herzliches Willkommen zu einer neuen Folge unseres Kriminal-Podcasts Zeit Verbrechen.

Mein Name ist Daniel Müller, ich bin der Chefredakteur des Magazins Zeit Verbrechen und mir

gegenüber sitzt meine Kollegin Anne Kunze, die Kriminalreporterin der Zeit. Anne, schön, dass

du da bist. Vielen Dank, ich freue mich sehr, hier zu sein, mit dir auf der Bühne heute und hier

in Wien. Anne, wir sprechen ja heute über so einen klassischen Betrugsfall. Es geht um Europa, es

geht um Millionen, vielleicht sogar Milliarden von Geld. Es geht um die Energiewende und es geht,

wie es in der Unterzeile deines Stücks, das in der Zeit erschienen ist, im Grunde genommen um

eine Komödie über Gier und Leichtgläubigkeit. Und um zu verstehen, worum es genau geht, schauen

wir uns ganz am Anfang mal ein Foto an. Es ist so ein bisschen schwammig aufgenommen, wie man sieht,

aber vielleicht kannst du uns trotzdem einmal erzählen, was da eigentlich drauf zu sehen ist

auf diesem Foto. Gerne. Das ist in der Tat ein schief aufgenommenes Handyfoto und das ist alles,

was den Betrogenen bleibt von diesem Mann, der hier ganz links im Bild zu sehen ist, der nennt

sich Dr. Pomo. Das ist, wie ihr seht, ein nicht mehr ganz junger Mann mit Halbkletze, der so ein

bisschen jovial da steht, gönnerhaft, der hat im Mundwinkel so eine nicht angezünderte Zigarette

und seine ganze Haltung will ausdrücken, ich leite die Show. Die Show, zu der gehören auch die

anderen Personen, die wir teilweise verpixelt haben auf diesem Foto, eine Assistentin mit Sonnenbrille

hinter ihm zu sehen, ein paar EU-Bürokraten in Bürokratenanzügen und ganz rechts ein schwäbischer

ehemals großer Windkraftunternehmer, der heißt Willi Balz. Und dieses Foto ist wie gesagt das

einzige Foto, das denen bleibt, die der Dr. Pomo um Millionen betrogen hat, weil er ihn Milliarden

versprochen hat. Und wie haben diese Männer sich kennengelernt? Wie sind die zusammengekommen,

dieser etwas schillernde Dr. Pomo und der etwas nicht so schillernde Willi Balz?

Die sind alle Spieler in einem Betrug und um zu erzählen, wie die sich kennengelernt haben,

möchte ich dir eine Person vorstellen, die nicht auf dem Foto zu sehen ist. Die Person heißt

Luciano Zingarelli, dazu muss ich sagen, die heißt nicht wirklich Luciano Zingarelli, wir müssen

die nur so nennen ausgrund des Persönlichkeitsschutzes, aber ich kann euch versprechen, dass auch

in Wirklichkeit der Name des Luciano Zingarelli so klingt wie der eines schlechten Zauberers.

Und diese Luciano Zingarelli ist auch der, der mir vor Gericht begegnet ist. Im Jahr 2016,

als der Betrug verhandelt wurde vor dem Landgericht Osnabrück, eine nervöse, eine

fuchtelnde Natur, zu der ich gerne gleich noch ein bisschen was erzähle. Und diese Luciano

Zingarelli hat mindestens fünf deutschen Unternehmen weiß gemacht, das ist bei der Europäischen Union

so was wie ein Infrastruktur-Topf gibt, der ganz erhebliche große, große Fördermittel beinhaltet.

Und diese Fördermittel, also Gelder, Milliarden, seien ursprünglich geplant gewesen, um in Italien

allerhand Infrastrukturmaßnahmen durchzuführen, aber die Seine nie abgerufen worden, diese Gelder.

Also das Geld sei da, aber es sei nicht abgeholt worden, weil die italienischen Unternehmer

leider ein bisschen zu chaotisch, leider ein bisschen zu temperamentvoll, ein bisschen zu

einfältig gewesen seien. Also die Italiener haben es nicht geschafft, so die Legende,

das Zingarelli. Und deswegen ist das Geld jetzt für die Deutschen übrig. Und das klingt ja erst

mal ganz schlüssig, dass es irgendwie so Infrastruktur-Töpfe gibt, die unangetastet bleiben,

weil man weiß, das Jahr ist versickern, also versickert das Geld nicht, sondern es wird gar

nicht verteilt ganz oft in vielen Branchen, weil die Menschen einfach vergessen oder es nicht

schaffen, korrekte Anträge zu stellen. Das ist jetzt nicht nur in Italien so, sondern überall in

Europa. Das stimmt, aber der Zingarelli hat denen eben erzählt, dass er über einen exklusiven Zugang

verfügt und zwar zu einem EU-Kommissionsmitglied und zwar zu jedem Doktor Pomo. Und der Doktor

Pomo entscheidet, so sagt der Zingarelli, ganz persönlich über die EU-Anträge, also über

die Anträge, die bei der EU eingehen. Und es ist ziemlich wahrscheinlich, da spielt ja Scham eine

große Rolle bei so einem Betrug. Und es ist sehr wahrscheinlich, dass nicht alle geprellten

Unternehmer Anzeige erstattet haben. Also er wurde jetzt angeklagt, der Zingarelli vor Gericht

wegen 7 Millionen, die er fast gänzlich in Bar abgehoben hat und von deren Verbleib er jetzt

nichts mehr wissen möchte. Aber es ist schon wahrscheinlich, dass noch mehr Geld verschwunden

ist. Und es waren auch mehrere Verfahren gegen Zingarelli anhängig. Also er kam aus der Haft,

wurde er vorgeführt, den Landgericht und mehrere Verfahren waren noch anhängig,

als er hat überall so sein Unwesen getrieben. Wie genau er sein Unwesen getrieben hat,

da kommen wir ja gleich noch hin und auch, wie er es geschafft hat, dieser 7 Millionen-Harp-Haft

zu werden. Jetzt fragt man sich natürlich, wenn der große Doktor Pomo der Spiritus Rektor gewesen

sein soll. Warum steht denn dann eigentlich nur Luciano Zingarelli am Landgericht Osnabrück

vor Gericht? Ja, vielleicht kann ich erst mal erzählen, wie der Luciano Zingarelli es so wirkte.

Ja, sehr gerne. Um das klarzumachen, um deine Frage zu beantworten. Der war damals 48 Jahre alt,

hat sich, wie gesagt, porträtiert als Gehilfe des großen Doktor Pomo und wollte überhaupt nichts

von der Schuld wissen. Also der ist vor Gericht aufgetreten, ein kleiner Mann mit so einer allärten

Igel-Frisur, der war so ein bisschen rundlich und hatte so einen marineblauen Anzug, der eben ganz

perfekt auf den etwas dicklichen Leib geschneidert war. Und er hat wirklich andauernd, saß er da oder

ist aufgesprungen und hat so mit Schriftstücken rumgewedelt. Hat auch dann immer so geschrieben,

nicht Zingarelli, Zingarelli, Zingarelli. Doktor Pomo hat alle betrogen. Doktor Pomo,

nicht Zingarelli. Das hatte er die ganze Zeit geschrieben. Er hat sogar nicht geschrieben,

betrogen, sondern beschissen, um ehrlich zu sein. Und er wollte damit sagen, dass er eigentlich

das Opfer auch sei von Doktor Pomo. Und er weiß auch nicht, wo das Geld geblieben ist. Aber wie du

schon vermutest, hat sich auch das Gericht natürlich irgendwann gefragt, na ja, könnte der Doktor

Pomo vielleicht nicht auch eine Erfindung gewesen sein von Luciano Zingarelli. Sprich ein Schauspieler.

Ein Schauspieler, genau, ein Schauspieler. Aber dem Doktor Pomo konnte man nicht harphaft werden und

deswegen hat man den Luciano Zingarelli angeklagt. Und den hat man also alleine angeklagt. Es gab keine

weiteren Mitangeklagten, sondern der musste sich da allein verantworten am Landgericht Osnabrück. Und in

dem Prozess konnte man ja, glaube ich, ganz gut sehen, wie dieser Betrug funktioniert hat, den er und

der, na ja, halb existente Doktor Pomo da durchgezogen haben. Vielleicht kannst du uns das an dem

Beispiel des Unternehmers Willi Balz mal einmal erzählen, wie konkret hat das funktioniert.

Also wir haben es hier mit einem klassischen Trickbetrug zu tun und ich recherchiere ja viele

Verbrechen und gerne auch Betrügereien. Ich finde, je komplexes so ein Trickbetrug ist,

desto interessanter ist er. Mir kommt das manchmal so vor, als würde ich so eine Goldwerkmaschine

anschauen. Das sind diese totalen Unsinnmaschinen, wo eine Sache die nächste in Gang setzt und es ist

spektakulär anzuschauen, weil es so eine maximal komplizierte und aufwendige Verkettung von Ereignissen

ist, die zu irgendetwas führt. Und das kommt mir manchmal so vor, wenn ich so einen Trickbetrug

beobachte, wie damals eben 2016 vor Gericht. Also es ist komplett unwahrscheinlich bei so eine

Maschine, dass es funktioniert. Und in diesem Betrug ist es auch komplett unwahrscheinlich,

dass es jemand glaubt, aber es funktioniert trotzdem. Und wir finden in diese Geschichte wirklich alle

Elemente von einem klassischen Betrug. Und wir haben es ja, muss man vielleicht einmal sagen,

in letzter Zeit mit vielen solchen Scams, solchen Betrügereien zu tun. Also wir verhandeln ja

gerade in München den Wirecard-Betrug. Das ist der größte Finanzskandal der deutschen Geschichte,

in der ein oder vielleicht auch zwei österreichische Unternehmens geschafft haben. Sehr, sehr viele.

Dann werden wir jetzt nicht, weil sie aus Österreich kommen.

Nein, nein, natürlich nicht. Sehr viele Anleger und aber auch die zum Beispiel unter vielen anderen,

die deutsche Bundeskanzlerin hinter das Licht zu führen. Und Scams ziehen sich durch alle

Gesellschaftsschichten, also zum Beispiel im Silicon Valley. Gabs eine junge Frau,

Stanford-Abrecherin, die sagt, du, ich habe so ein Kästchen erfunden. Gib mir mal ein Blutstropfen

von dir, den Blutstropfen mache ich dir ins Kästchen rein. Und dann kann ich sehen,

ob du an einer von 240 Erbkrankheiten leidest. Und diese Frau, bis man erkannte,

dass dieses Kästchen leer ist und hohl ist, hat die Milliarden verdient damit. Das war die erste

Selfmade-Miljadären der Welt. Viele von euch haben bestimmt auch genau wie ich, Anna Sorokin dabei

zugeschaut, eine angebliche deutsche Erbin, wie sie am Leben der New Yorker High Society partizipiert

hat. Es gibt die Ibiza-Affäre hier in Österreich, ist auch ein Scam, eine Kamerafalle in der

österreichische Politiker reingelaufen und darüber gestürzt sind. Also Scams will ich damit sagen,

gibt es überall und deswegen finde ich sie so interessant. Und an den Fällen kann man ja

vielleicht auch schon ganz schön sehen, was auch in diesem Fall virulent wird, nämlich die Appellation

einmal an die Gier und an das schöne Sein, an den schönen Schein. Wie könnte es sein, wenn die Welt

ideal wäre, wenn wir so ein kleines Kästchen hätten, um das festzustellen, mit einem einzigen

Fingerpeaks, da möchte man ja auch sehr gerne dran glauben. Total. Und Willi Balsens Fingerpeaks

sah nun etwas anders aus. Auch weil es kein Kästchen gab. Also das finde ich das Interessante

am Trick, bitte. Es gibt kein Kästchen, es gibt kein Geld, es gibt kein Festival, das angeblich

stattfindet. Es gibt nichts. Nichts zum Anfassen. Nichts zum Anfassen, es gibt nur die Geschichte. Und

wir finden das schon auch so in diesen klassischen, diese Enkeltricks. Wenn du angerufen wirst,

mein Enkel, da gibt es schon auch so Elemente davon. Aber der Trickbetrug ist der reinste Scam. Und

das würde ich jetzt gerne einmal erzählen an sechs Elementen, die auch der Fall sozusagen ganz

paradigmatisch auch spuchstabiert, über den wir heute sprechen. Und diese sechs Elemente werden

zuerst in dem Film The Sting. Da heißt es zu Deutsch, der Clues und Klassiker mit Robert Redford,

Paul Newman werden die zuerst genannt und an diesen sechs Elementen kann man das wunderbar

sehen. Das erste Element ist The Set Up, also die Vorbereitung, die ganz, ganz genaue Recherche.

Und dazu muss man leider sagen, dass besonders ältere, wohlhabende Männer ganz besonders gute

Betrugsopfer abgeben oder auch Sackers, wie sie im Schalgord der Betrüger genannt werden. Das ist

jetzt eine kleine Empfehlung von Frau Kunze, falls sie also auch mal loslegen wollen. Wenn man mal

jemanden betrügen will. Weil bei diesen Männern, also jetzt zumindest hier hat bei den Opfern ein

grell gepinseltes Bild eigentlich gereicht, um ihre Fantasien in leuchtenden Farben zu spiegeln.

Prozige Autos, Luxushotels, teure Weine, attraktive Assistentinnen, die so unterwürfe ich den Kopf

neigen und einen Espresso servieren. Das fanden die schon, muss man sagen, richtig gut. Und Willy

Balz aus dem Schwäbischen, den wir vorhin hier gesehen haben, der hat gleich fünf Millionen verloren.

Der war, als ich ihn kennengelernt habe, im Jahr 2016 war der so Mitte 50, hatte Schütteres Haar und

sein Gewinnerlächeln, ist in den Mundwinkeln schon gebrockelt, hat aber immer noch, weil er

überzeugend hat, dass dem Gericht auch erklärt, dass er Willy Balz der Energiewender sei. Und er ist

auch vor Gericht relativ, ich sag mal, viril aufgetreten. Er hat dann auch zum Beispiel gesagt,

wir teilen die selbe Herkunft, was ich jetzt einmal auf Schwäbisch, er hat gesagt, ikor nur

Schwäbisch, wenn Sie das nicht verstehen, dann besorget sich ein Dolmetscher. Also er hat sich

geweigert, Hochdeutsch zu sprechen oder auch einen anderen Dialekt als Schwäbisch. Und er hat

dem Gericht immer wieder erklärt und der Meinung ist ja auch noch heute, ich habe vor wenigen

Tagen mit Ihnen telefoniert, dass er die Energiewende in Deutschland längst geregelt hätte, wenn man ihn

nur hätte machen lassen. Und im Grunde genommen ist das natürlich auch die Selbsterzählung, die

er von sich braucht. Also jemand, der auf so einen Scam reingefallen ist, mir als 5 Millionen Euro

verloren hat. Der hockt da jetzt vor Gericht im Zeugenstand und muss erzählen, wie ihm das

nun widerfahren ist. Und im Grunde genommen dabei ja sich komplett nackig machen, um zu erzählen,

ich war einfach völlig depart, dass ich darauf reingefallen bin. Insofern braucht er das natürlich

als Selbsterzählung, dass im Grunde genommen er eigentlich im Alleingang Deutschland hätte retten

können. Das stimmt. Am Ende muss ich ja auch noch was anderes verraten, dass er nämlich selber auch

ganz schön viele Leute betrogen hat. Aber das verrat ich ja am Ende. Also damals jedenfalls war

natürlich ganz begeistert, dass da jemand diesen Fall erzählen will und er hat, ist auch sehr gerne

dem gefolgt, dass ich ihn gefragt habe, ob ich mal besuchen kann. Er hat mich dann eingeladen in

sein Büro auf der Schwäbischen Alp, also in einer sehr kleinen Gemeinde in der Schwäbischen Alp.

Und es ist wirklich präventiell und eine denkbar unspektakuläre Adresse. Aber ich sag es dir,

das war wirklich, das war die Residenz eines Herrschers. Ich habe noch nie vorher so ein Büro

betreten und noch nie nachher, du gehst schon mal rein, in so einen holzgetäffelten Aufzug. Von der

Decke kommt so Duft, so süße Duft. Dann fährst du hoch in den zweiten Stock, drunter ist so ein

Supermarkt und drüber sind so Mahagonie-Möbel, Kirschholz, überdimensionierte Schreibtische und

eine unfassbar schöne Kenianerin an Empfang, die auch eine ganz besondere Qualität hat. Ja, genau,

das hatte mir noch erzählt. Er hat gesagt, das ist das ist mein Prischiller. Und dann hat er gesagt,

mein Prischiller macht ein ganz wunderbare Cappuccino. Und während wir dann diesen Cappuccino

tranken und uns über die Energiewende, die leider verhindert wurde, unterhielten, hat sich

herausgestellt, dass seine Prischiller seine neue Frau ist, nachdem ihre Vorgängerin mit so einem

Tagesschaussprecher durchgebrannt ist. Ich weiß, es klingt jetzt so, als hätten wir uns das ausgedacht.

Es ist wirklich wahr. Es ist wirklich wahr. Es ist wirklich wahr. Wie war denn der Cappuccino?

Du, der Cappuccino war echt okay. Hat nicht zu viel versprochen. An der Stelle nicht, jedenfalls.

An der Stelle nicht. Gute Stichwort. An anderer Stelle schon. Er wollte Windparks in die Nordsee

bauen. Er wollte Offshore Windparks bauen. Wir haben da auch ein Foto von Offshore Windparks,

damit man die sich einmal vorstellen kann. Also Willi Balz hat einen nicht diesen Offshore Windpark

in die Nordsee gebaut. Das sind so große Windräder, die in der Nordsee stehen. Die von Willi Balz

sollten natürlich größer und tiefer sein als alle, alle anderen Windräder, die es jemals

gehabt. Und er hat gesagt, ich habe ein Meisterstück abgeliefert. Der Überzeugung war er. Er hat

auch einen einzigen Windpark tatsächlich gebaut und danach nur noch Projekte entwickelt

und an Investoren verkauft. Das war sein Geschäftsmodell und ich habe es schon angedeutet. Er

sitzt auch aktuell in Haft. Auch so kann es gehen. Auch damals hat schon die Staatsanwaltschaft Stuttgart

gegen ihn ermittelt und er hatte mal 135 Mitarbeiter. Aber es war ihm nur noch einer

geblieben und zwar sein ehemaliger Pilot. Und der wurde von dem Willi Balz quasi umgeschult zum

Sekretär. Und der Willi Balz hat ihm die ganze Zeit angewiesen. Also er soll mal den anrufen,

dahin gehen, was ausdruckend zum Beispiel ein Blitzdiagramm, das Balz selber gezeichnet hatte

mit ganz vielen Blitzen, die Personen oder Banken aussenden und alle treffen den Willi Balz. Also er

steht im Feuer der Kritik. Und vielleicht müssen wir einmal sagen, zu der Zeit, zu der der Betrugsspiel

2011-2012 war eine besondere Zeit in der Geschichte der erneuerbaren Energien, weil gerade die Solar

Industrie eingebrochen war. Also die Solarindustrie wurde in Deutschland massiv gefördert mit allen

möglichen Maßnahmen. Die Leute haben sich diese Sonnenkollekturen auf die Häuser gebaut. Und als

diese Maßnahmen endeten, brachte der Umsatz massiv ein und die Branche hat die Hälfte ihrer

Beschäftigten verloren. Und man war schon echt auf der Suche nach dem neuen großen Ding. Und diese

Offshore-Windparks hätten eben dieses neue große Ding sein können, wäre nicht schon einzigarell

Und dementsprechend war das natürlich eine sehr gute Zeit für Dr. Pomo und Luciano Zingarelli, um da

reinzugehen, weil man sah, da gibt es einige Glücksritter, die sich jetzt an den Offshore-Windparks

versuchen. Jetzt haben wir von dir gelernt, wer der Willi Balz, wer das Opfer ist, der Zielpunkt

quasi dieses Scams. Und jetzt kommen wir zu diesen sechs Schritten vielleicht eines Betrugs. Das ist

nämlich Nummer eins gewesen. Und jetzt kommen wir zum Haken, zum The Hook, dem Haken. Also die

Vorbereitung ist sozusagen, wer ist dieser Willi Balz? Den habe ich ja dann kennengelernt. So genau

konnte der Zingarelli das jetzt nicht recherchieren. Aber ich glaube, man kriegt schon eine Idee, wenn

man den mal so ein bisschen kennengelernt. Also der Haken ging so. Die Unternehmer Balz und andere

haben den Zingarelli 2011 als Geschäftsführer seine Agentur mit dem schönen Namen Media Finance

kennengelernt. Und er hat gesagt, er sei beauftragt von der EU Fördergeldanträge zu prüfen. Und es war

vor Gericht auch ein Thema, das der Richter gefragt hat, ja, haben sie denn nicht mal geguckt, ob

solche Agenturen überhaupt gibt? Es gibt natürlich, also die EU prüft alle Fördergeldanträge

selbst. Es gibt schon Agenturen, die helfen beim Ausfüllen von Anträgen. Aber es gibt diese

Agenturen schlicht nicht. Aber die Erzählung war einfach zu gut. Und ich glaube, das liegt auch

daran, dass diese, du hast es ja vorhin angedeutet, dass dieses Behördensprech, dieses europäische

Behördensprech so kompliziert wirkt auf viele Leute, dass die sich präsentiert haben oder

der Zingarelli sich präsentiert hat, wie jemand, der einen Schlüssel zu einem Schatz hat, den

anderen nicht heben können. Und der Schatz ist eben der zu den unermesslich vielen Geldern aus

Brüssel. Es hat auch keines in Internet geschaut. Also auch den Nicola Pomo gibt es nicht im Internet.

Das wollte ich nämlich gerade fragen. Ist da nicht einer mal auf die Idee gekommen von seinen 135

Angestellten? Zu dem Zeitpunkt war es nur noch der Pilot. Da mal reinzuschauen, ob es diesen

Nicola Pomo den angeblichen EU-Beauftragten überhaupt gibt. Also der hat natürlich keine

Seite bei der EU. Du findest schon, wenn du bei Facebook schaust, siehst du schon so windige

Profile von irgendwelchen Typen in Sonnenbrillen, aber ganz sicher keine EU-Kommissionsmitglied.

Und man hätte auch einmal beim zuständigen EU-Kommissar oder so etwas anrufen können, aber

das haben die auch gesagt vor Gericht. Das geziemt sich nicht in solchen Kreisen. Und man

wollte es auch, also niemand wollte es denen auch sagen. Das ist so der Mega-Gewinn. Und jeder will

halt dran glauben. Dann kommen wir nämlich schon zum dritten Punkt der Geschichte. Also the

Tale, die Geschichte des Narrativs sozusagen. Das ist ziemlich gut, finde ich, weil die Gespräche

von Pomo, Singarelli und den Getreuen nicht in Wolfschlugen oder irgendwo stattgefunden...

In Mainland zum Beispiel, wenn es Italiener sind?

Nee, sondern in Bratislava haben die stattgefunden.

Na, liegen natürlich.

Ja, der Balz hat gesagt, dass er eben schon ein bisschen komisch vorgekommen, dass er als

deutsche Unternehmer in die Slowakei reisen muss, um italienische EU-Delegierte zu treffen.

Hat er recht?

Aber dann hat sein Wirtschaftsprüfer, der ihn immer begleitet hat, der hat es ihm gesagt,

Balz, das verstehst du nicht, die EU fördert strukturschwache Gebiete. Und dann hat er

Balz gedacht, ja stimmt, klar. Und besonders überzeugt hat ihn natürlich auch, dass er am

Flughafen von der Limousine erwartet wurde. Und er fahre eine Sonnenbrille und eine dicke Uhr

getragen hat. Und dann ist er auch noch in Luxushotel gefahren worden. Und dort saßen

immer viele Männer, diverse Herren, Dr. Pomo, Singarelli und andere. Und dann hat der Singarelli

immer über Details des Verfahrens berichtet und der Dottore hat mit aller Seriosität zugestimmt.

Aber im Grunde genommen hat Singarelli schon das Gespräch geführt. Der Pomo war der gute

Geist. Der gute Geist, der über allem wiete. Genau. Und es zeigt sich auch an Akt 4, das

Betrug spielt, The Wire, die Leine. Das ist nämlich dann, als Balz reife es für den nächsten Akt.

Da kündigen sich Singarelli und die EU-Bürokraten, die angeblichen EU-Bürokraten für einen Tag

an in sein Büro zu kommen, für was, was sie due diligence Prüfungen nennen. Und ganz ehrlich,

ich weiß nicht, was das bedeutet. Ich wollte dich gerade fragen, das enttäuscht mich natürlich

jetzt, weil ich weiß es auch nicht. Niemand weiß, was das bedeutet. Niemand weiß nicht, was es genau

bedeutet. Natürlich wissen wir inzwischen, was es bedeutet. Aber es ist halt, ich glaube, wenn

sich jemand dann so ankündigt, das klingt halt professionell. Genau. Oder das darum geht es ja

letztlich sehr ernsthafte Wirtschaftsprüfer. Kommen da jetzt rein und prüfen mal das ganze Projekt.

Genau. Es klingt professionell, es sollte auf jeden Fall so klingen. Balz hat ihnen in seiner

Herrscher-Residenzen-Büro frei geräumt und den ganzen Tag sitzen diese Bürokraten da und prüfen

die Unterlagen von dem großen, großen Nordsee-Windpark, den der Balz geplant hat. Und dann taucht

auch als Überraschungsgast Dr. Pomo auf. Der ist gerade zufällig in der Nähe. Natürlich ist er

zufällig in der Nähe. Und sagt, er möchte das wichtige Projekt jetzt mal persönlich in

Augenschein nehmen. Und das Lustige ist, dass als Balz mir das erzählt hat und er wusste ja schon,

dass er betrogen wurde, war er immer noch so ein bisschen stolz. So, ah, der ist extra gekommen.

Ist das nicht traurig? Ist das nicht eigentlich auch traurig? Ich gebe zu, es ist auch lustig,

aber es ist auch sehr traurig. Ja, natürlich. Es hat auch eine große Tragik. Aber ich finde,

die Tragik ist noch größer bei den Anlegern. Aber das besprechen wir gleich nochmal. Also jedenfalls,

was nochmal den Balz wirklich überzeugt hat an diesem Tag der Due Diligence Prüfung, ist,

dass der Pomo sich von einem Privatpiloten hat fliegen lassen. Und das hat der Balz damals auch

gemacht. Er hat sich auch immer von einem Piloten fliegen lassen, der dann wieder zur Sekretär wurde.

Und das finde ich interessant, weil die Autorität, also ich glaube, das war der Moment, an dem der Balz

wirklich alles geklappt hat. Und die Autorität funktioniert gar nicht über die Beamten. Die

Beamten waren gar nicht so wichtig. Wichtig war der Pilot, der die Uniform angezogen hat. Und das war

interessant. Auf jeden Fall ist an dem Tag auch dieses Foto entstanden, über das wir eingangs

gesprochen haben, wo der Pomo nur auf der Terrasse steht und raucht. Weil er als Ranghöchstzeit

natürlich keine Prüfung persönlich gemacht. Er stand nur auf der Terrasse und hat geraucht und

sich mit Balz unterhalten. Das heißt, es geht im Grunde genommen darum, eine ganze Welt um den

Scam herumzuschaffen, oder? Also der Scam besteht aus einer ganzen Welt, um den so einzulullen. Und

man begräbt quasi das Kleingedruckte in so einer glitzenden Welt. Ganz genau. Bis zum fünften

Punkt. Das Shutout, der Ausschluss. Die Schlinge zieht sich zu. Dann kommt nämlich Luciano

Zingarelli wieder zu Balz und sagt, ich habe eine großartige Botschaft. Und der Balz sagt,

das ist heute noch voller Stolz. Mein Projekt hat eingeschlagen wie eine Bombe. Noch nie hat

Brüssel so ein grandioses Projekt gesehen. Und die EU will es mit 3,6 Milliarden fördern,

den Windpark. Und dann hat er gesagt, ja, und übrigens, es gibt noch viel mehr Fördermaßnahmen,

die nicht abgeschöpft wurden. Sie können noch viel mehr einreichen. Der Topf von den vergessenen

Hilfsgeldern ist so groß und beinhaltet viele Milliarden. Und jetzt wird der Balz nämlich

unersetzlich. Der glaubt, jetzt hat einen sicheren Investor für alle Projekte gefunden und wird

immer ungeduldiger. Also er reist immer wieder nach Bratislava, wo diese Gespräche stattfinden

und drängelt. Und dann sagt er, wie kann es schneller gehen? Wie kann es schneller gehen? Wie

kann ich das machen? Und dann sagen die Zingarelli und Konsorten, sagen dann immer nur ja mehr

bezahlen. Und dem Balz leuchtet es auch ein, dass die EU angeblich nur Unternehmen und Projekte

fördert, die selber liquide sind, also was auf der hohen Kante haben. Und dann fährt Balz eines

Tages mit Zingarelli nach Bratislava zur Bank und richtet ein sogenanntes Und-Konto ein, bei dem er

und Zingarelli gleichermaßen zugrußberechtigt sind. Und er weiß natürlich nicht zu dem Zeitpunkt,

dass Zingarelli wenige Tage später dieses Und-Konto in ein Konto umwandelt, bei dem nur ein Einziger

abheben darf, Zingarelli. Und Balz überweist die ganze Zeit die angeblich nötigen Kautionssumme für

immer mehr Projekte in Raten. Mal ist es eine Million, mal sind es zwei Millionen. Jedenfalls kommen

innerhalb eines halben Jahres 5,3 Millionen zusammen. Und dazu ist noch wichtig, eine Sache, dass die

EU-Erzählung so groß und so überzeugend und so gigantisch ist und so plausibel, dass die Betrüger

nicht das machen, was sonst üblich ist. Sie leisten nicht so eine Testzahlung. Also normalerweise

werden diese Suckers, diese sogenannten Suckers, eingelohlt durch kleine Zahlungen. Und das ist

hier gar nicht nötig. Der Balz will immer nur mehr Versprechungen auf seine Ungeduld hören. Der

braucht gar kein Geld. Das heißt also, der haut die ganze Zeit Geld auf den Tisch, ohne sich die

Karten zeigen zu lassen. Genau. Und das merken die sofort. Und diese 5,3 Millionen, die bleiben ja

auch nicht lange auf diesem Konto liegen. Genau. Weil jetzt kommen wir zu dem letzten Akt. The Sting,

der Stachel, der Clou im Sommer 2012. Balz hat schon einige Millionen berabt und jetzt laden die

Betrüger ihn endlich nach Brüssel ein. Die gehen durch Lobbies und gehen in den Edel-Restaurant. Und

dort wird der Dr. Pomo von allerhand elegant gekleideten Gentlemen aus das herzlichste begrüßt. Und

das sind wahrscheinlich so angeheuerte Grüßauguste. Aber den Balz hat ihr erscheinen beruhigt. Also

er hat schon gesagt, er hat sich die Begegnung irgendwie bürokratischer und auch ein bisschen

sachlicher vorgestellt. Aber ihm hat es dann doch geschmeckt in dem Sterne-Restaurant. Er wusste

auch noch nicht, dass er selber die Rechnung bezahlen wird. Und das finde ich auch wieder

interessant, so wie beim Piloten diese Hotelhalle. Das ist auch wieder so eine geliehene Autorität. Also

man muss den Ort gar nicht bewohnen, sondern es reicht, dass man sich dort auffällt, wie bei

dieser vermeintlichen deutschen Erbin der Hochstaplerin Anna Derwe oder Anna Sorokin. Es reicht,

wenn man in diesen Hotels sich auffällt. Und dann an diesem Essen wurde ihm das ausgehändig,

dem Balz, was für ihn am wichtigsten war. Nämlich das Deliberato. Und was Deliberato heißt in dem

Zusammenhang, das konnte der Balz mir damals noch nicht sagen. Er hat gesagt, ich habe das mit Freigabe

übersetzt. Also in Wirklichkeit ist Deliberato Italienisch und bedeutet absichtlich. Aber in

dem Moment hat ihn das Wort in Champagnerlaune versetzt, sagte Balz mir. Erfolgsaussicht,

100 Prozent, Deliberato liegt vor, Projekte sind excellent. Und dann hat er leider wenige

Wochen später gemerkt, dass der Zingarelli auch von der Vonnes mit seinem Geld. Ich habe vor ein

paar Jahren mal so eine Recherche im deutschen Strafvollzugssystem gemacht und egal mit welchem

Experten ich gesprochen habe und den ich gefragt habe, was sind die schwierigsten Gefangenen?

Da war unisono die Antwort Betrüger. Ja, das glaube ich sofort. Gibt es da so eine besondere

Psychologie des Betrugs der Betrüger? Also ich glaube schon, dass Betrug ein Handwerk ist,

dass sich erlernen lässt, aber dass auch die erfolgreichen Betrüger sehr, sehr gute

Schauspieler sind und die natürlich, also ich bin keine Psychologin, aber die natürlich von echten

Psychologen nazistische Züge attestiert bekommen. Die Leute haben natürlich gelernt mit anderen

Leuten zu reden. Die haben gelernt den Qualifikationsweg zu vermeiden und den Fiktionsweg

zu beschreiten. Die sind berauscht von der Wirksamkeit der eigenen Lügen und Täuschungen, von der Kraft

der eigenen Märchen, von den eigenen Worten, die andere dazu bewegen, Vertrauen und Millionen

zu verschenken. Und das wird für die fast manchmal zu einer Notwendigkeit. Die müssen immer

weitermachen, deswegen wundert mich das nicht. Und ich habe das auch vor Gericht gesehen,

als Zingarelli die ganze Zeit geredet hat. Also der hat auch geredet, wenn er gar nicht das Wort

hatte. Der hat sich verzettelt in Rechtfertigungen, in Anschuldigungen. Der hat sich gegen die Anklage

gewährt und das war total widersprüchlich, was er gesagt hat. Aber er hat halt selbst so stark an

die Wirkungsmacht seiner Worte geglaubt, dass sogar wenn sein Anwalt für ihn sprechen wollte,

dass er ihm ins Wort gefallen ist. Und er hat auch eine Dolmetscherin beantragt, aber die hat er

gar nicht gebraucht. Die kam überhaupt nicht zu Wort, weil der Zingarelli die ganze Zeit selber geredet

hat. Also der hatte wirklich sowas wie eine Wahrheitsunlust. Das war wirklich interessant zu

sehen. Das ist ein schönes Wort. Das ist ja auch aus deinem Text entlehnt. Das ist glaube ich ein

Zitat von einem Franz Schumpfsochiater. Hans Ludwig Kröber, der ist wiederum bei Thomas Mann

entlehnt hat. Aber ich finde, das klammert das sehr schön. Eine Wahrheitsunlust. Denn wenn man sich

jetzt in die Haut von Zingarelli denkt, das ist ja auch wahnsinnig anstrengend. Also es muss so

anstrengend sein, diesen ganzen Scam im Kopf die ganze Zeit durchzuhalten. Ich glaube, der spielt es

dann ja quasi auch nachts, wenn er im Bett liegt, sagt er sich das auch noch vor, dass er das gerade

so durchzieht. Und das finde ich hoch interessant, wie das quasi auch nach innen wirkt, nicht nur nach

außen. Wie geht es denn Willi Balz eigentlich? Der Willi Balz wurde im Dezember 2020 verurteilt zu

vierenhalb Jahren Haft unter anderem wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung, Betrug und

Untreue. Der hat Investoren und Kleinanleger betrogen um Millionen. Also der Betrogene ist

selbst ein Betruger. Er hat gesagt, ich baue Offshore Windparks, aber er hat keine gebaut. Er hat

immer nur Geld geliehen und nicht geliefert. Die Projekte nicht geliefert. Er hat es nur

Investoren verkauft und der Richter war der Überzeugung, dass der Balz seinen Unternehmen ganz

bewusst am finanzwirtschaftlichen Abgrund entlang geführt hat. Ich habe vor drei Tagen mit ihm

telefoniert. Er ist in Vorbereitung auf unser Treffen heute und habe ihn gefragt, wie es ihm geht

und er irgendwie ist ganz gut. Er hatte auch Freigangtagsüber und Luft erarbeiten und er hat

aber immer noch gesagt, also wenn man ihn nur hätte lassen, dann wäre die Energie, wenn er jetzt

wie Fridays for Future, das braucht man gar nicht mehr. Weil Deutschland wäre jetzt sehr geschafft. Der

Klimawandel wäre ja vorbei gewesen. Also Passé. Willi Balz, die Greta Thünberg von von Wolf

Schlugen. Aber diese Betrügereien von Willi Balz, die waren noch bevor er selbst betrogen wurde,

oder hat er sich das bei Zingarelli abgeschaut? Nein. Also Balz hat selber die Investoren und

die Anlege getäuscht, bevor Zingarelli auf den Plan trat. Gleichzeitig, also er ist weiterhin

vielleicht auch gegenteiliger Meinung. Das ist natürlich die Frage, was das gemacht hat,

das Auftauchen des Zingarellis. Aber vielleicht hat es auch gar nicht so viel gemacht. Also

für Balz ist auf jeden Fall wichtig festzustellen, dass, wenn man ihn hätte machen lassen, dass

dann alles gut geworden wäre mit der Energiewende in Deutschland.

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Balz musste in Haft. Zingarelli ist auch eingefahren. Klar. Aber du hast ja noch etwas Spannendes

über Herrn Zingarelli herausgefunden, ganz abseits jetzt dieses konkreten Betrugs. Ja,

ich fand zunächst mal interessant, was für eine Ausbildung der Zingarelli genossen hat. Der ist

nämlich Haupttüler und Landarbeiter in Italien gewesen und kam erst als 19-Jährige nach Schwaben.

Er hat dort in einer Reinigungsfirma und in einer Bäckerei gearbeitet. Und nach zehn Jahren hat er einen

deutschen Gauner kennengelernt und mit dem seinen ersten aktenkundigen Betrug begangen. Da ist er sozusagen

in die Lehre gegangen. Die haben 1999 Dutzende von Anlegern überzeugt, auch wieder mit so einem

europäischen Vorurteil. Und zwar haben die gesagt, wir haben ganz lukratives Devison-Geschäft. Und

zwar könnt ihr deutsches Bargeld in Schweizer Franken eintauschen mit einer Rendite von fünf

Prozent. Und die Schweizer, die nehmen diesen schlechten Wechselkurs voll gerne in Kauf, weil die

wollen Schwarzgeld eintauschen. Und das ist natürlich auch wieder der fleißige deutsche,

der chaotische, der jene der betrugerische Schweizer. Das spielt da schon mit diesen

nicht wahren Vorurteilen. Und damals war es aber so, dass Zingarelli den Opfern noch so

in Testgeschäften so kleinere Beträge ausgezahlt hat. Das darauf hat er dann später verzichtet. Aber

er hat sich auch damals schon eine erkleckliche Million so mehr ergaunert. Und er hat sich dann

nach Sizilien abgesetzt, wo er mit seiner Frau und fünf Kindern gelebt hat. Seine Familie wusste

gar nichts von seinen Machenschaften. Und die wusste auch nichts von den beiden anderen Frauen,

mit denen Zingarelli wechselweise bis zum Tag seiner Verhaftung unter falschen Namen zusammengelebt

hat. Also ich habe die Verlobten ausfindig gemacht. Die wussten nichts von dem Ehefrau von

Zingarelli. Die wussten auch nichts von den Kindern und auch nichts von der jeweils anderen

Verlobten. Aber es störte sie auch nicht weiter, ne? Es störte sie überhaupt nicht. Keiner hat

daran geglaubt, dass der Zingarelli wirklich ein Betrüger sein könnte. Mit der einen hat er

im Schwäbischen gewohnt und die gemeinsame Tochter wurde geboren. Das heißt, der Zingarelli längst

den U-Haft. Und ich habe auch mit einer Freundin von der Verlobten gesprochen, der gesagt,

ah, das ist ein super Typ. Der hat so einen guten Charakter, der hat immer für alle bezahlt und

immer alle beschenkt und sei so aufmerksam. Und die zweite Verlobte, die habe ich in Zypern

erreicht, wo sie mit ihrer damals zweijährigen Tochter gelebt hat. Und die war auch davon überzeugt,

dass das ein Guter ist. Und ich habe sie auch gefragt, ja, haben sie denn vor mit dem Zingarelli

wieder zusammen zu leben, wenn der irgendwann wieder rauskommt? Und sie gesagt, ja, natürlich.

Und habe ich gefragt, ja, was ist das mit der anderen, mit der Frau in Sizilien und mit der Mutter

in Deutschland. Und dann haben wir gesagt, ach, kein Problem, die hat er nie geliebt.

Die haben also quasi, muss man sagen, diese geliebten und Ehefrauen auch eine gewisse

Wahrheitsunlust. Das kann man so sagen. Die waren jedenfalls überzeugts mit dem ehrlichsten

Menschen der Welt zu tun zu haben. Und Zingarelli selber hat ja auch vor dem Landgericht in

Osnabrück ganz kräftig an dieser Legende gestrickt. Und also er hat so erzählt, dass er

und Promo Kein Gaunadu gewesen sein wie der von 1999. Und als ich ihm das so zugehört

hat, wir Entschuldigung und Ausflüchte vorgebracht hat, ist mir eine ganz kleine Parabel von dem

Schriftsteller Franz Kafka in den Sinn gekommen. Die heißt die Wahrheit über Sancho Pansa und die

ist so kurz, dass wir die einmal kurz vorlesen können. Sancho Pansa, der sich übrigens dessen

nie gerühmt hat, gelang es im Laufe der Jahre durch Beistellung einer Menge Ritter und Räuberromane

in den Abend- und Nachtstunden seinen Teufel, dem er später den Namen Don Quixote gab, der Art von

sich abzulenken, dass dieser dann haltlos die verrücktesten Taten aufführte, die aber mangels

eines vorbestimmten Gegenstandes, der eben Sancho Pansa hätte sein sollen, niemandem schadeten.

Sancho Pansa, ein freier Mann, folgte gleichmütig, vielleicht aus einem gewissen

Verantwortlichkeitsgefühl, dem Don Quixote aus seinen Zügen und hatte davon eine große und nützliche

Unterhaltung bis sein Ende. Und es ist jetzt vielleicht ein bisschen rätselhaft, aber die Parabel

liegt nahe, dass Don Quixote, der gegen Windmühlen kämpfe, der Ritter womöglich nur eine Erfindung

seines Bauernschlauen gehilfen war, der sich dadurch eben zum freien Mann machte. Und die Gerichte

haben ja über die Schuld, dass Zingarelli geurteilt, aber als ich ihm so zugehört habe, dachte ich,

wenn er so über den großen Strippenzieher Dr. Pomo geredet hat, dann dachte ich, also wenn es den

Dr. Pomo nicht gegeben hätte, dann hätte Zingarelli ihn erfinden müssen. Und vielleicht hat er ihn ja

sogar erfunden und tatsächlich war es nur ein Schauspieler. Wir werden es niemals wirklich

erfahren, aber vielleicht kannst du uns zum Abschluss, denn das hat, glaube ich, diese Folge

gezeigt, dass wir alle große Bewunderer auf einer Art von Betrügern sind. Warum mögen wir diese

Betrugs- und Hochstapler- und Trigbetrügergeschichten so sehr? Also ich glaube, dass wir dann in

Gefühlslage in uns finden, die sich so zwischen Schaden, Freude, Empathie, Interesse, Neugier

bewegt. Ich habe aber auf dem Weg hierher heute Morgen, habe ich ein ganz interessantes Buch gelesen,

also ein Kapitel eines Buches, von der Autorin Gia Tolentino und das Buch heißt Trick Mirror. Und die

sagt im Grunde, dass die Generationen der Millennials und Nachfolgende, also die so alt sind wie wir,

die nach 1980 geborenen, im Grunde eine gescammte Generation ist. Also als Urszene, die Finanzkrise

2008, als die Lehman Brothers kollabiert sind, die Leuten faule Kredite ermöglicht hatten, also sozusagen

der Turboscan, der die ganze Welt erschüttert finanziell und die aber davon gekommen sind, die

kein richtiges Problem damit hatten, die Verantwortlichen. Dann spielt jetzt in den USA natürlich eine

viel größere Rolle, dass auch College so eine Art Scam ist, dass die College-Schulden so hoch ist.

Aber ich glaube schon, dass diese Faszinationen, was damit zu tun hat, dass es auch immer so

Kristallationseffekte sind einer Gesellschaft. Und dieses Fake it till you make it, dieses Paradigma im

Erfindetum im Silicon Valley und aber auch anderswo, das wird halt bis zum bitteren Ende durchgezogen.

Und wenn man es dann eben nur faked, ohne es zu machen, dann ist es halt so. Und sie sagt, also

Gia Tolentino sagt, dass die Generationen nach 1980 der Überzeugung sind, dass man wirklich,

oder zu der Überzeugung kommen mussten, dass man wirklich reich werden kann, nur mit Scams.

Das ist ein etwas trauriges Fazit dieser schwebisch-italienisch-slowakischen EU-Gaunerkomödie,

die du uns dankenswerterweise heute mitgebracht hast, liebe Anne. Vielen herzlichen Dank.

Vielen Dank.

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Attraktive Assistentinnen, protzige Autos, Luxushotels und teure Weine. Mit einem ganzen Arsenal der Blendung und Verwirrung kitzelt ein italienischer Betrüger die Geldgier und den Leichtsinn deutscher Unternehmer und bringt sie um Millionen.

Folge 144 ist ein Livemitschnitt des Auftritts von Anne Kunze, der neuen Kriminalreporterin der ZEIT, und Daniel Müller, Chefredakteur des Kriminalmagazins ZEIT Verbrechen, in der Uni Wien.

Der Text zur Folge ("Die Luftschlösser des Dr. Pomo" von Anne Kunze) ist im Februar 2016 auf der Seite Recht und Unrecht in der ZEIT erschienen.

Die neue Ausgabe des Kriminalmagazins ZEIT Verbrechen liegt am Kiosk und ist hier online bestellbar. Sie möchten zwei Ausgaben zum Kennenlernpreis testen? Dann klicken Sie hier.