NZZ Akzent: Die Algorithmen des Nahost-Konfliktes

NZZ – täglich ein Stück Welt NZZ – täglich ein Stück Welt 10/31/23 - Episode Page - 14m - PDF Transcript

Dieser Podcast wird Ihnen präsentiert von Sustainableswitseln.ch

Gemeinsam machen wir die Schweiz nachhaltiger.

NCZ-Aktzent.

Kole Musik, Joja.

Ja, die Musik ist gut, aber das ist ein TikTok-Video.

Man sieht hier palästinensische Fahnen, die wehen.

Hier zeigt ihr sehr viel Solidarität mit den Palästinensern.

Hier wird demonstriert für Palästina und Palästina auch gefeiert.

Aber es gibt auch immer wieder kurze Sequenzen in diesem Video mit der Israel-Fahne.

Die wird dann zerrissen, sie wird mit Füßen getreten und sie wird auch verbrannt.

Und dazu kommt noch eine ganz kurze Sequenz mit diesem schwarzen Banner.

Das ist eine von islamistischen Terrororganisationen verwendete Flagge.

Und die hat auch der IS schon eingesetzt.

Also diese berühmte schwarze Flagge.

Ja genau, das ist der schwarze Hintergrund mit diesem weißen arabischen Schriftzeichen.

Und hat das gepostet?

Eine junge Influencerin, sie heißt Sia Sia Rustina.

Sie hat bisher eigentlich Werbung für Mode- und Gesichtspflegeprodukte gemacht.

Aber mit diesem TikTok-Video ist jetzt auch sehr, sehr viel erfolgreicher.

Das ist das meist gesehene Video, das sie jemals hatte.

Es wurde über 2 Millionen Mal angeschaut und tausende Mal kommentiert.

Also das Video, wo wir neben Solidarität auch verbrannte Israel-Flagen sehen und eben dieser schwarze Banner.

Ja, das ist alles andere als harmlos.

Hier sympathisiert jemand mit dem Terrorismus.

Also dieses schwarze Banner ist in Deutschland und in Österreich sogar verboten.

Und man spricht hier offensichtlich auch Israel das Existenzrecht ab.

Und dieses Video wird geklickt und geklickt.

Dana Auskriegt hobt auf den großen Online-Plattformen als Krieg der Informationen.

Die Betreiber haben Mühe, ausgewogene Informationen zu verbreiten,

sagt Technologie-Redaktor Ingeoia da Silva.

Ich bin David Vogel.

Joja, die Verbreitung von ausgewogenen Informationen.

Ich meine, das war bei mir Lektion Nummer 1 in der Journalisten-Schule.

Das beschäftigt uns die ganze Zeit ausgewogene Informationen.

Ja, das stimmt. Das ist ja auch extrem schwierig, objektiv zu informieren.

Damit kämpfen wir ja jeden Tag.

Ja, okay, aber wir bei der Zeitung, da stehen ja Menschen dahinter.

Wenn ich das richtig verstehe, ist es bei den Plattformen anders?

Ja, richtig. Das sind ja Algorithmen, die entscheiden, was wir sehen.

Also Computerprogramme.

Plattformen selber sind ja eigentlich eine Art Sammelbecken,

wo sich alle beteiligen können, mehr oder weniger, die sich da beteiligen wollen.

Was gepostet wird, soll auch möglichst von vielen Leuten gesehen werden.

Und das führt dann auch zu das Leute sehr aufregende Inhalte-Posten,

die dann auch sehr schnell nach oben gespült werden im Algorithmus,

das sie sehr viel Engagement bringen.

Ja, okay. Und je aufregender, desto erfolgreicher ist eigentlich ein Post.

Genau, das kann man sehen.

Aber hier in diesem Nahost-Krieg sieht man auch deutlich,

dass es eben nicht nur um Aufregung geht.

Es scheinen auch politische Motive da, bei den Plattformen mitzuspielen.

Okay, du hast ja vor, bereits dieses TikTok-Video mitgebracht.

Genau, das ist ein Beispiel von vielen.

Bei TikTok muss man zuerst mal wissen, dass Millionen von junge Leute TikTok auf dem Handy haben.

Ein Fünftel von allen 18- bis 24-Jährigen nutzt TikTok auch als Nachrichtenquelle.

Und im Moment verbreiten sich auf TikTok sehr, sehr viele pro-palästinensische Inhalte.

Es gibt den Hashtag Palestine und den Hashtag Free Palestine.

Die sind auch in Deutschland und in der Schweiz sehr, sehr erfolgreich.

Es gibt dann auch vermeintlich israelfreundliche Hashtags,

wie Visit Israel oder Israel Travel.

Aber auch unter diesen Hashtags werden sehr, sehr viele pro-palästinensische Inhalte verbreitet.

Wenn du sagst pro-palästinensische Inhalte, also was sind das für Inhalte?

Das sind sehr viele tragbare Inhalte, Leute, die ihre Solidarität ausdrücken,

manchmal auch nur irgendwelche Emojis.

Aber es gibt aber auch diese Videos, die Gewalt und Terrorpropaganda verbreiten.

Das hat übrigens die EU auf dem Plan gerufen, die hat bereits reagiert

und TikTok dazu verpflichtet, Gewalt zu löschen und auch gegen diese Information vorzugehen.

TikTok hat dann laut eigenen Angaben mehr arabisch und hebräisch

brechende Content-Moderatoren eingestellt und die haben bereits über eine halbe Million Videos

gelöscht, zusätzlich zu den normalen Content-Moderationsbemühungen von TikTok.

Okay. Und da hat sich die Situation dann verbessert jetzt?

Ich gehe schon davon aus, dass sehr viel der Gewalt inzwischen herausgefiltert wurde.

Trotzdem ist TikTok geflutet mit pro-palästinensischen Inhalten.

Also es ist einfach sehr, sehr einseitig.

Okay. Und wie ist das möglich?

Also ganz sicher wissen wir das nicht. Es gibt keinen Beweis, kein gelegtes Dokument,

dass da irgendwas schwarz auf weiß, zweifelsfrei feststellbar beweisen würde.

Aber es ist schon auffällig. Es gibt eben schon lange den Verdacht,

dass TikTok unter dem Einfluss Chinas steht, also der kommunistischen Partei spezifisch.

Und wenn dem so wäre, dann stellt sich schon die Frage, was hat denn der Mutterkonzern von TikTok

by dance heißt er? Was hatten denn, was hat denn die Partei von diesem Konflikt?

Also man muss dazu sagen, by dance TikTok, das ist chinesisch.

Das Unternehmen sitzt in China.

Die kommunistische Partei hat einen Sitz im Vorstand, also im Verwaltungsrat.

Dazu muss man wissen, Chinas offizielle Position in diesem Ostkrieg ist ja neutral.

Aber geopolitisches China, natürlich alles andere als neutral.

Es gilt als Verbündeter der Palästinenser.

China hat auch den Terroranschlag vom 7. Oktober nie verurteilt und fordert von Israel

mit der Zitat kollektiven Strafe, Casas aufzuhören.

Also das heißt, was du sagst, wir haben hier eine Art Deckungsgleichheit

von einer offiziellen chinesischen Position, der kommunistischen Partei,

mit der Realität auf TikTok.

Ja, genau. Es wird auch immer wieder vermutet, dass China Einfluss nimmt.

Auch das wurde in den Nachgewiesen und TikTok übrigens wird sich vehement gegen diesen Vorwurf.

Die sagen, ne, bei uns spricht natürlich gar keine Regierung mit.

Aber trotzdem, oder ich meine, die EU hat auch sehr schnell reagiert

und TikTok auch dazu verpflichtet,

auch Desinformationskampagnen besser zu moderieren und zu löschen.

Aber man muss auch sagen, es geht da nicht nur gegen TikTok,

sondern auch gegen die Plattform des Metaconsents, sprich gegen Facebook und Instagram.

Auch die werden im Zusammenhang mit diesem Krieg immer wieder kritisiert.

Wir sind gleich zurück.

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Okay Joy, auf TikTok wird pro palästinensische Inhalt bevorzugt

und jetzt sagst du bei Meta auch?

Ja eben genau nicht, dort ist eben genau das Gegenteil davon.

Ein gutes Beispiel dafür sind die Beiträge von Ahmed Eldin.

Er kommt aus Kuwait, seine Familie kommt ursprünglich aber aus Palästina.

Er hat in den USA studiert und ersetzt sich öffentlich für die palästinensische Sache ein.

Er ist nicht irgendwie für die Hamas oder irgendwie dem Terrorismus nahe.

Er ist ein Journalist, Filmproduzent.

Er war auch schon für einen Emmy nominiert.

Seine Sorge gilt der Zivilbevölkerung in Gaza, das wollte er auch zeigen.

Auf Instagram ist er sehr aktiv und kritisiert die Vergeltungsschläge von Israel in Gaza.

Und dann merkt er vor einigen Tagen, dass seine Stories, die er auf Instagram postet,

werden zwar angezeigt, einige Leute sehen die auch, aber seine Follower können diese Videos nicht weiter teilen.

Das heißt, die Möglichkeit der Verbreitung wird irgendwie eingeschränkt offenbar.

Das ist auch ein bekanntes Phänomen, das nennt man Shadowbanning.

Was ist das genau?

Das ist eine bewusste Entscheidung der sozialen Netzwerke, gewissen Posts die Reichweite zu beschränken.

Dazu gibt es ganz viele verschiedene Methoden.

Manche Posts sind dann einfach nicht in der Suche auffindbar.

Vielleicht werden sie niemandem empfohlen, sondern nur Freunden angezeigt.

Es kann aber auch sein, dass man sie nicht liken oder nicht teilen kann.

Dieser Vorruf des Shadowbannings kommt auch immer mal wieder,

meistens so von Gruppen oder Minderheiten, die irgendwelche Missstände anprangen.

Das gab es zum Beispiel auch schon bei der Black Lives Matter Bewegung.

Okay, aber es ist der Vorwurf, dass die Online-Plattformen hier bewusst eingreifen.

Sie werden nicht ganz ausgeschlossen, aber so ein bisschen in die Ecke gedrängt.

Ja genau, das ist auf jeden Fall der Vorwurf von vielen Leuten, die sich auf den Meta-Plattformen im Moment pro Palästina äußern.

Ich habe dazu auch mit einer NGO gesprochen, die nennt sich Hamlech.

Das ist eine Beobachtungsstelle, die schaut, wie palästinensische Angelegenheiten online dargestellt werden.

Die werfen Meta vor, der Konzern greife zu schnell ein und übermoderiere palästinensische Themen.

Was heißt das übermoderieren?

Da werden Inhalte gelöscht oder eben in ihrer Reichweite beschränkt,

die eigentlich den Richtlinien des Konzerns nicht widersprechen, sprich, da greift jemand Zufist ein.

Jetzt haben wir vorher über mögliche Motive bei TikTok spekuliert, muss man dazu sagen.

Was lässt sich zu einem möglichen Motiv bei Meta-Konzern sagen?

Ja auch hier. Den wirklichen Beweis haben wir ja nicht.

Dieses Dokument, das Schwarzhafa ist irgendwas beweisen würde, haben wir nicht.

Aber trotzdem wissen wir ja, dass die amerikanische Haltung schon eigentlich ist,

dass man uneingeschränkt Israel unterstützt und auch hilft.

Joja, was machen wir jetzt damit?

Wir haben es ja ganz offen gesagt, wir haben ja keine Beweise dafür.

Es ist ein Nachdenken darüber, was auf den sozialen Medien passiert im Moment.

Das beschäftigt ja auch viele Leute. Wie sollen wir jetzt damit umgehen?

Also was ich aus der Recherche jetzt auch mitgenommen habe,

ist, dass ich wieder nach Ostkrieg auch online stattfindet auf eine Weise.

Man kann von keinem sozialen Netzwerk erwarten,

dass da eine inhaltlich fundierte Auseinandersetzung mit beiden Seiten stattfindet.

Man kann aber auch sehen, dass die Plattformen nicht aus einem luftleerender Raum herausarbeiten,

sondern aus bestimmten Ländern, mit bestimmten Interessen,

mit einer bestimmten Kultur.

Und auch, dass man, was man so liest, online und auch offline,

dass man vielleicht nicht alles einfach gerade glauben kann,

sondern irgendwie auch noch reflektieren muss.

Keine kritische Haltung bewahren du?

Absolut immer.

Liebe Joja, vielen Dank.

Danke David.

Das war unser Akzent. Produzent dieser Sendung war Simon Schaffer.

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Ich bin David Vogel, bis bald.

Copyright WDR 2021

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Auf Tiktok trenden Videos, die Israel das Existenzrecht absprechen und auch offen Terrorismus verherrlichen. Dahinter könnten chinesische Interessen liegen. Auch der Meta-Konzern aus den USA soll zugunsten Israels in die Inhalte eingreifen.

Heutiger Gast: Gioia da Silva, Technologie-Redaktorin

Host: David Vogel

Produzent: Simon Schaffer

Weitere Informationen zum Thema: https://www.nzz.ch/technologie/einseitige-meinungsmache-tiktok-verbreitet-pro-palaestina-inhalte-ld.1762024

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