Klenk + Reiter: Der plötzliche Kindstod - S02E02

FALTER FALTER 4/14/23 - Episode Page - 33m - PDF Transcript

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Gute Unterhaltung bis zum Schluss wünscht die Bestattung Wien.

Als die Mutter in dieses Zimmer wieder zurückkommt, ist das Kind dort leblos.

Jetzt könnte man glauben, irgendwie ist der Fluch des Medizinmanns wahr geworden.

Durch diese Erkenntnisse ist die Zahl der plötzlichen Kindstodesfälle in Österreich

auf ein Zehntel der ursprünglichen Ausgangsmenge zurückgegangen.

Herzlich Willkommen liebe Zuhörerinnen und Zuhörer zu unserer zweiten Staffel

von Klenk und Reiter, dem Falter Podcast aus der Gerichtsmedizin.

Ich bin Florian Klenk, Chefdirektor der Wiener Wochenzeitung Falter und neben mir sitzt

Christian Reiter, ich bin Gerichtsmediziner und habe das Glück,

dass der Schicksal mir in den letzten Jahrzehnten viele spannende Kriminalfälle zugespielt hat.

Wir reden hier ja nicht nur über Kriminalfälle und über Morde

und über historische Morde und ungeklärte Todesursachen von Adeligen und Künstlern

und Komponisten und allen möglichen Figuren,

sondern wir versuchen in diesem Podcast ja auch ein bisschen Alltagshilfe zu geben.

Und wir haben uns gedacht, dass wir heute über etwas sprechen, was sehr viele junge Eltern beschäftigt

und in Sorge versetzt, nämlich die Angst um das Leben des Säuglings, des kleinen Kindes.

Und wir sprechen heute darüber, warum es passieren kann, dass Babys auf einmal sterben

und was man dagegen tun kann.

Und wir haben uns gedacht, wir beginnen diesen Podcast mit einem sehr mysteriösen Fall,

den Sie beschrieben haben, als den Fluch des Medizinmanns.

Der Fall handelt von einem Diplomaten aus Westafrikanischen Stadt.

Wir wollen ihn jetzt nicht nennen, um ihn anonym zu belassen.

Und seine Frau war schwanger und die diplomatische Vertretung hat diesen Mann nach Österreich geschickt

und das Baby, das sie auf die Welt gebracht hat, hätte von einem Medizinmann beschnitten werden sollen

und mit allerlei mystischen Sprüchen sozusagen für das Leben begleitet werden.

Ja, also es war so, kurz vor der Niederkunft hat der Vater die Verständigung bekommen, dass er also nach Österreich versetzt wird.

Das Kind wurde noch in diesem Westafrikanischen Land geboren

und dort war es üblich, dass der für den Stamm zuständige Medizinmann eine rituelle Beschneidung durchführen.

Er musste und weil das dort aus hygienischen Gründen nicht immer alles so optimal war

und man doch sehr westlich orientiert schon gedacht hat, hat der Vater beschlossen,

wir lassen das Kind in Österreich dann unter medizinischen Standards beschneiden.

Nur, das ist dem Medizinmann nicht, ich hatte ihm jetzt nicht gefallen und er hat dort ganz großartig einen Fluch ausgesprochen gegen diese Familie.

Und nun mal wissen, dass diese Flüche tatsächlich viele Auswanderer oder auch Leute,

wir kennen das aus der, interessanterweise aus der Szene von Prostituierten in Wien,

da gibt es einen berühmten Kinofilm dazu von der Marie Kreuzer, tatsächlich belastet.

Das hat eine Wirkung, also das ist nie nur irgendein Zauberspruch, sondern das...

Das geht in die Kiefe der Seele dieser Menschen, die ja auch in diesem Kulturkreis eben für diese Medizinmann-Aktivitäten

sehr empfänglich gemacht werden und heran zu wachsen.

Und die Eltern haben das ignoriert, haben gesagt, okay, das ist halt so und sind nach Österreich.

Dieses Kind wurde in einer Wiener Privatklinik wirklich unter den besten medizinischen Voraussetzungen einmal vorerst untersucht,

ob es auch gesund ist, ob es diesen Eingriff auch verkraftet.

Und dann wurde das dort sachgemäß vorgenommen und Mutter und Kind hätten ein oder zwei Nächte dort überwacht werden sollen, bevor das Kind entlassen.

Also mal eine Bubenbeschneidung, wie man es im jüdischen Glauben und muslimischen sind später, aber im jüdischen Glauben vor allem verhebt.

Genau, also nichts Besonderes und das Kind hat diesen Eingriff auch völlig unbeschadet überstanden

und wurde dann, weil es nicht gestillt wurde mit einem Fläschchen, noch einmal hat es was bekommen zum Trinken

und wurde dann zum Schlafen gelegt. Und weil das Kind brav geschlafen hat, da Mutter Fahrt war,

ist die Mutter hinausgegangen, dort in einem Warteraum und hat dann mit irgendwelchen Freundinnen, die sie besucht haben,

noch geplaudert und hat sich unterhalten, während das Kind halt brav dort geschlafen hat.

Als die Mutter in dieses Zimmer wieder zurückkommt, ist das Kind dort leblos.

Große Aufregung und die Frage der Justiz gibt es Hinweise auf ärztliches Fehlverhalten.

Ist dieses Kind unsachgemäß behandelt, nachbetreut worden etc.

Das heißt, so ein Kind kommt dann auf die Gerichtsmedizin?

Solche Fälle werden dann vom Staatsanwalt der Gerichtsmedizin zugespielt mit der Klärung der Todesursache.

Das heißt, sie kriegen dieses Kind und müssen es optozieren?

So ist es.

Und Sie haben dieses Kind optoziert?

Dieses Kind optoziert.

Und was zu befürchten war, ich habe bei der äußeren Besichtigung, bei der Obduktion, Untersuchung der Organe,

keine Todesursache gibt es.

Also keine Würgemale, keine Erstiegungszeichen?

Keine Hinweise auf jeden einen gewaltsamen Tod.

Das Kind hatte keine Missbildungen, das Kind hatte keinen Hinweis auf irgendwelche lebensuntüchtigen Krankheitszustände,

wenn man sagt, ja, das war halt einfach schon krank.

Nichts.

Gut, der nächste Schritt ist, dass man eine toxikologische Untersuchung macht.

Schaut, was sind für Wirkstoffe.

In diesem Körper können die einen Schaden angerichtet haben.

Auch da war nichts Auffälliges.

Und der nächste Schritt ist, dass man eine mikroskopische Untersuchung macht.

Und man hat ja bei der Obduktion Gewebsproben entnommen aus den wichtigsten Organen,

die man dann mikroskopisch untersuchen möchte.

Gewebsproben kommen in so kleine Flächen.

Fischchen mit einer Konservierungsflüssigkeit müssen dann aushärten.

Und um sie dann für die weitere Verarbeitung vorzubereiten,

werden sie also einmal dort gestappelt auf einem Board.

An dem Fall war das gleich neben einem Fenster.

Und jetzt passiert etwas sehr merkwürdiges?

Ja, was man bis zum heutigen Tag nachdenken bereitet.

Nämlich ein Windstoß hat dieses nicht gut geschlossene Fenster aufgestoßen.

Dieses Fläschchen ist zu Boden gefallen mit dem Inhalt,

in tausende kleine Glassplitter zu sprungen,

die sich in diese Gewebsproben hineingebohrt haben.

Und die Aufarbeitung dieses Materals war wahnsinnig schwierig,

weil überall diese Splitter in diesen Proben waren,

die dann als Schaden beim Schneiden dieser Proben hier Veränderungen herbeigeführt haben,

die die Untersuchung schwierig gemacht hat.

Wir haben zwar das auch untersuchen können,

aber im Endeffekt gab auch die mikroskopische Untersuchung keine Todesursache.

Jetzt könnte man glauben, irgendwie ist der Fluch des Medizinmanns wahr geworden.

Das Kind stirbt, der Gerichtsmediziner kann auf einmal die Asservate nicht mehr untersuchen,

weil der Wind das Fenster aufstellt, aber wir sind nicht aber, glaube ich.

Und das zu ergründen, gehen wir jetzt einfach 150 Jahre zurück.

Es ist auch sehr viele tote Zeugene gab.

Wir gehen in das Paris des 19. Jahrhunderts.

Sie schreiben in einem Artikel die Städte der frühen Moderne,

wo die Industrialisierung begonnen hat,

wo die Massenarmut, die Seuchen, die Kriminalität die Bevölkerung geplant hat.

Diese Städte waren das Experimentierfeld oder das Labor von Gerichtsmedizinern.

Unter anderem einem Arzt namens Auguste Ambroire-Tardieu, 1918 geboren,

ist nur 61 Jahre alt geworden, und der hat sich mit dem Tod von Zeugningen beschäftigt.

Der hat sich mit den sozialen Gegebenheiten in Paris dieses 19. Jahrhunderts beschäftigt.

Denken Sie, das war die Zeit Toulouse-Lautrec-Degas,

wo sehr viel Künstlerisches, aber auch sehr viel Armut geherrscht hat.

Und es war dort Paris eine Städte der Prostitution, eine Städte der Armut.

Und viele Frauen haben ihre Kinder unmittelbar nach der Geburt getötet.

Das beschreibt der Martin Boller in einem berühmten Buch,

das in Galizien noch beginnt des 20. Jahrhunderts,

Ende des 19. Jahrhunderts Kinder in ärmeren Regionen Europas getötet wurden.

Ja, weil sie als unethige Fresser einfach ausgelöscht wurden.

Und die Gerichtsmediziner hatten damals eine ganz große Zahl von Zeuglingen zu obtussieren

und mussten also unterscheiden, ist es jetzt ein natürlicher Tod.

Der Tartier schreibt, ob sie lebensuntüchtig waren und deshalb gestorben sind

oder ob sie getötet wurden.

Und es war damals so, dass die Frauen in den niedrigen sozialen Verhältnissen

mit den Kindern meistens im Bett lagen.

Die haben die Kinder gestillt, dann sind beide eingeschlafen

und oft war es dann in der Früh so, dass plötzlich das Kind tot im Bett lag

und man gesagt hat, ja, ja, die hat ihr Kind erdrückt.

Da gab ja auch Kinder, die erstickt wurden mit dem Ballster

und der Tartier hat bei den Obduktionen dieser Kinder festgestellt,

dass es eine Veränderung in den Brustkorborganen gibt

mit zahlreichen kleinen punktförmigen Blutungen

unter dem Lungenfeld unter der Herzaußenhaut,

wie sie bei Ersticken vorkommen.

Die nennt man heute noch die Tartierischen Flecken.

Und die Tartierischen Flecken waren immer und sind bis heute assoziiert mit Erstikkungsdot.

Und wenn jetzt das in einer niedrigen sozialen Schicht passiert ist,

dann hat man gesagt, okay, entweder hat es das Kind erstickt

oder hat es das Kind erdrückt.

Aber was war mit den Kindern von den Adeligen,

bei denen es auch Todesfälle von Neugeborenen gegeben hat,

die nicht erdrückt werden konnten, weil sie ihr eigenes Kinderbett gehabt haben,

wo es auch kein Motiv gab, sie zu töten.

Und trotzdem hatten diese Kinder Tartierische Flecken.

Und das war über fast 100 Jahre ein großes Problem in der Gerichtsmedizin,

nämlich ein und denselben Befund, nämlich Befunde,

die mit dem Ersticken im Zusammenhang zu bringen sind,

auch sozial gestaffelt zu sehen.

Weil die Frau Baronen, deren Kind gestorben ist,

hat man nicht unterstellt, dass sie das Kind erstickt oder erdrückt hat,

obwohl sie die gleichen Befunde aufgewiesen hat,

wie bei den Prostituierten oder armen Arbeiterinnen.

Die Armen sind wahrscheinlich mehr eingespielt worden,

als die Reichen, kann man vermuten.

Und sie haben sich dann eigentlich Ende der 70er Jahre begonnen,

tatsächlich mit dem Fall nochmal zu beschäftigen,

mit den Fällen der Erstickten Neugeborenen.

Naja, ich hatte damals als junger Assistent

etwa 50 tote Kinder im Jahr.

Das ist jede Woche ein.

Im Durchschnitt ein Kind pro Woche in Wien,

das zur Obduktion gekommen ist.

Und ich musste am Ende der Obduktion,

die abgesehen von tardioischen Flecken

und sonst keine Krankheiten an diesen Kindern zeigen konnten.

Die waren nicht vergiftet, die haben keine Gewalteinwirkungen gehabt,

haben aber die Befunde des Erstiegungsdodes geboten.

Und da musste ich dann am Ende der Obduktion einen Totenschein unterschreiben

mit einer Todesursache.

Und Sie haben geschrieben, es fehlt ein vernünftiger Begriff der Todesursache.

Richtig.

Und haben dann geschrieben, es ist ein Säuglingsdarm-Katar,

was immer das ist.

Ja, die alten Gerichtsmediziner, meine Lehrer,

haben noch behauptet, das wäre ein Säuglingsdarm-Katar,

obwohl diese Kinder nie Durchfall gehabt haben.

Aber man hat halt in Ostösterreich oder auch im süddeutschen Raum

dieser Todesursache diesen Namen gegeben.

Elektrolyt Entgleisung, habe ich auch gelesen, hat man.

Ja, es wurde vieles diskutiert und man wusste es eigentlich nicht.

Aber umgekehrt hat man immer ein flaus Gefühl im Bauch gehabt,

wenn man sozusagen geschrieben hat,

ein natürlicher Tod unbekannter Ursacher.

Denn in dem Moment, wo man das unterschreibt,

schließt man einen gewaltsamen Tod aus.

Das heißt, die Gerichtsmediziner stehen eigentlich vor einem riesigen Rätsel.

Jede Woche stirbt es in Wien ein Säugling und man weiß nicht, woran.

Man kann eigentlich nur rätseln.

Und man kann nicht unterscheiden, ob natürlich oder gewaltsam.

Und jetzt hat man irgendwann das Kürzel SIDS erfunden.

Wie halt alles kam es auch aus Amerika,

wo sich also Wissenschaftler zusammengetan haben und gemeint haben,

wir nennen eigentlich das Ganze als Sadeninfant des Syndrome, als plötzlicher Kindstod.

Was aber noch nichts erklärt.

Nein, das wurde dann nur sozusagen eine einheitliche Namensgebung

für dieses Krankheitsbild international.

Aber man hat nicht gewusst, was die Ursache ist, was der Auslöser dafür ist.

Und jetzt beginnt man in den 80er Jahren genauer hinzuschauen.

Unter dem Einfluss der eigenen Kinder,

damals in den 80er Jahren eine Gruppe von jungen Gerichtsmedizinern in Wien,

die also alle Kinder gehabt haben, Säuglingen gehabt haben.

Und alle diese Dinge interessieren einem erst dann,

wenn man auch privat irgendwie betroffen sein könnte.

Und da haben wir uns alle zusammengetan und haben also über diese Thematik auch geforscht.

Guten Tag, hier ist Ernst Molden.

Ich stimme schon meine Gitarre für das Lied am Ende der Sendung.

Die schlimmsten Geschichten sind ja die, wo Kindern etwas passiert.

Und dazu habe ich eine Ballade geschrieben, eine Schwermütige.

Die heißt, da Uhu.

Und wenn die beiden Herren mit ihrem Gespräch am Ende sind, können sie sie hören.

Das heißt, man schaut sich die Lebensgeschichten der Familien an,

der Säuglinge an und da sind sie auf Gemeinsamkeiten gestoßen.

Nachdem wir also 50 Fälle im Jahr im Schnitt hatten,

ist es uns dann gelungen, im Laufe der Zeit, an die 300 Säugertodesfälle gesammelt zu haben.

Und da sind wir draufgekommen, dass viele dieser Fälle eine Gemeinsamkeit hatten.

So wurde zum Beispiel festgestellt, die Mütter haben das immer wieder gesagt,

das Kind hat in der Nacht immer wieder schon in den Nächten davor,

Atmaussetzer gehabt. Das heißt, Mütter sind da sehr hellhörig,

die Linie oft nehmen den Kindern und belauschen instinktiv dieses Kind

und plötzlich merkt die Mutter, das Kind atmet nicht.

Dann schüttelt sie es, dann atmet das Kind wieder.

Gott sei Dank, es atmet wieder.

Solche Atmaussetzer waren auffällig.

Dann haben die Mütter immer wieder beschrieben,

wie sie das Kind droht aufgefunden haben

oder zu diesen Episoden, wo die Kinder kurz mit der Atmung ausgesetzt haben,

die waren rinwaschelnast durchgeschwitzt,

haben also in der Temperaturregulationsveränderung erfahren,

ohne dass sie Fieber hatten.

Dann ist aufgefallen bei einigen Kindern, wo die Rettung noch gerufen wurde,

wo noch eine Blutprobe abgenommen wurde,

dass zum Beispiel der Blutzuckerspiegel ganz abnormal war

oder die Elektrolytzusammensetzung des Blutes verändert war.

Und so haben wir uns also dann mit der Frage beschäftigt,

ob es hier nicht irgendwo eine Regulationsstörung im Gehirn gibt,

die bei den Kindern das Atmen,

aber auch die anderen biologischen Funktionen beeinflusst.

Das heißt, die Steuerung dieser Kinder im Kopf funktioniert nicht, spielt verrückt.

Es sprach vieles dafür,

dass hier im Gehirn Regelsysteme verstellt werden.

Wir haben uns dann durch einen Zufall, sind wir darauf gekommen,

dass viele dieser Kinder auch Gefäßveränderungen an der Schädelbasis haben,

dass die großen Schlagadern dort polsterartige Verdickungen der Gefäßwand aufwiesen.

Und wir haben zum Beispiel auch die Beobachtung gemacht,

dass SEDS-Gefährder, die Kinder oft Väter haben,

die selbst einen Schlafabnoe-Syndrom haben.

Das sind diese Väter, die halt schnorgen in der Nacht

und dann plötzlich für eine Viertel halbe Minute aufhören zu atmen

und dann wieder heftig schnorgen und weiterschlafen,

was wahrscheinlich auch massiv für den Kreislauf belastend ist.

Dass es hier offenbar auch eine genetische Disposition dafür gibt.

Sie haben aber auch entdeckt,

dass es ja alle Gemeinsamkeiten gibt, wenn ich entdext richtig ist.

Wir sind darauf gekommen, und das ist auch von anderen Forschergruppen bestätigt worden,

dass zum Beispiel ein rauchendes Umfeld sehr schädigend für diese Kinder ist.

Also Kinder, die in einer Umgebung heranwachsen,

wo nicht geraucht wird, hatten also viel geringere Chancen an SEDS zu sterben

als Kinder in einem verqualmten Atmosphäre.

Wir hatten aber auch Fälle, die gezeigt haben,

dass Stress in der Familie, wie zum Beispiel Wohnungswechsel,

Neuausmalen, Neu-Einrichten, Streit der Eltern

sehr belastend für die Kinder sein dürfte.

Denn so ein Kind, wenn es auf die Welt kommt,

möchte am besten in einem geborgenen Nesterl heranwachsen.

Und wenn hier Unruhe herrscht,

dann ist das eine massive psychische Belastung für das Kind,

das ja für all dieses Verhalten keine Erklärung haben kann

und daher Stress empfindet.

Also Stress in der Familie im ersten Lebensjahr ist kontraproduktiv.

Jetzt haben sie noch was herausgefunden,

nämlich dass viele dieser Kinder in Bauchlage gelegt wurden,

so wie es damals ein berühmter Arzt, der Herr Dr. Tschermak empfohlen hat.

Herr Dr. Tschermak hat empfohlen, Säuglinge in Bauchlage zu lagern,

weil es einerseits orthopedisch besser wäre

und andererseits die Gefahr des Speisebrei-Ein-Atmens dadurch verhindert werden könnte.

Herr Dr. Tschermak war ein bekannter, berühmter und sehr einflussreicher Kinderarzt

zur damaligen Zeit.

Der ist nur gut gemeint hat mit den Kindern.

Der ist absolut gut gemeint und der auch der Initiator für den Mutter-Kind-Pass gewesen ist.

Der für die gewaltfreie Erziehung plädiert hat,

in der damaligen Zeit noch nicht eine Selbstverständlichkeit.

Und Tschermak hat gesagt, es besteht ein Risiko,

dass Kinder, die gegessen haben, jetzt sozusagen hochstoßen oder erbrechen ihren Mageninhalt

und dass sie den in Rückenlage wesentlich leichter einatmen,

als wenn sie in Bauchlage liegen würden.

Das macht den Müttingeraden das Kind.

Und wir sind aber darauf gekommen, dass Kinder, die im Bauchlage liegen,

durch die Abknickung der Halsgefäße, weil sie ja den Kopf seitlich drehen müssen,

bei einer entsprechenden Neigung für krankhafte Veränderungen in den Gefäßen an der Schädelbasis,

besonders Gefahr laufen, hier eine Atemstillstand zu haben.

Das heißt, das Gehirn wird durch das Abklemmende Halsgefäße

bei dieser seitlichen Kopflage, wird das Gehirn schlechter durchblutet

und die empfindlichen Zentren an der Hirnbasis, die zum Beispiel

Körpertemperatur, Sauerstoffbedarf, Elektrolyte steuern,

diese Regionen werden unterversorgt und dadurch werden die Regelsysteme verstellt

und die Kinder heraufzuatmen.

Das heißt, heute würde man nicht mehr atmen, Kinder in Bauchlage zu betten?

Ja, wir haben gekämpft dafür, dass diese Bauchlage der Kinder modifiziert wird.

Es gibt Kinder, die die Menge einfach nicht in Bauchlage schlafen,

die kannst dann nicht in Bauchlage zum Einschlafen bringen.

Seitliche Lagerung, wenn das Kind das akzeptiert, würde ich sagen, ist die günstigste Lagerung.

Das heißt, irgendwo so eine Decke am Rücken, da ist ein bisschen Stütze

so in einer stabilen Seitenlage gelagert, verhindert, dass das Kind Speisebrei einatmen kann,

wenn es erbricht oder wenn es hochstoßt.

Und umgekehrt knickt es nicht die Halsgefäße ab und durch diese Erkenntnisse

ist es dazu gekommen, dass die Zahl der plötzlichen Kindstodesfälle in Österreich

auf ein Zehntel der ursprünglichen Ausgangsmenge zurückgegangen ist.

Das heißt, die Wiener Gerichtsmedizin hat heuer im Jahr keine zwei oder drei Fälle.

Das heißt, durch die Umstände, die sie herausgefunden haben,

haben sie die Anzahl der Kinder, die in Wien gestorben sind,

die Babys, die in Wien gestorben sind, von 50 auf 5 reduziert.

In der Größenordnung, ja.

Kommen wir noch einmal zurück zum Fluch des Medizinmanns.

Wir haben jetzt ein Kind, das dort verstorben ist.

Was wäre Ihre Erklärung für diesen plötzlichen Kindstod?

Dieses Kind wurde damals eben der germaxen Empfehlung folgend im Bauchlage gelagert.

Ist alleine in diesem Kinderzimmer, in diesem Krankenzimmer gelegen,

nachdem die Familie aus Afrika nach Europa übersiedelt ist,

Stress pur und die Mutter war nicht anwesend.

Ein weiterer Stressfaktor.

Ich liege in einem Nesterl alleine und meine Mama ist nicht da

und vermutlich auch noch eine genetische Disposition dafür.

Und das hat hier insbesondere durch den Stress,

den die Familie auch durch den Fluch des Medizinmannes hatte,

dazu geführt, dass dieses Kind diesen Atemstillstand davon.

Das heißt, der Rad an Eltern kann es sein,

einfach die Zeit, in der dieses Kind geboren wird,

möglichst stressfrei zu verbringen,

keine Übersiedelungen, keine unnötigen Operationen,

keine Ortswechsel.

Sein Kind möchte geboren werden und in einem bereiteten Nest behütet werden.

Das bedeutet, nicht eine neue Wohnung besiedeln,

eine neue Wohnung einrichten, weil das Kind schon auf der Welt ist.

Das muss man alles vorher machen.

Und dieses Kind, im Sinne eines Roaming-In,

im Umfeld der Eltern schlafen lassen.

Ich sage immer etwas überspitzt, der schnachende Vater ist für das Kind

die größte Garantie, dass es in Sicherheit ist.

Weil da wird von einem Erwachsenen gewacht über die Situation.

Das heißt, nicht eine Wiege irgendwo in einem Zimmer stellen fernab,

sondern diese sogenannten Betteln, die man heranschiebt,

wo das Kind in der Nähe ist.

Es gibt eine Statistik zum Beispiel aus Hamburg,

wo man beobachtet hat, dass Kinder von türkischen Familien,

die alle in einem Raum geschlafen haben, im Vergleich zu der deutschen Bevölkerung,

wo das Kind ein eigenes Kinderzimmer hatte und schon als Säugling im eigenen Kinderzimmer lag,

dass die Neigung zum plötzlichen Kindstod bei der türkischen Bevölkerung

um ein vielfaches geringer war als bei der deutschen Bevölkerung.

Warum? Weil das Kind von den Eltern getrennt war und das Stress bedeutet.

Also das, was man eigentlich in der Natur sieht,

dass Neugeborene irgendwo im Nestel bei den Eltern schlafen,

einfach in das menschliche Leben übersetzen.

Genau.

Jetzt gibt es noch Fälle, die immer wieder auftauchen,

die mittlerweile auch mit Mordverurteilungen geandet werden,

nämlich das Schütteln von Kindern.

Eltern, die das Schreien von Kindern in Stress versetzt,

die Schlafmängel haben, die nicht mehr wissen, wie sie mit diesen kleinen schreien Bagen umgehen

und die auf einmal beginnen, diese Kinder zu schütteln und die plötzlich sterben.

Was passiert da eigentlich?

Ja, das ist das Schütteltrauma bei Säuglingen.

Das Gehirn ist ja im Inneren des Schädels auf harten Hirnhautstrukturen und den Blutgefäßen aufgehängt.

Schwimmt in der Liquidflüssigkeit und hängt Nabelschnurrate, könnte man sagen, an diesem Blutgefäßen.

Und wenn man jetzt den Kopf eines Kindes abrupt bewegt, vor allem in der Längsrichtung,

dann kommt es zum Abriss dieser Aufhängeblutgefäße

und es kommt also zu Blutungen in das Schädelinnere mit entsprechenden Unterversorgungen von Hirnsubstanz

mit schwerster Behinderung und in vielen Fällen auch leider zum Tod.

Wie oft passiert diese Fälle in der Praxis?

Naja, es vergeht kein Jahr, wo nicht alleine in Wien mindestens ein Fall, manchmal sogar mehr, vor Gericht landen,

wo also Kinder verstärben, an den Folgen so eine Schütteltrauma.

Justiz klagt das mittlerweile smart an, ist das nachvollziehbar für Sie?

Ja, es hat hier sicherlich in den letzten Jahrzehnten auch eine Evolution hinsichtlich der Rechtsprechung stattgefunden.

Noch vor 20, 30 Jahren hat man sich noch ausreden können.

Naja, ich habe ja nicht gewusst, dass das gefährlich ist.

Heute ist es so, dass man davon ausgehen muss, dass die Jurieristen der Ansicht sind,

jeder, der ein Kind betreut, muss wissen, dass man das nicht tun kann und darf

und dass das lebensgefährlich ist.

Und wenn jemand es tatsächlich tut, dann nimmt er billigend in Kauf, so wie das in dem Juristenteutsch heißt,

dass ihr der Tod eintritt und das bedeutet, dass hier ein wenig Moa das angeklagt wird.

Das heißt, wenn das Kind in der Nacht so schreit, dass man furchtbar genervt ist,

am besten dem anderen Elternteil in die Hand drücken und den Raum verlassen.

Und den anderen Zimmer schlafen.

Herr Professor, danke für diese Einblicke, die für viele Eltern wahrscheinlich wichtig sind,

die Angst haben, dass Kinder sterben, die vielleicht so wie die Familie aus Afrika auch glaubt,

das hat vielleicht irgendwelche metaphysischen Gründe.

Wir haben viel gelernt.

Wenn Sie noch mehr wissen wollen darüber, wie man mit Kindern umgeht,

mit kleinen Kindern, dann können Sie ein neues Produkt aus dem Hause Falter abonnieren,

nämlich den Falter Kinder Newsletter, den wir jede Woche veröffentlichen,

wo wir Tipps geben, Rat geben von Spezialistinnen und Spezialisten, von Ärztinnen und Ärzten,

wenn man mit Kindern umgeht, wo wir Tipps geben, was man in der Stadt mit den Kindern machen kann,

oder Sie können auch einfach ein Falter abonnieren.

Herr Professor, danke für die Einblicke, wieder mal in die Welt

und ich danke Ihnen fürs Zuhören, bleiben Sie gesund, bleiben Sie uns gewogen, bleiben Sie am Leben.

Ich freue mich aufs nächste Mal.

Bevor Sie gehen, wir haben auch heute wieder ein Musikstück für Sie vorbereitet.

Ernst Molden hat eine ganze Platte eigens für diesen Podcast komponiert.

Mördernummern heißt das Werk und Sie können die CD exklusiv im Faltershop bestellen

unter faltershop.at-molden.

Hier die nächste Hörprobe, viel Vergnügen mit der Nummer der Uhu.

Uie, uie, uie

Ja Gott schickt ganz schnell

und traur des Lichts

dass man söhlend, niemand mehr sich

dir verschlopft der Uhu

im Schlopftick dann auch

Uie, uie, uie

Ja Gott schickt ganz schnell

und traur des Lichts

dass man söhlt

ja Gott schickt ganz schnell

und traur des Lichts

dass man söhlt, niemand mehr sich

Das war Klenk und Reiter der Falter Podcast aus der Gerichtsmedizin.

Das Team hinter dem Podcast Ernst Molden hat die Musik und den Jingle komponiert.

Mirim Hübel ist für Produktion und Regie verantwortlich.

Philipp Dietrich macht die Audio-Technik.

Sie können diesen Podcast auf allen gängigen Plattformen abonnieren,

um keine Folge mehr zu verbassen.

Wir bedanken uns bei allen, die unsere Arbeit über ein Falter Abo unterstützen.

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Bis zum nächsten Mal.

Das Kind kommt jetzt her.

Es ist noch nicht spät.

Der Wind war's jetzt so.

Ich wollte ja nicht gern reden.

Uie, uie, uie, uie

Ja Gott schickt ganz schnell

und traur des Lichts

das Masölen nicht mehr mehr sieht

uie, uie, uie

Ja Gott schickt ganz schnell

auf der Menschheit ihr Gesicht

das Masölen nicht mehr mehr sieht

Machine-generated transcript that may contain inaccuracies.

Dr. Christian Reiter spricht in dieser Folge mit Florian Klenk über die Macht der Psyche, über die mysteriöse Diagnose “plötzlicher Kindstod”, die er selbst lange Zeit beforschte.

Was Eltern tun können, um solchen Tragödien vorzubeugen und was ein Medizinmann mit dem Tod des Säuglings einer Wiener Diplomatenfamilie zu tun hatte, erfahren Sie in dieser Folge. 


Musik: "Da Uhu" von der Platte "Möadanumman" von Ernst Molden

Die CD ist jetzt im faltershop erhältlich!


Produktion und Regie: Miriam Hübl

Audiotechnik: Philipp Dietrich


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