Verbrechen: Der Fall Dieter Wedel, Teil 2: Der Schattenmann

ZEIT ONLINE ZEIT ONLINE 2/21/23 - Episode Page - 54m - PDF Transcript

Liebe Zuhörerinnen, liebe Zuhörer, da sind wir wieder zurück zur zweiten Folge über

Dieter Karl Cäsar Wedel.

In der ersten Folge haben wir darüber gesprochen, wie wir auf diesen Fall gestoßen sind und

ich glaube, Sabine, wir haben noch nie so intensiv über Recherchen gesprochen und über

diese ganzen Gedanken, die sich Journalisten machen, kann man das jetzt schreiben, wann

kann man das schreiben, was brauchen wir alles noch, was müssen wir wissen, wie sicher

sind wir?

Ja.

Journalismus, wie wir ihn betreiben, kostet natürlich Geld und der Aufwand, den wir da

treiben.

Dafür werden wir normalerweise bezahlt, indem uns Menschen kaufen, also die Zeit kaufen,

Zeitverbrechen kaufen.

Ja, diesen Podcast kann man nicht kaufen, den kann man nur anstellen.

Den kann man einfach anstellen, aber wenn Sie Interesse haben, liebe Zuhörerinnen,

liebe Zuhörer, an noch mehr sehr, sehr gut recherchierten Geschichten, bei denen wir

uns viel Gedanken darüber machen, wann wir sie denn drucken können und wann sie reif

sind.

Und dann gehen Sie doch einfach auf www.zeit.de.verbrechen-testen.

Dort können Sie uns abonnieren und noch viel mehr von uns lesen.

Nun aber können Sie noch viel mehr von uns hören, denn wir haben noch einen weiteren

Gast.

Die beiden Reporterinnen aus dem ersten Teil sind natürlich auch noch da, das ist Jana

Simon und Anna Bellwaber.

Wir haben aber jetzt noch einen Dritten dazu, das ist Christian Fuchs.

Christian Fuchs ist Investigativreporter und er wurde, weil sich einfach nach der Veröffentlichung

im Magazin sehr, sehr viele Leute gemeldet haben, sehr, sehr viele Frauen gemeldet haben

und gesagt haben, me too, wurde er mit eingeschaltet, wir haben dann noch mehr Reporter dann dazu

genommen.

Da waren es dann fünf oder sechs, aber jetzt erst mal Christian Fuchs, der in die Tiefen

der Sender gestiegen ist und dort sehr interessante Schätze gehoben hat.

Dazu aber später.

Hallo Christian.

Hallo, schön hier zu sein.

Ich erinnere mich noch genau an Deine E-Mail.

Fuchs, wir brauchen Dich und da konnte natürlich niemand Nein sagen.

Wir müssen jetzt wieder eine kleine Zeitreise machen und die mache ich ein ganz klein bisschen

ausführlicher, weil die Fernsehserie, über die wir jetzt gleich intensiv sprechen werden,

die ist mehr als 40 Jahre her in der Erstausstrahlung 1982 erschienen und sie trägt den Titel Breter,

die die Welt bedeuten.

Es geht um ein kleines Provinztheater, der Schauplatz, der Aufnahmen wird das Theater

der Stadt Bad Kissingen sein, es wird eine große Rolle spielen, auch ein Hotel in Bad

Kissingen wird wieder eine große Rolle spielen und sie ahnen auch schon liebe Zuhörerinnen

und Zuhörer, es wird wieder mal um Bademendel gehen.

Diese Serie damals war eine Vorabendserie, sie sollte von vier Regisseuren betreut werden,

von Tom Tölle, Harald Clemens, Chloes Hartwig und Dieter Wedel, der mit seiner Firma Active

Film als Produzent gleichzeitig auch mitverantwortlich war.

Das heißt schon mal eine enorme Machtfülle, wenn du gleichzeitig Produzent bist und zum

Teil selber auch Regie für erst acht Folgen sind geplant und es geht im Kern um eine junge

Schauspielerin Andrea Schilling, wie es in der Beschreibung des deutschen Fernsehlexikons

heißt, kein großes Talent, man kann auch schon sagen, am Ende dieser Serie wird sie

das Theater verlassen und eine Schallplatten-Karriere anstreben.

Das ist der Hintergrund, im Vordergrund aber kommen jetzt nach der ersten Veröffentlichung

Frauen auf euch zu, die die ersten Fälle recherchiert haben und melden sich und sagen, wie tu, wer

meldet sich denn da?

Also nachdem die erste Geschichte erschien ist, haben sich mehrere Personen bei uns gemeldet,

unter anderem eben auch Frauen, die von ähnlichen Geschichten berichtet haben, wie eben Johnny

Tempel und Patricia Thielemann sie geschildert haben und eine davon war eine Schweizer Schauspielerin

Esther Gemsch, die eben in der besagten Serie Bretter, die die Welt bedeuten, mit Dieter

Wedel arbeiten sollte, als wir sie getroffen haben.

Wir sind dann zu ihr nach Zürich geflogen und als wir sie getroffen haben, saßen wir

einer Frau gegenüber, die in der Schweiz sehr erfolgreich auch war, als Schauspielerin.

Und das, was eben aber halt aufgefallen ist in ihrer Karriere, ist, dass sie in den 80er

und 90er Jahren eigentlich fast gar nicht mehr gedreht hat.

Und als sie dann den Artikel gelesen hat, in Zeitmagazinen, hat sie gesagt, ok, jetzt

gehe ich mit meiner Geschichte raus, unter anderem auch deshalb, weil sie gesehen hat,

wie die Frauen aus der ersten Geschichte kritisiert wurden, dass es hieß, das stimmt alles nicht,

ihr wollt euch in den Vordergrund stellen, teilweise wurden sie der Lüge bezichtigt und

da hatte Esther Gemsch dann das Gefühl, ne, ich gehe jetzt mit meiner Geschichte raus,

auch weil sie drei Töchter hat und sagt, das ist ihre Verantwortung, dass sie jetzt

an die Öffentlichkeit geht.

Also man muss dazu sagen, sie hat uns eine E-Mail geschrieben und hat gesagt, bitte

rufen sie mich an, ich habe eine ähnliche Geschichte erlebt und ganz ehrlich, wir waren

damals so im Stress, weil sich so viele gemeldet hatten und wir waren so unter Druck, dass

ich erstmal so ein paar Stunden habe vergehen lassen.

Also ich habe gar nicht sofort da angerufen und dann erst, erst tatsächlich am Abend

sie dann erreicht und dann war sie so, oh Gott, ich dachte, sie melden sich gar nicht

mehr.

Und dann hat sie angefangen das zu erzählen und dann war klar, wir fliegen sofort nach

Zürich und treffen sie.

Und ihr habt da auch Rotöne mitgebracht von ihr und die hören wir uns jetzt an.

Also das fand ich mir zumutig, um das dann lesen zu müssen, wie das dann abgestritten

wurde und wie man da gegen sie beide vorgegangen ist und dachte, es geht nicht bis genau das,

also es geht nicht, da musst du jetzt dich hinstellen und sagen, Moment mal, 37 Jahre

ist es her und da war es schon so und man wusste es und das geht nicht an, dass ich muss,

also es ist wirklich meine Pflicht, ich habe drei Töchter, für mich war das überhaupt

keine Frage, einfach, dass ich mich hinter euch zustande und hinter sie alle zustande

stoffe.

Also ich bin zwei Tage, war ich sowas von durch den Wind und habe immer wieder das Bild

von ihnen angeschaut in der Zeitung, die ich da bekommen habe, dem Artikel und mein Anwalt

kommt, der Markus hat auch gesagt, du musst dich wendeltig an sie und da habe ich da mal

angerufen, aber da hat niemand abgemalt und dann habe ich die beiden Journalisten hingegogelt

und dann habe ich das Gefühl gehabt, und jetzt, und dann habe ich diese Mail geschickt.

Was war die Geschichte von Issa Gemsch?

Also die Geschichte von Issa Gemsch, da geht es ja wie gesagt um die Produktionen, die

Retter, die die Welt bedeuten, das nahm seinen Anfang 1980 und zwar war Issa Gemsch zu dem

Zeitpunkt 24 und war schon eine junge Schauspielerin, auch sie sehr ehrgeizig, wie viele andere

auch und ihre damaligen Agenten haben ihr gesagt, ein sehr großer deutscher Regisseur

möchte sie zum Casting einladen, möchte, dass sie eventuell die Hauptrolle bei dieser

Produktion übernimmt. Die Agenten haben auch wieder gesagt, das könnte ihr Durchbruch

sein, also das zieht sich auch durch alle Geschichten, die wir hier hören.

Dann ist Issa Gemsch tatsächlich erstmal nach Hamburg gefahren, auch dort, sie hieß

damals noch nicht Gemsch, das stimmt, sie hieß damals Esther Kristinath, wir nennen

sie dann immer Esther Gemsch, weil das dann ihr späterer Name ist, aber damals war sie

noch Esther Kristinath. Das heißt Wedel hat auch sie in seine Wohnung in Hamburg eingeladen,

auch dort war wieder seine Frau dabei, das war ein erstes Kennenlernen. Issa Gemsch

hat uns dann gesagt, das war sehr angenehm, dieses erste Treffen, sie habe dann im Hotel

übernachtet in Hamburg und dort, an demselben Abend, sei die da Wedel schon aufgetaucht

und habe vor ihrem Hotelzimmer gestanden, habe sie geküsst und überangefasst, sie habe

dann versucht dabei höflich zu bleiben, hat gesagt, jetzt nicht, also konnte ihn auch

irgendwie loswerden, hatte aber nicht den Mut, sich so zu wehren, wie sie es eigentlich

hätte machen wollen, sollen. Und die Agenten hatten ihr vorher auch noch gesagt, bitte

den großen Wedel nicht verärgern und diesen Satz hatte sie auch im Kopf, so hat sie es

uns geschildert. Sie hat eben diesen Übergriff über sich ergehen lassen und dachte auch,

es war vielleicht ein einmaliger Ausrutscher und hat auch mit niemanden darüber geredet.

So, sie hat dann tatsächlich die Hauptrolle bekommen und das wurde dann in Bad Kissingen

gedreht, das war am Dezember 1980, dort war es dann so, dass von Tag 1 hat sie so und

so erzählt, dass Wedel sie vor dem gesamten Team gedemütigt hat und fertig gemacht hat

mit Worten, wie sie könne doch nicht spielen und sie kann kein richtiges Deutsch, weil

sie eben aus der Schweiz käme.

Gleich von Anfang an.

Also nicht ganz von Anfang an, weil zuerst drehte sie mit Tom Tölle, das war ein anderer

Regisseur dieser Produktion und da lief alles sehr gut, wie sie gesagt hat und dann sollte

sozusagen Wedel übernehmen und dann gab es einen Abendessen, wo Wedel schon dazu kam.

Also das ganze Team war es dazu Abend, oder wem muss ich mir das kurz stellen?

Genau, also es gab einen Abendessen mit dem gesamten Team und da kam auch Wedel dazu.

Und dann war es so, da hat sich Ester Gemsch frühzeitig verabschiedet und wollte auf ihr

Zimmer und da ist er ihr wohl schon nachgegangen, ab diesem Zeitpunkt hat er sie dann jeden

Tag vor dem gesamten Team gedemütigt, sie fertig gemacht, dann kam es dazu, er hat

sie jede Nacht, das hat sie uns so erzählt, angerufen und immer wieder Sex von ihr verlangt,

dann hat er auch vor ihrem Zimmer gestanden, angeklopft, sie solle ihn einlassen, sie hat

gesagt, sie hat das immer wieder abgewährt, immer wieder nein gesagt und daraufhin wurde

er immer extremer am Set, also er habe sie dann wirklich jeden Tag vor allem bloß gestört

und praktisch wie so ein Zersetzungsprozess in Gang gesetzt.

Irgendwann war sie so fertig, dass sie sich einer Kostümbildnerin anvertraut hat, Regina

Bads, die kommt später auch noch, der hat sie erzählt, was ihr da passiert, sie sagt

auch, dass das alle am Set eigentlich mitbekommen haben, also er hat das ja vor dem gesamten

Team immer veranstaltet und alle haben ja gesehen, was mit ihr da passiert und niemand

habe irgendetwas dagegen gesagt, also das fand ich jetzt auch sehr frappierend, dass

die Angst offensichtlich so groß war an diesem Set, dass wirklich nie jemand da eingeschritten

ist.

Dann kam es zu einem Tag, da hat Wedel zu ihr gesagt, ob er sie zum Essen einladen könne,

weil sie müssten einmal reden.

Dem hat sie zugestimmt, sie hat glaube ich auch gedacht, vielleicht kann man doch noch

irgendwas retten oder ja, was auch immer.

Easter Gemsch sagt, da sei er sehr charmant gewesen, er habe sich sogar für sein Verhalten

entschuldigt und danach hat er gesagt, er wolle ihr noch eine Theaterkritik zu lesen

geben, ob sie eben mit auf sein Zimmer kommen könne.

Also das Abendessen, zu dem er sie eingeladen hat, war in dem Hotel im Restaurant?

Genau.

Da sagt sie, und da hat sie sich dann später selber Vorwürfe gemacht, dass das wahrscheinlich

blauäugig von ihr war, weil sie wollte ihn eben auch nicht noch mehr verärgern, als er

eigentlich schon verärgert war, sie hat sich also bereit erklärt, mit ihm zu diesem Hotelzimmer

zu gehen.

Dort ist dann folgendes passiert, so hat sie es uns erzählt, also er hat sie in das Zimmer

gerissen und die Tür abgeschlossen, er hatte einen vollkommen anderen Gesichtsausdruck

als davor.

Sie hat sich dagegen gewährt, aber er hat sie aufs Bett geworfen und dann, ich zitiere

sie jetzt, er setzte sich Rittlings auf mich, packte meinen Kopf bei den Haaren und schlug

ihn immer wieder aufs Bett, einmal auch an die Wand und dann einmal auf die Bettkante.

Dabei hat sie sich so doll die Halswirbelsäule verletzt, dass sie das Gefühl hatte, sie

könnte sich nicht mehr bewegen und dann hat er ihr mit dem Schal die Kehle abgeschnürt,

so hat sie uns das erzählt.

Es sei ihm aber nicht gelungen, in sie einzudringen.

Sie wusste dann nicht mehr, wie sie aus diesem Zimmer gekommen ist, sie ist dann da rausgerannt

in die Lobby, dort hat sie dann diese Kostümbildnerin Regina Bätz getroffen, die sie dann tatsächlich

mit auf ihr Zimmer genommen hat, weil sie konnte gar nicht mehr ihren Kopf bewegen,

die Esther Gempsch, also sie war wirklich verletzt.

Als sie uns das alles geschildert hat, war uns danach klar, also Mir und Annabelle, das

ist jetzt so ein großer Fall, also da müssen wir so viele Umfeldrecherche dazu unternehmen,

das schaffen wir gar nicht mehr allein.

Wir brauchen jetzt Unterstützung von Kollegen und dann kam Christian Fuchs dazu, dann kam

Nadine A.

Und Huy Pham, die kam dann noch dazu, um diese ganzen E-Mails, die wir auch von anderen bekommen

haben, um sozusagen das alles zu recherchieren.

Habt ihr Regina Bätz die Kostümbildnerin denn sprechen können, habt ihr genau diese

Begegnung bestätigt, so wie Esther Gempsch sie schildert?

Genau, das war dann eben die Herausforderung, also wir haben Regina Bätz gefunden, die

wohnte zu dem Zeitpunkt in Frankreich.

Wir haben sie sozusagen durch alte Produktionen, haben wir sie rausgefunden und ich hab sie

dann angerufen und sie hat das komplett alles bestätigt, hat dann sogar noch einen weiteren

Kollegen, Erik Moss, ein sehr bekannter Produzent, der zu dem damaligen Zeitpunkt aber Aufnahmeleiter

war, hat uns also noch weitere Kontakte vermittelt, den wir dann auch geredet haben.

Man muss dazu sagen, die Geschichte ging danach noch weiter, weil Esther Gempsch hat anders

als die anderen danach nicht geschwiegen, sie hat es Regina Bätz erzählt, der Kostümbildnerin

und dadurch, dass sie so sehr verletzt war, ist sie nach München gefahren, war dann dort

im Hotel vier Jahreszeiten und ist zu einem Arzt gegangen.

Und dieser Arzt war auch nicht irgendeiner, sondern Hans Wilhelm Müller Wohlfahrt, der

ehemalige Teamarzt von Bayern München und der hat sie dann auch untersucht, auch ihn

haben wir dann angerufen, er konnte sich aber 38 Jahre später nicht mehr dran erinnern

und hatte auch keine Akten mehr zu dem Fall, aber man muss dazu sagen, wir haben dann

später dieses Attest, darauf kommen wir noch, wie wir an dieses Attest herangekommen sind,

er hat alles bestätigt und ich kann jetzt mal hier vorlesen, was sozusagen in diesem

Attest von Müller Wohlfahrt stand, zu den Verletzungen von Esther Gempsch.

Esther Gempsch hat sich am 15.12.1980 bei ihm wegen eines akuten Torticolles mit heftigen

Nacken und Kopfschmerzen sowie Schwindelgefühl, Übelkeit und Erbrechen in seiner ambulanten

Behandlung gegeben.

Die Untersuchung hätten erhebliche Bewegungseinschränkungen in allen Bewegungsebenen, insbesondere

bei Seidneigungen, empfindlichen Druckschmerz, auch über Nervenwurzel der gesamten Halswirbelsäule,

ein Nackenschulter-Armsyndrom mit Kopfschmerzen und ein sehr schlechter Allgemeinzustand.

Das ist dabei herausgekommen.

Diese Symptome können eindeutig als Folge der Gewalttätigkeit vom 12.12.1980 angesehen

werden.

Das hat Müller Wohlfahrt in sein Attest geschrieben, also es heißt, sie hat ihm auch diese Gewalttätigkeit,

die da passiert war, hat sie ihm geschildert.

Absolut.

Man muss dazusagen, drei Wochen konnte sie nicht spielen und danach drei Wochen hat sie

sich so verpflichtet gefühlt, also einmal vertraglich, aber auch dem Team gegenüber,

dass sie tatsächlich wieder ans Set zurückgekehrt ist.

Also nach all dem, was da passiert ist, hat sie trotzdem gesagt, sie macht weiter.

Du bleibst muss man das erklären.

Ich meine, da wird eine Serie gedreht, das hat schon unzählige Drehtage gegeben.

Diese Verträge sind schon ziemlich hart, also wer als Schauspieler oder Schauspielerin

mal eben so aussteigt, erzeugt natürlich auch gewaltige Kosten, denn die Rolle muss

neu besetzt werden, aber damit ist es ja nicht getan.

Alle bereits gedrehten Szenen müssen nochmal wiederholt werden, teilweise müssen Drehbücher

umgeschrieben werden und wir reden hier über Millionen Etats.

Und wir reden von der 24-jährigen mit leeren Hosentaschen, die natürlich gewaltige Kosten

auf sich zukommen, sieht auch Anwaltskosten möglicherweise und die nicht nur einen bösartigen

Regisseur gegen sich hat, sondern auch einen Sender und eine Produktionsgesellschaft und

1000 Kollegen, die alle jetzt auf ihre Rückkehr warten und ihr das nicht verzeihen, wenn das

jetzt hier in die Binsen geht.

Also sie hat dann tatsächlich nach drei Wochen weiter gespielt, eben ich glaube auch, weil

sie Angst hatte davor, was sonst alles mit ihr geschehen könnte, eben Schadensalsatzforderungen

auch gegen sie und so weiter und so fort.

Es war dann so, sie kamen ans Zett, sie hatte eine Halskrause um den Hals, weil sie eben

wie gesagt ihren Kopf nicht mehr bewegen konnte.

Sie trug ein sehr schweres Barockkostüm, Wedel hat sie dann stundenlang auf der Bühne dort

an dem Zett stehen lassen, er hat offensichtlich allen anderen gesagt, sie dürften nicht mehr

mit ihr reden, sie hat sich komplett isoliert gefühlt, so hat sie es uns geschildert und

diese Schikanen ging so weit, dass sie dann tatsächlich zusammengebrochen ist auf dieser

Bühne, also sie hatte hohes Fieber, sie konnte nicht mehr weitermachen und dann wurde entschieden,

dass sie umbesetzt wird und sie ist wieder, wieder in dieses Hotel vier Jahreszeiten nach

München gegangen, weil Regina Beetz dann gesagt hat, sie muss jetzt tatsächlich hier

auch weg vom Zett, so dort ist sie angelangt und auch dort, so hat uns das dann Erik Moss

dieser Produzent geschildert, der sich dann dort um sie gekümmert hat, auch dort rief

Wedel weiter an und hat ihr gedroht, hat ihr gedroht, wenn sie sozusagen diese Geschichte

erzählen würde, was ihr passiert sei, würde sie eben nie wieder auftreten können.

Erik Moss hat uns das auch sehr genau geschildert, wie diese Anrufe von Dieter Wedel vonstatten

gegangen sind, weil er mitgehört hat und es war so, dass er zuerst immer ganz freundlich

geklungen hat und gesagt habe, dass es ihm leidtour und er Esther Gemsch beim nächsten

Projekt wieder besetzen werde und dann hat sich aber sein Tonfall verändert, er habe

ihr dann Anweisungen gegeben, wie sie die Entstehungen der Verletzungen erklären soll.

Er hat ihr gesagt, sie solle sagen, sie habe Streit mit ihrem Freund gehabt und sei dabei

die Treppe hinuntergefallen und wenn sie etwas anderes behaupten würde, hat Wedel gesagt,

dann würde er sie verklagen und würde dafür sorgen, dass sie nie mehr wieder einen Film

drehen kann in Deutschland und diese Version, das was uns Erik Moss erzählt hat, was er

gehört hat am Telefon, deckt sich dann auch mit der Version von Dieter Wedels Anwalt,

das heißt er hat schon am Telefon angekündigt, wie er diesen Fall in der Öffentlichkeit

darstellen würde, sofern er dann öffentlich wird und in diesen Anwaltschreiben findet

man das. Esther Gemsch hat uns erzählt, dass sie das nicht einfach auf sich hat sitzen

lassen, sondern sie hat versucht sich zu wehren. Sie ist zwar nicht zur Polizei gegangen,

aber sie hat sich einen Anwalt gesucht in München auch mit der Absicht zur Polizei

zu gehen. Und diesen Anwalt, mit dem wollten wir natürlich auch sprechen, den haben wir

aber nicht gefunden und tatsächlich sind wir dann soweit gegangen, dass wir in München

die Straße abgesucht haben, wo der seine Kanzlei hatte, aber wir haben ihn nicht gefunden.

Was aber letztlich dann nicht so schlimm war, weil wir nämlich dann später alle Anwaltschreiben

gefunden haben, also die gesamte Korrespondenz zwischen Esther Gemsch Anwalt und dem Anwalt

von Dieter Wedel, die haben wir dann eingesehen.

So und jetzt kommt Auftritt Christian Fuchs, der dann die ganzen Papiere zu Tage gefördert

hat. Christian, wie ist dir das gelungen?

Nicht sofort, als ich gefragt wurde, ob ich dem Team beitreten kann, war ich erstmal

sehr ehrfurchtig, weil ich diese erste Geschichte ganz fantastisch fand und überhaupt, dass

so mutige Frauen darüber sprechen und dass diese Debatte nun auch in Deutschland angekommen

ist. Mit Who habe aber schnell gemerkt, bei einer Reaktion, dass sehr viele Kritiker

in dieser Geschichte sich eine Frauen abgearbeitet haben und sie Victimblähungen betrieben haben,

gesagt haben, die wollen sich bloß auf Kosten von Wedel profilieren, die können sich gar

nicht mehr erinnern nach 37 Jahren. Es ist alles...

Der arme alte Opa.

Genau, der arme Mann, jetzt warum wird er jetzt auf den Umgehackte, er hat eine große Verdienste

geleistet und es wurde eben so die Glaubwürdigkeit abgesprochen und es hat mich massiv geärgert.

Ich habe mich richtig darüber aufgeregt und ich wusste, wenn wir eine zweite Wedelgeschichte

machen, dann müssen wir in eine extra Meile gehen. Dann müssen wir jetzt neben den vielen

Menschen, die sich erinnern können in dameligen Vorfälle, Augen und Ohrenzeugen am besten

Paper Trail haben. Wir brauchen Schwarz auf Weiß, wir brauchen Papiere, wir brauchen

ärztliche Atteste, wir brauchen Anwaltschreiben, wir brauchen Kommunikation zwischen Wedel

oder seiner Firma und den Sendern und dann muss es doch was geben. Zum ersten Mal wusste

ich gar nicht, wo man da anfangen muss zu suchen und wusste aber, von dem Fall ist

der Gemsch schon, den hatte er schon relativ weit recherchiert und habe überlegt, ich fange

mal an, die Stablisten von Bretter, die die Welt bedeuten, durchzugehen. Also Menschen,

die dort bei dem Film mitgewirkt haben, Tonmeister, Requisiteure, andere Schauspielerinnen, die

dabei waren, Aufnahmeleiter, die einfach zu finden, weil die, gibt es ja, die Casts

sind ja veröffentlicht teilweise, es gab so halbe Listen und da war ich aber unglücklich

darüber, diesen halben Listen, die es da gab und dachte, okay, vielleicht hat ja die Produktionsfirma,

Telefilmsaar, vielleicht hat die ja noch diese kompletten Listen, die gab es aber nicht mehr,

die ist schon pleite gegangen, aber es gab einen Rechtsnachfolgerin mit der Saarland-Gerundfunk,

der kleinste der ARD-Ansteuten in Saarbrücken und darum habe ich mich gleich am ersten

Tag, nachdem ich da gefragt wurde, an den Saarland-Gerundfunk gewandt und das war eine

sehr spannende Geschichte, was dir dann passierte.

Man muss dazu sagen, dass wir wussten, dass es eine Nachfolgerin von Esther Gemsch gegeben

hat und weil Esther Gemsch eben nicht mehr spielen konnte, wurde ihre Rolle umbesetzt

und zwar mit Ute Christensen. Das wussten wir zu dem Zeitpunkt schon, was wir nicht wussten

ist, dass auch Ute Christensen eine Geschichte mit Dieter Wiedel hat.

Wer ist Ute Christensen? Was war das für eine Frau?

Ute Christensen war damals 27 Jahre alt und sie war eine aufstrebende Schauspielerin.

Du warst damals derzeit als die Anfänger mit Bretter für die Welt, bedeutend gerade

in Los Angeles, weil es einen Film mit Horst Buchholz in Hollywood promotet hatte und

sie wollte eigentlich gerne in den USA bleiben, weil die Optionen dazwischen dort weiter zur

arbeiten als Schauspielerin und dann hat ihre Agentin sie angerufen im Dezember im

1980 gesagt, hier gibt es hier eine Produktion mit Dieter Wiedel, die braucht ganz dringend

eine neue Hauptdarstellerin. Ich würde dir empfehlen, mach das, das ist ein großer

Schritt für deine Karriere. Kommt zurück und spiel in Deutschland. Und sie ist eine

spannende Person, weil sie war so als die aufstrebende Schauspielerin überall angekündigt

im Sternen, gab es eine große Geschichte, sie war auf Zittelbildern drauf. Sie war

sechs Jahre vorher erst aus der DDR in den Westen geflüchtet, im Kofferraum ihres Freundes,

hat sie dann in Paris gelebt, also ein aufregendes Leben geführt und hat sich dann gegen Los

Angeles entschieden und für Bad Kissing. Und dann habe ich ihr eine E-Mail geschickt

und wollte sie fragen, wie das zustande kam, also ob was sie wüsste über den Fall Gemsch,

weil sie die Nachfolgerin war am Set und sie antwortete mit einer E-Mail sofort nach

wenigen Stunden, eigentlich wollte ich nie über meine Erlebnisse mit ihm sprechen,

dass was mir mit ihm passiert ist, also Wiedel, wissen bis heute nur Ängste, Freunde und

Familie. Und auf einmal stockte uns das Herz, ich rief sofort Jana an und sagte, okay,

Ute Christensen scheint auch was Schlimmes passiert zu sein, das wussten wir noch gar

nicht, wir wollten eigentlich von ihr nur eine Bestätigung des Falles Gemsch und dann habe

ich sie am nächsten Tag angerufen und das war das erste Mal ich arbeite seit 20 Jahren

als Journalist, habe mit Geheimdiensten zugehabt, mit Rechtsextremisten, mit den schlimmsten

Menschen, die man sich vorstellen kann in der Welt, aber noch nie habe ich bei einem Gespräch

mit einem Informanten, einem Informantin geheult und das ist bei diesem Gespräch passiert,

weil sie seit 37 Jahren etwas, was sie in ihrer Seele verschlossen hatte, wie sie mir sagte,

zum ersten Mal in Menschen erzählte, nämlich wie ihr das Gleiche passierte, wie ist da

Gemsch, dass sie gedemütigt wurde am Set, nach einer kurzen Zeit, wo sie eingesetzt

war, weil sie sich auch in dieser Wedel entzogen hatte.

Sie sagt, Wedel ist ein Meister der Manipulation, ein Sadist und das beginnt glaube ich erstmal

mit so einem ersten öffentlichen Übergriff, nämlich so Küße in der Lobby, also eigentlich

es sind so French-Kisses, rechts, links und so, aber Wedel schnappt sie und küst sie

mitten auf den Mund und zwar heftig und was am Set glaube ich niemand weiß, weil sie

das nicht verraten hat, ist, dass Ute Christensen in zweiten Monaten schwanger ist, als sie

zu den Dreharbeiten anreist, sie weist Wedel konsequent zurück und jetzt beginnt echter

Terror am Set, und zwar Terror, wie man sich den kaum vorstellen kann.

Wedel wusste zwar nicht, dass sie schwanger ist, aber er wusste, dass sie verheiratet

ist, also das wusste er auch.

Genau, und das war dieser Abend, da waren sie gemeinsam im Casino, sie hat zum ersten Mal

Roulette gespielt, sie haben toll gegessen, intensive Gespräche geführt, er hat sie noch

zum Metall zurückgebracht, dann hat er sie rangezogen in der Lobby an sich und ihren

Kuss aufgedrängt, wie du richtig sagst, und da war sie vollkommen verdutzt und sagte

ihm, als deine Hauptdarstellerin sollte ich mal lieber ins Bett gehen, damit ich morgen

früh fit bin.

Sie ist dann alleine in den Hotelzimmer gegangen, kommt am Set, sitzt in der Maske und auf

einmal reicht der Regieassistent ein neues Drehbuch rein, mit neuen Texten, die sie innerhalb

von einer halben Stunde lernen sollte, den ganzen Drehtag, alles was sie vorher gelangt

hatte war obsolet, und das war der Beginn der Schikale von Wedel, er hat das dann...

Wedel hatte in der Nacht den Text umgeschrieben, ihren Text.

Genau, in Wut wahrscheinlich, der Ablehnung, die er nicht erwartet hatte, hat er die Nacht

anders genutzt, als er sich das vorgestellt hat und hat ein neues Drehbuch geschrieben,

einen neuen Text geschrieben, und das passierte dann die gesamten weiteren Dreharbeiten

immer wieder, jeden Tag hat sie als einzigen neue Text bekommen, ihre Rolle wurde über

die Wochen des Drehs immer kleiner, andere Nebendarstellerinnen haben viel mehr Text

bekommen, viel mehr Aufmerksamkeit, er hat sie öffentlich vor anderen Personen am Set

als blöde Kuh bezeichnet, wie sie erinnert, als Möchtegern-Darstellerin, hat sie auch

stehen lassen, sich nicht mit ihr unterhalten, wie mit anderen, also sie hat das als Albtraum

beschrieben, als Horror-Trip, der dann passierte, und das gipfete in einem Brief, den sie dann

erhielt am Set, auch vom Regieassistenten geschrieben, der sie aufforderte sich öffentlich

von dem ganzen Team zu entschuldigen, weil sie ergeblich rumerzählen würde, dass es

so eine Scheißproduktion würde sie nie wieder mitmachen, und das würde zersetzen so ein

bisschen den Teamgeist, der an seinem Set herrscht, und sie hat ihre Aussage zu einem

Satz nie gesagt, schon gar nicht rumerzählt im Team, und hat ihm auch gesagt, dass sie

das nicht macht, sie entschuldigt sich nicht für was, was sie nicht getan hat, und das

führte dann dazu, dass er sagte, du machst das, oder ich sorg dafür, dass du nie mehr

wieder einen Auftrag bekommst in Deutschland, noch nicht mal mehr als Synchronsprecherin.

6. Mai 1981, da kommt der Brief anstelle einer Drehbuchänderung, und jetzt kommt eine

offene, hell beleuchtete Bühne, auf die sie sich stellen muss, und sich öffentlich entschuldigen

muss.

Genau, das ist in dem Theater, in dem sie auch drehen, in Bad Kissingen auf der Theaterbühne,

alle anwesenden Mitwirkenden der Serie saßen im Publikumsraum, sie stand allein auf der

Bühne mit Scheinwerfern, hat sich entschuldigt, und hat dann in dem Zusammenhang einen Nerven

Zusammenbruch bekommen, erst rote Pusteln, wie sich Leute erinnerten, die im Publikum

saßen, dann einen Nerven Zusammenbruch, und in Folge dessen hat sie eine Blutung bekommen

im Unterleib, und ihr Kind, was in ihrem Bauch war, im 4. Monat mittlerweile, ist eine Fehlbegurt

geboren worden.

Du hast gerade gesagt, das war das erste Mal, dass es dir passiert ist, da ist eine Informantin

am Telefon, die erzählt dir eine Geschichte, die dir die Tränen in die Augen treibt.

Nach dieser Fehlgeburt bekommt Ute Christensen keine Kinder mehr, wie ringt sie sich denn

dazu durch, das Ganze jetzt öffentlich zu machen?

Ich glaube, das kann sie selbst am besten sagen.

Eigentlich hat mich das nur wütend gemacht, diese Reaktionen, auf diese ganze MeToo Sache,

diese Reaktionen wollen ja nur wieder an die Öffentlichkeit und so, und deshalb habe ich

ihnen ja immer gesagt, ich will das nicht, ich will nicht mehr in die Medien, ich bin

nicht mehr daran interessiert, irgendwie vor der Kamera zu stehen, ich muss das nicht mehr,

ich bin glücklich so wie ich bin, mich hat es nur wütend gemacht, ich konnte das verarbeiten

durch diese ganze Sache, auch dass ich mich intensiv da reingeknete, alles auch noch gefunden

habe und so, ich konnte das rein intellektuell und auch seelisch, konnte ich das wunderbar

verarbeiten.

Da ist also die nächste Informantin, du hast vorhin schon gesagt, nach der ersten Geschichte

brauchen wir jetzt was Handfestes, wir brauchen Papier in der Hand und es gibt Hinweise darauf,

dass es Papier geben könnte und andererseits natürlich auch einen großen Zweifel daran,

ob es noch überhaupt irgendwelche Akten gibt, denn wir reden über einen Vorgang, eine Produktion

die 36 Jahre alt ist und soweit ich weiß, müssen Unternehmen Unterlagen zu irgendwelchen

Dingen 10 Jahre lang aufbewahren und dann können die weggeschmissen werden.

Du hast dich jetzt zum salenischen Rundfunk bewegt, mit welcher Hoffnung?

Ich hatte die wage Hoffnung, dass wenn ein Unternehmen, die Produktionsfirma in dem Fall

erst vor ein paar Jahren pleitegegangen ist, dass eventuell diese Unterlagen, die sie noch

haben könnten, dann noch aufgehoben wurden, sind bei dem Nachfolger, bei dem Rechtsnachfolger

und das war der salenische Rundfunk.

Also habe ich mich an den salenischen Rundfunk gewandt, wo natürlich auch niemand mehr arbeitete,

der damals involviert war in dieser Fälle und bekam, an einem Freitag war das, an einem

Samstag für einen Pressesprecher eine Antwort, er kümmerte sich drum und am Montag kam dann

was das Kümmern anging, er fand eine Pressenotiz, dass diese Serie mal gelaufen ist und das

hat mir nicht gereicht.

Also habe ich angefangen mit dem Pressesprecher zu telefonieren, ich habe ihn sehr oft in dieser

Woche angerufen und habe unter anderem in einer dieser Anrufe erfahren von einer Sekretärin,

glaube ich, war das, dass er gerade nicht im Haus sei, weil er müsste seine Tochter abholen

vom Ballett oder vom Sport irgendwas.

Und da wusste ich, okay, das ist eine Verbindung, da könnte ich eine Brücke bauen zwischen

mir und ihm, denn ich habe auch eine Tochter und er hatte dann nach dem zweiten oder dritten

Gespräch schon mitbekommen, dass es um Mitu ging, dass es um die da wedelt gehen würde

bei meiner Anfrage nach den Unterlagen und dann sagte ich, wissen Sie was Herr M, ich

habe eine Tochter, Sie haben eine Tochter, ich habe keine Lust, weil meine Tochter so

alt ist wie Esther Gemsch oder Ute Christensen, dass denen das Gleiche passiert, meiner Tochter

wie diesem Frauen und ich glaube, sie könnten noch mehr Unterlagen finden als diese kleine

Pressenotiz, die sie gefunden haben.

Ich glaube an sie und dann hörte ich am anderen Ende das Telefons entschlucken, es war leise

und dann sagte, okay Herr Fuchs, ich gucke nochmal was ich finde und einen Tag später

bekam ich eine Anruf, wann können Sie kommen, wir haben hier 25 Ordner gefunden, 19.000

Seiten und das war an einem Freitagabend, glaube ich, und da habe ich gesagt, wann sind Sie

Montag, früh wieder da, er sagt um sechs, dann komme ich Montag um sechs bei Ihnen in Saarbrücken

vorbei.

Und in diesen 19.000 Seiten war dann zum Beispiel das Gutachten von Müller Wohlfahrt und noch

weit mehr, da wollen wir jetzt drüber reden, was da noch alles sich drin gefunden hat.

Also in diesen Akten war sehr, sehr viel drin auch Dinge, die uns gar nicht interessiert

hatten, dass Thomas Gottschalk mal in der Serie hier mitspielen sollte, irgendwelche Anwohner

in Bad Kissing, die sie beschwert haben, dass ihre Straße immer voll ist bei den Dreharbeiten.

Aber manchmal stieß man auf wahre Schätze, unter anderem wir sprachen schon darüber

dieses ärztliche Attest von Müller Wohlfahrt über Esther Gemsch, dann gab es einen sehr,

sehr breiten Briefwechsel zwischen den Anwälten von Esther Gemsch und der Produktionsfirma,

dann gab es Konversationen zwischen der Produktionsfirma und dem Sender, weil die Sender

wollte immer wissen, warum wird die Serie nicht fertig, warum wird die Serie immer teurer.

Und deshalb wussten, haben wir gemerkt, relativ früh auch schon in den Intendant, wusste schon,

dass es da Vorfälle gab zwischen dem Regisseur und den Hauptdarstellerinnen.

Bis in die Sender-Spitze.

Bis in die Sender-Spitze.

Es war dann sehr schnell klar, das konnte man auch in den Schreiben finden, dass der Sender

gesagt hat, was Dieter Wedel mit den Frauen hatte, ist seine Privatangelegenheit.

Uns interessiert es nur, wenn es die Dreharbeiten verzögert.

Und es gab dann in den Unterlagen auch einen Revisionsbericht, aus dem hervorgehend, dass

die Dreharbeiten, dass die Kosten so irrsinnig in die Höhe gestiegen waren, dass man unter

allen Umständen vermeiden wollte, dass es nochmal eine Drehunterbrechung gibt.

Und es hat sogar ja dann auch einen Briefwechsel gegeben zwischen der Produktionsfirma Active

Film und dem saarländischen Rundfunk oder der Telefilm Saar, in dem sie sich gegenseitig

die Schuld zugewiesen haben.

Und das Ergebnis war dann, dass man zwar die Active Film rausgeschmissen hat, die durften

nicht mehr weiter Produktionsfirma sein.

Also die Firma von Wedel.

Die Firma von Dieter Wedel durfte nicht mehr weiter produzieren, aber er sollte Regisseur

bleiben, weil man nicht nochmal eine Drehunterbrechung wollte.

Um nochmal klarzumachen, unter welchem Druck jetzt alle Beteiligten stehen, kalkuliert ist

die gesamte Serie mit acht Folgen, mit vier Millionen D-Mark damals.

Wir landen am Ende bei Gesamtkosten von fast acht Millionen D-Mark, also die Kosten pro

Folge haben sich mal eben verdoppelt, plus Zusatzkosten von 600.000.

Und das ist so dramatisch, dass eine der Beteiligten Produktionsfirmen, nämlich die Telefilm Saar,

knapp an der Insolvenz vorbeirutscht und nur durch einen kleinen internen Griff da

werden irgendwelche Rechte vorher verkauft, bleibt die überhaupt solvent.

Also da geht es wirklich allen Beteiligten so richtig an den Kragen gerade.

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Und es gibt auch interessante Erkenntnisse durch diese Briefwechsel.

Und da sollten wir jetzt mal ein bisschen reingucken, was da alles geschrieben worden ist, über

Herrn Dieter Wedel und seine Machenschaften.

Also was glaube ich wichtig ist, ist zu sagen, dass sich ja Ester Gemsch wie gesagt an einen

Anwalt gewandt hat und diesen Anwalt konnten wir ja nicht finden, aber in den Akten konnten

wir es eben finden und dort war unter anderem ein Brief von Ester Gemsch Anwalt an die

Geschäftsleitung von Telefilm Saar.

Und darin steht, Dr. Wedel wurde gewalttätig und beleidigend und hat unsere Mandanten erheblich

verletzt.

Sie habe ein schweres Nackenschulter-Armsyndrom und befinde sich in einem außerordentlich

schlechten physischen und psychischen Zustand.

Herr Wedel hat durch seinen Verhalten mehrere Straftatbestände erfüllt.

Wir verweisen hier auf die Delikte der Versuchtenotzucht, vorsätzliche Körperverletzung, Freiheitsberaubung,

Nötigung und Beleidigung.

Wedel habe, in diesem Schreiben heißt sie da noch, Kristina, eine Dreiviertelstunde

lang gewalttätig bearbeitet, obwohl sie sich mit allen Mitteln gewährt und geweint habe

und ihre Erstickungsangst für Wedel erkennbar gewesen sei.

Die zuständigen Herren von Telefilm Saar hätten Gems Schutz und Unterstützung zugesagt.

Beides sei dann aber versagt worden.

Sie habe noch einmal versucht zu drehen, aber weder ihre Gesundheit noch die Behandlung

durch Wedel diessen dies zu.

Also der Anwalt kündigt dann das Engagement mit sofortiger Wirkung und fordert Schmerzensgeld

für Esther Gemsch.

Man muss dazu sagen, dass auch Wedel sich einen Anwalt genommen hat und dieser Anwalt

hat darauf dann natürlich auch eine Erwiderung geschrieben.

Darin weiß er alle Vorwürfe zurück, laut seiner Darstellung war alles ganz anders und

zwar sei bereits bei dem Vorstellungsgespräch bei Wedel sei es zu peinlichen Annäherungsversuchen

durch Esther Gemsch gekommen.

Später habe sie ihn wissen lassen, sie träume davon im Anschluss der Dreharbeiten mit

ihm auf die Bahamas zu reisen und so weiter und so fort an jenem Abend, um den es hier

eben geht, an dem Abend dieses Übergriffes habe sich Wedel zwischen 22 und 22.30 verabschiedet,

da er sich gesundheitlich angeschlagen gefühlt habe.

Dann habe Esther Gemsch ihn verfolgt bis zu seinem Zimmer.

Sie sei ihm bis in den Vorraum nachgelaufen, Wedel habe sie aufgefordert, ihn nicht länger

zu behälligen.

Dann hat Esther Gemsch das zum Anlass genommen, unserem Medanzen zu umarmen, der Mandant

in dem Fall Dieter Wedel, wies diese Umarmung zurück, woraufhin Esther Gemsch anfing zu

weinen.

Dann habe Wedels Mutter angerufen und Gemsch hätte sich verabschiedet.

Erst zwei Tage später habe Wedel von der Halswirbelverletzung gehört, also das schreibt

der Anwalt von Dieter Wedel dazu.

Also vollkommen andere Geschichte, vollkommen auch Schuldumkehr.

Sie werden rund um diese Dreharbeiten und deren Einstellung oder Pausieren lauter Geschichten

gesponnen.

Also plötzlich heißt es, es ist auch so eine Einigung mit dem Sender, man vereinbart sich

auf so eine Sprachregelung, das entnehm ich übrigens hier einem Protokoll des SR, dass

beide erkrankt sind, Wedel und Gemsch, denn inzwischen hat es einen etwas peinlichen

Anruf gegeben bei der Sekretärin der Produktionsleitung von der Bildzeitung, die gerne wissen möchte,

warum denn diese Aufzeichnung da, warum die Dreharbeiten pausieren, also erfindet man

nach außen und nach innen und gegenseitig lauter neue Geschichten.

Was man aber auch dazu sagen muss, ist, dass innerhalb des Teams alle wussten, was passiert

ist.

Es gab Kollegen, die gesehen haben, also haben wir vorher gesagt, Regina Betz, dass Esther

Gemsch sehr schwer verletzt war und es hat im Team die Runde gemacht, dass Dieter Wedel

versucht hat, Esther Gemsch zu vergewaltigen und ihr büschelweise Haare ausgerissen hat.

Und wir haben ja dann auch mit mehreren Leuten aus dem Team gesprochen, die ja auch gesagt

haben, dass sie das wussten, was passiert ist.

Es war nicht nur die Intendanz vom salendischen Rundfunk, sondern auch das gesamte Team.

Gab es denn Unterlagen zu der Nachfolgerin Christinzen auch noch, die ihr Kind verloren

hat?

Da gab es einen Schreiben, wo es darum ging, um einen Revisionsbericht, wo der Sender mal

wissen wollte, warum es denn jetzt so teuer geworden ist, während der Dreharbeiten noch

wurde da angefertigt.

Und da gibt es den Satz, obwohl Frau Christensen als Ursache für ihren Krankheitsverlauf

einen dem Vorfall Christinat, also Gemsch, vergleichbaren Vorgang angab, gelange es die

Darstellerin zur Weiterarbeit zu bewegen.

Also auch da ganz eindeutig, der Vorgang Christinat war allen klar, dass es Euphemismus ist für

eben einen sexuellen Übergriff.

Naja, und es gibt noch den Zusammenbruch von Ute Christensen, der ja auch nicht ohne

Folgen für die Dreharbeiten bleibt, also hier verzögert sich die Produktion noch mal,

das ist natürlich auch nochmal Thema für den Sender selbst.

Ja, also das Wüten des Herrn Wedel hat die Produktionskosten extrem in die Höhe getrieben.

Trotzdem hat man es ihm nicht übel genommen unterm Strich, man hat sich gesagt, diese

Tanten haben sich hier angestellt und nerven uns hier und kosten uns jetzt auch noch was.

Was war so die Haltung im Sender?

Naja, man musste, man brauchte ihn ja auch, weil wenn er seinen Namen gezogen hätte,

es war ja eine Wedelserie, man konnte die Serie ja nur mit ihm zu Ende drehen.

Das war so ein bisschen, glaube ich, auch eine Kalküle, sondern ein zynisches, was da

herrscht.

Ich glaube, das ist der Zeitpunkt, in dem wir die Bretter, die die Welt bedeuten, jetzt

mal verlassen müssen.

Und wir wenden uns noch einmal zu einer Produktion, über die wir schon mal gesprochen haben,

ganz am Rande, den König von St. Pauli, 1997, laufen diese Dreharbeiten und in diesem Rahmen

seid ihr auf Luise Keller gestoßen und ihr habt schon angedeutet, es gibt auch Frauen,

die sich entweder sehr erfolgreich von Anfang an gegen Wedel gewährt haben oder denen manchmal

auch der Zufall geholfen hat, dass sie nicht zum Opfer wurden und ich glaube, so ein bisschen

ist Luise Keller ein Beispiel für beides, oder?

Genau, Luise Keller ist ein Pseudonym, die heißt in Wahrheit anders.

Es ist eine Schauspielerin, die zu dem Zeitpunkt auch eigentlich recht erfolgreich war und

schon viel gedreht hatte.

Und die Geschichte von Luise Keller deckt sich in weiten Teilen dem, was wir schon gehört

haben.

Sie hat mitgespielt beim König von St. Pauli und Dieter Wedel war anfangs sehr zudringlich,

hat sie mit Telefonanrufen terrorisiert, wie wir das auch bei Esther Gemsch gehört haben,

stand manchmal auch einfach vor ihrer Tür, vor dem Hotelzimmer und es gab dann den Einfall,

er hat an die Tür geklopft, sie hat aufgemacht und er hat sich dann Zugang verschafft, ist

richtig reingebrochen in dieses Hotelzimmer, hat sie gepackt, so hat uns das Luise Keller

geschildert und was Dieter Wedel aber in dem Moment nicht wusste, dass das Zimmermädchen

noch da ist, die kamen dann aus dem Bad heraus.

Interessant, finde ich, Moment, der steht jetzt nicht im Straßenanzug vor der Tür, sondern

er stand im Bademantel vor der Tür, kam im Bademantel offenbar von seinem Zimmer zu

ihrem Zimmer und hat dann als das Zimmermädchen auftauchte gesagt, ja, wir wollten noch schwimmen

gehen.

Das ging dann aber weiter, es ist ähnlich gelagert, wie das bei Esther Gemsch war oder auch bei

Ute Christensen, er hat sie derart terrorisiert, dass sie irgendwann komplett zusammengebrochen

ist und einmal, als sie dann das Gebrüll, seinen Gebrüll am Set nicht mehr ausgehalten

hat und er ihr wieder gedroht hat, dass er sie rausschmeißt, sagt sie, hat sie ihm dann

geantwortet, ja bitte schreiben sie mich raus aus dem Drehbuch, dann hört das endlich

auf und ich muss nicht vertragsbrüchig werden.

Da wird klar, dass sie eigentlich überhaupt nicht mehr mitmachen wollte, weil es ja immer

heißt, warum haben die denn mitgemacht, keiner hat sie doch gezwungen, sie hätten doch

gar nicht mitspielen müssen, sie konnte aber nicht wissen auf was sie sich einlässt, weil

sie hat nicht geahnt, dass er sie derart fertig machen würde und moppen würde und als sie

mal drin war, konnte sie da eigentlich auch gar nicht mehr raus, weil eine Schauspielerin,

die nach Wochen der Dreharbeiten aussteigt, verursacht, also anders als das Technikteam,

ganz hohe Kosten, hatten wir vorher schon mal angesprochen und in einzelnen Fällen sind

die dann auch Schadensersatzpflichtig.

Und sie sind allein, sie haben keinen Betriebsrat, sie haben keinen Vertrauensmann, kein Ombudsmann

oder Ombudsfrau, wo sie sich hinwenden können, da werden wir im Laufe unserer Wiedelerzählung

noch drauf kommen, aber man hat da wirklich die Arschkarte als junge Schauspielerin,

wenn man auch keine Hausmacht hat oder keine Presse im Rücken.

Insgesamt glaube ich, ihr habt über die vielen Mails und Anrufe und so weiter schon berichtet,

haben sich mehr als 20 Frauen bei euch gemeldet, wir wollen jetzt nicht jede Geschichte erzählen,

aber eine noch, Lena Hein habt ihr diese Frau genannt, auch das ist ein Pseudonym und was

sie schildert, spielt relativ früh in der Geschichte des Regisseurs Dieter Wedel die

Dreharbeiten zu den Pariser Geschichten 1975, was spielt sich da ab?

Genau, das Besondere an dem Fall für uns war, wie wir auf den Fall gestoßen sind und zwar

nach der ersten Geschichte gab es auf Facebook in verschiedenen Foren, haben sich ehemalige

Schauspielerinnen und Teamleute darüber ausgetauscht, haben sich ihre Wedelgeschichten erzählt und

dann sind wir auf einen Post auf Facebook gestoßen von einem ja Mit-40er, der selber beim Film

arbeitet und erzählt, dass seine Mutter von Dieter Wedel vergewaltigt wurde und den haben

wir dann kontaktiert und Coefam konnte die Frau dann treffen, Lena Hein, die eben geschildert

hat, dass Dieter Wedel sie vergewaltigt hat und zwar auf abscheuliche Art und Weise, nach

den Proben hat er sie im Auto mitgenommen, das war in Hamburg, sie kannte sich nicht aus,

sie saß mit ihm im BMW, er ist von der Straße abgebogen in ein Waldstück und ist dann über

sie hergefallen und sie ist da nicht rausgekommen und das war eben ein Fall, der uns auch deshalb

auch so mitgenommen hat, weil die auch wie einige andere Frauen jahrzehntelang geschwiegen

hat und irgendwann mal sich ihren Söhnen offenbart hat, die aus allen Wolken gefallen

sind, dass ihre Mutter von Dieter Wedel vergewaltigt worden war.

Ich bin besonders in eurem Stück über die Stelle gesteubert, wo sie nach Hause kommt,

genau von diesem Ereignis, ich glaube die Söhne sind da so um die 8 Jahre alt und merken

irgendwas stimmt mit der Mutter nicht und sie sagt dann ach, ich hatte zum blöden

Regisseur, der mich gequält hat, mehr sagt sie über das Geschehen nicht.

Während ihr diese Geschichten recherchiert und nach der ersten Veröffentlichung ist

inzwischen die Staatsanwaltschaft tätig geworden und hat Ermittlungen aufgenommen,

was ist da los?

Also man muss dazu sagen, wir sind in der ersten Geschichte davon ausgegangen, dass

alle Taten, die wir da schildern, verjährt sind.

Davon sind alle ausgegangen, unsere Anwälte, die Anwälte der Frauen und auch sonst nur

eine einzige Frau nicht, das war eine Staatsanwältin in der Staatsanwaltschaft München, die hat

unseren Text gelesen, damals im Zeitmagazin und hat zurückgerechnet und hat eine kleine

Subtraktion vorgenommen und hat gesagt, okay, da stimmt ja gar nicht, einer der Fälle,

nämlich der, der Czarny Tempel, kann noch nicht verjährt sein.

Es hatte sich nämlich inzwischen eine Gesetzesänderung ergeben, sodass die Verjährung erst einsetzt

mit dem 30. Geburtstag der Nebenklegerin oder der Opferzeugin.

Das war eigentlich eine Reaktion darauf, dass manche Frauen eben sehr, sehr spät erst

sich dazu durchringen, einen Missbrauch z.B. in der Kindheit öffentlich zu machen und

ihre Väter oder Onkel oder wer auch immer sie missbraucht hat, dann anzuzeigen.

Genau, das war die Konsequenz und deswegen hat man abgewartet, bis sie richtig erwachsen

sind und das hat dazu geführt, dass eben einer der Fälle tatsächlich noch nicht verjährt

war und das hat die Staatsanwaltschaft München auf den Plan gerufen.

Die Staatsanwaltschaft München hat dann umfassende Ermittlungen angestellt und alle möglichen

Zeuginnen vernommen, sodass es drei Jahre gedauert hat, bis sie dann eine Anklageschrift

gegen Dieter Wedel fertiggestellt hat.

Sie kam also unterm Strich, nachdem sie drei Jahre recherchiert hat und das sage ich jetzt

nur, weil man uns ja vorgeworfen hat, wir hätten irgendwelche Behauptungen aufgestellt,

um einen armen Opa fertig zu machen.

Das haben wir nicht, sondern die Staatsanwaltschaft München kam nach drei Jahren der Recherche

ungefähr zum gleichen Ergebnis wie wir, nämlich dass dieser Mann hochverdächtig ist, schwerste

Straftaten begangen zu haben.

Zu dem Prozess kam es ja dann nicht, weil Dieter Wedel im Juli gestorben ist.

Nach Anklageerhebung ist er gestorben, also das Gericht hatte gar keine Gelegenheit mehr

das Hauptverfahren zu eröffnen.

Am 13. Juli 2022 ist Dieter Wedel in Hamburg gestorben.

Es hat eben nachhin ein Juristische Auseinandersetzungen gegeben, die aber von der Zeit alle gewonnen

worden sind, auch dank unseres Rechtsanwalts Jörg Nabat, unser Presseanwalt.

Aber das ist doch jetzt vielleicht der Punkt, um nochmal zu fragen, was denn jetzt diese

Veröffentlichung mit den Frauen gemacht hat, mit denen ihr gesprochen habt.

Habt ihr sie gefragt?

Ja, wir haben sie ungefähr ein Jahr später, nachdem unsere ganzen Geschichten erschienen

waren, haben wir sie noch einmal gemeinsam getroffen und da haben wir auch gefragt, was

denn diese Veröffentlichung, diese Geschichten, was die für sie persönlich bewirkt haben.

Als Erstes hören wir hier Ute Christensen dazu.

Ich habe jetzt keine Bitterkeit mehr, was das betrifft und ich habe damit abgeschlossen

und hatte über 30 Jahre damit nicht abgeschlossen.

Mir hat das ungeheuer gut getragen.

Kann ich nur immer wieder sagen, ich meine ich habe sowieso im Laufe der Zeit

Riesen-Selbstbewusstsein erfahren und ich bin einfach ein glücklicher Mensch und habe

meinen Weg gefunden.

Der zweite Ute ist von Patrizia Thielemann aus der ersten Geschichte.

Dass ich das auch nicht vermutet hätte, damals, dass das eben so ausgerollt wird

und überall in allen Nachrichten erscheint und so und ja auch Janja und ich in den anderen

Medien so durch den Dreck gezogen worden sind und das hätte ich gar nicht vermutet,

dass das passieren würde, weil ich habe ja mich entschieden zu sprechen, weil ich das

für mich auch wenn das irgendwie an mir haften bleibt oder so und ich konnte mich wehren,

aber trotzdem dachte ich, das muss ich jetzt einfach mal machen und Zivilcourage zeigen,

aber ich hätte niemals gedacht, dass das so hoch kommt.

Ich hätte gedacht, dass Leute sagen, warum kommt die 25 Jahre später mit so einer Geschichte,

wo ich gedacht habe, was und so alte billige Bilder und so, das war so weit weg von mir

und ich dachte, ach so wird das jetzt gedeutet und auf einmal wird das in so eine ganz billige

Ecke gezogen und das hat mich schwer schockiert und natürlich auch verletzt, weil das war

das letzte, wo ich nicht gedacht habe, weil die Ambivalenz war eher, geht man mit so

einer Geschichte raus, wenn man überhaupt mit so jemanden wie Wedel in Verbindung geraten

und gebracht werden.

Und es gibt noch einen dritten Oton.

Der kommt von Easter Gemsch, die das jahrelang verdrängt hatte.

Weil ich war glaube ich ziemlich cool, beim Interview habe ich zumindest von mir so angenommen,

aber dann bin ich wirklich sowas von abgesagt.

Plötzlich waren alte Bilder, dann wieder, dass man die ganzen Geschichten bekam dann

auch sehr liebe Reaktionen von Technikern, die da auf dem Set waren und habe dann Menschen,

die damals so mir geschaut haben, wie Evel Kmos und Regina Bells, habe ich dann nach

7, 30 Jahren wieder gesehen und es war unglaublich nah und da kam das alles, es war einfach wachbar,

das war so einschneidend für mein Leben, es hat mein Leben so geprägten, all was ich

getan habe, auch im Erziehen von meinen Töchtern.

Das waren jetzt drei bilanzierende Ote, mir ist aber noch ein anderer Satz in eurer Geschichte

aufgefallen.

Das ist eine anonyme Schauspielerin und ich glaube, sie leidet am besten ein, worum

wir uns jetzt im dritten Teil kümmern wollen.

Sie sagt, Wedel ist vielleicht der schlimmste, aber nicht der einzige.

Also bleibt die Frage, was lernen wir denn aus diesen Fällen, über die wir jetzt zwei

Folgen lang gesprochen haben, was lernen Fernsehanstalten, Produktionsfirmen, Regisseure, wie werden

Besetzungen vorgenommen, gibt es sie noch die Besetzungscouch?

Das ist die Frage, die wir im dritten Teil diskutieren.

Liebe Jana, liebe Annabel, lieber Christian, ganz herzlichen Dank bis hierhin und bis

gleich!

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Obwohl der prominente Regisseur Dieter Wedel alle Vorwürfe abstreitet und mit Schmerzensgeld-Klagen droht, melden sich immer mehr Frauen bei der ZEIT. Sie berichten von üblen Schikanen am Filmset, von Brutalität, Körperverletzungen und sexuellen Übergriffen.

In Folge 131 sprechen Sabine Rückert und Andreas Sentker mit den ZEIT-Reportern Jana Simon, Annabel Wahba und Christian Fuchs über eine ausufernde Kriminalrecherche.

Der Text zur Folge (Nadine Ahr, Amrai Coen, Christian Fuchs, Götz Hamann, Anne Kunze, Khuê Pham und Annabel Wahba: Das System) ist im März 2018 im ZEITmagazin erschienen.
Die neue Ausgabe des Kriminalmagazins ZEIT Verbrechen liegt am Kiosk und ist hier online bestellbar. Sie möchten zwei Ausgaben zum Kennenlernpreis testen? Dann klicken Sie hier.