Open Minds Media, Karl-Theodor zu Guttenberg & Gregor Gysi Open Minds Media, Karl-Theodor zu Guttenberg & Gregor Gysi 10/11/23 - Episode Page - 25m - PDF Transcript

Während Gregor ihn gewohnt unterhaltsommerweise Berlin unsicher macht, bin ich derzeit in Los Angeles.

Also tatsächlich ein paar Kilometer entfernt.

Was der Folge haben kann, dass die Tonqualität heute vielleicht etwas mühseliger stockender ist, das bitte ich sehr nachzusehen.

Guten Tag und herzlich willkommen, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, zu einer neuen Folge von Gizy gegen Gutenberg.

Gregor fliegt wie vergangene Woche mit tiefer Nase durch Berlin, ist parlamentarischen Pflichten unterworfen und hat mich gebeten, diese Sendung für uns beide gemeinsam zu übernehmen.

In der letzten Woche hatte ich die Freude und auch die Ehre aus seinem neuen Buch vorlesen zu dürfen.

Ich will das heute auch machen, nochmal die ein oder andere Geschichte herausgreifen, weil sie schlicht unterhaltsam sind und ich nur sagen kann,

es lohnt sich dieses Buch im Buchladen oder online zu erwerben.

Es heißt auf eine Körre wurscht mit Gregor Gizy und es ist ein in Dialogform geschriebener Text, wo in der bekannten Journalist Hans-Dieter Schütt kluge,

witzige Fragen stellt, die ebenso kluge, witzige und witzig von Gregor beantwortet werden. Dazu gleich mehr.

Von mir gibt es auch ein neues Buch, das heißt 3 Sekunden, das sind Alltagsgeschichten, die sich einer erstaunlichen Resonanz erfreut haben,

die ich nämlich ursprünglich zunächst veröffentlicht hatte auf der Plattform Linkin und wo ich gebeten wurde, daraus ein Buch zu machen

und die Alltag mit Reflexion verbinden und offensichtlich bei vielen einen Nerv getroffen haben, was auch viele viele Zuschriften letztlich erwiesen und Belies haben.

Ein zweites will ich Ihnen gerne auch im Namen von Gregor mitteilen, nämlich wie schon oft überlegt und sehr oft nachgefragt, wir machen zwei live Shows.

Wir besuchen uns in unserer jeweiligen Heimatstadt, das hatten wir in einer unserer Sendungen uns gegenseitig ja bereits schon angedroht,

nämlich am 11.12. in Cullnbach, das ist in Oberfranken, meine Heimat, und am 16.12. in Berlin, wie Sie alle wissen, Gregor's Heimat.

Themen kündigen wir noch an und wir freuen uns mit Ihnen dort auch in den direkten Dialog zu gehen.

Karten können Sie ab heute kaufen und zwar überall, wo es Tickets gibt an allen bekannten Vorverkaufsstellen, zum Beispiel über Eventim, das kann man im Internet auch entsprechend finden.

Also wir freuen uns, wenn Sie uns auch live sehen wollen und das Ganze im Dezember dann seine Premiere haben wird.

Dieses Mal beginne ich mit zwei Texten aus meinem Buch, drei Sekunden.

Der erste Text handelt von einem Konzert, war einem sehr sehr bekannten Rockstar Bruce Springsteen. Bruce Springsteen on Tour.

Mit seiner legendären E-Streetband, das riesige Fußballstadion ist zum Bärsten gefüllt.

Der Altersdurchschnitt ist ein halbes Lichtjahr von der Generation Z entfernt.

Ich singe alle Songs des drei Stunden Marathons mit, zum wachsenden Ärger meiner Nachbarn.

Jedes Lied löst eine Erinnerung aus, an einen Ort, eine Emotion, an einen Verlust, Glück und Niederlagen, über eine Zeitspanne von fast 40 Jahren.

Bis heute kann ich mir weder Witze noch Gedichte merken, aber jede Textseide der Alben vom Boss, selbst von B-Seiten der alten Singles.

Ich war 15, als ich ihn das erste Mal hörte.

Meine Dorfkirche war in der Nähe von Rosenheim. Wenige Tage vorher hatte ich mich über beide Ohren in ein etwas älteres Mädchen verliebt.

Sie ahnte höchstens meine Schwärmerei, willigte aber ein, mich am Autos guter zu treffen.

Ich hatte mich zehn Minuten verspätet, weil ich ihr noch fünf Plastikblumen vom Schießstand mitbringen wollte.

Das Luftgewehr war die Verlängerung meiner Nervosität, klägliche zwei Rufen.

Inschauerlich im Gelb und Violett.

Als ich mit weichen Knien am Fahrgeschäft ankam, knutchte die Angebetete bereits mit dem Bulli aus der Parallelklasse.

Der war einmal sitzen geblieben und einen Kopf größer als ich.

Aus den Lautsprechern dröhnte its Raining Man, ein Dauerbrenner, den ich bis heute verabscheu. Traumatisiert nennt man das wohl.

Ich setzte mich auf eine Bierbank, allein mit meiner Kränkung und den Rosen.

Als es keine Männer mehr erregnen wollte, schrieb plötzlich jemand, born in die USA aus den Boxen.

Es löste etwas in mir aus, absurd. Ein Lied, von dem ich kein Wort verstand und das eigentlich eine bittere Abrechnung mit dem Vietnamkrieg ist,

tröstete mich, schuf einen befreienden Trotz.

Die Plastikblumen landeten auf der Autoscooterbahn, der Bulli mittlerweile am Steuerfuhr natürlich drüber, es war mir egal.

Am nächsten Tag machte ich mich nach der Schule auf zum nächsten Plattenladen.

Ein Sehnsuchtsort verpicklte Teenager Träume in den 80er Jahren.

Der Titel war ausverkauft.

Stattdessen nur eine sündhaft teure Box von Blue Springs, den live 1975 bis 1985.

Vielleicht eine der bedeutsamsten Investitionen meines jungen Lebens.

Das Taschengeld war freilich beim Teufel.

Frühjahr 2018

Ein Reitturnier in Florida

Meine Tochter kämpfte sich gerade durch den Parkour.

Ich lehnte an einem Olszauern am Rande der Ersäne.

Neben mir ein amerikanisches Paar.

Anerkennende Worte.

Ich brummelte etwas zurück.

Ich schaute aber doch auf, da die Stimme des Mannes vertraut klang.

Springsteen.

Eines seiner Kinder ritt auf dem selben Turnier.

Ich erstarrte.

In einem anderen Leben war ich nicht leicht zu beeindrucken.

Wenigstens nicht allein durch Prominenz.

Ich hatte immer Worte für die wichtigen dieser Erde gefunden.

Nun waren meine Knie weicher als damals auf der Kirchwei.

Ich fasste mir ein Herz, sprach ihn an, stotternd.

Danke.

Für was mein Freund?

Für deine Treue.

Wie bitte? Ich kenne dich doch gar nicht.

Das musst du auch nicht.

Ich hätte mich urfeigen können für die Banalität des Dialogs.

Wie oft hatte ich mir ausgemalt, was ich mit ihm diskutieren wollte.

Und abends war ich doch ein bisschen stolz.

Zurück im Stadion.

Wir laufen die Tränen herunter.

Ich bin dankbar für diesen Wegbegleiter eines verrückten Lebens.

Und denke an den Bulli aus der Parallelklasse.

Seit 1937, also mittlerweile seit 87 Jahren, gibt es sie in der Apotheke zu kaufen.

Und seitdem versorgen sie zahlreiche Stimmen von Podcasterinnen,

Moderatorinnen, Sängerinnen und allen, die gerne und viel sprechen müssen oder wollen,

mit wertvollen Extrakten aus Primalwurzel, Anis und Fenchel.

Perfekt für eine befreiende und wohltuende Stimmpflege also.

Vor allem durch das langsame Lutschen der Halspastillen

wird sowohl die Mund als auch die Rachenschleimhaut angenehm befeuchtet.

Vielleicht ist der ein oder andere von ihnen den ganz typischen E-Palatdosen

auch schon einmal über den Weg gelaufen.

Ca. 7,5 cm hoch, kaum zu übersehen.

Man kann also sagen Naturkraft in hohen Dosen.

Die Halspastillen sind alle Laktose und Klutenfrei

und in folgenden Varianten erhältlich.

Klassik, Zucker frei und Honig mild.

Die mentholhaltigen Varianten sorgen zusätzlich für ein frisches

und befreites Atemgefühl.

Noch eine wichtige Info an dieser Stelle.

Die Dr. Pflegerarzneimittel GmbH, das Unternehmen Hinter E-Palat,

gehört zu 100% einer Unternehmenssträgerstiftung,

an die alle Überschüsse des Unternehmens fließen.

Und die sozialkaritative Projekte, also Kindergärten, Schulen und Pflegeheime,

sowie medizinische Grundlagenforschung unterstützt.

Also vielen Dank an Sie fürs Zuhören und an E-Palat für die Partnerschaft.

Ein zweiter Text, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer,

handelt von einer Reisen nach New York.

New York Brooklyn.

Unterwegs vom Flughafen John F. Kennedy in die Stadt.

Ich bin müde.

Acht Stunden Flug über den Atlantik.

Meine Lust auf diese Reise hält sich in Grenzen,

die mir so vertrauten USA sind mir wieder fremder geworden.

Der Vorwahlkampf hat früh begonnen, die Polarisierung wächst im Stundentat.

Und zu allem Überfluss ist mir schlecht.

Die typisch ranzige Luft in einem Yellow Cap.

In diesen Archetypen amerikanischer Taxis treffen rückständige Lüftungssysteme

auf eine Geruchsmischung von Kunstleder und Altemschweiß.

An einer Ampel dreht sich der Fahrer um.

Ob er einen Zwischenstopp einlegen dürfen, nur kurz.

Selbstverständlich.

Vielleicht Romortes ja auch in seinem Bauch.

Erhält in zweiter Reihe.

Ich steige sofort aus, durchatmen.

Mein Fahrer schlendert Seelen durch zum Heck des Wands.

Er öffnet den Kofferraum, klemmt sich drei Flaschen Saft,

Sandwiches und Schokoladenriegel unter die Arme.

Am Straßenrand sitzen zwei Obdachlose.

Er legt ihn alles auf eine ihrer Decken.

Die Tränen und das Lachen der beiden gelten nicht nur ihrem Wohltäter,

sondern ohne dass sie es ahnen auch mir.

Ich habe in meinem Drang nach besserer Luft schlicht über sie hinweg gesehen

oder besser hindurch gesehen.

Abgestumpft durch die Vielzahl vergleichbarer Schicksale in dieser Stadt.

Zurück im Wagen bin ich entsetzt über mich selbst.

Obendrein trägt meine Erschütterung eine weitere Blüte der Egozentrik.

Ich war so mit der Wahrnehmung meiner Schwäche beschäftigt,

dass ich nicht einmal auf die Idee kam, etwas Geld bei den zwei armen Teufeln zu lassen.

Mein Fahrer reist mich aus den Gedanken, ob ich einverstanden wäre,

ihm später das Trinkgeld in Bar zu geben.

Die Hälfte davon gebe er Tag für Tag für diese Zwischensturms.

Vor Jahren hätte er selbst auf der Straße gelebt und von ihr.

Eines Tages, sagt er, er hielt ungefragt,

eine junge Dame kaufte ihm an der Ecke einen Kaffee

und schenkte ihm etwas, das er verloren wurde.

Das Gefühl von Würde.

Dieses kleine Ritual sei seine Form Danke zu sagen.

Ich frage nicht, ob sich die Geschichte wirklich so zugetragen hat.

Ungemeinschamant erzählt ist sie allemal.

Als wir ankommen, lächelt mich mit meinem Fahrer ein anderes Amerikan.

Nun glaube ich ihm.

Ich kann mich nicht erinnern, jemals so viel über den Fahrpreis hinaus gezahlt zu haben.

Unverhältnismäßig weiß nicht.

Angelegt in die Bekämpfung meiner Gleichgültigkeit.

Liebe Zuhörer, das war ein zweiter Auszug aus meinem Buch 3 Sekunden

und nun zu Gregor's Buch.

Gemeinsam mit Hans Dieter Schütt auf eine Currywurst mit Gregor Gisi.

Es unterstützt mich, da ich nicht alleine Schütt und Gisi lesen kann.

Das würde ein fürchterlicher Brei werden.

Mein Bruder in dieser Aufnahme, er ist Hans Dieter Schütt.

Die Ähnlichkeit ist nicht wirklich gegeben.

Ich bin Gregor Gisi, ohne die notwendige Barlinau-Schnauze.

Das müssen sie sich hinzu oder wegdenken oder wie auch immer.

Und wir beide lesen aus seinem neuen Buch ein Stück über Angela Merkel.

Herr Gisi, die Regierungszeit der Kanzlerin liegt zwar Ewigkeiten zurück,

aber was fällt Ihnen beim Namen Angela Merkel zuerst ein?

Oh ja, lange Zeit her.

Sehen Sie, mein Gerät schnell ihn vergessen.

In der Politik auf jeden Fall. Wie heißt es so schön? Schwamm drüber.

Später dann, Gras drüber.

Angela Merkel hatte eine Biografie in der DDR.

Wobei sie das dem Umstand verdankte, dass ihre Eltern aus Hamburg umgezogen waren.

Ihr Vater fühlte als Pfarrer eine christliche Verpflichtung, sich im Osten zu engagieren.

Das erinnerte mich an meine Eltern, die nach dem Krieg zunächst in Westberlin wohnen

und ein Jahr nach meiner Geburt nach Ostberlin gezogen sind.

Was verbindet Sie beide als Ostdeutsche?

Nicht so viel.

Ich verstehe nicht, dass es sich nicht stärker vergleichen lohnt

für gleiche Arbeit in gleicher Arbeitszeit im Osten West eingesetzt hat.

Ostdeutsche haben auch immer noch keine gleiche Rente für die gleiche Lebensleistung.

Das Argument, dass Mieten und Restaurantpreise im Osten günstiger sein, lasse ich nicht gelten.

Mieten und Restaurantpreise in der Bayerischen Stadt Hof sind wesentlich günstiger als in München.

Es ist aber noch niemand auf die Idee gekommen, deshalb in auf geringere Löhne und Renten zu zahlen.

Es heißt, Frau Merkel habe Europa zusammengehalten.

Sie wollte auf keinen Fall das mit ihrem Namen der Zerfall der EU verbunden ist.

Wann ist sie Ihnen zum ersten Mal politisch aufgefallen?

Wahrscheinlich 1990, als stellvertretende DDR-Regierungsprecher.

Wie damals der Regierungssprecher ist, weiß fast niemand mehr, aber die Stellvertreterinnen kennen alle.

Eine große Karriere wurde ihr nicht so getraut.

Sie wurde später nur CDU-Vorsitzende, weil entgegen der bis dahin geübten Tradition

ihre ostdeutsche Herkunft für politische Unschuld sprach und nicht verschuld.

Sonst ist es ja aber umgekehrt.

Aber bei der CDU-Spenden-Affäre galten viele aus dem Westen als Vorbildlastet.

Ich bin mir ganz sicher, dass die Männer dort dabeils dachten, wir machen sie jetzt mal zur Vorsitzenden

und in zwei Jahren schicken wir sie wieder nach Hause.

Aber dann hat sie die Männer nach Hause geschickt.

Denn es gilt immer noch, so wie du heute agierst, trifft es dich eines Tages selbst.

Sprechen Sie aus Erfahrung?

Ich hatte Funktionen in einer Partei, um die sich wirklich niemand rissen.

Das betraf die Funktion wie die Partei.

Den grünen Politiker Jürgen Trittin fragte ich einmal, ob er Freunde in der Politik und in der eigenen Partei habe.

Er verneinte.

Da war er gerade Umweltminister.

Natürlich meinten alle, seit der Umgebung sie seien die besseren Umweltminister.

Um die Funktionen, die ich hatte, gab es, was mich betraf, nie geragelt, das er hält vor euch schafft.

Denn nur aus den eigenen Reihen entsteht Konkurrenz.

Ein CDU-Abgeordneter konkurriert doch nicht mit mir und ich nicht mit ihm.

Da kann man im guten Fall einen ganz sachlichen Umgang miteinander pflegen.

Aber wenn dich die eigenen Leute umarmen, wie würden sie im Merkensführungsstil beschreiben?

Sie war freundlich und höflich und konnte aber auch einen anderen Ton an den Tag legen.

Sie machte nicht so grob wie ihre Kollegen und ohne Intrigen.

Sie hätte nie alle Kreisvorsitzeln angerufen und gesagt, ihr müsst auf der Partei tagdies oder jenes tun.

Ich weiß ja, wie Männer das machen.

In Zukunft, sie ist nicht eitel und materiell nicht interessiert, das schätze ich an ihr.

Und sie kann sympathisch lächeln. Die sollte man auch nicht unterschätzen.

Sie konnte gut verwalten, Gespräche führen, vermitteln.

Für die großen Herausforderungen hatte sie aber kaum Ideen.

Merkel hat die Republik, Frauen und Familien politisch verändert.

War sie eine Feministin, die sie nie sein wollte?

Jedenfalls machte sie Politik nicht so wie eins die britische Premierministerin Margaret Thatcher.

Viele waren damals nicht nur von deren beinharten Sozialabbau bedient,

sondern auch, weil sie das Gefühl hatten, da versuchte eine Frau oder eine andere Mann zu sein.

Das ist nicht Merkelstil gewesen.

Das hatte sie vielleicht nicht mehr nötig.

Möglich, denn Gerhard Schröder hatte damals die neoliberale Politik zusammen mit dem grünen Joschka Fischer schon forciert.

Da konnte sie sogar kleine Reparaturen vornehmen.

Sie ist nicht klassisch konservativ.

Das hat mit ihrer Sozialisation zu tun.

In der DDR gab es politische Ausgrenzung und Zensur, aber so gut wie keine soziale Ausgrenzung.

Kunst und Kultur waren für jede und jeden bezahlbar, auch für Rentnerinnen und Rentner mit wenig Geld.

Es gab preiswerte Kinovorstellungen, Romanzeitungen mit Werken von Dostoyevsky bis Flaubert für 80 Pfennig,

billige Theater und Opernkarten.

Das hat Merkel erlebt.

Und das hat sie geprägt.

Deshalb sagt man, ihr heute Nachtsjahr habe die CDU sozialdemokratisiert.

Dass sie der Ehe für alle mehr Kitaplätze und Vetermonaten zugestimmt bzw. sie zugelassen hat,

das hat mit ihrer Herkunft aus der DDR zu tun.

Wie groß war Merkels Interesse am Osten?

Kohl wollte den Osten erobern, den Westen hat er ja schon.

Merkel wollte den Westen erobern.

Sie wollte Wirken in Bayern und den Nordrhein-Westfalen.

Der Schriftsteller Robert Menasse schrieb, sie wirkte manchmal noch immer so,

als bestimmten DDR-Sehnsüchte ihre Politik, der Reisepass und der volle Supermarkt.

Damit ist ein Geschichtsziel erreicht und die Perspektive soll sein,

du kannst auch morgen Reisen und volle Regale vorfinden.

Merkel ist eine Politikerin des Status quo.

Sie versprach eine Verlängerung dagegenwart.

Das hatte zur Folge, dass viele Ostdeutsche meinten, sie haben sich angesichts sozialer Ungerechtigkeiten

nicht genug um sie gekümmert.

Quasi über den Schock eines Wochenendes, nach der Katastrophe von Fukushima,

hat sie die Schließung der Kernkraftwerke in Deutschland beschlossen.

Die Ungleichsbehandlung der Ostdeutschen Rentnerinnen und Rentner hat sie offenbar weniger erschüttert.

Sie hätte auch da energischer eingreifen können.

Warum stiegen eigentlich nach 1989 so viele Pfarrer und Rechtsanwälter aus dem Osten in die Politik ein?

Die geistige DDR-Elite war größtenteils verbraucht und galt als zu staatsnah.

Anders als brauchte man eine Elite, so blieben Pfarrer und Anwälter nennen.

Naja, und diese eine Ausnahme gab es, eine Physikerin.

Hatte Mary in der Flüchtlingspolitik mit dem Satz, wir schaffen das recht?

Es war 2015 eine sehr enge Situation.

Das Problem war, dass damals die Sicherheitsüberprüfungen zu die Ankremlinge entzielen.

Ich weiß aber nicht, ob die überhaupt technisch möglich gewesen wären.

Merkel hat durch ihre Linie Freunde gewonnen, die sie vorher nicht hatte, und sie hat andere verloren.

Die Bezogene und Zuhörer, all das Ausschlüte aus unseren beiden neuen Büchern?

Ein zweites Stück aus dem Buch Gregorgesis.

Es handelt vom Spiegelbild.

Herr Gesig, beschreiben Sie den Menschen, den Sie im Spiegel sehen.

Ich habe nicht den geringsten Lust, mich selbst zu beschreiben.

Sehen Sie sich lieber morgens oder abends im Spiegel?

Am liebsten morgens beim Rasieren.

Stehen Sie vor dem Spiegel und üben wir eine Rede?

Ne, ne. Was ich da sehe, verschlecht mir ohnehin manchmal die Sprache.

Ärgern Sie sich über unvorteilhafte Fotos in Zeitungen?

Gelegenlich schon.

Was ist so schön an Öffentlichkeit?

Freutliche Reaktionen sind angenehm.

Es gibt aber auch das Gegenteil, und manchmal ist einem so zumute, dass man überhaupt nicht erkannt werden möchte.

Ich meine, dass Ihnen nicht nahezu überall erkannt werden kann.

Erstens gibt es viele Menschen, die mich nicht erkennen.

Und zweitens habe ich in der Zeit, in der ich überhaupt nicht erkannt wurde, auch nicht schlecht gelebt.

Wann waren Sie am eitelsten?

Am 6. November 1989 war ich das erste Mal im Fernsehen der DDR bei Heinz Florian Örtl.

An dem Tag wurde der Entwurf eines Reisegesetzes veröffentlicht,

ein unentschiedenes halbherziges Papier, welches das Reisen nicht richtig erlaubt und nicht richtig verbot.

Alle in der Sendung begrüßten den Entwurf, ich kritisierte ihn.

Dann erklärte ich, dass ich mit den anderen 14 Vorsitzenden der Rechtsanwaltskollegen in der DDR

einen neuen Entwurf verfassen werde und hoffe, dass in der Volkskammer besser gefalle als der vorgelegt.

Und dann drehte ich mit meiner Eitelkeit durch und bat die Fernsehzuschauern und Fernsehzuschauern,

mir ihre Ideen zu schreiben.

Was war daran so furchtbar?

Ich hatte am nächsten Tag 6.000 Briefe, am übernächsten Tag 6.000 Briefe

und natürlich konnte ich sie nicht von der normalen Anwaltspost unterscheiden.

Wenn ein Mandant oder eine Mandantin mir geschrieben hätte, dass ich ein Rechtsmittel einlegen sollte,

hätte ich den Brief viel zu spät gefunden, die Frist wäre versäumt gewesen.

Ich habe mich sehr erschreckt.

Glücklicherweise halfen mir 10 Kolleginnen und Kollegen über mehrere Nächte die Briefe zu öffnen und zu unterteilen.

Wenn das nicht passiert wäre, müsste ich wahrscheinlich heute noch Schadenersatz bezahlen.

Da habe ich auf jeden Fall begriffen, dass ich mich zu gönne auf, zu missionarisch ans Fernsehpublikum gebannt

und also nicht ich meine Eitelkeit, sondern sie mich beherrscht hatte.

Wer darf Ihnen eine Eitelkeit vorwerfen?

Jede und jeder, es sei dann sie oder er ist noch eitler als ich.

Was ist Ihnen in der Öffentlichkeit peinlich?

Die Frage werde ich Ihnen schon deshalb nicht beantworten, weil sonst jene, die mich nicht mögen,

genau solche Situationen organisiert werden.

Gehen Sie gerne auf Bühnen?

Auf jeden Fall stört es mich nicht.

Gehört so Eitelkeit nicht aufhören zu können?

Das glaube ich in Bezug auf mich selbst nicht.

Ich konnte als Parteivorsitzender, als Fraktionsvorsitzender, als Berliner Bürgermeister und Senator aufhören.

Auf jeden Fall hat mich die Eitelkeit nicht daran gehindert.

Was gefällt Ihnen an sich selbst? Was nicht?

Naja, ich komme einigermaßen mit mir klar.

Das heißt, es gibt Dinge, die mir gefallen und Dinge, die mich stören.

Aber ich werde das jetzt nicht im Einzelnen aufzählen.

Sie sind also letztlich gern der, der Sie sind?

Ja.

Warum?

Die Begründung ist einfach.

Ich bekomme eh keine Ahnung für mich als mich selbst.

Ich habe mich ja nicht gewöhnt.

Sie waren als Kind doch bestimmt in Ferienlage.

Fühlten Sie sich wohl?

Weil der Freude war begrenzt.

Ich war nicht der Typ, der gern im Zelt oder in Bungalows mit zielen anderen Kindern gemeinsam übernachtete.

Mich beschäftigte, wie man sich miteinander verdröge.

Da strengte mich an, es belastete mich.

Aber letztlich habe ich mich eingeordnet und eingebaut.

Ich kann mich in vielen Situationen so verhalten, dass ich trotz Distanz offen genug bleibe für schöne Erlebnisse.

Der Filmregisseur Frederico Fellini sagte,

jeden Mensch entspreche vom Charakter her ein Musikinstrument.

Was glauben Sie?

Welches entspricht Ihnen?

Ich denke, dass er den Kombination aus Schlagzeug und Piccoloflöte mir am ehesten entspricht.

Welches Musikinstrument hören Sie besonders gern?

Das Piano und die Geige, aber gelegentlich auch Gitarre und Schlagzeug.

Welches Instrument würden Sie gerne spielen?

Alle, aber ich kann keines.

Die Bezüge und die Zöger, das waren zwei Ausschnitte aus dem neuen Buch von Gregor Gizzi mit Hans-Dieter Schütt.

Ein wirklich unterhaltsames und an vielen Stellen auch nachdenklich machendes Buch.

Mit Themen, die vom Lustigen ins Traurige, ins politische, überall ihn driften, aber einen auch mitnehmen.

In diese Welt, in die Gedanken Welt Gregor Gizzi.

Ich kann es nur empfehlen und ich freue mich, wenn Sie uns weiter empfehlen.

Und wenn Sie unsere Sendung weiter empfehlen, beim nächsten Mal sitzen wir beide uns wieder gegenüber,

klopfen uns hart und milde um die jeweiligen Themen, die wir von Ihnen auch immer wieder mitgeteilt bekommen.

Und darum möchte ich Sie bitten.

Schreiben Sie uns, schicken Sie uns Ideen, Anregungen, Kritik und das Bitte am liebsten per E-Mail.

Mein Problem ist, dass ich ebenso wie Gregor Gizzi mit diese seltsame E-Mail-Adresse nicht merken kann.

Und das ist auch so schwieriger, wenn ich es jetzt nicht auf dem Bildschirm vor mir habe,

weil auf dem Bildschirm jetzt der Buchtext war.

Und es guckt Ihnen nochmal, ob irgend ein liebevoller Mensch mir schreibt, was ich Ihnen vorlesen soll, was ich mir nicht merken kann.

Und ja, es poppt auf.

GGG at openmindspunktmedia, so erreichen Sie uns.

Und wir erreichen Sie wieder nächste Woche, freuen uns, wenn wir wieder zu Ihnen mit Ihnen sprechen können.

Und miteinander mit Gregor Gizzi, der dann auch wieder mit im Boote sitzt.

Danke alles Gute und Ihnen eine schöne Woche.

Copyright WDR 2021

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Der Sommer ist vorbei und in Deutschland wird es Herbst – Bücherherbst. Das bedeutet aber auch, dass die Kalender von Gregor Gysi und KT Guttenberg in dieser Woche erneut sehr voll sind, weshalb die beiden erst in der nächsten Woche wieder gemeinsam aufnehmen. Heute gibt es somit ein weiteres GGG-Solo – ohne Gregor Gysi, aber dafür wieder mit dem Geschwisterpaar KT und Philipp Guttenberg (der aus Gregor Gysis neuem Buch lesen wird). Was hat Bruce Springsteen mit dem ersten Liebeskummer von KT Guttenberg zu tun? Und wann sieht sich Gregor Gysi am liebsten im Spiegel? Das verraten unsere beiden Hosts nicht nur in dieser Folge, sondern speziell in ihren Büchern, die in dieser Woche erschienen sind. „3 Sekunden. Notizen aus der Gegenwart“ von Karl-Theodor zu Guttenberg (Herder Verlag) und „Auf eine Currywurst mit Gregor Gysi" von Gregor Gysi und Hans-Dieter Schütt (Aufbau Verlag) gibt es ab jetzt zu kaufen – überall, wo es Bücher gibt.


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