Open Minds Media, Karl-Theodor zu Guttenberg & Gregor Gysi Open Minds Media, Karl-Theodor zu Guttenberg & Gregor Gysi 10/4/23 - Episode Page - 27m - PDF Transcript

Während Gregor ihn gewohnt unterhaltsommerweise Berlin unsicher macht, bin ich derzeit in Los Angeles.

Also tatsächlich ein paar Kilometer entfernt.

Was der Folge haben kann, dass die Tonqualität heute vielleicht etwas mühseliger stockender ist, das bitte ich sehr nachzusehen.

Guten Tag und herzlich Willkommen liebe Zuhörerinnen und Zuhörer zu einer neuen Ausgabe von Gizy gegen Gutenberg.

Wir freuen uns, dass Sie zugeschaltet haben und doch gibt es diese Woche eine Besonderheit.

Nämlich Gregor sitzt mir heute nicht gegenüber.

Er muss er als ein vielbeschäftigter Mann seinen parlamentarischen Pflichten nachkommen und dort wahrscheinlich mit bestechender Rhetorik, so wie wir ihn kennen, seinen Kollegen und Kollegen im Bundestag, gehöre ich auf den Nerven gehen.

Und deswegen haben wir uns gemeinsam entschlossen, heute etwas zu machen, was eher ungewöhnlich ist.

Gregor ist nämlich nicht ganz weg, er wird nämlich durch mich vertreten und wir machen das in einer Form, die ein Versuch ist.

Wir beide haben nämlich in diesen Tagen neue Bücher auf den Markt gebracht.

Gregor eines, wo er im Dialog mit dem Journalisten, dem schaftsinnigen Journalisten Hans Dieter Schütt über große und kleine Themen spricht, ein unglaublich unterhaltsames Buch.

Und wo ich versuche diesen Dialog ein wenig nachzustellen.

Ich kann jetzt natürlich nicht beide Stimmen sprechen und es ist ein auch etwas waghalsiges Unterfangen, wenn ich plötzlich die Stimme Gregor Gisys bin, aber genau das wird so stattfinden.

Und das wird man natürlich irgendwann wahrscheinlich mal um die Ohren fliegen, weil ich plötzlich aus meinem Munde Gregor Gisys kommt.

Und wenn mir das irgendwann mal jemand vorspielt und ich plötzlich Dinge gesagt habe, die so weit links von meinen Überzeugungen sind, aber nicht mit der Frage gekoppelt sind, kann das natürlich hochgefährlich für mich werden.

Ich will es aber trotzdem machen, um Ihnen einen Eindruck von diesem Buch zu geben.

Hans Dieter Schütt ist natürlich auch nicht bei mir, dafür sitzt neben mir mein Bruder, der die Rolle von Hans Dieter Schütt übernimmt.

Also zwei Gutenbergs lesen heute aus einem Buch vor, wo sich zwei Vertreter, die jetzt würde ich mal sagen, etwas links im politischen Spektrum stehen.

Und wir beide das ja eher nicht tun und das kann vielleicht eine oder andere bizare Situation hervorrufen.

Es ist allerdings ein wunderbares Buch, ich kann es Ihnen wirklich nur ans Herz legen und wir werden einige Episoden daraus vortragen.

Gleichzeitig habe ich ein Buch geschrieben, dazu sage ich gleich noch etwas mehr und daraus wird auch ein wenig vorgelesen.

Also das Ganze ist heute mehr ein Hörbuch Gisys gegen Gutenberg, aber wir hoffen, dass Sie gleichzeitig viel Freude trotz dem an uns und unseren Gedanken haben.

Das Buch von Gregor Gisys mit Hans Dieter Schütt heißt auf eine Currywurst mit Gregor Gisys.

Es basiert darauf, dass Hans Dieter Schütt und Gregor Gisys viel zusammen unterwegs haben, wieder Veranstaltungen gemeinsam gemacht.

Und Hans Dieter Schütt hat diese Reisen zum Anlass genommen, um bei einer Currywurst, das war ein bisschen der Ausgangspunkt, aber es war natürlich nicht immer eine Currywurst,

ein Gespräch mit Gregor Gisys zu beginnen über die großen und kleinen Themen unseres Lebens.

Und das Ganze ist auserst unterhaltsam gelungen und ist in Dialogform und ist im Aufbauverlag erschienen.

Und Gregor wird sich natürlich besonders freuen, wenn Ihnen dieses Buch so zu sagt, dass Sie auch zugreifen dem Bücherregal oder für Ihr Bücherregal.

Wir beginnen mit einem Dialog aus dem Buch, in dem es um Rhetorik geht.

Rhetorik, etwas, was Gregor nicht ganz fremd ist. Und ich gebe weiter an meinen Bruder, Schrickstrich Hans Dieter Schütt, der diesen Dialog beginnt.

Ergysi, ist das redenerlernbar?

Begrenzt, bestimmte Dinge kann man andere nicht.

Träne für öffentliche Auftritte haben Ruchkonjunktur.

Ich habe wenig Vertrauen in solche Leute. Sie leben davon, dass die Gesellschaft die Menschen zunehmend in Rollen zwingt, die sie ihrem Wissen entfremdet.

Sie dagegen?

Ich dagegen versuche, bei einem Naturelltreu zu bleiben. Zugleich muss man allerdings kontrolliert agieren.

Man tritt als Politiker oder Politikerin auf, aber man darf doch nicht eine Sekunde lang glauben, man sei schon deshalb so etwas wie eine Erscheinung.

Die flüssige Rede ist eine Kunst.

Ja, man kann auch überflüssiges Absolut flüssig vortragen.

Alles ist eine Gradwanderung. Rezepte gibt es nicht. Wer bei einer Rede nach Worten sucht, kann schlecht vorbereitet sein.

Aber das kann auch Ausdruck dafür sein, dass Wahrheit grundsätzlich Suche und Herantasten ist.

Auch beim argumentieren in eigener Sache gilt, sei du selbst.

Und das ist, was wir aus dem Alltag wissen, das schwierigste Unterfangen des Lebens, was einen da immer wieder alles dazwischen kommt.

Feilen Sie lange an Ihren Reden?

Dann kommt darauf an, wie schwierig eine Sache ist. Wenn es heißt, man pfeile an einer Rede, dann kann das heißen, Ihre Kanten schärfen oder aber abschleifen, begradigen.

Meistens heißt es bei es.

Und meistens findet auch beide statt. Stimmt. Ob bewusst oder unbewusst.

Üben Sie Pointen?

Also ich bitte Sie. In der Regel geht es mir vor Mikrofonen und Kameras wie allen Leuten.

Erst hinterher weiß ich, was ich hätte sagen oder entgegnen sollen.

Wenn eine Boite gelegt ist, war mitunter selbst überrascht und weiß nicht in jedem Falle, wie sie zustande kamen.

Waren Sie schon als Schüler ein Volkstribun?

Ich redete gerne und sagte mit Begeisterung Gedichte auf.

Ich stellte fest, es spielt auch keine Rolle, ob es ein kämpferisches Gedicht war, ob von Schiller oder von Goethe oder Brecht.

Das andere war, dass mein Vater, Verleger, Kulturminister, Botschafter, Staatssekretär ...

... sehr gut ganze Runden unterhalten konnte, gerade mit seiner Rhetorik.

Und das schulte mich insofern, als mir schon etwas Besonderes einfallen musste, wenn ich als Kind etwas dazwischen sagen wollte und die jeweilige Runde mich bemerkt sollte.

Was genau lernten Sie vom Vater?

Rhetorisch?

Von ihm lernte ich mich mit Beispielen zu operieren, um so den Gedanken, den man hat, verständlicher zu machen, statt die Dinge nur abstrakt auszudrücken.

Man sagt, der Apfel fällt nicht weit vom Pferd?

Eben.

Sie wissen, worauf ich hinaus will.

Während unser Vater ein glänzender Rhetoriker war, hielt unsere Mutter übrigens Ungarnrenen.

Öffentlich zu sprechen war ihr eine furchtbare Vorstellung, aber Filme konnte sie fantastisch nach erzählen.

Was interessierte sie an Gedichten?

Ich begeisterte mich für Betonungen, für Rhythmen innerhalb der Strophen, wobei auch ich einem Aberglauben verfallen war, der weit verbreitet ist.

Legt das Buch am Abend und das Kopfkissen, dann lernt es sich über Nacht von ganz allein.

Abends las ich ein Gedicht zwei bis drei Mal, dann kam das Buch und das Kopfkissen, am nächsten Tag saß der Text.

Und tatsächlich vergaß ich außerweise dieses Rhetoralkonte ich das Gedicht nicht auswendig her sagen.

Auch die Einbildung gehört bekanntermaßen zur Bildung.

Gab es für Sie Rhetorische Vorbilder?

Außer meinem Vater?

Nein.

Ich hatte ja nie in Erwägung gezogen, in die große Öffentlichkeit zu gehen, gar in die Politik.

Es gab in der frühen Bundesrepublik sehr unterschiedliche gute Redner.

In der DDR auch?

Ja, ja, Herr Rihonika war ein Wunderkind.

Er sprach mit vier Jahren schon viel später mit 70.

Genosse Giszi.

Die Einverstanden gestrichen.

Bewunderten Sie Herbert Wiener?

Ja.

An Herbert Wiener habe ich bewundert, dass er einen Satz mit 14 Relativsetzen bilden konnte und dennoch irgendwann das Schlusswerb fand.

Brilliant.

Bei Willy Brandt verführte mir allein schon diese dunkle, leichtraue Stimme.

Helmut Schmidt, ebenfalls ein geschliffener Redner, hatte eine interessante Angewohnheit.

Im Bundestag schob er sein Monoskript immer seitlich, so wie oben und unten gerade, obwohl es keinen Zentimeter schief lag.

Eine Fernsehdokumentation zeigte, dass es nahezu 2% Abgeordnete gab, die diese Schmidt-Geste bei ihren Reden kopierten.

Nachdem Schmidt den Bundestag verlassen hatte, verschwand auch diese Spielchen mit der Akku-Ratesse.

Kopien gehören zum Leben.

Ab und zu erwische ich mich dabei, wie meine Fingerspitzen zur Merkelraute sich formen.

Die Psyches eine spannende Angelegenheit.

Und franziose Strauß?

Für mich eher ein Krabballredner.

Es ging bei ihm nicht ohne Beleidigung.

Wie Wiener?

Ne, bei dem war das anders.

Der hatte Witz, äußerst galligen Witz.

Als der Abgeordnete der CDU Wohlrabe im Bundestag sprach, erklärte Wiener ihn zum Täuscher, denn er sei ja eine Übelkrehe.

Den Beinamen wurde Wohlrabe nie wieder los.

Lügepolitische Sprache?

Ja, sehr oft ja.

Klimawandel klingt gerade zomalerisch, wo es doch eine drohende Katastrophe zu benennen gibt.

Der Begriff der militärischen Spezialoperation verschleiert, dass es sich um Krieg handelt.

Die Beschleidung von Arbeitsrechten wird als Flexibilisierung des Arbeitsmarktes getanzt.

Sind Sie gern spitzfindig?

Das hat seinen Reiz.

Es gibt auch interessante Fragen.

Beim wievielten Weizenkorn fängt etwas an, ein Kornhaufen zu werden.

Bei ausfall welchen Haares beginnt ein Kalkopf.

Wer soll so etwas beantworten?

Man kann es nicht beantworten.

Und wer braucht es?

Es ist natürlich völlig nebensächlich und sinnlos, wenn man solche Fragen in Beziehungen setzt zu den großen Fragen der Weltpolitik.

Aber sie helfen einem auch mal, Abstand vom Alltag zu nehmen.

Mit Kornhaufen und Kalkopf?

Wenn man Kornhaufen und Kalkopf konsequent theoretisch betrachtet, wird aus der Kuriosität eine ernsthafte Erkundigung.

Nämlich nach dem Punkt, an dem eine bestimmte Quantität in eine neue Qualität umschlägt.

Liebe Zuhörer und Zuhörer, das war die erste Ausfallgeschichte aus Gregor Gizis neum Buch auf eine Currywurst mit Gregor Gizi.

Eine zweite habe ich Ihnen ausgesucht, dies überschrieben mit dem Wort Kiffen.

Das hat mich natürlich interessiert und deswegen wollen wir Ihnen diese auch nicht vorenthalten.

Bitte also meinen Bruder wiederum, die Rolle von Hans Dieter Schütz zu übernehmen.

Herr Gizi, wann haben Sie zu Kiffen aufgehört?

Bevor ich überhaupt auf die Idee gekommen wäre, anzufangen.

Nie einen Joint genommen?

Als ich 1990 eine Veranstaltung in Köln hatte, wurde ich nach meiner Haltung zu leichten Drogen gefragt.

Ich erklärte, dass ich mit Drogen in der DDR bisher nichts zu tun hatte und deshalb das Material dazu erst studieren müsse.

Danach würde ich sicher auch eine Meinung haben.

Beim Rausgehen drückte mir eine junge Frau einen Zettel in die Hand, den ich lesen sollte.

Ich wickelte hinauf und da stand nicht studieren, sondern probieren.

Es war eine Haschziggarette beigefügt.

Es gab noch die DDR.

Ja, aber ich nahm die Haschziggarette dennoch mit.

Bei einer Grenzkontrolle wäre ich natürlich zur Hauptüberschrift der Bildseitung geworden, aber es gab keine Kontrolle.

Und dann haben wir zu Hause zu fünft jeder einen zugenommen.

Die Wirkung?

Null.

Das war bei der einzige bewusste Begegnung mit diesem Rauschgift.

Danach wurde ich nach Hamburg zu einem Spiel vom 1. FC St. Pauli eingeladen.

Ich stand im Fanblog.

Von den zwei Toren die vielen und einem Großteil des Spiels habe ich wenig gesehen, denn ich war eingekesselt von lauter langen Kerns.

Nur in der Lautstärke der Fans erkannte ich das dramatische Geschehen auf dem Rasen.

Nach dem Spiel war mir Hundeelen zu mutig, wir nie zuvor und nie wieder in meinem Leben.

Es dauerte eine Weile, bis ich begriff, dass um mich herum nicht geraucht, sondern gekifft worden war.

Ist Politik eine Droge?

Zwischendurch war ich drei Jahre draußen, alle dachten, das hält der Kern nicht aus.

Ich habe es sehr wohl ausgehalten und genossen.

Andererseits brauchte ich die Bewegung, den Kontakt, ich bin immerhin und hergerissen.

Warum haben Sie angefangen zu rauchen und warum aufgehört?

Angefangen habe ich wahrscheinlich aus dem Bedürfnis besonders männlich zu wirken.

Mit 16 Jahren hat man ja so komische Gefühle.

Und aufgehörte habe ich nach dem ersten Herzinfarkt.

Das beweist, dass meine Motive zum Aufhören wesentlich bessere waren, als sie die zum rauchen.

Rauchten Sie auch in Gaststätten?

Ja, als ich jung war, war das erlaubt. Und fast selbstverständlich, ich tat es also auch.

Heute ist es kaum noch vorstellbar.

In welchen Momenten würden Sie gerne wieder zur Zigarette greifen?

Es gibt keinen solchen Moment mehr. Ich hatte nie wieder das Bedürfnis danach.

Ich bin aber ein toleranter Nichtraucher geworden.

In meinem Beisankern geraucht werden, das macht mir nichts aus.

Es entsteht in mir nicht das geringste Bedürfnis, wieder selbst zu einer Zigarette zu greifen.

wurden, nachdem Sie aufgehört haben, Süßigkeiten zum Ausgleich?

Nein, nicht nur Süßigkeiten, sondern überhaupt Essen.

Welche Zigaretten sollte bevorzugten Sie?

In der DDR-Kabinett und später dann Marlboro.

Bekannt ist das gefährliche Verhältnis von Spitzenpolitikern zum Alkohol.

Woher rührt das Problem?

Viele Menschen greifen im Stress gerne zum Alkohol, bis eben leider eine gewisse Abhängigkeit entsteht.

Spitzenpolitikerinnen und Spitzenpolitiker befinden sich häufig im Stress.

Welches alkoholisches Getränk bevorzugen Sie?

Weißwein und gelegentlich auch Pilz.

Ich trinke auch Marotwein, aber mit Schnaps kann ich gar gar etwas anfangen.

Wie finden Sie das Wort Schnaps?

Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht und bin im Augenblick auch nicht bereit, mir darüber Gedanken zu machen.

Willen Sie Cocktails?

Ja, nur sehr selten trinke ich mal ein Cocktail.

Da treten so schnell, wie soll ich sagen, Wirkungen ein.

Gehen Sie manchmal mit Abgeordneten einen trinken?

Nein, mit Freundinnen und Freunden.

Darunter gibt es nur wenige Abgeordnete aus meiner Fraktion.

Sie absolvieren viele Abendveranstaltungen.

Wie gestaltet sich bei Ihnen der sogenannte Absacker?

Die meisten verstehen darunter einen Schnaps zum Abschluss.

Mir genügt eine Weißweinschorle.

Das war ein zweiter Ausschnitt aus Georgisis neum Buch.

Damit Gregor in diesem Herbst den Buchmarkt nicht alleine aufrollt, habe ich auch eine Publikation auf dem Markt geplant.

Es war natürlich etwas, was schon sehr viel länger geplant war und eher zufällig,

dass wir beide in diesem Herbst auf den Büchermarkt kommen.

Bei mir ist es ein ganz anderes Buch geworden, nämlich eines, das Alltagssituationen beschreibt,

die ich über viele Monate hinweg auf einer Social Media Plattform veröffentlicht habe.

Das mag etwas erstaunlich klingen, wie man von Social Media in ein Buchprojekt hineinkommt.

Aber ich wurde letztes Jahr geboten, als ich gebeten, als ich meinen ersten Dokumentarfilm damals über Vladimir Putin gedreht habe,

doch dafür auch auf den sozialen Medien, in den sozialen Medien zu werben.

Ich habe die Vorstellung grauenvoll, weil mir diese Art von Trommeln nicht liegt

und ich in den sozialen Medien im Grunde immer nur ganz wüste Beschimpfungen und ähnliche Dinge wahrgenommen habe

und nicht wirklich eine ganz hohe Qualität.

Hat mir irgendjemand gesagt, probier doch mal jetzt nicht Instagram oder Twitter

oder irgendwelche dieser sehr lauten Kanäle aus, sondern LinkedIn.

LinkedIn ist eigentlich eine Business-Plattform.

Da kannst du dann werben für den Film und mal ausprobieren, ob das irgendeiner Form klappt.

Nun, ich habe mich dran gemacht.

Ich hätte genauso gut für ein Harbpflegemittel werben können.

Es hatte überhaupt keine Resolanz.

Und da wir schlossen, machen wir doch mal was ganz anderes.

Schreib auf einer Plattform, wo sonst im Wesentlichen für Geschäftsideen und Verbindungen und Ähnliches geworben und getrollelt wird.

Schreib doch mal einfach deinen Alltag auf.

Kleine Geschichten, Erlebnisse, mit denen sich vielleicht der ein oder andere identifizieren kann,

auch in den Bezug herstellen zu der ein oder anderen größeren Frage

oder die einfach mal nichts anderes sind als das, was wir gegenwärtig erleben.

Und daraus entstanden diese Geschichten.

Und man hat mir am Anfang gesagt, das wird niemals.

Und tatsächlich gingen die zu, wie sagt man, die Klickzahlen und die Viewerzahlen,

wie man das heute in Neudeutsch sagt, komplett durch die Decke.

Also jeder Post ist in vielen hunderttausendfach mal gelesen worden.

Es waren viele, viele Kommentare.

Und irgendwann haben wir beschlossen, daraus ein Buch zu machen, weil ich immer wieder gebeten wurde.

Machen Sie doch ein Buch daraus.

Und das ist jetzt das Produkt.

Das Buch heißt Drei Sekunden.

Bei Drei Sekunden ist die, wenn man so will, Maßeinheit, in der maximal die Gegenwart wahrgenommen werden kann

und ziele dieser Themen, die Gegenwart behandeln.

Ich lese in zwei Stücke heute daraus vor und würde mich freuen, wenn Sie Ihnen gefallen.

Die erste Geschichte.

Wieder eine Zugfahrt in der Mitte Deutschlands.

Unerwarteter Musikgang, als mir die Deutsche Bahn 70 Minuten schenkt.

Über die Lautsprecher Nuschel der Leitende schaffen einen Brei aus Spätungsgründen

versäumten Anschlössen und Bitte um Nachsicht.

Vom Vordersitz ein dünnes, resigniertes Stimmchen.

Nicht mal ein Bedauern hört man bei den Floskeln noch heraus, alles schlürten gegangen.

Mich stört es nicht, wenigstens ehrlich.

Allein die heutige Inflation von Pannen würden jeden Anflug von Reue so gleich entwerten.

Diesmal funktioniert zur Abwechslung die Klimanlage.

Auch die Steckdosen sind tot.

Demgemäß haben vor zwei Stunden meine Kopfhörer in Geist aufgegeben, der Computerbildschirm ist schwarz.

Mir bleibt bei der letzte analoge Zuflucht, die klassischen Druckerzeugnisse.

Vereinzelt werde ich belächelt, wenn ich mit einem Stapel Zeitungen und Büchern unter dem Abend verreise.

Wie zuletzt auf einem Flug nach Helsinki, eine denkwürdige Begegenheit.

Auf dem Gangplatz saß bereits ein junger Mann, Typ Fleisch geworden, im McKinsey-Studie.

Ich musste ans Fenster, aufstehen kam für den Herr nicht in Frage.

Ich nahme seine Beine zur Seite, ich zwingte mich vorbei.

Da fragte er mich, was ich mit dem ganzen Papier wollte.

Nur ein Tagefeuer starten erhöhte Spannung im Flieger.

Gleich nach dem Abheben zog er ein Tablet aus einem eleganten Leder hinzu.

Seine Finger und ein Pencil bearbeitet das Gerät in atemberaubender Geschwindigkeit.

Alle paar Minuten wischte er mit einem Tuch die Fettflecken auf Tastatur und Moditorart.

Ich habe gar keinen medizinischen Fachbegriff für solches Verhalten gegeben.

Schließlich mitmitte ich mich der Zeitungslektörin und erntete zunehmend böse Blicke.

Mein Nachbar war offenbar vom Rascheln der Blätter genervt.

Zugegeben, es waren nicht wenige.

Schließlich konnte er nicht mehr an sich halten.

So alt sehen sie doch noch gar nicht aus, bitte.

Sie könnten doch genauso gut digital lesen.

So jung sehen sie nicht mehr aus, als dass der Erziehungsauftrag ihrer Eltern nicht als abgeschlossen gelten dürfte, warum so unfreundlich.

Beleeren konnte er schlagfertig war er nicht, erschwieg.

Bis er mich fragte, ob er die Steckdose von meinem Sitz nutzen dürfte.

Seine war offenbar defekt.

Selbstverständlich.

Auch meine hatte keine Strom.

Kurze Zeit später klappte der Jüngling das Tablet zu.

Kein Saft mehr.

Noch mindestens 90 Minuten Flug.

Nach einer Weile hielt ich ihm eine deutsche Wochenzeitung vor die Nase.

Wollen sie die?

Sie können auch gerne rascheln.

Er grunzte etwas Unverständliches.

Bis der Kapitän den Sinkflug einleitete, startete er nur auf den Vordersitz.

Einmal rüffelte er die Flugbegleiterin wegen der Qualität seines Weines an.

Er meinte die Miniflaschen mit Schraubverschluss.

Ihr erselten ein alter Bordeaux.

Die Dame konnte bewerkungswert gut zurückrüffeln, ob der Wein denn kochen würde.

Auf meiner Bahnfahrt wird unterdessen stolz verkündet, dass man 4 Minuten aufgerohlt hat.

Leider sei nun aber auch die gesamte Elektronik im Bordrestaurant gestört.

Von jetzt an werden Snacks und Getränke im Kinderabteil verkauft.

Wir freuen uns auf ihren Besuch, tönt es aus dem Lautsprecher.

Ein Fahrgast beklagt sich beim Schaffner über die verwehrte Currywurst.

Im Kinderabteil gibt es noch reichlich Bier daher.

Es ist 21 Uhr, 30.

Liebe zu Erzur, das war die erste Leseprobe.

Ein zweites Kapitel aus meinem neuen Bohr 3 Sekunden.

Ich habe mir den Sport meiner Familie Harder erarbeitet.

Gelegentlicher Tappzee mich, wenn ich mir Bares für Rares in der ZDF-Mediathek ansehe.

Wie tief man doch sinken könne.

Ich sei ja bislang schon intellektuell nicht allzu belastbar gewesen,

aber man sorge sich ernsthaft um meine geistigen Kapazitäten.

Zugegeben, wenn man nur einige Minuten der Sendung sieht, ist dieses Urteil schnell gefällt.

Auch ich wäre wohl unnötig.

Die Kurzfassung.

Menschen aus unterschiedlichen Winkeln unseres Landes tingeln in eine zum Studio umfunktionierte Werkshalle.

Sie kommen nicht mit leeren Händen, sondern haben etwas Seltenes oder Kurioses im Gepäck.

Ein Stück Geschmuck, manche ein Flohmarktschnäppchen.

Diese Exponate werden von Experten geschätzt.

Deckt sich die Expertise mit den Preisvorstellungen der Gäste, dürfen diese in einen weiteren Raum,

wo sie schließlich auf eine bunte Truppe Händler treffen.

Dort wird mehr oder weniger geschickt, um den Verbleib des guten Stückes gefälscht.

Moderiert wird das Format von einem fast unanständig fröhlichen Mann mit mächtigem gezwirbelten Schnurrbad,

der die Gäste sofort das Du anbietet.

Eine verbale Umarmung, der sich weder die habilitierte 90-jährige Regierungsdirektorin im Ruhestand

noch der 17-jährige Auszubildende entwinden kann.

So weit, so unspektakulär.

Was festelt mich also wiederkehrend an dieses Sendung?

Ein selten gewordenes Medienerlebnis.

Fernsehen ist heute oftmals ein Instrument der Verächtlichmachung.

Ein Mittelalter in die Neuzeit gewuchteter Pranger.

Fremdschemen eingepreinst.

Anders hier.

Es wird weder skandalisiert noch bloßgestellt.

Es fällt kein zynisches Wort.

Der Moderator Horst Lichter ist ehrlich interessiert am Gegenüber.

Er wirkt auf mich wie ein Melancholiker des Alltags.

Seine Lebenskurven geschwungen wie der Schnurrbad und der Habitus legen es nahe.

Eine Antithese zu den Grantlern, Zeigefinger, Wedlern und Empörpen,

die uns sonst Sender übergreifend auflauern.

Bares Firares.

Zuweilen entpuppt sich ein rissiges Gemälde aus einer Haushaltsauflösung als Meisterberg.

Statt der Orften 80 Euro ist es tausende Wert.

Das Erstaunen, die Aufregung, die Freude sind ansteckend.

Man kann nicht anders als sich mitzufreuen.

Ein kleines Therapeutikum für eine Gesellschaft,

die Missgunst durchaus fehlerfrei zu Buchstabieren weiß.

Oder jemand trennt sich von einem geliebten Gegenstand.

Ein Bär von einem Mann zunächst poltern dringt um Fassung.

Später berührt ein kinderloser Witwer ein letztes Mal die Branche seiner Frau.

Für mich haben solche Augenblicke mehr Kraft

als die inquisitorische Genugtuung eines abendlichen Talkmasters,

nachdem er einen seiner Aufmerksamkeit süchtigen Gäste in die Stotterfalle gejagt hat.

Fernsehen gestartet scheinbar alles.

Selbst die Authentizität ihrer Protagonisten.

Ein Geschenk.

Kürzlich blieb ich bei dem satiriker Böhmermann hängen.

In Wirklichkeit der Pranger.

Verlangt in meine dunkle Seite.

Liebe Zuhörer und Zuhörer, danke, dass Sie mir heute zugehört haben

und trotzdem uns zugehört, weil meine Stimme, die von Krieger heute einmal übernehmen durfte.

Weil sprechen wir wieder gemeinsam über all das, was uns berührt, was sie berührt

und hoffen, dass sie uns wissen lassen, was sie von uns unserer Sendung

und dem Format Giese gegen Gutenberg halten.

Hierzu können Sie uns schreiben.

Jetzt fehlt mir heute der, der sich immer noch bemüht,

diese E-Mail-Adresse auswendig zu lernen, die Sie bedienen können, um uns zu erwischen.

Ich habe es natürlich auch noch nicht drauf, deswegen kann ich den Ball Gregor diesmal nicht zuspielen.

Jetzt höre ich aus dem, nein, ich höre nicht, ich sehe aus dem Studio,

dass man mir zur Hilfe eilt und mir diese E-Mail-Adresse zukommen lässt

und ich sehe jetzt auch auf dem Bildschirm Auflammern.

Gott sei Dank.

Also, Gregor, du bist Ausmarschneider.

Ich jetzt auch schreiben Sie uns unter ggg atopenminds.media.

Wir freuen uns bald wieder, Sie als unsere Zuhörerin bei uns zu wissen.

Wir wünschen Ihnen eine wunderbare Woche und bis zum nächsten Mal.

Auf Wiederhören!

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Das erste „GGG Solo“, denn heute spricht nur ein G. Eine Episode ohne Gregor Gysi, aber keine Sorge! Es ist alles in bester Ordnung. Gregor Gysi geht es gut, KT Guttenberg auch. Beide sind nur schwer beschäftigt, weshalb ein gemeinsamer Aufnahmetermin in dieser Woche nicht planbar war. Doch weder KT Guttenberg noch Gregor Gysi wurde das Schweigen in die Wiege gelegt, daher gibt es natürlich auch diesen Mittwoch eine Episode GYSI GEGEN GUTTENBERG – nur eben ohne GEGEN und ohne GYSI. Dafür mit einem besonderen Einblick für die treue GGG-Community: KT Guttenberg liest Passagen aus dem neuen Buch von Gregor Gysi, das am 10.10. erscheint – und aus seinem eigenen Buch, das einen Tag vorher auf den Markt kommt.


"Auf eine Currywurst mit Gregor Gysi" von Gregor Gysi und Hans-Dieter Schütt erscheint am 10. Oktober im Aufbau Verlag.


„3 Sekunden. Notizen aus der Gegenwart“ von Karl-Theodor zu Guttenberg erscheint am 9. Oktober im Herder Verlag.


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