Radio Bremen Radio Bremen 3/7/23 - Episode Page - 41m - PDF Transcript

Es ist schon wirklich sehr auffällig, wie viele Menschen mir schreiben,

sowohl natürlich Long Covid-Betroffene, aber auch einfach chronisch kranke Menschen,

die mir ihre Geschichte schreiben und die mir vor allen Dingen sagen,

Ey, danke, dass du uns ein Stück weit sichtbarer machst.

Und mir war das vorher gar nicht bewusst.

Also ich wusste gar nicht, dass die das brauchen, dass die nicht gesehen werden.

Ich habe mir darüber vorher nie Gedanken gemacht,

vielleicht auch weil man sich mit Krankheiten anderer Leute

vielleicht auch nicht so gerne auseinandersetzen möchte,

weil es einem so auch die eigene Sterblichkeit vor Augen hält.

Das ist Visavi, erfolgreiche Podcasterin, Autorin und Musikjournalistin.

Seit Ende 2021 leidet sie nach einer Corona-Infektion an Long

oder genauer gesagt Post Covid.

Vorher Topfit bestimmen Visavis Leben jetzt, Diabetes und lebensgefährdende Herzprobleme.

Lange Aufenthalte in Krankenhäusern, endlose Besuche in Arztpraxen,

ewiges Warten auf mögliche Diagnosen und Angst.

Fighting Long Covid ist ein Bremenvier-Podcast für die ARD Audio-Tek,

in dem Visavi von ihrer gesundheitlichen Achterbahnfahrt erzählt.

Ich bin Malin Compa, Moderatorin und Redakteurin und höre wie ihr vor allem zu.

Hallo, Lotti.

Hallo, hallo, hallo.

Schön, dich zu hören.

Ebenso.

Bist du bereit für einen emotionalen Sprung zurück in den Dezember 2021?

Ja, ich muss zugeben, es ist ein bisschen auch nach unserer letzten Folge,

habe ich gemerkt, dass es doch auch ein paar Tage gedauert hat,

weil man da schon eben sehr deurerein gesprungen ist.

Und das wird ja jetzt auch gleich wieder der Fall sein.

Deswegen, ich bin bereit, aber auch so ein bisschen mit dem Gefühl,

es könnte auch wieder einfach ein bisschen schmerzhaft werden.

Ich glaube, bei dieser Sprachnachricht, die du damals verschickt hast,

aus dem Krankenhaus könnte das der Fall sein.

Ich nehme an, du weißt genau, an.

Zu welchen Zeitpunkt du das verschickt hast, ne?

Ja.

Ich glaube, ich glaube, ich habe mich auch, muss ich wirklich sagen,

noch nie in meinem Leben, quasi in der Öffentlichkeit vor Menschen,

die jetzt nicht meine besten Freunde sind oder meine Familie sind,

so verletzlich gezeigt wie in dem Moment.

Das ist ja natürlich einfach eine super, super intime Sprachnachricht,

aber ich fand es auch so bezeichnet, als ich das gefunden habe.

Das war wirklich einfach, ich war so am Boden

und ich hatte an diesem Tag, ich glaube, das war so Tag 4

oder so dann in dem zweiten Krankenhaus.

Und ich hatte zu diesem Zeitpunkt wirklich keinerlei Kraft mehr.

Also, da war nichts mehr so von dem Menschen übrig,

der ich einfach noch ein paar Wochen oder Monate davor war.

Also, deswegen, ich kann mich so genau daran erinnern,

als ich eingeliefert wurde in dieses zweite Krankenhaus.

Am ersten Tag bin ich noch so langsam zu den verschiedenen

Untersuchungen gelaufen und dann ging es mit mir wirklich weiter

jeden Tag bergab.

An Tag 2 konnte ich nur noch mit dem Rollstuhl

von Untersuchung zu Untersuchung gebracht werden.

Und an Tag 3 und 4 konnte ich nicht mehr aus dem Bett aufstehen.

Ich war nicht mehr in der Lage, alleine zu laufen.

Und deswegen musste man mich wirklich den ganzen Tag

durch dieses Krankenhaus zu den verschiedenen Stationen,

dann zu Lungenärztin, dann da zu cardiologischen Untersuchungen,

musste ich alles im Bett geschoben werden.

Und ich habe da nur noch gelegen wie im Dedirium.

Und wenn ich mir das so anhöre, das ist wirklich so,

da waren alle Lebensgeister einfach aus mir raus.

Und ich hatte wirklich eine Art von Verzweiflung in mir,

die ich noch nie vorher empfunden habe.

Und ich musste mich auch gerade wirklich direkt wieder zusammenreißen,

nicht auch sofort wieder in Tränen auszubrechen.

Weil es einfach ist, es echt so schmerzhaft,

sich das anzuhören, wie krass am Ende ich da einfach war.

Und wir haben ja am Ende der letzten Folge,

haben wir darüber gesprochen, wie du das Krankenhaus gewechselt hast.

Und man hatte so kurz das Gefühl, es gab eine kurze Erleichterung,

dass du dich dann besser aufgehoben gefühlt hast.

War das dann zu dem Zeitpunkt, als du schon länger da warst

und auch so am Boden warst, war das dann noch so?

Das war zum Glück so, ich habe mich dort sicher gefühlt

und hatte das Gefühl, dass man dort auch viel, viel menschlicher

mit mir umgegangen ist.

Ich war nicht einfach nur Patientinnummer so und so,

sondern man muss dazu sagen, krasserweise ist das ein katholisches Krankenhaus.

Ich bin ja eigentlich, also ich bin nicht gläubig.

Und trotzdem, das finde ich auch so schön in diesem Krankenhaus,

werden dort Menschen so aus dieser religiösen Nächstenliebehaltung

heraus, glaube ich, mit viel mehr Empathie und Liebe und Einfühlsamkeit behandelt.

Und das habe ich dort wirklich gespürt jeden Tag.

Es war auch so, dass an Tag zwei oder drei eine Schwester kam,

eine Seelsorgerin, also wirklich eine Schwester, wie eine Nonne war das.

Und das war absurd, weil wie gesagt, ich bin wirklich einfach Atheistin

und habe aber in dem Moment das als so ein Geschenk empfunden,

dass diese Seelsorgerin, diese Nonne bei mir am Bett saß

und mit mir gesprochen hat und die war auch ganz schockiert,

als ich ihr erzählt habt, was eigentlich bei mir abgegangen ist.

Innerhalb von so kurzer Zeit und die war ganz ergriffen

und hat mir aber auch dann versucht, ganz viel Mut zuzusprechen

und das eben nicht nur auf so eine religiöse Art und Weise.

Ich fand es aber trotzdem auch toll, dass auch sie gesagt hat,

sie betet für mich und so, das fand ich, das war echt schön.

Also auf dieser Basis ging es mir viel besser als in dem anderen Krankenhaus.

Aber körperlich, das ist ja so verrückt.

Man denkt ja, komm, jetzt ist die Covid-Infektion drei, vier Wochen her.

Ich bin hier im Krankenhaus, es müsste ja bergauf gehen.

Aber ich war genau in der Phase und das sieht man auch dann an meinen Blutwerten später.

Also das konnte man sich auch angucken.

Die Verläufe sind genau in diesem Zeitpunkt ist alles viel schlechter bei mir geworden.

Also da ging eigentlich dieses langen, schräg schräg Post-Covid-Problem erst so richtig los.

Und als ich gemerkt habe, ich kann nicht mehr selbstständig laufen.

Ich habe keine Kraft mehr.

Also ich hatte vielleicht nicht mehr diese Todesangst,

die ich ein paar Tage davor hatte.

Weil dazu war ich sozusagen, habe ich mich wirklich zu sicher geführt.

Und ich war auch zu diesem Zeitpunkt ging es langsam los

mit den ersten Medikamenten, um endlich wieder

einen normalen Blutdruck und einen normalen Puls hinzubekommen und so.

Und ich habe eben auch Insulin bekommen.

Dadurch hatte ich nicht mehr die ganze Zeit so einen absoden Blutzucker,

der auch mein komplettes Gleichgewicht auseinander gebracht hat.

Aber dieses Gefühl, dass ich vielleicht nicht mehr in der Lage bin,

selbstständig mein Leben zu leben, mir selbstständig Socken anzuziehen,

alleine auf Toilette zu gehen.

Das hat in dem Moment natürlich bei mir eine unfassbare Angst ausgedöst,

weil ich dachte, ich bin jetzt ein Pflegefall.

So habe ich mich gefühlt.

Und so war ich, ich war auch ein Pflegefall für einige Tage.

Wie ist das für dich, Welten,

du jetzt so ein bisschen mehr als ein Jahr später auf die Situation blickst?

Emotional natürlich, aber auch zum anderen auch so fachlich.

Also mit dem Wissen, dass du mittlerweile auch über dich

und deinen Verlauf hast, an was von dem Punkt warst du da?

Also, das weiß ich wirklich erst seit Kurzem.

Ich habe mir natürlich meine ganzen Krankenhausberichte

und so alles mitgenommen.

Und zu diesem Zeitpunkt war der Fokus dann ganz doll darauf,

okay, wir haben hier diese erhöhten Troponienwerte.

Also es sterben Herzmuskelzellen ab und wir wissen noch nicht genau, warum.

Und okay, sie hat frisch Diabetes diagnostiziert bekommen.

Das heißt, wir müssen sie dabei irgendwie unterstützen.

Und das muss ja dann erst mal alles so eingestellt ist in meinem Wort,

was glaube ich Menschen mit Diabetes nicht so mögen.

Aber man muss sich erst mal um diese Baustellen kümmern.

Und dabei hat man ganz viele Sachen entweder übersehen.

Also meine Befürchtung ist auch so ein bisschen,

dass man eben zum Zeitpunkt Dezember 2021,

glaube ich, noch gar nicht so einen großen Überblick über das hatte,

was eigentlich eine Covid-Infektion im nicht mehr akuten Zustand

alles mit dem Körper machen kann.

Jetzt, noch mal zwei Jahre später,

gibt es mittlerweile so Laborparameter,

wo man ganz klar sagen kann, das ist die Prognose.

Und dann saß ich hier erst vor ein paar Monaten,

hatte hier, ich habe jetzt auch nämlich so ein paar,

ich habe hunderte Behandlungsberichte aus dem Krankenhaus,

hunderte alle möglichen Blutwerte von mir.

Und dann habe ich mir mal so angeguckt, meine Blutwerte,

und dachte so, wow, was ist denn hier zum Beispiel LDH?

Hat ich vorhin noch nie gehört und sehe halt, dass es total erhöht ist.

Also bei mir schon an dem Tag,

das ist hier vom 7.12.2021 LDH erhöht.

Und dann habe ich eben so eine Seite gefunden mit den neuesten Studien,

wo eben diese Laborparameter aufgeführt sind.

Und dann steht da, eine erhöhte LDH ist prognostisch ungünstig.

Das Risiko für die Indikation einer intensivmedizinischen Behandlung,

die Entwicklung eines ARDS, das steht für akutes Lungenversagen,

so wie für ein Versterben ist erhöht.

Bei Nachweis einer LDH von über 245

ist die Ratio für ein Versterben circa 45 fach erhöht

gegenüber einer LDH von unter 245.

Ich hatte hier LDH von 280 an dem Tag meiner Einweisung

in das zweite Krankenhaus.

Ich habe es gerade übrigens mal nebenbei gegoogelt.

LDH ist ein Enzym.

Und wenn diese Werte erhöht sind,

kann es eben auf einen Herzinfarkt, Lungenembolie oder Leberentzündung

sogar hinweisen.

Krass, oder?

Und darüber hat zu diesem Zeitpunkt niemand mit mir gesprochen.

Eigentlich ist es natürlich eh schon ungünstig.

Also wie du sagst, das ist ja an sich schon ein Hinweis.

Aber ich glaube, da ich das bei mir so viele Sachen waren,

hat man sich eben nur auf die so ganz schlimmen Dinge bezogen.

Aber dann zum Beispiel auch das nächste, dann CRP.

So, was ich dann halt später gefunden habe, nämlich CRP ist oft schon

in der sehr frühen Phase der Infektion erhöht

und eignet sich als Verlaufsparameter

des inflammatorischen Geschehens im Zusammenhang

mit anderen Entzündungsparametern.

Ein persistierend hohes CRP ist mit einer hohen Mortalität assoziiert.

Und auch darüber hat mit mir zu diesem Zeitpunkt niemand gesprochen,

als ich dann irgendwie gesehen habe, mein CRP ist persistierend

hoch gewesen über die Tage.

Kannst du ja gerne sagen, was das CRP ist?

Das ist ein zereaktives Protein, also ein Eiweißkörper,

das auf Entzündung am Körper hinweisen kann.

Und dann hatte ich zum Beispiel auch noch erhöhte Dedimere.

Da kann ich jetzt mal nur kurz zusammenfassen.

Auch da steht hier, Dedimere sind signifikant niedriger

bei Überlebenden als bei Patienten mit Fatalen verläufen.

Also bei Menschen, die sterben, hat man später auf diese erhöhten

Dedimere gefunden und auch bei mir waren die erhöht.

Und die wiederum sind ein Hinweis auf eine Embolie, zum Beispiel auch wieder.

Oder dann, was bei mir auch krass war,

das habe ich dann auch alles erst später gesehen.

Ich hatte eine Mikroalbumminorie.

Und das wiederum ist ein Frühstzeichen für eine Nierenschädigung.

Und wenn das nicht behandelt wird,

dann kann es sogar später zu Nierenversagen führen

oder dazu, dass du dir lüsepflichtig wirst.

Und auch das sind alles Sachen, also das kann ich noch mal dazu sagen,

ich glaube, im September oder so wurde bei mir das letzte Mal Blut abgenommen.

Das heißt, ich habe auch wirklich einen ganz guten Vergleichswert.

Erst quasi zwei Monate vor meiner Covid-Erkrankung

war in meinem Blut und in meinem Urin und so alles vollkommen normal und in Ordnung.

Da gab es nichts.

Ich hatte keinen hohen Blutdruck, ich hatte keinen hohen Blutzuckerwert,

ich hatte keine Nierenprobleme.

Also da war alles vollkommen normal.

Und ich finde es so verrückt, dass mit dem Wissen jetzt,

und ich könnte jetzt hier wirklich noch weiter machen,

hier sind so viele erhöhte Werte.

Und ich glaube, das meinte ich auch in dieser Sprachnachricht,

so dass alles ist verrückt, ich verstehe es nicht.

Es ist, als hätte dieses Virus in meinem Körper

alles komplett durcheinander gebracht und alles irgendwie angegriffen

und zerstört, was es auf dem Weg da gefunden hat.

Ich muss an der Stelle einmal kurz einhaken,

dass, wenn Menschen uns vielleicht jetzt gerade das erste Mal zuhören,

dass das hier kein medizinischer Podcast ist,

dass du jetzt natürlich schon dich sehr gut auskennst

mit deinen Symptomen und deinen Krankheitsbildern,

aber ansonsten versuchen wir das natürlich so dazu stellen,

wie einfach auch deine Geschichte abgelaufen ist.

Mit all den Dingen, die du damals nicht wusstest und jetzt weißt zum Beispiel.

Ich nehme an, dass was da gerade, da ich uns zweite Mal mit dir piepst,

mal abgesehen davon, ist wahrscheinlich Blutzuckermessgerät oder irgendwie so.

Ja, es ist mein Sensor, der meinen Blutzucker 24-7 überwacht

und der ist jetzt gerade ein bisschen zu hoch.

Was aber deswegen, also ich werde das jetzt nämlich so machen,

ich schmeiße quasi das Lesegerät, was hier piept, schnell aus dem Zimmer,

weil sonst haben wir jetzt alle 10 Minuten piepen,

weil mein Blutzucker ist gerade auf dem Weg nach oben

und ich weiß nicht, wie lange es dauert

und das ist quasi aber in einem Bereich, wo es jetzt nicht gefährlich ist.

Also ich kann den Blutzucker nicht mehr in den

Weg liegen, weil Insulin habe ich gerade eben schon gespritzt.

Das heißt, ich kann gerade eigentlich gar nichts machen außer Abwarten.

Und damit er uns jetzt hier nicht so nervt, bringe ich den mal ganz kurz aus dem Zimmer.

Warte, mache ich jetzt wirklich eine Sekunde.

Aber nicht, dass das jetzt für dich irgendwie gefährlich wird, oder?

Nein, nein.

Da brauchst du dir keine Sorgen, also ich bin jetzt irgendwie bei 180 oder so.

Das ist die Schwelle, ab der dann dieses Gerät anfängt zu piepen.

Es ist halt doof, weil es zu hoch ist, aber gefährlich wird es erst in ganz, ganz anderen Sphären.

Und wie gesagt, ich habe gerade kurz, bevor wir angefangen, aufzunehmen.

Da habe ich mir Kurzzeit und Langzeitenselin gespritzt.

Das braucht ein bisschen, bis es wirkt.

Aber in einer halben Stunde ist alles wieder gut.

Na ja, aber andererseits ist es ja auch sehr exemplare Stafel,

wie dein Leben jetzt mittlerweile aussieht, dass du von einem,

öfters mal von einem Piepsen begleitet wirst.

Kommen wir nochmal zurück zu der Sprachnachricht, die wir ganz am Anfang gehört haben.

Und zu diesem Thema, dass du also jetzt während Corona auch noch so war,

dass man keinen Besuch bekommen konnte, dass du sehr allein warst und sehr isoliert warst.

Wer war dann für dich da?

Du hast diese Seelsorgerin erwähnt.

Aber nicht so jemand kommt ja dann auch alle paar Tage oder einmal am Tag vorbei.

Und das ist ja dann, also ich stelle es mir einfach sehr einsam vor auch.

Boah, ja, das war fürchterlich einsam.

Also es war komplettes Besuchsverbot, nicht mehr für eine halbe Stunde oder so.

Es durfte niemand rein und raus in dieses Krankenhaus,

der nicht Patient oder Patientin war oder dort arbeitet.

Und ich war ja davor schon diese zwei Wochen komplett isoliert alleine in meinem Schlafzimmer.

Und dann quasi nur kurz so ein bisschen diese Zeit,

als ich danach von irgendwie Termin zu Termin gerannt bin, um mich da untersuchen zu lassen.

Und dann war ich halt wieder komplett alleine und also auch nochmal so zur Erinnerung.

Ich war ja gerade ganz frisch verheiratet zu diesem Zeitpunkt.

Wir waren ja noch nicht mal einfach, da waren wir gerade, also zwei Monate, war mir da verheiratet.

Und man stellt sich natürlich das auch ganz, ganz anders vor.

Es war für mich, das war eigentlich das Allerschrecklichste, dass ich von Leon getrennt war.

Und wir haben das so geregelt.

Also er war der einzige Mensch, der eigentlich gefühlt trotzdem irgendwie da war die ganze Zeit.

Auch wenn ich so alleine war und das war ganz, ganz toll.

Also ich habe ja schon gesagt, ich hatte so schlimme Schlafstörungen

und war es ja auch gar nicht mehr gewöhnt, irgendwie ohne ihn einschlafen zu müssen.

Und dann hat er mir einfach jeden Abend am Telefon,

hat er mir gute Nachtgeschichten, Gefreestyle vor allen Dingen auch.

Er hat sich immer welche ausgedacht und sie mir erzählt.

Und also daran erinnere ich mich noch ganz, ganz intensiv, weil ich habe mich an sich,

auch wenn dieses Krankenhaus natürlich viel besser war als es davor,

aber ich habe mich trotzdem super unwohl da gefühlt und vor allen Dingen nachts.

Ich habe immer diesen Gedanken, wie ich da lag und Leon auf dem Ohr hatte,

der mir irgendwelche Geschichten von irgendwelchen verrückten Tieren erzählt.

Und ich versuchte, so einzuschlafen und so habe ich mich auch ein bisschen weniger alleine gefühlt.

Meine Schwester hat sich einmal zum Krankenhaus hingeschmuggelt

und hat mir ein ganz, ganz dieses Care-Paket von auch ein paar Freundinnen und Freunden von mir gebracht.

Und so haben mich alle irgendwie auch immer wissen lassen, dass ich damit nicht alleine bin.

Aber natürlich so, auch wenn ich jetzt heute zum Beispiel manchmal mit Leon über diese Zeitspreche,

der sagt dann auch, das ist so verrückt, weil wir hatten viel Kontakt.

Aber das, was ich am Ende da trotzdem durchmachen musste, also auch jeden Tag diese Untersuchungen,

dann hier da in die Röhre, dann da das CT, dann da wieder Blut abnehmen, da wird irgendwas getestet,

da wird wieder ein Echo gemacht, es waren so viele Untersuchungen.

Und das habe ich ja alles von morgens bis abends alleine durchstehen müssen.

Da hat niemand mal irgendwie meine Hand gehalten oder irgendwie gesagt, ich bin bei dir,

sondern ich musste das halt alleine machen und das ist schon einfach noch mal eine zusätzliche extreme Belastung.

Mich umsonst gibt es Besucherzeiten im Krankenhaus, weil einfach Menschen, die krank sind, brauchen anderem Menschen Tiesel lieben

und bei denen sie sich geborgen führen, weil sonst wird glaube ich dieses ganze Gefühl,

dass man alleine gerade auf der Welt ist mit diesem Schmerz und mit der Angst und allem,

das wird natürlich einfach von Tag zu Tag schlimmer.

Aber Moment mal, Lotti, wer ist denn dieses Schaf, das ich auf etlichen Bildern bei dir in den Stories gesehen habe, ein süßes Stofftier Schaf?

Das ist Schafi und Schafi habe ich, das ist eigentlich auch, also es ist mir, ne, es ist mir nicht peinlich, weil,

ich glaube Anfang 20, normalerweise...

Das ist so menschlich und ich habe jeder auch erwachsene Mensch, der uns zuhört, hat irgendwie irgendwo noch dieses Stofftier.

Die meisten haben dieses Stofftier aus der Kindheit.

Ich habe mir Schafi mit Anfang 20 eigentlich als Kissen zugelegt, weil ich so viel unterwegs war,

dass Schafi für mich das perfekte Reisekissen war, weil aber Schafi trotzdem ja ein Schafi ist,

ist es irgendwann immer mehr auch zu meinem Begleiter geworden und ich war ja auch viele Jahre Single

und dann war irgendwie Schafi immer wie so mein Kindersatz, mein Partnerersatz,

mein, keine Ahnung, mein Haustierersatz und das ist wirklich so, dass im Krankenhaus,

das war, also Schafi war da und das war ein kleines Ankergefühl. Also hätte mir immer gesagt,

du musst jetzt Schafi draußen lassen, weil ich nehme sogar Schafi mit.

Ins MRT, oder?

Ja, Schafi war jetzt leider echt schon genauso oft wie ich im MRT, ich weiß nicht, wie um das gefällt oder

es ist ein bisschen absurd, aber Schafi war ein wichtiger Begleiter und was ich aber auch sagen muss,

was auch wichtig war, so absurdes klingt. Ich habe das ja letzten Mal auch schon angedeutet,

als ich irgendwann dann angefangen habe, so wirklich quasi fast live auch aus dem Krankenhaus

mit zu berichten, was ich früher nie gemacht hätte, weil wenn es mal irgendwas Schlimmes gab

in meinem Leben, habe ich das dann immer mit Abstand reflektiert und habe halt drei Jahre später

erzählt, übrigens damals hatte ich eine schwere Zeit, dass das passiert, aber da war es so,

okay, ich bin hier gerade im Krankenhaus und das geht mir unfassbar schlecht und ich habe mich

selber sehr am Anfang sehr merkwürdig dabei gefühlt und dann habe ich über gemerkt, was für eine

krasse Macht im positiven Sinne Menschen haben können, die du eigentlich gar nicht kennst,

aber die dir einfach Mut zu sprechen und die dir sagen, ich bin gerade in Gedanken bei dir,

du bist nicht alleine damit und ich drücke dir die Daumen und das hat mir einfach so viel Kraft

gegeben, dass das auch die ganze Zeit dazu geführt hat, dass ich mich ein bisschen weniger

allein gefühlt habe und somit wurde dann so dieses Ganze nicht nur ich will aufklären bei

Social Media zu dem Thema, sondern es war irgendwann auch immer mehr krass, ihr fangt mich

wirklich auch ganz schön auf, obwohl ihr fremde Menschen seid, das fühlt sich merkwürdig an,

aber ich nehme es an und ich bin dankbar dafür. Hast du denn das Gefühl, die Menschen, die dich

bis heute auf Social Media lesen und supporten, was sind das für Leute, sind das auch Menschen,

die vielleicht auch eine Story haben, also auch Patientinnen und Patienten oder mehr Menschen,

die das halt einfach auch sehr berührt? Ich würde sagen sowohl als auch, aber es ist schon

wirklich sehr auffällig, wie viele Menschen mir schreiben, sowohl natürlich Long Covid-Betroffene,

aber auch einfach chronisch kranke Menschen, die mir ihre Geschichte schreiben und die mir vor

allen Dingen sagen, ey, danke, dass du uns ein Stück weit sichtbarer machst und mir war das

vorher gar nicht bewusst. Also ich habe mich ja nicht gesehen, als ich bin jetzt hier die Botschafterin

für irgendwie chronisch kranke, weil ich wusste gar nicht, dass die das brauchen, dass die nicht

gesehen werden. Ich habe mir darüber vorher nie Gedanken gemacht aus meiner privilegierten,

gesunden Situation heraus. Wie ist denn das eigentlich mit Menschen, die chronische Krankheiten

haben? Ich muss leider wirklich sagen, das war in meinem Kopf nie groß Thema. Ich habe mich mit

diesen Menschen irgendwie wenig befasst. Ich dachte immer, dass ich ein sehr empathischer Mensch

bin, aber ich habe mich einfach dann vielleicht mit anderen Themen beschäftigt, wo ich irgendwie

dachte, ich kann Menschen unterstützen. Und das war einfach nie mein Thema, vielleicht auch, weil

man sich mit Krankheiten ja auch nicht so gerne, vor allen Dingen mit Krankheiten anderer Leute,

vielleicht auch nicht so gerne auseinandersetzen möchte, weil es einem so auch die eigene

Sterblichkeit quasi so vor Augen hält. Und es ist für mich jedes Mal so berührend und so

besonders. Ich kriege jeden Tag Nachrichten, wo ich wirklich erst mal kurz durchatmen muss und mir

denke, poh, ich kann gar nicht glauben, dass einfach nur gerade jemandem vielleicht den Tag

so ein bisschen gerettet hat, dass ich öffentlich gesagt habe, wie es mir geht und was bei mir

passiert und wie sich das anführt, krank zu sein. Weil diese Menschen mir einfach sagen,

durch dich haben wir ein kleines bisschen mehr eine Stimme gekriegt in dieser ja dann doch oft

am Ende des Tages auch oberflächlichen, perfekten Welt, in der einfach alle gesund sind und das

Allgut geht und alle einfach nur ihr Leben leben ohne Einschränkungen. Gibt es was, was dich

besonders berührt hat? Also gab es das Schönste, was dir ein Mensch geschrieben hat, was hängen

geblieben ist? Poh, da gab es ganz, ganz viel. Aber ich glaube, eine Nachricht, die in Bezug auf

diese Diabetes-Sichtbarkeit bei mir ganz, ganz viel ausgelöst hat, das ist ein paar Monate

später gewesen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich dann meinen Sensor und das ist ja auch so ein

Thema bei Menschen mit Diabetes. Dieser Sensor, der ja doch dann schon relativ sichtbar bei den

meisten eben am Arm ist, sorgt halt für Blicke. Also Menschen auf der Straße gucken eben und wissen

nicht genau, was ist das da am Arm? Was soll das? Und ich wurde auch schon darauf angesprochen und ich

habe aber für mich entschieden, ganz am Anfang, als ich den bekommen habe, ich werde damit ganz

offen umgehen. Ich werde den allen zeigen und ich werde den Stück weit auch mit Stolz tragen, weil ich

weiß, also ich bin super dankbar dafür, dass ich so eine krasse technische Unterstützung in Anspruch

nehmen kann und dass mir dieses Teil halt auch einfach mein Leben rettet. Und dann hat mir eine

Mutter geschrieben, nachdem ich ein Bild gepraustet habe mit dem Sensor am Arm und sie hat gesagt,

ey, du glaubst gar nicht, was du heute für meine Teenager-Tochter getan hast. Die trägt ihren

Sensor und auch ihre Insulinpumpe und so immer mit ganz viel Charme und die will das nicht und

die fühlt sich einfach wie so ein Alien damit und die hasst es und du hast heute mit diesem Bild

dafür gesorgt, dass sie das auch ein bisschen mehr mit einer selbstverständlicheren und vielleicht

auch sogar stolzeren Attitüde tragen kann, weil sie meinte, so nach dem Motto, du zeigst, dass

es auch cool sein kann und dass es nichts Schlimmes ist und das hat, sie hatte irgendwie anscheinend

also dieses, ich weiß nicht genau wie alt sie ist, aber ich 14 oder so, dass sie keine anderen

Menschen bislang kannte mit einem Sensor oder einer Pumpe oder so und dass ich dann in dem Moment

einfach ein bisschen ihr diesen Schrecken davor genommen habe und auch dieses, ihre Mutter hat

geschrieben, sie hat das mit so viel Wut getragen und dann hat ein Post einfach gereicht, dass sie

gesehen hat, ich bin nicht alleine damit und das ist nicht uncool und ich bin dann wie kein Alien,

sondern ich habe halt eine Krankheit und ich muss überleben und das Teil hilft mir und deswegen ist

es auch cool. Also auf jeden Fall, das ist der Segen von Social Media, über den Fluch sprechen

wir in der nächsten Folge noch. Wir wollen diese Folge, ich finde es sehr schön, dass wir hier über

die positiven Dinge mal sprechen, deshalb würde ich gerne nicht den Vibe killen in der Sache und

viel lieber bei dem Thema sein, dass Menschen einfach sich so gut auch aus der Ferne um dich

gekümmert haben, zurück zu deiner Beziehung. Leon, ich finde das schon krass, der war dann

einfach auch immer erreichbar für dich, oder? Ja, also eigentlich fast immer, ja zu dieser Zeit auch

darüber, das war jetzt echt verrückt nach unseren ersten beiden Folgen, die wir hier für diesen

Podcast aufgenommen haben, habe ich auch mit Leon echt nochmal ein bisschen die Zeit reflektiert,

vor allen Dingen ich habe auch noch mal sehr viel geweint, weil wir uns auch noch mal daran

erinnert haben, wie schrecklich diese Zeit war, in der wir einfach getrennt waren voneinander,

er war hier dann auch zum ersten Mal alleine in der Wohnung ohne mich, weil er ist damals sozusagen

zu mir mitgezogen und plötzlich war er alleine in meiner Wohnung quasi, ich war nicht mehr da,

wir waren frisch verheiratet und wir haben halt natürlich jeden Tag versucht, so vieles geht

zu telefonieren und an dem einen Tag ist er zum Beispiel auch zum Krankenhaus gekommen,

ich habe mich mehr oder weniger raus geschlichen, es war aber ganz schlimm, weil an dem Tag habe

ich richtig gemerkt, auch bei ihm, dass irgendwann so nach, es ging ja mit Tag 1 der Infektion los

und zu diesem Zeitpunkt hatten wir also schon, keine Ahnung, 5, 6 Wochen wirklich Kampf hinter

uns und dieser Mensch, den ich auch immer so positiv und so stark kannte, hat an dem Tag auch so

bisschen, also ist an seine Grenzen gekommen, gleichzeitig habe ich wieder gemerkt, oh Gott,

ich kann gar nicht stehen, ich kann gar nicht mehr laufen und wir beide, also ich werde dieses

Bild nicht vergessen, wie wir beide irgendwie armen Arm da auf diesem Krankenhaushof standen

und richtig gemerkt haben, wie dieses beschissene Virus uns beiden die Freude und die Leichtigkeit

und irgendwie das Leben aus dem Körper und der Seele geraubt hat in diesen letzten 5 Wochen

und es war ganz schrecklich, weil ich einfach wusste, wenn das jetzt so weitergeht, ich hatte

da richtig Angst auch um uns beide, dass das einfach, dass es uns dauerhaft irgendwie, also ich

hatte nicht Angst um unsere Beziehungen, aber dass das uns halt sehr, sehr scheiße, du wolltest

eigentlich den Vibe killen und jetzt habe ich den Vibe doch wieder gekillt. Aber hast du das Gefühl,

dass er auch an der Sache gewachsen ist? Also Leon ist tatsächlich ein bisschen jünger als ich

und wir haben zusammen festgestellt, er musste quasi ganz schnell, nicht, dass er nicht schon

erwachsen war, als wir uns gangelernt haben, das wäre natürlich quatsch, aber er musste nochmal

auf eine ganz andere Art erwachsen werden in ganz kurzer Zeit, was glaube ich wenige Menschen

erleben müssen, auch so mit einfach zu dem Zeitpunkt irgendwie quasi, also nicht komplett

Anfang 20, aber mit Anfang Mitte 20, wenn du plötzlich damit konfrontiert wirst, ich habe

gerade geheiratet und ich dachte jetzt fängt die schönste Zeit meines Lebens an und stattdessen

bin ich plötzlich in der Situation, dass ich mir darum Gedanken machen muss, ob meine Frau irgendwie

stirbt oder was passiert mit ihr und dass sie plötzlich krank wird und ob er wollte oder nicht,

ich glaube, dass er und er war eh schon unfassbar stark, aber er ist für mich wirklich der stärkste

Mensch der Welt und er hat mir so krass viel Hoffnung und Mut und Liebe gegeben, jeden Tag seit

Beginn dieser schrecklichen Zeit und es ist wirklich, also er ist für mich der größte Segen und

das größte Geschenk auf der Welt und ich weiß tollerweise, dass er das umgekehrt auch über

mich sagt und dass ich, obwohl es mir selbst auch in der Zeit, als es mir so schlecht ging, als ich

gemerkt habe, fuck jetzt geht es ihm auch richtig schlecht, habe ich sofort gemerkt, ich kann in

diesem Modus nicht bleiben, dass ich gerade nichts geben kann, sondern ich habe mich auch

dann darauf konzentriert, ich muss ihn genauso auffangen, wie er mich auffängt und deswegen hat

mich das gleichzeitig vielleicht auch davor bewahrt, mich komplett so in dieses Loch fallen

zu lassen, weil ich wusste, ich habe auch da jemanden, der mich braucht und ich muss ihn auch

irgendwie aufmunden, soweit ich kann und das versuche ich auch bis heute, dass genauso viel

Liebe und Energie wie er mir gibt, versuche ich ihm auch immer zurückzugeben. Wie war das denn

überhaupt für ihn? Also er hat ja auch eine Karriere als Rapper. Musste er die dann on hold

stellen oder wie hat er da weiter gemacht? Tollerweise musste er das nicht on hold stellen,

natürlich glaube ich vieles ihm schwer, weil wenn du halt Musik machst und auch deine Texte

komplett selbst schreibst und die auch sehr nah am Leben dran sind, war das zu dem Zeitpunkt glaube

ich schwierig für ihn dann einfach so weiter zu funktionieren wie vorher, aber er war weiter

im Studio und auch in den Monaten danach glaube ich schon, also er hat ein Album dann angefangen

und an dem hat er auch schon vorher gearbeitet, aber ich glaube schon, dass auch von unserer

Zeit da einiges mit reingeflossen ist, vielleicht noch nicht so in dem Ausmaß, wie das vielleicht

auch noch in anderen Songs kommen wird, was ich schon merke bei ihm, weil genauso wie ich ja versuche,

die Dinge zu verarbeiten, egal ob in der Therapie oder jetzt auch mit diesem Podcast oder so,

muss er das natürlich auch verarbeiten und ich glaube, dass die Musik dabei auch hilft und

ich fand es irgendwie trotzdem ganz schön, dass ich ihm auch im Laufe dieses Jahres trotzdem,

also egal wie schlecht es mir ging, ich habe immer versucht zu sagen, bitte macht diesen Auftritt,

bitte gehe da ins Studio und bin dann auch zum Beispiel mal mitgekommen auf eine Albumfahrt und

habe dann da einfach den größten Teil irgendwie alleine im Bett verbracht, aber ich war dabei

und konnte ihn irgendwie trotzdem auch unterstützen und deswegen, also er konnte glücklicherweise seine

musikalische Karriere weiter verfolgen. Jetzt ist es und unter uns gesagt, das ist eine sehr

private Frage, weil das hat sich mir sofort aufgetränkt, als ich von deiner Geschichte gehört

habe und dieser krasse Widerspruch zwischen wir sind gerade frisch verheiratet, wir sind crazy in

love, wir haben hier gerade vorgehabt, eine Hochzeitsreise zu machen, für viele Menschen

kommen ja dann auch so andere Dinge und andere Fragen ins Spiel, auch wenn es einen kleinen

Altersunterschied gibt. Was ist mit Familie? Es ist jetzt vielleicht nicht so, dass ich diese Frage

bei jedem Menschen so gut finden würde, aber ich finde, dass hier in diesem Podcast und von dir

total, also weißt du, wir haben uns ja auch darauf eingelassen hier sehr privat auch über

dieses ganze Thema zu sprechen und das ist ein wichtiger Punkt dabei und ich glaube,

darüber habe ich auch noch nie so richtig offen gesprochen, auch wenn die Frage natürlich auch

so, wenn ich mal irgendeine Frage rund über Instagram mache oder so sehr, sehr oft kommt und

auch das ist leider einfach wieder unfassbar tragisch, ich kann es nicht anders sagen. Ja,

wir wollten ganz klischemäßig eben nicht nur in unsere Flitterwochen natürlich dann irgendwie

zwei Monate nach der Hochzeit, sondern wir hatten uns auch wirklich richtig, also es war wenige Tage,

bevor ich mich mit Covid angesteckt habe, dass wir gesagt haben, so, wir probieren es jetzt und wir

schauen einfach, ob ich schwanger werde und wir lassen es einfach auf uns zukommen, weil wir beide

da total Bock drauf hatten und haben einfach ein gemeinsames Kind zu haben und gerade so aus

diesem Gefühl heraus, dass wir uns so krass lieben und dass wir beide einfach wissen, wir haben unseren

Menschen gefunden, dass wir dachten, hey, wie schön kann es noch werden, wenn wir dann noch irgendwie

ein Kind zusammen haben und es war wirklich, also ohne Spaß, zwei Tage, bevor ich mich angesteckt

habe, haben wir uns angeguckt und haben gesagt, jetzt ist es soweit, wir machen es jetzt, wir

probieren es jetzt und deswegen hatten wir einfach diesen Traum irgendwie ein paar Tage und dann bin

ich krank geworden und dann war es selbst noch zu dem Zeitpunkt, als ich im Krankenhaus war, dachte

ich immer noch so, na ja, okay, ich habe jetzt Diabetes Typ 1, aber das ist ja trotzdem noch

möglich und das ist es auch, also es gibt auch zum Glück ganz, ganz viele Frauen auch mit Diabetes

Typ 1, die trotzdem schwanger werden, das ist sehr, sehr kompliziert, also ich habe mich dann auch

direkt schon mal da so ein bisschen belesen drüber und fand es halt super interessant, weil ich dachte

gut, eine ganz durchschnittliche Schwangerschaft wird es nicht, sondern es wird ein bisschen

komplizierter und irgendwann habe ich aber gemerkt, so im Laufe der Zeit und das ist natürlich dann

jetzt schon mal so ein bisschen auf dieses gesamte Jahr geblickt, seitdem es sind so viele

gesundheitliche Probleme dazugekommen, so viele verschiedene Medikamente, weil im Dezember 2021

dachte ich ja noch, ja, ja, diese ganzen Herzmedikamente und dieser ganze Schwachsinn, das wird

ja alles irgendwann wieder weg sein, irgendwann werde ich halt, also Diabetes wird wahrscheinlich

nicht wieder weg sein, außer ich bin ein Wunder, aber ich dachte die ganze Zeit irgendwann

wird das alles wieder normal sein, ich brauche ein bisschen Zeit, um mich zu erholen, denn

ist alles wieder gut und als ich gemerkt habe, es ist nicht so, stattdessen kommen immer weitere

Diagnosen dazu, immer mehr Medikamente dazu, ist dieses Thema immer mehr in den Hintergrund

gerückt und irgendwann, wenn ich mich mit allem jetzt so einfach ganz rational von außen befasse,

dann ist für mich der Punkt und ich habe mich natürlich auch schon mal mit Ärztinnen und

Ärzten darüber unterhalten, man könnte quasi kaum eine risikoreichere Schwangerschaft haben,

als mit den ganzen Komponenten, die ich auf einmal mitbringe, da sind auch selbst Sachen,

die man quasi im Verlauf der ganzen Untersuchungen gefunden hat, die Wahrscheinlichkeit mit all

diesen Medikamenten, die in meinem Körper sind, also überhaupt schwanger zu werden, ist es eine

Zeit, um dann ein gesundes Kind auf die Welt zu bringen und selber dabei gesund zu bleiben,

die Chancen dafür stehen, unfassbar schlecht und auch das sage ich jetzt vielleicht so,

also mein Schwester hat neulich mal gesagt, als wir darüber geredet haben, dass ich dabei sehr

gefasst klinge und ich glaube, es ist vielleicht anders, als wenn eine Frau gesagt bekommt,

dass man irgendwie keine Kinder bekommen kann, ich glaube, das ist dann so eine endgültige

Sache und dann hast du diesen Schmerz und weißt, es ist halt jetzt einfach in Stein gemeistert,

du wirst wahrscheinlich keine eigenen Kinder bekommen, aber ich glaube, ich bin noch in diesem

Prozess, wo ich die ganze Zeit, da ist irgendwie ne Tür offen, aber ich glaube, dass ich da nicht

durchgehen kann und werde auch, weil die Vorstellung, was dabei alles schiefgehen kann,

es sind so viele Gefahren dabei, dass bei mir eigentlich momentan das Gefühl ist,

das wird nicht funktionieren und ich muss mich davon verabschieden und vielleicht mache ich das

auch schon seit dem Jahr ganz allmählich und Leon natürlich auch, also wir reden darüber natürlich

auch viel und das Gute ist, ich versuche ja dann immer auch sehr schnell aus diesen, also es ist

eigentlich eine unfassbar traurige Nachricht und gleichzeitig habe ich aber dann auch wieder

gemerkt, ja es gibt in dem Moment immer wieder dieses Zurückgucken auf, jetzt gerade geht es aber

erst mal darum, dass ich irgendwie das hier überstehe und dass ich soweit halbwegs gesund und

stabil werde, dass wir uns keine Gedanken darum machen müssen, ob ich morgen aufwache oder solche

Sachen und das hat jetzt erstmal Priorität und dieser Kinderwunsch ist unfassbar groß, aber wenn

es nicht so sein soll, dann soll es nicht so sein und dann gibt es zum Glück ja auch noch die

Möglichkeit zum Beispiel Kinder zu adoptieren und das ist etwas, was für uns beide auch zur

Debatte steht und in Frage kommt, aber es ist einfach auf Eis gelegt und es ist erst mal so okay,

vielleicht wird der Tag kommen, an dem es auf eine andere Art und Weise funktioniert, aber der

Traumplan, wie er einmal war und der leichte Weg, den vielleicht auch ich mir so mein ganzes Leben

dann immer vorgestellt habe, der wird es wahrscheinlich nicht werden.

Es ist wahrscheinlich auch für den Moment tatsächlich eine realistische Einstellung und

ein guter Weg damit umzugehen, ich wünsche euch auf jeden Fall viel Kraft. Du bist jetzt also

raus aus dem Krankenhaus, das war Anfang letzten Jahres und ihr habt ja seitdem auch immer wieder

versucht so eine Art von Normalität einkehren zu lassen und zu leben. Anfang 22 hast du

dich wieder ein bisschen mehr rausgetraut, ihr seid in den Urlaub gefahren an die Ostsee. Wie ist es

dir da ergangen? Ehrlich gesagt ganz, ganz schrecklich. Also eigentlich wären wir zu diesem

Zeitpunkt ja auf Kuba gewesen und es war dann so dieser Kompromiss, okay natürlich unsere

Hochzeitsreise ist erst mal gestrichen und ich kann erst mal eben den zweiten Teil meiner neuen

Familie noch nicht kennenlernen, aber wir wollen wenigstens irgendwie eben rauskommen. Wir wollen

nach diesem Krankenhaus Wahnsinn erstmal einfach irgendwo das Meer sehen und an die frische Luft

und dann sind wir eben nach Warnemünde gefahren und schon die Zugfahrt dahin war eine Katastrophe,

so dieses, ich habe gemerkt, bei mir ist richtig, richtig viel kaputt gegangen einfach in meinem

Kopf. Also ich war vorher wirklich ein Mensch, ich habe auch mal die Maske irgendwie abgenommen,

wenn ich in dem Moment mich sicher gefühlt habe. Also das war jetzt nicht so, dass ich da einfach,

dass es so doll bei mir gewesen wäre, dass ich die ganze Angst gehabt hätte, mich anzustecken. Aber

dann war bei mir so, ich hatte einfach eine durchgehende Angst davor, dass ich mir das jetzt

irgendwie nochmal einfangen könnte und dass das jetzt alles irgendwie wieder von vorne los geht

und das wurde dann nochmal getriggert, als wir an der Ostsee waren und erfahren haben, dass eine

Person, mit der wir eben kurz vorhin noch uns draußen auf der Straße getroffen haben, diese

neue Omikron-Variante zu diesem Zeitpunkt hatte, wurde es so rumgegeistert, ist von wegen, das

könnte jetzt noch schlimmer sein und super, super gefährlich sein. Aber auf jeden Fall waren wir

dann da und ich habe einfach, wir waren glaube ich sieben, acht Tage da und ich habe jeden Tag

gedacht, ich habe mich jetzt wieder angesteckt und im Nachhinein verstehe ich das auch total, weil

ich wusste ja zu dem Zeitpunkt noch gar nicht genau, was an meinem Körper ist jetzt hier wieder,

was ist Long Covid, was ist das, was ist Diabetes, was ist mein Kopf, was ist meine

Psyche und was aber ein ganz, auch mittlerweile glaube ich ein gängiges Symptom von dieser

Long Covid Symptomatik ist, ist das Gefühl, ständig wieder neu eine Grippe zu kriegen und

das hatte ich einfach jeden einzelnen Tag, jeden Tag bin ich aufgewacht und war so, ach du Scheiße,

ich habe so Halsschmerzen, ich habe Kopfschmerzen, ich hatte ständig erhöhte Temperatur, also

ich habe jeden Tag Fieber gemessen, war so okay, ich bin schon wieder um die 38 rum, warum? Also mein

Körper war immer an der Schwelle dazu, so wie okay, gleich wirst du krank, so habe ich mich die

ganze Zeit durchgehend gefühlt, das heißt ich hatte einfach nur Angst die ganze Zeit, dass es

wieder von vorne los geht, ich habe so schrecklich geschlafen, ich konnte nicht einschlafen, weil

das war auch noch das Ding, wir waren dann da in der Ferienwohnung, du bist halt nicht zu Hause,

das macht das natürlich alles noch schwieriger und ich bin zum ersten Mal dann damit so

konfrontiert gewesen, beim Einschlafen, es hat sich einfach die ganze Zeit angefühlt, als wenn ein

Elefant auf meiner Brust sitzt, ich konnte nicht richtig atmen, dann bin ich wach geworden und hatte

diese Schlafparalysen auch wieder in einem fremden Haus und so was hatte ich noch nie in meinem

ganzen Leben und dann hatte ich es einfach jede Nacht, total, es war der absolute Horror und dazu

ja noch, ich war gerade noch nicht mal ein Monat oder gerade frischen Monat diagnostiziert mit

Diabetes Typ 1, was bedeutet hat, ich musste damit leben lernen und das alleine ist halt schon

eine Riesenaufgabe, aber gleichzeitig wusste ich, ich habe immer noch diese erhöhten Troponienwerte,

gleichzeitig also im Hinterkopf mir sterben die ganze Zeit Herzmuskelzellen ab und man weiß

immer noch nicht genau warum, ich habe dann auch gemerkt, meine körperlichen Grenzen waren für

mich, für meinen Verständnis sogar in derzeit teilweise noch mal wieder schlechter geworden als

in der Krankenhauszeit, ich hatte eine Art von Luftnot in so merkwürdigen Situation, zum

Beispiel wenn ich in die Knie gegangen bin, hatte sich sofort wirklich angeführt, als hätte mir

jemand einen Strick um den Hals gelegt und würde den zuziehen, weil ich, also kann es, es ist echt

schwer zu beschreiben, meine Muskeln und alles haben sich angeführt, als wäre da kein Sauerstoff mehr

drin und sobald ich meine Muskeln nur ein bisschen zu viel beansprucht habe, war wirklich bei mir so

okay, ich war außer Atem, als wäre ich grad ein Marathon gelaufen und dann hatte ich ja auch

einfach den Traum, okay, wir fahren an die Ostsee und gehen da schön spazieren, ging halt nicht,

ich bin vor die Tür gegangen, bin drei Meter gelaufen und dann hatte ich einen Stechen im

Brustkorb, das hatte auch nichts mit Seitenstechen zu tun, sondern das ist ein Schmerz, der so

krass war, dass ich einfach nicht weiterlaufen konnte und das hat mich alles wirklich maximal frustriert,

verängstigt und hat das wirklich, muss ich leider sagen, zu einem meiner schlimmsten irgendwie

Ausflüge meines Lebens gemacht, weil ich einfach nur eine Woche lang dachte, das kann doch nicht

sein, es kann doch nicht jetzt, das kann doch nicht meine Realität sein, mein Leben sein, dass ich

mich so fühle, jeden Tag. Oh Mann, und das im Urlaub, ich finde es schon krass, dass du das so

lange ausgehalten hast, wahrscheinlich warst du froh, als du wieder zu Hause warst und wie es dann

weitergegangen ist, das besprechen wir in der nächsten Folge, du bekommst jetzt erstmal eine

kurze Verschnaufpause, vielen Dank für das Teilen deiner Story bis hierhin. In der nächsten Folge

Fighting Long Covid hören wir natürlich weiter zu, wenn Visa wieder von erzählt, wie sie durch den

öffentlichen Umgang mit ihrer Krankheit nicht nur Support bekommen hat, sondern auch zur Zielscheibe

von Hatern im Netz geworden ist. Welchen Einfluss hat das alles auf ihre Psyche? Welchen Einfluss die

Psyche auf ihren körperlichen Zustand? Darum geht es in Fighting Long Covid Folge 4. Die könnt ihr

übrigens auch ganz easy nächste Woche über die App der ARD-Audiothek hören, genau wie süchtig nach

alles, von und mit Hubertus Koch. Da geht es um den Kampf mit den unterschiedlichsten Süchten,

die auch krank machen können.

Machine-generated transcript that may contain inaccuracies.

Das Corona-Virus hat nicht nur Visa Vies Gesundheit komplett durcheinandergebracht, sondern auch den Traum von einem normalen, unbeschwerten Leben platzen lassen. Wie lebt es sich mit einer chronischen Erkrankung? Wer ist in den einsamsten Momenten für sie da? Und: Wie Gute-Nacht-Geschichten, ein Stofftier und ihre Followerinnen und Follower geholfen haben, nicht komplett zu verzweifeln – darüber spricht Visa Vie in der dritten Folge "Fighting Long Covid".