LANZ & PRECHT: AUSGABE SIEBENUNDNEUNZIG

ZDF, Markus Lanz & Richard David Precht ZDF, Markus Lanz & Richard David Precht 7/14/23 - Episode Page - 58m - PDF Transcript

Blanz und Brecht.

Schönen guten Morgen, Richard. Guten Morgen, Markus.

Ich finde es wahnsinnig gut genannt. Merkst du, es ist der Sommer.

Es ist Sommer.

Geht es auch so, je älter man wird, desto sommeraffiner wird,

dann ist mein Gefühl.

Früher war ich immer in der Kälte unterwegs.

Ich habe das Gefühl, die Haut ...

Du reist doch auch in die Kälte.

Ja, das erzähle ich immer, weil ...

Magst du mal Jokka rüber?

Nein, aber lieber warm und gemütlich.

Und mir hat Norlich eine Dermatologin gesagt.

Ja, wissen Sie, ihre Haut wird immer dünner.

Und deswegen sind sie dann so kälteempfindlich geworden.

Und ich möchte dir das was dran.

Ich glaube, es geht los.

Ich bin jetzt so im Bereich Pergament.

Richard, Sommer.

Und wir haben ein bisschen Zeit, über Themen zu reden,

über die man sonst eigentlich nicht redet.

Und speziell über ein Thema redet man in Deutschland,

insbesondere gar nicht, über das Thema Geld.

Genau deswegen finde ich, sollten wir heute mal über Geld reden.

Du weißt, dass man uns dafür öffentlich hinrichten wird.

Ja.

Nein, millionäre schwerdonieren über Geld.

Lass uns das doch direkt abräumen.

Also um dein Geld, um mein Geld soll es heute nicht gehen.

Aber lass uns so offen, wie es notwendig ist, darüber sprechen.

Ich habe kein sehr verkrampftes Verhältnis zu Geld,

sondern im Gegenteil.

Ich finde Geld ist in Wahrheit eine gute Sache.

Und wenn Leute immer sagen, Geld macht nicht glücklich,

dann kann ich aus meinem Leben berichten,

relativ verbindlich sagen, unglücklich, aber auch nicht.

Also dieses Gefühl, dass die Karte mit Sicherheit

wieder aus dem Geldautomaten rauskommt.

Ja.

Das habe ich einige Jahre nicht gehabt.

Ich auch nicht.

Also ein paar Jahre.

Das Geräusch, das entsteht, wenn diese Karte nicht rauskommt.

Richtig.

Hattest du das mal das Erlebnis?

Ich hatte das Erlebnis zweimal.

Und ich ganz häufig habe ich gebetet und es hat geholfen.

Aber es kam nicht raus, aber sie kam irgendwie raus.

Es kam auch Geld raus.

Ich meine mich zu erinnern, dass Geld rauskam.

Ich hatte das gar nicht schon so oft vom Geldautomaten.

Es kam nichts raus.

Und ich hatte wirklich mehrfach dann das Erlebnis,

dann dieses Geräusch.

Da kommt so ein kurzes, trockenes Geräusch.

Und dann ist das Ding weg schmatzt.

Und dann kommt die in lauter Geschreddert,

in lauter kleinen Teilen wieder raus.

Und das schlimmer als die Tatsache,

dass dieser Geldautomat einfach die Karte verspeist hat,

war das Gefühl danach.

Also mit welchem Gesichtsausdruck drehst du dich um zu den Hinter die Wartenden

und versuchst irgendwie zu erklären,

dass das jetzt einfach nur ein missverstandenes ist.

Fehler der Maschine ist.

Alle anderen mit missionarischem Einfall davon überzeugen,

dass der Geldautomat kaputt ist.

Richtig.

Ich drehte mich immer um und murmelte so.

Ich verstehe das gar nicht.

Man konnte es ja nicht gedeckt und so.

Und wusste schon, wie ihm hinausgehen,

kein Mensch wird mir diese Notlüge glauben.

Ich habe das immer als wahnsinnig demütigend empfunden,

kein Geld zu haben.

Das stigmatisiert einen, kein Geld zu haben.

Das macht auch definitiv unglücklich.

Also das ist schlechte Träume,

schlechtes Einschlafen, handfeste Sorgen.

Leute, die kein Geld haben,

dass dein Telefon gespracht wird usw.

Leute, die kein Geld haben, haben ein hartes Leben

und noch schlimmer Kinder,

die Kinder von Eltern sind, die kein Geld haben.

Das ist so hart, weil diese Hilflosigkeit, die daraus entsteht,

die ist allumfassend, die geht in alle Bereiche rein.

Wenn du bis als Erwachsen hast,

du vielleicht immer noch die Möglichkeit,

irgendetwas zu machen, irgendetwas zu drehen,

vielleicht bist du Chico, der plötzlich 10 Millionen

Euro gewinnt oder so.

Der mir übrigens sehr sympathisch ist.

Einer der großen Gegenwart-Filoso.

Ich finde, wir sollten über Chico länger reden.

Ja, finde ich auch, machen wir auch gleich.

Aber wenn du Kind bist, bist du so unvorstellbar hilflos.

Und dein ganzes Leben, und ich habe das wirklich so erlebt,

besteht darin sozusagen Techniken zu entwickeln,

Taktiken zu entwickeln,

um zu verdecken, dass du einfach kein Geld hast.

Du trägst die immer gleiche Jacke.

Du hast die Behörigkeit, du hast die Formakel,

wie eine Sünde, die jederzeit aufliegen kann.

Möchtest du auch ein Eis?

Eine Kugel reicht, eine Kugel.

Dann kommt die Klassfahrt, an die man nicht teilnimmt,

aus irgendeinem Grund und so weiter.

Ich bin gerade krank geworden und so.

Das ist wirklich hart.

Aber weißt du, was ich interessant finde, Richard,

um kurz heiter zu werden, Geld ist auch ein schönes Thema.

Stimmt es, dass du mal bei Werweit Millionärer hast?

Geistert auch ein Foto von mir,

von damals, wo ich aus den oft durchreise.

Wirklich?

Geistert im Netz.

Ich muss mal gucken.

Du bei Werweit Millionärer?

2000, ich war zweimal da, aber das erste Mal,

weil ich Geld brauchte.

Das ist ein ganz simple Motive aus.

Es war übrigens interessant,

ich habe das dann später auch mal öffentlich erzählt,

ich hatte keine Steuerschulden in dem Sinne,

sondern einmal im Jahr kommt die Steuernachzahlung.

Das ist auch heute noch so.

Diese Steuernachzahlung würde sich damals auf 6.000 bis 7.000 DM berufen.

Da hatte ich vielleicht nur so ganz, ganz, ganz zu eben.

Dann dachte ich, ich gehe mal zu Werweit Millionärer.

Ich sehe hier dieses Foto von dir.

Das ist irre, es gibt Fotos,

da siehst du aus wie ein junger Hollywood-Schönling.

Dann gibt es aber eine andere Einstellung,

da bist du immer so eine Mischung aus Hollywood und Klaus Kinski.

Also irgendjemand hat mal gesagt,

ich würde aussehen wie diese Vampirdarsteller.

Genau.

Und das war auch so, dass...

Lass den Darsteller weg, du siehst einfach aus wie der Vampir.

Das ist mir früher ganz häufig ein irre Blick attestiert worden.

Das ist schon, das heißt früher.

Das hast du in den letzten 10 Jahren keiner mehr gemacht.

Du hast immer so ein...

Kann gut sein.

So was Verwegen hast du da auch auf diesem Bild.

Verwegen macht die Sache ja jetzt nett.

Das andere wirkt, als hätte man sie nicht mehr alle auf der Latte.

Also das trifft den Gesichtsausdruck,

weil diese Werweit Millionärfoto...

Das haben die Ideemoments,

weil ich kann dir ja sagen,

welchen Moment das Foto gemacht wurde.

Das muss man mal dazusagen,

weil ich bin ja nicht auf den Schul gekommen.

Ach du?

Okay, du hast gesagt...

Nein, ich habe versagt in der ersten Runde

und ich kann dir auch erzählen, wie so.

Das ist nämlich so, was der normale Zuschauer nicht weiß.

Günther Jauch wettet,

oder damals jedenfalls hat er das gemacht,

formell mit dem Studioleiter,

um einen 5 Euro Schein.

Wie viele Kandidaten werden diese Eingangsfrage wissen?

Okay.

Das ist eine Hilfe.

Weil wenn die sagen alle,

dann weißt du, du musst schnell sein.

Ja, okay.

Und wenn die sagen,

oh, dort weiß keiner,

dann weißt du, kannst du ja Zeit so ein bisschen leben.

Also das ist eine kleine Hilfe.

Ja, gut, gut, gut.

Aber ich wüttel hier den Kopf und sagten, das kann kein Mensch.

Und da habe ich gedacht, okay, mal gucken, was kommt.

Und dann kam, ich musste vier Ereignisse der 80er-Jahre

in die richtige Reihen vorgebringen.

Da muss man sagen, das war für mich extrem günstig.

Du kannst das gerne versuchen.

Sag mal.

Und dann gucke ich auf die Uhr.

Ja.

Ich sage jetzt also schnell die vier Dinge.

Ja.

Attentat auf Kopf, ja.

Ja.

Attentat auf Reagan,

Chernobyl,

Kiesling-Affäre

und Matthias Rust landet auf dem Roten Platz.

Oh Gott, oh Gott, okay, ich bin raus.

Habe ich hingekriegt, auch in einer relativ überschaubaren Zeit.

Ich habe mir ein bisschen Zeit genommen.

Ich war mir aber sicher, dass ich das war.

Also Kiesling-Affäre?

Attentat auf Reagan als Erste.

Dann Kiesling-Affäre war ja gleich nach dem Anfang der neuen Regierung.

Also drehen wir über 82, 83.

Attentat auf Reagan war schon 80, 80 oder so.

Ja, das weiß ich noch.

Weil dann 86, Chernobyl.

Und 87, parallel ungefähr zur Barschelaffäre.

Matthias Rust in Moscow.

Da habe ich gesagt, Riechling.

Ja.

Der war da bestimmt auch.

Matthias Riechling ist immer hochgeflogen.

Ja, genau.

Also Matthias Rust auf dem Roten Platz.

Also habe ich hingekriegt und so weiter.

Und war in stolzer Erwartung, auf den Schul zu springen.

Und tatsächlich, kein anderer hatte das bis auf einen.

Und der hatte das in vier Sekunden.

Ui.

Ich habe ihn da nachher gefragt,

wie kann man das in vier Sekunden wissen?

Und er sagte, ich wusste es nicht.

Er hat einfach irgendeine beliebige Zahlen, Kombination.

Ich weiß nicht, wie hoch die Chance ist.

Mathematiker werden das ausrechnen können.

Nicht so hoch, besonders hoch.

Ist das lustig.

Aber der hat es damit gerockt.

Ich bin nicht auf den Schul gekommen.

Und ich bin da und guck völlig verdutzt.

Und verstehe die Welt nicht mehr.

Und da drückt dieser DPR-Mann ab.

Ja, und dadurch ist dieses Foto entspannt.

Ja, weißt du, ich habe es jetzt, wie du aussiehst.

Weißt du, wie du aussiehst?

Du siehst aus wie Jack Nickerson in Schein.

Nein, nein, nein.

Ich sah nicht ansatzweise mein Leben je so männlich aus.

Aber so irre.

Ja, so irre kann man vielleicht sagen.

Vollkommen irre.

Es werden jetzt Millionen Menschen werden.

Werden dieses Foto mit diesem wunderbaren rosa Farben nennt.

Mit den langen Spitzen.

Ich muss zu meiner Verteidigung sagen,

das war damals in diese Haare.

Diese Haare waren mit diesem komischen Scheitel.

Die komischen Scheitel sind ja jetzt wieder innen.

Ja, und du hast die Haare da vorne so lang.

Da vorne rausgeföhnt.

Eigentlich wie so eine Sonnenabdeckung.

Eine Schirmmütze.

Ja, eine haare Schirmmütze, genau.

So ist das.

Ich finde mir das Thema mal verkürzen,

weil es jetzt nicht das schönste Foto von mir ist.

Ich finde ja eh mal die Frage,

wer wird Millionär, wird ja allabendlich gleich beantwortet.

Nämlich im Zweifel immer Günther Jauch.

Das stimmt.

Du kennst dieses herrliche Interview von Günther Jauch.

Schöne Grüße an der Stelle.

Das finde ich einen so großartigen Interview-Schnipsel,

wo er gefragt wird, so pseudoinistikativ.

Sagen Sie ja auch, wenn Sie eine Million gewinnen würden,

was würden Sie damit machen?

Und er denkt kurz nach und lacht sich kaputt und sagt,

zu den anderen legen.

So ehrlich ist er gewinnen.

Ja, Geld ganz grundsätzlich.

Weißt du, was ich so interessant finde?

Und ich habe es ehrlich gesagt immer schon vermutet.

Es gab doch lange Zeit auch in der Soziologie und so weiter,

immer diese These.

Und ich hatte immer das Gefühl, da werden nur Typen wie ich,

die kein Geld hatten damals, verarscht.

Da wurde immer erzählt,

mit ganz bedeutungsschwangerem Gesicht von Soziologen,

naja, wissen Sie, mehr Geld macht er dann auch nicht unbedingt glücklicher.

Da gibt es diese Grenze irgendwo bei 60, 70.000.

Dann sind so die Grundbedürfnisse so gedeckt

und dann ist eigentlich alles in Ordnung.

Und alles, was darüber hinauskommt, steigert nicht mehr signifikant

das Glücksempfinden der Leute.

Und ich dachte damals schon immer,

was ist das für ein Hokus-Pokus, den die uns da erzählen?

Jetzt stellt sich raus,

DWI-Studie, total interessant,

sehr viel Geld macht natürlich doch glücklich.

Man glaubt, er hat darüber geschrieben,

in der Zeit, wie vor ein paar Jahren,

also die IT-Tese, die lautete,

dass das Glück ziemlich steil ansteigt mit dem Geld.

Wenn du aber, und da kommt es nicht auf die Zahl 60.000 oder 70.000 an,

wenn du über dem Durchschnitt des Landes, in dem du lebst

und der Umgebung in dir du dich auffällst,

die Relation ist entscheidend,

von da an steigt das Glück nicht mehr so steil an,

dann wird die Kurve deutlich schwächer.

Das ist eigentlich der klassische Befund.

Und der ist wahrscheinlich nicht ganz falsch.

Das heißt nicht, mit über 60.000 hört das Glück auf.

Ich habe immer gedacht, ich nehme auch diese flachere Kurve,

ich nehme sie beide.

Das ist völlig okay.

Erste ganz steile, und dann die etwas weniger steile,

ist völlig okay.

Und es gibt ein interessantes,

also über zwei Dinge besprechen du hier.

Das eine ist Chico, ist gerade schon gefallen.

Kürsat Yildirim, besser bekannt als Chico.

Die Geschichte eines Mannes aus Dortmund,

knastgesessen, drogenabhängig

und gewinnt dann plötzlich im Jackpot die ganz große Kohle

und erzählt von diesem unfassbaren Moment,

wie er hört, ein Mann in Dortmund hat den Jackpot geknackt

und er geht zu seinem Kiosk da,

scheint rein und es macht Bing und der Mann ist er.

9,9 Millionen.

Ist das nicht eine großartige Geschichte?

Das ist eine wunderbare Geschichte.

Der fällt mir gut.

Zumal es den richtigen getroffen hat.

Ja, und dann fängt er an, über dieses Geld

und diesen Mega-Gewinn zu erzählen,

und zwar in so ziemlich allen deutschen Zeitungen, die es gibt.

Und ich habe gedacht,

es ist so das Erfrischendste im Umgang mit Geld,

was ich seit langer Zeit gehört habe.

Jemand zu erzählen, wie viel man hat.

Ja.

Du machst dich natürlich sehr leicht zum Opfer dadurch.

Ist nicht ganz ungefährlich,

gerade so sagen wir mal die alten Freunde, die er so hatte

und die Welt, in der er sich so bewegt und so weiter.

Da müssen ja zwei starke Gefühle in ihm gewesen sein.

Einmal dieser unendliche Stolz,

dass er es über diesen Weg geschafft hat.

Genau.

Und das auch zu zeigen.

Und das jeden Wissen zu lassen in seiner Freude.

Und auf der anderen Seite ständig damit zu rechnen,

dass er einen auf die Nuss kriegt.

Ja, genau, er sagt das auch.

Ich muss jetzt dauernd aufpassen, wenn ich unterwegs bin,

weil in der Kneipe schmeißen Sie dir was ins Glas,

rauben dich aus oder nehmen dir deine Uhr weg.

Und dann dachte ich auch irgendwie,

das ist ja meine ganz neue Art, Blick aufs Leben.

Also, die Sorge hatte ich so jetzt nie.

Und er erzählt dann, wie er dann mit seinem Porsche

und mit seinem Ferrari erst mal 100-mal die Straße

hoch und runter gefahren ist,

nur um zu zeigen, ich habe es geschafft.

Ich bin kein Fake-Millionär.

Das ist großartig.

Absolut.

Was ist das teuerste, was du dir hier gekauft hast, Richard?

Das teuerste?

Du meinst jetzt irgendwie als Status- und Interessensgegenstand

oder so praktische Dinge wie eine Wohnung?

Nein, ich meine,

der Wohnung ist ja schon wieder vernünftig.

Ja, du meinst also sozusagen,

wo ich unverhältnismäßig sah.

Einmal auf die Sahne gehaut, genau.

Das ist ja nicht so richtig meine Mentalität.

Du weißt ja, ich fahre kein Auto.

Ich sehe mit einer dicken Uhr im Zweifelsfall peinlich aus.

Außerdem finde ich, die schönsten Uhren

sind keine besonders protzigen.

Stimmt.

Ja, ich habe also ungefähr diese materiellen Laster

ein bisschen fremden.

Die sind mehr als Kind nicht in die Wiege gelegt worden.

Und das hat sich auch nie verändert, ja?

Also ich habe schon mal ein sehr teurer Altebücher gekauft, zum Beispiel.

Ich habe ja eine größere Bibliothek an alten Büchern,

Philosophie und Naturgeschichte.

Also wirklich?

Und da gibt es schon Sachen, die unverhältnismäßig viel.

Ja, so 17. bis 18. Jahrhundert oder so, die schon ziemlich teuer sind.

Bill Gates hat auch eine ganz beeindruckende Buchsamlung, ne?

Das wusste ich nicht.

Aber wahrscheinlich gibt es nichts, was er nicht hat.

Ja, aber es ist ja schon immer interessant,

worauf die Leute dann den Fokus legen, ne?

Ich weiß noch, ich hatte immer so die Idee,

mein Vater, da war ich 5 oder 6, mein Vater, mein Papa war Lkw-Fahrer.

Und der hat sich immer wahnsinnig begeistern können für Autos.

Und irgendwann kam dann so die ersten deutschen Touristen zu uns

auf den Berg und ins Tal.

Und dann stand da plötzlich der erste Porsche meines Lebens.

Ich hab den ersten Porsche meines Lebens gesehen, so ein Alta 911.

Und ich hab die Faszination meines Vaters für dieses Auto gesehen

und dachte immer, okay, irgendwann werde ich ihn stolz machen,

irgendwann kaufe ich mir mal so ein Porsche.

War für uns völlig unerreichbar, aber ich hab gedacht, irgendwann mach ich das.

Und das Interessante war, ich hab diesen Traum nie aus dem Kopf verloren.

Und als ich dann so 30 war, hätte ich das erste Mal das Geld gehabt,

mir ein Porsche zu kaufen.

Und ab da hatte mich interessanterweise nicht mehr interessiert.

Ja, ich glaube, da sagst du was ganz Wahres.

Weil wenn ich jetzt ernsthaft über deine Frage nachdenke, da muss man ja gucken,

unverhältnismäßig viel Geld ausgegeben, immer im Verhältnis zu dem, was man hat.

Und da habe ich am meisten Geld ausgegeben, als ich am wenigsten hatte.

Also als ich Anfang 30 war, habe ich mir 2 Romeo-Gilly-Anzüge gekauft.

Ich glaube, die Marke gibt's nicht mehr.

Also ist mir jedenfalls nie wieder untergekommen.

Das eine war so aus einer aufgerauten Baumwolle, was ein bisschen ausserwie samt, aber besser.

Und da habe ich mir so einen Dreiteiler mit Weste gekauft.

Und ich fand mich unbeschreiblich großartig.

Man konnte noch nicht mal die Farbe definieren.

Irgendwas zwischen grau, blau und grün.

Und dann in dieser aufgerauten Baumwolle.

Ich habe diesen Anzug in dieser Zeit.

Das war die Zeit meiner Arbeitslosigkeit jeden Tag getragen.

Also ich habe mir das Hemd dazu im Kaufhaus Kilo gekauft.

Da konnte man also nach Kilo preisen.

Kostete Kilo, kostete 5 Mark.

Im Ernst jetzt?

Ja.

Da kriegte man locker 5 Hemden für 5 Mark.

Und das waren natürlich so Hemden, die jetzt nicht mehr der aktuellen Mode entsprachen, sondern die vor 10 oder 20 Jahren.

Und die habe ich getragen, also diese weißen Hemden unter diesem Dreirei.

Und danach habe ich mir noch einen Anzug, den habe ich auch noch, von Romeo-Gilly gekauft.

Ich habe den einfach noch, ich passe nicht mehr rein.

Ich habe also damals locker 15 Kilo weniger gewogen als heute.

Und deswegen kann ich den nicht vertragen.

Er ist Größe 50.

Und der ist so weiß und ist so grün-blau gestreift.

Und damit bin ich früher immer in erfolglosen Zeiten auf die Buchmesse gefahren, um auffällig zu sein.

Ich weiß noch nicht, ob ihr Glössler zu mir gesagt habt, wie kann man so was anziehen?

Ich sage, gefällt Ihnen der Anflug nicht.

Und Sie sagt dann nicht auf der Buchmesse am Strand von Bimini vielleicht.

Ja, aber ich meine, das Interessante war in dem Moment, wo man kein Geld hat.

Da war man es sich wert und da war es wichtig, unverhältnismäßig viel Geld für Dinge auszugeben,

an denen man sich dann so festgehalten hat, um seine Würde zu bewahren.

Ich würde das mal so ausdrücken.

Das ist der Punkt.

Und in dem Moment, als das Geld mehr wurde, wurden diese Statuskäufe unwichtiger,

ähnlich wie das mit einem Porsche ist.

Ja, tatsächlich ja.

Ich kann mit diesen Neidebatten nie was anfangen.

Wenn dann so gelästert wird über den Porsche-Fahrer Christian Lindner und so weiter,

denke ich mal, lass es doch einfach.

Wenn Menschen bereit sind, 150, 200.000 Euro für ein Auto auszugeben,

dann sehe ich eigentlich immer die Leute dahinter, die dort am Band stehen, die Ingenieure.

Wie viele Menschen haben Arbeit, weil ein anderer bereit ist, 200.000 Euro für ein Auto auszugeben?

Lass ihn doch.

Wenn er das Geld zurück in den Kreislauf bringt und wenn es idealerweise ein Auto ist,

das kann CO2 produziert, ist doch alles gut.

Warum muss man diese Gegenpole immer aufmachen, diese Positionen so gegeneinander stellen?

Vielleicht, weil der Vorbehalt wäre, zu sagen, warum ist dem Finanzminister Status so wichtig?

Und er würde wahrscheinlich sagen, Status ist eben nicht wichtig, sondern er liegt diese Autos.

Ja, genau.

Und es ist auch völlig in Ordnung.

So wie ich zum Beispiel Kameras liebe.

Ich habe schon sehr viel Geld für Kameras ausgegeben.

Es ist etwas oder Objektive.

Es gibt so Objektive.

Na ja, aber die Dinge können man sich, wenn man ein richtig guter Fotograf sein will, unumgänglich.

Also die muss man haben, wenn man diesen Hobby fröhnt oder dieser Leidenschaft,

oder das ist ja bei dir nicht einfach nur ein Hobby, das ist ja so zu sagen.

Das ist eigentlich ein zweiter Beruf.

Ja, genau.

Also dann ist das Berufsausrüstung, dann braucht man das.

Ja, aber da gibt es das Beruf.

Aber welchen Beruf hat man, weil ihr mal ein Porsche haben muss?

Ja, genau.

Es gibt ja Objektive, die zum Beispiel Licht stärker sind als das menschliche Auge.

Also die Güte eines guten Objektivs wird gemessen in der Frage, wie viel Licht lässt das Ding durch.

Und 1 zu 1 wäre sozusagen so lichtstark wie das menschliche Auge, das ist der Referenzpunkt.

Es gibt Objektive, die haben 0,95 sind lichtstärker als das menschliche Auge.

Das bedeutet aber auch, dass die tiefen Schärfe unglaublich kurz wird.

Das heißt, er kann es dann anfangen Fotos zu machen, wo du wirklich nur die Wimpern so ein ganz bisschen in die Schärfe ziehst

und der ganze Rest verschwindet dann schon wieder so in der Hundschärfe.

So wunderschöne Effekte erzielen.

Natürlich kannst du auch fotografieren, wenn es dann ziemlich düster und dunkel ist.

Aber es geht vor allen Dingen um diese extrem kurze tiefen Schärfe.

Und das ist halt so wunderschön.

Und ich sehe das dann, das hat sowas Ästhetisches genauso wie auch so ein schöner Porsche, was wahnsinnig Ästhetisches hat.

Und deswegen sollte man den Leuten die Freude daran finde ich nicht nehmen.

Ich frage mich nur, Richard, jetzt mal soziologisch, philosophisch betrachtet.

Du kennst Frank Augustin, Chefredakteur von AGORA 42, philosophisches Wirtschaftsmagazin.

Tolles Magazin übrigens, finde ich.

Ja, ich finde das großartig.

Also die Jungs haben mich damals besucht und ich habe mich dann damals angeboten, da in den Herausgeberstab zu gehen.

Heute bin ich noch im Beirat.

Und das Großartige ist, also hier wird auf bestem Niveau, und da gibt es ja auch tolle Autoren, die dafür schreiben,

Wirtschaft und Philosophie zusammengebracht.

Das ist ja das, was eigentlich viel zu wenig passiert.

Und das gibt es jetzt seit weit über zehn Jahren und ich kenne nichts vergleichbares, was so gut ist in diesem Bereich.

Super, so.

Und von Frank Augustin stammt der schöne Satz eine Gesellschaft, die sich zu sehr um Geld und dessen Vermehrung dreht,

dreht irgendwann durch.

Ja.

Und das ist ein bisschen doch auch die Georg Simmel Theorie, der berühmte Soziologe,

der ja diese Standardwerk zum Thema Geld noch gespielt hat.

Die Philosophie des Geldes.

Genau.

Ganz berühmtes Buch.

Ganz dickes Buch.

Ganz dickes Buch.

Also Georg Simmel ist einer der Erfinder der Soziologie.

In der Zeit, als die Soziologie so überhaupt in den Rang in der Wissenschaft kam.

Ein wunderbarer Stilist.

Nicht einfach zu lesen, aber sehr ästhetische Sätze.

Und er bringt sozusagen die Ausleuchtung der Gefühle und Mentalitäten des Menschen mit rationalen Strukturen zusammen.

Weil sich Philosophen versuchen, alles rational zu erklären.

Und er versucht eben auch die Gefühle mit einzubeziehen, auszuleuchten.

Und er widmet sich diesem Thema Geld von allen erdenklichen Seiten.

Also alles, was einem dazu einfällt und versucht es irgendwie in eine Theorie zu bringen.

Und es gibt zwei wichtige Erkenntnisse von Simmel.

Einige ist klingt negativ und die andere positiv.

Die negative ist Geld nichtet moral.

Und die positive lautet Geld demokratisiert.

Und zwar indem es moral nichtet.

Also die Erklärung ist folgendermaßen früher.

Früher haben die Leute in ihren eigenen Welten gelebt.

Das heißt Katholiken in ihrer katholischen Welt und die Protestanten in ihrer protestantischen Welt.

Und verschiedene Kulturen und so weiter.

Und man hat nur sehr begrenzt miteinander gehandelt.

Ich meine jetzt, mit diesem Frühjahr ist die Welt vor der ersten industriellen Revolution, vor dem Freihandel und so weiter.

Das heißt also Status, später eine unglaubliche Rolle.

Ehre, Klassenzugehörigkeit, Religion.

Das waren die ganz wichtigen Dinge.

Und Wirtschaft war immer in dieses gesellschaftliche Korsett eingebettet.

Und dadurch, dass die Finanzwirtschaft sich immer weiter emanzipierte.

Vor allem durch die Erfindung des Papiergeldes oder der Schuldscheine und was ist alles gar.

Der Wechsel.

In diesem Moment kann praktisch jeder mit jedem Handel treiben.

Egal in welchem Land er ist, woran er glaubt, welcher gesellschaftlichen Schicht er angehört und so weiter.

Das heißt, also jetzt passieren zwei Dinge.

Alles das, worüber man sich vorher definiert hat, so der eigene Wertekosmos,

der wird immer unbedeutender, weil die Geldwerte ersetzen die sozialen Werte.

Das ist dieses Nichten von Moral.

Vor dem Geld sind alle gleich.

Das Geld hat nur einen Maßstab.

Und zwar keinen qualitativen, sondern nur einen quantitativen.

Viel und wenig.

Also Geld ist die einzige Sache der Welt, deren Qualität sich allein an der Quantität bemisst.

Und damit ist es genuin unmoralisch.

Beim Moral bedeutet ja immer, qualitativ zu werden.

Was ist richtig, was ist falsch, was ist höherrangig, niedrigrangig, was achtet man, was echtet man.

Das Geld kennt das alles nicht.

Das Geld macht amoralisch miteinander vergleichbar.

Das ist amoralisch.

Ohne Moral.

Es ist moralfrei.

Genau.

Aber dadurch können überhaupt erst demokratische Gesellschaften entstehen,

weil in diesen demokratischen Gesellschaften ja vor dem Gesetz ist ja auch jeder gleich,

genauso wie ja vor dem Geld jeder gleich ist.

Diese Entwicklung ist parallel.

Also das Entstehen des Geldsystems, des Modernen

und die Entstehung der bürgerlichen Gesellschaften geht Hand in Hand.

Und dadurch, dass man mit jedem potenziell irgendwo andeln kann,

wird vor dem Geld ja jeder auf die gleiche Stufe gestellt.

Und es wird jetzt nicht mehr gesagt, ich bin höheren Standes oder niederen Standes

oder gehöre einer überlegenen Kultur an oder ich echte deine Kultur,

spielt ja alles vor dem Geld keine Rolle.

Und deswegen einerseits wird die Moral genichtet durch die Armoralität des Geldes

und auf der anderen Seite wird die Gesellschaft demokratisiert,

indem die Klassen und sozialen Schanken aufgehoben werden.

Genau.

Und nur viel und wenig akzeptiert wird, aber sonst man keine Privilegien mehr hat.

Ja, ist interessant.

Ich meine, das ist exakt das, was du da gerade beschreibst, was Ioma Mangold,

schöne Grüße für die Tourist der Zeit,

ist ein wahnsinnig interessanter Denker, finde ich, ein toller Schreiber.

Der hat gerade ein Buch gemacht, die Orange Pille, glaube ich, heißt das,

unter Zeile, warum Bitcoin mehr ist als nur neues Geld.

Wo er sozusagen die Idee von Bitcoin beschreibt und so weiter

und sagt, das ist limitiert auf, glaube ich, 21.000 Stück und so weiter,

kann vielleicht gleich noch meinen Satz darüber reden.

Aber interessant ist, er sagt, es ist kein Zufall,

dass die Geldwirtschaft aufgekommen ist,

als die alte, vordale Gesellschaft unterging.

Das ist sogar da durch die Stelle der Herkunft.

Ja, dadurch untergegangen.

Also das ist die zentrale Simultese.

Die Geldwirtschaft hat der Adelsgesellschaft das Genick gebrochen.

Also was nützt es dir, Überstand des Privilegien,

einen 1.000 Jahre alten Stammbaum und so weiter zu verfügen,

wenn du nicht genug Kohle hast?

Ja, und wenn das Geld immer wichtiger wird

und auch durch den Freihandel immer unbegrenzter vermehrt werden kann

und so weiter, dann fallen die anderen Privilegien weg.

Genau.

Und damit ist die Adelsgesellschaft dauerhaft nicht mehr aufrecht zu erhalten.

Du bist besonders reicher Adeliga.

Aber du bist nichts Besonderes mehr als Adeliga.

Du bist als Selfmade-Millionär in der Gesellschaft mehr wert

als als verarmter Adeliga.

Richtig.

Also im Grunde kommen mit dem Geld quasi die Aufstiegsgeschichten.

Absolut.

Und damit wird die ganze Gesellschaft karnevalisiert.

Das ist die ganze alte Ordnung, gilt nicht mehr.

All das wird ummaskiert, die Werte werden umgewertet

und das entsteht die bürgerliche Gesellschaft.

Das ist für die bürgerliche Gesellschaft

die Geldwirtschaft quasi sowas wie die DNA.

Das ist ja total interessant.

Das erlebt man ja häufig.

Da wird dann so die Nase gerümpft.

Also altes Geld rümpft die Nase über sogenanntes neues Geld.

So der Parony, die Aufsteiger, die Neureichen.

Der muss ja nicht denken nur, weil er jetzt mal und so weiter.

Genau.

Und dann setzt man sich quasi ab von diesem neureichen Pöbel,

indem man sagt, aber wir sind ja das alte Geld.

Also das alte Geld war auch mal neu.

Ja, genau.

Das ist übrigens immer spannend.

Wenn so die Parvenus und die Hasardöre,

wie die Kennedies oder so,

was waren die Alkoholschmuggler?

Und in miese Geschäfte gemacht, das geht nicht mehr.

Total.

Und dann sich quasi reingewaschen,

indem die Kinder in der Politik Karriere gemacht haben und so weiter.

Und nach einigen Jahrzehnten,

werden aus den Verbrecherbiografien,

werden da irgendwie spannende Pioniergeschichten.

Also ich meine viele von den berühmten großen Geldhäusern

und Dynastien und so weiter,

die haben auch mal ganz, ganz anders angefangen.

Und die verachten dann diejenigen,

die wieder genauso anfangen wie sie.

Richtig.

Genau.

Damit wollen wir nichts mehr zu tun haben.

Richtig.

Er ist auch interessant.

Ich hab neulich eine Zahl gelesen.

Ich weiß nicht, ob die so wirklich verifizierbar ist

und wirklich stimmt.

Aber ich glaube, in der Tendenz stimmt es.

Wenn du Gesellschaften vergleichst,

wenn du zum Beispiel die USA dir anschaust versus Deutschland,

wenn du das miteinander vergleichst, was dieses Thema angeht,

dann hast du zumindest gefühlt in den USA heute eine Struktur,

wo du sagen musst, neun der zehn reichsten Amerikaner sind Gründer

und neun der zehn reichsten Deutschen sind Erben.

Also wirklich altes Geld, neues Geld.

Das ist ne gute Zahl, die ist spannend.

Die ist total spannend, ne?

Weil es viele über eine Gesellschaft aus.

Das meine ich.

Ja.

Und weil es auch Zeit gibt, wo die alles hingehen.

Die China werden es wahrscheinlich auch Gründer sein.

Ja, genau.

Solange sind die Erben.

Die Habwege in China nicht.

Aber leg mal, ne?

Schwierig millionär zu werden in Mauszeiten.

Also da wirst du es ähnlich haben.

Also du hast ein guter Indikator für Aufsteigergesellschaften

und obwohl die USA ja nicht mehr eine Pioniergesellschaft sind,

so wie es das jetzt die China ist,

ist es immer noch interessant, dass der Gründer

und Pioniergeist so stark sind.

Ja.

Also das heißt auch, die Möglichkeit,

die aus diesem großen Geld erwächst, ne?

Ja.

Also das sagt die auch in Mangold.

Junger Mangold sagt das auch.

Er sagt, ich glaube, also er sagt, wir reden über Geld immer,

als wäre das so was Negatives.

Rumpfen mit den Nasen im Geldformel.

Alle Hetzen und Hecheln der Kohle hinterher.

Aber keiner will offiziell, was damit zu tun haben,

weil wir so das Gefühl haben,

dass das triggert so diese ganz miesen Instinkte,

so die Gier und den Geiz und den Neid und so weiter.

Das ist ja auch alles nicht ganz falsch.

Ist auch nicht falsch.

Ist auch eine Seite des Ganzen.

Genau.

Aber er sagt, ich glaube, das Geld das Beste aus den Menschen holt,

weil es Kreativität, Innovationskraft, Dialogfähigkeit und so weiter

auch aus ihnen herausholt.

Und so wird man so ein wunderbarer Charakter wie Karsten Maschmann.

Ich würde diese These mal nicht übertreiben.

Es würde sagen, das Geld hat auch seine guten Seiten.

Aber jetzt den große Loblieb zu machen nach dem Motto Geld macht gut.

Geht mir vielleicht ein bisschen zu weit.

Simmel geht ja auch in eine ähnliche Richtung.

Er sagt, Geld ist jetzt nicht nur Mittel zum Zweck,

sondern irgendwann haben wir angefangen,

dieses Geld quasi zu einem echten Selbstzweck zu machen,

in den Status einer Gottheit zu erheben.

So drückt das sich, glaube ich, auch aus.

Ja, das ist so.

Eigentlich ist Geld ja ein Mittel zum Zweck.

Wenn ich jetzt aber weiß, wie ich in meinem Bereich mein Geld immer mehr

und mehr vermehren kann, dann wird die Geldformierung zum Zweck an sich.

Ich denke also nicht mehr über das Ziel nach, was ich damit erreiche,

sondern ich drehe nur noch die Spirale des Mehr immer weiter.

Und dann kommt irgendwann am Ende eine Mentalität

bei sehr vielen Leuten mit sehr viel Geld dabei raus,

dass sie eigentlich kein Ziel in dem Sinne mehr haben.

Also einmal weißt du, alle Menschen sind käuflich.

Es ist nur eine Frage, wie viel man ihnen anbietet.

Das ist die Frage des Preises.

Genau.

Was hilft, wenn Geld nicht hilft?

Mehr Geld.

Ja, also sozusagen die eine Weisheit.

Dadurch kann man sehr leicht zum Zündiker werden.

Es ist nicht so einfach, noch an die wahre Liebe zu glauben

und an gute Freundschaft und so weiter, wenn man das analysiert hat.

Und das andere ist, du findest nie ein Ziel, wo du sagst,

doch, das habe ich jetzt alles erreicht.

Jetzt konzentriere ich mich mal auf all die anderen Seiten im Leben,

sondern wenn das Geld so stark deine Psyche beherrscht,

dann beherrschst du das nicht mehr.

Das beherrscht dich dieser Mechanismus, das mehr und mehr und mehr.

Und dann kannst du dich an dem erreichen,

auch meistens dann nicht mehr freuen,

weil du denkst jetzt noch mehr erreichen können

und kannst noch mehr machen.

Marx hat einen schönen Satz dazu gesagt,

vom Kapitalisten, der einem Weltenendecker gleich,

der mit jedem vorgefundenen Kontinent nur eine neue Grenze entdeckt.

Das heißt also, bis nie zufrieden mit dem, was du hast,

sondern geht es wieder dann über die nächste Grenze wieder.

Auf der einen Seite ist das ein zentraler Motor der Wirtschaft

in kapitalistischen Ländern und eine der Grundlagen des Reichtums.

Und auf der anderen Seite ist es irgendwie auch eine Pathologie.

Ja, also die Gestörtheit hat uns reich gemacht.

Ja, genau.

Aber die Frage ist, Richard, würdest du diese Satese zustimmen?

Ich nicht.

Also ich habe nicht das Gefühl,

dass sozusagen mehr Geld zu verdienen, erfolgreicher zu sein,

dass das am Ende immer neue Unzufriedenheit produziert,

sondern dass das gute Gefühl ist doch eigentlich,

dass du die irgendwann den Luxus erlauben kannst.

Und das ist für mich der Luxus von Geld,

dass du nicht mehr darüber nachdenken musst.

Sondern das ist...

Ja, siehe Geldautomat.

Und ich sage es noch größer.

Ich sage mal, ich fasse es noch größer.

Die damit einhergehende Freiheit.

Ja, genau.

Selbstbestimmteil.

Ja, die die allermeisten Menschen können ihrem Chef

nicht ihre Meinung sagen.

Ja, hätten sie Millionen auf dem Konto, könnten sie das.

Dann wäre ja schon nicht mehr ihr Chef.

Das wäre eine ganz große Rolle.

Ja, genau.

Aber ich muss ja in meinem ganz normalen Lebensanteiltag immer gucken

muss ich rücksichern nehmen, was kann ich nicht machen und so weiter.

Mit der Sicherheit jetzt im Arbeitsverhältnis nicht mehr angewiesen zu sein

und so weiter, das befreit.

Das gibt einem eine Souveränität, die man sonst im Leben nicht haben kann.

Wo man also gezwungen ist, auch mit Leuten, die man nicht leiden kann,

soziales Schacht zu spielen und so weiter,

weil man kann ja nicht und am Ende verliere ich noch hier und meine Arbeit

und man ist in so einem Gefüge drin, in dem man nie ganz frei sein kann.

Und das ist natürlich mit der Sicherheit des Geldes,

erhöht sich der Freiheitsgrad.

Absolut.

Und das ist uneingeschränkt positiv.

Ja, man redet ja so häufig darüber, worum es eigentlich im Leben geht

und wenn du in Bücher rein, rein gehst,

dann findest du ja meterweise Regale mit Glücksratgebern,

80%er von Ecker von Hirschhausen

und der Rest da noch vor allem ein paar anderen,

die dir erklären sozusagen, wie du zu einem glücklichen Menschen wirst.

Ich war da immer sehr misstrauisch.

Ich dachte immer, Glück ist doch in Wahrheit ein so wahnsinnig flüchtiger Zustand.

Warum geht es eigentlich wirklich?

Ich glaube, wir alle sehnen uns nach Glücksmomenten natürlich,

erleben wir die hoffentlich auch,

aber die sind in der nächsten Sekunde schon wieder vorbei

und das müssen sie auch sein,

weil Glück empfindest du nur sozusagen im Kontrast,

weil es auch die Abwähltenheit gibt.

Also wenn man dauerhaft glücklich ist, fängt man an zu verblöden.

Das kann man nur unter Drogeneinfluss oder so was,

oder wenn man verliebt ist, oder so,

dass man so lange Phasen hat, wo man auf Wolke 7 schwebt

und das wird meistens mit einem Mangel an Realitätssinn bezahlt.

Ja, genau.

Der Mensch ist von Natur aus nicht für dauerhaftes Glück ausgerichtet

oder wie Wittgenstein gesagt hat,

niemand weiß, warum wir auf der Erde sind,

aber bestimmt nicht umglücklich zu sein.

Ja, ich denke immer, wenn du jeden Tag Kaviar hast,

dann ist halt irgendwann das Buddha-Prothisentation,

so einfach ist das.

Aber da sind wir wieder bei der Sache mit der Grenze.

Also für Menschen werden ja Dinge

in unglaublichem Geschwindigkeit alltäglich.

Also man kauft sich ein Auto, was man unbedingt haben wollen,

das man ganz, ganz toll findet.

Und wenn man das erste Mal darin fährt und so weiter,

das ist ein ganz großer Moment.

Wenn du jahrelang mit dem Auto gefahren bist,

das jeden Tag mit zur Arbeit,

das ist ein Jahr null großer Moment noch damit verbunden.

Schon nach sieben Tagen nicht mehr eigentlich.

Ja, der Wert des Autos hat sich auch schon fast halbiert.

Und aber auch der Gefühlswert hat sich schon fast halbiert.

Das ist so, aber davon leben unsere Gesellschaften.

Man stelle sich mal vor, du kaufst ja die paar Dinge,

die du immer schon wahnsinnig schön und toll fandst

und dann bist du dauerhaft ein Leben damit glücklich,

da würde unsere Wirtschaft zusammenbrechen.

Also die notorische Unzufriedenheit

und die Flüchtigkeit des Glücks

sind die wichtigste Garantie in kapitalistischen Ländern,

dass es weitergeht.

Genau.

Aber was ich eigentlich meinte ist, Richard,

geht es nicht im Bart um was anderes, geht es nicht darum.

Und das hat wiederum ganz eng was mit Geld zu tun.

Selbstbestimmtheit.

Ich denke, das ist der beste Zustand,

den man als Mensch erreichen kann.

Und ich würde sagen, du bist in einem solchen Zustand,

hast das Glück gehabt.

Ich habe das definitiv auch.

Und ich empfinde das als wahnsinniges Privileg.

Ich hatte ja vorhin Freiheit gesagt,

aber Selbstbestimmtheit ist auch ein guter Begriff dafür.

Also Markus, da hast du absolut recht.

Also dieses Gefühl, selbstbestimmtheit sein zu können,

frei sein zu können,

sich nicht ständig in Abhängigkeiten bewegen zu müssen

und so weiter,

weil wir leben ja auch nicht in einem Leben

völlig ohne Abhängigkeiten,

aber es hat sich natürlich massiv geändert,

als jetzt in der Zeit,

wo man auf alles Rücksicht nehmen musste,

aufpassen musste, mit allem, was man tat und so weiter.

Also diese Freiheit, die ist ein ganz großes Privileg.

Ja, finde ich auch.

Und umgekehrt Geld sozusagen als Selbstzweck.

Du hast doch auch bestimmt häufig mit Menschen zu tun,

die auf eine nicht mehr greifbare Art und Weise reich sind.

Aber ab und zu man trifft man solche Menschen,

die unvorstehen, Milliardäre.

Kennst du Milliardär persönlich?

Ja, ja, kenne ich.

Und ist das ein glücklicher Mensch?

Ich würde sagen ja.

Aber wie ich vorhin an einem Beispiel der Kurve gesagt habe,

du bist natürlich als Milliardär nicht tausendmal glücklicher

als als Millionär und als Millionär nicht tausendmal glücklicher,

als wenn du ganz wenig Geld hast.

Also das steigt natürlich nicht in dem gleichen Ausmaß,

aber der würde auch sagen Freiheit und Selbstbestimmtheit.

Das ist das, was Geld ermöglicht.

Ein unabhängiges Leben zu führen.

Die Frage ist, Richard, was würde passieren, wenn wir...

Und das ist sozusagen der Kontrast dazu.

Die Kritik am Geld ist ja immer,

das fördert wahnsinnige Ungerechtigkeit

und die Schere geht immer weit auseinander.

Und da gibt es dieses eine Prozent, das obszönreich ist.

Das ist teilweise 80, 90 Prozent des Reichtums eines Landes besitzt

und der ganze Rest muss irgendwie gucken, wie er zurechtkommt.

Und da reden wir nicht nur von einem Land wie Russland,

da reden wir auch von einer alten Demokratie wie den USA.

Das ist ja sehr interessant.

Wichtig.

Was folgeln wir da aus?

Findet ihr das schlimm oder nicht schlimm?

Meine Frage wäre, wäre es besser, wäre es wirklich besser,

wenn alle gleich wären, wenn alle gleich viel Geld hätten?

Oder wäre das ganz furchtbar?

Alle gleich, die Anzahl der Menschen, die sich das wünschen,

ist sehr überschaubar.

Also spätestens, wenn das realisiert wäre,

dann würde man nicht mehr gut finden.

Aber jetzt mal, die Sache ist doch,

wir haben doch nicht nur die Alternative zwischen A und B.

Also wir haben ja nicht nur die Alternative,

dass irgendwie zehn Prozent der Weltvervölkerung

letztlich alle Ressourcen und alles Geld dieser Welt

gehören und dem Rest gehört, der Rest.

Also, das ist ja nicht die Alternative,

sondern die Frage ist, wenn die Einkommensverhältnisse

in einem Land sehr, sehr stark auseinandergehen,

wie das so bei Schwellenländern,

Entwicklungsländern und so weiter der Fall ist,

aber leider zunehmend auch bei den Etablierten,

liberalen Demokratien,

dann wächst das Gefühl,

in einem großen Teil der Bevölkerung,

dass es hier nicht mit rechten Dingen zugeht.

Und das kann man ihnen auch nicht verdenken,

dass das so ist.

Das heißt also, der soziale Unfrieden wird damit geschürt.

Die stabilsten Länder sind Länder

mit einer sehr breiten Mittelschicht.

Skandinavischen Länder zum Beispiel

oder Luxemburg oder so.

Also das ist für jedes Land,

ist das eine Zeitbombe,

wenn die Einkommensverhältnisse auseinandergehen

und die Aufstiegschancen,

wenn die nachlassen

und aus Geld Geld zu machen.

Also wenn Millionen oder Milliarden geerbt hat,

die zu vermehren,

dafür braucht man nicht mal schlau sein.

Da hat man verkleverere Finanzverwalter,

die man trauen kann.

Und dann wird das entsprechend investiert

und dann wird ganz, ganz schnell aus viel Geld

noch viel, viel mehr.

Aber wenn du von unten kaum noch Chancen hast,

irgendwie auf die Füße zu kommen,

überhaupt in die Mittelschicht reinzukommen

und nicht gleichzeitig in einem Land,

in dem die einen ihr Geld spielend vermehren

und die anderen kaum noch zu welchem kommen,

dann hat dieses Land ein riesiges Problem.

Und das ist die Situation,

in die wir reinschlädern.

Das hat gar nichts mit Neid oder so was zu tun,

sondern da muss man sich viele Gedanken darüber machen,

wie man Steuersystem zum Beispiel ändert,

dass das nicht auf die Art und Weise so weitergeht.

Und du weißt ja genau,

wenn ich rede von Steuersystem ändern,

dann meine ich nicht, dass man

eine unbegrenzte Einkommenssteuer nach oben macht,

sondern dass man Finanztransaktionen an das besteuert.

Das wäre schon mal ein sehr gutes Mittel dagegen.

Das ist interessant, ne?

Ich meine, die skeptische Haltung

reichen gegenüber,

die in vielen Gesellschaften da ist,

die in der deutschen Gesellschaft da ist,

die zum Beispiel auch das Interessante

auch in der italienischen Gesellschaft

sehr ausgeprägt ist,

gibt es interessante Untersuchungen dazu.

Amerika eher weniger,

aber das, was man so klassisch Sozialneid nennt,

das gibt es

und das ist ja auch steuerpolitisch

dann von Belang, ne?

Das ist absolut von Belang, ja.

Also wie gehst du damit um als Politiker,

wie reagierst du darauf?

So dieses Gefühl, da gibt es diese Reichen,

die Zahlen im Grunde viel zu wenig steuern.

Und wenn sie Steuern zahlen müssen,

dann finden sie immer dieses eine Schlupfloch,

wo dann sozusagen der Weg daraus ist.

Wahrscheinlich gibt es 10 Schlupflöcher,

wo da 20 oder 50, ja.

Also die Gesetzgeber sind

einer Meinung,

also die Gesetzgeber sind da normalerweise

jetzt nicht so ganz, ganz arg hinterher,

solche Schlupflöcher,

alle zu stopfen.

Da sind doch ne anderen Dinge sicher deutlich mehr hinterher.

Und jeder weiß,

dass der kleine Mann mit dem Steuerverkehr,

der fliegt sofort auf

und die ganz großen Steuer vergehen.

Da gibt es so komplizierte

und großartige Konstruktionen.

Da gibt es eine ganze Industrie von Genies,

die nur davon lebt,

als Steuerhinterziehungsberater dafür zu sorgen,

wie für Privatleute.

Ja, und Interessant ist,

ich habe mich vor einiger Zeit mal mit,

beschäftige mich öfter mal mit Schweden,

weil ich das Land so gerne mag.

Und Schweden ist aber ein Land voller Widersprüche mittlerweile.

Man könnte eine ganze Folge,

könnten wir nur machen über die Kriminalität,

die Gang-Kriminalität,

die mittlerweile in Schweden da ist,

die auch unter anderem dazu geführt hat,

dass diese sehr rechten Schwedendemokraten dort

mittlerweile das Ruder übernommen haben

in der Regierung.

Eine wirklich eine 180-Grad-Wolte,

die da hingelegt haben,

dieses Bullerbüß

abgebrannt wird,

dann immer gesagt. Interessant ist,

das gerade gesagt, die skandinavischen Länder sind,

sozusagen das Paradebeispiel

für diese,

für diese...

Dann korrigiere ich mich

und sage, Waren ist zumindest ein Waren.

Also für gute Einkommensverteilung,

wobei Schweden immer das brutalste Land war.

Also in den Schweden

ist der Arm-Reich-Kontrast immer deutlich

stärker gewesen, als er ist in Norwegen

oder in Dänemarket.

Genau, genau.

Und in den 80er, 90er

Jahren wurden

in Schweden reiche Menschen extrem hoch bescheuert,

was ja auch dazu geflogen ist.

Hast du kregen musst du mal 102% Steuern zahlen,

das erinnere ich mich noch an.

102%.

Ich erinnere mich noch an Ingvar Kamprad, den Ikea-Gründer,

der ist er dann abgehauen,

der hatte kein Bock mehr.

Irgendwo, auf jeden Fall,

ich glaube, er entdeckte plötzlich seine Liebe

zu den Schweizer Bergen.

Aber was interessant ist, und da glaube ich,

ist schon eine Quelle

für so ein Frust, den es

in vielen westlichen Gesellschaften mittlerweile gibt,

dieses

vom Gefühl her

doch eher gerechte Land Schweden

hat dann auch, und da siehst du,

wie die Reichen es dann doch immer wieder schaffen,

sozusagen ihr Spiel zu spielen,

seinen Steuersystem

immer weiter reformiert.

Einkommenssteuer

und so weiter.

Das wurde immer weiter abgesenkt,

dann wurde die Vermögenssteuer

wurde abgeschafft,

Erbschaftsteuer wurde komplett abgeschafft

und so weiter.

Das heißt, dieses Schweden,

von dem wir immer sagen, das ist eigentlich

das Ideal, so sollte es eigentlich sein,

weil sehr gerecht verteilt,

auch dieses Schweden ist unbemerkt

von der großen Öffentlichkeit

in den letzten Jahren vor allen Dingen

immer ungerechter

und immer ungleicher geworden,

wenn man so will.

Und da denke ich manchmal,

warum geht da keiner dagegen?

Warum lässt man diese Entwicklung

dann einfach so laufen,

wenn man doch die warnenden Beispiele

aus anderen Ländern, England zum Beispiel,

Großbritannien, wahnsinnig ungerechtes Land,

was das angeht,

wenn man das doch sagen kann, direkt,

ja, die ungerechte Vermögensverteilung

also auch irgendwas, was überhaupt nicht funktioniert.

Und dann hast du dann

eine wachsende Zahl von Abgehängten

und das ist das Schlimmste, was liberaldemokratischen

Gesellschaften passieren kann,

ist eine sehr große Zahl von Abgehängten

oder sich abgehängt fühlenden.

Das ist die größte Beruhrung.

Aber ich möchte noch auf einen Aspekt gerne

kommen zum Thema Geld.

Weil die ganze Frage, ob man jetzt neidisch ist,

ob man was gerecht findet, ob man was ungerecht findet,

ob man was rechtfertigt,

hängt ja eigentlich immer vom Fairness-Maßstab ab.

Es ist also immer die Frage,

welche Verhältnisse werden als fair

gesehen und welche als unfair.

Und dazu gibt es ja

ein ganz interessantes

Wirtschaftspsychologisches Spiel,

das versucht zu ergründen,

wie das denn eigentlich mit der menschlichen Fairness

oder Unfairness bestellt ist.

Und dieses Spiel,

ich habe ja eine Uni in Köln studiert

und da war Werner Güth

bei den Volkswirtschaftern.

Er hat 1978

ein Spiel erfunden, das heißt

Ultimatumspiel.

Und das ist das berühmteste

Spiel der Wirtschaftspsychologie.

Und das hat Werner Güth

jetzt erstmal gar nicht abgesehen,

als er das Spiel erfunden hat.

Und das Spiel geht folgendermaßen.

Man stelle sich eine Zeit vor,

in der 100 Euro

ein hoher Geldbetrag ist.

Also es gibt natürlich

genug Menschen, für die ist das so,

für andere ist das nicht so.

Man hat sehr wenig Geld

und man kriegt 100 Euro geschenkt.

Die darf man behalten,

aber nur unter einer Bedingung.

Man muss sie mit jemandem anders teilen,

der einem dazu gelost wird.

Also irgendjemand, der einem auf der Straße begegnet

oder ein bisschen großer Raum,

da sitzen hunderte von Leuten drin

und sagt, jetzt kannst du deinem Nachbarn

ein Angebot machen, wie du vor hast,

die 100 Euro aufzuteilen.

Das kriegt auch keiner mit.

Das heißt, ihr geht mal kurz raus

und dann kannst du dem zu uns sagen,

pass mal auf, 90, 10.

Du darfst nur einen Vorschlag machen,

darfst nicht nachbessern.

Geht der andere auf den Vorschlag ein,

dann wird genau so geteilt.

90, 10, 70, 30, 50, 50.

Wenn der andere sagt,

was ist das denn, du Arschloch?

Was ist das denn für ein Scheißvorschlag?

Dann krieg ich, der Spieleiter,

das Geld zurück.

Was glaubst du, was der weltweit,

man hat das in allen erdenklichen Kulturen gespielt,

ernst fair,

dieser ganz bedeutenden berühmteste Schweizer Ökonomie,

ich glaube mittlerweile berühmteste

Ökonomie im deutschsprachigen Raum,

hat dieses Spiel perfektioniert

in allen möglichen Varianten.

Schüler von ihm haben das in der ganzen Welt gespielt.

Was glaubst du, was der am häufigsten gemachte

Teilungsvorschlag ist?

50, 50?

So gut ist der Mensch nicht.

Schließlich habe ich dir das Geld angeboten

und nicht dem anderen. 60, 40.

Man will einen Vorteil haben,

aber man kalkulierst das, was man angibt,

so hoch,

dass der andere sich da nun wirklich nicht drüber beschweren kann.

Jetzt könnte man sagen,

das ist ein unschlagbarer

Beweis für den menschlichen Egoismus,

weil du hast die 40 ja nur abgegeben,

du könntest ja mal 1 Euro geben,

weil du weißt, der nimmt 1 Euro

oder 10 Euro nicht an.

Es ist aber kein eindeutiger Beweis

für den menschlichen Egoismus,

weil interessant ist ja der andere.

Wäre der Mensch so ein

Nutzen-Kalkulierer,

ein Homo-Ökonomikus,

wie der in den Lehrbüchern der Wirtschaftsfakultäten ist,

dann würde der auch 10 Euro nehmen.

Weil der müsste sich ja sagen

10 oder 0.

Er ist schon klar.

Er profitiert ja noch bei 90, 10.

Und die Erfahrung klärt,

dass Angebote mit 10 oder 20 Euro zurückgewiesen werden.

Aber warum?

Weil in dem Moment,

dem das Gefühl zu sehen,

wie du deine 90 Euro,

die du schon in der Tasche hast, wieder abdrücken musst,

mehr wert ist

als 10 Euro.

Meinst du, darum geht es?

Es geht um diesen Triumph in der Sekunde?

Es geht um den Triumph in der Sekunde,

wir sind egoistische Kooperateure,

sagt Ernst Feher,

aber altruistische Bestrafraum.

Das heißt, der, der dich jetzt bestraft,

der hat ja nichts davon,

dass er dich bestraft, der hat sogar Nachteil,

der hat die 10 Euro nicht.

Aber er hat das Gefühl,

im Dienst der Allgemeinheit

wird das Arschloch bestraft,

das zu egoistisch.

So funktioniert die menschliche Moral.

Und das ist ja eine wunderschöne Erklärung,

wie Fairness-Regeln eigentlich funktionieren.

Wann denken wir an unseren Eigennutz,

wenn wir genug abkriegen?

Und wann fangen wir an, besonders fair zu werden,

wenn wir das Gefühl haben, wir haben zu wenig gekriegt

und der Allgemeinheit ist sozusagen

ein moralischer Schaden zugefühlt worden.

So.

Und jetzt hat dieses Spiel einen Haken.

Der ist mir irgendwann aufgefallen.

Früher, dass er in Vorträgen häufig erzählt.

Zu dem Thema werden wir über Millionäre

und Milliardäre gesprochen.

Stell dir mal vor, Markus, es sind nicht 100 Euro,

sondern es ist eine Million.

Und jetzt teilst du die eine Million auf.

Du gehst mit dem hinter die Tür und sagst,

du kriegst 100.000 und ich 900.000.

Wer wird dann im Dienst der Allgemeinheit

sagen, die 100.000 nehme ich nicht?

Du drückst das alles wieder ab.

Das heißt, also ab einer bestimmten Geldsumme

singt unser Gefühl

für das Allgemeinwohl

oder unser altruistischer Bestand.

Ist das näher als der Rock?

Ja.

Das heißt, also Geld je nach Summe

verändert die Moral jedes Einzelnen.

Total.

Weißt du, was total interessant ist über uns, Richard?

Worüber ich gerade nachdenke, die ganze Zeit,

wenn du das erzählst, drehst mal um.

Also du hast diese Million

und du sagst dem pass auf, ich gebe die 900.000,

ich bin mit 100 zufrieden.

Ja.

Aber was macht er?

Nimmt er sie oder sagt er, das kannst du nicht machen?

Das ist nicht gerecht.

Nimm du wenigstens 40.

Wie reagiert du?

Jetzt so den Podcast hören

würden wahrscheinlich die meisten von sich sagen,

sie würden das sagen.

Aber in der realen Situation würden die wenigsten das sagen.

Ich weiß es nicht.

Die würden denken, du bist richtig ein guter Mensch.

Meinst du, die hätten an Schuldgefühle?

Nee, aber wenn das stimmt, was du sagst,

wenn sozusagen und ich glaube zu tiefster,

und nicht jetzt, weil ich es selber wäre,

sondern weil du es auch schon an kleinen Kindern beobachten kannst,

Menschen sind hochmoralische Wesen.

Auch kleinste Kinder sind hochmoralische Wesen.

Solange die Geldsohn nicht zu groß werden.

Das ist ja meiner Aussage.

Es gibt ein Moralinstinkt im Menschen.

Dieser Moralinstinkt ist kein Sinn für Fairness

auf der elementaren Ebene.

Die haben Menschen nicht.

Aber Menschen haben einen Sinn für Unfairness,

die ihn widerfährt.

Und damit können sie,

unter erzieherischer Begleitung,

so etwas entwickeln wie einen Sinn für Fairness.

Und das ist die gute Nachricht.

Und die schlechte Nachricht ist,

wenn Summen zu groß werden,

dann schmilzt dieser Sinn für Fairness.

Deswegen funktioniert Bestechung eben auch so gut.

Normalerweise fällt Bestechung dann auf.

Oder wird sozusagen dagegen vorgegangen,

wenn die Summe nicht groß genug ist.

Also das größte Fehler, den ein Mensch machen kann,

der einen bestiehen kann,

ist, dass die Bestechung nicht groß genug ist.

Das ist das größte Fehler,

den ein Mensch machen kann,

der einen besticht ist,

einen zu niedrig anzusetzen,

dann wird er an den Pranger gestellt.

Ja, aber auch von dem,

der zu niedrig bestochen ist,

oder sich in seinem Selbstwert gefühlt.

Genau.

Der schönste Satz zur Korruption

stammt von Ashley Brilliant,

einem englischen Aforistiker,

der gesagt hat, ich wünsche mir entweder

das Ende der Korruption

oder mehr Möglichkeiten davon zu profitieren.

Super.

Da passt Oscar Wilde noch dazu.

Als ich klein war, glaubte ich,

Geld sei das Wichtigste im Leben.

Heute, da ich alt bin,

weiß ich, es stimmt.

Das ist jetzt mein Schlusssatz.

Nicht meiner.

Das ist nicht meiner.

Das ist Oscar Wilde.

Aber tatsächlich, mein alter Zyniker.

Ich, ich,

weißt du, was ich glaube,

diese Geschichte mit dem, also du gibst dem anderen

und nimmst selber zehn.

Weißt du, was ich glaube,

ist eine Frage des Kontextes.

Also wenn ich, wenn ich wüsste,

ich stehe jetzt jemandem gegenüber,

der wirklich diese 90 Euro

gut gebrauchen kann.

Ja.

Und ich brauche sie selber nicht.

Ja.

Dann wäre es doch völlig normal,

das genauso zu machen.

Ich würde sogar behaupten,

ich würde es dann auch so tun.

Ich würde das Geld nehmen, ist doch gar keine Frage.

Hey, wenn ich, noch mal,

wenn ich jetzt jemanden was spende

oder wenn ich sage, du kannst auch alles behalten,

weil er mir leidt und wenig Geld hat,

dann fühle ich mich nachher edel.

Ja.

Und dieses Gefühl, sich edel zu fühlen,

ist dann für mich mehr wert als 100 Euro.

Deswegen funktioniert das Spiel ja nur unter der Bedingung,

dass diejenigen, die daran teilnehmen,

alle in der gleichen sozialen Situation.

Exakt.

Genau, der Kontext muss genauso sein.

Ich habe schon bald mit Indianern gespielt

und mit München im Tempel und so weiter.

Und ich kann mir überhaupt nicht vorstellen,

was die Leute gedacht haben.

Das ist am besten noch eine Filmkamera dabei

und ein großes Team.

Und dann wird ihnen Geld in die Hand gedrückt.

So ein Teil Kulturen, die gar keine Geldwirtschaft haben.

Ja.

Also ich wäre gern bei diesen ganzen Experimenten dabei gewesen.

Ich glaube, nur in Asien war das so,

dass die tatsächlich mehr Angeboten haben,

als sie sich selbst gegeben haben.

Jetzt könnte man sagen,

das ist ja Asiat, altruistisch.

Aber vielleicht haben sie auch einfach geglaubt,

das ist eine Falle.

Wunderbar.

Also, Richard, hat Spaß gemacht.

Ja, mir auch.

Nur der eine Gedanke noch.

Geld, wenn du mal belegst,

was Geld alles so erleichtert.

Ich stelle mir manchmal vorhin

einer Zeit, in der Menschen getauscht haben.

Da musste er ja erstmal den Gegenwert finden,

muss lange unterwegs sein,

bis der Gegenwert passt.

Ich habe mir gerne ein Liter Milch.

Was wiegt ein Liter Milch auf?

Und wie unvorstellbar einfach ist es,

wenn du einfach sagen kannst,

guck mal, hier ist Geld.

Hier ist ein Schein, hier ist eine Münze.

Ja.

So begründet der große englische Philosoph, John Locke.

Ja.

Die Ungerechtigkeit, die durch das Geld entstanden ist.

Er sagt, die Menschen lebten ursprünglich

in einem Naturzustand.

Da hatte jeder das Gleiche.

Und das war auch gerecht so.

Das war ein Problem,

dass die Menschen das Geld eingeführt haben,

um aus dem Dilemma

der verdäblichen Waren heraufzukommen.

Und seitdem gibt es einen

universell gültigen Geldvertrag.

Dem haben auch alle zugestimmt,

weil sie das sinnvoll fanden.

So lange man nur naturalien tauschte,

hatte man das große Problem eben,

was ist ein Äquival hin zu dem anderen.

Und wie lagere ich das?

Ich habe das jetzt hier gegen so ein Hirsch.

Es gab keine Kühlschränke getauscht.

Das sind die Menschen, die zugestimmt,

weil sie das sinnvoll fanden.

Und wenn du heute wenig hast,

deine Ahnen haben mal dem Geldvertrag zugestimmt.

Super.

Damit hat er die Ungerechtigkeit im England

spätgrößer, jahrhunderts verteidigt.

Das heißt, man kann abschließend sagen,

vielleicht ist das der finale Satz

zu diesem Thema Geld verdirbt nicht.

Wenn überhaupt nur den Charakter.

So ist das großartig.

Mit diesem Aforismus.

Dank dir sehr.

Alles Liebe dir!

Ciao!

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"Über Geld spricht man nicht", aber warum ist das eigentlich so? Wie klingt der Sound des Geldautomaten, wenn die Karte einbehalten wird und mit welchem Gesichtsausdruck dreht man sich um und schaut auf die Schlange der Wartenden? Ein Gefühl, dass beide kennen. Richard David Precht erzählt Markus Lanz in dieser Folge, warum er bei seinem ersten Besuch bei „Wer wird Millionär“ schon in der erste Runde rausgeflogen ist. Berechtigte Kritik an zu viel Geld gibt es in Mengen, genauso wie an der falschen Verteilung. Aber Geld vergrößert auf der anderen Seite auch die Selbstbestimmtheit, das ist vielleicht sein größtes Privileg.