LANZ & PRECHT: AUSGABE SECHSUNDACHTZIG
ZDF, Markus Lanz & Richard David Precht 4/28/23 - Episode Page - 51m - PDF Transcript
Die Frage, wo ich dich erreiche, verkleidet mir heute. Aber wie geht es dir heute die Fragen? Bei
richtig was los nach unserer letzten Folge. Es ist erstaunlich, was wir auslösen. Man unterhält sich
ja quasi im öffentlich privaten Rahmen und das ist schon irre, dass man immer denkt, welche
Bedeutung dem beigemessen wird. Ja, also welche Bedeutung jeder an dem Punkt auch beigemessen
wird. Wir haben ja über Indien in erster Linie gesprochen, gab übrigens viel Resonanz und auch
noch viel über dieses Land nachgedacht. Das ist faszinierend, was da gerade passiert und habe
so im Geiste beschlossen, ich muss wieder mehr verreisen, wenn ich demnächst auch tun. Aber dann
kam die Außenpolitik und dann kam Annalena Baerbock. Und dann fielen ein paar Sätze und die hatten es
offenbar in sich. Unter anderem der Satz, sie hätte nicht mal Praktikum bekommen. Unter normalen
Umständen. Genau. Ja, ich glaube, über dieses unter normalen Umständen haben sich viele gefragt,
was ich damit sagen wollte. Ich wollte sagen, aufgrund der fachlichen Qualifikation. Nun ist es ja
so, dass man sagen muss, das könnte man jetzt zur Entlastung sagen. Es gibt natürlich viele
Minister, die nicht hochgradig fachlich qualifiziert sind. Also wenn man die Ursula von allein vier
Ministerien leitet, die nichts miteinander zu tun haben, dann kann man nicht fachlich qualifiziert
auf jedem Gebiet gewesen sein. Man muss sich da ohnehin einarbeiten. Die Frage ist nur, ob bei einem
Amt, wie beim Auswärtigen galt, es nicht gut wäre, grundsätzlich jemanden zu haben mit größerer
diplomatischer Erfahrung. Jetzt könnte man sagen, die hatte Guido Westerwelle auch nicht. Heiko Maas
vielleicht auch nicht. Aber in diesem Punkt denke ich gerne an Frank-Walter Steinmeier zurück, der das
hatte und den ich einen ausgezeichneten Außenminister fand. Und ich finde es ein bisschen schade,
dass diese diplomatische, nicht nur Kenntnis, sondern auch sozusagen diese Fertigkeit,
das diplomatische Sprechen, was man als Außenminister braucht, dass das offensichtlich keine
wichtige Qualifikation mehr ist. Und das finde ich schade. Noch mal zu dieser Kritik, Richard. Wie
hast du das wahrgenommen? Die markanten Sätze waren ja der mit dem Praktikum, dann fiel ein
anderer Satz, wo ich dachte, okay, so ein interessantes Bild hätte man aber als verletzend
möglicherweise empfinden können. Ja, das einzige, was Grünen ihr ist, ist das, was sie sozusagen
hinter ihren Ohren hatten. Der wurde gar nicht so oft zitiert. Ja, aber das war eigentlich für
mich der harte Satz. Ich dachte, also das mit dem Grünen, meine ich insofern, dass man als
Außenministerin eigentlich kaum grüne Politik machen kann. Also auf jeden Fall keine Umweltpolitik,
was ja eigentlich noch der Markenkern des Grünen seins ist. Und ich deswegen von Anfang an das
auch für falsch gehalten hatte, dass die Grünen das Außenministerium für sich beansprucht haben.
Das habe ich auch mehrfach gesagt. Dafür hätte man auch zwei andere Ministerien bekommen können,
mit denen man deutlich mehr von der eigenen Programmatik umsetzen kann. Und deswegen habe
ich damals schon mal Joschka Fischer nicht verstanden, dass die Grünen das Außenministerium
haben wollten. Und ich habe es auch jetzt nicht verstanden, weil das natürlich das,
wofür die Grünen stehen, nicht wirklich umsetzen kann. Ich habe schon ein Gefühl dafür, warum man
das genommen hat. Außenminister sind in der Regel unfassbar beliebt. Und wenn du noch mehr
werden willst in der deutschen Politik, dann wirst du am besten Außenministerin, tust du
keinem so richtig weh und empfiehlst dich quasi automatisch für öffentliche Ämter. Das kommt
keiner, wenn du die Rivalität zwischen Baerbock und Robert Habeck dir anguckst. Ich meine, wie kannst
du denn in diesem Rennen die Nase vorn haben? Robert Habeck hat ein Ministerium, das glaube
ich das größte Ministerium zahlenmäßig. Da legst du dich den ganzen Tag, legst du dich mit
halb Deutschland an. Als Außenministerin kannst du glänzen, auf dem internationalen Parkett
produzierst interessante Bilder. Und ich finde, das beherrscht sie auch meisterhaft, also das Spiel
mit den Medien, das Spiel mit den Bildern. Das hat sie gut drauf. Und ich finde, das auch mal ganz
klar zu sagen. Und ich glaube, das siehst du auch so. Auf eine Art und Weise ist das, was Annalena
Baerbock macht, sehr, wie soll man sagen, unorthodox. Und auf der anderen Seite auch sehr
erfrischend. Das kann man auch so sehen. So kann man das sehen, aber das Interessante ist ja,
dass man sich darüber unterhalten muss, ob der Kurs, der hier gefahren wird. Und der besteht
natürlich sehr stark darin zu moralisieren und eben andere Länder zu belehren. Darüber
hatten wir gesprochen. Und das den halte ich für strategisch falsch. Also ich glaube, dass wir
im Ungarn mit China uns keinen Gefallen damit tun, Drohungen auszusprechen, zum Beispiel. Das
hatte ich klar kritisiert. Dass die Formulierung benutzt hat, wo sie Russland den Krieg erklärt hat,
war ein ziemliches Zeichen von fehlender Diplomatie. Aufpassen, hat sie auch nicht gesagt. Sie hat
gesagt, wir befinden uns in einem Krieg mit Russland. Was ja was anderes ist. Ja, was wir aber ganz
offiziell. Ja, aber wenn die Außenministerin sagt, wir sind im Krieg mit Russland und die offizielle
Linie ist, das nicht so zu sagen oder so zu sehen, dann kann man sich vorstellen, wie sich das
von russischer Seite anhört, nämlich schon als indirekte Kriegserklärung. Zumindest keine großen
Leistung der Diplomatie. Ja, das stimmt. Der Propaganda nimmt das natürlich und ist an
Gefundenes fressen. Jetzt ist ein Gefundenes fressen. Oder als Diplomat muss man sich überlegen, ob
man das macht. Ja, aber Richard, nur eine Sache will ich trotzdem einmal sagen. Ich teile das
voll und ganz. Und ich finde über die grundsätzliche Linie kann man wirklich streiten und es ist
eine Frage auch der Haltung sozusagen, wie man da reingeht und dann weiß man auch ungefähr,
was man in welcher Situation sagt. Ich meine, diese Szene da in Straßburg, wo sie sagt, wir
befinden uns in einer Art Krieg mit Russland. Noch mal, ich will das nicht verteidigen, aber ich
will nur sagen, manchmal muss man auch sozusagen die Menschen auch mal Menschen sein lassen. Also,
da ist jemand, der ist unter enormer Anspannung. Der schläft monatelang ungefähr vier Stunden
am Stück, wenn es hochkommt. Der weiß manchmal gar nicht mehr, in welcher Zeitzone er gerade
unterwegs ist. Dann muss er auf Englisch formulieren und dann rutscht ihr so einen Satz raus, von dem
eigentlich bei sozusagen bei wohlwollender Betrachtung jeder genau weiß, wie er gemeint ist. Also,
die würde mal sagen, Fehler machen alle und das Amt des Außenministers ist das, das hast du
völlig recht, das wäre das letzte Amt, was ich haben wollte. Allein die körperliche Strapaze,
die damit einhege, das ist wahrscheinlich von allen politischen Ämtern die größte. Und das kann
ich alles nachvollziehen. Trotzdem wünscht man sich in so einer Situation einen Hans-Dietrich
Genscher oder einen Frank-Weiter-Steinemeyer, denen sowas nicht passiert wäre. Ja, möglicherweise,
wobei in diesen Zeiten Außenministerin zu sein, ist glaube ich noch mal eine ganz besondere
Herausforderung. Und jetzt haben wir über Lavrov in Badehose ja noch gar nicht gesprochen. Das sind
sozusagen auch die Dinge, wie du ertragen musst. Aber ich glaube, dass das in eine Zeit kommen,
in eine Zeit kommen, in der ganz, ganz viel Fingerspitzengefühl gefordert ist. Also, ich glaube,
wir müssen umgekehrt sein. Also, es gibt ja Leute, die ihre Politik mögen und sagen und
die sagt ja wenigstens, was sie denkt oder klare Kante und so weiter und ich frage mich. Und
darüber haben wir ja beim letzten Mal geredet, ob das wirklich das Gebot der Stunde ist oder ob
das Gebot der Stunde nicht letztlich darin besteht in einer ohnehin völlig aufgeheizten
Weltlage, so stark wie möglich zu deeskalieren und weitere Konfrontationen zu vermeiden. Das ist
meine Ansicht dazu. Und aus diesem Unbehagen, was ich habe, weil ich glaube, dass wir da viel
falsch machen, ist meine Kritik gekommen und auch die eine oder andere flopsige Bemerkung.
Ja. Jetzt geht es mir ja nicht um die Person Annalena Baerbock, die ich in meinem Leben noch nie
getroffen habe, sondern letztlich geht es mir um eine aus meinem Verständnis, eine falsche
Ausrichtung der Außenpolitik. Ja, und darüber finde ich, kann man auch wirklich gut streiten und ich
will jetzt an dem Punkt mal eine ausdrückliche Lanze für dich brechen. Ich erlebe das selber
im Umfeld der Sendung. Also, es gibt und das sagt keiner wirklich so offiziell, aber aus der ersten
Reihe der Politik erlebe ich ständig entscheidende Menschen, auch aus anderen Parteien, die unglaublich
hadern mit diesem Kurs und die sagen, was zerschlagen wir da alles gerade an Porzellanen auf
diplomatischem Paket und wie wohlfalt sind wir da, wie unerträglich ist unsere Doppelmoral,
also wie geiseln die die Menschenrechtssituation in Katta und dann fährt aber gleichzeitig Robert
Habeck dahin und versucht in WLNG-Deals klarzumachen, das gleiche auch mit China. Also das große Weg
klagen über die Situation der deutschen Autoindustrie, das entscheidet sich gerade in China und wenn
du dir mal die verzweifelte Situation vor allen Dingen von VW zum Beispiel anguckst, die runter
gerauscht sind von einem Marktanteil, der mal bei 90 Prozent lag und heute sind sie bei 2,4 Prozent,
was die E-Mobilität angeht, das ist aber die Mobilität, die in China gerade mit einer so
bahnbrechenden Geschwindigkeit weiterentwickelt wird, das klar ist, wenn du dieses Rennen verlierst,
verlierst du das Rennen insgesamt. Einen Punkt, will ich noch ganz kurz machen, Richard,
weißt du was mir bei dieser Kritik aufgefallen ist? Du hast da schon mal sehr dezidiert und klar
auch den gerade eben gelobten Frank-Walter Steinmeier hier kritisiert. Wie hast du das damals
über seinen Brahma-basierenden Stil geredet? Ich habe ihn ja als Ausminister sehr geschäftst
und ich finde ihn sozusagen in seiner Haltung, in dieser übertheologischen Haltung, also so
eine Art Ersatzpapst quasi, so ähnlich habe ich das beschrieben, also dieser theologische
Sing-Sang stört und da habe ich jetzt auch, sagen wir mal, die ein oder andere drollige Formulierung
benutzt und da hat sich niemand aufgeregt, weil er ein alter weißer Mann ist und ein alten weißen
Mann, den kann man auch schon mal ein bisschen angehen. Das fand ich so interessant, also
du hast doch nicht Annalena Baerbock als Frau kritisiert, aber der Vorwurf war ausdrücklich,
wir haben aber so ausdrücklich, dass ich, ich habe wörtlich gesagt, dass das genau die gleiche
Kritik hätte ich auch, wenn sie ein Mann wäre, wörtlich gesagt und ich meine da jetzt so eine
Firewall, um sie zu machen, weil sie eine Frau ist, weder spricht der Gleichberechtigung. Ich
bin der Sohn einer Feministin in der ersten Stunde, meine Mutter war Anfang der 70er Jahre in der
Frauenbewegung, die ganzen 70er Jahre hindurch und hat auch sehr, sehr viele, immer die Pationsziele
versucht in unserer Familie zu verwirklichen. Wie muss ihr mir das vorstellen? Und es gab
auch kein machistisches Männerbild bei uns, sondern genau das Gegenteil, mein Vater war alles andere
als ein Matschow, er war eher ein Matriarchat und mir ist ein sehr positives Frauenbild vermittelt
worden. Und was interessant ist, ist damals Baerbock hieß Gleichberechtigung der Frau im Prinzip
auch Gleichbehandlung. Das heißt Männer dürfen Männer kritisieren, Frauen dürfen Frauen kritisieren,
Frauen dürfen Männer kritisieren, ja, aber wieso dürfen dann heute Männer keine Frauen kritisieren?
Also die Gleichberechtigung ist dann erreicht, wenn man im öffentlichen Raum in Kontroversen mit
Frauen genauso umgeht wie mit Männern, dann ist sie erreicht. Und nicht, wenn man sagt ja Moment,
Moment, Moment, für Frauen gelten Sonderrechte, das ist keine Gleichberechtigung, dann wird sie in
eine Offerrolle getrieben. Ja, Frauen stehen nicht unter Artenschutz gestellt. Ja, genau. Dann kriegen
sie so ein Sonderbehandlungsstatus, der der Gleichberechtigung und der Emanzipation völlig
widerspricht. Also wie er so argumentiert, der weiß, der Sache der Frauen ein, das meine ich.
Im Grunde geht es doch darum, dass es egal sein muss. Genau, das ist meine Haltung und genauso
bin ich erzogen. Aber ich fand das interessant, dieser Reflex, der kommt dann sofort, ne? Und das
ließ sich wunderbar wieder, diese Front aufbauen, so der der alte weiße Mann und dann geht auf diese
fraulose und so weiter und dann Sexismus und das ganze Thema. Ich finde das befremdlich. Ja,
das tut unserer öffentlichen Diskussion nicht gut. Ja, Frauen und Männer stellen sich in so eine
Frontstellung gegeneinander zu bringen, das ist auch nicht gut, ne? Ja, und ich finde auch,
wer man ist, abhängig zu machen vom Alter und vom Geschlecht. Das ist eigentlich klassisch rechts.
Ja, also jemandem, jemandem das Psyche zu biologisieren, das ist klassisch rechts. Dass man sagt,
das ist eine andere Rasse oder das ist eine Frau und kein Mann und was weiß ich, das ist
klassisch rechts, das Denken hier überhaupt moralische Linien einzuziehen. Und ich verstehe
nicht, wie Menschen, die sich für links halten, ja, sich solcher rechten Denkraster bedienen,
wenn auch unter umgekehrten Vorzeichen. Also ich würde sagen, Emanzipation ist Gleichberechtigung
und grundsätzliche Gleichanerkennung, aber eben auch Gleichbehandlung in Kontroversen.
Ja, ich finde, das macht es ja eigentlich besonders perfid. Und es macht sozusagen die andere Seite
dann auch so hilflos und dann steht auch so ein Frust. Das merke ich irgendwie auch bei Männern
häufig. Und das ist ja auch so ein Lebensgefühl, dass Friedrich Merz die ganze Zeit versucht,
so anzusprechen. Ja, da kommt so eine Haltung raus, dass man sagt, ich möchte als Mann nicht
ständig nur noch das Problem sein und in einer Welt leben, in der Männer immer das Problem und
Frauen prinzipiell die Lösung sind. Ja, weil so einfach ist das, alles nicht. Und wie gesagt?
Das wissen Millionen von Frauen auch. Ja, viele finden das doch genauso, die finden das doof.
Also ich kenne unglaublich viele Frauen, die diese Art von Argumentation lächerlich finden.
Genau. Also jemand, der so spricht, spricht ja nicht für die Frauen.
Nee, tut da nicht. Weißt du was? Ein schöner Gedanke noch nur und dann lassen wir das Thema auch.
Ein schöner Gedanke. Ich habe neulich ein Interview gehört mit Sanamarin,
der gerade abgebildeten finnischen Regierungschefin. Das ist eine sehr bemerkenswerte Frau.
Und ich oute mich quasi als Gruppi, als Fanboy von Sanamarin, die neulich etwas Total Schönes
sagte. Und das wirklich einfach mal zum Hinschreiben und irgendwo hinhängen. Auf die Frage, wie sie es
denn hält mit Gendern und wie sie diese ganze identitätspolitische Diskussion verfolgt und so
weiter und das drittige Schlecht und ja das ganze Thema Gender Fluid und so, sagte sie einfach,
weißt du, es ist ganz einfach, wir sind Finnland, wir sind ein kleines Land und wir brauchen jeden.
Und es mir völlig egal, ob das ein Mann ist, eine Frau ist, ob der transsexuell oder asexuell oder
bisexuell oder homosexuell ist, es mir alles völlig egal. Wir brauchen jeden in dieser Gesellschaft,
weil wir nur zusammen wirklich was reißen können als kleines Land und deswegen ist
jeder einzelne genau so, wie er ist. Herzlich willkommen. Und das ist halt der Gegenantwurf
zu diesem ewigen Menschen, geschlechter, alte weiße Männer, gegen Frauen und so weiter,
in Front zu bringen oder in Stellung zu bringen. Gute Gesellschaften sind Gesellschaften, die
nicht an allen Ecken und Enden Feinde aufspüren müssen. Richtig, richtig. Also du bist wieder
ein vollwertiges Mitglied dieser Gesellschaft, Richard, für mich immer gewesen, freue mich sehr
darüber, aber dieses Thema finde ich gut, links, rechts. Du sagst, dieses alte Schema greift nicht
mehr. Gibt es das eigentlich überhaupt noch links, rechts? Ja, guck mal, wenn dich jemand fragt
und ich nehme doch an, das bist du häufig gefragt, wo du dich politisch verordnest,
da wirst du wahrscheinlich nicht beantworten, in welcher Partei du gewählt hast, aber man
wird ja versuchen, irgendein Statement dir zu entlocken, wo du dich irgendwie zugehörig fühlst
oder so. Könntest du dich in irgendwas einsortieren? Nee, ehrlich gesagt, nein. Dann geht mir nämlich
in vielen Gründen genauso und ich fühle mich da ein klein bisschen geistesverwandt mit Helmut Schmidt,
der ja mal dieses schöne Zitat gesagt hat, wenn ich mich selbst frage, ob ich ein Linker bin,
so müsste ich sagen, wahrscheinlich, denn ich stimme überein mit dem Fortschritt in der
Sozialdemokratie. Aber ich müsste erkennen, dass ich auch an manchen Tendenzen und Auffassungen
in der FDP und in der CDU gefallen finde. Wer im Grundsatz alles ablehnen wollte, was die
gegnerische Partei tut und denkt, der wäre wohl im eigentlichen Wortsinn reaktionär.
Das heißt also mit anderen Worten, man passt doch nicht in eine Schachtel mit all dem,
wie man ist, was man ist und so weiter. Und mir geht es da genauso. Also ich hab Berührungspunkte
mit konservativen Politikern, wo ich in anderen Punkten gänzlich anderer Meinung bin. Und ich
bin als Linker sozialisiert und es gibt viele Dinge, die heute für Links gelten, mit denen
ich wenig anfangen kann. Zum Beispiel? Also was mich bei vielen Linken heute stört,
sind Dinge, die ich für erste Weltprobleme halte. Und die nicht was mit realer Not und
mit Leid und so was zu tun haben, wie zum Beispiel die Genderfrage. Und da wäre die Antwort ganz
einfach, die eine Hälfte der Gesellschaft muss ertragen, dass die einen gendern und die andere
Hälfte muss ertragen, dass die anderen das nicht tun. Aber hier jetzt ein ideologischen Kampf
zu machen, dass das alles sofort sein muss. Ich mag sowieso diese Kultur, der sofort ist nicht.
Ich finde etwas, das moralisch nicht in Ordnung ist, das muss jetzt sofort geändert werden.
Das ist eigentlich Konsumverhalten, wo ich per Mausklick und Druck und so weiter oder als Kunde
sofort irgendwie das haben will und das und das extra noch und so. Ich finde, das ist keine
angemessene ethische Haltung. Moralischer Fortschritt braucht Zeit und moralischer Fortschritt braucht
Zustimmung und das kann man nicht von oben verordnen, indem man jetzt an einer Universität oder wie
auch immer Barole ausgeht, man gendert und wenn man das nicht macht, dann macht man was falsch.
Und das sind Dinge, wo ich einfach damit fremdl, weil diese Leute, die das machen,
sich selbst als Links verstehen und ich überhaupt nicht sicher bin, ob das eigentlich wirklich
Links ist und nicht einfach eine falsche Strategie. Und deswegen würde ich sagen,
ich kann mich in diesem Spektrum nicht einfach mal irgendwo verordnen und sage,
ich gehöre eindeutig zu denen und denen dazu. Interessant in dem Zusammenhang ist ja diese
Sehnsucht irgendwie nach Friedrich Merz, die es ja gibt, irgendwie in der deutschen Politik
und in vielen Bereichen der Gesellschaft. Also einerseits diese harte Ablehnung,
was auch interessant ist und andererseits sozusagen die Sehnsucht von Friedrich Merz,
der wieder missiert als eindeutig ein modisches Typus ist. Genau, und weil er so eine Klarheit
hat, wofür die CDU früher stand. Ja, und weil er eine Klarheit hat, in der Klarheit,
auch in der Orientierung, also eine neue Ordentlichkeit, die irgendwie verloren gegangen ist,
im Sinne von danach weißt du wieder, wo Links ist, wo Rechts ist. Also die Konservative
nennen sich ja nicht mehr Rechts und spätestens als die AfD gibt, kann man das auch nicht mehr.
Genau, wie ich rede von dieses Links-Rechts-Schema. Aber könntest du genauso wie man sagt, Friedrich
Merz, sozusagen die Verkörperung eines Konservativen, ich würde auch sagen Wolfgang Schäuble,
ist die Verkörperung eines Konservativen, was relativ selten geworden ist in der CDU und könntest du
umgekehrt sagen, wer für dich die Verkörperung eines Linken-Politikers ist? Weißt du, was verrückt
ist? Jetzt hätte ich, und ich glaube ganz vielen geht es so, die würden jetzt sagen, Sarah Wagenknecht.
Die Vorzargelinke, aber das würde ich mich nicht mehr trauen. Kompliziert geworden,
weil wir neben dem, das ist meine These, ich stelle ja mal mein Modell vor. Wir haben also
Rechts und Links sind nicht völlig tot, aber sie werden durch etwas anderes überschattet.
Sie werden überschattet dadurch, dass wir eine große Zahl von Menschen haben, die sich in ihrer
politischen Ausrichtung an der Mitte orientieren, deren Kompass das ist. Und die findest du in der CDU,
in der FDP, in der SPD und bei den Grünen. Alle die Parteien wollen die Mitte besetzen und ihre Wähler
wollen auch das Gefühl haben, in der Mitte der Gesellschaft zu sein, das ist man dann so böswillig
Mainstream oder so nennt es. Man kann auch ganz neu trauen. Richtig, man kann sagen, das sind eher
die Konformisten. Und dann gibt es die Nonkonformisten, das sind die, die grundsätzlich immer gegen die
Positionen der Mitte sind. Die also der Mitte misstrauen, die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk
misstrauen, die glauben, dass man ständig belogen wird, die denken, dass was die Mehrheit denkt,
muss immer falsch sein und so weiter. Leute, die mir am Flughafen zuraunen, erzählen Sie doch im
Fernsehen mal die Wahrheit. Ja. So, und dann hast du drei Viertel auf der einen Seite,
ich glaube es ist ungefähr drei Viertel, und ein Viertel, aber stark wachsend seit Corona auf der
anderen Seite, dass quasi das, was Konsens ist oder weitgehender Konsens oder vor allem medialer
Konsens ist, bezweifelt. Und ich glaube, diese Trennung ist entstanden durch die sozialen Medien,
weil die Leitmedien, ja, die verkörpernd nahezu sämtlich die konformistische Position und die
sozialen Medien sind ein Tummelplatz der Nonkonformisten. Und diese Frage stellt sich mit der
Mitte und der Mehrheit. Glaubst du, was da erzählt wird oder hast du Zweifel und so? Das ist fast
stärker in der Gesellschaft als diese Links-Rechts-Thematik. Das glaube ich auch. Und deswegen kann
das sein, dass Berührungspunkte zwischen Sarah Wagenknecht und den Rechten bestehen, ohne dass
man deswegen Sarah Wagenknecht eine rechte Gesinnung andichten sollte. Genau, aber sie kriegt
erstaunlich viel Applaus von der AfD. Weil sie sich traut, weil sie sich traut, die Mitte massiv zu
kritisieren. Und in dem Punkt sind sich die ganzen Nonkonformisten, egal ob sie sich als Rechts- oder
Links-Einsortieren, eben einig. Ja, ist interessant. Also diese klare Einsortierung gibt es irgendwie
nicht mehr. Ich weiß, ich habe mit Cem Özdemir schon vor langer Zeit mal darüber gesprochen.
Er sagte, das sei alles gesäß Geografie, politische Gesäßgeografie. Ja, dieses Links-Rechts und so
weiter, das greift alles viel zu kurz und viel zu wenig. Aber was Interessante ist, es scheint eben
deswegen habe ich vorhin auch diesen Begriff benutzt, eine Sehnsucht nach so einer Ordentlichkeit
im deutschen Parteinsystem zu geben. Das ist dieses Links-Rechts wieder sehr klar. Es gibt doch immer
noch, da muss ich das überlegen. Also ich plädiere für die ultimativen Abschaffung. Es gibt in der
politischen Berichterstattung noch den Begriff bürgerliches Lager. Und damit sind die CDU und die
FDP gemeint. Und ich denke, die Grünen nicht. Die Grünen, alle ultra bürgerliche Parteien. Sie sind
sozusagen das Bürgertum ihrer Generation. Meistens ein bisschen jünger als das konservative
Bürgertum. Aber das ist doch ein Witz, die als nicht bürgerliche Partei, also jenseits des
bürgerlichen Lagers zu sehen. Ja, die Grünen sind ja auch eine zutiefst konservative Partei. Und
zwar im Wortsinn. Also wenn es jedoch um die Bewahrung der Natur der Schöpfung geht, dann bist
du konservativ. Und zwar im besten Sinne. Das ist doch gar keine Frage. Das war der Grund, warum
ich damals, als ich anfing, politisch laufen zu lernen, mit 17, 18 zum ersten Mal wählen konnte,
natürlich die Grünen gewählt habe. Aus meinem großen Thema Umwelt- und Naturschutz heraus. Ich war
im weinespergischen Naturschutzverband mit dem Vogelbeobachten. Wie wollten wir es? Wie ist das
Laufhängen für Wasser am Sinn? Du wolltest Zodirektor werden nicht. Ich wollte Zodirektor werden. Er
Zodirektor stand nicht bei den Grünen nicht ganz so hoch im Kurs. Da gab es also viele, die
mit dem Meinung davon hatten, Gefängniswärter der Schöpfung gesehen haben. Aber auch jeden
fall dieses starke Interesse an Natur, an Wald, an Tieren und so weiter. Und in dieses Konservative,
das war das, was ich an den Grünen ja immer sehr gemocht habe. Ja, das ist interessant. Das Links-Rechts,
dieses Links-Rechts-Schema geht ja zurück auf die französische Revolution, ne? Genau. Da saßen
rechts die die Freunde des Königs. Richtig. Und links saßen die, die ihnen einfach kürzer
machen wollten. Genau, richtig. Genau. So, und das zieht sich sehr lange durch. Und man kann
sagen, es gibt ja so ein paar Unterscheidungspunkte, die man so grundsätzlich für rechts und
links machen kann. Also links bedeutet eigentlich, der Ideen nach auf der Seite der Schwachen zu
stehen. Richtig. Rechts bedeutet er auf der Seite der Herrschenden, der starken etablierten zu
stehen. Also durch die Geschichte durch, ne? Von der französischen Revolution bis in
20. Jahrhundert hinein. Das war ja eine ganz wichtige Trennlinie. Dann war links die Partei des
Fortschritts klassisch. Und rechts waren die, die den Fortschritt aufhalten wollten und die
bestehende Ordnung verteidigten. Also links waren die Gewerkschaften, dann wir wollten, dass die
Arbeiter wählen durften, dass sie mehr Lohnen bekamen, bessere Arbeitsbedingungen und so. Die
wollten ja die Gesellschaft weiter drehen immer in einer anderen Gesellschaft. Und das ist ja auch
so. Ja, die Gesellschaft ist immer von links weiter gedreht worden in der Geschichte. Und es ist
von der konservativen Seite immer versucht auszubremsen, um zu sagen, weil das Lebensgefühl
dahinter steht, das, was wir jetzt haben, ist doch gut. Wenn ihr das weiter dreht, dann wird das nur
ganz schlimm. Der Satz dazu ist eigentlich, früher war eigentlich alles besser, ne? Ja, früher war
alles besser und es geht hier in den Konservativen ums Bewahren und dann eben nicht nur im Bewahren des
Waldes, sondern eben auch zu Bewahren der siddlichen Ordnung, der des gesellschaftlichen Ausgleichs
wie er besteht und so weiter. Und das ist ja im Grunde genommen, ist das ja keine Überzeugung,
sondern was dahinter steht, ist ein Gefühl. Ein Lebensgefühl. Genau. Links ist dieses Lebensgefühl,
alles muss anders werden klassischerweise. Ja, alles muss gerechter, sozialer und so weiter
werden und rechts und rechts mal, also auch konservativ, was ja früher das Gleiche war,
war dieses bloß keine Experimente, wie das mal auf dem Waldplakat in Adenauer hieß, sondern die
Dinge bewahren und so wenig wie möglich verändern. Das ist so die eigentliche alte Achse. Das hat
da natürlich viel mit passiert, aber das ist eigentlich das Urgefühl. Genau. Und weißt du,
was, denk grad drüber nach, was eigentlich total interessant ist, ist Folgendes. Und ich glaube,
daraus kommt auch so diese Idee quasi Links-Bredigen und Rechtsleben. Ja, Links-Reden-Rechtsleben,
also für Naturschutz zu sein und so weiter, aber gleichzeitig mit dem SUV dann vor die Kita.
Genau. Ja, und in Bioladen fahren. Der SUV fahren und Ökosprung kunde. So. Und gar kein Problem mit
diesem Widerspruch zu haben. Und interessant ist eigentlich Folgendes, wenn du, also Links bedeutet
doch eigentlich in dem Gefühl der meisten Menschen, moralisch markenlos zu sein. Du bist
immer für die Guten. Du bist bei den Guten. Die Gegenden haben das. Du bist für Gleichheit,
du bist für Gächtigkeit. Genau. Und gleichzeitig aber gibt es, und das siehst du ja zum Beispiel
auch bei Kindern, Menschen sind auf eine Art wahnsinnig konservative Wesen. Und haben so eine
Sehnsucht danach, dass die Dinge bleiben, wie sie sind. Was dann auch dazu führt, dass diese
Globalisierung, diese gigantischen Umweltzungen, die wir erlebt haben in den letzten Jahren und
Jahrzehnten, ja für die einen, ich würde sagen für Menschen wie dich und mich, eine gigantische
Chance für mich war es sozusagen die Möglichkeit, aus meinem kleinen Südtiroler Bergtal herauszukommen
und wirklich die Welt zu erobern, zu entdecken, fremde Menschen, fremde Länder kennen zu lernen,
fremde Kulturen zu erleben. Ich habe das eben als wahnsinnig bereichernd empfunden und andere
wiederum, die auch aus meiner Generation, die das als bedrohlich empfinden, die die Globalisierung
auch als bedrohlich empfinden. Das heißt diese Sehnsucht, dass die Dinge so bleiben wie sie sind
und in diesem Widerspruch einerseits sozusagen moralisch sauber zu sein. Wir sind natürlich für
Gleichheit und Gerechtigkeit und alle Menschen und so weiter. Und auf der anderen Seite bitte nicht
zu viel davon. Lass doch einfach mal Dinge überfordern mich nicht. Und diesen Konflikt sieht man doch
da auch den Bilden doch letzten Endes auch Parteien ab. Und deswegen ist es kein Problem,
sozusagen grün zu wählen, gleichzeitig sehr bürgerlich, wie man heute sagen würde, sehr
konservativ zu sein. Winfried Kretschmann zum Beispiel, der sagt das ja auch. Der Inbegriff
eines Konservativen neben Friedrich Maas hat sich in der Partei verirrt, genau. Also Kretschmann war
früher Maoist. Also der war sozusagen ultra, ultra, ultra links. Das ist ihm sowas von so tiefst
peinlich, dass er der Inbegriff des Konservativismus geworden ist. Richtig. Aber was ich noch sagen
wollte, also die Linken haben immer die Moral gepachtet und die Rechten oder die Konservativen
die guten Sitten. Die Sekundärtumine, Höflichkeit, Pünktlichkeit und sowas alles, wo die Linken
immer weniger Wert drauf gelegt haben. Die guten Sitten, der regt jetzt ja an sexuelle Verkommenheit,
habe ich jetzt ja gedacht. Ja, aber früher hieß es halt ja einmal, die guten Sitten waren. Ja,
ja, die guten Sitten waren. Leider Gottes, die Sitten sind vollkommen entglitten, weißt du noch.
Nicht friedlich mehr, hat sich Reinhard Fenrich in oben ohne, glaube ich. Kennst du den Song noch?
Ich kann mich an einige Fenrich-Songs erinnern. Weltklasse. Ja, ich kann mich an den Macho-Song
erinnern. Macho-Macho-Konsnet-Lernen-Macho-Macho-Must-du-Song. Muss man sein, ja. Da kann ich mich dran erinnern.
Na ja, wir dienen den Fluss da vorne nicht und den Matschuss zurück. Was sich natürlich verändert hat,
und das ist wichtig, weil ich sage ja, bei denen ein ist das sozusagen verändern, die Linken,
ja, die ganze Welt verändern und mit vielen Rosinen im Kopf zum Teil. Und auf der anderen Seite,
die sagen, komm, komm, komm, immer halb lang machen und so, ja, das wird nur schlimmer.
Jetzt hat sich natürlich was verändert. Die Linken haben immer gesagt, wir müssen die Weltrevolution
machen. Jetzt wurde die Weltrevolution tatsächlich gemacht, aber nicht Gewerkschaftsführer oder
Parteifunktionärer haben die Weltrevolution gemacht und schon gar nicht das proletariat oder um die
das folgt, sondern die Weltrevolution hat das Kapital gemacht. Das Kapital, also unsere Wirtschaften,
ja, das Geld, die Finanzströme, ja, das alles hat die ganze Welt umgefügt. Die Globalisierung,
ja, die Digitalisierung als neue Form davon. Es gibt nichts Revolutionäreres als das Kapital.
Und jetzt haben Leute, die in der CDU sind, das große Problem. Auf der einen Seite gibt es da
häufig eben dieses Gemütskonservative und auf der anderen Seite ist man eigentlich Teil jener
Partei, die genau diesen Prozess enorm unterstützt, weil er natürlich auch zu unserem Wohlstand
geführt hat und Deutschlands wirtschaftliche Stärke ist die Grundlage unseres Wohlstandes.
Und das ist ja eigentlich eine nicht so ganz leicht auszuhalten der innere Balance.
Also ein Gemütskonservativ, alles soll beim Alten bleiben und durch die Globalisierung
und durch die Digitalisierung bleibt gar nichts beim Alten, sondern alles verändert sich immer
schneller. Genau. Ja, das ist genau dieses Gefühl, über das ich auch gerade gesprochen hab. Deswegen
denke ich manchmal, so diese Welt, in der ich aufgewachsen bin, 80er Jahre, du auch, da war die
Welt vereinfacht. Das war klar, zwei starke Pole. Da war der Sozialismus, der Kommunismus, das reicht
das Bösen, die Sowjetunion und auf der anderen Seite die Guten, die Amis. Das war alles immer klar.
Wobei, wenn man, ich finde es immer interessant, wenn man heute auf die Zeit guckt,
dann ist es interessant, dass das mit dem Kommunismus in der Sowjetunion eigentlich nicht
anders war als mit dem Kommunismus in China heute. Also ich glaube, ich habe mal ein Essier geschrieben,
der hieß, war Starling-Kommunist. Und das war kein Witz, sondern ich meine, das ernst. Also die
Frage, ob Hitler Nationalsozialist ist, die muss man sich nicht stellen, weil er hat den
Nationalsozialismus in dieser Mischung überhaupt erst erfunden. Der Bolschivismus, also der
sowjetische Kommunismus wurde von Linien erfunden, nicht von Starling. Und Starling war einer jener
dreckigen Trittbrettfahrer, die in jedem Herrschaftssystem sich auf miese Art und Weise an die Macht
gebracht hätten und die wahrscheinlich so zynisch waren, dass sie gar keine politischen Überzeugungen
hatten. Dann kam Kruszow, wieder jemand, der an die Überlegenheit der Sowjetunion geglaubt hat,
an die Überlegenheit des Kommunismus und des Gesellschaftsmodells und dann war Schluss. Also mit
brechen hier auf angefangen, hat wahrscheinlich kein sowjetischer Staatsführer mehr an die
Überlegenheit des Kommunismus oder des Gesellschaftsmodells geglaubt. Von da an war es nur noch
konservativ. Dann ging es nur noch mit eiserner Hand das, was man hatte, die Staaten, die man als
wassallen erobert hatte und den Staatsquote, den man hatte zu verhalten. Das heißt, also fortschrittliche
Impulse gingen da überhaupt gar keine von aus. Also das, was eigentlich links ausgemacht
haben sollte. Ja, und wenn du es mal weiter denkst, das ist ein total interessanter Gedanke,
ich meine, Hichingping, ist das ein Kommunist? Ja, ich habe ja beim letzten Mal gesagt,
ich glaube, der hat keine Weltanschauung. Ich glaube aber, der kann verschiedene Karten ziehen,
die er fürs Regieren braucht. Das ist das, was ich persönlich glaube, ohne ich bin,
man nie begegnet und werde ihm nie begegnen. Ja, aber ich denke immer, dass auch dahinter all
diesen Ideologien, es gibt noch ein schöneres Wort als Ideologien, das heißt, Derivationen.
Jede Geschichte braucht, jedes Land braucht eine Geschichte, die sie zusammenmeldet,
die es zusammenmeldet oder starke Geschichten sozusagen. Eine große Erzählung, ohne große
Erzählungen, fliegen Länder auseinander. Das ist eine Feststellung Anfang des 19. Jahrhunderts
von dem Italiener Pareto, Wilfredo Pareto. Viele kennen das Pareto-Prinzip. Das ist so sehr bekannt,
das bedeutet, dass 20 Prozent eines Gesamtaufwandes eigentlich nur die echte Veränderung hervorbringt.
Das heißt, also von dem 100 Prozent eines Aufwandes ist eigentlich 80 Prozent fruchtlos und nur 20 Prozent
entscheiden nachher darüber über den Erfolg einer Sache. Und dieser Wilfredo Pareto,
der politisch auch konservativ war, aber auf eine ganz eigene Art und Weise, der hat eben gesagt,
Gesellschaften müssen durch Derivationen zusammengehalten werden. Also große Erzählungen,
heute sagen wir Narrative. Jedes Narrativ ist natürlich irgendwo eine Lüge, eine Verkürzung
und eine einseitige Betrachtung und so weiter. Aber ohne das kann man halt nicht regieren.
Ja, also eines ist keine Lüge, nämlich, dass die Bayern natürlich die Besten sind, sagt die CSU.
Du meinst aber nicht den FC Bayern, der gar nicht ganz so sehr zu den Besten gehörte,
der eigentlich will. Aber ist das nicht, das ist doch ein total interessantes Narrativen Erzählung?
Ja, mir sind, ja, es ist eines der erfolgreichsten Narrative der Nachkriegsgeschichte.
Und ich finde das super, ich finde es gut, dass es das gibt, dass sie so Identitätsstiften,
das finden alle anderen, dann die Nerven das und die Leute auf dem Keks damit.
Aber das ist eine der gründlichen Erfolge der Bayern.
Johannes Raub, diesen Slogan erfunden, hat wir in Nordrhein-Westfalen und das war irgendwie
immer komisch. So dieses Wappen mit Pferd und Rhein, die nicht zusammen passen und dann die
Karnevalswitze übereinander und so. Ich meine, dieses Wir-Gefühl gibt es vielleicht in der
Arbeiterchaft, da gab es im Ruhrgebiet, also wir im Ruhrgebiet, das sagt glaube ich ähnlich,
wie wir es an mir funktioniert. Aber wir in Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf und Herne,
geht nicht zusammen und das spüren die Leute ja auch sofort, aber in Bayern geht das zusammen.
Das ist total interessant, dieses Land sich an dieser Erzählung immer so aufrichtet und man hat
dann das Gefühl, der kommt dann auch so dieser Trotz durch und jetzt zeigen wir es euch mal.
Und es macht die so erfolgreich am Ende, macht sie auch so unabhängig.
Es gibt noch so eine Art Tief, das geht mir gerade ein, dass mindestens so erfolgreich wie
mir es an mir ist in Deutschland. Dass der Kölner Lokalpatriotismus. Ich habe ja schon
häufiger darüber gesprochen, die über Freiherz der Stadt der Welt und deswegen ist sie so lebenswert.
Zu mindestens im Karneval und in manchen anderen Situationen, also ich zitiere mal gerne Tommy Engel,
der gesagt hat, es gibt 2.000 Lieder über Köln und keins über Leberkusen.
Und ich glaube, dass Köln wahrscheinlich die meistbesuchendste Stadt der Welt ist,
weil die Gebe Karneval natürlich neue Lieder geschrieben werden,
dass wahrscheinlich Paris und New York längst überholt haben. Und da funktioniert das auch
dieses Narrativ. Wir sind Kölner, wir sind irgendwie katholisch, aber wir halten uns nicht dran.
Also dieser reinische Katholizismus, wir sind Frohnaturen, wir sind gastfreundlich,
wir sind weltoffen und so weiter, funktioniert unglaublich gut. Man wünschte sich Deutschland
hätte so ein Narrativ. Da wollte ich gerade sagen und das fehlt doch gerade die Moment so sehr,
diese große Erzählung, die uns alle irgendwie zusammenhält. Und die kann man nicht am Reisbrett
sich ausdenken. Du musst aus gelebter Kultur heraus erwachsen. Und jetzt, ich habe das auch mein
Gedanke dazu. Wenn man sich das so anschaut, wir reden ja häufig über die Polarisierung in
dieser Gesellschaft, wir haben über Amerika häufig gesprochen, wir haben darüber gesprochen,
dieses, sozusagen in den USA reden Sie ja davon, dass es eigentlich, du sagst vor ein Lebensgefühl,
da redet man davon, dass es eigentlich um Stammes zu Gehörigkeit geht. Ähnlichst du dich Kapitol
und dann der Mann mit den Hörner, der da rein ging. Der Büffelmaske. So, und da dachte ich so,
und jetzt genau das ist es. Stammes zu Gehörigkeit. Die Codes, die Sprache, einzelne Begriffe. Darum
geht es. Und deswegen war es auch nie ein Widerspruch, dass so ein Typ wie Trump, der ja überhaupt
gar nichts mit den Leuten, die er ansprechend zu tun hat, der ein zynischer Sack ist, um es mal
deutlich zu sagen. Aber ein erfolgreicher Stammesführer. So, und die haben dem das geglaubt. Und es war,
weil er diese Codes beherrscht, weil er diese rohe Sprache beherrscht, weil, und dann sagt du,
das ist locker room talk, ja, wenn ich grab dem bei der Pussy sage und so weiter, das ist überhaupt
kein Problem. So reden wir Jungs unter uns. Das ist perfekt genau dieses Lebensgefühl getroffen.
Wir sagen, ja, na klar, haben wir doch alles schon gemacht, was regst du dich eigentlich auf?
Ja, also seit den 90er Jahren kann ich mich erinnern, gibt es diesen Begriff des Tribalismus
wieder in der Politik. Also der Stammeszugehörigkeit. Damals bestanden große Ängste, dass so die
Gegenbewegung zur Globalisierung der Tribalismus ist. Und man muss ganz ehrlich sagen, es ist
nicht die Gegenbewegung, das ist die Rückseite der Medaille, weil die Globalisierung so schnell
ging und sich die Lebenskultur der Menschen schneller geändert hat als je in der Geschichte,
nicht zuletzt nachher durch die Einführung des Smartphones und des Internets und so weiter,
weil das alles so schnell geht. Suchen sich die Menschen Schlupflöcher,
ja, Zugehörigkeiten, überschaubare Zugehörigkeiten. Ja, und das kann in einem oder anderen Fall
können das quasi Stämme sein. Jetzt können wir lange drüber nachdenken, was es noch alles
für Stämme gibt und was sozusagen dazugehört. Also ein wichtiges Stammesverhalten ist zum Beispiel
der Fußballverein. Richtig. Also steh auf, wenn du ein Schalker bist, es ist der reinste Tribalismus,
ja, man gehört zum Stamm der Schalker oder man gehört da nicht zu und alle anderen müssen
massakriert werden. So, das, was ich für Scheike gesagt habe, geht natürlich für jede anderen
Fußballverein auch. Also diese Fan-Gesänge beschwören ja tribalistische Zusammengehörigkeit. Und es ist
ja wahnsinnig schön, wenn das sich im Fußball ereignet und nicht in der Politik. Aber wir haben
auch in der Politik zunehmend die Tendenzen. Die Rückseite der Globalisierung ist der Tribalismus.
Also was du da gerade ansprichst, Richard, ist ja eigentlich so ein Unbehagene,
dass sich in gewisser Weise breit gemacht hat. Man weiß nicht mehr so ganz genau, also Frage,
was ist links, was ist rechts, du weißt nicht mehr so ganz genau, wohin du eigentlich gehörst,
wohin diese Welt läuft, wohin dein ganzes Leben läuft. Und ich frage mich auch manchmal, ob das
mit dem zweiten großen Thema, das sozusagen darunter liegt oder das vielleicht sogar über allem
schweb zu tun hat, nämlich mit der Frage, dass diese Globalisierung, über die wir gerade gesprochen
haben, ja im Grunde auch ein unfassbar harter Impact, wie man heute sagen würde, ein Einschlag war
für alles, was mal beste Mittelschicht war, was Bürgerdichkeit war. Da hat es plötzlich eine
Welt getroffen, die keine Gewissheiten mehr hat. Wenn du heute auch Arzt, Ärztin bist, wenn du,
weiß ich nicht, Anwalt bist, wenn du auch diese Leute kämpfen plötzlich. Und ich habe schon das
Gefühl, durch Corona nochmal beschleunigt, da hat sich die Frage nach der Orientierung,
nach dem Sinn plötzlich ganz neu gestellt und es sind erstaunlich viele oder besorgniserregend
viele, die ganz merkwürdig abgebogen sind. Ja, also die Arbeitswelt hat sich durch die Frage nach dem
Sinn durch Corona verstärkt wurde, weil man Zeit hatte, über sich unser Leben nachzudenken enorm
verändert. Also ich habe das ja in meinem Buch über die Arbeit geschrieben. Wir gehen von einer
klassischen Arbeitsgesellschaft, die wir die kannten, in eine Sinngesellschaft rein. Nur ist diese
Sinngesellschaft ja erst mal dadurch charakterisiert, dass wir keinen vorgegebenen Sinn mehr hatten.
Ja, also über ewige Zeiten haben die Menschen unter vorgegebenen Sinn gelebt. Das heißt also man
hat gesagt, Gott hat die Welt geschaffen zu denen und dem Zweck und du musst ihn immer brav anbeten und
das und das und machen. Da war in einem absoluten Ordnungsrahmen. Ja, so viel Ordnungsrahmen will
wir heute fast niemand mehr wieder haben. Und die ganze Geschichte der Modellisierung ist das
Aufspringen von Ordnungsrahmen. Und das Interessante an der deutschen Geschichte ist, dass nach 45
erstarkt in der katholischen Kirche konservative Moral, die ganze schuldbeladene Generation hat
versucht, sich ihr Leben so ordentlich und überschaubar wie möglich einzurechten. Das ist sozusagen
die Sehnsucht, die man heute hat nach der guten alten Zeit. Keine Experimente.
Keine Experimente, deswegen eben die Adenauerzeit und Adenauer, der eben unglaublich politisch
erfolgreich war, mehrfach wieder gewählt und auch seine ganze Politik hat durchsetzen können.
Und da gibt es, wenn sicherlich bei dem einen oder anderen eine Sehnsucht danach wie schön wäre,
es, wenn die Welt wieder gut geordnet wäre, wenn sie in dem Sinne wieder ordentlich ist. Das ist
also der alte Geist des Konservativen. Aber wir wissen natürlich alle, dass es in der Geschichte
der Menschheit kein freiwilliges zurückgibt. Es gibt keinen zurück in die Zeit der frisch gestärkten
Hemden, der danken Arbeitszeiten des schlechten Gewissens, der Kriegsgräber für Sorge,
der Heinz-Ehrhardt-Witze, des fettigen Essens und was alles dazugehört hat. Und einen Konservativismus
für die Zukunft sich auszudenken. In einer krassant verändernen Weltgesellschaft,
in der die Themen durch die globalen Konflikte von allen Seiten einprasseln,
das ist eigentlich eine nicht zu schaffende Aufgabe. Und ich kann mir kaum vorstellen,
dass es für die Rolle, die Schäuble oder Merz spielen und gespielt haben, überhaupt noch
einen Nachfolger geben kann. Und dann wüsste ich nicht mehr, was die CDU ist. Ja, das ist noch
total. Bei den Grünen weiß ich schon lange nicht mehr, was das ist. Das ist eine andere Partei,
als die, die in den 80er Jahren anfing. Bei der FDP ist die einzige Partei, wo man immer weiß,
was sie ist, weil sie im Zweifelsfall für Steuersenkungen mit Einspritz und für die Entlastung
des Mittelstandes. Das ist sozusagen ein sehr, sehr kleinen Markenkern. Ich weiß, der ist sozusagen
philosophisch größer, aber er ist in der Praxis immer relativ klein. Und die Sozialdemokratie
hat ja sozusagen ihren großen Aderlass schon hinter sich. Also die Geschichte der Sozialdemokratie
war ja eine dramatische Abschiedsgeschichte hin zu einer 20 Prozentpartei. Inklusive Spaltung
und allem, was da so war. Genau, weil es das Proletariat in dem Sinne nicht mehr gibt,
als das Proletariat zumindest nicht mehr. Es gibt immer noch eine Arbeiterschaft,
das ist schon richtig, aber eben nicht mehr das klassische Proletariat. Und dass die Leute,
die an den Universitäten irgendwie neue Gedanken ausbrüten, in der gleichen Partei waren, wie die,
die im Kohlekraftwerk gearbeitet haben, das hat noch nie wirklich zusammengepasst. Und konnte
auch nur durch eine Derivation irgendwie zusammengehalten werden. Und diesen Verlust, den hat
die SPD jetzt gespürt. Und weißt du, was am Ende übrig bleibt? Personen. Also wenn Sarah Wagenknecht
eine Partei gründet, dann ist das die Wagenknechtpartei, ja, wie Macron, ja, Amarche war. Richtig.
Und ich denke, das ist möglich, Sebastian Kurz auch, der sozusagen die Partei als Geisel
für sich genommen hat, wie Trump das mit den Republikanern gemacht hat. Also am Ende läuft es
doch darauf hinaus, oder? Ja, das Gefühl habe ich ganz stark. Also gerade in einer Mediendemokratie,
die wir ja sind, ja, Medien spielen eigentlich die entscheidende Rolle und narrative Erzählungen,
über die wir gerade schon gesprochen haben. Ist ja auch total interessant, wenn du mal
belegst, zum Beispiel das Megathema Migration. Wenn du das mal nimmst und versuchst, mal links und
rechts sozusagen daran festzumachen. Da kommt die AfD wirklich jetzt rechts, die das Thema nimmt
und das richtig rassistisch hochzieht. Ja, dann kommt die CDU, die sagt, wir brauchen 1,5 Millionen
Zuwanderung und fehlen die Arbeitskräfte. Richtig. Und dann kommt Sarah Wagenknecht und sagt,
nee, das mit der Zuwanderung, das können wir so nicht weitermachen. Das geht nicht und begründet
es aber eben nicht rassistisch wie Teile der AfD, sondern sie begründet es mit der sozialen Frage.
Und aus ihrer Sicht komplett stringent. Sie sagt, pass auf, ihr müsst euch doch mal klarmachen,
unsere Leute, die Leute, die uns gewählt haben, die sogenannten kleinen Leute,
die kämpfen jetzt dort am anderen Ende um die günstigen Wohnungen, um die guten Jobs in diesem
ganzen prekären Bereich und so weiter. Ihr müsst doch verstehen, dass die gerade in einem echt
harten Konkurrenzkampf plötzlich stehen mit ganz vielen Menschen, die neu in dieses Land kommen.
Das müsst ihr doch endlich mal kapieren. Das ist klassisch links gegen neu links. Also neu links
war ja, dass man sich vom Proletariat abgewendet hat, weil die sowieso CDU gewählt haben und
Minderheiten entdeckt hat und die Menschen in der dritten Welt. Das ist ja quasi die neu linke
Position und sie bezieht die klassisch linke Position, dass es darum geht, was für die
schwachen in der deutschen Gesellschaft ist. Richtig. Das ist interessant. Beides ist in
sich komplett stringent und logisch und auf eine Art aber dann trotzdem mit des Zusammenbringst
vollkommen widersprüchlich erklärt. Aber warum sieht es konservativ? Sie ist gemütkonservativ.
Also die unübersichtliche Gesellschaft ist nicht etwas, was ihr als positives Ziel vorschreibt.
Also ich glaube, dass sie an der DDR geschätzt hat, dass das ein übersichtliches Land war.
Das war es ja nun wirklich. Und ich denke, dass das so der Gemütskern ist. Das hat jetzt
nichts mit dem politischen System zu tun. Hat sie sich jetzt inzwischen so oft von distanziert.
Aber irgendeine Behaglichkeit muss sie, obwohl sie ja Außenseiterin war, trotzdem immer irgendwo
wahrgenommen haben. Und diese Vorstellung, dass es wahnsinniger zuzukommt und das Land in
alle Himmelsrichtungen durcheinander fliegt und die sozialen Spannungen zuneben und die Konflikte
und die Rechten dadurch erstarken und so. Das will sie, glaube ich, verhindern. Also so habe ich
das verstanden. Richard, letzte Frage. Sarah Wagenknecht, von der wir uns, glaube ich,
einig sind, persönlich, eine sehr nette Person, nette Frau. Ich mag die. Also ich
unterhalte mich gerne mit ihr. Es ist unheimlich höflich, zuvor kommt alles, was du willst.
Und trotzdem für dich als politisches Phänomen wirklich greifbar ist das für dich eine Überzeugungstäterin?
Ist sie Opportunistin? Ich halte sie für eine Überzeugungstäterin. Ich glaube, die kann gar nicht
anders. Also ich glaube, sie ist tatsächlich Überzeugungstäterin durch und durch. Und dann
muss man sagen, wenn wir sagen, dass sich Rechts-Links nicht komplett aufgelöst haben, aber
in vielen Punkten quasi nicht mehr die richtigen Schablonen sind, dann befürwortet oder beflügelt
das den politischen Kurs von Sarah Wagenknecht, weil sie sich eben nicht in irgendein orthodoxes
Spektrum einreitet. Das heißt also, die Zukunft vieler Politiker, also wenn man sozusagen als
eine Person in der Partei gründet, besteht ja darin, dass man nicht irgendwo sicher einsortierbar ist.
Und das muss nicht nur an einem selber liegen, sondern es kann auch daran liegen, dass diese
Sortierungskästen einfach nicht mehr funktionieren und auch nicht mehr so in die Zeit passen. Wir
leben ja in einer Zeit, in der rechts ein Schimpfwort ist und links ein halbes Schimpfwort, was es immer
schon war. Aber das hat wieder was mit dem zu tun, was sie vorhin sagt, der Konformismus,
Nonkonformismus. Wir grenzen sozusagen aus, was nicht Mitte ist, ist entweder abständig als
rechts oder abständig als links. Und wir haben ja jetzt gerade analysiert, dass diese Rechts-Links-Felder
ja in sich nicht konsistent sind. Und deswegen tut man eigentlich diesem Phänomen, Sarah Wagenknecht,
keinen Gefallen damit, ständig zu gucken, was ist an ihr links oder was ist an ihr rechts,
ist richtig. Ich glaube, dass diese Begriffe einfach nicht die richtigen Instrumente sind,
um das zu packen. Richard, das war spannend. Vielen Dank. Habt eine gute Woche. Ja, du auch. Und
wir hören uns in genau 7 Tagen. Ja, freu ich mich noch. Bis dann. Alles Gute dir hier. Bis dann. Tschüss.
Eine Produktion von M.2 und POTSAS bei OMR im Auftrag des ZDF.
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Was ist politisch links und was ist rechts? Man könnte vereinfacht sagen, die einen wollen die Welt verbessern und die anderen wollen sie bewahren, so wie sie ist.
Greift dieses politische Links-Rechts-Schema heute überhaupt noch? Haben nicht eher die internationalen Finanzströme die größten Veränderungen der Gegenwart ausgelöst?
Die Globalisierung schafft den westlichen Wohlstand. Aber auf der anderen Seite führt die Globalisierung auch zu einer schwierigen inneren Balance.
Die Welt ist so schnell geworden, umso wichtiger scheinen da persönliche Zugehörigkeiten zu sein.