LANZ & PRECHT: AUSGABE NEUNUNDSIEBZIG

ZDF, Markus Lanz & Richard David Precht ZDF, Markus Lanz & Richard David Precht 3/10/23 - Episode Page - 49m - PDF Transcript

Blanz und Brecht.

Schönen guten Morgen, Richard.

Guten Morgen, Markus. Wie geht's dir?

Ja, mir geht's ganz gut.

Und wie geht's dir? Was geht dir durch den Kopf?

Fragst du mich?

Kann ich dir sagen, weißt du, worüber ich gerade auf der Fahrt hierher nachgedacht habe?

Über eine herrliche Poante.

Ich glaube sogar aus deinem Mund.

Und sie lautet, alles Scheiße, deine Elie.

Alles Scheiße, deine Elie.

Das war so ein Spruch der späten 70er.

Frühen, achts ja, so meine Pubertätzeit.

Ja, pass auf.

Und jetzt habe ich einen Text für dich, Richard.

Ja, folgen den Text.

Und sag mir mal, wie du den findest.

Utopie und Resignation, Menschheitsversprechen und Menschheitsversagen

liegen heute wieder so nah beieinander wie im späten Mittelalter.

Die einen erwarteten damals das tausendjährigereich Christi auf Erden,

die anderen die große Auslöschung durch den nächsten Krieg oder die Pest.

Aber gerade diese Gleichzeitigkeit war, wie wir heute wissen,

der Anfang eines neuen, einer Wiedergeburt der Menschlichkeit der Renaissance.

Und wenn wir uns heute selbst aus der Vogelschau betrachten,

dann sehen wir, die Menschheit an einem eben solchen Wendepunkt.

Wie findest du das?

Ich finde, das klingt sehr, sehr weise.

Wer hat das geschrieben?

Hast du eine Idee?

Ja, ich kann mich erinnern, wann und wo ich das geschrieben habe.

Ich weiß das noch ziemlich genau.

Mein Leben ist ja sozusagen ein hoffentlich Jahrhundertkampf

gegen den Pessimismus in mir und gegen den Fatalismus und gegen das Aufgeben.

Also, jeder Tag ist ein neuer Kampf gegen das Aufgeben.

Wirklich?

Naja, es ist ein bisschen so, weil ich, ja, ich habe das auch schon häufiger erzählt,

ja, aus einer Familie kam, wo zumindest mein Vater eigentlich

einen gewissen Geschichtsfatalismus vertreten hat

und den vertritt mein Bruder auch.

Und ich war eigentlich immer damit beschäftigt,

gute Laune ins Spiel zu bringen gegen eine zu pessimistische Weltsicht.

Und deswegen habe ich eben auch dieses Beispiel gebracht,

dass gerade in so Zeiten, wo man denkt, jetzt geht eigentlich alles

dem Bach runter.

Und das hat ja sehr viel Gemeinsamkeiten mit der heutigen Situation,

wo man denkt, Klimawandel ist ja nicht mehr aufhaltbar,

ja, jetzt versagt und versagt die Menschheit damit,

dass er die Anti-Natalisten habe ich gelernt,

die ganz miesen Kriege des 20. Jahrhunderts,

heute auch wieder im 21. Jahrhundert.

Und man denkt ja, die Geschichte, die Menschheit hat nichts dazu gelernt.

Du kennst ja dieses Lieblings-Zitat Barbara Tutschmann,

diese US-amerikanische Historikerin, die mal gesagt hat,

die Menschheit hat irrsinnige Fortschritte auf so vielen Gebieten gemacht,

wenn man sich mal guckt, Geschichte der Medizin, der Naturwissenschaften

und so weiter.

Das einzige Gebiet, auf dem sie nie Fortschritte gemacht hat, ist die Politik.

So, ich sehe das zwar nicht ganz, ganz genau so.

Ja, und das war damals geschrieben unter dem Vorzeichen des Vietnamkrieges,

während des Vietnamkrieges eine Anklage,

also, dass man wieder in die Barbara Reiz zurückfällt

im 20. Jahrhundert und so weiter.

Den Text können wir direkt wieder neu auflegen.

Könnte man direkt.

Der Untertitel des Buches heißt über die Unfähigkeit der Herrschenden

von, weiß ich nicht, Athen oder so bis Vietnam.

Und das denkt man natürlich in heutigen Tagen auch ziemlich oft.

Total, ja.

Und dass ich dann aber denke, dass so was, dass solche Grundstimmungen,

dass eigentlich alles im Bach runtergeht,

dass es das ja schon oft gegeben hat.

Und eben gerade im Spätmittelalter war Messianismus,

also die Hoffnung jetzt sozusagen der Messias kommt

und das Tausendjährige Reich Gottes bricht an,

oder die Welt geht jetzt endgültig unter, ganz, ganz nah beieinander.

Und heute haben wir nicht sehr viel Messianismus und so.

Ja, aber...

Doch, doch, doch.

Findest du?

Ja, so Silicon Valley vielleicht oder so.

Doch, der Messias heißt heute, ja, Larry Page oder Elon Musk oder Mark Zuckerberg.

Ja, okay, die machen sowas.

Ja, genau, stimmt.

Das ist der Messias.

Und auf der anderen Seite diese komplette Weltuntergangsstimmung,

ja, dieser Ökopessimismus, das ist eher alles zu spät.

Anti-Natalisten habe ich gelernt.

Du weißt, was das ist natürlich.

Ich kannte das Wort nicht.

Leute, die oder junge Frauen, vor allen Dingen, die sagen,

in diese Welt setze ich doch keine Kinder.

Wir haben da schon mal drüber gesprochen.

Also der Anti-Natalismus hatte in Deutschland seinen ersten Boom in den 60ern.

Und zwar genau in der Zeit, als ich geboren wurde.

Und ich bin Jahrgang 64, der geburtenstärkste Jahrgang.

Das Interessante ist, ja, also ich alleine nicht.

Ich und einige Millionen mit mir und so weiter.

Ja, also es gab nie so viele Kinder in Deutschland wie 1964.

Und das, Kinder, die sind quasi im Zeichen der Kuba-Krise geplant

und angedacht worden und so weiter, geliefert worden.

Genau.

Also genau in die Zeit, wo man gesagt hat, jetzt kommt der Atomkrieg

und jetzt geht die Welt unter.

Gibt es übrigens einen direkten Zusammenhang?

Wir kriegen ja auch jetzt wieder vergleichsweise viele Kinder,

vergleichen mit vorher.

Also je fatalistischer die Welt ist, umso mehr Kinder kriegen die Menschen.

Das ist genau umgekehrt, als man denken sollte.

Weil in Ländern, in denen der Fatalismus sehr berechtigt ist,

in Gegenden ins Lambs und so was, werden ja sehr viele Kinder geboren.

Ja.

Also es ist ja nicht, dass die Menschen, die für sich persönlich

die besten Zukunftsaussichten haben, die meisten Kinder kriegen.

Da gibt es überhaupt keinen Zusammenhang.

Ich glaube eher, dass das so eine fatalistische Grundstimmung dazu führt,

dass man stärker ins private flüchtet und versucht,

eine Harmonie in einem kleinen Leben herzustellen,

wenn es schon im Großen nicht möglich ist.

Und da gehören für viele Menschen Kinder dazu.

Ich glaube, diesen Zusammenhang gibt es.

Den würde ich dir sofort unterschreiben mit Blick sozusagen auf unsere Welt,

mit Blick auf die Menschen, die ich zum Teil in Afrika,

aber auch in Indien, in indischen Slams und so weiter getroffen habe.

Würde ich immer sagen, da sind Kinder einfach eine Überlebensgarantie.

Das ist was anderes natürlich.

Klar.

Aber für unseren Kulturkreis gilt es.

Also in besonders fatalistischen Grundstimmungszeiten

werden eher mehr Kinder geboren

und in optimistischen Zeiten eher weniger.

Man sieht sich sozusagen zurück

und im Schutze der Dunkelheit entstehen dann neue Kinder.

Man baut sich sein kleines Nest.

Genau.

Aber genau dieser Punkt, Richard,

und du erinnerst dich, ich hatte doch mit Carla Rochel,

die bei der letzten Generation auch mit dabei ist

und sich gelegentlich auf Straßen klebt und so weiter.

Die geht mir irgendwie nicht aus dem Kopf,

weil mich hat das damals berührt.

Du weißt, ich habe ja auch viel Prügel gekriegt,

weil ich dann angeblich plötzlich Klimaleugner war

und so weiter, haben wir schon mal darüber gesprochen.

Alles quatsch.

Mir geht es um dieses Weltbild

und auch das haben wir schon öfter angesprochen.

Ich erlebe das wieder.

Diese jungen Leute, die unglaublich pessimistisch in die Welt schauen

und mich macht das richtig fertig.

Weil ich immer denke, was zum Teufel machen wir falsch,

dass wir es nicht schaffen?

Dem besten, was wir haben, nämlich unseren Kindern,

an den optimistischen Blick auf die Welt mitzugeben.

Ja, wahrscheinlich tatsächlich viel falsch gemacht haben.

Also wir sind ja jetzt, wenn man da so wie wir sagen kann,

im Prinzip die Generation, die am Ruder ist, die so an den Fleisch töpfen.

Da unterscheiden wir beide uns.

In den paar Jahren, die uns trennen ja nicht.

Nein, gar nicht.

Und wir sind irgendwie im Durchschnittsalter dessen,

wo auch die Politiker sind, Regierungsverantwortung haben,

die CEOs der großen Konzerne sind und so weiter.

Und es ist ja nun faktisch so,

dass wir mit der Bedrohung des Klimawandels,

und ich mag ja immer die Reduktion auf das Thema Klimawandel nicht,

weil für mich ist das Aussterben von Arten, Biodiversität,

Umweltzerstörung, Pründerung des Planeten,

Versäuchung der Meere und so.

Das gehört ja für mich alles mit dazu.

Und da muss man sagen,

dass diese Generation nicht viel Gutes geleistet hat.

Das ist einfach so.

Wir haben die Situation unterm Strich verschlimmert,

und wir haben keine Realpolitik gemacht, die angemessen wäre.

Nun kann man sagen, ist das unser persönliches Versagen,

oder geht es auch gar nicht anders?

Dann kann man beide Perspektiven drauf haben.

Und kann man sagen, wir haben uns doch bemüht.

Dann würde die jury Generation sagen,

also eine richtig tolle Bemühung war das nicht,

und 4minus reicht nicht.

Ja, ich finde aber, das ist zu einfach.

Wir haben uns doch weiß Gott angestrengt.

Und trotzdem ist daraus jetzt so dieses Gefühl geworden,

dass auch das Grundgefühl meiner auch deiner Jugend war.

Du hast mal erzählt, wie du auch Bonner Hofgarten,

da warst du dabei, bei den großen Friedensdemonstrationen und so weiter.

Da war ja das Gefühl, komm, in diese Liberot als Tod und so weiter,

und morgen geht die Welt sowieso auf in Flammen

und in einem riesigen nuklearen Feuerball.

Und dann ist das Thema erledigt.

Und dann gab es so ein paar Jahrzehnte,

von denen ich in der Rückschau immer mehr denke,

mein Gott, was war das für schöne, goldene Jahre?

Das sind die Generationen-Golf-Jahre, ne?

Ja, das ist aber wirklich ziemlich genau so,

als Generationen-Golf-Auto, nicht Golf spielen.

Ich meine das Auto, also dieser Bestseller von Florian Illis.

Ja, ja, ja, Generationen-Golf.

Also ich habe ja mein Buch über meine Kindheit geschrieben,

und das von Florian Illis ist sozusagen das Gegenteil meines Buches.

Also der ist einfach so sechs, sieben Jahre oder so junger.

Und sein Lebensgefühl und das, was ihm glücklich gemacht hat

und was ihm bestimmt hat, ist etwas ganz anderes gewesen als meins.

Das ist sozusagen die Kohl-Jugend-Zeit.

Das waren die goldenen Jahre der Bundesrepublik,

diese 80er-Jahre, so mit Frank Elzner als Vertrauenslehrer

der deutschen Spaßgesellschaft,

mit Helden wie Boris Becker und Matthias Rust,

wo man Dallas geguckt hat, und der Aufstieg von Dieter Bohlen begann.

Also das ist ein Zeit, als Deutscher mit schlechten Fußball,

zweimal im WM-Finale stand, 82 und 86.

Aber diese 80er-Jahre, das war irgendwo wahrscheinlich die Zeit,

wo trotz, wir haben ja beim letzten Mal geredet über die Nuklearebedrohung,

dass trotz all dem man so das Gefühl hatte, da war die Welt ziemlich gut

und dann kam die 90er-Jahre, da war auch noch die Nuklearebedrohung weg

und dann hat der Kapitalismus gewonnen und dann waren die ganzen Bögenkommunisten weg.

Genau.

Und dann hätte man gedacht, das geht jetzt ewig so weiter.

Richtig.

Dann hat Francis Fukuyama, diesen Bestseller geschrieben,

das Ende der Geschichte, der steht jetzt hier gerade 50 Zentimeter von mir entfernt im Regal.

Wirklich, ja.

Ja, ja.

Du weißt, du hast den ja mal getroffen.

Weißt du, erinnest du dich noch?

Der hat doch, ursprünglich war da ein Fragezeichen dahinter, ne?

Ja, genau.

Das war eine Frage.

Ursprünglich war das das auch und er ist auch viel zu intelligent,

um es eigentlich so plakativ zu sagen.

Aber der Anfang des Buches ist programmatisch

und da steht nach all den 1000-Jährigen Auseinandersetzungen der Menschheit und so weiter,

hat sich jetzt endlich das System durchgesetzt,

was quasi Friedenfreiheit und Wohlstand für den ganzen Planeten bringt.

Der liberale Kapitalismus ist sozusagen die bestmögliche Antwort.

Und so, glaube ich, wurde das auch von ganz vielen Menschen tief empfunden.

Dass man das Gefühl hat zur richtigen Zeit, am richtigen Ort

und jetzt wird es auch keine ganz schreckliche Veränderung mehr geben.

Ja, und die Verquenz der Mallorca-Besuchennamen, ständig zu und so weiter.

Der Wohlstand nahm zu.

Die Fußbruchszeit, wir haben ja ja schon mal über meinen Idol Frieden Fußbruch gesprochen.

Das sind die 80er, 90er Jahre.

Der Vorarbeiter bei Vorort kann sich leisten, mehr verurlaubt zu machen,

große Autos zu fahren und so weiter.

Also Ludwig, er hat Anspruch Wohlstand für alle, hat dann 1957 geschrieben

und eingelöst, wurde das so in den 80er, 90er Jahren.

Total. Weißt du, worin ich gerade lese?

Roger Wilhelmsen, den ich wahnsinnig mochte,

den du wahrscheinlich auch öfter mal getroffen hast,

der hat ein letztes Buch geschrieben,

bzw. in einem letzten Buch gearbeitet.

Hast du das mal gelesen, wer wir waren?

Ja, das ist kein Buch.

Genau, das ist ein Vortschracht, den er an der Humboldt Uni gehalten hat.

Das ist ein grandios geschriebenes Stück.

Grandios.

Ja, das eben auch sagt, wir waren die Generation, die es verbrockt hat.

Das ist schon der Tenor davon.

Ja, ja, total. Es geht auch ganz viel um Digitalisierung und so weiter.

Und er nennt dort die sozialen Medien.

Das Selfie, die autoerotische Verfielfältigung,

die Filialexistenz des eigenen ich.

Großartige Formulierung.

Total großartig.

Aber es gibt doch, weil du gerade sagst, modern.

Er sagt, da kam das Wort modern auf.

Der Begriff modern hatte noch eine Bedeutung.

Als Charlie Chaplin seinen Film Modern Times taufte.

Genau.

Und Zeitungsressort hatten plötzlich ein Ressort mit dem Titel

Modernes Leben.

Modernes Leben hieß das in der Zeit.

Und der Chefredakteur, der für dieses Ressort war, es war 65.

Und das schreibt weiter.

Und die dümmste Musik hieß Modern Talking.

Das würde ich so nie unterschreiben.

Ich war immer Fan von Modern Talking.

Das unterscheidet uns auf Lebenszeit.

Das war für mich die erdabgewandte Seite des Mondes.

Also, ich wollte nie wie Dieter Bohlen sein.

Und diese alte Indianerin, wie hieß sie?

Thomas Anders war auch nicht gerade mein Ideol.

Ich fasse auf.

Vorsicht.

Also, Thomas Anders kenne ich ein bisschen.

Und das ist ein unfassbar netter Mensch.

Das habe ich nicht.

Ich weiß.

Ich habe eher sozusagen Ästhetik und Musikalität angezweifelt.

Ja, und die Norakette und so weiter.

Aber man tut Thomas Anders sehr unrecht,

wenn man ihn auf die Norakette reduziert.

Und diese Musik damals, das war interessant,

mir hat Louis Rodríguez heißt da, glaube ich,

wenn ich mich richtig erinnere.

Das war der Produzent damals von Modern Talking.

Mit dem habe ich mal ein bisschen so rumexperimentiert Musik gemacht.

Das war so die Zeit, in der ich da auch unterwegs war.

Und er hat mir mal erzählt, wie dieser

Modern Talking typische Sound entstanden ist.

Die hatten da so ein komisches Rauschen auf dem Band

und haben das dann noch rückwärts und vorwärts und so weiter.

Und immer wieder kopiert und laufen lassen.

Und irgendwann war dann da genau dieses

Yuma Heart Tumor Soul, dieser neue Sound da drin.

Ich dachte, das wäre so eine genialische Einzelleistung

von Dieter Bohlen gewesen.

Na ja, der Song ist ja auch ein Geniestreich, finde ich.

Ja, unbedingt.

Über Brother Louis können wir streiten, ja.

Geronimo Skadiak.

Ja, okay, gut, jetzt greifst du ganz ins unterste Regal.

Aber Yuma Heart Tumor Soul ist, das war genial.

Ich weiß, dass ich das das erste Mal gehört habe,

habe ich gedacht.

Schade, dass mir das nicht angefallen ist.

Ach super, ja, okay.

Ja, ich hätte dich das gerne auch singen gesehen.

Kannst ja vielleicht auch mal irgendwann machen,

so als Mask Singer oder so.

Ja, aber du drehst den Geniebegriff jetzt auch.

Ziemlich an alle Ränder aus, ne?

Na ja, ich habe heute einen gönnehaften Tag.

Lass es doch mal.

Was ich meine ist, und jetzt hast du plötzlich wieder

diesen Kulturpessimismus.

Und plötzlich hast du die Leute, die wirklich der Meinung sind,

morgen geht die Welt unter und es ist alles vorbei.

Und jetzt nochmal, sehr schön, Roger Willemsen.

Der schreibt vor ungefähr 3,5 Millionen Jahren,

ist ein Hominide in eine Höhle gefallen.

Vielleicht war es ein dickfälliger, humorloser Materialist,

der nie nach dem Sinn des Lebens fragte.

Und seit diesen Tagen ist der Mensch in der Krise.

Wenn man es genau bedenkt, ist vom Anfang aller Tage an

alles immer schlechter geworden.

Luft und Wasser sowieso, dann die Manieren,

die politischen Persönlichkeiten, der Zusammenhalt,

das Herrentennis und das Aroma der Tomaten.

Und Roger schreibt weiter,

man muss wirklich zitieren aus dieser Gruppe,

man muss wirklich zitieren aus dieser großartigen Rede.

Er sagt, ja, der Globus hat Homo sapiens.

Und dessen einzige sichere Zukunft ist die Krise.

Also wir haben immer Krise, seit den ersten Tagen.

Herrentennis, Aroma der Tomaten.

Und wir geben dieser Krise immer neuen Namen, sagt der Klimaerwärmung,

Übersäuerung der Meere, Abschmelzen der Gletscher, Migration,

Burnout, Dürre, Glaubenskriege, Handelskriege, der Meeresspiegel,

die Wüsten, die Austrocknen, die Ressourcen, die Überbevölkerung,

Atemsterben, multiresistente Keime.

Wir können es nicht mehr hören, nicht wahr?

Da ist noch Corona dazugekommen, kleine Kriege und so.

Also was er sagt ist, aber das finde ich doch interessant.

Es gab nicht nur gelegentlich Krisen und immer wieder,

sondern Krise war einfach immer.

Und insofern ist doch die Frage, wenn wir es doch geschafft haben,

immer wieder aus diesen krisenhaften Situationen rauszukommen.

Warum sind wir dann jetzt plötzlich so pessimistisch?

Hast du eine Antwort darauf?

Ja, Roger Willems sind Unterstützer und sagen, es gibt ein schönes Zitat

von dem Philosophen Odo Marquardt, der gesagt hat,

auch in der Krise ist immer mehr Nicht-Krise als Krise.

Ja, diese Nicht-Krise ist immer das, was keiner sieht,

wenn gerade Krise ist.

Ja, gut, sehr gut.

Und aus der Kraft der Nicht-Krise heraus kann man natürlich

auch viel Optimismus wieder machen.

Außerdem muss man was anderes sagen.

Die zukunftserwartung, die positive Zukunftserwartung,

das ist ja nicht darin, dass plötzlich die Krisen aufhören.

Brecht hat gesagt, die Welt ist nicht schlecht, die Welt ist voll.

Ja, und wenn die Welt immer voller wird, mit immer mehr Menschen,

dann wird sie auch immer komplizierter und wird auch immer krisenanfälliger.

A, durch die technische Entwicklung.

B, durch die große Zahl an Menschen, die immer komplizierteren

politischen Konstellationen, die wachsenden Ansprüche in der Welt.

Also geht die Hoffnung ja nicht darauf, dass die Krisen aufhören,

sondern dass wir resistenter mit Krisen umgehen lernen.

Das ist ja sozusagen die Zentralektion fürs 21. Jahrhundert.

Ja, ist richtig, Richard.

Und dann käme meine Frage, wie oft haben wir uns eigentlich schon,

was düstere Prognosen angeht, katastrophal geirrt?

Allein wenn du dir den Bericht des Club of Rome anguckst,

dass das Öl wäre längst zu Ende, die Gasvorräte, Kupfer,

alles, alles, wir wären im Grunde, wären wir vollkommen erledigt,

Tatsache ist, wir haben erst dann, ab dem Zeitpunkt,

an dem eigentlich alles angeblich zu Ende war, angefangen,

richtig, wie Entfessel zu produzieren.

Und ich, drei kurze Beispiele, Richard, du erinnerst dich,

das ist ganz berühmt, der Kaiser, Kaiser Willem, der Zweite,

besitzt in einer Mercedes, und sagt, das Auto hat keine Zukunft,

ich setze auf das Pferd.

Ja, die Zukunft gehört dem Pferd.

Genau, Gott liebt Daimler, 1901, was auf?

Ich meine Daimler, ja, nicht irgendjemand.

Die weltweite Nachfrage nach Kraftfahrzeugen

wird eine Million nicht überschreiten.

Und zwar allein schon aus Mangel an verfügbaren Schafhüren.

Ist das nicht schön?

Der ist schön, ja.

Er hatte eigentlich noch dazu noch einen anderen Grund

angeben können, warum das Auto sich nicht so unendlich würde

durchsetzen können.

Aus Mangel an Gummi?

Ja, richtig.

Nur dadurch, dass die Belgier im Kongo unendlich viel Kautschuk

unter barbarischen Umständen daraus geschafft haben,

war überhaupt der Siegeszug des Kraftfahrzeugs möglich.

Mit Holzrädern wäre da nicht viel drin gewesen.

Und jetzt denk mal an die Kobaltdiskussion.

Elektrofahrzeuge, ne?

Die gleichen Diskussionen heute wieder.

Die gleichen Diskussionen, und das geht um die gleichen Länder,

und es geht um die gleichen Arbeitsbedingungen.

Und es geht immer wieder um eine Karre mit vier Rädern dran.

Und dann, Der Will Sankt, der Chef von der 20th Century Fox.

Schönes Ersatz, 1946.

Der Fernseher wird sich auf dem Markt nicht durchsetzen.

Denn die Menschen werden sehr bald müde sein,

jede Abend auf eine Sperrholzkiste zu starren.

Ist das gut?

Oder Thomas Watson, kennst du noch IBM?

Das Watson-Programm haben wir aufgesprochen hier.

Das Juristen, die Arbeit wegnimmt, 43, 1943.

Ich denke, es gibt einen Weltmarkt für maximal fünf Computer.

Ja, das ist ganz bekannt.

Und es gab ganz häufig Prognosen.

Ich glaube, in den 80er-Jahren,

ganz Anfang der 80er-Jahre gab es noch irgendein IT-Ikone,

die gesagt hat, kein Mensch braucht einen PC.

Ja, ja.

Also, solche vier Prognosen gibt es in Mass.

Ken Olson, das ist Ken Olson.

Es gibt keinen Grund, warum jeder ein Computer zu Hause haben sollte.

77.

Ja, kann man doch sagen, gibt es ja vielleicht auch nicht.

Vielleicht ist der Hauptgrund besteht darin,

dass alle anderen auch ein Computer zu Hause haben muss,

und dass man irgendwann nicht mehr in dieser Welt lebt, wenn man keinen hat.

Ja, ist richtig.

Aber aus der Welt von 77 gab es auch keinen Grund.

Also, der Computer war wie fast jeder technische Fortschritt dieser Art.

Zunächst eine Antwort auf eine nicht gestellte Frage.

Also, es war nicht so, dass vor 1 Milliarde Menschen unbedingt ein Computer haben wollte,

und deswegen wurde er erfunden.

Sondern der Bedarf wurde ja überhaupt erst geweckt

und durch den veränderten Bedarf und die Tatsache,

dass viele den hatten, änderte sich die gesamte Lebenswelt,

auch die Arbeitswelt und so weiter.

Wenn du heute mit dem Computer nicht umgehst,

dann hast du ein riesiges Problem.

Und dadurch entsteht dann natürlich am Ende der Druck,

dass quasi alle dabei sind.

Der Punkt ist, Richard, weißt du, noch mal die Anti-Natalisten.

Dieser Satz in diese Welt setzt sich doch keine Kinder.

Das ist ein vorherrschendes Gefühl im Moment bei vielen jungen Leuten.

Ich meine, musst du mal überlegen.

Um das Leben, den Planeten zu schützen,

verzichtest du, darauf selber Leben in die Welt zu setzen?

Ist doch völlig paradox.

Wieso?

Naja, also jeder Mensch, der auf diesem Planeten lebt,

hinterlässt einen ökologischen Fußabdruck.

Und der ist in unseren Ländern sehr groß.

Da kann man viel so argumentieren, die auch.

Wenn man dann sagt, ich adoptiere lieber Kinder aus der dritten Welt

und bekomme selber keine und was, was ich fasse oder so,

oder helfe da oder so.

Also, ich sage nicht, dass es meine Argumentation ist.

Aber so unschlüssig ist das nicht.

Ja, genauso wird ja argumentiert.

Also, wenn du richtig CO2 sparen willst, dann kriegst du keine Kinder.

Elf Tonnen jährlich imitiert der Durchschnittsdeutsche.

Und deswegen sagen viele Bewegungen, es gibt diese Birth-Strike-Bewegung.

Die sagen Kinderlosigkeit, das hat den größten Einfluss

im positiven Sinne auf die Klimakrise.

Und Interessant ist, statistisches Bundesamt, nicht irgendjemand.

Die sagen, dass der Anteil heranwachsender ist auf einem absoluten Tiefstand.

Jugendliche im Alter von 15 bis 24.

Stellen nur noch, Richard, Frage.

Wie viel Prozent der Gesamtbevölkerung?

In Deutschland.

In Deutschland.

Die 15 bis 24-Jährigen, lieber, die wir gerade reden.

Sie müssen ja ungefähr von Natur aus 12 Prozent, glaube ich,

damit 80 Millionen sind und das in 10 Prozent.

Also, sie müssen 12 Prozent darstellen, wahrscheinlich sind es nur 6 oder 7.

Es sind 10. 83 waren es nur noch fast 17 Prozent.

Das könnte man aufrunden und sagen, fast doppelt so viele.

Ja, das war die Zeit unserer Jugend.

Und das merkt man auch.

Ja, ja, wir waren viele.

Du warst ja schon ein paar wenige.

Du bist ja schon so pilngeknickt.

Nur, dass es in Südtirol wahrscheinlich verboten war.

Da gab es keine Schwangerschaftsverhütung, allzu geboren wurde.

Das war Teufelszeug.

Ich weiß, da wurde viel darüber diskutiert.

Aber jetzt daraus zu machen, dass es mit meiner Ankunft bergab ging,

ist auch eine sehr steile These, finde ich.

Na ja, das wollte ich nicht genauso sein.

Also, es ist nicht der Antimizias.

Was du gerade angedeutet.

Aber ja, dieser Fatalismus, Richard.

Inshallah.

Ja, es ist einfach sozusagen, es ist wie es ist.

Et küt wird küt.

Könnte man auch sagen, ja.

Ja, aber das ist kein Fatalismus.

Das ist der Kölschetauismus.

Das sind ganz große Orten.

Der Kölner ist kein Fatalismus.

Der Kölner ist kein Fatalist, sondern es Tau ist.

Er nimmt die Dinge, wie sie sind.

Er stellt Dinge, die man nicht ändern kann, nicht die Entfrage.

Ja, Tau ist.

Ich würde sagen, also die kölschische Philosophie, das kölschische Grundgesetz,

ist voller tauistischer Weisheiten.

Großartig.

Ja.

Du als junger Mao ist auf dem Weg nach Köln.

Ja, Mao ist, bin ich nie gewesen.

Von Mao ist zum Tau ist gewonnen, eine schöne Geschichte.

Aber Mao war bei uns zu Hause, kam schlecht weg immer.

Zu Recht auch.

Voll zu Recht.

Zu Recht.

Aber also Tau ist, hier, genau.

Das ist schön.

Aber das ist doch eine gute Haltung.

Die reinische Haltung zum Leben ist doch eine gute Haltung,

weil sie im Kern ja eine positive Haltung ist.

Also der Fatalismus, der Unterschied ist,

der Fatalismus entsteht ja aus einer Verzweiflung.

Ja, ich muss mich in etwas fügen, ob ich will oder nicht.

Das mächtige und größer ist als ich.

Also in Gottes Willen oder in einen programmierten Weltenlauf,

wie die Historiker sagten, alle 2000 Jahre brennt die Erde ab.

Ja, ob man, kann man nichts dran ändern.

Egal, was man für Politik macht oder was man macht,

die muss sich verändern.

Oder die evolutionären Fatalisten, die sagen,

der Mensch ist tierart, die sich am meisten vermehrt.

Das wird immer mehr und mehr geben.

Dann gibt es immer weniger Ressourcen.

Dann gibt es immer mehr Kriege.

Und am Ende geht alles kaputt.

Das wird ausgeliefert.

Und eigentlich ist man deswegen verzweifelt.

Und der Kölner ist eben nicht verzweifelt.

Der Dau ist nicht verzweifelt, sondern er ist, wie er ist.

Kein Grund zum verzweifeln.

Und greift noch zum nächsten Köln.

Aber das ist gerade ein interessanter Punkt.

Wenn man sagt, es ist eh, wie es ist.

Es kommt, wie es kommt.

Auch in einem Negativ.

Ich kann ja eh nichts machen.

Was Fott ist, ist Fott.

Genau.

Das kann ja auch sein.

Ich sozusagen, der kleine, arme Tor.

Und über mir mächtige Gewalten,

gegen die ich nichts ausrichten kann.

Was ja interessant ist,

weil es ja zur Frage führt,

jemand wie Harare zum Beispiel beschäftigt sich ja viel damit.

Der sagt, es gibt ja gar keinen freien Willen.

Und insofern ist alles, das ist dann so der Terministisch.

Es ist alles vorherbestimmt.

Ich habe das ja auch nachgeguckt bei Harare.

Ich habe das ja immer gestört.

Das, was er über Willensfreiheit erzählt, das ist wirr.

Warum?

Das ist doch nicht seine starke Seite.

Das muss man ganz klar sagen.

Das ist jetzt, du bist kurz vor Gotteslästerung, weißt du?

Nein, nein, nein.

Er ist ein glänzner Militärhistoriker.

Und alles, was er sozusagen seine neue Perspektive,

die er auf die Geschichte des Menschen geworfen hat,

ist gerade in den Sachen, wenn er über das 19. Jahrhundert schreibt,

das 18. Jahrhundert, die Aufklärung

und die Militärgeschichtliche Expertise,

die hat er da neu reingebracht.

Und das ist auch durchaus interessant.

Aber was die Sache mit dem freien Willen hat,

da hat er was aufgeschnappt, was er nicht richtig verstanden hat.

Entschuldigung, wenn ich das so klar sage,

das sieht jetzt so aus wie Stutenbis unter Bestsellerautoren.

Nein, das ist nicht so gemeint.

Nein, aber es muss man wirklich sagen.

Er sagt, Menschen haben keinen freien Willen,

weil sie in soziale Kontexte eingebunden sind.

Ja, das ist doch sofort hergestellt.

Also welcher Philosoph hat sich jemals den freien Willen

so vorgestellt, dass unser Wille von nichts anderem abhängig ist,

als von irgendeiner autonom getroffenen inneren Entscheidung?

Also das wird man nicht finden.

Also diese Vorstellung, ich kann vollkommen tun

und lassen, was ich will, ungeachtet meiner Biografie,

meiner Sozialisation, dessen, was ich gestern erlebt habe,

was ich in meiner Kindheit erlebt habe, das ist ja Unsinn.

Das bestreitet er eben.

Er sagt, Menschen haben einen Willen,

aber dieser Wille ist nicht wirklich frei.

Ja, aber er begründet das Gott sei Dank, muss man sagen,

mit dieser sozialen, kulturellen Eingebundenheit.

Es gibt ja eine viel härtere Variante.

Die viel härtere Variante sind ja diejenigen Leute,

die sagen, dass sie mit neurobiologischen Argumenten sagen,

es gibt keine Willensfreiheit.

Da sind es die Hardcore-Variante.

Und das Harare-Macht ist die Softcore-Variante

und damit tritt er eine Tür ein, die sperrangelweit offen steht.

Aber der Gedanke, Richard, er sagt, Menschen haben ihre Gene.

Sie haben ihr Geschlecht, sie haben ihre Eltern,

sie haben ihre Nachbarn, sie haben ihre Kultur.

All das hast du einfach, kriegst du, frei Haus geliefert,

wählst du nicht, suchst du dir nicht aus.

Also schonmal sozusagen Abwesenheit von freiem Willen.

Und dann, pass auf.

Und dann sagt er, versuch doch mal den nächsten Gedanken,

den du denkst, bewusst zu verfolgen.

Wo kam der Herr?

Hast du dich frei entschieden, genau das zu denken?

Ja, was hast du im Anschluss gedacht und so weiter?

Jetzt wird's wirrer.

Warum?

Jetzt wird's wirrer.

Ja, weil jetzt werden lauter Sachen zusammen geschmissen.

Wenn ich also jetzt ein Bratpfanne sage, ja, wir haben ja mal Toni Groß

und die Bratpfanne in einem Podcast besprochen.

So, habe ich das jetzt gerade eben sozusagen zwanghaft gemacht,

weil der Algorithmus meines Gehirns mir in dem Moment,

wo ich von dir höre, frei und Handlung und sprechen,

das diktiert hat.

Oder habe ich mir das ausgesucht

und hätte auch Spiegeleihrstadt Bratpfanne sagen können.

So, und das ist nicht determiniert durch meine Kindheit,

mein kulturelles Umfeld und was, was ich fasse, alles.

Da müsste man einen viel umfassenderen Beweis antreten,

dass es einen Algorithmus meines Denkens gibt,

aus dem ich in keiner Form irgendwo rauskomme

und der vollkommen materiell biochemisch determiniert ist.

Nicht, dass er in dem Moment etwas biochemisches in meinem Kopf stattfindet.

Das ist geschenkt, sondern dass diese Biochemie im Grunde genommen vorgibt,

was ich denke.

Ja, und das ist ja die Position von Neurobiologen.

Gerhard Rohr zum Beispiel.

Genau, und jetzt erst erstes würde ich mal wissen,

bevor ich mir Mühe gebe, das zu widerlegen.

Wie plausibel findest du das denn?

Dass es keinen freien Willen gibt, meinst du jetzt?

Naja, dass es im neurobiologischen Sinne keinen freien Willen gibt.

Ich bin ja nicht so schlau wie jemand wie Gerhard Rohr zum Beispiel.

Der ist ein Kollege von dir,

Philosoph emeritierter Neurobiologe.

Der geht genauso wie Harare

und jetzt steht schon 2 zu 1 gegen dich, Richard.

Davon aus, dass der freie Wille eine Illusion ist.

Ich weiß.

Er sagt nämlich, das ist interessant,

dass wir unser Bewusstsein quasi regelmäßig ausschalten

und zwar aus dem simplen Grund,

weil unser Gehirn viel zu viel Energie braucht.

Das ist aber nicht sein Hauptargument, nur mal am Anderen gesagt.

Na, aber es ist ein Argument.

Und er sagt schon im Ruhezustand verbraucht das Gehirn

ungefähr 20 Prozent unserer Energie.

Ja, aber das spricht nicht gegen freien Willen.

Das kann hochgehen auf, ja, pass auf.

Das ist doch interessant, kann hochgehen auf bis zu 60, 70 Prozent.

Wer nachdenkt, wer geistig arbeitet, verbrannt unfassbar viel Energie.

Das stimmt.

Und das bedeutet,

in der allermeisten Zeit sind wir sozusagen auf Autopilot unterwegs,

wenn wir durch den Alltag laufen, wenn wir Wasser trinken.

Unser Bewusstsein hält das überhaupt nicht für nötig,

jetzt irgendwie einen größeren Prozess im Kopf auszulösen,

wenn man Durst hat.

Das läuft alles unterbewusst.

Wir denken gar nicht wirklich drüber nach.

Würde ich auch sofort unterschreiben.

Genau.

Und der Punkt, an dem der Schalter im Kopf quasi umgelegt wird,

ist dann, wenn zwei Fragen auftauchen,

ist das neu und ist das wichtig.

Wenn das nicht passiert, dann interessiert das keine Sau.

Und er sagt, diesen bewussten Entscheidungen geht aber trotzdem

immer ein Gehirnvorgang voraus,

der circa eine halbe Sekunde vorher stattfindet.

Also das schmeißt auch ganz viel verschiedenes durcheinander.

Ich zitiere nur Gerhard Roth.

Genau, das ist was Gerhard Roth hat zitiert, sind die Libet-Experimente.

Benjamin Libet ist ein Hirnforscher gewesen,

der Experimente gemacht hat und in diesen Experimenten nachgewiesen hat,

dass ich eine bestimmte Armbewegung, die ich machen soll,

ausführe, bevor mein Gehirn begriffen hat,

dass der Arm den Befehl gekriegt hat, sie auszuführen.

Unterbewusst.

So, das sind die Libet-Experimente.

Das heißt, also das nennt der Bereitschaftspotenzial,

nennt er die Zeit zwischen A und B.

Das heißt, also der Körper reagiert schneller, handelt schneller,

als unser Gehirn kapiert hat, dass es den Befehl dazu gegeben hat.

Das ist die Pornhunter der Libet-Experimente.

Ich hab mit Gerhard Roth zweimal lange darüber diskutiert,

einmal für den Spiegel vor 15 Jahren und einmal an der Uni in Lüneburg.

Ich weiß nicht, ob das damals gefilmt wurde,

da haben wir auch anderthalb Stunden über Willensfreiheit diskutiert.

So, und das Interessante damit ist, was ist denn eigentlich überhaupt ein Wille?

Das tut sich, Herr Roth, ähnlich wie sein Kollege Wolf Singer,

mit dem er dann gemeinsam damals einen Vorstoß gemacht hat

und gesagt hat, es gibt keine Willensfreiheit,

wir sollten neu über das Strafrecht nachdenken,

in relativ trüben Gewässer.

Die Frage ist nämlich, wenn ich ein Experiment mache,

wo ich auf ein bestimmtes Signal hin mein Arm bewegen soll

oder genauer mein Handgelenk,

ist das dasselbe, wie den Beschluss zu fassen, Mathe zu studieren.

Beides würden wir sagen, ist eine Willensentscheidung.

Ich klappe jetzt meinen Handgelenk runter

und das Zweite ist die Willensentscheidung.

Ich habe mich nach langem Hin und Her entschieden,

doch nicht Betriebswirtschaft zu studieren, sondern Mathe.

So, beides würden wir mit dem Begriff des Willens zusammenbringen.

Und ich würde sagen, die beiden Sachen haben erst mal so gut wie überhaupt

nichts miteinander zu tun.

Weil?

Das eine ist ein körperlicher Reflex

und das zweite ist ein unglaublich komplizierter Entscheidungsprozess,

in dem ganz, ganz, ganz viele verschiedene Dinge eingeflossen sind.

Also bei mir, wenn du mich vor die Frage stellst, würde ich Mathe studieren,

wäre auch ein ganz schneller körperlicher Reflex.

Ja, könnte ein gewisses Unwohl sein und unbehagene Entschwinde,

der in dir aufstößt.

Genau, aber bei den Leuten, die sich dafür entscheiden,

ist es vermutlich anders.

Das heißt also, der Begriff des Willens,

der umfasst ganz lange bewusste reflektierte Entscheidungen,

der umfasst Triebhaftes.

Also du siehst jemand, findest den attraktiv,

hast du dir nicht ausgesucht, ist einfach so.

Oder du siehst was und findest, ah, das sieht lecker aus,

das würde ich gerne essen.

Auf der Ebene gibt es keine Willensfreiheit.

Auf der Ebene, ob du das jetzt ist,

oder ob du denjenigen anquatscht oder so,

da kommt auch schon wieder viel, viel mehr ins Spiel.

Und wir nennen das alles Wille.

Wir nennen sozusagen den Reihen mit Reflexmechanismus,

nennen wir Wille.

Und es gibt ja viele Stufen, wo Benjamin Liebet,

die interessante Formulierung benutzt hat,

dass er gesagt hat, Menschen haben keinen freien Willen,

aber sie haben einen freien Unwillen.

Der freie Unwille, der darin besteht,

trotz eines Willenbeschlusses, es nicht zu tun.

Das heißt, also dieser Benjamin Liebet,

der immer als Quelle dafür dasteht,

dass der Mensch keinen freien Willen hat,

war gerade im Gegenteil davon überzeugt, dass wir einen haben.

Interessant.

Ja, und die, die da drauf gesattelt haben und gesagt,

das ist jetzt mal der Beweis.

Und Rot geht es um Folgendes.

Rot möchte sagen, als Naturwissenschaftler,

alles das, was sich da oben in unserem Gehirn abspürt,

steht in einem Kausalverhältnis zueinander,

Ursache und Wirkung.

Und es kann doch nicht sein, dass da plötzlich etwas ist,

was nicht aus Ursache und Wirkung besteht,

sondern wo sozusagen das freie, ich der freie Wille ins Spiel kommt.

Das ist eigentlich seine Hauptargumentation.

Und auch da, meine ich, liegt der falsch.

Und jetzt kommt mein naturwissenschaftliches Gegenargument.

Es ist möglich in den Naturwissenschaften,

dass bestimmte Elemente sich so miteinander verbinden,

dass eine neue Qualität entsteht, zum Beispiel Leben.

Leben besteht aus lauter Bausteinen, die ihrerseits nicht leben.

Moleküle, Proteine und so weiter.

Aber eine bestimmte Kombination aus ihnen schafft neue Eigenschaften.

Der Fachbegriff dafür ist Emergenz.

Also die Idee, dass sozusagen eins und eins nicht zwei, sondern drei ist.

Ja, es kommt etwas hinzu, sozusagen die Summe ist mehr als die Teile.

Der enthält Eigenschaften, die die Teile nicht haben.

Bewusstsein ist das Gleiche.

Gerhard Roth würde nicht bestreiten, dass es Bewusstsein gibt.

Aber es ist bis heute zwar erklärlich,

welche Bestandteile im Gehirn zu Bewusstsein führen.

Dass wir dafür Neuronen haben

und den Dritten und Dachsone und Synapsen

und was sich alles im Gehirn abspielt.

Trotzdem ist damit die Qualität von Bewusstsein nicht erklärt.

Das ist ein uraltes Problem zwischen Naturwissenschaftern,

die das Gehirn untersuchen und Philosophen.

Das heißt auch hier wieder ein Emergenzphänomen.

Wenn aber Bewusstsein ein Emergenzphänomen ist,

warum soll nicht der freie Wille als Teil des Bewusstseins

auch ein Emergenzphänomen sein?

Und die Tatsache, dass ich sozusagen mein Handgelenk eher bewege,

als dass ich capiere, dass ich mir den Befehl selbst gegeben habe, den zu bewegen,

trifft eben nur auf relativ simplen Ebenen zu.

Ja, und würde ehrlich gesagt ja auch das bestätigen,

was er sagt, also wenn das so viel Energie verbraucht,

dann ist es ja naheliegend, dass das solche einfachen dubiosen Tätigkeiten

einfach das Unterbewusstsein ausführt.

Dafür schaltest du die große Maschine ja es gar nicht an.

Die Automatismustheorie ist völlig eingänglich.

Das ist auch so, wenn du mal aufschreiben solltest am Abend,

was du alles gemacht hast deinem Tag,

würde dir ein erheblicher Teil der Dinge nicht mehr einfallen.

Oder ein schönes Beispiel ist, wenn ich früher in Köln ausgegangen bin

und bin dann abends so drei Kilometer von meinem Lieblingsladen Hause,

gegangen, und ich warte unglaublich viel getrunken,

dann lege ich am nächsten Morgen im Bett und ich kann mich noch daran erinnern,

dass ich da in diesem Laden war.

Aber ich kann mich an nichts erinnern, was sich auf diesem Heimweg abgespielt hat.

Also ich frage mich, wie haben meine Schritte den Weg zur Wohnung,

in dem Zustand überhaupt gefunden?

Sie finden aber, das ist das Gedächtnis des Körpers.

Es gibt so viele Dinge, die wir automatisiert machen.

Ein guter Autofahrer unterscheidet sich von einem lausigen Autofahrer,

wie mich dadurch, dass er ganz vieles automatisiert aus dem FF beherrscht.

Dass er gerade nicht nachdenkt in bestimmten Verkehrssituationen.

Ja, genau. Es ist so wie eine Treppe herunter zu laufen.

Wenn du anfängst darüber nachzudenken, was die nächste Stufe ist,

dann stolperst du, genau in dem Moment stolperst du.

Ja, oder beim Reden darüber nachdenken, was deine Zunge gerade macht

und bringt dich dazu, dass du irgendwann kein Wort mehr artikulieren kannst.

Also das stimmt völlig mit der Automatisiertheit,

aber es ist überhaupt kein Widerspruch zu dem freien Willen.

Also freier Wille als Emergenzphänomene.

Ja, das Ding ist ja, Richard, weil du fandest, dass das so nebenbei erwähnt,

wie wir müssen ja als Gesellschaft daran glauben,

dass es so was wie einen freien Willen gibt.

Strafrecht, sagtest du gerade.

Wenn jemand jemanden umbringt

und du könntest vor Gerichte argumentieren und sagen,

das war ja gar nicht sein freier Wille, das wollte der ja gar nicht,

sondern er wurde durch eine seltsame Synapsenkombination dazu gezwungen.

Der arme Mann, er ist eigentlich das Opfer, dann wird es halt schwierig.

Ja, das war ja der ursprüngliche Vorschuss von Rot und Singern,

dass sie gesagt haben, lass uns mal neu über Strafrecht reden.

Das ist nicht mehr Rot's Meinung, soweit ich weiß heute.

Was war der Gedanke dahinter?

Also wahrscheinlich allein aus einem gewissen Pragmatismus heraus,

weil auch Menschen wie Gerhard Rot, die davon überzeugt sind,

dass es keinen freien Willen gibt,

müssen sich in jeder Lebenslage, in der sie sich befinden,

so handeln, als ob es ihn gäbe.

Ja, das meine ich.

Weil ich kann mich doch dann, wenn mich jemand Gerhard euch mit jemanden streite,

und jemand beleidigt mich, dann müsste ich ja dann an Rot's Perspektive sagen,

hohohoho, hat der den für komische Algorithmen im Kopf.

So, ich müsste für alles Verständnis haben.

Es gibt keine Schuld, es gibt kein Gut und Böse mehr.

Es gibt nur noch Maschinen, Automaten, die miteinander agieren.

Und ich finde das Stärksargument, aber das ist jetzt mehr aphoristisch,

das stärkste Argument gegen die These, dass es keinen freien Willen gibt,

besteht darin, dass diejenigen, die daran glauben,

null Konsequenzen daraus ziehen.

Und dann könnte ich sagen, okay, wenn sie recht hätten,

was ich aus den gerade genannten Gründen nicht glaube,

aber wenn sie recht hätten, dann haben wir keinen freien Willen,

aber wir haben acht Milliarden Menschen,

nur wie viel wir bald sind, haben die feste Illusion,

dass sie einen freien Willen haben.

Und diese Illusion verbindet sie alle miteinander,

und sie alle leben in diesem gleichen illusionären Film.

Und wenn das dann tatsächlich so ist,

dann spielt die Frage vielleicht gar keine Rolle mehr.

Dann ist die Illusion korrigiert quasi in unserem täglichen Leben die Realität.

Und ich glaube, das ist so bei Leuten wie Rot,

die einfach ganz normal weiter leben,

mit einer Erkenntnis, die einem von heute auf morgen

ein völlig anderes Leben abnötigen würde.

Man könnte seine Kinder nicht mehr anschreien.

Man hätte keinen Grund mehr dafür.

Man könnte es vielleicht auch nicht mal mehr Sinn, sie ernsthaft zu korrigieren.

Ich kann niemanden mehr böse sein.

Ja, ist schon klar.

Weil du immer sagen musst, na gut, das will der ja gar nicht,

aber seine Synapse ergibt ihm das gerade vor.

Der ist halt so gepult.

Und ich meine, das Schrafrecht trägt dem aber,

das wäre jetzt nochmal ein halbherziger Versuch eines Gegenarguments,

der Mord aus Effekt zum Beispiel.

Das trägt dir mir ein gewisser Weise Rechnung.

Also zu sagen, da habe ich jemanden umgebracht,

weil die Situation, der emotionale Ausnahmezustand,

ich wollte das gar nicht, aber mein anderes ich war einfach stärker.

Ich glaube, mein Mord, ich wollte das vielleicht in diesem Moment,

aber mein Wille war nicht das Ergebnis einer längeren Planung.

Also Mord ist ja sozusagen bewusst geplante Tötung.

Und beim Mord im Effekt geht es ja darum,

dass ich etwas getan habe, was ich sozusagen in dieser Sekunde wollte.

Sonst hätte ich es ja nicht getan.

Das ist dann der Unterschied zwischen Mord und Totschlag.

Ja, aber was ich nicht überlebt habe,

was ich nicht in Ruhe überlegt habe oder darauf hingearbeitet habe,

oder da ist keine Hinterlist bei und so weiter.

Aber das bestätigt die Willensfreiheit.

Denn der Mord im Effekt ist ja nur deswegen weniger schrecklich,

juristisch gesehen als der Mord,

weil er die Ausnahme von der Regel darstellt.

Normalerweise denkt man, wenn man jemand umbringt,

dann bringt jemand den ja um, weil er das wirklich sich gut überlegt hat.

Und dieses gut überlegt kann er ja nur haben,

wenn er einen freien Willen hat.

Das ist richtig.

Das heißt also, wir machen milder eine Umstände,

geltend für Situationen, in denen der freie Wille getrübt ist.

Aber das Strafrecht unterstellt den freien Willen

und damit die Schuldmündigkeit.

Interessant ist ja, wenn wir darüber reden,

dass wir in einer Zeit leben, in der sozusagen die Biotechnologie

und der Mensch das verschmilzt langsam miteinander.

Wir haben ja schon mal sehr ausführlich über

die sogenannte künstliche Intelligenz gesprochen,

ja, Chat, GPT und ähnliches.

Und wir haben ja damals auch festgehalten,

Intelligenz ist eigentlich ja was anderes.

Intelligenz ist ja wirklich begreifen.

Was die Maschine macht, ist ja aus unfassbar vielen Informationen.

Machine Learning ist ja sozusagen daraus ein Muster zu stricken.

Und wenn eine bestimmte Kombination aus Buchstaben

sozusagen in die Maschine reingeht, dann sagt die Maschine,

dann muss jetzt mit einer sehr großen Wahrscheinlichkeit

diese andere Buchstabenkombination aus mir wieder herauskommen.

Aber es ist ja was anderes als Intelligenz.

Intelligenz bedeutet ja sehr, sehr, sehr viel mehr,

bedeutet ja begreifen.

Aber was, wenn du irgendwann in der Lage bist,

so ein menschliches Gehirn wirklich nicht nur

vielleicht in die Klaut hochzuladen,

sondern wirklich zu hacken, einzugreifen.

Und was würden Staaten damit anfangen?

Würden Staaten, wenn sie in der Lage wären,

eine menschliche Intelligenz zu verstehen, wie das funktioniert,

Synapsen, Neuronen, das ganze Schwingen,

die biochemischen Vorgänge, da einzugreifen.

Was würden sie dann damit tun?

Würden sie tendenziell gute Menschen,

empathische Menschen, soziale Menschen daraus machen?

Oder würden sie je nachdem, in welchem Teil der Weltmann zu Hause ist,

daraus skrupellose Krieger machen, die gar kein Problem haben,

auf andere zuzugehen und sie einfach umzubringen?

Ich glaube, in erster Linie, volksame Menschen.

Wir haben wahrscheinlich viele verschiedene Regierungen gemeinsam.

Also brave Untertaten hervorbringen.

Richtig.

Die gute Nachricht ist, wir werden das beide nicht mehr erleben.

Also die Komplexität des menschlichen Gehirns,

das komplizierteste System im Universum.

Das werden wir so schnell nicht hacken können.

Das werden wir auch so schnell nicht nachbauen können.

Dieses Ziel gibt es ja, dass man denkt,

dass man irgendwie auf künstliche Art und Weise

ein menschliches Gehirn bauen kann,

was im Grunde genau so funktioniert.

Das Problem ist, unser menschliches Gehirn

ist sehr, sehr stark abhängig von unserer Physiologie.

Also es ist das Gehirn eines Tieres, also von unserem Körper.

Also es ist ja nicht nur, dass unser Gehirn denkt.

Es gibt ja auch sowas wie ein Gedächtnis des Körpers.

Es gibt einen unmittelbaren Zusammenspiel

unserer körperlichen Bedürfnisse und unserer geistigen Gelüste.

Also weil der Körper eben diese Überunger hat,

also das Bedürfnis nach Nahrungsaufnahme hat,

gibt es den entsprechenden Schalter im Gehirn,

der uns dann sagt hier und weiter, wir sind hungrig und so.

Das spielt ja alles zusammen.

Unsere ganze Bedürfnisstruktur, auch unsere Willensstruktur,

was wir wollen, was wir begehren,

wann wir uns blöd fühlen, wann wir uns stark fühlen,

wann wir uns schwach fühlen,

das ist ja alles ohne eine Physiologie nicht vorstellbar,

also ohne ein Körper.

Deswegen ist das, was wir da irgendwo nachbauen,

eigentlich an eine Physiologie angeschlossen sein.

Sonst wird das nichts mit Menschlichen Gehirn,

sonst wird das irgendwas anderes.

Und das alles hat einen Komplexizitätsgrad und Kompliziertheitsgrad.

Also beides.

Kompliziert ist, wenn man die Teile auch noch auseinandersortieren kann.

Komplex ist, wenn das Ganze zu etwas wird,

wo man die Teile nicht mehr auseinanderhalten kann.

Und das ist so enorm, dass das so schnell nicht passieren wird.

Das würde jetzt abschließend Richard ja bedeuten.

Also wir hatten jetzt fest, es gibt aus deiner Sicht den freien Willen.

Und das würde ja bedeuten, dass wir deshalb auch die Freiheit besitzen,

uns entweder einen pessimistischen oder einen optimistischen Blick

auf die Welt zu leisten.

Und das würde ja auch bedeuten, wenn wir jetzt vor der Situation stehen,

vor der wir gerade stehen, ja irgendwas ist immer

und alle Scheiße elli,

dann wäre doch eigentlich jetzt unsere Aufgabe,

uns darum zu kümmern und zu sagen,

wir brauchen trotzdem einen optimistischen Blick in die Zukunft,

im Sinne von, wir haben gigantische Herausforderungen,

das bestreitet auch keiner.

Und wir haben all die Themen, über die wir sprechen.

Aber wir müssen das optimistisch annehmen und gestalten.

Also ich habe mit dem freien Willen nicht sagen wollen,

dass dieser Wille komplett isoliert von allem ist.

Und die Frage, ob wir optimistisch oder pessimistisch,

das ist ja erstmal keine Willensentscheidung,

sondern in erster Linie eine Frage unserer Neurotransmitter.

Das heißt also, wer von Serotonin überflutet wird,

der hat eine gelassene Grundstimmung zur Welt,

als jemand, der Serotoninmangel hat.

Auch wir sind ja, mich ja gerade beschrieben habe,

unser Gehirn von unserer Physiologie abhängig.

Die Sache ist dann nur, wie kann unser Geist damit umgehen,

dass wir zu wenig Serotonin haben,

oder wie der eigenen Problematik bewusst sein,

lernen damit umzugehen, sie anders zu deuten.

Da haben wir diese Freiheit.

Wir haben nicht die Freiheit der Empfindung.

Was wir empfinden, ist nicht frei.

Aber wie wir mit den Empfindungen umgehen,

da kommt ein gewisses Quantum an Freiheit mit ins Spiel.

Und das ist ja natürlich völlig klar.

Ich meine, wenn wir jetzt fatalisten würden,

oder wenn wir pessimistisch sind, dann haben wir verloren.

Wie Goethe gesagt hat, nur die Sache ist verloren, die man aufgibt.

Umgekehrt bedeutet, dass alles, was man aufgibt, ist auch verloren.

Und wenn es genug Leute gibt, die aufgeben, dann ist die Sache verloren.

Umgeachtet dessen, dass sie vielleicht rettbar oder so gewesen sind.

Und ich habe mit Jane Goodell mal gefragt, warum sie so optimistisch ist.

Die berühmte Affenforscherin, ja.

Die berühmte Primatenforscherin.

Und sie hat mir eine spannende Antwort gegeben.

Sie hat gesagt, sie wäre nicht optimistisch.

Sie hätte Hoffnung.

Das ist richtig.

Das wäre ein großer Unterschied.

Also Optimismus parfiert sich eher so,

ich habe das alles rational durchdacht und bin zum guten Ergebnis gekommen.

Und so ist das nicht.

Sondern sie sagt, ich habe das sinngemäß rational durchdacht

und ich komme zu einem ziemlich schrecklichen Ergebnis.

Ja, aber ich gebe die Hoffnung nicht auf.

Und wenn wir uns darauf einigen können,

sind wir auf einem besseren Weg, als wenn wir hoffnungslos dran gehen.

Ja, weil wenn wir die Hoffnung haben, dass es besser wird,

dann sind wir vielleicht auch wieder bereit,

Kinder in die Welt zu setzen, eine Familie zu gründen

und eben nicht so fatalistisch zu sein.

Ja, also Fatalismus ist keine Lösung.

Matthias Drobinski, kennst du auch, Kollege Autor von der Süddeutschen.

Das sagt von sich, ich bin so ein Teilzeit-Fatalist.

Das gefällt mir. Das finde ich gut.

Das finde ich auch gut.

Das ist schön.

Wenn ich Drobinski richtig verstehe, hat er ja damit sagen wollen,

man muss nicht ständig mit allem kämpfen.

Man muss sich nicht ständig optimieren wollen.

Auch nicht verkämpfen, ne?

Ja, nicht, genau, nicht mit der Nase in jedem Quark versingen.

Sondern auch mal gelassen sein.

Von Wittgenstein gibt es den Satz,

mein Leben besteht daraus, dass ich mich mit manchem begnüge.

Und das ist gelebter Teilzeit-Fatalismus.

Gegen den ist überhaupt nichts zu sagen.

Und dann, der Teilzeit-Fatalist,

der kann auch gut als Kölscher Tau ist, durchgehen.

Ich wollte gerade sagen, küt, küt, küt, küt.

In diesem Sinne.

Das war spannend, hat Spaß gemacht.

Alles Gute, alles Liebe.

Eine Produktion von M-Pog 2 und POTSTARS bei OMR im Auftrag des ZDF.

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Fatalismus und der freie Wille: Aktuell fällt es schwer, mit Zuversicht und Positivität in die Zukunft zu blicken. Vor allem bei jungen Menschen macht sich zunehmend eine Kultur des Pessimismus breit. In der aktuellen Ausgabe besprechen Lanz und Precht, warum es auch und vor allem in Zeiten vermeintlicher Ausweg- und Alternativlosigkeit essenziell ist, „aus dem Fatalismus des unweigerlichen Werdens aus - und zu einem Optimismus des Wollens und Gestaltens aufzubrechen."