LANZ & PRECHT: AUSGABE NEUNUNDACHTZIG

ZDF, Markus Lanz & Richard David Precht ZDF, Markus Lanz & Richard David Precht 5/19/23 - Episode Page - 1h 2m - PDF Transcript

Schönen guten Morgen Richard. Guten Morgen Markus. Wo erreiche ich dich?

Immer am gleichen Ort, wenn ich mit dir nicht auf einer Bühne stehe oder in Amsterdam auf Ziegelsteine

gucke. Wie warst du noch in Amsterdam? Ja, ich habe ganz, ganz viel gelernt über

Höhrakustik. Höhrakustik? Das ist ein mega spannendes Feld. Ist tatsächlich viel spannender,

als man sich so auf dem ersten Blick denkt. Also das Wichtigste, glaube ich, was ich gelernt habe,

so am Rande. Das war so eine kleine Fachfrage, die ich hatte. Das ist in meiner Beziehung,

wird mir sehr oft nachgesagt, ich wäre schwerhörig. Und ich teile dieses Ficksal mit sehr vielen

anderen Männern, die auch nicht schwerhörig sind. Ja, was wenn immer wieder gesagt, sollte man Ohren

untersuchen lassen und so weiter. Und ich habe jetzt den Fachbegriff dafür gehört, wie das heißt,

wenn man nicht gut genug zuhört und den Verdacht erregt, schwerhörig zu sein. Und das ist harthörig.

Harthörig. Ja, harthörig sind Menschen, die keinen Hörschaden haben, aber trotzdem nicht zuhören.

Okay. Genau. Aber harthörig ist eher, klingt eher so nach hartnäckiger Vermeigerung, ja? Ja, genau,

das ist natürlich gar nicht so gemeint. Das ist das Thema. Das ist, das ist nur, dass ich nicht immer

denken und zuhören gleichzeitig kann. Herrlich. Es gibt im Moment eine Debatte und es gibt auch ein

Gefühl. Nämlich das Gefühl, dass dieses Land irgendwie nicht mehr so richtig auf dem Weg nach

oben, sondern bestenfalls irgendwie so geradeaus unterwegs ist und tendenziell eigentlich nach

unten und richtige Kulturpessimisten sagen, Deutschland ist verloren mit Deutschland. Es geht

endgültig bergab. Es gibt eine Studie dazu, sehr interessant, kam dieser Tage in keinem anderen

Industrieland. Arbeiten Erwerbstätige mittlerweile so wenig wie in Deutschland.

Das glaube ich nicht. Was auch, die Erosion des Fleisses, ja, wie, wie man sagen könnte. Was

auf? Im Laufe eines Jahres fallen hierzulande nur noch 1.350 ungefähr Arbeitsstunden an. Im Schnitt

in der EU sind es 1.566, also fast 70 mehr, in Japan 1.600, also 100 mehr, in Amerika sogar fast

1.800. Also wenn man amerikanische Arbeitsverhältnisse kennt, kann man sich das vorstellen. Menschen,

die zwar in drei Jobs gleichzeitig haben, die arbeiten richtig. Aber der Punkt ist,

nirgendwo in Industrielandern wird so wenig gearbeitet wie in Deutschland. Und das passt

so wie gesagt. Das halte ich für ein Gerücht. Pass auf, warte, warte, warte. Ich habe noch einmal

Zahlen dahinterstich. Wir haben auch kurz darüber gesprochen. Es gab kürzliche Untersuchungen,

über 80 Prozent der Deutschen sagen, wir wollen unbedingt die Vier-Tage-Woche,

aber natürlich gerne bei vollem Bezügen. Das heißt einfach ein bisschen mehr frei. Und ich als

jemand, der irgendwann mal so in dieses Land gekommen ist, ja, dass immer so dieses Image hatte,

die fleißigen, hart arbeitenden Deutschen, Tag und Nacht. Und wenn es irgendwo richtig läuft,

dann bei den Deutschen, ich weiß gar nicht, ob du das nachvollziehen kannst, aber mich als

kleinen Arbeitsmigranten schüttert das im Markt. Also ich versuche deine Erschütterung zu reduzieren.

Mit dem Satz, Quantität ist nicht gleich Qualität. Also der große Wilfredo Pareto,

Soziologe Anfang des Jahrhunderts hat ja ganz viele Prinzipien aufgestellt. Eines heißt sogar Pareto

Prinzip. Und da heißt das, dass 80 Prozent einer Leistung in 20 Prozent der dafür aufgewendeten

Zeit vollbracht wird. Und ich glaube, das ist an sehr vielen Arbeitsplätzen genau das Gleiche.

Es kommt nicht auf die Summe der Arbeitsstunden an, sondern es kommt darauf an, was am Ende dabei

rauskommt. Helmut Kohl. Erst mal ist es klar genau, was unten rauskommt, wie Helmut Kohl

immer zu sagen pflegt. Erst mal ist es so, dass wie viel gearbeitet wird in einem Land ja auch

abhängig ist vom Grad der Technisierung. Das ist ja in einem Land, in dem wahnsinnig viel Handarbeit

gemacht werden muss auch mehr gearbeitet werden, als da, wo Maschinen im Einsatz sind. Und das

gleiche geht natürlich auch für Automatisierung und vieles andere mehr. Das heißt, allein an

den Arbeitsstunden kann man die Produktivität eines Volkes überhaupt nicht abmessen. Das wäre

schon mal ein ziemlich wichtiger Kontakt. Zweitens müsste man mal genau untersuchen. Also du gehst

in eine italienische Verwaltung, in eine schwedische und in eine deutsche zum Beispiel und dann misst

du mal die Netto-Arbeitszeit. Weil wir messen ja nur Brutto-Arbeitszeit. Also du arbeitest

da 37 Stunden oder sowas. Du arbeitest ja keine 37 Stunden. Du bist da. Du bist jetzt erst mal da

und dann sagst du hallo und je nachdem wie viele Kollegen hast, gehst du in 12 oder 14 Büros und

sagst hallo und dann bist du ja gerade von der Reise zurückgekommen und dann zeigst du noch Urlaubsfotos,

dann wirst du das gefragt und die Kaffeepause dauert auch länger und Mittagessen auch noch abziehen.

Also das ist in jedem Büro mehr oder weniger so, von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen. Das heißt,

die normale Arbeitszeit hat nichts mit der formalen Arbeitszeit zu tun. Und jetzt könnte ich mir

noch vorstellen, dass in besonders gesprächigen Ländern die Zeit, die Netto-Arbeitszeit relativ

kleiner ist, relativ kleiner ist als die Brutto-Arbeitszeit und deswegen die Arbeitsstunden

messen gar nichts. Sag mal gesprächige Länder, was ist das? Naja würdest du sagen, dass jedes

Land genau gleich gesprächig ist? Besser jetzt. Wenn du Finnland mit Palermo vergleichst,

würde ich sagen, ist Palermo eher der Gesprächere-Teil. Und vermute ich auch. Du bist ja für den

Grönland gewesen. Und grätselig ist der Grönlander? Der Grönlander redet, das ist interessant. Wenn es

dich interessiert, erzähl ich dir. Das ist wirklich interessant. Also wenn ein grönländischer Jäger zu dir

in das Häuschen kommt, in dem du gerade bist, dann kommen die in aller Regel um dich zu besuchen,

weil sie sich freundlich zu sehen und das zweite ist, er kommt um Kaffee zu trinken. Ja, die trinken

diesen ganz starken, diesen Instant-Coffee, Ness-Coffee ist so das Maß aller Dinge. So und dann sitzt

er da und du denkst, okay jetzt reden wir ein bisschen und dann sitzt er da und dann sitzt

er weiter und es passiert eigentlich nichts. Das ist aber nur mir peinlich, ihm nicht. Die sitzen

da und reden ganz wenig. Das ist irgendwie schön, aber für einen Menschen, sagen wir mit meinem

Beruf, irritieren kann ich mir vorstellen. Intimität und Intensität entstehen durch

gemeinsames Schweigen. Richtig. Du, das ist ja auch in vielen Mannschaften so, dass man sich nicht

jetzt komplett aus und leer plaudert, sondern dass es auch einfach schön ist, zusammenzuwandern und

stundenlang gemeinsam über das Gleiche zu schweigen. Das stimmt. Ja, machst du, Richard? Ich

schweige auch gerne. Traut man mir nicht zu. Wir haben ja beide nicht so ein Trappisten-Image,

ist aber so. Tatsächlich, ja. Also ich bin so anonymer Schweiger, wenn man mich nicht beobachtet,

schweige ich. Sehr gut. Bist du durch mit deinem Argument? Ich hätte jetzt einen Top-Konter für

dich. Bist du bereit? Sitz du? Ich bin jetzt. Folgendes. Alles, was du sagst, alles richtig.

Also man kann sozusagen mit Produktivität, mit höherer Protokotivität ja vieles wettmachen. Aber

jetzt kommt es. Auf der anderen Seite bröckelts auch. Also es gibt auch sozusagen neben der Erosion

des Fleises auch eine Erosion des Könnens, ja, wie Thomas Meier zum Beispiel, ist ein Ökonom,

sagt und sagt, da gibt es ein riesiges Problem, weil gleichzeitig bröckelts am anderen Ende bei der

Ausbildung lesen, rechnen, schreiben, ja. Und der zieht parallelen zum Italien der 80er Jahre,

wo genau das eine riesige Wirtschaftskrise eingeleitet hat, in einen wirtschaftlichen

Abstieg eingeleitet hat, dass das Bildungsniveau immer weiter gesunken ist. Das heißt, wir kommen

schlicht und ergreifend nicht mehr mit bei dem, was da gefragt ist. Und auch dazu, gerade jüngst

wieder, haben wir ja neulich drüber gesprochen, diese Studie, das ist jetzt auch die Mädchen erwischt.

Ich meine, die Mädchen waren nie unsere Sorgenkinder, sondern es waren eher die Jungs, die

man vom Computer vermutet hat und so weiter, und die dann irgendwie vor sich hindatteln und eben

nicht Hausaufgaben machen und lernen. Die Mädchen waren nie die Sorgenkinder, aber jetzt

eben plötzlich auch die Mädchen, die Sorgenkinder, die speziell in allen Mindfächern, Mathe und so

weiter, wirklich signifikant zurückfallen. Und das zusammen, sagt er, ist hoch explosiv und gefährlich.

Also ich finde, das sehr zu betrauern, wenn es stimmen sollte, dass man heute viel weniger

schreiben kann als früher und dass das dann irgendwann durch ChatGPT komplett ersetzt wird,

weil der Reichtum an innerer Welt abnimmt, wenn man seine Schreibfähigkeit, eine der

wenigen Dinge, die Menschen von Tieren unterscheidet, wenn man die verliert. Also der sprachliche

Ausdruck, der schriftliche sprachliche Ausdruck ist eine unglaubliche Bereicherung der eigenen inneren

Welt. Ob er für den Arbeitsmarkt die große Katastrophe ist, wird sich herausstellen, weil man

sich fragen muss, wie viele Berufe gibt es, in denen man toll schreiben können muss. Und wie viele

Berufe gibt es, wo man das, was da jetzt geschrieben wird, einfach auch wunderbar ersetzen könnte,

eben durch ChatGPT und anderes. Zum Beispiel diese ganzen Texte, die in Verwaltung geschrieben wird.

Ist schon klar. Auf M-Tab. Ich meine, das ist ja jetzt schon halbkünstliche Intelligenz. Also es kommt

nicht aufs eigene Denken drauf an. Man muss Intelligenz aufwenden, aber in regelbasierten

Bahnen, indem man sich keine individuellen SK-Paden leisten darf, sondern genau im Gegenteil. Du

willst damit nicht sagen, dass die Funksanämtern Halbintelligenz unterwegs ist, um das noch mal

ganz deutlich zu sagen. Nicht, dass das wieder einen falschen Zungenschlag kriegt. Ich will

sagen, dass unsere Ämter die Anforderung, genau, der Halbintelligenz ist. Und dass wir viele

Menschen, die dort arbeiten, auch genau daunter leiden und da vorne viel mehr von ihrer Intelligenz

gebrauchen machen würden. Aber dass eben sehr viel Bürokratie diese Intelligenz ja auch gar nicht

zulässt und nicht einfordert. Ist richtig. Und deswegen haben wir es damit halbkünstlicher

Intelligenz zu tun. Intelligenz ist schon auch schön. Das deutsche Beamten-Tum quasi Halbkünstliche

Intelligenz könnte man jetzt verkürzt daraus machen. Nicht das gesamte Beamten-Tum, nicht der

Polizist, auch nicht der General, auch nicht jeder Lehrer. Aber es gibt natürlich eine große

Anzahl von Tätigkeiten, die tatsächlich den Anforderungen halbkünstlicher Intelligenz

entsprechen. Sorry, Richard. Und jetzt nochmal das Thema. Also was auch interessant ist, nach der

Wiedervereinigung, nach den 90er Jahren, 1990er Jahren. In den 1990er Jahren hat der durchschnittliche

deutsche Arbeitnehmer noch deutlich mehr als diese 1.550 Stunden gearbeitet, die ich eben zitiert

habe. Seitdem ist die Arbeitszeit kontinuierlich zurückgegangen. Und du sagst, man kann davon

vieles mit Produktivität-Wettmachen und so weiter, sagt nichts über die Qualität der Arbeit

aus und so weiter. Ich will auf was anderes hinaus, Richard. Ich glaube, oder würdest du der These

zustimmen, stichwort Deindustrialisierung Deutschlands, dieser langsame Niedergang, dieser

langsame Abstieg, den viele im Moment wahrnehmend an vielen Stellen und alle weisen immer darauf hin,

mit dem man so redet. Naja, das ist jetzt nichts, was so über Nacht passiert. Das geht ganz

langsam. Das geht so langsam immer weiter runter. So ein Beispiel ist so ein Indikator für die

Patentanmeldungen. Ja, du hast in Deutschland dann den Rückgang der Patentanmeldungen um 6,5

Prozent ungefähr. Während du zur gleichen Zeit in China einen Zuwachs von 23,5 Prozent hast,

dazu passen dann auch so Sachen wie CATL zum Beispiel, ich glaube so heißen, die ist der größte

Batteriehersteller der Welt. Chinesen natürlich. Die haben kürzlich angekündigt, dass sie jetzt

eine Batterie auf den Markt bringen werden, die einfach das Doppelte dessen kann, was die im

Moment besten Batterien zu leisten in der Lage sind. Und das ist natürlich eine gute Nachricht mit

Blick auf Elektromobilität und überhaupt auf die Elektrifizierung der Welt. Aber es ist eine

schlechte Nachricht gleichzeitig. Man zuckt zusammen und sagt, Mann, warum kommt dieser

Innovationssprung von in Chinesen? Warum nicht von uns? Also es gibt eine bekannte Erklärung dafür,

die ist schon ein paar Jahre alt und die hat ihre Gültigkeit nicht verloren. Das ist, wenn du auf

einem Sektor wahnsinnig erfolgreich bist, die Deutschen mit ihrer Ingenieurskunst, dann kann

das leicht passieren, dass du künftige Entwicklungen, die nicht direkt was damit zu tun haben, nur

indirekt damit zu tun haben, die also nicht eine Perfektionierung der Ingenieurskunst darstellen,

dass du die verschläfst. Und das ist eine interessante Geschichte. Ich war vor einigen

Jahren in Argentinien und habe mir damals die Frage gestellt, warum ist Argentinien heute ein

armes Land? Weil wenn man durch Buenos Aires geht, dann sieht man, das war mal ein sehr,

sehr reiches Land und tatsächlich in den 20er Jahren gehörte Argentinien zu den fünf reichsten

Ländern der Welt. Überlegt man. Und so sehen da auch die Häuser aus. Man denkt also, die haben

ja Paris locker in den Schatten gestellt. Die haben Häuser wie in Paris gebaut in der

Höhe von New York. 20-stöckige, 25-stöckige Stuckpaläste dahin gebaut. Ganz Buenos Aires ist

vor allem mit diesen Häusern. Denkst, was war dafür ein Wohlstand? Aber dieser Wohlstand,

der wurde damals ermöglicht durch die Fleischwirtschaft. Und die Fleischwirtschaft ist

natürlich nicht das, wovon heute noch irgendein Land reich werden könnte. Was man also dringend in

exakt derselben Zeit, als man die Paläste gebaut hat, hätte machen müssen, wäre die zweite

industrielle Revolution zu verziehen. Die konnte man aber nicht verziehen, weil man in der ersten

industriellen Revolution, also jetzt hier Produktion von Stahl und so weiter, ja auch keine ernst zu

dem Rolle spielte, konnte man in der zweiten, also Herstellung von Autos und von Konsumgütern durch

hochindustrielle Fertigung auch gar nicht richtig aufsatteln. Also hat man gesagt, wieso? Hier

mit Fleisch, das klappt doch. Man hat also die Kuh so lange gemolken, bis sie tot war. Und das

passiert sehr, sehr leicht und in Deutschland ist das Gleiche passiert. Man kriegt so ein bisschen

Gänsehau, weil jeder jetzt an bestimmte Dinge in diesem Land denkt und sagt, die digitale Revolution

verschlafen ist eigentlich kein schönes Wort. Verschlafen klingt so, als hätte man es überhaupt

nicht mitgekriegt oder so. Nein, man hat sich auf das besonnen, wo Deutschland wahnsinnig stark

ist und hat sehr lange moderne amerikanische Software in alte, mit alt mein ich nicht böse,

sondern sozusagen seit längerer Zeit existierende deutsche Technik eingebaut. Wir haben unsere Autos

lange Zeit einfach nur damit verbessert und waren stolz darauf auf unsere Ingenieur-Technik-Leistungen,

dass dann eine Disruption passiert, bis wir den Milchspam-Automobil ja noch viel brutaler

kriegen, wenn wir nach China unsere Autos nicht mehr verkaufen können, dass das, was uns so lange

ernährt hat, zum Beispiel das Auto. Deutschland macht ja auch noch ganz viele andere Sachen,

großartige Ingenieurskunst, dass das plötzlich nicht mehr nachgefragt wird. Dieser Fall ist

da nicht vorgesehen und das ist in Deutschland nun de facto passiert, obwohl wir ja, was die

Digitalisierung anbelangt, in der Grundlagenforschung, ja von Anfang an zu den besten und fortgeschrittensten

Ländern der Erde gehört. So, und das führt uns Richard direkt zu einer ganz großen Frage und

was das neulich so en passant erwähnt, sagt es, das ist eines meiner Lieblingsbücher, mit dem

habe ich mich gerade nochmal beschäftigt, nämlich dieses ganz bekannte Buch, glaube ich schon 10

Jahre alt, Warum Nationen Scheitern? Ja, warum, warum Scheitern Nationen plötzlich, wenn es doch

irgendwie die ganze Weile gut geht, es gibt ein paar faszinierende Dinge, die man da in dem

Zusammenhang auch noch mal so erwähnen kann. Du kennst Neil Ferguson, ich lese mal wahnsinnig

gerne Bücher und Texte von Neil Ferguson, das ist so ein Provokateur, der sich darüber neulich

auch Gedanken gemacht hat und sagte, stehen wir jetzt wirklich am Ende von 500 Jahren sozusagen

westlicher Vorherrschaft, der Stichwort spätrömische Dekadenz, um mal einen berühmten FDP-Vorsitzenden

zu zitieren. Ich kann mich sehr gut daran erinnern, als der berühmte FDP-Vorsitzende das gesagt hat.

Ich fahr zu dem Thema sogar in der Talkshow, ja, es ist auch 11 Jahre her.

Ist 11 Jahre her, ja, so und ich höre interessanterweise diesen Satz in letzter Zeit wieder häufiger,

geht dir das auch so, dieses Gefühl, wir sind, wir sind, wir wollen nicht mehr so richtig,

wir wollen es auch nicht mehr so richtig anstrengen und der Anfang vom Ende wird kommen und das wird

aus unseren Kindern werden und wir steigen der Westen insgesamt, aber vor allen Dingen auch

Deutschland steigt ab, die Angst vor Wohlstandsverlust. Und Neil Ferguson sagt, das glaubt er nicht,

er sagt, ich glaube nicht, dass sich der ganze Westen, die USA und auch Deutschland in so einem

unaufhaltsamen Niedergang befinden, aber gehört eben auch nicht zu den Optimisten, die, schönes

Moment, die so Winston Churchill-mäßig der Meinung sind, die USA, die Amerikaner, werden am Ende

schon das Richtige tun, wenn sie erst einmal alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft oder

großprobiert haben. Irgendwann werden sie auf den rechten Weg zurückfinden. Aber der weiß doch,

was total interessant das Szenen, der sagt, zum Beispiel, und da siehst du, dass nichts in Stein

gemiselt ist, um 1500 herum war der Durchschnitts-Chinese reicher als der durchschnittliche Nordamerikaner.

Absolut. So, und Ende des 70er, des vorigen Jahrhunderts, ja, 70er Jahre.

Und wenn man sagen muss, der durchschnittliche Amerikaner im 15. Jahrhundert war ein Indigener.

Er meint, er meint 16. Jahrhundert, der sagt, um 1500 herum, ja, er lässt den Pionierer, die aus

England und Frankreich rüber kamen. Genau. Aber auch zum Beispiel, das ist interessant, Ende

der 70er war dann schon die Amerikaner 20-mal reicher als die Chinesen. Die haben die abgehängt,

die waren größer, einphysisch, die waren gesünder, die lebten länger, die waren mächtiger

geworden. Ja, diese arme Leute, die da irgendwann mal rüber sind in diese neue Welt und haben dann

Anfang des 20. Jahrhunderts, haben die im Grunde die halbe Welt kontrolliert, 58 Prozent der

Landfläche und Bevölkerungen und 74 Prozent der Weltwirtschaft. Das heißt, das ist eine

gigantische Erfolgsgeschichte. Ja. Und die Frage ist, könnte das jetzt an einem Punkt kommen, an

dem das endet? Also nochmal, warum scheitern Nationen? Genau. Und jetzt ist es ja so, dass die

die beiden, bevor wir uns mit Völgesons Argumenten beschäftigen, diese beiden Autoren, die das Buch

geschrieben haben, James Robinson und Daran Asimoglo, ich kenne vor allen Dingen Daran Asimoglo

ganz gut, das ist der bedeutendste Arbeitsmarktforscher der USA. Und wer ein Buch über Arbeit

schreibt, der muss sich ausführlich mit seinen Studien auseinandersetzen und der ist ein

absolutes Schwergewicht dieser Zunft und davon hat der Mann auch richtig Ahnung. Deswegen kennst du

den so gut. Ja, kenne ich den so gut? Ja, was er schreibt, ich habe so viele, ich bin ihm nie begegnet,

würde es aber gerne mal tun. Und er hat sehr viel kluge Studien gemacht über Roboterisierung und wie

sich Arbeitsmärkte entwickeln und so weiter. Also da ist er ein absoluter Kenner der Materie. Und er

hat sich dann eben mit James Robinson, den er offensichtlich auch schon angesetzt aus seiner

Studienzeit kannte, zusammengetan und hat eben versucht die Frage zu lösen, gibt es eigentlich

eine einfache Formel dafür, eine ganz einfache, simple Formel dafür, die erklärt, warum Nationen

scheitern oder nicht scheitern. Jetzt muss man dazu sagen, er redet eigentlich in Ersien hier von

wirtschaftlichem Scheitern. Weil es gibt ja wirtschaftlich gescheiterte Nationen, die politisch

nicht scheitern. Nordkorea wäre so ein Beispiel. Ja, seit Jahrzehnten wirtschaftlich gescheitert,

aber immer noch irgendwie bestehend. Aber vom wirtschaftlichen Scheitern. Also was führt

dazu, dass das Wohlstand zermröselt oder Systeme. Und sagen wir mal so, eine Nordkorea wäre ja auch

wirtschaftlich oder ist ja längst gescheitert und auch ja auch sonst gescheitert, weil sie

über Lesen das schützen würden. Weil sie einfach dieses Land sozusagen noch zwischen sich und dem

bösen Kapitalisten im Süden haben wollen. Ja, also dieses Land ist eigentlich, es gibt ja so einen

alten Witz vom chinesischen Henkerwettstreit, wo es um die Frage geht, wer die Perfekte

in der Enthauptung hinbekommt. Und der erste Henker nimmt also seinen scharf geschmiedeten

Schmerz, schlägt los und mit einem sauberen Schlag trennt er den Kopf ab. Und danach ist

der zweite Henker dran. So, und jetzt ist natürlich die Frage, wie kann man eine unüberbietbare

Leistung überbieten. Ja, und er holt also aus zum Schlag, schlägt und der Kopf bleibt drauf.

Ja, und alle gucken und denken, sie sind nicht besonders beeindruckt. Darauf sagt der Henker

zum Delenquenzen, nicken sie mal. Wo ist das Übel? Und Nordkorea ist so ungefähr in der Position des

zweiten Delenquenzen. Also der Kopf ist abgetrennt, aber noch darauf. Genau. Aber davon darf man mal

von solchen Makraberen gleich mal abgesehen. Also die These in dem Buch ist, wenn man es schafft,

inklusive Institutionen aufzubauen. Das heißt, ein möglichst großen Teil der Bevölkerung mitzunehmen

und ihnen eine Chance zu geben, sich am Wettbewerb zu beteiligen. Dann gelingt eine wirtschaftliche

Entwicklung. Wenn aber wenige Eliten die Macht in ihren Händen halten und die Institutionen

exklusiv sind, also ausschließend, dann werden sie für Veränderungen überhaupt nicht empfänglich

sein, weil sie sofort Angst haben müssen, ihre Macht zu verlieren. Folglich sind diese Länder

statisch. Auch sich gegen zerstörerische Disruptionen müssen sie sich wehren. Und das ganze System

rostet quasi ein und zerbröselt irgendwann. Das ist die These in dem Buch. Und das wird über

Jahrhunderte und an allen erdenklichen Staaten demonstrieren. Benedig ist der Aufstieg und Fall

Benedigs. Genau. Am Anfang hatten ganz viele die Möglichkeit, quasi vom kleinen Handwerker zum

Kaufmann zu werden. Und irgendwann war das Feld des Beeren erlegt und es gab ein paar reiche

Kaufmannsfamilien und die haben darauf geachtet, dass das auch auf ewig so bleibt. Das ist übrigens

Benedig. Vielleicht können wir das mal ganz kurz anschieben, ist total interessant. Ich meine,

Benedig ist heute, heute ist ja, ist das einfach ein Museum im Grunde. Ein wunderschönes zwar,

aber es ist ein Museum. Aber das war im Mittelalter mal die reichste Stadt der Welt. Und das

hatte was mit, mit genau diesen Dingen zu tun. Da gab es so, so eine erste primitive Form der

Aktiengesellschaft offenbar, ja, die die Kommenda sozusagen. Und dazu gehörten, es finde ich

total interessant, weil man mal versteht, wie ein wirtschaftlicher Aufstieg sozusagen dann

plötzlich beginnt. Also die Frage auch der sozialen Durchlässigkeit, ja. Zu so einer Gesellschaft

gehörten zwei Partner. Der eine, der in Benedig blieb und der andere, der auf Reisen ging und der,

der dort in Benedig geblieben war, das waren sozusagen die, die Leute, der finanziert im

Hintergrund, hat den Löwenanteil dieser Unternehmung finanziert und der Beitrag des

reisenden Partners bestand hauptsächlich darum sozusagen, die Fracht zu begleiten und dafür

zu sorgen, dass die Ware sicher von A nach B und irgendwann nach Benedig kommt, ja. Das heißt,

junge Leute, und das ist ja das Interessante, die kein ausreichendes Vermögen, vielleicht auch

Menschen aus Armen-Familien, die konnten so plötzlich in das Handelsgewerbe einsteigen und

wurden dann selber wohlhabend. Genau, das ist interessant. Und daraus folgen dann Innovationen,

die, die, die, die bauen dann selber Zeug und so weiter. Es gibt, gibt eine andere interessante

Parallele, die, die, sagen wir mal, das Wirtschaftswunder, das deutsche Wirtschaftswunder hat

natürlich auch viel. Deswegen ist diese Fleißgeschichte, das kann man so nach meinem

Dafür halt nicht einfach so wegwischen, weil dieser deutsche Fleiß sozusagen, wenn man was

geschafft hat, immer noch mehr schaffen zu wollen, hat natürlich in dieser Generation unserer Eltern

dazu geführt, dass die irgendwann viel Geld gespart haben. Und dieses Geld haben sie zur Seite

gelegt und haben es wieder investiert. Und aus dieser Investition ist dann in Zweifel noch mehr

Geld geworden. Das heißt, da ist natürlich mit diesem enormen Fleiß wirklich etwas Gigantisches

gelungen. Und das sehen wir ja gerade auch bei den, bei den chinesen Beispielsweise. Und wenn ich

dann höre, zum Beispiel nur noch ein kleines Beispiel, es gibt, es gibt so, so, so Plattformen für,

für Maschinen, ja, mit denen man alles Mögliche herstellen kann. Und da sagen Leute, dass sie jetzt

beobachten, dass auf dieser Plattform werden gebrauchte Maschinen gehandelt. Und ein ganz großer Teil

dieser Maschinen wird mittlerweile von Asiaten gekauft. Das heißt, die kaufen dort auf diesem,

auf dieser Plattform deutsche Maschinen, die wir offensichtlich nicht mehr so benötigen und

verkaufen sie nach Südostasien vor allen Dingen. Und dort werden dann, wird neuer Wohlstand mit

diesen Maschinen geschaffen. Das heißt, auch da siehst, es sind so viele kleine Indikatoren,

die dir zeigen, da passiert gerade was. Jetzt würde ich das völlig unterstreichen mit dem Fleiß.

Und ich will es auch gar kein Wasser in den Wein kippen. Ich will nur sagen, der Fleiß stellt

sich da ein, wo sehr viele Möglichkeiten, die haben durch Fleiß, ihre Lebensverhältnisse

entscheiden zu verbessern. Das spielt natürlich eine große Rolle. Und das war in der Wirtschaftswunderzeit

ja so. Also wie viele Leute sind in der Wirtschaftswunderzeit von der Unterschicht in die

Mittelschicht aufgestiegen? Ende der 60er Jahre spricht man von der Nivelliert-Mittelstandsgesellschaft.

Deutschland ist eine Zwiebel geworden, die meisten Menschen sind in der Mitte. Und das gibt es natürlich

eine ganze Reihe von Gründen, warum das so ist und wann das möglich ist. Und man kann immer

sicher sein, da wo die Chancengerechtigkeit am größten ist, ist auch die Wahrscheinlichkeit,

dass Fleiß sich einstellt besonders hoch. Und in versperrten Gesellschaften, in denen sich das

nicht lohnt, da ist der Fleiß in der Regelfall eben auch deutlich geringer. Ich will nur sagen,

also der deutsche Fleiß, ich weiß nicht, ich glaube nicht, dass es ein Gen dafür gibt. Der hängt

eben auch zusammen mit möglichen Möglichkeiten. Und das wäre auch genau das, was Asya Mugli und

Jameson sagen. Das ist so. Und ich habe dieses Buch sehr gerne gelesen, als es damals rauskam vor

zehn Jahren, weil es hat mir natürlich auch irgendwie gut gefallen. Es fällt so in das gleiche

Narrativ, wie Francis Fukuyama, der eben gesagt hat, liberaldemokratische Staaten sind allen

anderen per se überlegen. Und das hat dieses Buch ja versucht eigentlich zu beweisen,

inclusive Institutionen gibt es eben in Autokratien und in Diktaturen und so weiter,

eben gerade nicht. So, und jetzt war das so interessant für mich, das Buch dann zehn Jahre

später nochmal zu lesen. Und da hat man natürlich so Gedanken im Hinterkopf. Die eine große Frage

China ist die ganz große Frage. Aber es gibt auch Fragen wie die Gulfstaaten oder wie Saudi

und z.B. Ja, die haben alle keine inklusiven Institutionen, haben aber alle kometenhafte

Aufstiege in dieser Zeit. Das waren sogar die Nationen, die das größte Wachstum überhaupt

hatten und für die, die Asya Muglo, Jameson These nicht gilt. Und das weckt ja den Sinn für

das Nachdenken. Es ist wahr, ganz kurz Richard, weil du das gerade so schön beschreibst und

vielleicht interessiert es denn ein oder anderen, weil wir gerade beschrieben haben,

am Beispiel Venedig, wie die Mittelalter aufgestiegen sind. Interessant ist zu hören,

auch wie sie dann abgestiegen sind, bis sie dann das Museum wurden irgendwann, dass sie heute

sozusagen sind. Also dieses Modell hat dazu geführt, dass diese sehr unternehmungslustigen

jungen Männer, die dann auf Reisen gingen, die wurden reich. Und irgendwann hatten aber die

etablierten Eliten, die hatten keine Lust mehr, ihren Reichtum, ihren Erfolg mit diesen jungen,

aufstrebenden Männern zu teilen. Und 1314 ist dann was sehr Interessantes passiert,

Venedig verstaatlicht den Handel und erhebt plötzlich sehr hohe Steuern für die einzelnen

Händler und so weiter. Und damit wurde dieser Fernhandel zu einer Domäne des Adels, zu einer

Domäne von wenigen. Exklusion, du schließt die anderen aus. Und das war, sagen Leute,

die sich damit viel besser auskennen als ich. Das war der wahre Anfang vom Ende dieses

finnizianischen Wohlstands. Das ist im Grunde genau das, was du gerade beschrieben hast.

Also es ist eine Bestätigung für die Asimoglothese, an der ja auch eine Menge dran ist. Und ich

möchte mich fragstellen, einfach die Frage, was fehlt dem Buch, damit man China oder Saudi

Arabien trotzdem irgendwie erklären kann? Weil das passt ja erst mal nicht, ne? Genau. Also eine

Sache fehlt dem Buch, die mir ganz wichtig ist und die den Kritiker dieses Buch ist. Ich habe

keine einzigen Kritiker gelesen. Es gibt ja Kritiker in dem Buch, aber nie einen Kritiker

gelesen, der diese Kritik mit mir teilt. Ja, also wo ich dachte, ich kann noch nicht der Erste sein,

der auf den Gedanken gekommen ist. Das hat jetzt zu dem Zeitpunkt noch gar nichts mit China zu tun,

weil das ja noch eine an zweite spannende Frage. Also die Frage ist ja, warum entstehen in einigen

Ländern inklusive Institutionen die Wettbewerb ermöglichen, Chancengerechtigkeit, Aufstiegsmöglichkeiten,

möglichst viel Bevölkerung beteiligen? Und warum ist das in anderen Ländern nicht so? Und wenn ich

das Buch lese, dann wird eigentlich immer erzählt von Dummheit, Ignoranz, Silo, Denken,

Besitzstandswahrung. So und ich glaube, das stimmt auch alles, aber es ist nicht der einzige Grund.

Ein Land muss die Chance haben, diese inklusive Institutionen überhaupt unabhängig von äußeren

Einflüssen aufzumachen. Und das ist der Punkt, der in dem Buch zu kurz kommt. Wenn man sich

jetzt so ein Land anguckt wie den Kongo oder wie Nigeria, ja, das beide gehören zu den

rohstoffreichsten Ländern der Welt. Da gibt es keine inklusiven Institutionen. Im Kongo gibt es 120

Rebellengruppen und es ist egal, wer da irgendwo in Kinshasa so tut, als wenn er das Land regiert.

Also es ist ein Land, das vollkommen von Warlords regiert wird. Warum? Weil es diese

ganzen Bodenschätze gibt, weil das Land so reich ist. Und diese Warlords arbeiten sämtlich

natürlich zusammen mit ausländischen Gruppen. Andere afrikanische Staaten, aber auch die

Europäer und Amerikaner und wahrscheinlich die Asiaten inzwischen auch, haben ihre Finger im

Spiel. Dieses Land hat überhaupt nicht die Möglichkeit selbst bestimmt, sich zu entwickeln

und Institutionen überhaupt aufzubauen. Denn diese Weisheit, dass es auf diese inklusiven, ja,

einschließenden Institutionen drauf ankommt, dass es Wettbewerb braucht, Chancengerechtigkeit.

Also auf die Idee würden ja viele Diktatoren auch kommen. Das kann nicht an denen vorbei

gegangen sein, dass das sehr Wohlstandsmährend ist und dass das auch Länder stabilisiert.

Aber viele Länder haben die Chance überhaupt gar nicht, weil sie Spielbälle der Interessen

anderer Mächte sind. Und dieser Satz fällt in einem Buch von 600 Seiten an keiner Stelle. Es wird

immer so getan, als wäre das so ein Laborversuch. Und ich betrachte das ja so ganz unabhängig wie

so ein physikalisches Experiment und gucke, was muss die richtige Zutat sein, damit das der

Versuch gelingt. Und das ist aber in der Realpolitik eben ganz, ganz selten gegeben. Man hat in

ein Land schon mal die Chance, sich von sich aus optimalstmöglich zu entwickeln. In einer

globalisierten Welt heute ja erst recht nicht mehr. Und ich finde dieser Kritikpunkt, der ist zu

Unrecht, nie daran gemacht worden. Das macht die Thesen nicht falsch, aber es erklärten noch etwas

mehr, warum in manchen Ländern ist irgendwie, man nie was auf die Kette gekriegt hat und warum

in anderen Ländern dieser Weg in den Wohlstand geglückt ist. Ich meine, was ja total interessant

ist und daran erinnern, wir beide uns definitiv, ich weiß noch dieses, erinnerst du dich an

den Moment, Richard? Das war wirklich ein spannender Punkt in unserer Kindheit und Jugend. Ich habe

damals aber nur so gefühlt, dass da gerade etwas wirklich Spektakuläres passiert. Erinnerst du dich,

als plötzlich die ersten japanischen Autos da waren? Ja. Erinnerst du dich daran? 70er Jahre. Mit großem

Staunen, mit Verwunderung und auch so ein bisschen mit der Frage, was machen die da jetzt, aber auch

mit dieser Arroganz? Na ja, gut, also die sehen jetzt nicht so richtig Funky aus und so weiter.

Die waren nicht besonders schön. So, genau. Überwiegend Kleinwagen am Anfang. Genau. Und gut,

ich meine so Ende der 70er Jahre ist die Zeit, ich sage jetzt was, wofür ich Ärger kriege,

wo die Autos anfingen, nicht mehr schön auszusehen. Also ich finde, da kam ja ein paar

Modelle, die haben das noch etwas länger durchgezogen, aber eigentlich... Was ist denn dein Traumauto,

Richard? Ich weiß nicht, ich bin ja nicht so ein Riesenauto-Fan, aber wenn ich dann schon mal so,

was ich ja schon mal mache, Meilenberg oder so, wie ich alte Autos angucke, so für meinen

Geschmack waren so die Autos Anfang der 60er war so für mich so der gefühlte Zenit. Es gibt

auch ganz tolle 50er-Jahre Autos, es gibt auch Sportwagen aus den 30ern, die toll sind. Es gibt

noch ein paar Autos aus den 70ern, die toll sind. Ich finde diese Maseratis aus den 60er-Jahren

ein unglaublich schönes, Pininfarina-Ferraris, also jetzt nicht Autos für jedermann. Auch

die Alpenalten Alfa-Romeos. Aber es wird schwer, in den 80er-Jahren schön Autos zu finden. Ich bin

immer begeistert, wenn ich in der Stockholm mal innen statt und auch irgendwo auf dem Land in

Schweden. Die Lapland sieht man, die manche mal noch, so ganz alte Volvo-See. Oh, die sind so schön.

Buckel-Volvos. Die sind wirklich schön. Ich möchte trotzdem nicht so eine alte Karre haben. Ich

fieh zu viel Schraubereich, der gar keinen Bock drauf. Keine Zeit und dann baust du wieder eigene

Geragen und das ganze erzeugt. Das nervt eigentlich alles nur. Aber zurück zum Thema. Das war spannend,

weil, und das darauf weist eben Nile Ferguson hin, dieser Moment, in dem Japan plötzlich auf dem

Plantritt, die Weltbühne betritt und auch da dieser ungeheure japanische Fleiß, der dazu geführt

hat, dass sie plötzlich am Start waren. Und er sagt, Nile Ferguson, es gibt sozusagen so ein paar

Apps, würde man heute sagen, ja, sechs Apps, die den Erfolg von modernen Staaten ausmachen. Wettbewerb,

also richtig harte Konkurrenz, das sehen wir überall, unbestritten, Wissenschaft. Also alle

wesentlichen Durchbrüche des 17. Jahrhunderts, ob in Mathe, Astronomie, Physik, Chemiebe, gelangen

alle in Westeuropa. So, dann Rechtsstaat. In der englischsprachigen Welt hat sich irgendwann mal so

ein optimales System gesellschaftlicher politischer Ordnung herausgebildet.

Um den Eigentumsschutz. Wichtig. Ja, das war das aller, aller, aller Wichtigste, weil sonst kannst du das mit

Wettbewerb vergessen. Ja, also man darf dir deine Sachen nicht nur nicht kopieren, man darf sie auch

nicht klauen. Ja, und man darf dich auch nicht umbringen, da bist du weg vom Markt und so weiter. Also

die Entwicklung der Rechtsstaatlichkeit folgt dem Gesetz, den den Wettbewerber auf dem Markt zu

schützen. Genau. Und das habe ich jetzt auch wieder in Moldawien erlebt, wenn du mit sehr reichen

Menschen dort sprichst, mit sogenannten Oligarchen sprichst. Das ist sehr interessant, die sagen dir,

naja, eine der Gründe, warum wir euer Land nach wie vor unglaublich schätzen, ist genau das.

Rechtsstaatlichkeit. Weil in meinem Land, wenn du in Russland bist beispielsweise oder in China

auch, da kannst du dir nie sicher sein, ob nicht morgen einer um die Ecke kommt und sagt, was mal auf,

alles, was dir gehört, gehört ab jetzt mir. Und zwar einfach nur, weil ich es kann oder weil du

irgendwas gesagt hast, was mir nicht passt. Deswegen ist auch die Meinungsfreiheit, glaube ich, ein

nach wie vor, wo wir so oft darüber reden, völlig unterschätzt es gut unserer Gesellschaften. Im

Grunde die Basis für alles, was uns ausmacht, würde ich sagen. Und so dann fährt der App moderne

Medizin, also alle wesentlichen Durchbrüche Westeuropa, Nordamerika und diese Arbeitsethna

die Menschen im Westen an die Ersten, die sozusagen diese sehr harte Arbeit mit dann höheren

Sparquoten verbunden haben, was ich vorhin sagte. Und was eben dann sie ihr Deutschland dazu geführt

hat, dass man dieses dieses gesparte Geld wieder investiert hat und wieder mehr Wohlstand gemacht

hat oder gebaut hat und so weiter. Und dann kommt Japan und zeigt, das kann man kopieren. Die haben

das kopiert. Die haben sich das in der Arbeitsethne auch noch maßlos übertreiben. Richtig. Ja, genau.

Ja, aber das hat absolut richtig. Und ist das das Schlüssel für China, Richard, weil du gerade

sagst sozusagen. Ja, also wir können ja sagen, wie machen wir das? Also Rechtsstaatlichkeit ja

nicht, indem du ausmachst wie verinnern. Nein. Aber viele der Prinzipien sind da. Wir müssen

der Erdigkeit heilbar sagen, dass Ferguson eine siebte Killer App unterschlagen hat. Nämlich

Ausbeutung der dritten Welt. Ist richtig. Wir brauchen die Rohstoffe. Wir hatten nicht

genug Rohstoffe. Da wird die Kohle in der Erde. Aber die zweite industrielle Revolution. Auto. Was

braucht ein Auto? Räder. Und womit, was macht man da drum? Gummi. So, diese Gummi ist sämtlich

damals Kautschuk gewesen, der aus Belgien kam. Und da wurden dann mal locker 1, 2 Millionen

Menschen umgebracht und fast klafft und so weiter und rassistisch unterdrückt aufs übelste,

um diese Kautschuk Gewinnung da voranzutreiben. Oder die erste industrielle Revolution Baumwolle.

Verstand ja am Anfang. Baumwolle gab es in England keine. Wächst da ursprünglich nicht. Kommt

aus Indien. Und dann die gigantischen Baumwollfahren in Indien. Sklavenarbeit und so weiter. Also

das sollte man nicht übersehen. Weil das andere klingt so etwas zu clean. Man brauchte dieses

siebte Prinzip der Killer App. Brauchte man. Und wenn man sich fragt, warum wird heute die Welt

so schwierig? Weil dieses siebte Prinzip heute nicht mehr so einfach geht wie vorher. Das eine ist

es gibt mehr Konkurrenten. Also wenn man jetzt Rohstoffe ausbeuten will und mit irgendwelchen

Diktatoren gute Deals macht und in halbsklaven Arbeit irgendwie die Sachen aus der Erde holt.

Mein Lieblingsbeispiel so was man im Kongo und der Zentralafrikanischen Republik,

Koltanförderung und Kobalt für unsere Elektroautos. Alles Telefon, Klavenarbeit und so weiter

alles. Nur es ist nicht mehr ein Land der Welt, das das ausbeutet, wie es ursprünglich mal mit

England und der Baumwolle war und in Belgien mit dem Gummi. Sondern jetzt konkurrieren die Mächte

um die noch verbliebenen Rohstoffe in einem immer härteren Wettbewerb. Das ist eine große

Veränderung gegenüber früheren Zeiten. Und dann will ich noch eine kleine Anmerkung machen,

weil das so dein Lieblingsthema ist, was das Arbeitsethos angeht. Das Arbeitsethos ist kein

Kind der ersten industriellen Revolution. Das ist mein Lieblingsthema, ein dickes Buch dazu

gemacht. Ich weiß, ich weiß. Das Arbeitsethos entsteht mit der Leistungsgesellschaft. Das sind

aber zwei verschiedene Dinge. Die erste industrielle Revolution, wo man dann die Kinder in den

Weisenhäusern in den Textilfabriken arbeiten lassen oder die Arbeiter somit Alkohol abgefüllt

hat, dass sie diese gefährliche Arbeit monoton irgendwie stumpfsinnig gemacht haben, war ja

keine Leistungsgesellschaft, war auch kein Arbeitsethos. Das war ja nicht der Fleiß und die

Hoffnung, was sparen zu können, dass man 80 Stunden lang in der Fabrik ging, um mit 35 tot zu

sein. Das kam ja erst zu dem Zeitpunkt, als man wirklich sagen kann, wenn du mehr arbeitest,

dann lohnt sich das für dich. Und wenn du auch so viel Lohn hast, dass der Lohn zu mehr ausreicht,

als einfach nur dein Lebens zu erhalten oder deine Arbeitskraft. So war das ja, so 1820,

1830, 1840. Wir reden jetzt über die zweite Hifte des 19. Jahrhunderts. Und der Mann,

der auf die Idee gekommen ist, also der eigentliche Erfinder der Leistungsgesellschaft, war ein

Sozialist, Robert Owen, der selber eine Textilfabrik in Schottland, New Lanark, völlig neu aufgezogen

hat. Indem vorher genau diese Verhältnisse waren, ja, weißen Häuser ausgebeutet, Trunkenheit

der Arbeiter und so, ja, der erstmal Alkoholverbot, keine Kinderarbeit mehr. Und der ist dann hingegangen

und hat somit so nach Farbpalette Leistung versucht zu messen. Man hat gesagt, wenn du so

und so viele Stückzahlen in der Zeit und so weiter schaffst, dann kommst du in den orange

Bereich, dann kriegst du mehr Lohn. Und dann hat er die Arbeitszeiten gesenkt, ja, wieder mein

Lieblingsthema. Die Leute haben weniger gearbeitet, aber sie haben dreimal so motiviert gearbeitet.

Und das war eine Musterfabrik. Da kamen die Leute aus aller Welt. Da fuhr der russische Zahr hin,

ja, um sich das anzugucken und sagen, wie ist das möglich, dass die Leute so wenig arbeiten und so

einen hohen Produktivitätsausstieg hatten. Und das war gedanklich gesehen. Wir reden jetzt über

die Zeit um 1820 herum, der Anfang der Leistungsgesellschaft. Aber bis die sich irgendwann mal

flächendeckend ausgebreitet hat, hat das noch mal 50, 60, 70 Jahre gedauert. Und mit dem Gedanken

der Leistungsgesellschaft erfunden von einem Sozialisten, einem Radikaleformer. Damit beginnt

jetzt, kommt sozusagen die sechste Komponente dazu, die diese große Rolle gespielt hat.

Das Leistungsprinzip sozusagen. So, jetzt kommen wir doch, finde ich, an einen total

spannenden Punkt. Ich in meiner Arbeit, du in deiner auch hundertprozentig, ich habe lange

nicht begriffen, welches Thema in dem Zusammenhang alles das spielt, was man unter dem Stichwort

Erbe, Erben, große Erbschaften sozusagen zu verbuchen hat. Fand ich wirklich immer, dachte

immer, naja gut, also erstens, ich bin kanadischer Mensch, ich gönne jedem alles, ja, und wenn

jemand erbt, auch okay, ich denke dann auch immer, es ist auch eine Last, wenn man so viel Kohle

plötzlich an der Hacke hat, muss man sich irgendwie drum kümmern und hat dann andere Sorgen.

Man muss sich, man muss Leuten vertrauen, die das verwalten. Genau, und alle sind ständig hinter dir

her und alle wollen nur dein Bestes, nämlich dein Geld. Ja, und du weißt nicht mehr so genau,

wer eigentlich wirklich deine Freunde sind und wer es plötzlich nicht mehr ist und so weiter. Das

ist alles gar nicht so einfach. Deswegen dachte ich immer, naja, komm jetzt, hör mal auf mit diesem

Neidreflex, dieses Erben und dann das zweite war immer, dass ich dachte, naja, wenn Menschen

Erben, warum soll ich dann irgendwie als Staat oder auch als Bürger dieses Landes sagen, ist

doch völlig ungerecht, dass da 400 Milliarden jedes Jahr in Deutschland tendenzsteigend werden

vererbt, 400 Milliarden. Aber nur so auf etwa 10 Prozent? Genau, richtig, genau. Ganz, ganz kleine

Schicht, aber die, aber die Erbengeneration, die Erben richtig Kohle. Erben ist ein Widerspruch

zur Leistungsgesellschaft. So, das ist genau der Punkt und das habe ich ganz lange, du

sich also fort, aber ich habe es lange nicht begriffen, dass es da sozusagen einen Zusammenhang

gibt, ja, zwischen sozialer auch Durchlässigkeit, Aufstiegsmöglichkeiten und eben diesen

Leistungsprinzip. Erben verstopft den Aufstieg. Das ist so, ja, und senkt die Arbeit, senkt die

Arbeitsmoral. So, ich habe diese Frage, weil unser Gedanke, den wir gerade entwickeln, wenn man

nicht erben könnte, wäre ja genuinen liberal gedacht, zu sagen, ja, das widerspricht der

Leistungsgesellschaft, das Leistungsprinzip ist dem Liberalismus absolut wichtig und deswegen

müsste man als Liberale eigentlich sagen, Erben, also sagen wir mal über so ein paar

Habseligkeiten hinaus, dürfte es im großen Stil, dürfte es keinen Vererben geben. Ich habe das mal

Christian Lindner gefragt. Ja, spannend, ja, super. In meiner Sendung 12 Jahre her und er hat darauf

die Antwort gegeben, ja, im Grundsatz hätte ich recht, das widerspricht eigentlich dem Liberalismus,

aber einerseits müsste man sich vorstellen, dass natürlich auch jemand ein Unternehmer,

ja, wenn er wüsste, dass er nichts vererben kann. Die Frage ist, ob das nicht seinem Leistungsethos

auch irgendwie Einheit gebiegen würde. Das glaube ich nicht. Das glaube ich ehrlich gesagt auch nicht,

weil der könnte dann, ah, das hat er in sich, sonst wäre er kein erfolgreicher Unternehmer. Und B

wird, kann er ja eine Stiftung gründen. Genau, und ihn persönlich. Und dann kommt sein Erlös,

Zwecken, die ihm sehr wichtig ist. Genau. Das ist nicht das starke Argument. Das ist natürlich nur

ganz kurz ein Argument noch dagegen. Also ihn persönlich in seinem unternehmerischen,

ja, in seiner unternehmerischen Energie, ja, in seiner Schaffenskraft, den behindert das doch gar

nicht. Ihn behindert das doch gar nicht. Aber dass man sagt, dann kann er sich auch mit 50 sagen,

ich habe ja so und so viel Millionen, die kann ich kaum noch ausgeben und so. Aber ich denke,

dass wenn jemand so ist, dass er dieses Unternehmer hat, ja, der würde sich zu Tode langweilen,

wenn er mit 50 aufhören würde. Also der wird das weitermachen, dann würde er eine Stiftung gründen

und der hat ja bestimmt ist entweder wahnsinnig Tierliebe oder ersetzt sich für Umweltfragen

einen oder hat irgendeine andere Passion. Und da kann er natürlich eine Stiftung gründen. Aber das

andere Argument war, dass das praktisch nicht geht. Weil wenn man wüsste, dass man nicht

vererben könnte, dann würde es eine Million Möglichkeiten geben, wie man das doch macht.

Und da würde der Staat im Zweifelsfall immer hinterher hinken. Also mit rechtzeitig verschenken

und portionieren und zu Ausland gehen und so weiter. So dass er also sagt, selbst wenn die Idee

gut und richtig wäre, sie wäre nicht realisierbar. Das waren damals seine Argumente. Also ich weiß

was mein Thema mit Erben immer war. Ich habe das dann irgendwann mitgekriegt, wie viel Konfliktpotenzial

auch, wie viel Frust, wie viel Wut hat teilweise bei den Leuten ist, wie viel Neid auch so auf diese

ganzen reichen Erben wäre. Das war immer so diese Idee, da gibt es ein paar reiche Säcke und die

schenken sich gegenseitig die Kohle weiter. Und ich fand das immer deswegen schwierig, weil ich

dachte, naja, also das was da jetzt vererbt wird, ist ja häufig Geld. Das ist erst mal schon mal

versteuert. Und zwar auch wahrscheinlich mehrfach versteuert. Das heißt, warum solltest du als

Staat dann nochmal Geld abgreifen? Das ist alles versteuertes Geld. Und man könnte auch irgendwie

das Gegenargument aufmachen und sagen, das fand ich immer sehr plausibel. Weißt du, wenn Leute

sparen und erfolgreich sparen, warum sollte ich sie dafür bestrafen? Bin noch an einer weiteren

Steuer, weil ich ja quasi den belohne. Es gibt da die Leute, die hauen die Kohle raus, sie rauchen und

trinken und sie sind alles völlig wurscht. Und irgendwann bist du völlig mittellos. Und dann fällst

du natürlich dieser Gesellschaft, der Krankenkasse in jedem Fall und auch dem Gesundheitswesen,

fällst du auf jeden Fall zu Last. Das heißt, du kostest dann am Ende deines Lebens, kostest

wahrscheinlich die Gesellschaft eine ziemlich signifikante Summe. Ja, aber wenn ich sage,

ich spare jetzt nur, damit ich nicht dem Staat auf der Tasche liegen, das ist ja ein Ordnung.

Das ist aber noch was anderes als vererbend. Ja, aber ich meine nur, daraus kommt ja erst mal die

Tatsache, dass da jemand Geld hat. So, dann hat er das gespart, dann hat er das alles brav versteuert

und hat das auf die hohe Kante gelegt. Und dann kommt der Staat und sagt, und jetzt vererbst du es und

jetzt bitteschön, sind wir direkt wieder am Staat und sagen, hätten wir noch mal gerne 10% von dir.

Bei großen Familienunternehmen, Deutschland lebt von diesem Mittelstand. Schwieriges Thema,

wie du weißt. Aber natürlich großer Wohlstand auch in Maschinen. Genau, so. Und inwiefern greifst du

dann plötzlich sozusagen genau in diese Substanz eines Unternehmens ein, indem du das dann

plötzlich besteuerst? Wobei der Gesetzgeber da auch schon Unterschiede macht. Also der guckt

schon, in welcher Form es vom Müll vorhanden ist. Ja, das Thema ist deswegen heiß, weil du musst

nur diese zwei Zahlen mal wissen. 400 Milliarden werden jedes Jahr im Moment vererbt, tendenzsteigend

und nur 8 Milliarden Steuern darauf gezahlt. 8 Milliarden. Da verstehst du sozusagen, woher

dann auch diese Gelüste kommen, da müssen wir jetzt mal rein. Dann gibt es diese Freibeträge.

Ja, also du kannst ja ein Elternteil kann pro Kind alle zehn Jahre 400.000 Euro verschenken, ohne dass

es versteuert wird. Dass wenn du zwei sehr wohlhabende Elternteile hast, die gleich nach der Geburt des

Kindes mit diesen Schenkungen beginnen, werden bis zum 21. Lebensjahr, kannst du 2,5 Millionen einfach

so Steuerfrei weitergeben. Die große Frage gesellschaftlich, was macht das? Du sagst es gerade,

das verstopft sozusagen. Genau, das verstopft so ähnlich wie die Aufwichtigstmöglichkeit. Genau, wenn

Asim Muglo und Jameson sagen, ja, Inklusion, ja, und das ist jetzt nämlich in dem Bereich gemeint,

dass Menschen mit Beeinträchtigungen wie in der Schule, sondern Inklusion einfach bei möglichst

viele, müssen eine möglichst faire Chance haben, ja, in rechtsstaatlicher Sicherheit und

entsprechender Förderung und Zugang zum Bildungssystem und so weiter, ihren Weg zu machen. Genau.

So, das ist ja im Grunde um die Aussage. Und da ist vererben jetzt eher so was, was von der

Gegenseite kommt. Genau. Ja, also das Blut fließt jetzt nicht schneller durch die Gesellschaft,

sondern es sind eher so ein paar Atterien, die dadurch eher verstopft werden. Also weil dann der

Zugang zu bestimmten Positionen, ich meine, Sie sehen im Augenblick auf eine spannende Art,

eine andere Form von Verabung, über die auch nicht viel geredet wird. Das ist, wenn Leute,

die einflussreiche Positionen haben oder sehr bekannt und berühmt sind, ihre Kinder in Stellung

bringen. So wie Heidi Klum zum Beispiel und die Geißen. Ungeachtet der Frage, ob man jetzt

aus optischen Gründen sagen würde, die käme für diesen Beruf in Frage. Ja, und das Unterhaltungstalent

ihrer Eltern haben die Geißenskinder auch nicht. Aber wie man sozusagen ein Imperium aufbauen kann,

nun ist das jetzt nichts gesellschaftlich Schlimmes. Aber es ist interessant, dass man ja auch Zugang,

den man sich einmal erarbeitet hat oder den man gewonnen hat, vorsichtiger ausgedrückt,

dass man den ja auch weitergeht. Ja, und ist der Türsteher für seine Kinder. Genau. Genau. Und ich

glaube, dass ganz viele Menschen und nicht nur die genannten Beispiele darin auch so ihre Aufgabe

sehen. Ja, ja. Und im Fall von Heidi Klum hat man aktuell auch nicht viel dabei an gerade. Das ist,

mich wundert mich immer, ich bin immer überrascht davon aufs Neue, positiv überrascht, was du alles

so mitkriegst, Richard. Guckst du die Geißens? Ich habe tatsächlich schon einige Folgen der

Geißens gesehen. Man kann sagen aus Verzweiflung. Ja, also ich bin ja altmodisch. Ich gucke keine

Netflix-Serien und so weiter. Also alles, was richtig gut ist, entgeht mir. Ich könnte ja immer sagen,

Streaming-Dienste nehme ich nicht wahr aus ökologischen Gründen, weil der Stromverbrauch,

der damit einhergeht, 100-mal schlimmer ist als alle Kreuzfahrtsschiffe und aller Luftverkehr der

Welt zusammen. Das ist auch so. Das ist interessant, ne? Ja, aber ich habe diese Entwicklung nicht

mitgemacht. Ich gucke ja ohnehin nicht so viel Fernsehen haben, nicht so viel Zeit dazu. Aber ich

bin in meiner Verzweiflung so nachts in Hotelzimmern und sowas schon mal hängen geblieben, dass ich dachte,

die anderen Programme, die laufen, sind schlechter als die Geißens. Das ist tatsächlich so. Also

ein bisschen Unterhaltungsfaktor habe ich darin gesehen. Also diese Nachrichten aus Neu-Reichenburg,

die man da so aufnimmt, die, das ist so eine Dimension, was ich komme mit solchen Leuten im

Leben sonst nicht zusammen. Sondern man hat ja nur Klischees da drüber. Richtig. Und das dann zu

gucken und zu sehen, dass man seine Klischees zurecht hat, das ist doch gut. Ja, finde ich auch.

Ich finde, das muss jetzt alles geben und das ist auch alles völlig in Ordnung. Nein, aber noch mal

zurück zum Thema. Das heißt, es geht eigentlich um die Frage des Aufstiegs und da und da auch da.

Das ist ja wirklich interessant. Ich habe jetzt bei der Krönung von Charles, da habe ich jetzt mal den

Fernseher angemacht und war dann irgendwie fasziniert von dieser von dieser goldenen Kutsche und dachte,

oh mein Gott, ey, und auch die allein, die, diese Nackenstarre, die sich entwickeln muss, wenn du

da so einen teuren Klimbimmel auf den Kopf tragen musst für so lange Zeit. Und ich sehe die da

alles so sitzen. Und ich musste, also speziell in dieser zweiten, dritten, vierten, fünften Reihe,

da saßen fast nur alte Leute. Es war sehr interessant. Sehr viele Leute, die so aussehen,

als wären sie auch miteinander in irgendeiner Form verwandt oder verschwägert. Das war auch

sehr interessant. Ja, sich sozusagen sehr ungünstig gemischt haben. Ja, sich auf engstem Raum vermehrt.

Genau. Und die froh werden um jeden Tropfen frischen Blutes, der da mal reinkommt. Ja, aber das will

man nicht. Sondern man bleibt selbstverständlich unter sich. Und ich musste so an unseren England-Filmen

denken, unsere Dreharbeiten, die wir da in England vor ein paar Jahren hatten, wo mir klar wurde,

was für ein unglaubliches Kastensystem England ist. Und die Leute, die da gesessen haben,

das waren diese paar Dutzend Leute, denen faktisch ganz England gehört. Denn gehört das ganze Land,

denn gehört das alles. Das sind diese Großgrundbesitzer, denen wirklich alles gehört. Also da müsste

Assimuglo sofort gegen vorgehen und sagen, das verstopft auch, das ist nicht gesund. Ja, und läuft

ja auch gerade nicht gut in England. Und vielleicht sind die die Verstopfung. Auf Demokratien können

so altern, dass genau diese Tendenzen, die man aber in Autokratien zu Recht verachtet, sich

schleichend darin ausbreiten. Besitztanzwahrung. Genau das ist die Frage. Ich habe noch eine

schnelle Frage, weil das interessant ist. Ich habe jetzt Charles Krönung nicht gesehen. Gibt es diesen

Adels-Experten dessen Namen, wie ich mir nicht merken kann? Seelmann Egbert. Volferhard Segelmann

Segelmann Egberisch. Seelmann Egbert. Seelmann Egbert. Seelmann Egbert. Seelmann Egbert. Ich frage

mich, von dem ich eine hohe Meinung habe übrigens. Ich auch. Aber hat der das nochmal kommentiert,

weil der ist ja glaube ich schon lange immeritiert? Nein. Also ich wusste gar nicht, dass Adels-Experten

irgendwann in Ruhe standgehen. Das finde ich ein Widerspruch in sich. Bei Königem machen

das im Regelsfall auch nicht. Ich finde, man sollte die auf Lebzeit wie so ein Synchronsprecher

lassen. Also wenn ich weil, was sowas gesehen habe, wie damals Lady Di, und so, und Thronjubiläen

und so, dann nur wegen dieser Stimme. Ja. Und wenn ich mal irgendwie im Altersheim liege und ich

sollte uralt werden und ich werde so nakotisiert und kriege so zu oder werde terminal seediert,

dann möchte ich die Stimme von Seelmann Egbert im Ohr haben. Seelmann Egbert. Also man kann

nicht beruhigender ins Jenseits hinvorfahren. Wie der mit diese liebevolle Stimme, mit der da so

eine Pelzmütze und irgendein Orden beschrieben werden und das mit so einer gesetzten freundlichen

Pelzmografität, in der alles seine Bedeutung hat, großartig. Großartig. Das ist eine Gabe. Und ich

würde sofort eine Petition unterschreiben, den Herrn dessen Namen ich mir nicht merken kann,

sofort wieder zurückzuführen. Rolf Seelmann Egbert. Seelmann Egbert. Kommen wir zurück. Zurück

zur Versopfung der Arterien. Und da sind wir in Reihe 1, 2 und 3 dieser Krönung von King Charles.

Für mich ist das immer noch ein Prinz. Egal. Alle sitzen da und Camilla guckt irgendwie und er

selber. Charles guckt ja auch so ganz ernsthaft von seiner eigenen Bedeutung tief ergriffen.

Das war sehr interessant, das zu sehen. Hat irgendwie nie gelacht und dachte Alter,

jetzt freu dich doch mal. Heute ist ein großer Tag für dich. Du bist jetzt endlich mal König.

Man hat das Gefühl, die Last von 2000 Jahren drückt ihn jetzt irgendwie nieder und dann kommt

noch diese Krone oben drauf und er war heilfroh, dass er das Ding maten nehmen konnte. Aber dahinter,

diese erste, zweite, dritte Reihe, da saßen die. Diese ganzen Leute, denen das ganze Land gehört.

Und alle alt und alle keinen Bock, auch nur irgendwas davon abzugeben. Und ich erinnere mich an

dieser Geschichte damals. Wir haben in England gedreht und ich habe mit einem dieser Pechter,

dieser riesigen Landgüter gesprochen. Man kommt ja dahin aus unserer Welt und denkt, das ist der

Bauer, der gehört die Kühe und dem gehört natürlich auch das Land. Aber nichts gehört da

irgendjemandem. Es gehört alles immer dem Landlord. Dem gehört das alles, diesen wahnsinnigen

Großgrundbesitzern. Und er erzählte mir die schöne Geschichte, wie die sozusagen ihre eigenen

Gesetze machen und den Hals nicht vollkriegen. Es gab von der EU Förderungen für die einzelnen

Tiere, Schafe, Kühe und so weiter. Die haben die abgegriffen, die Bauern, zurecht auch für ihre

harte Arbeit. Und das passte denen aber nicht, diesen Landlords. Und haben gesagt, weißt du was,

dann sorgen wir jetzt dafür, dass es diese Subvention nicht mehr für die Schafe und die Kühe gibt,

sondern gibt es ab sofort pro Hektar. Das war nationale Gesetzgebung von der EU überhaupt

nicht so gedacht und intendiert, aber einfach um diese Typen noch reicher zu machen,

als sie ohnehin schon waren. Und da habe ich damals gedacht, siehst du, genau das ist das,

was die Leute dann triggert und da hebelst du ja auch das Leistungsprinzip komplett aus. Es lohnt

sich für den armen Bauern plötzlich nicht mehr, sich noch mehr anzustrengen und noch fünf Schafe

mehr zu scheren und zu züchten, weil die Kohle dafür greift sich jeder andere ab. Also es war

ja eine der bergwürdigsten Entscheidungen der EU überhaupt, die Subventionen von der Größe der

Betriebe abhängig zu machen. Je größer die Betriebe, umso mehr Subventionen kriegen sie. Also mehr

Ungleichheit in der Landwirtschaft konnte man überhaupt nicht erzeugen, wo ich mich auch

frage, wie war das überhaupt möglich? Genau, aber es sind Leute mit Einfluss und die machen

ihre eigenen Gesetze und ihre eigenen Regeln und das ist sozusagen das, von dem ich glaube,

da beginnt der Abstieg von Nationen. Siehe, benedigt. Und jetzt haben wir ein ganz anderes

Thema als zu sagen, in Deutschland lässt der Fleiß nach oder wir haben Innovationen verschlafen,

was ja beides stimmen kann, sondern wir können sagen, wenn Systeme alternen und da sind liberale

Demokratie nicht von ausgeschlossen, ja, dann, dann verstopfen sie mit der Zeit. Das heißt,

als Besitzstandswahrung nimmt zu, Chancengerechtigkeit nimmt tendenziell ab. Und das kann eben auch

freiheitlich liberalen Demokratien passieren. Also ich habe mich ja viel mit Bildung beschäftigt

und die besten Bildungsaufstiegsmöglichkeiten in Deutschland gab es in den 80er Jahren,

da war Deutschland führend in Europa. Und jetzt sind wir nur noch auf irgendeinem blöden Mittelplatz.

Ja, weil, was ist ja klar, was passiert? Reiche Leute schicken ihre Kinder auf Privatschulen,

setzen die von Anfang an auf ein anderes Gleis, damit sie mit den anderen nichts zu tun haben.

Richtig. Schulen in sozialen Brennpunkten werden relativ schlechter im Vergleich zu denen in den

Willen vor Orten und so weiter. Das Sprengelprinzip ist ja weitgehend aufgehoben. Also man kann also

rechtzeitig gucken, dass die Kinder mit Kindern aus schwierigen Elternhäusern nichts zu tun haben,

für die ist keine richtige Lobby da und so weiter. Und das heißt, also da beginnt natürlich genau

jener Prozess, der in dem Buch, warum Nationen scheitern, als Grund für Scheitern angegeben hat.

Ich denke mir immer, unser Land braucht dringend eine Blutaufrischung. Und mein Lieblingsgedanke

dazu ist, wenn ich kann ja in meinem Leben nicht alles machen, aber wenn ich noch irgendwas,

so ein größeres Projekt noch anfangen würde, dann wäre das eine Art Akademie für Hunghrige.

Ja, weil ich da mal so wohlhabenden Elternhäusern kommt und so weiter. Der hat natürlich die

Möglichkeiten, sehr gute Schulen zu besuchen. Wo es mit Noten nicht schafft, gibt es noch eine

zweite Garnitur, von welchen die immer noch gute Schulen sind, wo man auch ohne Top-Leistungen

hinkommt. Aber es gibt so viele witzige, geistreiche, hungrige Menschen, die vom Elternhaus her nicht

die Chance gehabt haben, überhaupt auf diese Schiene zu kommen. Die gibt es aber in jeder Schule

und in jeder Klasse, die könnte man identifizieren und den Stipendien zu geben und sie von den

besten Lehrern ausbilden zu lassen. Ich glaube, dass das, was dabei rauskommt, viel besser,

kreativer, spannender und wichtiger für unsere Gesellschaft wäre, als diese etablierten und

eben auch zunehmend verstopften Bildungswege. Und ich glaube, so etwas müsste es geben,

und zwar in großer Zahl. Wir haben ja noch keine Antwort darauf gefunden, warum China

ein Aufstieg geglückt ist, obwohl sie keine inklusiven Institutionen haben, obwohl es da

keine Presse- und Meinungsfreiheit gibt, obwohl die Partei da überall exklusiv den Daumen drauf

hat. Vielleicht könnte auch neben vielem anderen ein Aspekt sein, dass man ziemlich

vielen Leuten die Chance gegeben hat, aufzusteigen. Das macht aus China keine liberale Demokratie,

aber es wäre eine unter mehreren Erklärungen, warum das Land jetzt wohlstandsmäßig so durch die

Decke gegangen ist gegenüber dem elenden Zustand in die Mao-China vorgefunden und übergeben hat.

Richtig, richtig. Also, Richard, spannend, wir sollten investieren in Schulen, in Aufstiegsmöglichkeiten

und sollten vor allen Dingen uns nächste Woche wieder treffend zu einem weiteren Austausch. Das hat

großen Spaß gemacht, viel gelernt. Danke dir. Bis dann, tschüss, tschüss, tschüss.

Eine Produktion von M-Cog2 und Potsats bei OMR im Auftrag des ZDF.

Machine-generated transcript that may contain inaccuracies.

Warum Nationen scheitern:
In den vergangenen Episoden haben sich Richard und Markus häufig mit dem Aufstieg Chinas und dem Niedergang des Westens beschäftigt. Vor einem Jahrzehnt haben die amerikanischen Ökonomen und Harvard-Kollegen Daron Acemoglu und James Robinson mit ihrem Buch "Warum Nationen scheitern" die Debatte über die unterschiedliche Entwicklung von Staaten entscheidend geprägt. Für sie hat nachhaltiger wirtschaftlicher Erfolg genau einen Grund: „inklusive“ Institutionen. Was das genau bedeutet, darüber diskutieren Lanz und Precht in dieser Ausgabe.