LANZ & PRECHT: AUSGABE FÜNFUNDACHTZIG

ZDF, Markus Lanz & Richard David Precht ZDF, Markus Lanz & Richard David Precht 4/21/23 - Episode Page - 59m - PDF Transcript

Blanz und Brecht.

Schönen guten Morgen, Richard.

Guten Morgen, Markus.

Ich habe heute Morgen ein so lustiges Erlebnis bin wach geworden.

Mache mein Telefon an und stoße auf einen Post von den Kollegen von Terra X History.

Darauf siehst du Helmut Kohl und dazu die Überschrift lädt dieser Post langsam wegen Helmut Kohl.

Und ich musste so lachen, weil wir auch gelegentlich Leitungsschwierigkeiten haben und dachte genau.

Und lädt auch unser Podcast gelegentlich langsam wegen Helmut Kohl.

Da wird die schöne Geschichte aufgedröselt, dass ja die Regierung Schmidt 1981 beschlossen hat,

dass Deutschland bis 2015, also Westdeutschland, mit Glasfaseranschlüssen ausgestattet sein soll.

Und heute sind wir, was Glasfaseranschlüsse angeht, ganz, ganz, ganz, ganz weit hinten,

weil Kohl lieber das Privatfernsehen gefördert hat und hat dann im ganz großen Stil Kupferkabel verlegen lassen

und war ohne Lehrrohre dazu, die heute den Ausbau deutlich erleichtern würden.

Hat er das nicht was mit Schwarzschilling zu tun?

Ja, das wird immer erzählt, der berühmte Postminister.

Hat er so eine Firma Sonnenschein oder wie die hieß, kurz bevor er Minister wurde seiner Frau überschrieben hat?

Also es war auf jeden Fall so, ich habe ihn auch mal selbst danach gefragt und er hat das mit Bausch und Bogen zurückgewiesen.

Aber das Gerücht ist, das war eine Kupferkabelfirma und dann wird er Minister und plötzlich werden Kupferkabel verlegt statt Glasfaser.

Genau.

Das war so. Die Kollegen von Terra X History allerdings spekulieren darüber, dass das was mit Leo Kirch zu tun hatte.

Der Ausbau des Privatfernsehens und diese ganzen vielen Kupferkabel, weil Kirch hat davon vor allen Dingen profitiert,

vielleicht den jüngeren Zuschauer noch mal erklären, wie er in Leo Kirch war.

Leo Kirch ist ein Dutzfreund von Helmut Kohl, von dem Kohl nach der Kanzlerschaft für vermeintliche Beratertätigkeiten 1,8 Millionen DM ohne nachweisbare Gegenleistungen bekommen hat.

Der ein riesiges Imperium aufgebaut hat, ursprünglich Filmhändler, der lieferte den Sendern die Filme und hatte die Rechte daran.

Ja, bestimmt auch deine Lieblingsserie, Feder der Klamotte.

Ach, was feinste mal auch?

Der ist sicher.

Ich glaube alles war Leo Kirch, genau.

Und er bescheint sich quasi auf das Privatfernsehen in Deutschland quasi zu werden mit seiner riesigen Firma.

Richtig.

Und er ist dann irgendwann politisch sehr hochgestiegen quasi, also durch Begünstigung und dann aber auf brutalste Art und Weise zur Strecke gebracht worden.

Richtig.

Und dieser Leo Kirch, meinst du, ist der Grund, warum das mit den Glasfasern nicht kann?

Ja, also der hat auf jeden Fall enorm davon profitiert von diesen, es ging einfach darum, das Geld sozusagen anders einzusetzen.

Ja, und Kohl hatte ja einmal, weißt du ja auch, der hatte immer Stress mit öffentlich-rechtlichen, investigativen Formaten, Panorama und Monitor und so.

Das ging ja mal auf den Geist.

Die sind dem ja auch auf den Zeiger gegangen.

Das kann man wohl sagen.

Genau.

Man kann den Grollgut verstehen, aber das ist so ein bisschen die Vermutung.

Ich finde es nur heute interessant, weil wir gleich, ich wollte heute mit dir mal über Indien reden.

Ja.

Du hast ein tolles Gespräch neulich zu dem Thema gehabt.

Kommen wir gleich dazu.

Und das ist ja ein Land, das heitäckmäßig auf dem, wirklich auf dem Sprung ist.

Wenn man sich die Zahlen mal anguckt, Glasfaseranschlüsse, ne?

Südkorea, was schätzt du?

Wie viel Prozent?

Die sind sicher ganz, ganz weit vorn.

Das ist doch das robotrisierteste Land der Welt.

Also nirgendwo gibt es so viele Roboter.

Ja, Deutschland auch.

Südkorea ist noch knapp vor Deutschland.

Ach, ich denke, das ist irgendwie komplett 100 Prozent.

87, also fast, genau.

Schweden, was schätzt du?

Auch weit.

Skandinavischen Länder.

Große Entfernung, wenig Leute.

Aber viel Glasfaser.

Viel Glasfaser.

80 Prozent.

80 Prozent.

Pass auf.

Chile, 61.

Chile ist ja das Land des Kupfers.

Fällt mir gerade ein.

Kupferproduzenten der Welt.

Die werden wahrscheinlich auch noch schwarz-schillings Kupferkabel verlegt haben.

Ja, das ist wahr.

Türkei.

Boah, ich weiß es, dass Erdogan unglaublich in die Infrastruktur investiert hat.

Sowohl in Autobahnen wie in Datenautobahnen.

50 Prozent.

28, immerhin, finde ich.

Und wo liegt Deutschland?

Glasfaseranschlüsse.

Ja, ist ziemlich weit unten.

15 Prozent.

Das ist schon hart, oder?

Deswegen lädt dieser Podcast langsamer wegen Helmut Kohl.

Ich musste es so lachen.

Gratuliere an die Kollegen.

Eine herrliche Headline hat mir heute Morgen den Tag vielleicht ganz anders starten lassen.

Wunderbar.

Richard, Indien.

Es ist was Historisches passiert.

Ja, die Chinesen sind überholt.

Ja, in Menschen.

Mehr als 1,4 Milliarden Menschen.

So genau weiß das ja keiner.

Ich habe in der Schule gelernt, es gäbe in Indien 750 Millionen Menschen.

Zu deiner Zeit war das auch wahrscheinlich richtig.

Also das ist natürlich jetzt eine halbes Jahrhundert her.

Aber seitdem fast verdoppelt.

Überlegt man.

Also in den letzten 40 Jahren müssen die sich verdoppelt haben.

Ja, es muss irgendwie so gewesen sein.

Das war die Zeit, da hat die Inderen im Schnitt fünf Kinder bekommen.

Fünf. Weißt du wo die heute sind?

Das ist übrigens interessant und daran siehst du, was sich da getan hat.

Also auch demografisch.

Wahrscheinlich jetzt auch bei drei runter oder so?

Bei zwei.

Zwei irgendwas.

Das ist ja eine gute Nachricht.

Also nicht, dass ich nicht in Indern gönne, dass es immer mehr werden.

Nein, um Gottes Willen.

Sondern wegen des überbevölkerungsproblems.

Aber zeigt wieder, wo Wohlstandswachstum.

Darauf wollte ich hinaus.

Da geht die Kinderzahl runter.

Und dann geht es runter.

Die Prognosen sind.

Es wird dann irgendwann bei 1,7 Milliarden sich einpendeln.

Und dann geht es runter.

Aber es ist wirklich interessant, damit du überweichst.

Also 1,4 Milliarden Inder.

Das sind mehr als dreimal so viele Menschen,

wie in der gesamten EU-Leben.

Das sind mehr Menschen,

als alle Einwohner von Nord- und Südamerika zusammen.

Das bedeutet fast jeder fünfte Mensch auf dem Planet ist ein Inder.

Oder Chineser, weil die liegen ja knapp dahinter.

Richtig.

Das heißt also zusammen, jeder zweieinhalbste Mensch ist Inder oder Chineser.

Eben.

Überleg mal.

Deswegen das asiatische Jahrhundert.

Ohne jeden Zweifel.

Die größten Märkte.

Noch riesiger Aufholbedarf.

Nicht zu vergessen Indonesien.

Da auch zunehmend als Wirtschaftsmacht Bedeutung kriegt

und auch eine starke Bevölkerungsentwicklung hat.

Genau.

Auch interessant hat mit Ranga Yogeshwar darüber gesprochen,

dieser Tage.

Der sagt dem Jahre 2030 gibt es OECD-Schätzungen.

Werden ungefähr 27 Prozent aller Wissenschaftler weltweit,

wenn aus Indien kommen,

37 Prozent aus China

und wie viel aus Deutschland.

Schätzt mal.

Zwei.

Sehr gut.

1,8.

Ja.

Und um mal die Dimension mal klarzumachen.

Die staatliche Eisenbahngesellschaft, Indian Railways,

hat kürzlich, wie viele Lokomotiven bestellt bei Siemens,

1.200 Lokomotiven.

Wahrscheinlich so viele wie in Deutschland insgesamt fahren.

Wenn sie fahren.

Ja, wenn sie fahren.

Die Airline Air India hat kürzlich den größten Flugzeugdeal

ihrer Geschichte gemacht.

250 Flugzeuge bei Airbus bestellt

und knapp 300 bei Boeing.

Das musst du dir mal vorstellen, du bist an Land.

Kannst dir überlegen, was wäre die Weltwirtschaft ohne China und Indien?

Also wir hätten mit Abstand nicht dieses Wachstum gehabt

und diesem Wohlstand hier,

wenn wir nicht unglaublich von diesen Märkten profitieren würden.

Und immer noch, ne?

Also ein Drittel.

Immer mehr.

Immer mehr.

Also gerade was China anbelangt,

sowohl die USA, wie die Europäer,

investieren mehr und mehr und mehr in China.

Richtig.

Also während auf der politischen Ebene gesagt wird,

du bist mal aufpassen und dürfen uns nicht abhängig machen,

läuft ekonomisch exakt das Gegenteil.

Genau, das ist der Punkt.

Das ist diese seltsame Widersprüchlichkeit.

Und ich habe es in so einem Kontext gestellt,

ich finde das das Gleiche wie bei der Deutschen Bahn.

Also wir versichern uns seit Jahrzehnten ständig gegenseitig,

wir müssen dringend jetzt die Bahnen ausbauen

und was sie wird, ist immer miserabler.

Das passt nicht zusammen.

Und wir haben noch vor ein paar Jahrzehnten, das ist verrückt,

haben wir im Jahr vier Milliarden Euro in die Deutsche Bahn gesteckt.

Und mittlerweile waren wir kurzzeitig mal runter auf eine Milliarde,

jetzt geht es so langsam wieder hoch auf zwei.

Das heißt, diese vermeintliche Verbesserung,

wir haben jetzt da mehr Geld im Etat,

von eins kommen wir irgendwas hoch auf zwei,

ist in Wahrheit immer noch nur die Hälfte dessen,

was wir mal hatten.

Also das ist halt so richtig ernst,

nimmt das Projekt keiner.

Ja, das ist eine ganze Sendung über die Deutsche Bahn.

Das ist eines meiner Lieblingsthemen nicht nur als Benutzer.

Das ist ein schönes Kapitel, dramatischer Fehlentwicklung.

Ja, ist richtig.

Deswegen lasst uns lieber über Indien reden.

1200 neue Lokomotiven, finde ich super.

Das Land der Start-ups, die IT-Branche,

auch total interessant,

Indien hat mittlerweile 100 sogenannte Einhörner,

Unicorns, Unternehmen mit einer Bewertung

von mehr als einer Milliarde Dollar.

Das ist wirklich beeindruckend.

Und dann auch so Sachen,

da bin ich damit beschäftigt, total interessant.

Also Datenschützer hierzulande,

die kalt den Rücken runterlaufen.

Fast alle Inder haben inzwischen

so eine komische, labrige Plastikkarte.

Und darauf sind gespeichert ihre Fingerabdrücke

und biometrische Daten.

Ja, genau.

Aber wie immer sowohl als auch.

Das heißt, bedeutet,

Menschen können sich damit zum ersten Mal

wirklich identifizieren, ausweisen.

Und ohne Ausweis hatten all diese Leute vorher

keine Möglichkeit, einfach mal ein Konto bei der Bank zu eröffnen.

Das ist interessant.

Heute hat ein Großteil aller Erwachsenen eines dieser Konten.

Und da gibt es andere Sachen,

zum Beispiel Sozialleistungen,

können dadurch dann direkt überwiesen werden.

Das heißt, der Staat kann sich nicht nur

Bürokratie sparen,

sondern das Geld kommt dann auch wirklich

bei den Betroffenen an.

Das ist der Fall.

Es wurde von irgendwelchen Mittelsmännern

einfach so dann Korruption abgezweigt.

Das heißt, wenn du so jemanden fragst,

ob er ein Thema mit seinen Daten hat

oder ob ihm die pünktliche

und auch ausreichende Überweisung

seiner Sozialhilfe lieber ist,

kann mir vorstellen, dass er die antwortet.

Aber es ist ja schlimm genug,

dass man um Zugang und Anteilnahme

und Ansprüche zu haben,

Freiheit einschränken muss.

Ja, das ist wahr.

Das gibt es auch faszinierend.

Da habe ich das Gefühl,

das ist ähnlich wie bei den Chinesen.

Einer der Gründe,

sagen Leute, die sich damit auskennen,

warum die Chinesen so unfassbar,

schnell, plötzlich in diese

Digitalisierung reingekommen sind,

ist ja, dass ja die Laptopphase,

die wir alle noch so erlebt haben,

die haben die ja übersprungen.

Direkt sozusagen aufs mobile Endgerät,

direkt auf die Apps, direkt aufs Handy.

Das passiert gerade in Indien auch.

Mittlerweile Systeme,

es ist so ein Milliardär am Start,

Nilekani heißt er,

der hat ein Zahlungssystem geschaffen,

können jeder Inder heute

binnen Sekunden Geld von einem Handy

auf das nächste transferieren,

und zwar komplett gebührenfrei.

Also eine unglaubliche

Technologiegläubigkeit.

Ich glaube, ich würde mich in dem Land gar nicht mehr zurechtfinden.

Gibt es da noch Bargeld eigentlich?

In Indien mit Sicherheit.

Ja, klar.

Warst du mein Indien?

Nee.

Ich habe mal für eine Reportage

im Süden in Chennai gedreht.

Mein Indien ist ja kein Land,

sondern es ist ein Kontinent.

Das ist einfach gigantisch groß.

Und ich erinnere mich noch

an diese unvorstellbare Schwühle,

Hitze, die mach dich wirklich fertig.

Und ich erinnere mich

an dieses laute,

wuselige

in diesen Städten

der gerne fotografiert, wie ich,

ein Wahnsinn.

Er ist eine Welt, bunt und laut

und lärmig.

Dann hast du überall

diese Straßenstände.

Und dann gehst du hin und sagst,

ich hätte gerne mal ein Brötchen.

Dann sagst du, ja, mit Hühnchenfleisch und so weiter.

Dann sagst du, ja, sehr gerne mit Hühnchenfleisch.

Und dann fällt dir auf,

hinter diesem Dresen gackert es

in so einer Kiste.

Und plötzlich hört das Gehgacke auf.

Und dann kommt gleich dein Brötchen.

Weil die Abwesenheit

von Kühlschränken natürlich dazu führt,

dass du das Hühnchen einfach so am Start

haben musst.

Das ist sehr beeindruckend.

Und wir haben damals

eine Reportage gedreht über

indische Mädchen, die aufm Land

bis heute

zum Teil umgebracht

werden.

Und zwar nach der Geburt.

Es gibt sieben

Menschen, die aufm Land

umgebracht werden,

weil ein Mädchen

für viele arme Familien

tragischerweise eine große Belastung darstellt.

Die Mitgift wird in Gold

ausbezahlt.

Und das können sich viele arme Familien

nicht leisten.

Und dann spielen da Hebammen

und Großmütter und so weiter

eine ganz traurige Rolle bei dieser Geschichte.

Mit Müttern dort gesprochen,

das zerreißt dir wirklich das Herz.

Mit jemandem sich darüber zu unterhalten,

Indiens tote Töchter.

Ich glaube, es gibt noch in der Mediathek,

weil damals ein

sehr berührender Film.

Und das ist mir wirklich so im Kopf geblieben

und auch, wie die Dinge

so zusammenhängen.

Also, damals habe ich verstanden,

wenn wir hier mit Gold spekulieren

und der Goldpreis geht nach oben,

dann bedeutet das,

in Indien ist ein Mädchen

jetzt in großer Gefahr.

Und dort der Goldpreis steigt.

Das sind so Zusammenhänge, die du dann plötzlich verstehst.

Und wo du merkst,

in diesem ganz abgelegenen Dorf

in Indien auf dem Land

schlägt plötzlich die Globalisierung zu.

Es zeigt jemand für die Spekulation.

Ja, richtig. Das ist wirklich hart,

wenn man das dann mal so begreift.

Aber abgesehen davon,

was du auch immer siehst,

ist diese Lebensfreude

und dieses Wollen,

dieses Verliebtsein ins Gelingen,

diese Inder,

die wirklich jetzt merkt,

es ist jetzt unser Moment.

Und du hast neulich Richard ein tolles Gespräch

zu dem Thema geführt.

Da habe ich mir angeguckt.

Wie hast du den erlebt?

Was berichtet der?

Ein indischer Schriftstellerphilosoph, ne?

Ja, Kulturhistoriker,

Schriftsteller,

der mal ein sehr erfolgreiches Buch

geschrieben hat,

das Zeitalter des Zorns,

dieses Terrorismus zu erklären

vor einigen Jahren ein sehr gutes Buch dazu.

Was ist die These?

Na ja, gut,

bringt es natürlich mit der Kolonialgeschichte

in Verbindung.

Und dass der Terrorismus

von den Terroristen selber

immer noch in der Tradition des Kolonialismus

als Freiheitskampf empfunden wird.

Gegen Besitzer,

die eine Welthegemonie aufgebaut haben

und die dann nichts mehr verloren haben.

Dass es sozusagen deren Selbstverständnis ist.

Und das Interessante

er hat zu letzten Buch geschrieben

in erster Linie

eigentlich über die Engländer

und die englische Kolonialgeschichte

und erwürft den Engländern vor,

dass sie ihre Verbrechensgeschichte

nicht adäquat aufgearbeitet haben

im Vergleich zu den Deutschen.

Genau.

Also er lobt Deutschland sehr.

Ich habe auch in der Sendung gesagt,

das war natürlich für Deutschland auch keine Frage

eines anderen Weges.

Und in Deutschland

und Verlierer müssen neu nachdenken

über ihre Werte, ihre Moral,

ihre Rolle in der Welt.

Und Sieger tun das im Regelfall nicht.

Und Großbritannien war halt Sieger.

Er war zwar letztendlich Verlierer

des Zweiten Weltkrieges

und Deutschland Gewinner, wirtschaftlich gesehen,

aber militärisch was umgekehrt.

Das heißt also, in Großbritannien

musste nicht irgendeine Kontinuität aufgebrochen werden,

sondern man musste ein völlig neues

Selbstverständnis, ein neues Moral entwickeln.

Genau, die USA mussten das auch nie.

Das heißt also,

ihre Verbrechensgeschichte

gegenüber den Schwarzen,

gegenüber der indigenen Bevölkerung und so weiter

musste nie im vergleichbaren Stil

aufgearbeitet werden

und ist deswegen als latenter Rassismus

ja auch noch vorhanden, wie die Deutschen das gemacht haben.

Und das ist das, was Banker Schmischra

sehr bewundert und sagt also,

wenn alle Völker des Westens

sich so benehmen würden wie die Deutschen

und so mit ihrer Geschichte umgegangen wären,

dass sie viel weiter.

Er sagt aber, dass die ehemaligen Kolonialmächte

Frankreich, England

in gewisser Hinsicht die USA

das nie getan haben.

Und dass es deswegen so schwierig ist,

dass der Begriff des Westens

Länder zusammenbringt,

die einen sehr, sehr unterschiedlichen Umgang

mit ihrer eigenen Verbrechensgeschichte pflegen.

Und dass man verstehen muss,

dass es in Ländern, die unter der Kolonialzeit

gelitten haben, wie zum Beispiel Indien,

eine sehr, sehr starke Abneigung

gibt, sich vom Westen was über Werte erklären

lassen zu wollen. Das Gleiche gilt ja auch für China,

was ja im Prinzip auch Englisch Kolonial war.

Und dass das Dinge sind, die man

verstehen muss, wenn man mit diesen Ländern umgeht.

Und ein Punkt noch,

der ihm wichtig war,

wir sprechen heute in letzter Zeit

ganz, ganz verstärkt

vom 21. Jahrhundert

als Kampf der Demokratien gegen die Autokratien.

Und er sagt, das stimmt ja so

nicht. Einfach schon aus dem einen Grund,

es gibt viele Autokratien gegen die,

gegen nichts, gegen die Golfstaaten,

gegen Saudi Arabien und so weiter.

Wenn man das scharf verfassen will, dann ist es

der Kampf der Etablierten,

also der USA und der Europäer,

gegen die Emporkömmlinge,

gegen die Chinesen

und gegen die Inder,

die sagen, wir sind, also jeder

zweieinhalb in der Weltbevölkerung lebt

in diesen Ländern, wir sind aber nicht adäquat

vertreten. Nicht in der Weltbank,

im internationalen Währungsfonds,

in der Welthandelsorganisation und so weiter,

sondern das sind eigentlich Institutionen

des Westens und seine Befürchtung

ist, dass der Westen nicht

auf adäquate Art und Weise bereit ist,

die Früchte des Wohlstandes

in dieser Welt mit den Emporkömmlingen zu teilen.

Und das sagt, der wäre

sozusagen die Matrix für die Konflikte,

in die wir jetzt reinkommen.

Also das ist jetzt referiert, was sozusagen

seine Kernaussage ist.

Interessant ist sozusagen,

was das für eine Welt ist,

die da gerade entsteht.

Wir haben dieser Tage gelesen,

dass eigentlich

diese bipolare Welt,

also das Kalter Krieg,

also auf der einen Seite der Westen,

ja, die Amerikaner im Wesentlichen,

auf der anderen Seite die Sowjetunion,

dass das eigentlich etwas war

paradoxerweise, was zu einer

gewissen Stabilität geführt hat.

Immer.

Und das aber...

Eigentlich, eigentlich, eigentlich muss man sagen,

wir hatten auch bis zum Nauerfall

keine ernsthaft bipolare Welt.

Wir hatten auch damals

sehr weitgehend eine Pax Amerikaner.

Also die USA

waren dem real existierenden

Ostblock

in dermaßen wirtschaftlich

überlegen,

dass das alles die Jahrzehnte der USA letztlich waren.

Es waren ja nur

eine Handvoll Länder, ja, also auf dem

Höhepunkt vielleicht mal 10 oder 15.

Vietnam und Camposcher,

wie das damals hieß und so weiter, Angola,

Musambik, also wirklich nur ein paar Länder,

in denen es

Moskau freundliche Regierung gab.

Und im Grunde genommen war

das die Zeit der Globalisierung

und des Sieges sucht des Kapitalismus

auch schon in der Zeit,

als es noch eine Sowjetunion gab

und noch eine DDR.

Eigentlich kann man zusammenfassen,

dass die Zeit nach 45 eben die Zeit war,

in der die USA die uneingeschränkte

Hegemonialmacht in der Welt war.

Von wie gesagt diesen winzigen

Ausnahmen abgesehen.

Und was eben jetzt passiert ist,

dass diese macht bröckelt durch den

wirtschaftlichen Aufstieg der asiatischen Länder

und man kann sich auch überlegen,

dass da in Zukunft noch andere hinzukommen.

Saudi-Arabien

sollte sich der Iran mal

aus der Geiselhaft der Mullahs befreien,

wäre der Iran auch ein solcher Kandidat.

Brasilien steht schon lange auf der Wahrheit.

Das heißt also,

dass das Gefüge verändert sich und dieser Text

von dem du gerade gesprochen hast, diese Expertise

für deutsche Sicherheitspolitik,

die sagt aber nicht.

Ja, am stabilsten

sei die Welt, wenn es ein Hegemon gibt.

Das mag

durchaus so sein, zum Beispiel in der Zeit

des Römischen Reiches.

Es ist aber keine moralische Rechtfertigung

für ein Hegemon.

Es könnte ja dann jemand anders dran sein

und könnte man sagen, okay, dann ist jetzt

China der Hegemon, ist gut, wenn es nur einen gibt.

Also so kann man moralisch nicht argumentieren.

Nein, das ist richtig.

Das ist natürlich nur analysiert.

Und es ist natürlich schon interessant,

man hört das so,

ich konsumiere ja dann auch irgendwie

viel, weiß ich nicht, politische Lektüre und so weiter.

Man hört das im Radio.

Man ist auf dem Weg zur Arbeit.

Man kriegt das mit.

Da gibt es diesen neuen Megaplayer.

Also wenn du überlegst, jeden Monat

strömt 1 Million Inder

neu auf den Arbeitsmarkt dort.

Das ist irre.

Wenn du dir überlegst, 80 neue

Inder, dann ist es wirklich

eine Riese, der da gerade erwacht

und verschiebt sozusagen die Situation.

Was Kenna eben sagt ist,

man würde ja von außen sagen,

da ist es doch wunderbar.

Dann geht es an einem weiteren Land jetzt irgendwie gut.

Die haben auch ähnlich wie die Chinesen.

Die haben, glaube ich, 400, 500 Millionen

Menschen so aus der Armut geholt.

Aus Bitters der Armut.

Ja, muss man in Indien wirklich sagen.

Ich weiß, in diesem Slam damals,

in Chennai, da haben wir auch gedreht

und waren da unterwegs.

Da habe ich das erste Mal begriffen,

was wirklich Leben in einem Slam bedeutet.

Da ist jetzt irgendwie noch so ein Kellerloch rein.

Da werden vielleicht 3 Kartoffeln gelagert.

Nee, in dem Kellerloch

wohnt dann plötzlich ein Mensch.

Du schaust du plötzlich in die

stahlblauen Augen einer sehr, sehr alten Frau.

Ich habe dieses Foto damals gemacht.

Da habe ich immer noch vor Augen

mich wahnsinnig beeindruckt.

Man fragt sich, wie geht so was.

Deswegen ist es erst mal eine gute Nachricht,

dass solche Verhältnissen rauskommen.

Also nicht nur gut.

Das gehört zu den größten Leistungen

der letzten 50 Jahre.

Gehört das, was in Indien

und in China passiert ist.

Also unter dem Gesichtspunkt

menschenwürdiges Leben.

Sind das die Länder,

die am meisten getan haben,

aufgeholt haben und sozusagen

die größte Leistung vollbracht haben.

Das muss man anerkennen bei allen Dingen,

die man an diesen Ländern auch kritisieren kann.

Dann sagt Kenneth eben

vergleichbare Situationen in der Geschichte.

Was kann das bedeuten?

Vor 100 Jahren, zu Beginn des 20. Jahrhunderts,

drängen plötzlich

neue Mächte

sozusagen nach vorne.

Das Deutsche Reich, Russland,

Amerika.

Und fordern sozusagen

ihre Mitsprache ein

und ihr Recht

auf einen entsprechenden Anteil

an dem, was zu verteilen ist.

Das katholische Hegemon

ist Großbritannien,

findet sich in seinem Abstieg wieder

und das Ergebnis ist am Ende

dieser katastrophale Krieg.

Deswegen ist die Frage,

wenn man sich das auch so anschaut,

was da gerade im Indobazifik passiert.

Ich weiß noch Obama auch,

wie oft das beschrieben worden ist.

Obama hat dann angefangen,

die USA plötzlich Richtung

Pazifik auszurichten,

weil die genau verstanden haben,

das war, fanden die alles nicht mehr sexy

und vor allem nicht mehr relevant.

Und dann wendest du dich plötzlich

diesem asiatischen Raum zu

und ich hatte eine Zeit lang

wirklich das Gefühl und ehrlich gesagt

habe ich das in Teilnehmer noch,

denn worauf läuft das denn hinaus

jetzt mit den USA und mit China?

Also wir müssen wählen.

Das läuft fast zwangsläufig irgendwann

auf eine militärische Auseinandersetzung

vielleicht auf einen fötterlichen Krieg hinaus.

Und wenn man sich jetzt vorstellt,

wenn man in Indien mit ins Spiel

eine Superpower,

die da plötzlich auf die Weltbühne strebt,

was bedeutet das dann?

Vor allem wenn du dann weißt,

wie sehr historische Verbindungen

zu Russland auch da sind,

Russland ist das wichtigste Waffenlieferant

für die Inder und so weiter.

Also was bedeutet das?

Die Inder nehmen das ganze russische Öl ab und so weiter.

Also was das bedeutet ist,

diese Gefahr zu erkennen.

Die Gefahr zu erkennen,

also wenn eine Weltmacht bröckelt,

was bei den USA der Fall ist,

was aber ein langer Prozess ist.

Das passiert ja jetzt nicht in 10 Jahren.

Wir reden über eine Entwicklung,

die jetzt über Jahrzehnte sich ereignet.

Und nicht wie das bei dem britischen Empire

eigentlich auch gewesen ist.

Und wenn man das erkennt,

was für ein Risiko

in einer solchen Weltsituation besteht,

äußerste Vorsicht und Sensibilität,

das ist das, was ich daraus gewinnen würde.

Also

möglichst alles zu verhindern,

was die Konfrontation verschärft.

Wenn die Konfrontation

ist ja nicht gewinnbar,

dann müssen wir nicht lange darüber reden.

Und abgesehen davon,

ich meine, wenn tatsächlich China, Taiwan

attackieren sollte

und sich wieder einverleiben,

wo niemand weiß,

ob das wahrscheinlich oder unwahrscheinlich ist,

das überhaupt keiner einschätzen kann.

Aber wenn die es tatsächlich tun würden,

ich meine,

wir würden keinen Dritten Weltkrieg riskieren.

Dafür würden auch die USA

keinen Dritten Weltkrieg riskieren.

Ja, auch China ist Nuklearmacht und so weiter.

Das heißt, ich glaube,

dass umso lauter gedroht wird,

umso klarer einem ist,

dass man keinen Krieg führen kann.

Ja, ich erinnere mich daran,

wie Obama mal

in die baltischen Staaten gefahren ist.

Nach dem Georgienkrieg, glaube ich,

war das und dann flammende Reden gehalten hat.

Die Amerikaner würden bis zum letzten

Staaten und so weiter schützen

und verteidigen und so.

Und ich gedacht habe, klar,

der redet und bellt jetzt hier so laut,

weil er für die baltischen Staaten

keinen Dritten Weltkrieg riskieren würde.

Ja, genau, deswegen.

Gerade deswegen hält man umso lautere,

flammendere Reden, um damit abzuschrecken,

weil man weiß, dass die militärische Abschreckung

nicht funktioniert im Zweifelsfall.

Und deswegen, glaube ich,

ist diese Säbelrasselrhetorik

im Augenblick so ausgeprägt.

Und auch, dass man so tut,

als würde jetzt

eine Auseinandersetzung bevorstehen

zwischen zwei Systemen.

Das ist das Denken, was wir so aus dem Kalten Krieg hätten.

Kapitalismus versus Kommunismus.

Und das

unsere Außenministerin ja auch gesagt hat,

China wäre

eine wörtliche Formulierung, war ein systemischer Rival.

Genau, ich ständig die Form ist

mittlerweile so eine Floskel geworden.

Ich verstehe die nicht.

Chinesen missionieren ja nicht.

Also anders als der Kommunismus,

der in seinem Selbstverständnis nach

irgendwann die ganze Welt beglücken wollte.

Immer wurde zitiert

in meiner Kindheit und Jugend

dieser Satz aus dem Kommunistischen Manifest,

das Endziel des Kommunismus

ist die Weltherrschaft.

Was in Solingen bei dir zu Hause war,

immer Revolution?

Nee, das wurde immer von den Konservativen

gegen alle Linken gemacht.

Auf dem Motto was meinst du,

was die wollen, die wollen alles nur erobern und so weiter.

Und ein Angriffskrieg nach dem anderen führen und so.

Also das man sagt,

das geht ja um den Kampf von Systemen.

Das ist ja nicht der Fall.

Also erstens ist China, wenn man

bei ehrlich ist, kein kommunistisches Land,

sondern kapitalistisches Land,

sogar ein turbokapitalistisches Land,

kapitalistischer als Deutschland.

Mit weniger Sozialstaat und so weiter.

Du kennst das, ne?

Wir haben ja keine Systemkommission.

Dann kann man sagen, ja, aber die sind doch kollektivistischer als wir.

Das sind ja auch schon immer seit tausend von Jahren gewesen,

aber die missionieren nicht,

indem die sagen, die ganze Welt muss

jetzt so werden wie China.

Ja, also, das Interessante ist,

und ich finde, das kommt viel zu kurz.

Wer missioniert eigentlich mit seinen Werten?

Weißt du, wo der Ursprung dafür sitzt?

In monotheistische Religionen.

Das Christentum.

Ja, stimmt.

Kreuzzüge, ja.

Und früher war die,

hier hieß es nicht Demokratien gegen Autokratien,

sondern Christen gegen Heiden.

Und ja, Islam,

als die beiden

großen monotheistischen Religionen,

die haben sozusagen, wir breiten uns immer weiter aus

und hieran sind weniger Wert und Sucht.

Und da das Christentum,

das Christentum natürlich ein wichtiger Teil unserer DNA ist,

haben wir das Aufklärung

und so weiter beibehalten.

Also dieser Missionsanspruch,

die müssen so werden wie wir.

Das haben die Chinesen nicht,

die Inder auch nicht.

Zwei buddhistisch geprägte Länder

wie Indien kommt da noch der Hinduismus dazu,

der eigentlich aus Persien kommt.

Und diese Länder missionieren

nicht ihre Weltanschauung.

Sondern die sagen,

ihr könnt bleiben, wie ihr wollt,

macht das wie ihr wollt,

wir machen das wie wir wollen.

Das lassen wir aber nicht zu.

Und darüber müssen wir nachdenken,

warum ist das für unser Selbstverständnis

nicht mehr zu vertreten,

dass ein Land wie China

einen anderen Weg politisch geht,

eben keine Demokratie ist,

als wir.

Warum können wir nicht sagen, es ist deren Sache?

Dann kann ich nicht verstanden.

Warum können wir die nicht in Ruhe lassen?

Die haben doch ein Recht darauf, ihren Weg zu gehen.

Ich möchte nicht gerne in China leben.

Ich bin ein absolut glühender Anhänger

westlicher Werte.

Aber gerade weil ich das bin,

würde ich mit diesen Werten

nicht missionieren und rumdrohen.

Das heißt,

wenn du jemanden wie Annalena Baerbock

dann siehst in Peking,

dann habe ich das Gefühl,

wenn ich ganz ehrlich sein darf,

dass ich immer denke,

was für ein Unfall

dass diese Frau Ausministerin geworden ist.

Also ich nehme an,

die hätte doch unter normalen Bedingungen

im Auswärtigen Amt nicht mal ein Praktikum gekriegt.

Dass jemand

mit so diesem moralischen Inbrunst

einer Klassensprecherin,

einer Weltmacht,

einer Kulturnation

um hoch zu erklären,

was westliche Werte sind.

Sie als systemische Rivalen definiert.

Und quasi ein

Eskalationsszenario an die Wand malt.

Eine wertegeleitete Außenpolitik,

die in Wirklichkeit

eine Konfrontationsgeleitete

Außenpolitik ist.

Statt einfach mal kleine Brötchen

zu packen und sich sagen,

solange wir in Deutschland

wirtschaftlich erfolgreich sind,

neben die Chinesen uns

aber immer stärker in die Konfrontation

reinziehen lassen.

Und wenn wir irgendwann die Brücken

gar zu China abbauen würden,

dann würde unsere Wirtschaft

mehr oder weniger den Bach runtergehen

und zwar ziemlich gewaltig.

Und dann würden unsere westlichen Werte

erst recht keiner mehr ernst nehmen.

Die Logik ist,

nur wer wirtschaftlich stark ist,

kann mit seinen Werten überzeugen.

Und zwar nicht dadurch,

dass er andere belehrt,

dass für andere nacharmtswert erscheint.

Werte werden weitergegeben

durch Personen, die diese Werte haben

und überzeugen.

Das ist auch im privaten Leben so.

Wenn jemand dich belehrt, du hättest die falschen Werte

und was weiß ich, was dem hörst du nicht zu.

Das ist Kindererziehung, ne?

Aber wenn du auf uns vorbildest,

jemand, der die lebt

und den du bewundert und den du toll findest,

dann bist du empfänglich dafür,

Werte zu übernehmen.

Wir können unsere westlichen Werte,

die wir überzeugt sind,

nicht als Kampfmittel einsetzen

und nicht als Druckmittel

und nicht als Drohmittel, um anderen zu sagen,

dass wir moralisch die besseren sind.

Wir erreichen genau das Gegenteil von dem.

Am Ende

werden wir wirtschaftlich die Verlierer sein

und mit dem wirtschaftlichen Niedergang

auch die moralischen Verlierer.

Das ist die Gefahr, die ich sehe.

Ja, das sagt dein Gesprächspartner ja auch,

dass wir unsere Glaubwürdigkeit verlieren

und sagt auch,

das finde ich total interessant,

je moralischer und moralisierender

wir dort auftreten,

desto unglaubwürdiger machen wir uns.

Weil wir ja auf der einen Seite

zwar die Moral dann immer hochhalten

und wie so eine Monstrance uns her tragen,

um auf der anderen Seite

aber gleichzeitig selbstverständlich

Geschäfte zu machen.

Das ist in der Tat so.

Und das wissen die Chinesen auch.

Und deswegen reagieren sie ja rauf

mit einer gewissen Gelassenheit.

Die Idee damit angefangen hat,

seit 20, 25 Jahren

muss jede politische Delegation

die nach China fährt

für die Presse irgendwann

das Wort Menschenrechte angesprochen haben

und das in der Pressekonferenz 2-mal erwähnen.

Die Chinesen wissen das,

die lächeln still darüber.

Die wissen, das müssen die deutschen Politiker

und Wirtschaftsdelegationen

für die Öffentlichkeit machen,

aber die wissen auch, es bedeutet nicht.

Das ist nur so.

Es geht gar nicht um die Chinesen.

Es geht darum zu Hause,

diese Botschaft zu setzen.

Ja, also für mich ist

der Inbegriff weiser China-Politik

immer Helmut Schmidt.

Also in den Zeiten von Helmut Schmidt

hat das ja auch angefangen,

dass die Deutschen verstärkt in China investiert haben

und China als Absatzmarkt usw.

Das war die Offenheitspolitik,

Denksjao Bing, der auf Mao gefolgt war usw.

Und Schmidt hat immer sehr bewusst gesagt,

dass er die westlichen Werte

notfalls auch mit einem Knüppel verteidigen würde.

Das ist aber nicht unsere Aufgabe

ist, andere Länder wie China

zu erziehen oder zu belehren

mit diesen Werten.

Und ich würde mir so wünschen,

wir würden zu dieser schmitschen

Weisheit zurückkommen.

Und ich möchte keine Ausministerin sehen,

die in der UNO

den Chinesen droht

für den Fall, dass die Taiwan angreifen.

Mit was denn?

Mit was denn?

Das war etwas über 40-jährige junge Frau,

die in ihrem Leben noch nichts geleistet hat.

Und droht diesem Land

dass 600 Millionen Menschen

aus der Armut rausgeholt hat.

Dass die rasanteste

wirtschaftliche Entwicklung hingelegt hat.

Die je ein Land

auf diesem Planeten gemacht hat.

Das ist doch unsagbar

zum Fremdschirm.

Also ich verstehe

das Argument, Richard.

Der Punkt ist natürlich die Tatsache,

dass die Frau ist, dass sie 40 Jahre alt ist,

dass sie vielleicht noch relativ unerfahren ist und so weiter.

Das ist kein Argument, finde ich.

Sie spricht ja in dem Moment für Deutschland.

Und es geht ja darum, wie wir uns als Deutschland

vor Ort, und es ist am Ende eigentlich

dann zweiterangig, wer die Botschaft

übermittelt. Die Frage ist,

ob wir als Land das genauso vermittelt haben wollen.

Das ist ja der interessante Punkt.

Und wenn hinter der Drohung

sozusagen nichts ist,

dann unterhüllst du damit

eine Glaubwürdigkeit komplett.

Das ist der Punkt.

Wenn du weißt, du drohst jetzt

und am Ende ist das Maximale, was kommt es,

wir schmeißen mit Wattebäuschen

oder spritzen mit Wasserpistolen,

dann bringt das halt nichts.

Also die Tatsache, dass sie eine Frau ist,

ist ja völlig irrelevant.

Ich hätte auch sonst gesagt, wenn 40-jährig alter Mann das gewesen wäre,

hätte ich 40 Jahre...

Ich meine nur jemand,

der auf keine Lebensleistung zurückblickt.

Das ist nicht unwichtig

gegenüber den Chinesen, die eine Kultur

und das Weisheit haben.

Wo man also erst ernst genommen wird

ab einem bestimmten Alter

und eben demonstrieren muss,

was man alles geleistet hat.

Und das ist in den Augen der Chinesen,

wenn man bis dahin relativ wenig geleistet hat.

Ich will jetzt nicht die Sünden noch aufzählen

von gefälschten Lebensläufen

und nicht selbstgeschriebenen Büchern

und was weiß ich was.

Also man hat als Person

nichts an Lebensleistung zu bieten.

Das ist aus der chinesischen Perspektive,

das ist Tod.

Nicht ganz unwichtig.

Dann kannst dir überlegen,

wie das auf der anderen Seite wahrgenommen wird.

Das einzige, was an der Grüne ist,

ist die Farbe hinter ihren Rohren.

Das ist die Art und Weise, wie das wahrgenommen wird.

Und deswegen spielt das Alter

in diesem Falle doch eine Rolle.

Das ist nicht dasselbe,

ob ein Kissinger irgendwie was sagt.

Man muss nicht,

100-jährige Mumie sein.

Aber wenn das jemand ist,

der das nicht vollbracht hat

oder schon seit 10 Jahren ein Land regiert

oder ein Statesman ist

und so weiter, wenn der so was sagt,

ist das was anderes,

als wenn das jemand macht,

der vorher nur Parteipolitik gemacht hat

und gerade mal gut 40 ist.

Das macht einen Unterschied.

Würdest du nicht sagen,

ich mach jetzt noch einen Versuch,

würdest du nicht sagen,

ich fand es ganz interessant,

ich hab mit Kai Strittmatter

in einem Süddeutschen,

der lange China-Korrespondent war,

der feiert bei Annalena Baerbock

und sagt höchste Zeit,

dass einer mal klar redet,

weil das tun die Chinesen ihrerseits auch.

Das fand ich interessant.

Und das können die auch ab.

Das ist nichts, was die großartig aufregt.

Das können die wunderbar ab.

Damit können die umgehen

und dann wissen die sozusagen,

woran die sind.

Der schätzt das völlig anders.

Das ist das, was da auf der einen Seite

auf der Ebene der Ausministerin gesagt hat.

Und das, was wir wirtschaftlich machen,

sind sowieso zwei verschiedene Dinge.

Deswegen können die Chinesen das

mit großer Gelassenheit nicht ernst nehmen.

Das hat keine Konsequenz.

Ja, also ich finde,

man könnte dann ja,

es geht ja nie darum zu sagen,

wir machen jetzt mit denen gar keine Geschäfte mehr.

Und es findet dieser Handel nicht statt.

Klammer auf, können wir uns auch mit Blick

auf den deutschen Wohlstand nicht mal ansatzweise leisten.

Das finde ich immer interessant, auch in der Sendung.

Bin ich immer so,

komme ich so vor wie der Rufa in der Wüste manchmal,

wenn ich da sitze und sage,

was auch von den großen Konzernen zum Beispiel,

VW und andere ja,

ein Drittel des Gewinns kommt aus China.

Ja, die verkaufen so viele Autos

wie Amerika und Europa.

40 Prozent

aller von deutschen Firmen produzierten Autos

werden auf dem chinesischen Markt verkauft.

So, richtig.

Noch in ein paar Jahren werden es nicht mehr viele sein.

Wenn du dann siehst wie bei der Elektromobilität,

die in China ein riesen Thema ist,

chinesen Leben.

Ja, wir fliegen da aus dem Markt jetzt raus,

weil wir, ich meine, der Hauptgrund,

da haben wir uns schon oft drüber unterhalten,

warum wir die große Wende zur Elektromobilität gemacht haben

und die in dem Tempo machen,

hat mit Umwelt ja nichts zu tun,

das geht um den chinesischen Markt.

Die Chinesen machen das auch nicht in erster Linie aus Umweltgründen,

sondern in erster Linie deswegen,

weil Elektroauto kann jeder bauen.

Und das kann man sehr, sehr viel günstiger bauen

jetzt. Die Deutschen

auch überholt.

Ja, VW ist nicht mehr

Marktführer in China.

Das erste Mal seit 40 Jahren,

muss man sich vorstellen, es passieren gerade

wirklich viele, viele Dinge.

Und es ist so interessant,

dass du vorhin gesagt hast, das geht langsam.

Das ist der Punkt. Das geht langsam, aber es geht.

Es passiert, es findet statt.

Und VW ist mit Blick sozusagen

auf Autoverkäufe insgesamt

immer noch die Nummer 2 im chinesischen Markt.

Nummer 1 ist BYD.

Die machen übrigens nur E.

Also ausschließlich machen sie nur elektronisch.

Setzen voll auf Elektromobilität.

Und das Interessante ist,

aber wenn du dir, und da willst du dann spannen,

die Zahlen anguckst im Bereich E-Autos.

Da liegt VW

bei 2,4%

in China. Das heißt,

der Tag, an den gar keine Geige immer steht,

der ist abgefahren.

Das ist, das ist eine bittere Nachricht

und du siehst ja auch,

deswegen finde ich es ganz interessant.

Also wenn wir jetzt gerade über den Auftritt

der Außenministerin sprechen,

wir sehen sie auch an Indien,

weil wir heute über Indien ein bisschen regnen, Richard.

Und das kam ja auch in deinem Gespräch

daraus.

Wie schwer wir uns tun,

uns klar zu positionieren.

Wie überrascht wir sind.

Also wie verstört nach gerade.

Wenn wir dann merken,

der fährt dann Scholz nach Indien

und trifft sich mit Modi,

der auch ein interessanter Mann,

der eine wahnsinnige Biografie sein Vater hat,

hat er einen T-Stand,

einen Bahnhof in West Indien irgendwo.

Das heißt,

es ist ein Beweis dafür,

was du im modernen Indien offensichtlich,

also Stichwort Kastensystem,

dann doch ein Aufstieg schaffen kannst,

wenn du dich unfassbar anstrengst.

Das hat er offensichtlich gemacht

und daraus resultiert auch ein großer Teil

seiner Glaubwürdigkeit.

Der Sohn eines T-Verkäufers.

Das hätte ich natürlich auch, müsste man dazu sagen,

eine politisch-problematische Figur.

Absolut, absolut, ja genau.

Nationalistisch bis ins Mark und so weiter.

Können wir vielleicht gleich noch ein Satz darüber reden.

Ja, das ist interessant.

Ich denke immer, also früher, als ich klein war,

da habe ich immer gedacht, man ist Nationalist

oder man ist Kommunist.

Heute sehe ich das völlig anders.

Heute denke ich, man spielt

diese Karten,

weil man sie politisch für richtig und sinnvoll hält.

Genau.

Also ich glaube, dass die Inder

in dem Versuch, eine moderne Nation zu werden,

jetzt gerade in einer Phase,

der nationalistischen Übertreibungen sind.

Ideologisch.

So wie der Konfuzianismus

und dieser lügen Kommunismus in China

sehr wichtig ist sozusagen

für das Narrativ und für die Identität

und damit alle mitkommen

und so weiter, damit der Kit in der Gesellschaft beratet wird.

Und nicht, weil Xi tief in seinem Herzen

überzeugter Kommunist oder Konfuzianer ist.

Also ich glaube,

dass diese Ideologien

und diese Weltanschauungen

von den Führern benutzt werden

und zwar benutzt werden,

weil sie glauben, dass es politisch

klug und sinnvoll ist, das einzusetzen.

Ob wir das,

ob das richtig oder falsch ist

und ob die Einschätzung richtig sind,

das kann ich alles nicht beurteilen.

Ich lebe nicht in China und ich lebe nicht in Indien.

Aber es geht nicht um tief eingefressene

Glaubensgrundsätze von Fanatikern,

sondern es geht bei Weltanschauungen

oder der sociologische

Fachbegriff dafür

wäre Derivationen.

Also Dinge,

die Emotionen in der Bevölkerung

in etwas Weltanschauliches

umleiten,

um ein gemeinsames Gefühlsgefühl

zu erzeugen.

Und das läuft aus

nach ganzen Reihen von Gründen in China

völlig anders ab als im Westen

und in Indien noch mal anders ab.

Aber ich glaube, dass es am Ende gar nicht um

in Indien geht.

Ja, wahrscheinlich ist das so

und weißt ja,

wir reden oft darüber, wo die Ideologie da

das Geschäftsmodell nicht weit,

das sind wir genau an dem Punkt.

Aber ich fand es so interessant,

wie verstört wir dann plötzlich alle waren,

als wir gemerkt haben,

warte mal, Sicherheitsrat,

die Inder enthalten sich,

die sind ja gar nicht irgendwie auf unserer Seite,

verstehe ich jetzt gar nicht,

wir bekommen doch jetzt alle, im Moment geben sich ja

wieder, jeder, der irgendwie kann alt

nach Indien, umarmt Modi,

mal mehr, mal weniger in ich,

aber man schmeißt sich da

sozusagen ran, weil man natürlich

auf diesen gigantischen Markt nicht verzichten

möchte und plötzlich merkt, oh,

da ist ja nach China jetzt, wo es problematisch

wird, die nächste große Chance

und da können wir

sehr viel Geld verdienen. Und dann merken

wir plötzlich, die Inder sind

dazu ähnlich wie Lule, auch in Brasilien

zum Beispiel, er hatte Scholz ja auch seinen

Moment, der auch nicht bereit war,

klar zu sagen, wir verurteilen

diesen Angriffskrieg in der Ukraine

und so weiter, wir

stellen uns ganz klar gegen die Russen.

Wir haben alle ein einziges Interesse,

die wollen den Westen nicht stärken,

die wollen nicht, dass

der Westen aus diesem Krieg als großer

Sieger hervorgeht,

weil das diese Entwicklung

zur multipolaren Gesellschaft für einige

Zeit dämmen würde

und verlangsamen würde

und das ist das Hauptinteresse

dieser Länder.

Und deren Interesse besteht auch darin,

dass es nicht zu einem neuen

Vertrag von Tordesillas kommt.

Also der neuen Vertrag von Tordesillas

war, als sich die Portugiesen

und die Spanier um Südamerika gekloppt

haben und dann hat in Tordesillas

der Papst eine Linie an die Wand

gemalt und gesagt, das eine ist eurer

Einflussphäre und das andere ist die andere.

Das heißt, die wollen jetzt keine Welt

aus zwei Einflussphären. Die wollen

keine Welt, wie wir das sagen,

Demokratien gegen Autokratien.

Das ist der Grund, warum in

Brasilien Portugiesisch und dem Rest

von Lateinamerika Spanisch kam.

Da wurde so ein Malung

als Schiedsrichter

für Jahrhundert

eine zentrale Entscheidung getroffen,

indem er gesagt hat, wir malen

die Linie und rechts davon wird den und links von den.

Und dass wir wieder in eine Welt kommen,

Tordesillas war ja auch

die Mauer. Das war ja auch eine

Tordesillas-Linie. Genau dasselbe.

Auf der einen Seite dieses System,

auf der anderen Seite das System.

Und wenn wir gucken, was die Herausforderungen

im 21. Jahrhundert sind, globale

Ökokatastrophe, Klimawandel und und und,

dann dürfen wir nicht mehr

in dieses Wir gegen die Schema

zurück.

Bei Strafe unseres eigenen Untergangs

nicht. Wir können uns auch nicht leisten,

jetzt über jahrzehnte

Turbohochrüstung zu betreiben.

Das ist alles Geld, was wir brauchen,

um das Überleben der Menschheit zu sichern.

Also je schneller wir

aus diesem Denken wieder rauskommen,

umso besser für die Welt. Ja, aber du merkst,

an diesen Reaktionen

auch in Deli dann,

wenn man sich dann trifft und plötzlich feststellt,

warte mal, also die sind ja gar nicht,

die stehen quasi dazwischen und genau da

wollen sie auch stehen. Richtig.

Die wollen das nicht, die wollen sich nicht klar,

weder auf die eine noch auf die andere Seite

schlagen. Wie sehr uns das verstört

und was umgekehrt zeigt, wie

unglaublich tief diese

A zu denken, ja, bist du nicht

für uns, dann bist du automatisch gegen

uns. Wie tief diese A

zu denken, so dürfen wir nicht weiter

denken. Wenn wir

weiter so denken, führt uns das

ins Unheil. Also A militärisch

und B wirtschaftlich. Wir gewinnen

nichts dadurch. Das ist der Punkt. Verstehst du,

wenn es eine reale Chance

gäbe, Freiheitswerte in der Welt

dadurch durchzusetzen,

wenn es überhaupt eine reale Chance gäbe,

dann kann man darüber nachdenken. Aber diese

Chance gibt es nicht. Militärische

Konfrontation oder am besten

Wirtschaftsbeukotte, Sanktionen und was, was

ich weiß, führen doch nicht dazu,

dass unsere Werte sich weiter

ausbreiten. Wenn man von denen so überzeugt

ist, wie ich, dann weiß

man, wie sensibel man mit diesen Werten

umgehen muss. Genau.

Ja, es war. Also, ich

finde es auch interessant,

weil du gerade sagtest,

was da stattgefunden hat, ja, so wildkürliche

wildkürliche Szenen von irgendwelchen

Sprachgrenzen oder auch politischen

Grenzen und so weiter.

So haben wir ja unfassbar

viele Fehler gemacht

und Dinge einfach

laufen lassen, obwohl wir wussten,

dass sie falsch sind und so weiter. Wir haben

neulich über Moldawien gesprochen.

Für mich war

der Überfall, der Angriff,

der auf Moldau

durch Russland,

das war, ehrlich gesagt,

irgendwo so ne Randnotiz,

aber im Bewusstsein

der Moldauer sitzt das ganz tief

drin. Ja, dieses

Transnistrien, dieser eingefrorene Konflikt

das klingt dann so verharmlosen,

so euphemistisch, so beschönigend

ein eingefrorener Konflikt,

der denkt, der wäre eine Tiefkultur

und das Hähnchen, das da drin liegt.

Ja, von wegen, das war ein richtig

harter Krieg. Die haben die

angegriffen und das haben sich die Moldauer

gemerkt und sie haben sich auch gemerkt,

dass wir so getan haben, als wäre nichts.

Aber umgekehrt können wir nicht

übenal in der Welt, wo so etwas ist.

Ja, mal gucken,

was da im Augenblick im Sudan abläuft.

Man könnte jetzt meine Krachte machen, wo es ist.

Wir würden uns ja völlig über anstrengen,

wenn wir jetzt überall

westliche Werte in der Welt ernsthaft

durchsetzen wollten, abgesehen davon,

dass natürlich ganz, ganz viele

Länder gibt, die diese westlichen Werte auch gar nicht

haben wollen. Ja, auch das.

Das war ja zum Beispiel das, was wir kritischer

weise beim arabischen Frühling erleben mussten.

Da haben wir doch auch gedacht,

jetzt müssen diese blöden Diktatoren da weg.

Ja, in Libyen, Gadarke und

in Tunisien und

in Ägypten, in Mubarak, der so lange

unser Freund war und von einem Tag

aufeinander nicht mehr und Assad weg und so.

Und dann wird das so westlich

demokratisch. Mein Gott,

wir mussten daraus lernen.

Offensichtlich will die Mehrheit dieser Menschen

in diesen Ländern gar nicht westlich, demokratisch,

liberal und so weiter werden, sondern die wollen

wie die Inder. Die wollen ihren eigenen

arabischen Weg wie auch immer

gehen. Ich stelle mir

immer die Frage, was passiert

und ich glaube, ich will jetzt nicht

Profet spielen. Was passiert,

wenn das Mullah-Regime in sich

zusammenfällt, wenn das implodiert

und ich habe immer noch die Hoffnung, dass

das in absehbarer Zeit passiert.

Wer kommt dann im Iran

an die Macht und was wird dann passieren?

Es wird genau selbe passieren.

Es wird der Westen, al-Rubéa

noch viel stärker die Amerikaner

umgekehrt, die Russen, die Inder

und so weiter versuchen, so viel Einfluss

wie möglich auf den zukünftigen Iran

zu gewinnen.

Sie sehen auf ihre Seite zu ziehen,

wie zum ihrem Land zu machen.

Genau das wird passieren.

Die Bevölkerung wird in dieser Frage

höchst gespalten sein.

Das heißt also, es entsteht dann die Gefahr

eines langfristigen Bürgerkrieges

und die

wahre Antwort darauf ist, was ist denn

das Beste für den Iran?

Einen eigenen Weg zu gehen.

Einen eigenen Weg zu gehen,

indem man sieht, wie man mit den anderen

Großmächten in dieser Welt

halbwegs korrekt und

zum eigenen Vorteil umgeht.

Ja. Aber werden wir

das zulassen? Oder werden wir wieder sagen

Moment, Moment, Moment, wenn ihr nicht zu uns

gehört, dann gehört ihr irgendwie zu denen

und werden wir nicht mit Milliarden

Aufwand bestimmte Strömungen und Gruppen

dann im Iran unterstützen,

was dann vielleicht zu einem langen

Bürgerkrieg führt und so weiter.

Wie wäre es mit nicht Einmischung?

Wie wäre es damit dem Iran das Recht

und die Chance zu geben, den eigenen Weg zu gehen?

Das ist total interessant.

Ich mache mir Sorgen um diesen Zustand,

was dann passiert, weil ich wünsche mir aus

tiefstem Herzen und ich kenne viele Iraner

und ich bin mit Iranern befreundet.

Das ist ein Thema, wir haben auch schon mal

darüber gesprochen, dass wir dem Iran die

Chance geben, den eigenen Weg zu gehen.

Ich fürchte damit, dass wir das nicht tun werden.

Es gibt eine Historische Blaupause dafür.

Ich meine, die Inder haben sich das gemerkt.

Pakistan.

Die USA haben Pakistan seit der Gründung

47 auf verschiedensten Ebenen

massiv unterstützt.

Ja.

Das Akto macht gemacht.

Ja, und haben den geholfen.

Die Inder haben sich das gemerkt

und sagen Europa hätte Pakistan nicht

helfen dürfen. Der Terrorismus wurde

von Pakistan aus unterstützt

und Pakistan konnte seine ganzen

terroristischen Aktivitäten

in und auch gegen Indien

Kashmir und so weiter, das Stichwort ja

nur machen, weil es die westliche

Unterstützung hatte, ganz genau.

Und wir hätten das

nicht so laufen lassen dürfen.

Immer wenn es in Kashmir brannte,

dann war im Grunde Pakistan

dafür verantwortlich, so sehen die Inder das.

Kashmir gehört aber

zu Indien, so ist es nun mal.

Das Gleiche auch interessant, weil du gerade

Arabischer Frühling sagtest, auch etwas,

man muss sich immer in die Schuhe der anderen

stellen, dann wird es richtig interessant.

Der Einmarsch im Irak

durch die USA und Großbritannien

vor allen Dingen, das haben die

Gemeinden sich auch genau angeguckt.

2003.

2003, genau.

Und sagen, das

fanden wir nicht so richtig

Knorke, weil Saddam Hussein

war ein Freund Indiens.

So sehen die das, das sagen die auch so.

Und sagen, das war ein riesiger Fehler

für eine Invasion.

So wie in der Ukraine.

Wenn Europa genau Russland

vorwirft, in Ukraine einzumarschieren,

dann sagen wir, was habt ihr denn

im Irak gemacht?

So empfinden das die Inder.

Es ist total interessant, sich mal sozusagen

in diese Schuhe zu stellen und dann versteht man

plötzlich, wie unterschiedlich man auf die

Welt gucken kann.

Ja, das ist ja so, wir bewerten Völkerrechtsbrüche

unterschiedlich, je nachdem, wer sie begeht.

Und wenn es die USA sind, mit denen wir politisch

sind, das ist ja jetzt aus einer Reihe von

Gründen auch erstmal verständlich oder

erklärlich, nur wenn wir das durchgehen lassen,

dann haben wir sozusagen die

moralische Lizenz nicht mehr

Völkerrechtsbrüche, in dem Maße zu

verurteilen, wie sie verurteilt werden

müssen.

Und andere Länder, die ein anderes Verhältnis

zu den USA haben, sehen den einen

Völkerrechtsbruch auf derselben Ebene

wie den anderen Völkerrechtsbruch.

Ja, also aus indischer Perspektive

ist es natürlich

die Inde, auch die Chinesen sehen den

Völkerrechtsbruch und sie unterstützen den

auch nicht.

Aber sie wollen nicht, dass der Westen von

der Situation profitiert.

Das ist ihr eigenes Interesse

daran, abgesehen davon, dass sie von

Russland billige Rohstoffe haben wollen.

Gas, die Chinesen, Öl, die Inde und so weiter.

Aber das Wichtigste für sie ist, dass die

Weltordnung sich nicht zugunsten der

USA wieder ein Stück verschiebt.

Das ist ihr Interesse daran.

Was wird zu sagen, abschließend, Richard,

wird die Welt

jetzt ungemütlicher?

Wahrscheinlich ja.

Aber steckt darin auch eine Chance?

Oder ist das eigentlich nur Risiko,

was da gerade passiert?

Also ich glaube, wie es im Augenblick gerade läuft,

läuft es schief.

Und ich hoffe, dass wir zur Besinnung

kommen und dass wir aus dieser, weißt du,

kriegerische Kriege fangen

mit Rhetorik an.

Mit rhetorischem Aufrüsten.

Mit klarer

Medienmarkierung.

Mit weltanschaulicher Aufladung

der eigenen Position.

Man richtet sich in einem

Palast von Begriffen ein,

wie in einer Festung.

Und rüstet erst mal gegen den anderen auf.

Und hier wünsche ich mir Achtsamkeit,

Abrüstung, Vorsicht.

Also zu merken, wenn die Situation

so gefährlich ist, wie sie im Augenblick

wird, mehr und mehr,

dann müssen wir anfangen,

wieder vorsichtiger zurückzurudern

und so weiter.

Und nicht in die ganze Sache da noch mit

zusätzlicher Brandrhetorik

reinzugehen.

Wir haben diese schreckliche Katastrophe,

diesen russischen Angriffskrieg,

wir haben diesen Völkerrechtsbruch,

wir haben das Morden vor der Haustür

und so weiter.

Das jetzt noch stärker auszuweiten

in einem Globalkonflikt

der Demokratien gegen die Autokratien

und so weiter.

Wohin soll das führen?

In jedem Fall interessant,

mal die Perspektive zu wechseln,

mal zu verstehen,

dass es

nicht mehr diese Welt ist,

die so klar schwarz-weiß ist,

sondern, dass da auch sehr viel Grau dazwischen ist.

Also erst mal zu verstehen,

dass wir, also der Westen,

nicht blütenweiß sind.

Ja, das auch moralisch

markellos, richtig.

Und die anderen nicht alle,

ich rede jetzt von China,

dass die nicht tief schwarz sind

und rot sowieso nicht.

Also das als allererstes Mal

zu verstehen, weil wir auch uns

in historischen Zeiträumen bewegen,

weil für die anderen ist die Geschichte nicht vorbei.

Weißt du, wenn du 40 Jahre alt bist

und das Gefühl hast, hier sind doch hier die Guten

und wir leben ja freiheitlich liberal in Demokratie

und das ist alles klasse, also können wir den anderen

auch was sagen oder belehren.

Dann vergisst du eine Geschichte, die für dich

Vergangenheit ist, die aber in den anderen Ländern

noch fortlebt, wie zum Beispiel die Kolonialgeschichte

wird.

Ja, aber weißt du was, die Kolonialgeschichte

wird häufig angeführt.

Ich denke ja manchmal ganz ehrlich,

ich meine, wir, also der Westen,

wir haben einen Typen wie Trump

ins Weiße Haus gewählt.

Wir haben Boris Johnson in Downing Street Number 10

untergebracht, was diese

Leute dort alles veranstaltet haben,

Brexit und so weiter,

welches Chaos die angerichtet haben

und das haben wir über den 6. Januar

Kapitole und so weiter noch gar nicht gesprochen.

Also da sind wir doch die Letzten,

die sich hinstellen können

und sagen können, was auf, also

belehren wir alles richtig.

Genau, und alles gewaltfrei, genauso macht man das

bitteschön.

Zum Schluss ein kleines Gedanke-Spiel.

Also ein Typ wie Trump,

wird US-Präsident oder DeSantis

und es würde tatsächlich das

Worst Case-Szenario eintreten,

dass ich jetzt nicht glaube, nur als Gedankenspiel.

Die würden die demokratischen Institutionen

in den USA aushöhlen

und so nach Putin schon Muster

zur Papdemokratie werden.

Und wir sagen, im 21. Jahrhunderts

geht es Werte geleitet

um den Kampf der Demokratien gegen die

Autokratien.

Dann wären die USA nicht mehr unser

Verbündeter, sondern genauso

wie China als Autokratie

und Russland als Autokratie

und Saudi-Arabien als Autokratie unser Feind.

Würden wir dann

außenpolitisch komplett

umschwenken und uns von den USA

und sagen, wird Autokratie nicht zu schaffen?

Ist doch völlig klar,

was die Antwort ist.

Wir sind von den USA, wirtschaftlich,

immer noch genauso abhängig von China,

militärisch völlig abhängig von den USA.

Wir würden das nicht tun.

Und wenn wir schon wissen, dass wir das nicht tun,

dann erkennen wir auch daran,

dass die Begriffe Autokratie und Demokratie

als Gegenbegriffe so ernst gar nicht gemeint sind.

Sie verbrämen Interessen.

Richard, das war spannend.

Es wird auch nicht das letzte Mal gewesen sein,

dass wir uns darüber unterhalten.

Danke dir sehr.

Ich danke dir auch.

Bis bald.

Eine Produktion von M-Pog 2

und Potsats bei OMR

im Auftrag des ZDF.

Machine-generated transcript that may contain inaccuracies.

Indien ist nicht nur die größte Demokratie der Welt, sondern seit kurzem auch das bevölkerungsreichste Land der Erde.

Setzt Indien zum Sprung zu einer neuen Supermacht an? Was bedeutete das für Deutschland und seine Außenpolitik?

Der Subkontinent hat ein klares Bild vor Augen, multipolare Weltordnung heißt das Stichwort dazu. Aber wird die Welt dadurch wirklich zu einem sichereren Ort? Darüber sprechen Markus Lanz und Richard David Precht in dieser Ausgabe.