LANZ & PRECHT: AUSGABE DREIUNDNEUNZIG

ZDF, Markus Lanz & Richard David Precht ZDF, Markus Lanz & Richard David Precht 6/16/23 - Episode Page - 58m - PDF Transcript

Blanz und Brecht.

Schönen guten Morgen, Richard.

Guten Morgen, Markus.

Was? Eine Variation. Was machst du gerade?

Ich arbeite im Auge wenig.

Ich genieße mein Leben unter blauem Himmel.

Sehr schön.

Ich habe ja wenig Zeit, normalerweise Romane zu lesen.

Ich habe früher ganz viel gemacht.

Jetzt habe ich mir Zeit genommen, das neue Buch von Tissi Boyl zu lesen.

Der war neulich in Berlin.

Der war neulich in Berlin.

Bei Dussmann.

Tissi Boyl ist ja einer der größten, bedeutendsten lebenden Autoren der Gegenwart.

Aber so gut lesbar, dass er natürlich keinen Nobelpreis gekriegt hat.

Und auch noch keinen Pulitzerpreis.

Also ein Schicksal, das ihr teilt?

Ganz, ganz unbedingt.

Es ist sehr charmant mit ihm in einem Atemzug.

Aber er ist einfach zu gut für Preise.

Aber der Roman ist ein gutes Buch, Richard.

Der Einstieg ist immer so spannend.

Was ist der erste Satz?

Die ersten Satz weiß ich gerade nicht, weil ich mir eine Seite rausgerissen habe.

Um das jetzt vorzulesen.

Aber es fängt doch, der erste Satz geht es darum, dass ne Schlange gekauft wird.

Und dann wird erst mal nur beschrieben, wie das Muster aussieht.

Und dass es wie Schmuck ist.

Und erst anderthalb Seiten später erfährt man, dass von einer Schlange die Rede ist.

Also großes Kino, wunderbar gemacht.

Dass die Kamera zeigt, den Großaufen haben könnte man ja sozusagen machen.

Genau.

Nur die Textur der Reptilien.

Richtig.

Dass dir das gefällt, war mir klar.

Ja, das ganze Buch ist ein Buch für Zoologen.

Das handelt davon wie eine kalifornische Familie.

Im Zeitalter des Klimawandels vor sich hin existiert.

Und das spielt nicht in der Zukunft.

Es spielt quasi in der Gegenwart.

Ja, und er erzählt quasi die Allgegenwart des Klimawandels,

die so klein und unmerklich ist.

Und so nach und nach in ein immer größeres Katastrophenszenario führt.

Und da will ich dir etwas daraus vorlesen.

Okay.

Die Frau dieser Familie heißt Ottilie.

Und von der ist hier die Rede.

Wir sind jetzt auf Seite 35, also noch am Anfang des Romans.

Ottilie hatte beschlossen, Insekten zu essen,

weil ihr so ein Intromologe war und sie ihn liebte.

Und weil es richtig war.

Anfangs hatte sie sich geweigert, aber Cooper hatte sie schließlich überzeugt.

Der Tod des Planeten.

Das war sein Thema.

Das Antropozän.

Die Swizias Homo sapiens, die ein Fluch war und so weiter.

Die Eisbären.

Die Monarchfalter.

Die Frösche.

Der Planet stirbt.

Siehst du das nicht, hatte er sie gefragt.

Nein, geradezu angeherrscht, als er das letzte Mal zum Abendessen da gewesen war.

Und seitdem waren jetzt fast zwei Monate vergangen.

Genug Zeit, um die Sache von allen Seiten zu betrachten.

Ja, sie sah es.

Und sie fühlte sich schuldig für den Anteil, den sie darin hatte.

In westlichen Industriegesellschaften verbraucht jeder Mensch 35 Mal mehr Ressourcen,

als der durchschnittliche Inder oder der Afrikaner.

Doch was konnte sie schon tun?

Aus ihre Kreditkarten zuzuschneiden und alles, was ins Haus kam,

bis auf den letzten Rest zu recyceln.

Mit dem Letzten hatte sie kein Problem.

Sie trennte den Müll ja ohnehin und kompostierte den größten Teil der organischen Abfälle.

Das mit den Kreditkarten war schwieriger.

Denn man musste ja Dinge kaufen, um die Wirtschaft in Schwung zu halten.

Also ließ sie sich ihre Kreditkartenabrechnung und alle anderen Rechnungen papierlos übermitteln.

Das war immerhin ein Schritt in die richtige Richtung.

Großartig.

Es ist so zu sagen, du denkst groß.

Ja, und am Ende kommt elektronische Übermittlung.

Ja, genau. Großartig.

Und das finde ich ist eine minutiöse Beschreibung dessen, was gerade auf dem Welttheater gespielt wird.

Also ich glaube eher, dass die Menschen sich an die ewige Abfolge von Katastrophen

im Zuge des Klimawandels geworden werden, als wir es tatsächlich schaffen, das Scheuer umzureißen.

Und das ist eine ziemlich bedrückende Einsicht unter blauem Himmel.

Naja, deswegen ja auch so interessant.

Ich weiß nicht, ob du es mitgekriegt hast.

Am Wochenende, also in Deutschland, tobt der Heizkrieg.

Ich liste in mal ein paar Schlagzeilen der letzten Wochen von Bild vor.

Heizhammer, Habex-Heizhammer würde uns 590.000 Euro kosten.

Oder andere Schlagzeile.

Der Heizhammer sprengt den Sozialstaat.

Der Heizhammer ist eine Atombombe für unser Land.

Unsere Mieten werden explodieren.

Oder andere Schlagzeile.

Wärmepumpen, Muffeln, Droht, Megastrafe und so weiter.

Und ich denke dann immer, Wahnsinn, was macht das mit unseren Gehirnen, wenn wir sowas lesen?

Das ist Wahnsinn.

Also die erste Frage ist, warum macht die Bildzeit und das?

Es geht ja darum, im Grunde genommen etwas umzusetzen.

Das hat ja auch der Altmaier bei dir in der Sendung unlängst gesagt.

Was umzusetzen, was ja schon die Vorgängerregierung.

Ja, die Große Koalition hat da beschlossen, dass ja klar ist,

dass im Sinne des Klimaschutzgesetzes solche Dinge folgen müssen.

Ja, das ist ein total interessanter Punkt.

Wir haben das auch noch mal sauber rausgearbeitet und darüber geredet.

Es ist egal, auch wenn Friedrich Merz Kanzler wäre, er müsste das machen.

Ja.

Er müsste das machen.

Aber wir stellen es da als grüne Ideologie und als hätten irgendwelche merkwürdigen Spinner

sich der Macht bemächtigt, um den kleinen Mann zu schikanieren.

Genau.

Ich habe bei Nollich ein sehr interessantes Gespräch mit Maren Urner gehabt,

die sich Medienwissenschaftlerin kennst du bestimmt, aus Köln.

Die sagt, diese angstgetriebenen Diskussion, das was da gerade passiert,

das macht uns nimmer.

Das hat uns zwar deswegen, weil wir aus der Steinzeit kommen,

weil wir immer noch so ein Steinzeitgehirn haben.

Wenn unser Gehirn in Angst versetzt wird, dann sinkt der IQ.

Und zwar statistisch signifikant.

Wir werden blöder.

Wenn wir negative Nachrichten, die ganze Zeit in den Medien,

berieselt werden mit angstmachenden Nachrichten,

dann werden wir dabei tatsächlich messbar neurologisch dümmer.

Das war mir nicht klar.

Das scheint ja bei der Bildzeitung, die die ganze Zeit mit solchen Material

arbeitet, dann ziemlich breiten Einzug gehalten zu haben.

Wie dumm muss man als Redakteur sein, um hier in diesem Ausmaß mobil zu machen?

Haben die denn alle keine Kinder?

Ich glaube, das ist nicht das Thema, Richard, um das es hier geht.

Ich würde den auch nicht Dummheit unterstellen,

sondern ich glaube, es ist ein feines Gespür für das,

was da draußen in dieser Gesellschaft gerade passiert.

Ich nenne es Dummheit, weil es Nullgespür ist,

für das, was getan werden muss.

Ja, um das Allerschlimmste für die eigenen Kinder zu verhindern.

Ja, aber was ich meine ist, und da habe ich das Gefühl,

da kommt man auch ganz schnell sozusagen zu des Pudelskern.

Also Marin Urner sagt, es gibt ein Nachweis nicht.

Auf mehreren Ebenen gibt es eine Interesse daran,

dass zum Beispiel Medien so sind, wie sie sind.

Sie sagt, es gibt sehr gut untersucht.

Kann man mittlerweile nachweisen,

wenn in Überschriften möglichst negative Wörter

negative Gedanken, negative Tatsachen einfach auftauchen,

dann werden die signifikant häufiger geklickt.

Und mit jedem einzelnen negativen Wort,

das dort auftaucht, nochmal um 2-3% häufiger, das musst du dir vorstellen.

Das heißt, die Reaktion eines Medienschaffenden,

und jetzt wissen wir beide, die Medienwelt ist unfassbar unter Druck,

die großen Verlage, die Privatverlagswelt ist unglaublich unter Druck.

Und das negative mit dem Tod.

Genau.

Das heißt, negative über Personen, negative über Gesetze und so weiter.

Genau.

Du setzt der erste Überschrift hin, die maximal negativ ist,

weil dann hat sie eine Chance geklickt zu werden,

und Überschriften, die deutlich positiver sind, werden einfach nicht geklickt.

Das klingt wie so eine banale Erkenntnis,

sozusagen aus letzten 30 Jahren oder 40 Jahren Mediengeschichte.

Aber so ist es nicht gemeint.

Im Zeitalter digitaler Medien sagt sie,

ist es so, dass das noch mal unglaublich an Fahrt aufgenommen hat.

Und es hat etwas damit zu tun,

dass wir eben dieses Steinzeitgehirn besitzen,

das unglaublich auf Angst reagiert,

weil natürlich, du kannst das bestimmt noch viel besser erklären,

ein Gehirn, das sozusagen aufmerksam ist.

Und immer achten muss, an welcher Ecke lauert der Sebelzahntiger.

Keine Kapazitäten übrig.

So, deswegen macht es dich, genau, deswegen macht es dich dümmer,

deswegen macht es dich sozusagen, im Grunde bist du, was das Denkan geht,

im Gehirn in einer Sackgasse unterwegs.

Aber es schützt dich auch gleichzeitig.

Wenn wir als Menschen nicht die ganze Zeit sehr aufmerksam gewesen wären,

was den Sebelzahntiger angeht, dann hätten wir als Spätsis nicht so lange überlebt.

Aber jetzt sind wir im 21. Jahrhundert

und haben diese digitale Welt, diese supermodernen, schnellen Werkzeuge,

nur unser Gehirn ist nicht mitgekommen und hat das nicht verstanden.

Das ist ein Riesenproblem.

Ja, wir benutzen diese Werkzeuge, um unsere Animal Spirits zu bedienen.

Genau, richtig.

Also unsere tierischen Reflexe und alles das, was uns auch mit denen leben,

wir sind Teil, die nicht in aller Ruhe über ihr Leben und die Zukunft nachdenken können.

Aber nun sind wir ja historisch in einer Situation, 21. Jahrhundert,

20er Jahre des 21. Jahrhundert, in der Situation, dass wir wissen,

dass die gesamte Menschheit auf dem Spiel steht, dass wir langfristig planen müssen,

dass wir alle zusammenarbeiten müssen, dass wir ganz große Strategien brauchen,

weil sonst alles den Bach runtergeht.

Ich meine, in so einer Situation, in allererster Linie,

jetzt so naheliegend der Ängste zu schüren,

statt sich auf die wirklichen Ängste zu konzentrieren.

Also wovor muss man mehr Angst haben vor Wärmepumpen

oder vom Global Warming mit Konsequenzen,

nicht nur die Insektenplagen, die da bei TC-Wollnerolle spielen,

sondern gigantische Migrationsbewegungen und so weiter Themen,

die uns ja auch jetzt im Augenblick beschäftigen.

Ja, die großen, die lange in die Linie.

Also man kann doch nicht kleine Dinge, die man als negativ empfindet,

ganz, ganz groß machen, während die richtig großen Bedrohungen,

die auf die Menschheit hinzukommen, axelzuckend hingenommen werden.

Okay, dann nochmal gegenargument, Richard.

Also in der Sache völlig recht.

Und auch diejenigen, die da sozusagen jetzt so keifen

und die grüne Ideologie geiseln und so weiter,

in jeder Ecke und bei jeder Gelegenheit, selbst die sagen ja nicht,

da gibt es kein Problem.

Die sagen nicht, da gibt es kein Thema mit Klimaveränderung

und die merken, dass es immer trockener wird.

Ich habe heute gerade wieder gesehen,

dass wir schon wieder auf Dürre zulaufen, auch in Deutschland.

Ich dachte, wir sind fast drei Wochen nicht geregelt.

Ja, und du merkst es wird häufiger

und du siehst, wie die Gletscher abschmelzen.

Wir alle spüren, dass der etwas gerade

auf einer völlig schiefen Bahn unterwegs ist.

Aber nochmal machen, Urna, sehr interessant.

Und wieder die Medien, also wie alle.

Die sagt, am Beispiel Klima-Journalismus kannst du sehen,

was in der Kommunikation an vielen Ecken schiefgelaufen ist.

Das ist psychologisch sehr interessant.

Sie sagt, da wurden auf lange Zeit drei entscheidende Elemente vernachlässigt.

Damit Menschen das Gefühl haben, okay, das geht mich auch was an.

Sie sagt also zeitlich, räumlich und sozial.

Zeitliche Nähe, also es hieß immer, naja, da passiert irgendwas

in 1, 2, 3, 4 Jahrzehnten.

Sie sagt auch da wieder, Steinzeitgehirn.

Unserem Gehirn fällt das wahnsinnig schwer,

langfristig zu denken und zu planen.

Das können wir uns nicht vorstellen.

Das wollen wir uns auch nicht vorstellen.

Das interessiert uns eigentlich nicht.

Das andere ist die räumliche und soziale Nähe.

Räumliche, du erinnerst dich.

Was ist sozusagen das ikonografische Motiv,

um Klimawandel zu dokumentieren und zu demonstrieren?

Denk mal in die Zeitungsberichte, auch Fernsehen,

der letzten Jahre und wirklich auch Jahrzehnte.

Eisbären, Eisbären.

Genau, der Eisbär auf der Scholle, exakt.

Das ist aber räumlich.

Endlos weit weg.

Nehmen wir, weil Menschen finden Eisbären süß

und der Eisbär tut einem leid.

Der tut uns leid, aber trotzdem ist es räumlich unendlich weit weg.

Am Ende wächst dann doch die Einsicht, dass man sagt, naja,

ich sitze jetzt hier in Hamburg oder du in Düsseldorf

und boah, bitte, wie weit ist es in die kanadische Arktis?

Ist eigentlich alles weit weg.

Und dann die soziale Komponente.

Also warum berührt mich, sagt sie,

eine Meldung, dass der Ozean wärmer wird

und der Heeresspiegel steigt.

Warum berührt die mich im ersten Moment in meinem tiefsten Inneren,

also instinktiv, im Gehirn?

Warum berührt die mich nicht?

Und sie sagt ganz einfach, weil ich nicht im Wasser lebe.

Ja?

Und dann kommt dazu das, was sie nennt, massive Lobbyarbeit,

Händler des Zweifels.

Nennt sie die, das finde ich super.

Also die in den letzten Jahrzehnten einfach nur Zeit damit verbracht haben,

Zweifel an dem zu sehen.

Genau, das ist eine ganze Industrie.

Die erzählen ja immer die Fehlprognosen des Club of Rome

und das ist ja alles nicht so gekommen wie angekündigt

und so und wer weiß und dann irren die vielleicht doch alle

und keine letzten Sicherheiten und so dieser ganze Quatsch.

Interessant finde ich, ich mein das Gegengift,

zu dem was da gerade von dir genau beschrieben worden,

das Steinzeitgehren und so,

damit man sich das vorstellen kann,

damit das nah an einen rankommt, ist TC Woll zu lesen.

Das ist ja genau das, was er macht.

Er nimmt eine ganz normale US-amerikanische Durchschnittsfamilie

und zeigt wie so ganz klein diese Veränderungen in der Atmosphäre,

ich mein Dürre in USA, Hurricanes,

Überschwemmungskatastrophen in Florida, das gibt es ja alles.

Das ist ja alles da, Wirbelstürme und so weiter.

Also die USA sind ja viel stärker gebeutelt als Deutschland bisher.

Wir haben zwar auch unser A-Tal-Erlebnis gehabt,

aber das haben wir auch schon wieder fast vergessen.

Ja stimmt, das gab es ja auch, das ist schon gar nicht mehr

im kollektiven Bewusstsein drin, aber wenn man das liest,

also ich würde das zur absoluten Pflichtlektüre machen, dieses Buch,

und zwar A in Schulen und B unter FDP-Politikern,

damit die sich das wirklich mal so richtig vorstellen können,

was es auch für sie am Ende bedeuten wird.

Denn das, was ihr am Beispiel von Kalifornien beschrieben wird,

das ist nicht weit weg von dem, wie unser Leben in wenigen Jahren aussehen könnte.

Das macht also dieses alles, was du da gesagt hast,

das arktische Eis ist weit weg und die Ozeane und so weiter,

aber dieses Unterbrechen, das macht das mit uns.

Der Wärmepumpe ist das ganz einfach.

Du weißt, was das für dich bedeutet, was dafür Geld auf dich zukommt

und weißt du, wie brutal der Staat mit dir umgeht,

wenn du das nicht machst und so, das kann man sich vorstellen.

Wir brauchen auf der gleichen Ebene, muss man sich einfach

die Bildzeitung sich mal die Mühe machen würde,

diese unmittelbaren, spürbaren Veränderungen durch den Klimawandel,

richtig mal so Tag zu Tag zur Schlagzeite zu machen,

dann hätte sie eine konstruktive Aufgabe erfüllt.

Aber ich meine, die Bildzeitung ist nie dazu da gewesen,

konstruktive Aufgaben zu erfüllen, das muss man auch so.

Naja, aber nochmal, ich würde das nicht nur in der Bildzeitung festmachen,

das ist ein Geschäftsmodell von Medien insgesamt,

so selbstkritisch müssen wir sein,

und Marin Urner erklärt das auch ganz genau, warum das so ist

und sagt auch, auch interessant, neulich in einem Standard,

ein Superinterview gegeben, wo sie sagt, es kann keinen objektiven Journalismus geben,

denn gibt es nicht, es gibt keinen objektiven Journalismus,

sondern negative Nachrichten werden deutlich mehr geklickt,

da sitzen Menschen, die wählen das dann aus und so weiter

und selbst wenn Menschen sagen in Umfragen,

sie möchten mehr lösungsorientierten Journalismus,

in Wahrheit tendieren wir in stressigen Situationen

und Lebenslagen dazu, noch mehr auf Negatives zu klicken

und werden sozusagen auf das zurückgeworfen,

was unser Gehirn über ja 100.000 Jahre mittlerweile

oder noch mehr letzten Endes gelernt hat, ja, das ist der Punkt.

Und sie sagt, die Kernaufgabe von Journalismus,

und da bin ich jetzt bei dir, besteht eigentlich darin,

Menschen zu informieren und handlungsfähig zurückzulassen.

Sie besteht nicht darin, sozusagen,

unserem Steinzeitgehirn kurzfristig so diesen kleinen Tipp zu geben.

Aber wenn ich mir angucke, was zum Beispiel auch am Wochenende passiert ist,

in Erding, hast du das mitgekriegt, diese Demonstration?

Monika Gruber wird da irgendwie durch ihren Nachbarn, glaube ich,

so habe ich sie immer gelesen, aufmerksam und sagt, ja, es verstehe ich,

die Leute machen sich Sorgen, dass sie irgendwann ihre Heizung

nicht mehr bezahlen können und ihr Haus nicht mehr halten können

und dann gezwungen sind, das, wofür sie ganzes Leben lang

verarbeitet haben zu veräußern, die Plane Demo.

Sie sagt, ich mache mit, dann lädt sie Marco Söder ein, der kommt auch

und plötzlich kriegt das Ding eine irrsinnige Dynamik,

was da am Wochenende passiert ist.

Und dann kommt Hubert Eivanger, der bayerische Wirtschaftsminister

und kriegt tosenden Applaus an einer sehr interessanten Stelle.

Und zwar an der Stelle, an der sagt Ansage an alle Medien,

stellt euch endlich mal wieder auf die Seite der kleinen Leute.

Der Jubel hört gar nicht mehr auf.

Und ich wollte dich mal fragen, wie du so etwas finden wirst.

Also, man kann sozusagen ganz viele Perspektiven einnehmen.

Es gibt die eine Fraktion, die sagt, geht alles gar nicht.

Da waren auch AfDler, das waren unter anderem auch eine kleinere

AfD-Kundgebung und so weiter.

Und dann werden sofort alle wieder zu Nazis und Rechtsradikalen gemacht.

Das ist mir viel zu weit und viel zu heftig,

sondern ich finde, Menschen haben das Recht, ihren Unmut zu äußern,

Menschen haben das Recht, auf die Straße zu gehen und auch wütend zu sein,

wenn ihnen irgendetwas nicht passt.

Also, das, die dann alle gleich so wieder über einen Kamm zu scheren

und einfach alle zu Rechtsradikalen zu erklären, das greift zu kurz.

Aber er stellt sich da oben hin und sagt,

und ich denke die ganze Zeit, Richard, über diesen Satz nach,

weil wir beide ja auch mit Medien immer zu tun haben,

teils als Objekt, teils als Subjekt, ja, so teils wird über uns berichtet,

teils machen wir es selber.

Stellt euch endlich wieder auf die richtige Seite.

Ich habe das ganze Wochenende über diesen Satz nachgedacht

und habe mich die ganze Zeit gefragt, hat der da, der Herr Eilwanger,

einen wahrsten Kern getroffen?

Was wird so sein?

Na ja, die Sache ist ja, was ist denn, die Sicht der kleinen Leute?

Ja, das unterschält ja, dass die kleinen Leute sich einig sind.

Ja, und dass es eine Sicht der kleinen Leute gibt.

Und ich würde sagen, bei dem Thema, um das es ja da am Ende geht,

beim Klimawandel gibt es die Sicht der kleinen Leute nicht.

Aber es gibt ein Gefühl, ne?

Ja, hier gibt es ein Gefühl, die da oben muten uns etwas zu.

Richtig.

Die da oben wollen, dass wir bestimmte Dinge machen, die wir nicht einsehen.

So, das kann ich irgendwo nachvollziehen.

Und jetzt haben wir auf der anderen Seite das Problem,

wenn wir beim Klimawandel darauf warten,

dass jene Einzelne alles bis zum Geht nicht mehr eingesehen hat

und bereit ist, ein ganzes Leben zu ändern,

dann brauchen wir gar nicht weiter darüber nachzudenken.

Das heißt also, wir sind in der schwierigen Lage,

dass der Staat daraus Vorgaben zu machen.

Und zwar egal, welche Regierung was wie wo beschlossen hat.

Also hier Klimaschutzziele, die sind ja damals formuliert worden,

nachdem das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat,

dass wir die rechte künftige Generationen mit ein berücksichtigen müssen

bei der Politik, die wir heute machen.

Genau.

Dass wir also mit anderen Worten nicht so weitermachen können,

dass wir die Zukunft unserer Kinder verfrühstücken.

Richtig.

Da kann man nicht warten, bis jeder das eingesehen hat.

Also der Punkt, das geht ganz kurz her,

man muss immer Aufklärungsarbeit machen.

Allein im kommenden Jahr müssen in Deutschland

4 Millionen Heizungen ausgetauscht werden.

Und zwar, weil sie dann 30 Jahre alt werden.

Das ist nichts, was sich der böse Robert Habeck oder Olaf Scholz

oder irgendjemand ausgedacht hat, sondern das ist schon lange Pflicht.

Richtig.

Das ist schon lange Pflicht.

Also weißt du, man kann das kritisieren.

Mir fallen auch Argumente ein, mit denen man das kritisieren kann,

die ich ernst nehme.

Also wir schauen nach Dänemark und wir sehen, was bauen die?

Ein warme Pumpenkraftwerk.

Das ist natürlich eine ganz andere Sache,

als jedem Einzelnen zu sagen, hör mal, du musst aber jetzt hier,

deine Heizung, das geht in Zukunft nicht mehr.

Und dann sieh mal zu, wie du das hinkriegst.

Also die Frage ist, setzen wir an der genau richtigen Stelle ein.

Andererseits muss man sagen, in dem gleichen Dänemark ist das,

was wir heute machen, der Austausch und die Wärmepumpeneinführung

schon vor 10 Jahren passiert.

Und kein Däne hat sich darüber aufgeregt.

Wir neigen natürlich dazu, diese Sachen zu instrumentalisieren.

Unter anderem eben die CSU, die gleiche Partei,

die dieses Klimaschutzgesetz, das hier umgesetzt wird,

unterschrieben hat, gemacht hat.

Ich meine, das geht überhaupt nicht.

Wir können uns dieses Gezenk in diesen Fragen doch nicht leisten.

Ja, aber, ja.

Also es ist völlig unklar, wie jemand, wie Markus Söder,

über den ich auch Positives sagen könnte,

wieso der sich in dieser Situation wirklich zum Sprecher

für diesen Mumpen zu machen.

Ich habe eine Idee, Richard.

Es muss Grenzen des Populismus geben.

Ja, das ist, aber wer definiert diese Grenzen des Populismus?

Ist es nicht in Ordnung, wenn ein, also,

es war ketzerische These, Richard.

Söder hat Wahlen in diesem Jahr vor der Brust.

Und es geht um einiges.

Und du siehst ja auch, was passiert, wenn man sozusagen

Dinge einfach nicht ernst nimmt.

Wenn man dieses Gefühl so laufen lässt,

die da oben gegen uns da unten, die nehmen uns nicht ernst.

Du weißt, in Thüringen steht ein Landrat von der AfD

kurz vor der absoluten Mehrheit.

Kurz vor der absoluten Mehrheit.

Das ist die Situation, in der wir sind.

Wollen wir das?

Oder ist mir dann vielleicht einer wie Söder,

der dann auch mal den populistischen Ausfallschritt macht

und sagt, ah, ich habe mein Ohr immer sehr, sehr nah dran

an dem, was die Leute so denken und reden.

Und das gleiche gilt auch für Hubert Heywanger.

Und dann bediene ich das jetzt mal bis zu einem bestimmten Punkt.

Bis zu einem bestimmten Punkt, finde ich, müssen Politiker sogar populistisch sein.

Wir haben auch schon einmal gesprochen.

Die Frage ist, wer definiert diese Grenze?

Wo ist diese Grenze?

Weil es zu nichts konstruktiven führt.

Findest du?

Ich würde mal unterscheiden.

Es gibt mit Sicherheit konstruktiven Populismus

und gestruktiven Populismus.

Und hier geht es einfach darum zu sagen,

wollen wir nicht und die bevormunden uns

und was weiß ich fast und so weiter.

So.

Letzt hätte ich gerne von Markus Söder

und von Herrn Heywanger gewusst,

wie sie die Klimaschutzziele umsetzen wollen.

Man kann bei dem, was das Wirtschaftsministerium da macht

und so weiter sicherlich an vielen Punkten Kritik äußern.

Da habe ich auch überhaupt gar kein Problem mit.

Ich finde insgesamt, dass wir beim Klimawandel viel zu kleinteilig vorgehen.

Dass wir viel zu wenig große internationale Projekte machen.

Dass wir viel zu sehr nationale Strategien,

manchmal nur regionale Strategien verfolgen.

Am Ende soll dann dabei rauskommen,

dass sich alle an Deutschland ein Vorbild nehmen.

Das ist so eine Lieblingsformulierung der Grünen.

Das ist wunderbar.

Wir schaffen die Energiewende und Somalia und Nigeria

und Brasilien nehmen sich alle ein Vorbild an Deutschland.

Also mir fehlt viel zu sehr die globale Perspektive.

Das kann man alles kritisieren.

Aber wenn ich jetzt Populist bin und sage,

das will ich alles nicht haben und ich will nicht bevormundet werden,

dann möchte ich von Söder ganz konstruktive, alternative Ideen haben,

wie wir unsere Klimaschutzziele erreichen.

Und das muss in der gleichen Rede vorkommen.

Ich kann also schimpfen und sagen,

das mit den Wärmen bumpen und so weiter.

Das geht nicht und das ist einer falschen Stelle angesetzt,

sondern es ist zu teuer und es belastet die Falschen.

Aber dann muss ich erzählen, wie man das alles viel besser machen kann.

Und dieser Bereich fehlt.

Ich finde, ich hatte ein Problem mit dem anderen Satz.

Das ist so der Moment, wo einem wirklich Angst und Bange wird.

Also das eine ist Hubert Aiwanger nochmal.

Diese Rede, die mit Tosen im Applaus begleitet wurde, der sagte.

Das ist ein Bierzelt und das ist alles in Ordnung.

Die in Berlin sind alle doof und so weiter.

Die kennen sich da nicht aus.

Die machen Nomist von morgens bis abends.

Und hier stehen aber die guten, die anständigen Leute,

die von morgens bis abends arbeiten.

Und die wollen, dass Eltern, Mama und Papa sind

und nicht irgendwas dazwischen und die Fleisch essen.

Und die wollen auch in Ohl abfahren und so weiter.

So weit der ganze Populismus.

Und das ist auch alles in Ordnung.

Aber dann sagt er den Satz.

Wir holen uns jetzt die Demokratie zurück.

Oh, das ist sehr nah an AfD.

Da verrutscht uns gerade etwas.

Und da kommt jetzt plötzlich so ein Sound rein,

der wirklich nicht gut ist.

Und ich frage mich dann immer,

ist das eine der Gründe,

weil wir uns mittlerweile so dermaßen verkämpfen?

Das ist ein falsches Vier, von dem ihr die redet.

Weil dieses Vier erst mal wird unterstellt.

Es sei die Mehrheit.

Ja, zum Beispiel.

Und da muss man ganz vorsichtig sein.

Dieses Vier, das wird die AfD ja auch immer sagt.

Die spricht ja auch immer von Vier.

Und die AfD ist keine Mehrheit.

Und da muss man immer sehr, sehr vorsichtig sein,

wenn man ein Vier instrumentalisiert, von dem man unterstellt.

Es wäre quasi die schweigende Mehrheit, gegen die regiert wird.

Wenn aber die Wahlergebnisse etwas anderes zeigen,

dann kann man dieses Vier nicht in dieser Form benutzen.

Richtig.

Das klingt ja auch so, als hätte eine Bande von Verbrechern

quasi das Land gekapert, die nicht gewählt worden sind.

Ja, es ist auch schwierig zu sagen,

hier sind die guten und die anständigen Leute und so zu tun,

als wären in Berlin keine guten und anständigen Leute.

Das ist ja auch schwierig.

Das ist ja auch schwierig.

Es wird auch selbst in Bayern, wie man sagen.

Es ist interessant, der Sound, der da plötzlich reinkommt

und dieses Unversöhnliche.

Du weißt, dass der Kampf gegen diese Wärme wende.

Überall auf der Welt werden jetzt entscheidende Maßnahmen ergriffen,

weil man verstanden hat, wir müssen da etwas tun.

Nur in Deutschland und interessanterweise in England

wird der Kampf so hart und ideologisch geführt,

dass man das Gefühl hat, die Wärmepumpe ist jetzt wirklich das Ding,

an dem sich das Schicksal der gesamten Menschheit entscheidet.

Wahrscheinlich bei dem, was du, ich habe den Eindruck,

dass du die ganze Zeit so ein bisschen darauf hinaus willst,

auch mit dem, was du vorhin gefragt hast.

Geht es bei der Wärmepumpen-Diskussion um Wärmepumpen?

Ja, das ist genau der Punkt, eben nicht.

Das ist ja das, was du mit dem Aiwanger Beispiel erzählt hast.

Es geht um einen Kulturkampf,

der sich an der Wärmepumpe entzündet.

Man hat schon eine schöne Freizeitungsfläche.

Aber leider, leider aus meiner Sicht tragisch.

Weil ich könnte, wenn dieser Kulturkampf an solchen Dingen entzündet,

an denen er sich auch entzündet, wie am Gendern oder sowas alles,

dann hat das am Ende keine großen Konsequenzen.

Ja, also ob man am Ende dann in 10 oder 20 Jahren alles gendert

oder nichts mehr gendert oder so ist, ehrlich gesagt,

emotional vielleicht im Augenblick interessanter Frage.

Aber langfristig ist es völlig egal.

Aber die Frage, ob wir die Energiewende schaffen oder nicht,

die ist überhaupt nicht egal.

Ja, hier geht es auch nicht darum, dass man dieses Beispiel nimmt,

um jetzt ökologische Politik zu blockieren.

Es ist extrem dämlich aufs Feld,

um ein Wir gegen die aufzumachen.

Und das nervt mich schon ziemlich daran,

weil der Ernst der Lage ist viel zu groß,

als dass man sich in diesem Blödsinn verkämpft.

Das andere ist, diesen Riss gibt es.

Manchmal würde ich es nicht glauben,

aber wir kriegen ja jeden Scheiß, der in Amerika schiefläuft,

fünf oder zehn Jahre später bei uns.

Das ist absolut so.

Und dieses Schimpfen auf die politischen Eliten,

mit denen Donald Trump seinen Wahlkampf gewonnen hat.

Und wo man auch sagen muss, ja, das stimmt natürlich,

diese Eliten in Washington leben in einer völlig anderen Welt,

in Kentucky oder ein Stahlarbeiter in Cincinnati.

Das ist ja richtig. Die leben wirklich in einer komplett anderen Welt.

So, und da gibt es auch Lobbies, wie zum Beispiel Finanzlobby,

und so, die unglaublich einflussreich sind,

und die sich überhaupt nicht für den Farmer in Kentucky interessieren.

Das ist auch alles richtig.

Aber das ist dann so eine grundsätzliche Haltung gemacht hat,

das Volk gegen seine korrupten Eliten.

Dass also ein Bild produziert wird,

das klassisch ist für Gangster Länder.

Also ein großer Teil der Länder dieser Welt werden von korrupten Eliten regiert.

Und das Volk ist egal.

Dass man aber eine liberale Demokratie wie Deutschland sukzessive damit gleichsetzt

und sagt, wir sind auch so ein Land, wo es korrupte Eliten gibt

und ideologische Spinner und die da irgendeinen Scheiß durchsetzen wollen

auf Kosten der Bevölkerung.

Das ist eigentlich ein US-Import.

Ich habe ja mal was geschrieben über die AfD,

dass sie aus zwei Bestandteilen bestätigen, nicht zusammenpassen.

Eine ist also dieses, was wir gerne Nazi nennen,

also dieser extreme deutschen Nationalismus bis hin zu echten Nazis.

Ja, sehr, sehr deutsch.

Den ist Deutschland nicht deutsch genug.

Und wenn die an Deutschland denken, dann denken die an Deutschland vor 45

oder Deutschland Kaiser Wilhelmszeiten oder wie auch immer.

Und das andere, das sind diese Paleo-Liberalen,

die so dieses My Pony, My Rifle und Me starthaltig raus.

Ich will meine Freiheit.

Ich will, dass sich niemand in mein Leben einmischt.

Ich will mich nicht von irgendeiner Oberigkeit gängeln lassen.

Ich will am liebsten auch keine Steuern zahlen und so weiter.

Und die beiden Dinge sind totale Widersprüche.

Das Erste will den starken Staat, der alles bestimmt.

Und das Zweite will den schlechtestmöglichen Staat,

der am besten gar nicht existiert.

Und nur die Verteidigung organisiert und die Polizei stellt.

Ja, dieser alte Ronald Reagan Satz.

Wenn bei Ihnen zu Hause ein Mann an die Tür klopft und sagt,

guten Tag, ich bin vom Staat, dann mach sofort wieder zu

und verbarrikadiere dich in deiner Bude,

weil das bedeutet nichts Gutes.

Der Staat ist sozusagen der Dämon, der nur Geld verschwendet,

der nix auf die Reihe kriegt

und der sozusagen deine mühsame Arbeit wieder zu nichte macht.

Genau.

Das ist das Paleo-Liberale oder Paleolibertiere.

Und beides ist in der AfD ineinander vermischt.

Und mal kommt das eine raus und mal kommt das andere raus.

Ja, also in der Migrationsfrage kommt das Erste raus

und in der Ökologie Frage kommt das Zweite raus.

Ohne dass den Menschen in dem Moment bewusst sind,

dass sie zwei Widersprüche oder einen Widerspruch

so in ihrem Bewusstsein speichern,

dass die Einzelteile dort nie zusammentreffen.

Das ist überhaupt kein in sich geschlossenes Weltbild,

sondern es ist immer ein Gegenweltbild.

Richtig.

Und das ist das große Problem, was diese Partei hat

und der große Vorteil in diese Partei hat,

ist, dass ihnen immer mehr Leute zulaufen.

Und ich glaube, diese 18 Prozent sind noch nicht das Ende der Fahnenstand.

Mittlerweile bei 20.

Das kann auch noch deutlich mehr werden.

Ja, heute haben wir gesehen 19,5 Prozent.

Ja, aber warum ein Söder sich hinstellt

und dieses Sevilla gegen die bedient?

Denn das mitst am Ende nicht der CSU.

Das wird am Ende der AfD nützen.

Und deswegen halte ich, dass wir einen ganz großen Fehler,

was er da gemacht hat.

Ich bin mir da wirklich nicht sicher.

Ich fühlte mich an Michael Kretschmer erinnert.

Der ja auch jemand ist, der da einen sehr harten Fight kämpft.

Und zwar schon die ganze Zeit.

Und ich glaube, man muss anfangen,

auch wirklich auf bestimmte Argumente einzugehen.

Wir müssen zur Kenntnis nehmen,

dass auch wir medial müssen zur Kenntnis nehmen,

dass viele Menschen das Gefühl haben,

wir bilden sie gar nicht mehr wirklich ab.

Wir sind viel zu weit von denen entfernt.

Wir überfordern dieses Land.

Und wenn die Leute dann überfordert sind und sagen,

das passt mir jetzt aber alles nicht,

dann sagen wir, guck mal, alles so rechtsradikal,

das verstehen die alles nicht.

Und dann wollen sie auch noch Fleisch essen oder Nackenstecken.

So geht es nicht weiter.

Ich habe dieser Tage in einem interessanten Buch gelesen,

Michael Sandel kennst du bestimmt.

Natürlich.

Genau, berühmter amerikanischer Philosoph,

angeblich der Lieblingsphilosoph von Olaf Scholz.

Das Unbehagen in der Demokratie.

Und der sagt in diesem Buch

sinngemäß und beschreibt das auch sehr genau,

dass sich in den demokratischen Gesellschaften

hat sich eine enorme Unzufriedenheit angesammelt.

Und sehr viele Menschen,

vor allem aus den Arbeiterklassen,

haben das Gefühl, dass sie nicht wirklich beachtet werden.

Das haben wir schon häufig besprochen.

Und er sagt irgendwie auf die Frage,

wie das eigentlich sein kann.

Weil eigentlich haben wir doch eine prosperierende Situation.

Eigentlich geht es uns doch gut.

Wir haben eine historisch niedrige Arbeitslosigkeit.

Wir haben global betrachtet deutlich zunehmenden Wohlstand.

Und er sagt, ja, aber nicht für alle gleichermaßen.

Die kämpfen gerade da draußen unfassbar.

Genau diese ganze Mittelschicht und Arbeiterklasse.

Und er sagt, wir haben viel zu lange

diesen internationalen Finanzströmen,

also sozusagen dem Kult des Geldes, gehuldigt.

Und der hat diese geteilten Gesellschaften von Gewinnern

und Verlierern hervorgebracht.

Wir können uns schlicht und ergreifend nicht mehr leisten.

Und es fand ja auch interessant,

da gibt es so einen Hochmut da drin.

Er sagt, dieser Elite hat ja auch noch gerne so dieses Gefühl.

Und das verbreiten die dann auch und sagen,

naja, wir sind die, wir strengen uns an.

Wir verdienen für euch alle mit die Kohle.

Wir zahlen die großen Steuern und jetzt benehmt euch mal bitte.

Und dieses Gefühl, dieser Hochmut,

sich sozusagen am eigenen Erfolg zu ergötzen,

das fällt uns gerade auf die Füße,

weil dabei völlig vergessen wird,

und das vergessen auch die, wie viele Menschen dazu beitragen.

Also wenn Jeff Bezos sagt, ich zahle unvorstellbar viele Steuern

oder Elon Musk, dann vergisst er meistens zu erwähnen,

wie unvorstellbar viele Menschen

in seinem riesigen Laden dazu beitragen,

dass er dieses viele Geld verdient

und dass er diese vielen Steuern zahlt.

Aber ich finde mal zu dem Kern,

was bei der Sandel-Analyse nicht vorkommt,

weil das ist ja eine klassische, in Amerika würde man sagen,

liberale Analyse, bei uns würde man sagen linke Analyse,

die dann einfach darin besteht

und sagt, dieser ganze Deal unserer Gesellschaft,

der geschieht auf Kosten von Abgehängten

und von einer wachsenden Zahl von Abgehängten.

Es gibt einen Punkt, da habe ich noch nie gelesen,

dass der eigentlich mal thematisiert worden ist

und der erklärt warum das so ein Problem ist.

Es ist ja klassisch nicht ein Problem,

dass eine Gesellschaft viele Abgehängte hat.

Das war ja immer so.

Erzähl mir mal von einer Gesellschaft,

in der es nicht viele Abgehängte gibt,

in der Schweiz vielleicht oder Luxemburg.

Aber das ist ein großer Zahl von Leuten,

die politisch unterrepräsentiert sind.

Also einfache Arbeiter, Arbeitslose und so weiter.

Wie viele Arbeitslose gibt es im Bundestag?

Wie viele Lobbyisten haben die da,

die sich für sie einsetzen und so weiter?

Also das ist normal.

Aber etwas hat sich verändert in den letzten 10, 15 Jahren.

Und unter anderem beschleunigt durch die sozialen Netzwerke,

dass die Abgehängten ein anderes Selbstbewusstsein haben als früher.

Und dass sie den Anspruch stellen,

nicht mehr abgehängt sein zu wollen.

Das ist historisch neu.

Der allergrößte Teil, auch der Arbeiter,

egal ob es Gewerkschaften gab und Arbeiterbewegungen,

war unpolitisch.

War gewohnt, dass auf dem kleinen Mann sowieso keiner hört

und dass die da oben, egal ob das jetzt ein demokratisches System war

oder Monarchie oder was auch immer eine Diktatur,

machen was sie wollen.

Dass sie also sowieso nicht gehört werden.

Heute leben wir in einer Gesellschaft

und das kann man erstmal positiv beschreiben,

in der jeder gehört werden will.

Und ich könnte die ketzerische These wagen,

dass unsere Demokratien darauf nicht vorbereitet sind.

Das ist richtig.

Wir kriegen dann keine Konsensgesellschaft mehr hin.

Also diejenigen, die normalerweise die Verlierer in der Gesellschaft sind,

meistens weitgehend ruhig waren.

Und die waren in der Bundesrepublik schon deswegen ruhig,

weil die Verlierer immer noch sagen,

dass es auch den Verlierern im Prinzip von Jahr zu Jahr besser ging,

über eine lange Zeit.

Also 50er, 60er, 70er Jahre und so weiter, 80er Jahre zum großen Teil noch.

In Relation zweiärmer geworden,

aber de facto konnten sie sich immer mehr leisten.

Und die hatten aber sehr lange kein politisches,

starkes Selbstbewusstsein.

Und das haben wir heute.

Und man kann sagen, dass die AfD,

es schafft,

vielen abgehängten politisches Selbstbewusstsein zu geben.

Ja.

Und das ist sehr interessant.

Und das ist sozusagen macht die AfD

zu einem ganz wichtigen sociologischen Phänomen.

Ich will immer was sagen.

Ich mach das jetzt auch schon ein paar Tage, 15 Jahre haben wir gerade gefeiert,

unsere Sendung.

Und da komme ich doch jetzt nochmal zu dem Thema,

dass wir auch heute unter anderem reden wollten.

Wir verkämpfen uns dann.

Die Gräben werden tiefer und tiefer, die Fronten immer verhärteter.

Wir können uns auf nichts mehr einigen.

Und wir sind nicht mehr in der Lage,

ernsthafter mal unsere Zukunft und das, was wichtig ist für uns,

wirklich in den Blick zu nehmen.

Der Satz,

wir brauchen in der Migrationskrise zum Beispiel,

brauchen wir eine europäische Lösung.

Und diesen Satz, den habe ich,

ich weiß nicht, habe ich den 3.000-mal gehört oder 4.000-mal oder 5.000-mal?

Ich habe noch einen zweiten Satz, den würde ich gerne daneben stellen.

Das eine ist, wir brauchen eine europäische Lösung.

Was am Ende heißt, es passiert nichts anderes,

als dass irgendwelche Grenzschutz-Truppen

vergrößert werden und Zäune größer gemacht.

Das ist das eine.

Das läuft ja immer darauf hinaus.

Es läuft immer auf defensive Strategien,

nie auf proaktive Strategien hinaus und damit direkt verbunden.

Es kam einen Satz in dieser ganzen Migrationsdiskussion,

2015, jetzt ist 8 Jahre her,

als die Leute aus Syrien kamen

und dann die große Flüchtlingskrise kamen.

Da gab es einen Satz, da waren sich alle einig.

Wenn man den in der Rede machte,

kriegte man immer Beifall, egal wer den machte.

Und das war, wir können nicht alle aufnehmen,

wir müssen die Fluchtursachen bekämpfen.

Richtig.

Jetzt würde ich gerne mal von dir wissen, Markus,

welche Fluchtursachen haben wir in den letzten 8 Jahren bekämpft?

Ja, genau.

Die aktive, proaktive, offensive Flüchtlingspolitik

gemacht und eine rein defensive Flüchtlingspolitik,

wo man sich wechselseitig, ja, du übernimmst,

du musst dir aber nehmen, nee, die will ich nicht,

nimm du die und so.

Ja, klein, klein.

Total ist klein, klein.

Und außer Grenzenschützen und Besserschützen

ist am Ende fast nichts passiert.

Man hat 8 Jahre, ich meine 8 Jahre,

das ist eine riesen lange Zeit gehabt,

um was gegen Fluchtursachen zu tun.

Und die Folgen des Klimawandels,

ja, also Vergrößerung der ariden Gebiete,

der wüsten Gebiete in Afrika, ja,

mit all dem, was dazu führt zu Kriegen,

instabilen Regierungen, Migrationsbewegungen und so weiter.

Wir machen so gut wie überhaupt nicht.

Richtig.

Und es wäre so viel günstiger, das zu machen,

weil wir können unsere Grenzzäune noch so hoch machen

und wir können noch so viel Patrouillembote

irgendwo hinschicken.

Wir werden uns auf einen bestimmten Punkt

die gigantische Migrationsbewegungen nicht schützen können.

Wir sind um unser eigenes Fortbestandeswillen

enorm gezwungen, uns an die Fluchtursachen anzumachen.

Und ich habe immer das Gefühl, ich weiß das ja nicht,

ich arbeite ja nicht in so einem Ministerium,

aber man würde doch denken, man muss langfristig planen,

man muss proaktiv planen,

man muss europäisch konzertiert planen.

Ich habe schon auch bei diesen Ökosachen immer das Gefühl,

jeder kocht sein eigenes Hüppchen.

Da gibt es natürlich Geld von der Europäischen Union.

Für dieses Projekt in Marokko gibt es Geld

und für dieses Projekt in der Nordsee gibt es ein bisschen Geld.

Und in dem kleinen Projekt arbeiten die drei Länder zusammen

und da die fünf, ich meine bei dem Ernst der Lage,

müsste man doch eigentlich einen Masterplan machen

und müsste sagen, wo können wir die meiste Windenergie herbekommen,

wo in der Sahara können wir genug Sonnenenergie abschöpfen und so weiter.

Also all diese Sachen müssten doch mit großer Hand geplant werden

und genau in dem gleichen Maße eben auch die Bekämpfung der Fluchtursache.

Das passiert alles nicht, wir reagieren nur.

Ja, das war ein anderes Beispiel, aber du erinnerst dich an dieses,

ich fand das damals so faszinierend, Desert Tech.

Absolut, ich war begeistert, als ich davon gehört habe.

Die Idee sozusagen, erzähl mal kurz, was die Idee war, Richard.

Ja, die Idee war, dass sich viele Firmen international zusammen tun,

um Solarenergie aus der Sahara zu gewinnen.

Genau, das war die Idee dahinter.

Also höchstgestrom aus Nordafrika.

Angelegt haben das kluge Leute vom Club of Rome.

Also da haben sich intellektuell zusammengesetzt

und haben gesagt, das wäre noch eine super Idee.

Und dann gab es auch viele deutsche Firmen, die sich daran beteiligt haben

und gesagt haben, das ist in der Tat eine super Idee.

Und dann passierte, das erste war natürlich,

das Problem musste es ja wahnsinnig viele Leitungen machen,

um das Ganze irgendwie übers Mittelmeer rüberzubringen.

Das war eine schon ziemlich große Investition.

Und das zweite war, dass dann Stimmen laut wurden,

innerhalb dieses Konsortiums, die gesagt haben,

naja, sollen wir jetzt da aus der Sahara den ganzen Strom da zu uns abziehen?

Wenn man sich mal guckt, wie die Entwicklungsperspektiven von Marokko

und Agäa, Jeno, Ägypten und so weiter aussehen,

da gibt es ja auch immer mehr Menschen.

Und da wird es auch Wirtschaftswachstum und so was geben.

Die brauchen ja auch für sich schon.

Brauchen die ja andere Energiequellen.

Das heißt, die brauchen den Solarstrom ja auch erstmal selber.

Genau.

Die haben nicht eine Fraktion, die gesagt hat,

wir machen das Ganze ja nur, weil wir in Europa das nutzen wollen.

Die andere Fraktion, die gesagt hat,

nee, lass uns das lieber erstmal für die Länder dort aufmachen.

Genau.

Dann hat man sich zerstritten.

Und dann gab es für dieses ganze Projekt,

innerhalb kürzester Zeit, auch keinerlei Fördergänge.

Also bereits nach kurzester Zeit,

hat sich die EU etwas sowieso, glaube ich, meines Wissens,

jedenfalls nicht gefördert.

Bundesregierung hat sich da relativ früh rausgezogen

und da ist ja der Gedanke faszinierend zu sagen,

ich weiß nicht, wie klein die Fläche in der Sahara sein müsste.

Es gibt ja viele verschiedene Möglichkeiten,

wie man Solarenergie nutzen kann.

Aber du brauchst relativ wenig Fläche, die komplett unbewohnt ist,

die eigentlich keiner zu Gesicht kriegt

und kannst also enorme Mengen saubere Energie erzeugen.

Ja, wenn man muss sich nur mal klarmachen,

dass die Energie, die die Sonne jeden Tag zu uns auf die Erde schinkt,

ist ein zickfaches Dessen, was wir an Strom an Energie tatsächlich brauchen.

Das musst du dir mal vorstellen.

Also wir haben eigentlich, ist sozusagen der Traum der endlosen,

günstigen Energie, den könnten wir tatsächlich Realität werden lassen.

Ja, und die ganze Diskussion, die wir hier haben über Landschaftsverspargelung

und über Überleitung und so weiter, die hätten wir dann nicht mehr.

Wenn wir es woanders erzeugen würden, das war ja sozusagen die Vision dahinter.

Genau.

Und es ist erstaunlich, dass das zum Beispiel nie ein großes europäisches Projekt geworden ist.

Dass man in Ruhe zugeguckt hat, wie man sich da verzankt hat.

Ja, ich meine, es ist was von übrig geblieben.

Es gibt ja in mehreren Vorzeigeprojekte.

Das meine ich.

In mehreren arabischen Staaten.

Wollte gerade sagen.

Dieses Nohrprojekt in Marokko.

Genau.

Wo ja schon ordentlich was passiert ist.

Aber hier ist wieder das selber.

Auch die Deutschen haben da gefördert.

Ja, aber dann wird hier für 36 Millionen mal die Versuchsanlage

und dann wird dies mal, das sind 36 Millionen, überleg mal.

Ich meine, das kostet so viel wie vier große Villen auf Mallorca.

Ich bin so verzweifelt, dass die Zusammenarbeit nicht funktioniert.

Dass wir ihnen was zu tun, als können wir sagen, ja, da investiert die Firma mal das

und da gibt es den Fördertopf und dann kann man mal gucken, was man da so machen kann.

Das klingt alles so, als hätten die alle nichts von dir mitgekriegt,

worüber Tissé Bolzenbuch schweigt.

Ich bin mir, ja, ich frage mich manchmal, sind wir das alle oder sind nur wir das?

Also, mein Blick ist eher der, wir haben oft darüber gesprochen,

dass wir damals 2016 das erste Mal in Amerika, ich jetzt für mich persönlich,

wirklich wahrgenommen habe, ja.

George Packer hat das Buch dazu geschrieben,

The Unwinding, ja, die Abwicklung.

Wenn man das mal liest, da kriegst du heute noch Gänsehaut,

weil genau so ist das eingetreten.

Aber jetzt gehen die Amerikaner hin.

Sie machen ganz pragmatisch ihren Inflation Reduction Act

und sind selbst überrascht über diesen riesigen Erfolg.

Es gibt keine nennenswerte Firma auf der Welt,

kein globales Unternehmen von Siemens Energy bis hin zu vielen anderen,

die nicht jetzt gerade Ankündigen in Amerika, in grüne Technologie zu investieren.

Wie sind wir das nicht?

Alle dabei.

Warum ist das so? Lachen wir machen das ja auch,

aber wir machen das natürlich wieder viel kleiner und so.

Also da ist bei Europa kein Zug drin.

Nein, da ist kein Zug drin.

Die sind total gut mit Zahlen, ja.

So Zahlen, wo man sagt, ja, in 30 Jahren wollen wir klimaneutral sein.

Nein, das finde ich super, wenn Ursula von der Leyen sagt,

weil sie nicht 2050 oder so ist Europa klimaneutral.

2050 ist hier nicht mehr Kommissionspräsidentin.

2050 lebt sie möglicherweise auch gar nicht mehr.

Also warum diese Fernhorizonte vermalen von etwas,

wofür man nie wieder zur Verantwortung gezogen wird?

Warum nicht zu sagen, in zwei Jahren wollen wir da sein,

in vier Jahren wollen wir da sein, in sechs Jahren wollen wir das geschafft haben?

Wenn man das macht, so kleinteilige Sachen wie die Grünen,

das so ein bisschen gemacht haben, was sie jetzt in vier Jahren erreichen wollen,

oder ich für jedes Jahr sich Ziele gesetzt habe,

dann sieht man, dass die immer und immer und immer verfehlt werden.

Und damit bürden wir in die zukünftigen Generationen immer, immer mehr auf.

Und es ist schon richtig, Deutschland gibt ja insgesamt über die nächsten Jahre

ungefähr eine Billion alles zusammengenommen für die Energiewende aus.

Wenn wir das nicht hinkriegen, dann werden die Kosten für die weiteren Generationen

natürlich noch sehr, sehr viel größer werden, weil da jetzt nicht nur die Frage ist,

wo man die erneuerbaren Energien produziert,

sondern wie man mit den ganzen Schäden umgehen soll

und den ganzen anderen Folgen, die im Zuge des Klimawandels eintreten.

Es gibt ja diesen berühmten Satz, was ist teurer als den Klimawandel zu bekämpfen?

Ja, ihn nicht zu bekämpfen.

Ja, das ist richtig.

Es gibt gute Beispiele und deswegen denke ich manchmal,

es geht schon auch nach vorne, Salz-Gitter zum Beispiel,

er wird ja Stahl gemacht im großen Stil.

Die haben CO2-Ausstoß von acht Millionen Tonnen jedes Jahr.

Um das zu speichern bräuchtest du ein Wald, der wäre so groß wie ganz Schleswig-Holstein.

Und die Technologie ist mittlerweile da.

Die werden das hinkriegen bis zum Jahr 2030, 33 werden dies schaffen,

CO2-neutralen Stahl zu produzieren,

Klimaneutralen Stahl zu produzieren, grünen Stahl.

Das ist doch eigentlich mal eine ganz großartige Vision

oder die Idee zum Beispiel vor der Küste in der Nordsee,

diesen riesigen Offshore-Windpark zu bauen.

Olaf Scholz auch mit angekündigt,

neuen Staaten und so weiter wollen das machen.

Das ist wirklich richtig groß.

Bis 2050 werden da 300 Gigawatt aus Offshore-Windenergie erzeugt.

Da sind die Iren dabei, Luxemburg, dein schönes Luxemburg, Großbritannien und so weiter.

Wir, Deutschland, Belgien, Niederlande, Frankreich, alle dabei.

Das heißt, manchmal kriegen wir es auf eine erstaunlich gute Art und Weise hin.

Und man zu langsam.

Ich will das auch loben, ich will, dass das eine Bildzeitung überschrift wird,

was wir da Tolles machen.

Ich finde die Beispiele alle großartig,

aber das wäre super gewesen.

Wir hätten das schon vor zehn Jahren hingekriegt.

Wir haben ja immer noch das Gefühl, mit manchen Sachen können wir warten.

Tempolimit auf der Autobahn.

Es wird sicher irgendwann eingeführt.

Wahrscheinlich wird das dann noch dramatisch viel weniger sein.

Also, was man überhaupt noch fahren darf und so weiter.

Aber alles eben so auf den aller, aller letzten Drückern,

wenn man es eigentlich auch sagen kann,

jetzt kommt es eigentlich auch darauf nicht mehr an.

Ich glaube, wir sind im Augenblick auf der Kippe,

noch mal alle Anstrengungen zu machen, die man irgendwo machen kann,

mit der Konsequenz einer sehr stark erstarkenden AfD.

Oder zu sagen, okay, da sind wir halt die letzte Generation,

die ein gutes Leben hatte.

Und wenn ich mich so in meinem Freundes- und Bekanntenkreis umhöre,

dann würde ich sagen, so die Haltung ist 50-50.

Und das hat sich enorm verändert gegenüber vor fünf Jahren.

Da kannte ich niemanden, der gesagt hat,

ja gut, jetzt ist sowieso zu spät, was soll es noch?

Das heißt, ich habe das ja von Anfang an mitverfolgt,

als sozusagen grüner der ersten Stunde.

Am Anfang wurden diese Vorstellungen,

dass man den großen ökologischen Umbau braucht, das wurde verlacht.

Und dann wurde es ewig bekämpft.

Heute ist es selbstverständlich,

aber heute sagen dann die gleichen Leute,

die es vorher verlacht haben und bekämpft haben,

ja jetzt ist es zu spät.

Und das ist so ein bisschen die Haltung.

Ich habe eine gewisse Angst davor,

sich so in den nächsten Jahren die Haltung durchsetzt,

geht sowieso nicht.

Weißt du, was ich glaube, Richard, abschließend gesagt habe,

ich habe ein schönes Stück über Vertrauen gelesen.

Es gibt ja, ich glaube, wir haben zu wenig Vertrauen.

Ich glaube, uns ist als Gesellschaft das Vertrauen abhandengekommen.

Das Vertrauen in die Institutionen,

das Vertrauen in die Leute an der Spitze,

das Vertrauen, dass wir das irgendwie geregelt kriegen.

Und es ist interessant, es gibt ein ganz berühmtes Experiment,

ein Harvard-Professor schon vor 40 Jahren,

der hat das mal beschrieben,

Kontroll-Illusion, die eigentlich ein Paradox ist.

Also sozusagen bei selbstbar objektiv unkontrollierbaren Dingen.

Virus, ja, wir wissen,

das nächste Coronavirus oder ein anderes Virus wird kommen.

Krieg, es werden neue Kriege kommen.

Es werden Inflationen kommen über die Klimaveränderung.

Reden wir gerade die ganze Zeit.

Und wir wünschen uns so sehr, ein wenig Kontrolle zu haben,

dass wir uns einreden, sie tatsächlich auch in Teilen zu haben.

Und der hat in diesem Experiment, das ist sehr interessant,

mal nachgewiesen, dass Leute, die beim Lotto spielen zum Beispiel,

ja, die die Zahlen selber auswählen,

schätzen ihre Gewinnchancen deutlich höher ein,

als wenn die diese Zahlen einfach genannt kriegen.

Du wirfst dem, hat man eine Zahl und sagt,

fühl doch einfach so und so aus.

Nein, das Gefühl ist, wenn ich es selber mache,

dann wird es besser.

Dann wird es schon ganz gut.

Ein bisschen mehr Kontrolle, Würfel spielen genauso.

Wenn du eine niedrige Zahl brauchst,

dann wirfst du diesen Würfel vorsichtiger,

als wenn du eine höhere Zahl brauchst.

Weil du glaubst, die Art und Weise, wie du diesen Würfel wirfst,

und zwar du selber,

gibt dir sozusagen ein bisschen Kontrolle zurück.

Du meinst, das ist in der Politik genau dasselbe.

Ja, und ich glaube, wenn die Leute das Gefühl hätten,

sie könnten mitreden in all den Fragen,

sind sie sicher, dass viel bessere Entscheidungen gefällt werden.

Ja, das ist das Gefühl, das wir haben, genau.

So nach der Motto, die Deppen da oben, die verstehen uns einfach nicht mehr.

Und wir haben es ja aber eigentlich selber besser drauf.

Ja, wir versuchen sozusagen, die Kontrolle wieder zurückzuerlangen,

über all diese Dinge.

Und es gibt da diesen berühmten Satz,

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.

Und der Autor sagte da, das ist ein guter Satz,

aber auf die großen Fragen des Lebens angewendet ist

dieser Satz total falsch.

Und sagte, die wirklich wichtigen Dinge

werden sich niemals kontrollieren lassen,

wann wir sterben,

wen wir lieben, von wem wir geliebt werden.

Und der will darauf hinaus,

dass Vertrauen sozusagen der Kit in einer Gesellschaft ist.

Und Misstrauen ist ein wirklich zersetzendes Gift.

Ja, und wir Menschen sind total darauf angewiesen,

aneinander zu vertrauen.

Weil ohne das Vertrauen,

ohne den Fehler liegt,

könnte man jetzt morgens das Bett nicht mal verlassen,

schreibt er da, wir hätten Angst,

wir hätten das Gefühl,

gleich werden wir vom Bus überfahren oder was auch immer.

Und dieses, dieser Kontrollverlust,

den wir versuchen, wegzumachen,

den könnten wir ersetzen, durch mehr Vertrauen.

Einfach darauf zu vertrauen,

die werden die Dinge machen.

Und es sind da draußen nicht nur Typen unterwegs,

die uns alle nach dem Leben trachten,

die alle unser Bestes wollen,

nämlich nur unser Steuergeld, die nichts drauf haben, die alle Versager sind, ich glaube,

wir brauchen mehr, wieder Vertrauen.

Das ist uns abhandengekommen.

Das ist, glaube ich, einer der Schlüssel zu diesem ganzen Thema.

Ja, also ich würde es schon zwei Seiten sehen.

Also einerseits finde ich ja ein gesundes Misstrauen, keine schlechte Haltreißen und

auch ein gesundes Misstrauen gegenüber der Politik, nicht in Form einer allgemeinen Unfähigkeitserklärung.

Genau, das ist der Punkt.

Sondern vielleicht, dass ich natürlich bei bestimmten politischen Prozessen sage, diesen

Politiker vertraue ich nicht oder ich vertraue nicht darauf, dass das eine gute oder richtige

Entwicklung ist und dass ich da kritisch mündig bin und nicht alles glaube, da sind wir uns

einig.

Auf der anderen Seite ist es ja so, anders als Diktaturen, die brauchen kein Vertrauen,

die brauchen Angst, sind liberaldemokratische Gesellschaften auf Vertrauen angewiesen.

Genau, man nicht mehr vertraut in einer Gesellschaft, dann funktioniert dauerhaft eine Gesellschaft

nicht mehr, die auf Freiheit aufgebaut ist.

Das ist so.

Und nach dem Bayes, den du da gerade beschrieben hast, also dass Menschen sich selbst immer

für großartig gehalten, da gehört natürlich dazu, dass man instinktiv denkt, wenn man

an deren Stelle wäre, dann würde man schon alles richtig machen und würde alles besser

machen.

Und ich glaube, wenn man nur drei Tage in so einem Ministerium wäre, dann würde man

sofort begreifen, dass das nicht so ist, dass man als Minister einen Tanker hat mit

Hunderten, manchmal Tausenden von Mitarbeitern und die man erst mal gar nicht kennt und ihm

erst mal verstehen muss.

Und da muss man die ganzen menschlichen Ränke und Ränkühne und Machtinteressen und so.

Also das ist ja so ein Wirtschaftsministerium oder gerade so ein Superministerium ist ja

eigentlich viel zu groß.

Das ist eigentlich gar nicht mehr führbar.

Und man ist ein sehr erheblichen Teil der Zeit, allein nur mit solchen Aufgaben im Grunde

genommen, in Anspruch genommen, sonst fällt man über seine eigenen Leute oder das, was

man macht, wird ausgebremst.

Und man macht sich gar keine Vorstellungen mit welchen Sorgen sich ein Minister noch

alles rumplagen muss, außer mit diesen tatsächlichen, fachlichen Entscheidungen.

Dann kommen die ganzen Lobbyinteressen, die dann eine Rolle spielen, an denen man oft

auch gar nicht komplett vorbeigehen kann, Automobilien, Muslimen mit ihren 800.000

Arbeitsplätzen und das muss man alles miteinander abwägen und dann noch irgendwie mit grundsätzlichen

oder prinzipiellen Entscheidungen zusammenzubringen.

Das ist unglaublich schwierig und da überschätzt man natürlich selber, wenn man von außen

kritisiert, wie einfach das doch wäre, das alles anders zu machen.

Das ist auf jeden Fall so, dass man gewisses Grundvertrauen haben soll in das Funktionieren

der Demokratie und dass man nicht ausnahmslos von Idioten regiert wird, ist eine wichtige

Geschichte.

Aber die Frage, was ist sozusagen der richtige Weg zwischen einer grundsätzlichen

Misstrauenserklärung in die Politik auf der einen Seite und einem dösigen Vertrauen,

dass die Dinge schon richtig laufen.

Das muss ja jeder in einem sehr komplizierten Prozess der Urteilsschulung für sich selbst

irgendwie überlegen und dafür braucht man eine Menge Zeit und muss man sehr trainiert sein

über sich und das Leben nachzudenken und das kann in einer Demokratie nicht verausgesetzt

werden. Das heißt, du hast auch einfach eine große Anzahl von Bevölkerung, die in ihren

politischen Überzeugungen großen Wert auf schnelle Lösungen legen in ihrem Kopf und

nicht aus sorgfältiger Abwägung von solchen Prozessen.

Und das Einzige, was man da sagen kann und da sind wir wieder am Anfang der Sendung, wenn wir eine

Medienlandschaft haben, die das Misstrauen bis zum Geht nicht mehr anreizt und umgekehrt für

das Vertrauen eigentlich gar nichts mehr liefert, das ist genau der Punkt.

Dann wird es schwierig.

Das ist genau der Punkt, Richard.

Und ich finde, darüber sollten wir bei anderer Gelegenheit nochmal nachdenken und diesen

diesen Gedanken irgendwie weiter tragen.

Und ich merke es auch im Hintergrundgespräch auch mit Kolleginnen, mit Kollegen, die häufiger auch

bei uns in der Sendung zu Gast sind.

Das ist etwas, das treibt die irgendwie alle um.

Wir alle merken, dass wir da so ein Punkt sind, wo es entweder in die eine oder in die andere

Richtung kippen kann.

Und es ist auch wirklich Teil unserer Verantwortung zuzusehen, dass es in die richtige

Richtung geht und nicht in die falsche.

Und die Diskussion, glaube ich, das stimme gerade am Anfang.

Man weiß ja, wir Medien und Selbstkritik, das ist schon eine Sache.

Könnte ich ein bisschen was zu erzählen?

Ich würde auch sagen, dass du gesagt hast, also wir sind noch nicht mal im

Vorschulkindergarten, wenn es darum geht, als Medienschaffende oder innerhalb des

Mediensystems selbstkritisch zu sein und Kritik gut zu ertragen und zu vertragen.

Also, Richard, dank dir sehr.

Interessante Austausch.

Habt eine gute Woche?

Ja, wünsche ich dir auch.

Wir freuen uns auf nächste Woche.

Bis dann.

Ich auch.

Tschüss.

Mach's gut.

Tschüss.

Du auch.

Eine Produktion von M-Pog 2 und Potsats bei OMR im Auftrag des ZDF.

Machine-generated transcript that may contain inaccuracies.

In dieser Folge liest Richard David Precht eine Passage aus seiner aktuellen Lektüre vor: „Blue Skies“ dem neuen Roman des amerikanischen Autors T.C. Boyle, für ihn eine minutiöse Darstellung der aktuellen Klimadebatte. Zusammen mit Markus Lanz bespricht Precht die Energiewende und die Art, wie die Debatte geführt wird. Geht es wirklich um die Wärmepumpe oder um einen Kulturkampf, der der AfD über 19% Zustimmung bringt? Kann es sein, dass die Politik mehr reagiert als agiert?