LANZ & PRECHT: AUSGABE ACHTUNDSIEBZIG

ZDF, Markus Lanz & Richard David Precht ZDF, Markus Lanz & Richard David Precht 3/3/23 - Episode Page - 53m - PDF Transcript

Blant und brecht.

Schönen guten Morgen Richard.

Guten Morgen Markus.

Wo erreiche ich dich gerade?

In einem etwas seelenlosen Raum in der Leuphana-Universität in Lüneburg.

Du bist eingesperrt von wem? Wer war das?

Unheimlich liebevolle Menschen, die mir hier die bestmöglichen Voraussetzungen für den Podcast zur Verfügung stellen.

Was machst du da gerade?

Im Leuphana-Universität hat Konferenzwoche und da finden Diskussionen statt, vor den Studenten, aber auch vor Lüneburger und sonstigen Publikum.

Und da machen wir im Augenblick Podiumsdiskussionen.

Zum Thema?

Alles Mögliche. Wir haben über Ukrainekrieg gesprochen.

Ich habe mit Carsten Broster gesprochen, dem Kultur- und Mediensenator von Hamburg über die Zukunft der Demokratie.

Ich habe ihn am Anfang gefragt zur Lage des Landes, was für eine Note er dem Zustand der Demokratie in Deutschland geben würde.

Jetzt bin ich gespannt.

Er hat zwei Minus gesagt.

Und du würdest sagen, zwei Minus finde ich unterm Strich richtig.

Es gibt ein paar Sachen, wo ich eine vier oder fünf verteilen würde, aber es gibt auch andere Sachen, wo ich zwischen eins und zwei bewerte.

Und so als Gesamtnote zwei Minus finde ich in Ordnung.

Ja, und wo wird es zu vieren fünf und wohne eins?

Also ich glaube, wenn ich eins würde, ich gebe funktionierende Institutionen.

Das muss man ja einfach mal im internationalen Vergleich sehen.

Also insgesamt im internationalen Vergleich geringe Korruption und gut funktionierende Institutionen.

Also wir haben immer noch viele Dinge, Verfahren, die gut funktionieren.

Klar, im Medial gucken wir immer auf das, was nicht funktioniert in diesem Land.

Aber Ordnung Markwart, großer Philosoph hat mal gesagt, es ist auch in der Krise immer mehr nicht Krise als Krise.

Es gibt in Deutschland sehr viele Dinge, die ziemlich reibungslos funktionieren im Vergleich zu sehr vielen anderen Ländern der Welt.

Und da würde ich Deutschland eine sehr gute Note geben.

Und wo sind wir schlechter?

Ja, also beim Bildungssystem sind wir im internationalen Vergleich mit Ländern, mit denen wir uns gerne vergleichen, nicht gut.

Ich habe ja auch einige Kritik an den Medien, ein paar Mal in meinem Leben geäußert.

Da finde ich, es ist auch noch viel Luft nach oben.

Also da gibt es einige Dinge, die man verbessern kann.

Medienkritik, ich erlebe das gerade so in der Sendung auch häufiger mal.

Und ich spreche es auch an, wenn es gerade passt.

Aber ich merke immer, da haben alle so ein bisschen...

In Selbstkritik sind wir wirklich nicht gut.

Und ich finde, da müssen wir alle gemeinsam wirklich dran arbeiten.

Das muss besser werden.

Ja, du hast das richtige Stichwort gegeben. Die Luft nach oben besteht darin.

Wenn unsere Medien selbstkritischer werden, wären sie schon viel besser.

Sagen wir mal, welches Beispiel über Ukraine und so weiter haben wir schon häufiger gesprochen.

Ich denke, so nachher in einer Aufarbeitung des Medienverhaltens in der Corona-Pandemie könnte ausführlicher sein.

Haben wir neulich gemacht vor zwei Wochen.

Ja, ich habe es gehört. Ich habe es leider nicht gesehen.

Aber ich habe auch gehört, dass Lauterbach selbstkritische Dinge gesagt hat.

Ja, also war in vielerlei Hinsicht eine denkwürdige Sendung.

Und ich hatte das Gefühl, gerade wir waren die dem Land auch schuldig.

Und ich werde das auch weiter betreiben, weil ja auch immer so dieses Gefühl entstandnisweise so ein Running-Gag.

Also Carl Lauterbach wohnt quasi bei uns.

Und in der Tat haben wir ja nun häufig uns mit ihm ausgetauscht.

Aber ich lege auch Wert auf die Feststellung, dass wir wirklich...

Also, ich sag mal, sehr kritische Gespräche hatte Carl Lauterbach bei uns zum Thema,

bist du eigentlich ein Minister oder bist du Influencer, was ist dein Rollenverständnis und so weiter.

Aber auch die Frage nach den Maßnahmen, die Frage nach der Kommunikation, viele Dinge.

Und in der letzten Sendung haben wir eben...

Sind wir noch mal wirklich in mediasres gegangen, um es mal sozusagen...

Und da war er selbstkritisch?

Er war selbstkritisch. Ich fand vor allem...

Also, es war nicht angenehm, nicht einfach für ihn,

weil es unter anderem um einen Tweet ging, den er irgendwann mal nachts abgesetzt hat,

bezog sich auf eine Studie einer australischen Epidemiologin.

Und das war eine wichtige Sache, weil sie zum Ergebnis gekommen war,

dass Schulen, Kinder, ja, sehr wohltreiber der Pandemie seien, ein Cluster und so weiter.

Und die Schlussfolgerung war daraus dann im Grunde, wir müssen die Schulen wieder dichtmachen.

Und er schrieb dazu, ich stimme zu.

Und jetzt kann man natürlich sagen, da waren noch nicht Minister und so weiter,

aber war natürlich ein wichtiges Gesicht, ein wichtiger Spieler sozusagen in dieser ganzen Pandemie.

Und ich hab dann gefragt, ob er denn wüsste, wer diese Frau eigentlich sei.

Und er sagte, ja, das ist eine sehr anerkannte australische Epidemiologin,

stellte sich raus, sie ist auch Epidemiologin, aber was sie vor allen Dingen macht ist,

sie kümmert sich bei älteren Aborigines um die Themen Demenz und Inkontinenz.

Das heißt, mit Epidemiologie hat die schon auch zu tun, aber eher am Rande.

Und es war dann sehr interessant, weil er sagte, naja, ich hab die zitiert, die war da am Anfang,

die war sehr höchst, und später war sie dann aber nicht mehr so sehr höchst,

und dann hab ich sie weniger zitiert.

Das war kein guter Moment, aber was ich gut fand war, dass er sich gestellt hat.

Und dass er sich immer weiter auch der Diskussion stellt, das machen andere ja nicht und ducken sich weg.

Das finde ich gut, dass er das mal abgesehen davon hat, dass ich ihn persönlich überaus schätze.

Und dass es nicht daher geredet.

Also das ist wahrscheinlich der gebildetste Politiker, den wir in Deutschland haben.

Also ich lasse mich gerne belehren, dass es noch jemand gibt, der das toppt,

aber mit dem kann ich mich also über Philosophie auf höchstem Niveau unterhalten.

Und das ist ein unglaublicher redlicher Mensch.

Das ist das Zweite, was ich sehr anheben mag.

Integer.

Ja, er ist integer und er ist redlich.

Und er ist ein enormes Wissen, was aber alles natürlich nicht davor schützt,

dass man mal die eine oder andere Entscheidung trifft oder sich eine Festlegung macht,

wo man im Nachhinein denken könnte, vielleicht anders gewesen sein.

Und was ich wichtig finde, ist, dass wir darüber reden, weil wir müssen ja lernen aus allem.

Die nächste Pandemie kann gerne kommen oder irgendeine andere Art von Ausnahmezustand oder Situation.

Und deswegen ist es unglaublich wichtig, dass wir das aufarbeiten und uns fragen, was wahr war und was wir war.

Und da haben wir ja, und das weißt du ja selber, in hochemotional aufgeladen.

Ja, Freund Feinschem hat da aufgebaut.

Und zwar viel zu steile und viel zu harte.

Und daraus zu lernen, dass sich das nicht beim Nichts nur wiederholt.

Das wäre, glaube ich, zu dem Thema Zukunft der Demokratie sehr, sehr wichtig.

Genau, und deswegen berichte ich auch davon, weil es gab noch einen zweiten,

sehr interessanten Moment in dieser Sendung, kann man sich in der Mediathek auch noch ansehen.

Herbert Brandl war da, der natürlich die Verfassung und die Freiheit und die Grundrechte hochhielt.

Ja, sehr beeindruckender Art und Weise.

Und es ging irgendwann um eine Situation, 5. Dezember 2020.

Ich habe zufällig genau an diesem 5. Dezember 2020 abends in Stockholm,

in Klieren der Kälte vor dem Karolinska-Institut, ein kurzes Interview mit Anders Stegnell geführt.

Im schwedischen Staatsepidemiologen, weil wir diesen schwedischen Sonderweg nachspüren wollten

und verstehen wollten, was da passiert.

Und ich stellte ihm damals die Frage, ob er den nicht Angst hat, irgendwann für die vielen toten Schweden,

hat er ja am Anfang sehr viele Opfer zu beklagen, gerade in den Pflege- und eilen Einrichtungen.

Ob er nicht Sorge hat, dass er irgendwann dafür zu Verantwortung gezogen wird.

Und der sagte, das kann sein, aber wir müssen immer alles im Blick haben.

Wir müssen gucken, was macht das mit der Wirtschaft, wenn wir einfach Lockdowns verhängen

und vor allen Dingen, was macht das mit den Kindern, was macht das mit den Schulen,

wer redet über diese ganzen Schäden, die da noch sind.

Das war im Dezember 2020, er hat das alles glasklar gesehen.

Und interessanterweise, und das war natürlich ein irrsinniger Zufall, genau am selben Tag,

am 5. Dezember 2020 setzt Karl Lauterbach einen Tweet ab,

indem er Anders Stegnell genau diesen Mann den Rücktritt empfiehlt.

Gut, das war die, das war die, muss natürlich zurückwellen, das war diese emotional enorm aufgeheizte Situation.

Genau.

Die also auch einen klugen, intelligenten Kopf wie Karl Lauterbach zu emotionalen Reaktionen herausfordert.

Weil wir haben ja doch eigentlich uns immer gefragt und immer offen gefragt,

machen die Schweden das richtig oder machen die Schweden das falsch?

Genau.

Es war immer eine Mehrheit bei uns zu sagen, die Schweden machen das falsch.

Und ich weiß gar nicht, wie eine, die Mehrheit war dafür zu sagen, die Schweden machen das falsch,

weil wir uns für einen anderen Weg entschieden haben.

Und das Spannende ist eigentlich so, wenn man im Nachhinein,

ich würde das bestreiten, Richard, aber du meinst, die Mehrheit war für den schwedischen Weg?

Also ich kann dir nur sagen, aus Reaktionen, die wir hatten, aus Rückmeldungen,

dieser schwedische Sonderweg, ja, so war das ja bei uns gelabelt,

das hat die Leute total fasziniert von Anfang an.

Und das war auch der Grund, warum wir diese Reportage gemacht haben,

bis heute wirklich sehenswert, finde ich, damals mit Silke Gondolf gemacht,

die da einen ganz großartigen Job gemacht hat, weil man genau verstanden hat,

was da in Schweden eigentlich passiert.

Und es war sehr interessant, diese Auseinandersetzung mit Karl Lauterbach,

die Diskussion, ich sagte zu ihm, ist das nicht wahnsinnig übergriffig, ja?

Also einem Top-Beamten eines anderen Landes von Deutschland aus,

mal kurz den Rücktritt zu empfehlen, ja?

Das würden wir uns umgekehrt niemals bieten lassen.

Das war das eine, nur in letzter Gedanke, Richard,

diese gewisse Überheblichkeit, die da drin ist, so nach dem Motto,

wir wissen es ja ohnehin besser.

Und das Zweite ist, damals wusste man noch nicht genau, was der richtige Weg ist.

Und ich habe wirklich aus der Geschichte für mich auch gelernt,

die Rechnung kannst du erst ganz zum Schluss auch machen.

Aufmachen, heute ist interessant, wenn du dir anschaust,

die Zahl der Toten in Schweden auf eine Million Einwohner,

ungefähr 2.250.

Und wir sind bei knapp 2.000.

Das heißt, wir sind gar nicht furchtbar viel besser als die Schweden.

Aber wir haben einen sehr, sehr hohen Preis gezahlt.

Die Schweden haben nicht diese stark polarisierte Gesellschaft

und der härteste Antikorona-Protest, weiß ich noch,

es waren in Stockholm, waren glaube ich 15 Restaurantbesitzer,

die in der Stockholm Apollonacht protestiert haben,

weil sie ihre Restaurants statt um 22 Uhr um 20 Uhr zumachen mussten.

Das war die härteste Antikorona-Demo, die es jemals in Schweden gegeben hat.

Und unterm Strich muss man sagen, aus heutiger Sicht,

und das ist nicht besser Wissen, sondern einfach nur Lernen.

Die Schweden haben von Anfang an das ganze Blick gehabt.

Ich glaube, das haben wir viel zu verengt gesehen.

Meine Meinung.

Und das zweite ist Medial.

Medial hätten wir, Stichwort Inkontinenz bei älteren Aborigines,

auch als Medien.

Wir müssen noch viel kritischer hinterfragen.

Auf wen hören wir?

Wer sind diese Leute, die da zitiert werden?

Nichts schützt uns davor, genau zu recherchieren.

Das müssen wir viel gründlicher machen.

Dein Wort in Gottes Wort.

Ja, weil also Kirkegauss berühmter Satz.

Das Leben kann nur vorwärts gelebt und nur rückwärts verstanden werden.

Es gilt ja für alle großen Krisensituationen ganz, ganz besonders.

Was für ein schöner Satz, oder?

Ja.

Und das ist natürlich so, dass in einer Situation wie damals als Politiker,

du musst jetzt handeln, du musst jetzt eine Entscheidung fällen

und du fällst die Entscheidung dann im Zweifelsfall in Deutschland,

im Punkt der Sicherheit, weil du Angst hast, die falsche Entscheidung zu fällen

und dann bist du im Zweifelsfall auf der besseren Seite.

Das ist eine relativ gute Erklärung dafür,

warum sich viel in Deutschland so entwickelt hat, wie sich das entwickelt hat.

Aber im Nachhinein betrachten wir dann viele andere Dinge anders.

Zum Beispiel wissen wir, dass jetzt das Geimpfte trotzdem ansteckend war.

Am Anfang hat man erzählt, sind sie nicht.

Ich habe hier im Podcast zu dir gesagt, warum lasse ich mich impfen?

Ich selber habe keine Angst vor Corona, aber ich lasse mich impfen,

um andere nicht anzustecken.

Da muss ich irgendwann lernen, dass impfen überhaupt nicht davor schützt,

andere anzustecken, stellt dann wieder in Frage,

warum ist denn das in ganz großem Stil überall behauptet worden?

Also das ist wichtig.

Nicht, weil da unredliche Motive am Werk sind,

sondern weil man sagt, man weiß Dinge nicht,

man ist in Situationen, die man nicht genau durchschaut.

Und was lernt man daraus, dass man nicht mit holzhakarischer Sicherheit

über solche Dinge entscheidet und Leute die andere Meinung haben,

diskreditiert und Einsatz dazu.

Wir haben wieder eine riesige Krise wie bei der Ukraine

und da empfehle ich genau dasselbe.

Die Entscheidungen können nur vorwärts gelebt werden.

Aber dieser Krieg und diese Verbrechen können nur rückwärts

komplett eingeordnet und verstanden werden.

Und hier geht wieder dasselbe.

Nichts gegen starke Meinungen.

Aber andere Meinungen grundsätzlich als unredlich

oder von üblen Motiven getrieben und so weiter darzustellen,

das steht unserer Demokratie nicht gut zu Gesicht.

Denn genau wie bei Corona müssen wir Hände zugeben,

dass wir dann immer weniger gewusst haben,

als wir eigentlich hätten wissen müssen,

um surrigerose Entscheidungen zu treffen.

Genau und das wiederum mochte ich so sehr

und schätze ich so an jemandem wie Karl Lauterbach.

Da fällt dem kein Zacken aus der Krone,

wenn er dann in der Sendung einfach sagt, da gab es Entscheidungen,

die waren einfach totaler Schwachsinn.

So hat er sich ausgedrückt.

Zum Beispiel draußen Maske tragen, Joggen mit Maske,

nicht auf Parkbänken sitzen und so weiter.

All diese Dinge aber auch noch einige andere Sachen mehr.

Sich dem zu stellen, ist natürlich wirklich ehrenwert,

weil die einfache Nummer ist, sich einfach wegzuducken

und dann hast du auch kein Problem.

Ich meine, es ist ja sehr interessant zu sehen,

wie Angela Merkel der Debatte über die Russlandpolitik

einfach aus dem Weg geht.

Du stellst dich einfach nicht und dann hast du auch kein Problem.

Dann kommst du nicht in den medialen Fokus

und dann bist du einfach raus.

Und das finde ich aber nicht gut für eine Demokratie,

weil ich das Gefühl habe,

dass man, wenn man anfängt, Dinge ehrlich aufzuarbeiten

und zu betrachten,

das ist immer so ein Moment der Erlösung, den es dann gibt.

Die Leute sind schlicht und ergreifend dafür dann auch schon dankbar,

weil sie sagen, okay, sie haben es zumindest verstanden,

was da möglicherweise nicht gut gelaufen ist.

Ich habe heute, weil wir gerade so eingestiegen sind

und weil das wirklich spannend ist,

mir fällt gerade ein Interview ein,

das ich dieser Tage gelesen habe von Antonia Grunenberg.

Kennst du die?

Ich kannte sie auch nicht.

Sie ist eine Politikwissenschaftlerin,

die über Demokratie und die Frage Krise des Liberalismus,

in welcher Situation sind wir eigentlich gesprochen hat.

Und sie sagt etwas sehr bemerkenswertes.

Da geht es um die letzte Generation.

Auch da wieder, die große Klimakrise,

Entscheidungen nach vorne, aber rückwärts verstehen.

Und sie wird gefragt,

ob sie dieser groteske Aktionismus, den es da zum Teil gibt,

diese Vorstellung von irgendwelchen Gesellschaftsräten,

die dann gegründet werden sollen

und die dann auch verbindlich sind für die Politik.

Also es wäre Deutschland quasi so eine Bananenrepublik,

die jetzt nochmal nach Hilfe in Demokratie braucht

und in Entscheidungsfindung, ob sie das Sorge macht.

Und sie sagt, da ergeben sich verblüffende Parallelen

zu einer totalitären Versuchung, die wir schon mal hatten.

Und sie vergleicht das und sagt,

da gibt es dieses selbstbewusste Auftreten dieser jungen Leute,

der Genuss des öffentlichen Skandals,

also welcher Triumph, wenn man es schafft,

eine ganze Autobahn oder einen Flughafen lahmzulegen.

Und sie sagt, und da kommt so ein Kipppunkt rein,

wobei man plötzlich das Gefühl vermittelt,

Kompromisse, auch in der Klimafrage, die sind schädlich.

Das darf es nicht geben,

sondern es gibt nur die eine reine wahre Lehre,

die am Horizont immer der Weltuntergang droht.

Und sie sagt, diese Versuchung, diese totalitäre Versuchung,

wir liegen richtig und die anderen sind alle falsch,

die kamen in Europa schon ziemlich früh auf,

schon Ende des 19. Jahrhunderts

und hat dann, sagt sie, in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen

den Höhepunkt erreicht, diese Lust an totaler Zerstörung,

aus dem dann Nationalsozialismus, Faschismus, Stalinismus

und so weiter erwachsen ist.

Das sprichste natürlich bei mir ein Lieblingsthema an,

weil ich vollende gerade in den vierten Band meiner Philosophie Geschichte

und die Spiel zwischen 1900 und 1945

und die produktivste Zeit der Philosophie in Deutschland waren die 20er Jahre.

Also genau jene Zeit, über die Frau Grunberg da geschrieben hat.

Und das ist tatsächlich die Zeit der Totalentwürfe.

Also der Bolschivismus, Lenins Bolschivismus,

also allein seelisch machende Politikideologie.

Die Anthroposophie, die Neuerfindung des Menschen durch Rudolf Steiner.

Es ist die Zeit der Psychoanalyse.

Freut und so.

Freut, ja, das ist ja nicht nichts.

Also das ist ja ein Anschlag auf den Menschen schlechthin,

zu sagen, du wirst von deinen unbewussten Trieben bestimmt

und der Rest ist eigentlich nur Fürlefans

und der Versuch irgendwie das Ganze zu beschwichten oder so.

Ja, es ist ja im Grunde ein völlig neues Menschenbild.

Zwei große Triebe, die dich hin und her reißen,

Erros und Thanatos zwischen Geilheit und Todessehnsucht hin und her gerissen.

Ja, bist du der Spielball deiner dunkler Mächte.

Also das ist ja auch eine Totalerklärung des Menschen.

Zwischen Geilheit und Todessehnsucht, das gefällt mir.

Das könnte der Titel über deine Biografie werden, Richard.

Ja, und jetzt gibt es, ich könnte in deine Liste machen.

Also von Totalerklärung.

Es ist jetzt der Bestseller der damaligen Zeit,

das Oswald Spenglas, der Untergang des Abendlandes.

Genau.

Ja, also alles geht ja von nun an den Bach runter.

Auch was, was viel mit der heutigen Zeit zu tun hat.

Also die 20er Jahre, vor 100 Jahren haben viele mit den heutigen 20er Jahren zu tun.

Es gibt einen interessanten Unterschied.

Diese ganzen Entwürfe waren ganz häufig in den 20er Jahren

kollektive Erlösungsfantasien, wie der Bolschewismus zum Beispiel.

Oder mit der Anthroposophie wird jetzt die ganze Welt besser.

Wie gesagt, Massenaufzählen an Welterlösungsfantasien,

die in der damaligen Zeit entstanden sind.

Heute gibt es eigentlich keine Welterlösungsfantasien,

sondern es geht eher um Selbsterlösungsfantasien.

Also heißt?

Na ja, also die Menschen, die heute die Welt besser machen wollen,

gehen dabei auch immer mit sich selbst hart ins Gericht.

Ist das, was ich jetzt sage, nicht irgendwie postkolonialistisch oder...

Rassistisch.

Ja, oder rassistisch und so weiter.

Also wir haben ganz viele Hürden eingebaut,

der Selbstsensur beim Denken,

was dazu führt, dass am Ende auch nicht viele produktive Utopien mal rauskommen.

Also wir sind zergrübelter.

Ja, ist schön.

Man kann sagen, das hat ja auch recht einen Vorteil.

Also diese ganzen Welterlösungsapostel der 1920er Jahre haben sich um vieles

nur überhaupt keinen Kopf gemacht.

Richtig.

Und die heutigen machen sich um alles einen Kopf

und am Ende kommt nicht mehr viel dabei raus.

Das ist vielleicht irgendwie der Unterschied,

aber dass man das Gefühl hat, die Weltgeschichte läuft schief.

Alles müsste anders sein.

Genau.

Das ist eine ganz große Parallele,

weil so haben wir die Welt in den 80er, 90er und Nullerjahren nicht gesehen.

Sondern es geht nicht weiter.

Man muss sagen, in den 20er Jahren vor 100 Jahren

war der Erste Weltkrieg passiert, die Urkatastrophe des Jahrhunderts.

Die absolute Urkatastrophe aus Leichtsinn

in einen irrsinnigen Krieg reingeschlittert,

der der größte Krieg war, den die Welt bis dahin gesehen hat.

Und den so keiner genauso hatte haben.

Genau.

Ne?

Sondern haben jeder, der in diesen Krieg gegangen ist,

hat gedacht, das geht ja relativ schnell zu Ende,

die guten gewinnen und fertig.

Und sich überhaupt nicht vorstellen kann,

was für eine monströse Katastrophe angerichtet wurde.

Und auf den Trümmern dieser alten Weltordnung blühen jetzt die Erlösungsfantasien.

Das ist der Grund, warum das die Zeit ist.

Und ich denke, dass Frau Grunberg meinte,

dass sozusagen das Rationale und das Liberale und so weiter

in solchen Zeiten immer einen schweren Stand hat.

Ja, sie sagt, also, das ist ganz interessant.

Der Unterschied zu 1969, also unter den Talaren der Muff von 1000 Jahren

und so weiter, die 68er und so weiter,

da ging es ja darum, sozusagen diesen Post-Nazi-Nebel zu zerstäuben,

den einfach aufzulösen.

Aber heute, sagt sie, haben wir das Gefühl,

jetzt wissen wir, wie Demokratie funktioniert

und sind dann ganz erstaunt, wenn wir dann mitkriegen,

dass man das doch irgendwie pflegen muss

und dass es eben kein Selbstläufer ist,

sondern dass man sich darum kümmern muss

und dass das Vertrauen braucht und so weiter.

Und das Ergebnis ist, dass mindestens ein Drittel der Deutschen

die repräsentative Demokratie verachtet,

dass wir wissen irgendwie gar nicht wirklich,

wie viel ein Drittel der Deutschen verachtet die repräsentative Demokratie

und hätte, jetzt müssen wir spekulieren lieber was.

Ich habe das Gefühl, wir brauchen mal jemanden,

der jetzt mal das höre ich auch häufig, der jetzt mal durchgreift,

der mal Ordnung anbringt, der mal sagt, wo es langgeht.

Genau, eine Seite, die einen Führer wollen

und die andere Hälfte sind die Paleo-Liberalen.

Die werden auch immer mehr.

Paleo-Liberalen?

Paleo-Liberalen.

Ich habe meinen Aussatz über Paleo-Liberalismus gesprochen.

Im Spiegel, der hieß My Pony, My Rifle and Me.

Das ist dieser Song von Dean Martin in Rio Bravo.

Paleo-Liberal ist zu sagen, ich brauche keinen Staat.

Das ist also quasi so ein US-Import.

Paleo-Liberalismus ist in den USA,

wo du dich da überall rumgetrieben hast,

da im mittleren Westen und so weiter,

wo die Bushwähler, sage ich schon, Trumpwähler zu Hause sind,

Bushwähler waren da auch zu Hause.

Ja, ich kann sagen.

Genau, und da ist es sozusagen free spirit.

Also so wenig Staat, wie aber irgendwie nötig.

Also man sieht, dass Militär ein und die Polizei

und der Rest, der kann eigentlich verschwinden.

Das ist der Paleo-Liberalismus.

Und der hat in Deutschland relativ viele Anhänger gewonnen.

Also diese allgemeine Ablehnung des Staates.

Was ist ja das Gegenteil?

Der starke Führer soll ja sozusagen

der personalisierte Machtstaat sein

und dann gibt es die Leute, die sagen also,

bleib mir mit dem ganzen Staat weg.

Aber dieses Gefühl,

dass wir diese Demokratie nicht mehr so richtig wertschätzen,

dass auch der Liberalismus in gewisser Weise in Gefahr ist.

Siehst du das auch so?

Guck dir mal die letzten Wahlergebnisse zum Beispiel der FDP an.

Ich meine, fünfmal war Landtagswahlen

richtig auf die Mütze gekriegt.

Und ich frage mich immer, was läuft da gerade eigentlich so verkehrt?

Warum können wir uns mit dieser Idee nicht mehr so richtig anfreunden?

Was ist eigentlich Liberalismus?

Genau, ich würde dem widersprechen, weil ich sagen würde,

die FDP ist nicht die Verkörperung der Idee des Liberalismus.

Ich würde das nicht gleichsetzen.

Weil ich würde sagen, dass alle Parteien der Mitte in Deutschland,

das sind inzwischen ziemlich viele,

sich zu den Grundwerten des Liberalismus bekennen.

Es ist also nicht so, dass der Liberalismus in Deutschland

eine Partei braucht, weil er nur in ihr vorkommt.

Deswegen würde ich diese Gleichsetzung nicht machen.

Und ich glaube, die FDP leidet im Augenblick darunter,

dass wenn man sich die Frage stellt,

was war eigentlich die Idee der FDP für die nächsten vier Jahre?

Also mit welchem Agenda ist sie in die Koalition eingetreten?

Und das würdest du jetzt in der Fußgängerzone fragen.

Dann kämen Verneinungsformeln.

Dann käme kein Tempolümmel.

Ja, so was zum Beispiel.

Also, es ist klar, was die FDP nicht will.

Aber ich glaube, in der Öffentlichkeit ist so eine Agenda,

die wollen jetzt unbedingt noch das erreichen und das erreichen

und das erreichen in der Regierung.

Das ist nicht sichtbar.

Ich will nicht sagen, es ist nicht vorhanden,

aber es ist nicht sichtbar.

Und dann denkt man sich, die FDP ist eigentlich nur damit beschäftigt,

das zu verhindern, was sie grünen wollen.

Das ist im Augenblick so den Eindruck, den man bekommt.

Und darunter leidet die Partei.

Und hat das auch damit zu tun, dass wir uns selber sozusagen keine...

Also, die Vorstellung, was ist eigentlich Liberalismus?

Was bedeutet eigentlich wirklich Freiheit?

Wann ist dieser Gedanke...

Du hast dich ja viel damit beschäftigt.

Wann ist dieser Gedanke eigentlich das erste Mal sozusagen

in diese Gesellschaften eingesickert?

Wer hat das entwickelt?

Weil wir waren ja lange Zeit keine freien Gesellschaften, ne?

Genau.

Also, Sie überlegen, 17. Jahrhundert.

Alles aristokratische Gesellschaften.

Also, es gibt mehr oder weniger überall einen König.

Und darunter gibt es eine Adelsschicht und der gehört das Land.

Und dann entwickelt sich ganz langsam das Manufakturwesen.

Und der Adel war ja dadurch geadelt, dass er nicht arbeitete.

Aber innerhalb der arbeitenden Schicht entstand eine neue Schicht,

das später dann sogenannte Bürgertum.

Und das Bürgertum hatte das Interesse,

selber über seine Geschicke verfügen zu können.

Und brauchte jetzt eine Weltanschauung, Ideologie, Philosophie,

egal wie man es nennen muss,

mit anderen Grundsätzen basierte als der Adel.

Der Adel basierte darauf, die Welt ist von Gott so eingerichtet,

dass der Adel die anderen regiert und beherrscht.

Und weil ohne Herrscher geht es nicht.

Und das Bürgertum setzt dagegen, also von dieser Top-Down-Vorstellung,

Gott hat das so eingerichtet, von unten auf und entwirft zu Szenarien.

Stellen wir mal vor, es gäbe keinen Staat,

und es gäbe nichts, und es gäbe so ein Urzustand,

auf was man sich dann so einigen würde.

Und da entstehen Theorien von Gesellschaftsverträgen.

Also, was wäre, jetzt kommt neues Begriff auf, Fairness.

Spiehte überhaupt keine Rolle in Adelsgesellschaften.

Existierte gar nicht.

Und jetzt kommt dieser Gedanke, wie sähe denn eine faire Gesellschaft aus?

Da müsste doch eigentlich jeder das gleiche Recht haben.

Und was für Rechte wären das denn?

Ja, zu müssen bis sein Recht haben, also auf Leib und Leben,

und dann muss sein Recht darauf haben,

seinen Besitz behalten zu dürfen.

Ganz wichtiges Thema, immer im Liberalismus.

Weil der eben gefährdet war in den Adelsgesellschaften.

Was wird, wenn ich jetzt ein erfolgreicher Kaufmann oder Händler bin,

ich fahre zu den Messen, ich verkaufe meine Tücher

mit der erfolgreichen Manufaktur, ich habe aber keine Rechte.

Da habe ich ständig die Angst, dass ein autokratischer Staat

mich nicht hochkommen lässt oder entmachtet.

Und jetzt entsteht für die politische Repräsentation des Bürgertums

der Liberalismus.

Natürlich ist das entwickelt worden von Philosophen,

aber nicht einfach nur, weil die so in ihrer Stube saßen und darüber nachdachten,

sondern weil die ganz eng befangen waren

und im Austausch mit diesem Problem.

Die haben zum Teil waren die Angestellte und haben gearbeitet

für Empfohrkömmlinge des Bürgertums.

Und der Bedeutendste von denen war John Locke,

der ist in armen Verhältnissen gewogen.

Arzt, Engländer?

Ja, weil Arzt und soll dem englischen König das Leben gerettet haben,

ob das so schlimmt oder nicht weiß ich nicht,

er hat auf jeden Fall da nicht als Arzt praktiziert,

sondern er hatte eine Stelle im Kolonialministerium.

Das war Ende des 17. Jahrhunderts ein interessanter Posten,

weil man nämlich gerade dabei war, die USA zu kolonialisieren

und weil man im Sklavenhandel ganz groß aktiv war.

Das waren zwei sehr lukrative Einkommensquellen.

Allerdings.

Und dieser gleiche John Locke, der also sagt,

gleiche Rechte für alle Freiheitsrechte,

der so in Idealbedingungen entwirft,

unter denen man sagen kann, das ist ein guter Gesellschaftsvertrag,

der rechtfertigt allerdings die Kolonien in den USA.

Der selber hat als Lohn für seine Arbeit

Kolonialbesitz in Carolina bekommen.

Und das Interessante ist, am Anfang hatte er noch die Möglichkeit,

das theologisch zu erklären.

Also die guten Liberalen waren damals noch keine Atheisten.

Dann brauchten den lieben Gott noch.

Und zwar mit der Erklärung,

dass die Indianer das von Gott geschenkte Land brach liegen lassen.

Also Gott hat den Engländern in England gegeben

und was haben die Engländer daraus gemacht?

Ja, die haben die Bäume alle gerodet, überall Felder angelegt

und so weiter, Baumwolle angebaut, Schafe drauf alten lassen.

Die haben also gottgefällig den Acker backert.

Nur die gute Küche haben sie irgendwie vernachlässigt,

aber das ist nur am Rande.

Das ist auch eigentlich eine Art von Gotteslässderung.

Und das machen die blöden Indianer mit ihren Zelten.

Ja, die kommen dahin als Nomaden.

Ja, und dann, die bearbeiten das Land nicht.

Also Locke schreibt wörtlich,

was ein Bauer in Devonshire aus dem Acker rausholt.

Da hat der Indianer überhaupt keine Ahnung von.

Er hat den 20-fachen Ertrag aus dem Boden.

Ja, jetzt müssen natürlich die Leute aus England kommen

und den Indianern mal zeigen, wie das geht.

Dass man da so kann man mit Land nie umgehen.

Völkerrecht gab es zwar schon, Großzius, Völkerrecht ist älter als das,

wurde aber damals nicht ernst genommen.

Also muss man den Leuten, die ihren Grund und Boden nicht richtig parken,

muss man den wegnehmen.

Und deswegen ist das völlig legitim, den Frauen Indianern die Erde wegzunehmen

und die im Ort gute englische Art und Weise zu parken.

Ja, und auch den Sklavenhandel hat er gerechtfertigt,

weil er sucht, man sieht ja daran, die wehren sich nicht.

Und ein Mensch, der sich nicht wehrt, wenn er gefangen genommen wird,

der hat auch keine Freiheitsrechte.

Der ist sozusagen ein Gemütssklave.

My rifle and mean, den macht dasjenigen, der die Waffe in der Hand hat.

Ja, und der Liberalismus-Nom ist paleo-liberal.

Das heißt also, der wichtigste Gedanke ist staathaltig raus.

Das ist der absolute zentrale Gedanke dahinter.

Das ist interessant. Der Staat darf auch, was mein Privatleben anbelangt,

also urliberaler Gedanke, überhaupt nicht reinreden.

Also was ich mit meiner Ehefrau anstelle, geht den Staat nichts an.

Ob ich meine Kinderschlage oder verkaufe oder was was ich weiß, geht den Staat nichts an.

Das ist die ursprüngliche Grundlage des Liberalismus.

Und wenn ich jetzt über John Locke rede,

es ist ja nicht so, als ob das nicht faszinierend wäre.

Also nicht die Gedanken, die ich gerade ausgepackt habe.

Das ist die Zeit des Liberalismus,

dass dieser Liberalismus erfunden wurde für alle wohlhabenden weißen Männer.

Und der Liberalismus wäre nicht so ein Erfolg gewesen,

wenn er seine Klientel nicht Stück für Stück vorgrößert hätte.

Klar.

Also wenn er nicht irgendwann die Frauen mit einbezogen hätte.

Die Zielgruppe erweitert.

Ja, und wenn er nicht irgendwann nochmal die Sklaverei abgelehnt hätte.

Und wenn man so Stück für Stück irgendwo einsieht,

dass das, was für wohlhabende weiße Männer gilt, für alle weißen Männer gilt

und dass es nicht nur für Männer gilt und dass es auch für alle Menschen

auf diesem Planeten gilt.

Und das ist sozusagen der Expanding Circle.

Also der Liberalismus wird immer liberaler,

je mehr Interessen er in sich aufnimmt.

Und nur deswegen konnte er natürlich zu einer solchen Erfolgsgeschichte werden,

dass man sagt, das ist die Grundierung unserer freiheitlichen Gesellschaften geworden.

Und ist für dich sozusagen dieser Liberalismus,

der musste gerade, als du das gesagt hast,

mit dem Staat halte ich raus an Ronald Reagan denken.

Ein altes Interview mit Ronald Reagan angeguckt.

Der auch so ein Inbegriff an das Liberal ist.

Und der sagte, wissen Sie, wenn Sie zu Hause sitzen

und es klopft an der Tür.

Und vor der Tür steht einer und sagt, guten Tag, ich bin vom Staat.

Dann machen Sie die Tür ganz schnell wieder zu

und laufen Sie so schnell Sie können.

Das war die Haltung des amerikanischen Präsidenten zu seinem eigenen Staat.

Verrückt, aber könnte auch wenn Donald Trumps ist.

Ja, der Paleo-Liberalismus blüht in den USA bekanntermaßen.

Und die Staatsverdrossenheit ist daher, wenn es also bei uns drittel sein sollen,

was ein wahnsinnig hoher Wert ist, ist natürlich in den USA noch sehr, sehr viel höher.

Da will ich gar nicht wissen, wie hoch dies ist.

Ja, also in den USA.

Ich meine, du weißt, da gibt es ja auch Leute, Silicon Valley zum Beispiel.

Ich meine, die fragt mich auch jemand wie Steve Jobs zum Beispiel von Apple.

Der hat das ja mal sehr gut auf den Punkt gebracht und sagte,

unser Auftrag ist es, die Welt als einen besseren Ort zu verlassen,

als wir ihn vorgefunden haben.

Das klingt erstmal so selbstlos und altruistisch.

Ich bin mir aber nicht so sicher, ob es in der Auswirkung,

in der Konsequenz, nur so sein wird.

Also in dem Maße wie die Firmen im Silicon Valley,

sich wohlklingende Motty ausgedacht haben,

die don't be evil.

Sei nicht böse.

Sei nicht böse, weckt das natürlich den Sinn für das Nachdenken.

Ja, da fragt man sich natürlich, wenn sich jemand schon so ein Spruch ausdenken muss,

dann hat er schon ein schlechtes Gewissen.

So kommt er ja nicht auf die Idee, das damit zu machen.

Aber du hast natürlich für dich recht im Silicon Valley,

blüht der Paleo-Liberalismus auch.

Und man darf nicht vergessen, dass Silicon Valley würde es gar nicht geben,

wenn nicht ein starker Staat es gegründet hätte.

Das war ja ein bewusstes Programm.

Also die Amerikaner, das Land des Paleo-Liberalismus,

ist auch das Land der großen staatlichen Förderungsprogramme.

Das gilt für die Raumfahrt und mit dem, was das alles technisch möglich gemacht hat.

Und das gilt auch für das Silicon Valley.

Also eigentlich ist der Grund und Boden, auf dem sie sind

und die ganzen Vergünstigungen, die man dort hat und so weiter,

eigentlich alles entstanden, weil der Staat das wollte.

Und irgendwann glaubt man, dass man den Staat eben nicht mehr braucht.

Also das absolute Imbegriff eines Paleo-Lieberfeins des Silicon Valley ist Peter Thiel.

Auf dem wollte ich gerade kommen.

Peter Thiel, also rechts von Peter Thiel, ist nur noch die Watte.

Er träumt ja von einer Insel, jenseits der USA,

wo er keinerlei Rechtsprechung mehr unterliegt.

Also das hat sowas James Bond-artig ist.

Aber das ist ein hoch angesehener Mann im Silicon Valley.

Der ganze Mann hat was James Bond-artiges, ne?

Ja, das stimmt.

Das ist ja der deutsche Abstammung.

Wir haben das schon mal über ihn gesprochen.

Ich glaube, Frankfurter Wurzeln.

Und man weiß nicht genau, wie reicht er ist, er war zwischen zwei und vielleicht acht Milliarden Dollar.

Spannend sind die Leute, die deswegen nicht in der Forbes-Liste stiegen,

weil man nicht weiß, wie viele sie haben.

Ja, das gilt für Peter Thiel und das gilt auch für den Sultan von Brunei.

Ja, das stimmt.

Und ich glaube auch, die meisten arabischen Prinzen sind da nicht drin.

Ja, wobei Peter Thiel nämlich eines ab, dass es ihm nicht ums Geld geht.

Für den ist Geld Mittel zum Zweck.

Der hat ja PayPal mitgegründet.

Dann aus bei Facebook ganz früh reingestiegen.

Genau.

Und Mark Zuckerberg, der Chef von Facebook, wenn der sagt, wer die Menschen sind, die ihn geprägt haben,

dann fällt als erstes der Name Peter Thiel.

Und was interessant ist ja, also was sozusagen aus dieser großen Freiheit, die man erst mal hat,

wo man sagt, das erwarten wir, start halt dich raus.

Wir machen das schon und don't be evil, wir machen das auch gut.

Wie das dann plötzlich so ein Eigenleben entwickelt.

Das finde ich ja schon interessant.

Am Beispiel von Peter Thiel finde ich, kann man das auch aufhängen.

Thiel hat PayPal mitgegründet.

Und dann war ja irgendwann klar, okay, da finden auch illegale Geldtransfers statt.

Das war 98.

Und als das Unternehmen dann, also PayPal, hat dann eine Software entwickelt,

um diese kriminellen Kunden zu identifizieren.

Ich weiß nicht, ob du das kennst, wenn du PayPal regelmäßig nutzt,

dann kannst du passieren, wenn du manchmal irgendwie Leuten Geld schickst, regelmäßig,

kommt irgendwann mal die Frage, ist das jetzt hier ein Geschäft

oder ist das wirklich privat und so weiter.

Also da stehst du sehr schnell, der verdacht, komische Geldtransfers zu machen.

Eigentlich ursprünglich eine gute Sache.

Don't be evil.

Don't be evil, genau.

Ich weiß, Elon Musk hat mal erzählt, was der Grund ist, oder der Grund dafür war,

der hing ja da auch mit drin, PayPal zu gründen.

Der Grund war, er wollte sich mit seiner Mutter regelmäßig so kleine Geldbeträge hin und her schicken.

Und es ging wahnsinnig auf die Nerven, wie kompliziert das bei großen Banken war.

Und das war sozusagen die Geburtsstunde von PayPal.

Was interessant ist, die Algorithmen, die diese PayPal konnten, sozusagen,

nach schmutzigem Geld durchsuchen und durchkämmen,

die bildeten dann später die Grundlage für eine ganz andere Technologie.

Und jetzt, don't be evil, Vorsicht an der Bahnsteigkante.

Peter Thiel hat an 2004 Palantir gegründet.

Das ist eine Firma, die dann sozusagen für Verteidigung,

für die Frage, wie finden wir Terroristen in diesen ganzen Datenbergen und so weiter und so fort.

Das ist eine sehr dubiose Firma.

Und das ist die Firma, von der ich sagen würde, da gibt es dann so einen Bruch

und da kommt dann auch konsequenterweise die Idee heraus.

Lass uns auf irgendeiner Insel, also Hoheizgewässer, irgendwo weit draußen, wo kein Staat was zu tun hat.

Da machen wir unsere ganz eigenen Regeln und plötzlich träumst du von etwas,

das hat eigentlich mit dem Staat, der dir auch deinen Reichtum ermöglicht hat, gar nichts mehr zu tun.

Und plötzlich bist du nicht mehr ganz klar auf der Seite dieses Staates

und plötzlich triffst du Donald Trump

und plötzlich bist du jemand, der in ganz seltsamen Gewässern unterwegs ist.

Und das passiert dann irgendwann.

Also wenn man jemand aller erdenklichen Möglichkeiten gibt,

dann wird er auch auf alle erdenklichen Schnapsideen kommen.

Und deswegen sieht man, es gibt Grenzen des Liberalismus.

Und das hat der Liberalismus in seiner Geschichte auch gelernt.

Also eigentlich hat der Palio-Liberalismus sich stark verändert

und Locke hat two treatises about government geschrieben,

also Vorstellung, wie müsste eigentlich eine gute Regierung aussehen,

die liberalen Grundsätzen genügt.

Und das ist eigentlich immer weiter ausgearbeitet worden und ausgearbeitet und verfeinert

und irgendwann wurde der Liberalismus eben Stück für Stück auch sozialer.

Bis hin zu den großen Synthesen, die man Neoliberalismus nennt

und jetzt dabei viele, die uns zuhören, den Begriff anders verwenden,

der Neoliberalismus, auf dem die soziale Marktwirtschaft basiert,

hatte das Prädikat Neo nicht, weil er radikaler Liberalismus ist,

sondern weil er versucht hat, die Errungenschaften des Sozialismus

mit den Errungenschaften des Kapitalismus zu einem liberalen Ganzen zusammenzuschließen.

Das ist ja interessant, ne?

Und das war in den 30er Jahren, 20er Jahren angefangen,

so nahmen wir weiter Euken, Müller, Armarkt, Willem Röpke.

Das sind die eigentlichen Väter der sozialen Marktwirtschaft gewesen.

Und zwar in harten Zeiten.

Die soziale Marktwirtschaft entsteht als Konkurrenzmodell gegen den Faschismus

und gegen den Bolschivismus.

Weil zum damaligen Zeitpunkt ja auch noch nicht abzusehen war,

dass das mal enden würde.

Faschismus relativ schnell, Bolschivismus deutlich später

und auch nicht klar war, wie wirtschaftlich erfolgreich das ist.

Also musste sich die bürgerliche Gesellschaft etwas ausdenken,

dass alles das, was diese Ideologien an ihr kritisiert hatten,

dass die Arbeiter schlecht bezahlt waren und ausgebäutet worden und so weiter,

dass auch die bürgerliche Gesellschaft eine Klassengesellschaft war,

wie man da möglichst gegensteuert.

Und das ist dann die Grundlage gewesen,

der sozialen Marktwirtschaft gut, wie er hat.

Das ist interessant.

Was zeigt hier am Grunde, dass sozusagen nichts einfach gegeben ist,

das ist ja häufig das Gefühl, dass wir haben,

wie wir, also ich bin in einem Bewusstsein aufgewachsen, ja klar,

alle paar Jahre geht man mal zum Wählen.

Und dann gibt es diese Parteien und die machen das mal schlechter,

mal besser.

Aber das ist sozusagen unsere Welt.

Und als junger Mensch, der das einfach so inhaliert,

stellt man dieses System natürlich nie in Frage.

Man sieht nie, was alles funktioniert auch erstmal,

muss man ja auch sagen.

Man sieht nicht, was funktioniert.

Man sieht sozusagen nicht, was die Alternativen sind.

Also welche schlimmen Optionen es eigentlich noch gibt.

Mit anderen Worten, man weiß nicht zu schätzen, was man hat.

Das ist so.

Aber das kennt ja jeder aus der Erziehung seiner Kinder.

Ja, also man weiß nur zu schätzen, was man hat,

wenn man das mal nicht gehabt hat.

Aber wenn etwas Selbstverständliches man hat ist,

dann wachsen immer neue Ansprüche nach.

Und dann ist es auch ganz normal,

dass es passiert, dass man in diesen Ansprüchen

sich auf Holzwege versteigt.

Eines ist ja auch das Ziel der Jugend,

nicht die Eltern nachzuhaben.

Es ist das Ziel junger Menschen,

die Gebenes in Frage zu stellen.

Und nicht anzuerkennen, was alles an gutem da ist.

Und ich finde, das gehört einfach zu jungen Menschen dazu,

weil wenn das nie so ist,

dann gibt es auch keine Kreativität

zur positiven Weiterentwicklung.

Das heißt, also immer muss das Bestehende

von jeder Generation neu auf dem Prüfstand gestellt werden.

Das ist wichtig und das gehört dazu.

Aber du hast trotzdem recht, dass das was gut ist

und das was funktioniert.

Und die Nichtkrise in der Krise.

Die Dinge sind, die wir im Regelfall zu wenig zu schätzen müssen.

Ja, und es gibt ja, also wenn du überlegst,

es gibt ja sozusagen diese Sehnsucht.

Und daraus, glaube ich, resultiert dir auch so

ein großer Teil dieser Demokratieverdrossenheit,

würde ich mal sagen.

Diese Sehnsucht sozusagen nach dem starken Anführer.

Und jetzt könnte man sagen,

gut, dann guck dir mal die schlimmen Beispiele an,

guck dir jemanden wie Putin an, das will keiner.

Aber wenn du zum Beispiel mit Leuten anfangs zu diskutieren

über die Frage

das chinesische System.

Da fällt die Antwort nicht mehr so eindeutig aus.

Dann kommt jemand, haben wir neulich darüber gesprochen,

wie Paul Kagan, der Präsident aus Rwanda,

und sagt, na ja, also während ihr uns ein Fahrradweg baut,

mit euren komischen Demokratien,

haben uns die Chinesen schon zwei Flughäfen hingestellt und so weiter.

Und dann könnte man denken,

das ist doch eigentlich ein gutes System.

Ich kenne die persönlich ehrlich gesagt niemand.

Also wirklich niemanden, mit dem ich hier geredet habe.

Das ist ein Filmkulisse.

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Liberalismus: Der weltweite Vormarsch von Autokratien scheint derzeit unaufhaltsam zu sein, setzt unsere liberale Gesellschaftsordnung nachhaltig unter Druck und wirft gleichzeitig die Frage auf, ob wir unsere Vorstellung von Freiheit überdenken und neu definieren müssen. Ist der Liberalismus noch zu retten? Über diese und weitere Fragen diskutieren Markus Lanz und Richard David Precht in dieser Ausgabe.