LANZ & PRECHT: AUSGABE 112 (Bündnis Sahra Wagenknecht)

ZDF, Markus Lanz & Richard David Precht ZDF, Markus Lanz & Richard David Precht 10/27/23 - Episode Page - 43m - PDF Transcript

Land und Brecht.

Schönen guten Morgen, Richard. Hallo, Markus. Wo reich ich dich?

In Südtirol. Wo sonst? Im schönen Bootsen.

Du bist im Bootsen, in meiner Heimat.

Ich bin im Bootsen und habe in kurzer Zeit über Südtirol gelernt.

Erzähl, wichtigste Erkenntnis.

Wie groß Südtirol ist.

Südtirol hat ungefähr so viel Einwohner wie Hannover,

aber weltpolitisch eine viel bedeutendere Rolle gespielt.

Den Hannover-Vergleich.

Hier war gerade Landtagswahl.

Und diese Landtagswahl weckt den Sinn für das Nachdenken,

weil es sind 16 Parteien angetreten.

Und 13 werden dem Landtag angehören.

Das erinnert mich ein bisschen auch an deutsche Verhältnisse.

Ich frage mich gerade aus meinem Südtiroler Exil,

ob Deutschland sich allmählich politisch Südtirol orientiert.

Sarah Wagenknecht, der Bündnisaufgesteller,

wird eine Partei draus.

Ich erinnere mich noch als alter Mann an die Welt,

als es in Deutschland nur drei Parteien gab.

Und jetzt kommt mittlerweile alle 10, 15 Jahre eine neue dazu.

Damals waren das ja nur CDU, SPD und FDP.

Und die Welt war so einfach.

Die SPD war links, die CDU war rechts, FDP heirte so dazwischen,

mal mit dem einen, mal mit dem anderen.

Und dann erinnere ich mich daran, wie die Grünen gegründet wurde.

Und ich weiß auch, was da los war.

Ich weiß auch, der 80er.

Also 79, 80 gegründet.

Also ich fand die da ganz toll.

Das war für mich voll die Alternative,

weil ich kam ja auch aus der Umwelt- und Naturschutzbewegung.

Da war natürlich genau das, worauf ich gewartet hatte.

Und ich weiß aber, dass meine Lehrer entsetzt waren.

Also für die waren die Grünen der Untergang des Abendlandes.

Also das waren Krypto-Kommunisten.

Daran hat sich ja nicht viel geändert,

wenn man heute mal reinschaut, in die eine oder andere Kommentierung.

Ja, aber damals hieß es im Überlegsten.

Also Franz Josef Strauß wollte die Grünen wegen

als verfassungswidrige Partei verbieten lassen.

Otto Graf Lambsdorf, der damalige Wirtschaftsminister,

meinte weigere sich, FDP tatenlos zuzusehen,

wie aus Deutschland eine Republik von Marx und Morgentau wird.

Morgentau ist jener berühmte US-amerikanische Politiker,

der den Vorschlag gemacht hatte, Deutschland nach 1945

zu deindustrialisieren und in einen Agrarstaat zu verwandeln.

Also so heftig fielen damals die Reaktionen aus.

Und ich weiß auch unter Lehrern und so weiter.

Man dachte, das Abendland geht unter,

wenn die Grünen je irgendwo in einem Parlament reingehen würden.

Und heute, muss man sagen, sind sie eine staatstragende Partei.

Ja, das ist interessant.

Also die Grünen damals, ich habe noch diese Bilder im Kopf,

diese Männer mit diesen langen Berten und diesen sehr langen Haaren.

Besuche waren da nicht so das Thema.

Die dann strickend auf Parteitagen rumsagen.

Wollpolis.

Zuvor selbst gestrickten Wollpolis.

Oder Blumentöpfe auf ihre Abgeordnetenbenke stellten,

als sie im Parlament einzogen.

Damit ein bisschen Grün reinkommt.

Richtig.

Und heute muss man es so, wie du sagst.

Also an den Grünen kann man sich ja bis heute,

da ist ja ein Kulturkampf im Grunde zurückgekommen,

ich dachte, den würden wir so nicht wiedersehen.

Also ich habe das in der Form so nicht kommen sehen.

Ja, und dass obwohl alle Grünen inzwischen Anzug tragen

und bis auf Anton Hofreiter keiner mehr lange Haare hat.

Also der hat ja noch die Maskottchenfrisur von früher,

aber alle anderen haben sich davon ja völlig verabschiedet.

Ja, absolut.

Aber es ist interessant, ich finde einfach spannend daran,

wie gehen wir mit neu gegründeten Parteien um?

Ja, ich wollte noch einen Satz zu den Grünen sagen, Richard.

Das hat ja der deutschen, der politischen Kultur in Deutschland

ja durchaus gut getan.

Ja, die anderen Parteien waren gezwungen,

endlich auf das Umweltthema zu reagieren.

Ja, genau.

Man vergisst in dem Zusammenhang auch,

sehr interessant, die erste Partei,

die ein grünes, ein Umweltprogramm hatte sozusagen,

war die FDP.

Sie haben es dann nun nie konsequent zu Ende verfolgt.

Ja, oder auch die CDU hat auf die Grünen reagiert,

indem man Walter Wallmann,

der in Taube-Embar, den Frankfurter Oberbürgermeister,

der wurde dann Umweltminister.

Und der galt so als das krasseste Gegenteil,

als der Mann, der mit diesem Thema nichts zu tun hatte.

Das war jedenfalls das Image, das man hatte.

Und man hat gesagt, das ist auch so zu sagen,

wie kann man sowas machen?

Aber es war auf jeden Fall zu sehen, die CDU musste reagieren.

Alle Parteien mussten jetzt irgendwie zeigen,

dann kamen solche Initiativen wie Bleifreies Benzin.

Das ist dann unter der CDU-Regierung vorangetrieben worden.

Man musste jetzt zumindest zeigen,

dass einem das Thema nicht gleichgültig ist,

um die Grünen nicht so stark werden zu lassen.

Katalysator und alles, was dann so kam.

Katalysatorbleifreies Benzin, das waren so die ersten grünen,

so die ersten Aktionen, die man gemacht hat,

um grüne Themen in die Politik zu implementieren.

Ja, und heute gibt es ja sozusagen,

also ganz klare Frontenbildung.

Und wenn dann jemand wie Friedrich Merz zum Beispiel sagt,

unsere Hauptgegner sind die Grünen.

Und dabei einfach unterm Tisch fallen lässt,

in wie vielen Landesparlamenten,

die Grünen ja mit in der Regierung sind,

teilst natürlich auch mit der CDU,

dann merkst du die ganze Widersprüftlichkeit.

Ja, das sind nicht wirklich Angst zu nehmen.

Also das funktioniert nicht.

Also wenn man sagt, unser Hauptgegner ist die Grünen,

dann spekuliert wahrscheinlich Friedrich Merz darauf,

dass Leute, die lieber AfD jetzt wählen wollen,

als CDU wieder zurückkommen.

Weil natürlich für die AfD-Wähler

sind die Grünen der Hauptgegner.

Und wenn die CDU das übernimmt,

hofft sie, ein Teil ihrer Klientel zurückzubekommen.

So, und was ich nur der Gedanke,

den ich gerade noch äußern wollte,

also natürlich kann man den Grünen

viele, viele Vorwürfe machen.

Und vor allen Dingen dieses, das merke ich auch immer,

das ist wirklich interessant.

Und das bestätigen auch Kollegen.

Und das meine ich jetzt gar nicht in in deiner Form

böse oder so, aber man merkt bei den Grünen,

da sind viele Leute, die kommen aus den Unis und so weiter,

die kommen aus dem akademischen Betrieb.

Und die haben, die versuchen,

ihren Jobs so gut wie möglich,

so pennebel wie möglich zu machen.

Und manchmal ist der Übergang zwischen

pennebel und pedantisch ist dann

sehr, sehr, sehr schmal, der Grad.

Ja, man versucht, alles zu kontrollieren.

Man versucht genau abzustecken im Vorfeld.

Was werden wir jetzt besprechen?

Ist es gut für dich dort aufzutreten?

Oder eher nicht?

Also möglichst kein Risiko gehen.

Das sieht man dann auch,

ja, an den Leuten, die dann kommen

oder eben auch nicht kommen.

Man versucht, möglichst viel zu kontrollieren.

Und das letzte Mal, wo du das wirklich

sehen konntest, diesen Versuch,

wirklich Top-Down von oben nach unten

richtig reinzuregieren und zu kontrollieren.

Und deswegen auch dieses

Image, glaube ich, dieser

Verbotspartei, die sie ja

de facto eigentlich gar nicht sind.

Aber dieses Image kommt genau

daher, reinregieren von oben

aus dem Wirtschaftsministerium, ganz runter

bis in den letzten Heizungskeller rein

und den Leuten genau vorzuschreiben,

was jetzt, welchen Italien

zu passieren. Genau.

Das ist sozusagen, man traut

da den Leuten ein bisschen

weniger zu

und sagt dann,

das müssen wir euch jetzt schon sagen,

wie das zu laufen hat oder auch nicht.

Ich glaube trotzdem,

und deswegen, ich harte da manchmal auch ein Ding,

es kann doch nicht euer Ernst sein,

der Welt jetzt sozusagen

weiß machen zu wollen,

dass am deutschen

Klimaschutz, am deutschen Klimaschutz

sich der Klimaschutz der ganzen

Welt entscheidet.

Also diese Vorstellung, wir werden

Klimaweltmeister und Umweltweltmeister

und dann nimmt sich die Welt ein Beispiel daran.

So wird das mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht funktionieren.

Der Punkt ist aber, und darüber

denke ich manchmal nach,

es ist natürlich

schon so, wenn die größte

ökologische Bewegung in Europa

und das sind die deutschen Grünen,

wenn die scheitern

mit ihrem ökologischen Projekt,

dann ist das natürlich mit Blick

ganz Europa kein gutes Signal.

Also wenn die größte

ökologische Bewegung in Europa

Baden geht

mit dieser Vision,

dann wird es für alle anderen auch wahnsinnig schwer.

Und deswegen denke ich manchmal, es hat schon

eine gewisse Berechtigung,

das Thema so vehement vorzutragen,

aber die Gefahr,

dass man die Leute dann irgendwann dabei verliert

und die das Gefühl haben, es geht nur noch um

Klima und die Themen, die mich bewegen,

interessieren keinen mehr

in euch in Berlin nicht mehr.

Das ist die große Gefahr und auf dem

Ticket sind einige mittlerweile unterwegs.

Da hast du Hubert Eivanger,

der genau diesen Träger nutzt

und du hast jemanden wie Sarah Wagenknecht,

der genau diesen Träger nutzt

und damit sind wir genau beim Thema.

Ich finde ihn auch interessant, die anderen

Neuparteien zu sehen. Also die Grünen waren ja

die ersten Neupartei in der Bundesrepublik.

Dann kam die PDS,

die sich dann irgendwann mit der WASG

zusammen zur Linkspartei formiert hat

und da war natürlich das Gleiche.

Da hat man dann grundsätzlich

vorgeworfen, die besteht eigentlich nur

aus alten SED-Kadern.

Das dürfte am Anfang nicht unberechtigt

gewesen sein, aber die Partei hat diese

SED-Kader ja relativ schnell verloren.

Aber auch hier gab es den Versuch,

einfach zu sagen, die gehören jetzt sozusagen

nicht mit an den Tisch.

Also die mit Kommunisten oder Ex-Kommunisten

oder mit Leuten, die in die DDR

verstrickt waren, auch in Verbrechenden

und so weiter, mit denen wollen wir nichts zu tun haben.

Und genau wie bei den Grünen die Haltung war,

mit denen wollen wir überhaupt nichts zu tun haben.

Die stürzen das Abendland in den Untergang.

Den gleichen Umgang gab es

und offenbar ganz lange Zeit hinweg

mit der Linkspartei.

Bis dann einige in der Linkspartei salonfähig

wurden, wie Sarah Wagenknecht

oder Gregor Giesi, den eigentlich jeder Mark

oder Bodo Rammelo, der erfolgreicher

Ministerpräsident ist.

Als die AfD gegründet wurde,

hatte ich erstmal das Gefühl, das wird nicht ernst

genommen, weil Lukke niemand war, den jemand

war. Der wirkte auch nicht bedrohlich

irgendwie in seiner Art, so ein bisschen pedantisch,

bisschen verquer und so.

Aber als die Partei in einen stärkeren Rechtskurs

eingeschlagen hatte, dann war es das Gleiche

und das gilt ja bis heute, dass man sagt, mit denen

können wir uns nicht an einen Tisch setzen.

Also Parteien verändern sich. Aber interessant ist

immer, wenn eine neue Partei gegründet wird,

dann sind alle anderen Parteien natürlich

erstmal total dagegen

und befürchten, dass es irgendwie den großen

Untergang gibt.

Und das ist im Augenblick ja auch die Rezeption

der Partei. Ich habe irgendwo gelesen, die Partei

sei tiefrot.

Und tiefrot ist für mich

die deutsche Wirtschaft komplett zu verstaatlichen

und

das Eigentum abzuschaffen. Das wäre für mich tiefrot.

So was sehe ich da nicht.

Lass uns gleich mal ein bisschen da einsteigen,

das ist sehr interessant.

Noch ist es ja nur ein Verein, der da gegründet

worden ist.

Ein Bündnis und ein EV.

Ein eingetragener Verein

und die Parteigründung folgt dann wahrscheinlich

erst im Januar 24.

Aber will noch einen Satz zur AfD sagen,

bei der AfD

und da merkt man auch

diese Unsicherheit auf allen Ebenen.

Die AfD ist

keine Partei wie alle anderen auch.

Die AfD ist eine Partei,

die einem tatsächlich Sorge bereiten muss,

wenn man sich die Leute anguckt,

die darin das sagen haben.

Und es gibt ja so

dieses Argument zu sagen,

lass die erstmal in die Regierungsverantwortung kommen

und dann werden die sich schon entzaubern.

Und dann wird sich zeigen,

die haben überhaupt keine Rezepte

und die haben eigentlich gar keine wirkliche Idee.

Also man muss ja auch einen Unterschied machen

und das ist ja gerade jetzt bei der Gründung

der Wagenknechtpartei wichtig

zwischen den führenden Leuten in einer Partei

und deren Ausrichtung

und was sie mutmaßlich tun würden,

wenn sie an der Regierung sind

und den Wählern.

Es ist ja interessant, wenn man jetzt guckt,

es gibt ja Umfragen,

die sich selbst nicht als Rechte sehen,

Sarah Wagenknecht wählen würden.

Protestwähler, ne?

Sie sagt selber, das sind Leute, die haben dicken Hals,

weil sie einfach sauer sind

über die Politik der sogenannten etablierten Parteien.

So ist das.

Und es sind zwei Parteien, die AfD

und sagen, Sarah Wagenknecht's künftige Partei

verbindet eine Sache.

Ich habe da nichts darüber gelesen,

aber das ist für mich eigentlich das Auffälligste

an beiden Parteien.

Das sind Germany First Parteien.

Während für die anderen Parteien

Dinge mindestens genauso wichtig sind

wie Deutschland, zum Beispiel Europa,

die Europäische Union,

die militärische Einbindung in den Westen.

Das sind ja ganz, ganz wichtige Koordinaten

für CDU, SPD, FDP und Grüne.

Und diese beiden Parteien,

also die künftige Wagenknecht-Partei

und die AfD,

für die sind diese Koordinaten nicht wichtig.

Sondern da geht es darum,

sozusagen mehr Souveränität,

mehr Autonomie

und das ist ja ein Trennhaus.

Raus aus der NATO,

keine Waffenlieferungen

weder an Ukraine, noch an Israel,

und solche Dinge.

Genau, ja, oder Rückbau der Europäischen Union,

Austreten und Neugründen und so weiter.

Man möchte sozusagen aus den großen,

aus den großen Zusammenhängen,

in denen die anderen Parteien sind,

möchte man aussteigen und sagen,

Deutschland soll seinen eigenen Weg gehen.

Wir verabschieden uns aus dem,

was man den Westen nennt.

Ich glaube, das haben diese beiden Parteien

gemeinsam und das trifft

bei vielen Leuten einen Nerv.

Und ich glaube, das ist so

das entscheidende Charakteristikum.

Also die etablierten Parteien,

sozusagen als die Parteien,

für die das die zentralen Koordinaten sind,

auch historisch gewachsenen Koordinaten

und die neuer gegründeten Parteien,

für die sagen, das ist doch alles

jetzt nicht relevant oder wichtig.

Jetzt gucken wir mal auf Deutschland,

jetzt gucken wir mal, was ist für uns gut.

Was ist der Unterschied zu sein?

Ja, genau.

Es gibt, finde ich, also wenn man sagt,

wo ist der Vergleich zur AfD?

Bei einigen Themen dreht Sarah Wagengericht

ganz ähnlich auf.

Ich habe das in der Sendung häufig erlebt.

Wenn sie sagt, wir haben die dümmste Regierung

aller Zeiten, was sehr unterkomplex ist,

ist einfach so zu sagen,

mit so Argumenten, wie dumm zu arbeiten,

finde ich immer schwierig.

Das ist wirklich blanker Populismus.

Du kritisierst die Politik,

mit solchen Sätzen.

Oder wenn du dann sagst,

wir haben da diesen Wirtschaftskrieg vom Zaun gebrochen.

Wir, Deutschland,

hat einen Wirtschaftskrieg vom Zaun gebrochen.

Nicht Russland hat einen Krieg gegen Ukraine gestartet,

sondern wir, die dümmste Regierung,

die Deutschland, die hatte,

und das hat sie jetzt mehrfach auch wiederholt,

in Variationen.

Manchmal ist es die wahrscheinlich dümmste Regierung,

manchmal ist es die dümmste Regierung,

die schlechteste Regierung.

Die Deutschland, die hatte dieser Sound,

und mich irritiert auch,

muss ich zugeben, es gibt einen großen Unterschied

zur AfD.

Sarah Wagenknecht relativiert die Nazi-Diktatur nicht.

Das macht sie nicht.

Ja, das würde ich auch niemals tun.

Mit ihrer Lieblingssozialisation.

Nichts gemein.

Das ist wichtig, das mal klar zu sagen.

Natürlich nicht.

Wir reden auch nicht damit,

dass die Parteien sich ähnlich sind,

sondern eher, dass die Wählerschaft sich überschneidet.

Das ist eine kulturkonservative Partei.

Das ist auch was, was sie mit der AfD verbindet.

Was sie sogar mit Teilen der CDU verbindet.

Es gibt ja auch in der CDU viele Leute,

die das mit veganen Anhörungen

für Quatsch halten

oder die Gender für Blödsinn halten.

So tun, als wäre das das große Thema

unserer Zeit.

Das ist das, was mich immer so ärgert.

Du gibst ständig Antworten auf Fragen,

die keiner gestellt hat.

Und du bekämpfst Gespenster, die außer dir

keiner sieht.

Im Alltag der Leute,

das ist ein Thema,

in dem man sich über die Änderung

verabschiedet hat.

Man kann sagen,

es ist ein Thema,

wo man eigentlich nur eine Forderung stellen kann.

Mehr Gelassenheit.

Warum sollen die einen nicht ertragen,

dass die anderen gendern?

Warum sollen die die gendern nicht ertragen,

dass andere es nicht tun?

Das ist die Lösung

in einer liberalen Demokratie.

Es wird häufig nur deswegen

so wichtig genommen,

weil dahinter ist die Konfliktlinie das einfache Volk,

das mit all dem Mix anfangen kann.

Und dann die da oben,

das universitäre,

linksgrüne Milieu,

die eine Entwicklung vorantreiben,

die die normalen Leute nicht wollen.

Das ist die Gemeinsamkeit des beiden Freien Wählern so,

das war der AfD so, das war Sarah Wagenknecht.

Das wird aufgegriffen, weil sagen diese Leute

haben keine adäquate Stimme in diesem Land.

Das sehen sehr viele Menschen so.

Ich bin auch sehr gespannt,

wie die anderen Parteien darauf reagieren werden.

Die müssen in irgendeiner Form reagieren,

weil die Wahl umfragen,

wenn man überlegt,

dass die nächsten Wahlen, wo sie antritt,

ausgenehm der Europawahl,

drei Landtagswahlen im Osten sind.

Indem man durchaus erwarten kann,

dass beide Parteien

sehr, sehr stark sein werden,

müssen sich natürlich die Parteien

sehr genau überlegen,

welche Elemente,

die den Wählern bisher bei ihnen fehlen,

sie wieder verstärken müssen.

Das erkennt man ja jetzt schon in der Migrationsfrage.

Die Ampel ist dabei, ihre Migrationspolitik

völlig zu verändern,

aufgrund des Druckes, der aus der AfD kommt,

und übrigens auch zu einem erheblichen Teil

aus den Medien,

die da auch einfach

eine radikalere

Beschneidung von Migrationsmöglichkeiten

und Asylverfahren und was weiß ich was fordert.

Also das ist schon wirkungsmächtig

in der Gesellschaft.

Lass uns gleich mal über diese Inhalte sprechen,

aber vielleicht vorne weg mal

kurz ein Satz oder zwei Sätze

über Sarah Wagenknecht.

Sarah Wagenknecht fasziniert viele Menschen.

Sie redet anders als andere Politiker.

Sie positioniert sich

sozusagen gegen das,

was man Mainstream nennt.

Sie bleibt bei ihren Positionen

knüppelhard.

Sie ist immer höflich.

Sie ist immer sehr, sehr auffällig.

Wahnsinnig kontrolliert.

Also ultimativ kontrolliert.

Was ich vorhin über die Grünen gesagt habe,

das ist kaum eine Partei,

also für mich eigentlich gar keine Partei gibt,

die so sehr versucht,

ihr Bild und ihr Image,

das Bild der Leute, die sie vertreten,

in der Öffentlichkeit zu kontrollieren,

wie die Grünen,

das gilt letzten Endes eigentlich auch,

wenn ich mal darüber nachdenke, für Sarah Wagenknecht,

hat sich immer maximal im Griff

und ich habe sogar immer das Gefühl,

sie hat auch die Medienmechanismen

so genau durchschaut,

dass sie später sie dann angegangen wird,

desto besser für sie.

Und sie realisiert das auch in der Sekunde,

in der es passiert.

Und weiß, jetzt muss ich nichts tun,

ich muss mich noch nicht mal wehren,

ich mache einfach nur weiter

und teilweise auch

mit ganz absurden

Argumenten sozusagen.

Sag mal ein Argument, was du ganz besonders absurd findest.

Also was ich tatsächlich

schwierig finde,

anders, ich will glauben

Wagenknecht, mal ganz platt gesagt,

ein guter Mensch sein möchte.

Und auch ein moralischer Mensch.

Und ich habe das auch schon oft gesagt,

ich mag die so privat,

ich mag sie im Umgang,

wir ertauschen uns auch ab und zu mal aus

und entgegen sozusagen

dem Klischee,

das da lautet,

dass wir beide irgendwie ein Problem

miteinander hätten,

muss ich immer klar entgegentreten und sagen,

nein, ist nicht so, sondern das ist alles

professionell.

Und wir sind in vielen Punkten

ganz, ganz unterschiedliche Auffassung,

aber an einigen Punkten

eben dann auch nicht der größte Dissens,

Putin,

das ist doch eigentlich

insgesamt, genau,

also raus aus der NATO beispielsweise

und dann eben

sozusagen diese eigentlich

urlinke Position zu verlassen,

zu sagen, pass auf, es ist doch eigentlich links

einem Land wie der Ukraine

auf diese Art und Weise überfallen wird,

es ist eigentlich eine linke Position.

Ich würde sagen,

ich würde sagen,

dass nicht nur angesichts des Ukrainekrieges

und das sage ich ja schon lange,

wir haben mal eine Sendung drüber gemacht,

jeder Versuch einer links-rechts

Schematisierung von gegenwärtiger Politik

scheitern muss.

Also in meiner Kindheit und Jugend

war, wenn es um Waffen ging,

um Aufrüstung und Bundeswehr,

das war ein rechtes Thema

gegen all das dagegen.

Heute ist mit den Grünen eine Partei,

die sich selbst irgendwo links verorten würde,

das ist die Partei, deren Mitglieder

und deren Repräsentanten am stärksten

für Waffenlieferungen sind.

Das zeigt also, ich würde diese Frage

niemals zu einer Frage von rechts

oder links machen, weil ich glaube,

es ist keine Frage von rechts und links

und ich, was sind

klassische Fragen von rechts und links?

Migrationsfrage ist eigentlich

eine ehemals linke Position zu sagen,

wir können allen helfen.

Und die Konservativen haben gesagt,

wir können nicht allen helfen, das Boot ist voll.

So, das war das klassische Schema.

Jetzt kommt eine linke Politikerin

und sagt sinngemäß, wir können nicht allen helfen,

das Boot ist voll.

Das heißt, ich habe gesehen, es gibt jetzt so

Grafiken, wo man irgendwie versucht,

die komplexe Gemengelage

irgendwo noch in ein rechts-links Schema

reinzupressen.

Und die werden so absurd diese Grafiken,

dass man einfach sagen muss, ich glaube,

wir können sich vom Schema von rechts

und links verabschieden.

Das sind nicht mehr die Koordinaten

im 21. Jahrhundert.

Ich glaube, die Freund-feind-Linien

verlaufen inzwischen ganz woanders.

Wo verlaufen am ehesten das?

Früher habe ich ja mal gesagt,

die Konformisten und die Nonkonformisten.

Also die, die Mitte sein wollen,

die Mitte der Gesellschaft abbilden

und diejenigen, die sagen, ihr da oben,

wir machen da nicht mit.

Oder ich habe es eben gerade gesagt,

die

in der bundesrepublikanischen Topografie. Weil diese Partei ist eine Melange aus

diesen beiden Elementen, die ist so neu und so anders, die kann man nicht einordnen.

Wenn man sich mal das Programm ein bisschen anschaut, dass da sehr interessant Peter Thiede

von den Kollegen von Bild hat das mal gemacht, das ist natürlich sehr, sehr zugespitzt, aber

sagt es im Grunde ist es so, dass gespenst, dass Sarah Wagenknecht sozusagen beschwört ist,

die freie Marktwirtschaft. Finstern ist so Niedergang ist das, was stattdessen ansteht,

das Land in keiner guten Verfassung. Und wenn es jemanden gibt, der das Land von der Finstern

ist, befreien kann, dann sie, also Sarah Wagenknecht, macht das Licht an. Und es stimmt schon, ich hatte

das Gespräch vor ein paar Wochen mit ihr auch und wollte da mal wirklich genauer verstehen,

was sie eigentlich meint. Und auch da ist wieder dieses Geraunde sozusagen gegen die

Marktwirtschaft. Ja, also die Politik ist quasi von Konzerne beeinflusst, man sagt. Und sie hat

hoch über Ludwig Erhard geschrieben und sieht sich und ist auch jahrelang unterwegs gewesen mit

Vorträgen als Verteidigerin der sozialen Marktwirtschaft im Sinne Ludwig Erhardt. Und sie wirft den

anderen Parteien vor, das verraten zu haben, zugunsten einer neoliberalen freien Marktwirtschaft

und das würde Deutschland zugrunde richten. Das ist ihre Argumentation. Ja, und es gipfelte dann,

ich hab dann gesagt, was passiert denn dann mit den großen Lebensmittelkonzernen und ich hab

dann ganz konkret als Beispiel gefragt nach Edeka und die Antwort war, das wird natürlich zerschlagen.

Das sagte sie nicht direkt, sie hat ein anderes Wort benutzt, sie sagte ja, da müssen wir dann,

das müssen wir entflechten, das war das schöne Wort. Was heißt denn entflechten? Das ist so

katelpolitischer Begriff. Ja, also Edeka zerschlagen, das war das Thema. Sie redet dann auch so,

er redet von übergriffigen Digitalmonopolisten. Ja gut, da sind wir, ja ja gut, das sehen wir

in gewissen Hinsicht auch so, dass wir keine Datensicherheiten haben, das ist keine Kontrolle,

der GAFAS, also der ganz großen Digitalkonzerne, redet es ja nicht von deutschen Unternehmen,

redet es ja von den... Nee, sie redet von Google, von Meta, von wie sie alle sind, ganz genau. Aber

wenn man das so hört, dann denkt man, okay, also uns gibt es in dieser Welt gar nicht mehr, aber es

gibt natürlich SAP und Siemens und die Telekom und die Allianz und VW und BMW und so weiter. Und

das Rezept ist immer, das muss der Staat jetzt machen, diese marktbeherrschenden Bösenkonzerne.

Ja, der Staat kann nicht länger zugucken bei diesen Entwicklungen. Genau.

Ja, jetzt kommt Fading Volnges in einem, das meiste Wirtschaftsrecht ist ja auch europäisch festgelegt.

Ja, also dieses Bekenntnis zur freien sozialen Marktwirtschaft ist ja nicht nur in Deutschland

so, das ist ja auch die Grundkonstitution der Europäischen Union. Viele entscheidende Dinge im

Bereich des Wettbewerbsrechts und so weiter sind ja europäisch geregelt. Das heißt, wenn du da jetzt

sagst, wir machen das von nun an anders, dann geht das wahrscheinlich tatsächlich nur, indem du aus

der Europäischen Union rausgehst. Wenn du aber aus der EU rausgehst, natürlich irgendwie verbunden

immer mit so Gedanken, dann machen wir das irgendwie anders und neu, das kriegst du wahrscheinlich

nicht wieder hin. Also wenn ein Land wie Deutschland da rausgeht, dann weiß ich nicht, was die Europäische

Union noch sein soll. Wenn dann Frankreich vielleicht und Marine Le Pen auch noch rausgeht, gibt es keine

Europäische Union mehr. Und ich glaube auch nicht, dass auf absehbare Zeit irgendetwas anderes an

diese Stelle treten wird. Also ich glaube, da entsteht Chaos und Wagen. Richtig. Was auch natürlich ein

ganz wichtiger Punkt ist, ist, wenn die Wagenknechtpartei tatsächlich im Bund stark werden sollt,

was wir jetzt noch nicht wissen, was einige sagen, Potenzial 20, 27 Prozent, das kann ja sowieso

im Augenblick überhaupt gar keiner abschätzen. Und die AfD bekanntermaßen wohl auch über 20

Prozent kriegt, jedenfalls wenn morgen Wahl wäre, dann führt das irgendwann in eine Situation, wo

die anderen Parteien, also die jetzt regierenden Parteien mit der Ampel, dann vielleicht irgendwie mit

der CDU regieren, dass wir also nicht nur drei Parteienkoalitionen haben, sondern wir haben bei

den etablierten Parteien vielleicht irgendwann sogar eine vier Parteienkoalition, um noch eine

Mehrheit zu haben. Und das hat folgenden fatalen Effekt. Wir sehen das ja schon mit der Ampel,

eine drei Parteienkoalition funktioniert ja schon fast gar nicht. Es ist schon unglaublich

schwierig, wichtige Entscheidungen zu treffen, so mal wie ja vor gewaltigen Umbauarbeiten stehen,

Rentensystem, Krankensystem und so weiter, die immer weiter vertagt werden, die nicht richtig

angegangen werden. Wenn wir jetzt nach einer vier Parteienkoalition haben, da ist ja der Streit

programmiert, dann haben wir ein Mediensystem, in dem jeder Streit natürlich auch riesengroß

aufgebaut wird. Vielleicht meine Politiker haben sich auch früher untereinander gestritten, aber

es wurde nicht so ein Boheider drum gemacht, jedenfalls nicht in diesem Ausmaß wie heute,

wo jedes falsche Komma irgendwie entsprechend bewertet wird und als Beispiel von Misstrauen oder

der kann den nicht leiden und so weiter aufgebaut wird. Das heißt, es ist immer schwieriger zu regieren.

Und dann tatsächlich irgendwann vielleicht eine vier Parteienkoalition und je schwieriger

die Zusammenarbeit der etablierten Parteien, dann wird, weil sie so viele sind und weil man sich

in vielen Punkten nicht einigen kann, umso mehr profitieren dann die beiden Germany-First-Parteien

davon. Das ist die Entwicklung, die man so am Horizont sieht. Muss man in gewisser Weise da auch

nicht jemandem wie Sarah Wagenknecht respektzollen, dass sie bei dem Thema und da kommt jetzt so

die Verbindung auch zu den Medien. Bei dem Megathema Migration hat sie sich als eine der

ersten wirklich aus der Deckung getraut und hat gesagt, wir können das so nicht weiter machen.

Ist dafür wahnsinnig verprügelt worden? Als linke Politikerin, ja, die fordert,

wir müssen die Grenzen zu machen, wir können, wir müssen Migrationen...

Das ist auch vom Bereich der etablierten Parteien als Rechte beschimpft worden. Jene

etablierten Parteien, die genau das hier zu machen. Genau, richtig, genau. Und die Art und Weise,

wie sie da ihr Argument immer durchgezogen hat und es auch gut begründet hat und auch gesagt hat,

pass auf, ihr könnt das alle so sehen, ihr könnt auch mit Ideologie kommen und so weiter, aber ich

sage euch, ich habe mein Ohr an den kleinen Leuten und ich kriege mit, welche riesigen Verwerfungen das

irgendwann auslösen wird. Da muss man sagen, weil sie eine der ersten, die da sehr früh nach vorne

gegangen ist und jetzt in gewisser Weise mit diesen Umfrage erfolgen, sind sie ja in erster Linie im

Moment nur, aber dennoch belohnt wird und ich glaube schon, dass diese Partei, die da kommen wird,

das Potenzial hat, diese deutsche Landschaft, politische Landschaft nachhaltig zu verändern.

Ja, also ich habe das ja auch gesagt. Ich glaube, das ist das Ende des Rechts-Links-Schema,

wie wir es kannten. Das ist eine der wichtigsten Veränderungen. Das Zweite wird dann sein. Ich

meine, stell dir mal den Horror vor, eine Partei zu gründen. Was passiert, wenn man eine Partei

gründet? Du hast auf einmal 100.000 Leute, die möchten auch in die Partei rein, die möchten

auch Ebben davor einigen, wenn die Partei gute Chancen hat, auch tatsächlich im Parlamenten

vertreten zu sein. Und die Allerersten, die in so einer Situation zu dir schlossen, sind Spinner.

Gewelterlösungsprofeten jeglicher Kulör. Leute mit Totalerklärungen für alles oder mit einfachen

Lösungen für ultrakomplexe Probleme, die strömen da hier rein. Und die kannst du ja auch nicht,

kannst ja nicht als erstes ein Intelligenztest oder eine Gesinnungsprüfung oder so machen,

wenn jemand in deine Partei kommt. Und die erzählen dann unter Umständen noch in irgendwelcher

Kameras irgendein Blödsinn und belasten die Partei damit. Das Zweite ist, du brauchst sehr

gutes, fähiges Personal, und zwar sehr viele davon. Du musst ja Landesverbände aufbauen,

Kommunalverbände und so. 16 Landesverbände. Ja, und da musst du überall gute Leute kriegen. Also

eben nicht die Spinner, die dir in Scharen zulaufen, sondern Leute aus anderen Parteien. Und

das ist das, was bei Macron so gut funktioniert hat. Also bei Macron haben sehr viele intelligente,

fähige Leute das sinkende Schiff ihrer Parteien verlassen und sind zu ihm gegangen. Ohne das

wäre das ja gar nicht möglich gewesen, eine Partei in diesem Eiltempo, auch eine Personenpartei,

in diesem Eiltempo überhaupt aufzubauen. Und das wird die wirklich spannende Frage sein, wie viele

Leute aus anderen Parteien, die müssen ja nicht nur aus der Linkspartei kommen, werden dann dazustoßen.

Und wie viele unfähige Leute werden dazustoßen und werden, ob sie es wollen oder nicht, damit die

Partei schon ernannt setzend diskreditieren. Also eine Parteigrundung ist ein unglaublich

dickes Brett. Und es kann funktionieren, siehe Macron, siehe Sebastian Kurz auch in Österreich.

Aber es ist natürlich auch gefährlich, alles so auf eine Person zuzuschneiden. Die Frage,

was passiert, wenn er oder sie an der Spitze plötzlich ausfällt, alles an dieser kommenden

Partei ist ausschließlich auf sie zugeschnitten. Und ob sie das auf Strecke durchhält, diesen

brutalen Druck, weiß ich nicht. Sie ist aber jemand, der medial natürlich unglaublich gut

funktioniert. Und das ist sozusagen das große Plus. Aber weil du gerade sagtest Macron, ich meine

auch in Frankreich, siehst du, Macron macht ja auch Frankreich-First-Politik, wenn du so willst,

ja, also was der an Industriepolitik macht, wie der Start-ups gründet, wie der anfängt, große

Konzerne mit Steuerleichterungen und so weiter, systematisch ins Land zu holen. Also das ist

wie außenpolitisch deutlich gemacht hat, dass Europa einen dritten Pol bilden sollte. Also

sie stärker von der US-Politik entfernen und eigenständiger werden. Am Beispiel, als er gesagt

hat, für Taiwan sind wir nicht verantwortlich und so. Also da ist es auch ganz stark. Ich hab

bislang immer gedacht, dass diese First-Politik, dass die in Zeiten der Europäischen Union eigentlich

der Vergangenheit angewirken sollte. Dann haben wir ja gesehen, es gibt ja viele europäische Länder,

die das immer beibehalten haben. Ungarn. Da gilt absolut Ungarn First und Europa kommt irgendwo

ganz ganz zum Schluss. Wir haben es auch in Polen unter der PiS-Partei, haben wir das auch erlebt.

Und es war auch immer so, selbst für Deutschland, der ja ein starker Motor der Europäischen Union

war, du hast im Grunde genommen deine Erfolge, die hast du nationalisiert und deine Misserfolge

hast auf Europa geschoben. Das hat also Gerhard Schröder so gemacht und das hat im Kohl

hat es nicht gemacht, weil ja quasi die Europäische Union ist ein zentraler Architekt des Ganzen

gewesen. Aber es ist typisch für sehr, sehr viele Politiker immer gewesen auf die Europäische Union

auch zu schimpfen. Und das führt dann dazu, dass dieses Bedürfnis der Leute eigentlich, wie wir es

in England dann am Ende mit dem Brexit hatten, die Europäische Union, die saugt uns einfach nur

aus und wir finanzieren die anderen und dann auch Länder, die wirtschaftlich überhaupt keine eigene

Kraft haben. Und das kann ja sowieso alles nicht gehen. Und so diese ganzen Tendenzen arbeiten

ja schon seit langer Zeit gegen Europa. Und ich habe immer diese First-Politik für Politik

von gestern gehalten. Ich habe immer gedacht, nee, so der Weltenlauf, der entwickelt sich so,

der Nationalismus, der geht jetzt mal ein ganzes Stück zurück, so wie Francis Fukuyama damals

gesagt, liberale Demokratien setzen sich durch und damit natürlich verbunden auch globale

Zusammenarbeiten zu Nationalismus hat weniger Raum. Und inzwischen weiß ich nicht mehr, ob das,

was ich für Gespenster von gestern halte, nicht die Geister von morgen sind. Also ich glaube,

wir erleben da gerade große Umbruchzeiten. Ja, das ist wahr. Ich meine, weil du gerade Ungarn sagst,

das Interessante ist ja, wie es diese Leute machen. Also jemand wie Viktor Orban zum Beispiel, der war,

als er an die Macht kam 2010, war er Anführer einer Partei, die glaube ich der heutigen CDU gar nicht

so unähnlich war, ja, bürgerlich-konservativ, ja. Und über die Rechtsradikalen, ja, von anderen

Parteien hat seine Partei die Nase gerümpft. Heute, viele Jahre später, genau da angekommen. Ja,

so. Ja, genau. Ja, aber was ich interessant finde ist, und das sagen auch Politikwissenschaftler,

die sich damit auskennen auf einer, wie soll man sagen, technischen Ebene, sind die Orban-Leute,

aber auch die Kaczynski. Ich meine, es waren zwei Professoren, die einfach sich das,

ja, Rechtsprofessoren, die sich das System angeguckt haben, ganz unspektakulär und die Orban-Leute

genauso. Die sind geschickt darin, das System auszuspielen. Schlaue Juristen, aber keine große,

extreme Ideologie. Die reden auch nicht radikal, die kommen nicht wirklich radikal daher, zumindest

nicht in dem Moment, in dem sie sozusagen nach der Macht greifen, aber sie machen es so in kleinen

Schritten. Und irgendjemand, ich weiß nicht mehr, wer es war, der sagte mal, da muss man nicht mit

Extremismustheorien kommen, ja, sondern das sind, das sind auch keine totalitären Ideologen. Das sind

konservative Machtrausch. So hat er sich damals ausgedrückt. Man muss sich diese, diese, diese

Wirkmechanismen einfach mal klarmachen. Und das finde ich einen sehr, sehr guten Punkt. Das ist

genau so. Man muss, man muss keinen, weil Leute wollen dieses Extreme nicht. Aber es anders zu machen,

smart zu machen, zu sagen, okay, dann geben wir ein bisschen an die Verfassung ran, dann setzen wir

die Altersgrenze für Richter einfach erst mal runter, dann schicken wir die alten Richter alle in

die Rente und so weiter. Und dann besetzen wir das mit unseren Leuten. Und so übernimmst du Schritt

für Schritt, übernimmst du das ganze Ding, das geht in kleinen leisen Schritten vor sich hin. Und

das ist das, was mir immer Angst macht. Und wenn ich mir jetzt noch vorstelle, dass wir vielleicht

auch noch Regierungswechsel in Frankreich oder sowas kriegen und ein noch stärkeres Frankreich

First da ist und ein noch stärkeres Deutschland First und so weiter. Und Europa ja dadurch

zusammengehalten wurde, dass Deutschland und Frankreich die Locke zogen haben und Kohl persönlich

den ganzen Bahnhof. Und schon unter Merkel sichtbar war, wenn man nicht mehr den ganzen Bahnhof

zieht, dann entwickelt sich das eher wieder zurück. Könnte ich mir vorstellen, dass gewaltige

Veränderungen auf Europa zukommen. Und das ist so eine Aussicht, über die wir vielleicht auch im

Augenblick viel zu wenig denken, weil eben diese First-Trend-Tendenzen fast in allen europäischen

Ländern sich massiv verstärken. Dann kommt dann etwas wirklich ganz anderes. Das ist dann das Ende

von Europa, wie wir es kannten. Abschließend gesagt, Richard, dass das Programm und da ist

tatsächlich auch die Parallele zur AfD und auch zu vielen anderen Rechten und rechtspopulistischen

Strömungen und Parteien in ganz Europa und ehrlich gesagt auch auf der ganzen Welt, dass das eigentlich

beunruhende daran ist, du brauchst gar kein wirkliches Programm. Und wenn du jemanden von der

AfD aber auch Sarah Wagen knäfft und du sie wirklich ganz hart darauf abklopst, was ist denn

eigentlich jetzt eure Lösung, was ist euer Rezept? Dann merkst du, da ist nichts. Da ist nur ganz viel

warme Luft, aber keine wirklichen Rezepte, weil natürlich alle wissen. Aber relativieren muss man

dazu sagen, welche Parteimarkus jetzt mal Hand aus Herz hat Rezepte. Kennst du eine Bundes-Tachvertretendrennt,

die grandiose Rezepte für die Lösung unserer Rentenfrage, für die Neuerfindung unseres

Gesundheitssystems hat? Siehst du da irgendwas? Kennst du jemand, der ein Masterplan zum Thema

Migration vorlegen kann? Es ist doch das große Versäumnis aller Parteien inzwischen. Das gilt nicht

nur für die First-Parteien, sondern es gilt auch für die etablierten Parteien, dass keine langfristigen

strategischen Überlegungen mehr da sind, wo man wirklich hinwölft, sondern das auch in einer

Welt, wo die Medien diese enorme Dominanz haben und die Aufregungsnetzwerke der sozialen Medien,

dass einfach überhaupt gar keine langfristige Politik mehr stattfindet, dass sich das alles

hin und her dreht, mal nach da, dann mal nach da, oh, dann ist jetzt das passiert, da müssen wir also nur

noch reagierende Politik. Ich will nicht sagen, dass das früher ganz anders war. Wir überschätzen auch

gerne die Politiker von gestern, was ja langfristige Schwertegen sie waren, aber es gab doch einige

zentrale langfristige Agenten, ja, also die Errichtung der sozialen Marktwirtschaft und die

Westintegration in der Adenauer und Erhatzeit, die Ausführung mit dem Osten, einschließlich der

Erschließung der Absatzmärkte im Osten und auch das Gas, was damals schon Thema war für die

Brandzeit und nach innen mehr Demokratiewagen, Liberalisierung der Gesellschaft unter Helmut Kohl,

sozusagen wieder Herstellung der wirtschaftlichen Stärke nach der großen Krise Ende der 70er

Jahre, die sogenannte geistig-moralische Wende, das waren ja und dann vor allen Dingen die massive

Vorantreiben der Europäischen Union. Das waren ja gigantische strategische Ziele. Bei Schröder war es

in einer anderen Position zu Amerika zu kommen, außenpolitisch stärkere Europa,

deutsch-französische Achse, stärker machen mehr europäisch-sovereine Politik und nach innen die

Hartz-Hier-Reform. Also da gab es Agenden und mit Merkel fängt eine Politik an, die keine

Agenda mehr hat. Und alles, was im Wahlkampf dann am Ende erzählt wird, schlägt sich, schlägt ja

nicht zu Buche. Also es ist ja nicht so, als ob die Grünen jetzt die große Nachhaltigkeitsrevolution

gemacht hätten, die im Wahlkampf gesagt haben, wir haben noch vier Jahre und dann geht alles dem

Bach unter. Dafür ist in den vier Jahren wenig passiert, ging auch ausgesprochen wenig, räume

mich auch gerne ein, auch nicht mit einem Koalitionspartner FDP. Aber ich sehe im Augenblick

gar nicht, was sind denn wirklich die strategischen Ziele, auf die wir hinaus wollen und wie gehen

wir denn die ganz großen Probleme in diesem Land an? Und wenn man das Gefühl hat, die Parteien haben

doch alle keine Lösungen und keine Rezepte. Davon profitieren die First-Parteien, die am lautesten

anprangern, dass die etablierten Parteien keine Lösungen haben. Ja, aber es gibt dennoch einen

großen Unterschied auch, weil du gerade die Grünen nennst, aber auch die CDU, auch die SPD,

auch die FDP. Wenn man mit Leuten dieser Parteien spricht, dann habe ich immer das Gefühl, okay,

vielleicht hat er nicht die perfekte Lösung, vielleicht weiß sie nicht ganz genau, worauf es am

Ende hinauslaufen soll. Okay, aber es gibt zumindest erkennbar das Bemühen darum, das Ringen um

eine Lösung, um eine gute Idee. Wenn du mit AfD-Leuten sprichst, dann merkst du ganz schnell,

und da wird auch kein großer Hehl daraus gemacht. Das einzige Programm, das wir haben ist, wir sind

dagegen, gegen absolut alles. Und dagegen zu sein, ja, das ist kein Programm. Ja, da muss man mal

Alexander Gauland noch mal zitieren, ja, Résentiment ist kein Programm. Hat er mal gesagt, die Wahrheit,

die bittere Wahrheit ist, Résentiment ist mittlerweile ein Programm. Und ehrlich gesagt,

wenn wir es übrigens noch nicht beurteilen, es gibt noch kein Parteien. Ja, ich habe aber das Gespräch

mit ihr geführt. Lohnt sich da noch mal rein zu gucken bei ihrem letzten Besuch, weil ich wirklich

mal wissen wollte, was ist denn ihr Rezept? Und ehrlich gesagt, kam auch da ganz viel einfach dagegen.

Ich bin gespannt, wie es sich gewöhnen will. Wenn es ein Parteiprogramm gibt, dann werden wir

Folgendes machen. Wir haben ja schon das der AfD mal gründlich untersucht, dann werden wir das

der Bankenknechtpartei untersuchen und dann gucken wir uns auch noch mal die Programme der etablierten

Parteien landen. Dann machen wir zu jedem eine Sendung und gucken genau, was wir davon halten.

Du willst, du willst, du willst wieder Recht haben? Okay. Nein, ich finde einfach darauf hinaus,

in heutigen Zeiten, ja, ist das mit großen Lösungen, ja, eigentlich Utopie. Ja, es gibt keine

großen Lösungen für die großen gesellschaftlichen Probleme, vor denen wir stehen. Es gibt keine

einfachen Antworten, es gibt keine großen Lösungen. Das ist alles das, was die Leute gerne haben wollen

und das ist alles das, was nicht existiert. Aber ich bin ja schon froh, wenn ich jemanden treffe

oder wenn ich Sätze im Parteiprogramm finde, wo ich denke, das könnte ein spannender,

neuer, realistischer Weg sein. So, ob den jemand geht, ob der jemand einfällt, ob

den jemand macht, das weiß ich nicht. Aber das wäre so meine Erwartung an ein gutes Parteiprogramm.

Dein Wort in Gottes Gehörgang. Richard, ich danke dir sehr, gute Zeit doch in Südtirol.

Ja, danke schön. Genießt das Schöne Essen und die sehr netten Menschen ist ja mit Sicherheit

aufgefallen. Absolut, großartig. Der Südtirol an sich neigt zur Freundlichkeit und insofern genießt die

Freundlichkeit und zur Gastfreundlichkeit auf jeden Fall. Leider sind die Berge völlig fachend.

Ich bin jetzt das fünfte Mal in Südtirol und hier hat die Sonne geschehen und ich glaube,

das ist nicht repräsentativ. Ich war mit Reinhold Messner mal auf dem Ortler gestanden

zwischen Jax und es war einfach nur trüb. Ja, das passiert. Das passiert im Herbst.

Also ich fühle mich dann im Malerjahr, im Spätherbst. Du, wir haben aber 300 Sonnentage

im Jahr, darauf sind wir wahnsinnig stolz und Südtirol ist das Land, wenn ich immer sage,

es egal wie sehr es regnet, egal wie mies es ist, aber irgendwann im Laufe dieses Elenden Tages

kommt dann die Sonne zum Vorschein und das ist fast immer so. Darauf kannst du dich eigentlich

verlassen. Dann verlasse ich mich jetzt da drauf und warte mal die nächsten Stunden ab. Richard,

ich danke dir sehr. Ja, ich danke dir. Bis bald. Alles Liebe dir. Tschüss.

Eine Produktion von M-Pog 2 und Potsats bei OMR im Auftrag des ZDF.

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Jetzt hat sie es tatsächlich getan: Sahra Wagenknecht ist aus der Linkspartei ausgetreten und gründet im nächsten Jahr eine neue Partei. Markus Lanz und Richard David Precht sprechen in dieser Folge über das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW). Was ist von dieser Partei-Neugründung zu halten? Ist sie vergleichbar mit der Gründung der Grünen? Ist sie „rechts“ oder „links“? Für Richard David Precht ist die Gründung von BSW ein letztes Symbol dafür, dass das Links-Rechts-Schema als Orientierungshilfe in der heutige Parteienlandschaft ausgedient hat. Markus Lanz sieht in der Migrationspolitik eine zentrale Ursache für die Neugründung.