LANZ & PRECHT: AUSGABE 110 (über Israel und den Gazastreifen)
ZDF, Markus Lanz & Richard David Precht 10/13/23 - Episode Page - 1h 2m - PDF Transcript
Lands und Brecht.
Schönen guten Morgen Richard. Guten Morgen Markus.
Richard, bewegte Zeiten. Seit die Sonne am Samstag aufging,
befindet sich Israel mal wieder, muss man sagen, im Krieg.
Und zwar im Krieg ging ein Gegner dessen militärische Fähigkeiten
man ganz offenbar verhängnisvoll und fahrlässig unterschätzt hat.
Dessen Brutalität und Bereitschaft zur Brutalität man auch unterschätzt hat.
Grauenvolle Massaker, von denen wir hören,
die an Butschan, Irpin und andere Schauplätze von schlimmsten Kriegsverbrechen erinnern.
Boden, Luft, zu Wasser, Terroristen greifen in wenigen Stunden,
ich glaube 22 Ortschaften und Militärstützpunkte an und so allmählich
gibt es auch eine Idee an der Rekonstruktion, wie sie es gemacht haben.
Haben offenbar bis zu 80 Schlöcher in diesen 65 km langen Zaun reingehauen,
in die Luft gesprengt, mit Bulldos an vorgegangen und so weiter.
Ohne dass das bemerkt worden ist.
Ohne dass das bemerkt worden ist, weil man systematisch mit Hilfe von Drohnen,
auch Wachtürme, Überwachungskameras und so weiter ausgeschaltet hat.
Aber auch das hätte ja auffallen müssen.
Auch das hätte auffallen müssen, aber da gibt es ein großes Versagen,
über das wir bestimmt gleich nochmal sprechen werden
und das wird auch in der israelischen Gesellschaft massiv diskutiert.
Wenn der Krieg militärisch gewinnt, der wird das politisch definitiv nicht überleben.
Aber was so hart ist, ich meine, innerhalb von wenigen Stunden
sind die in der Lage 2000, 3000, so genau weiß man das gar nicht,
Raketen abzuschießen, dann bewegen sich Tausende von diesen Leuten,
von diesen Terroristen 1000, 1500, das schwanken die Zahlen,
bewegen sich stundenlang und ohne auf große Gegenwehr von Seiten des Militärs
oder der Polizei zu treffen, durch den Süden Israels.
Und es stellt sich heraus, so massiv diese Luftangriffe auch sind.
Sie sind vor allen Dingen eins, nämlich ein schreckliches Abbringungsmanöver.
Denn gleichzeitig zu diesem Beschuss fallen die dort ein
und bringen Leute um die noch teils schlafend in ihren Betten liegen,
schrecken nicht davor zurück, kleine Kinder umzubringen.
Sie nehmen Geiseln, sie vergewaltigen Menschen.
Sie überfallen junge Leute, die ein harmloses Fest feiern.
In der Wüste.
In der Wüste.
Und die das Leben zelebrieren.
Und dann kommt plötzlich der Tod auf diese Art und Weise in die Welt.
Es klingt so brutal zum Glücklich daran.
Was geht dir durch den Kopf, wenn du darüber nachdenkst?
Verzweiflung eigentlich.
Natürlich wie immer die Trauer.
Das sind ja herzgereißende Schicksale.
Und die Bilder, die man dazu sieht und die Menschen, die noch hoffen,
dass ihre Kinder leben oder jetzt Geiseln genommen werden.
Und auf der anderen Seite in der Verzweiflung,
dass ich das Gefühl habe, diese ewige Wiederkehr des sinnlosen Gleichen,
diese irrsinnige Gewaltspirale, die immer weitergeht und immer weitergeht.
Und die mich gerade, was diesen Konflikt anbelangt,
eigentlich völlig resignativ zurücknässt.
Warst du mal in Israel, Richard?
Ich bin da nie gewesen, aber du, ne?
Ja, ich war in den letzten Jahren beruflich tatsächlich häufiger da.
Und mir ist dieses Land sehr ans Herz gewachsen.
Es ist ein kompliziertes Land
und ist auch nicht ein Land,
dessen Scham und Schönheit sich die auf den ersten Blick erschließt,
aber auf den zweiten.
Man verliebt sich wahnsinnig in dieses Land
mit seiner ganzen komplizierten Geschichte,
der komplizierten Gemengelage, dieser komplizierten Gesellschaft,
dieser israelische Gesellschaft.
Eine sehr komplizierte Gesellschaft.
Und die Israelis selbst sagen immer,
es gibt sozusagen diese zwei Planeten.
Auf welchen Planeten bist du gerade?
Bist du auf dem Planeten Jerusalem
oder bist du auf dem Planeten Tel Aviv?
Ja, das habe ich mir erzählen lassen, von Menschen, die viel da waren.
Du fährst ja eigentlich riesig, riesig,
zwischen Jerusalem und Tel Aviv
für so der Inbegriff einer westlichen, weltoffenen Stadt.
Tel Aviv musste dir vorstellen,
das ist eine Stadt am Strand
und es gibt dann diesen wunderschönen, langen Sandstrand.
Der ist überfüllt, wie die Sardinen liegen sie da,
und dann wird Sport gemacht an jeder Ecke
und alle joggen.
Das hat dann einen ganz besonderen Zauber.
Du merkst aber auch, es ist rau.
Tel Aviv ist jetzt nicht so eine architektonische Schönheit,
wie zum Beispiel Hamburg oder so.
Aber wenn du dann da mal eintauchst in diese Welt,
dann ist das wahnsinnig faszinierend.
Und es ist alles so unglaublich nah beieinander.
Du fährst eine dreiviertel Stunde mit dem Auto nach Jerusalem,
dann fährst du so in diese Berge rein
und plötzlich bist du in einer anderen Welt.
Und es geht so weit, ich habe es einmal erlebt,
ich bin mit dem, wir haben dort gedreht
und ich war in Tel Aviv und dann hat es geschneit,
kam die Meldung in Jerusalem, hat es geschneit.
Ich meine, das ist ja jedes Mal eine Welt-Sensation,
wenn sie in Jerusalem mal schneit.
In Jerusalem kann es ziemlich kalt werden
und dann wollte ich nach Jerusalem um Schnee zu sehen
und stand dann mit ungefähr einer Million Menschen aus Tel Aviv
auf dieser Straße, auf diesem Highway Richtung Jerusalem.
Und wir haben irgendwie versucht nach Jerusalem zu kommen.
Ein einziger Stau, weil natürlich alle in Tel Aviv sagten,
oh man, wir müssen unseren Kindern mal Schnee zeigen.
Und es war damals sehr schön,
weil ich so diesen israelischen Pragmatismus kennengelernt habe,
plötzlich wurde die Straße gesperrt
und überall Polizeistreifen und so weiter.
Und ich dachte, oh mein Gott, jetzt wieder mühsame Kontrollen
und Sicherheit und großes Tra-la-la.
Aber die Wahrheit ist, die haben die Straße,
diesen Highway einfach nur gesperrt,
damit die Kindern ruhe Schneeballschlachten machen konnten.
Und es hat mir so gut gefallen.
Dann wurde da gepicknickt und so weiter.
Und die Kinder haben Schneemänner gebaut
und ich fand das irgendwie herrlich.
Und alle waren glücklich und hatten einen schönen Nachmittag.
Und dann kommst du aber rein nach Jerusalem
und das ist dann ein Ort, von dem mein Freund Nicodemus,
Nicodemus Schnabel, der ist bei der Diktina abt mittlerweile
in Jerusalem, kennt ihn seit vielen Jahren,
ist ein Mensch, der wirklich zu meinen Freunden gehört
und der mir sehr ans Herz gewachsen ist,
sehr reflektierter, kluger Mensch, der immer sagt,
weißt du, Markus, Jerusalem ist ein guter Ort,
um Atheist zu werden.
Weil du alle religiösen Irren dieser Welt triffst,
du alle in Jerusalem.
Es ist gleichzeitig auch ein faszinierender Ort,
natürlich, weil du all diese berühmten Städten hast.
Ja, aber es ist ja klar, Jerusalem und die Gegend,
das ist ja die Brutstädte, der Weltreligion schlechthin.
Also sozusagen der Hauptstadt des Monotheismus.
Genau, es ist für Christen wichtig, es ist für Muslime wichtig,
es ist für armenische Christen wichtig.
Und es ist für Juden wichtig, also das ist unglaublich.
Ja, genau.
Und jeder beansprucht halt zu seinem Teil
und dann hast du eben auch so dieses Ost-Jerusalem,
das dann sehr arabisch geprägt ist
und das merkst du auch sofort, wenn du da bist,
ja, das ist dann zum Teil wirklich sehr, sehr arm.
Und nichtsdestoweniger muss ich auch immer wieder dazusagen.
Die Leute, es entsteht oft so der Eindruck,
da gibt es sozusagen die nette Seite
und da gibt es die böse Seite, das ist nicht so.
Ich habe mich in beiden Ecken immer sehr, sehr wohl gefühlt.
Ich mag die Gastfreundschaft der Israelis,
ich mag die Gastfreundschaft auch der Araber.
Und mir geht es da immer wie Joschka Fischer,
der immer sagte, wenn ich auf der einen Seite bin,
verstehe ich die einen und wenn ich auf der anderen Seite bin,
verstehe ich die anderen.
Du bist auch im Gaserstreifen gewesen, oder?
Ja, wir waren dann irgendwann auch im Gaserstreifen
und das war tatsächlich der Dunkelste, der finsterste Ort,
an dem ich jemals in meinem Leben gewesen bin.
Ich kann das nicht anders sagen.
Verschreib mal.
Erstmal fährst du von Tel Aviv Richtung Süden.
In Israel ist ja alles ganz nah beieinander.
Wenn du dieses Land verstehen willst, musst du nicht weit fahren.
Du fährst nach Norden und bist nach einer Stunde sozusagen
schon an der Grenze und du fährst nach Osten
und du fährst nach Süden.
Du bist immer ganz schnell an den Grenzen dieses Landes.
Du fährst also von Tel Aviv eine Stunde,
etwas mehr als eine Stunde.
Wir haben dann dort den Askelon übernachtet.
Und da bist du schon ganz, ganz in der Nähe von Gaser,
um dann am nächsten Tag da reinzukommen.
Und es ist immer die große Frage, kommt man rein,
kommt man nicht rein.
Du musst dir vorstellen, Gaser ist einfach wirklich,
es ist der Streifen über den Emalen reden,
komplett abgeriegelt.
Auf der einen Seite das Mittelmeer,
natürliche Barriere sozusagen
und auf den anderen drei Seiten riesige Grenzzäune.
Und da gibt es diesen Grenzfrosten Eris
und da kommst du hin.
Und das ist ganz anders als andere Grenzen.
Da ist nichts los.
Der Sinn dieses Grenzpostens ist es eben nicht,
Menschen zusammenzubringen, Menschen von A nach B
und vom B nach A wieder zurückzubringen,
sondern der Sinn dieses Grenzpostens ist es,
möglichst keinen von A nach B und von B nach A zu bringen,
keinen durchzulassen.
Jeder wird massiv kontrolliert.
Du gehst dann durch Detektoren, noch und nöcher.
Unglaublich viel Papierkram.
Du bist in so einer riesigen Halle,
wie so eine Bahnhofshalle.
Der ganze Sinn besteht darin,
dass die Palästinenser da nicht raus sollen, oder?
Richtig, genau.
Dann gibt es immer den Streit,
weil viele Palästinenser suchen Arbeit in Israel
und die gibt es auch.
Ich gibt doch viele Palästinenser, die in Israel leben.
Richtig, das auch.
Es gibt Israel, es kommt nicht in den beiden Autonomiegebieten.
Richtig, genau.
Es gibt auch Araba,
also wenn du nach Jerusalem zum Beispiel gehst,
die haben eine israelische Staatsangehörigkeit
nebeneinander, das funktioniert.
Da gibt es mal Stress und Streit und so weiter.
Dann hast du sehr komplizierte Gemengelage
mit den jüdischen Orthodoxen.
Da ist auch in der jüdischen Gesellschaft etwas entstanden,
dass gefährlich ist.
Und ich habe diese Entwicklung gesehen
im Laufe der Jahre, dieser religiöse Fanatismus,
der auf beiden Seiten, glaube ich,
eine der Wurzeln des ganzen Themas ist,
über das wir sprechen.
Da ist ein solcher Hass
und eine solche gegenseitige Ablehnung.
Auch auf der israelischen Seite,
den liberalen Israelis in Tel Aviv
machen diese orthodoxen, ultraorthodoxen Radikalen,
die aus der ganzen Welt mittlerweile nach Israel kommen.
Die machen den, nicht nur Sorge, die machen den Angst.
Ich habe vor Kurzem erst eine Sendung zu Israel gemacht.
Und mit Omri Böhm, also einem deutsch-israelischen Philosoph,
ein sehr kluger Mann.
Und der hat also gesagt,
dass die Orthodoxen und die Nationalisten in der Regierung,
dass die krasser sind als Orban und in dem Internet,
der gesagt, die sind deutlich rechter als die AfD.
Ja, das sind rechtsradikale.
Genau, das kann man nicht anders sagen.
Und dieser, also was mir aufgefallen ist,
das ist wirklich interessant, wenn du die Leute siehst,
da wird, sozusagen, ritualisiert Stress gemacht.
Also du hast zum Beispiel, was für sich,
es ist irgendwie Freitag-Nachmittag,
dann wichtiger Termin für Muslime und so weiter.
Man geht zum Freitagsgebet.
Und dann geht es immer dieses Scharmützel.
Und dann wird mit einer, deswegen sage ich, ritualisiert,
mit einer, wie soll man sagen, fast gelangweilten Attitude.
Er wird dann einfach ein Einkaufswagen irgendwie befüllt
und angezündet.
Und dann schiebt man so diesen Einkaufswagen in Richtung des Gegners.
Und der schiebt dann im Moment den Einkaufswagen wieder zurück.
Autodoxe machen das.
Genau, gegen Muslime und so weiter.
Aber das findet alles statt, sozusagen, ohne größere Emotionen.
Sondern es ist so ritualisiert.
Wir treffen uns grundsätzlich am Freitag im Kreis zu haben.
Klassische Pöbelei.
Ja, aber so, das entsetzt einen so, wenn man das so mitkriegt.
Also gar nicht der Versuch, man nett zueinander zu sein,
sondern grundsätzlich, die ärgern wir jetzt mal ein bisschen,
eben zu dem Punkt, an dem man sich gegenseitig richtig, richtig wehtut.
Und mir ist aufgefallen dieser,
und da habe ich damals auch verstanden,
was Religion für eine Macht hat über Menschen und gewinnen kann.
Du siehst diese Menschen, die meisten von ihnen arbeiten nicht,
weil sie sich wirklich vollumfänglich der Religion widmen.
Verweigern sich.
Darf man gar nicht arbeiten.
Richtig.
Das ist ein Finanzgeschäft ausgenommen.
Genau.
Das ist ja grundsätzlich von einer Religion her untersagt.
Richtig, genau.
Deswegen hast du auch zum Beispiel dann, was so sich ist,
wenn am Shabbat, also da darf dann gar nichts passieren.
Also da hast du dann auch zum Beispiel Fahrstühle, die stillstehen und so weiter.
Man geht dann prinzipiell über die Treppen und solche Dinge.
Also das hat einen Ausmaß, diese vielen Regeln,
in das Leben der Menschen hinein.
Davon machen wir uns keine Vorstellung.
Und was mir damals aufgefallen ist, wie gestresst diese Leute sind.
Also den ganzen Tag bist du wirklich nur mit Beten beschäftigt.
Den ganzen Tag musst du an Gott irgendeine Arbeit.
Es ist unvorstellbar anstrengend.
Die Leute sind, also bis zur Unkenntlichkeit,
die Kleide zum Teil haben, schwitzen.
Es ist unfassbar warm.
Und was mir damals so leid getan hat, auch die Kinder.
Die Kinder werden sozusagen direkt mitgenommen
und auf die Kinder beträgt sich den ganzen Tag Beten,
Beten, Buse tun, Gott gefallen, dieser religiöse Fanatismus.
Die Frauen geben die Haare hier vor und trauen vor Rücken.
Ja, ganz genau.
Und ich habe damals gedacht, boah, so religiös zu sein.
Es ist wahnsinnig anstrengend.
Und man stellt sich die Frage, was ist das für ein Gott,
der das von dir verlangt?
Ja, zu welchem Zweck.
Zu welchem Zweck, ganz genau.
Es kann doch kein lieber Gott sein, der von morgens bis abends angebetet
und verherrlicht werden will.
Es macht den, sozusagen, den leiden göttlichen Prinzip des sozusagen,
des allmächtigen, allgewaltigen In sichruhens.
Du musst mal so auszudrücken.
Also ein Gott, der von Menschen sowas verlangt,
widerspricht doch der Gottesied.
Das ist genau der Punkt.
Und da kriegst du halt ganz schnell auch das Gefühl, okay,
also Gott ist das wahrscheinlich gar nicht, der das alles will,
sondern das sind andere Mächte und Kräfte dahinter,
die ein großes Interesse daran haben.
Die ganzen Menschen so, wie soll man sagen, emotional einzukesseln,
zu kapern, wirklich fast als Geisel zu nehmen.
Und du hast dann eben diese Konflikte in israelischem Gesellschaft,
die kriegen dann sehr, sehr viele Kinder.
Und das heißt, du kannst irgendwann auch nicht mehr anfangen,
Politik gegen diese Leute zu machen.
Das heißt, du hast plötzlich eine Politik,
die sich automatisch immer weiter nach rechts ausrichtet,
weil du einfach gegen diese immer größer werdende Wählerschicht,
kannst du nicht Politik machen.
Das ist einer der Gründe, warum diese israelische Gesellschaft
mittlerweile so tief gespalten ist.
Und das ist ja auch einer der Gründe,
warum Hamas jetzt auf diese Art und Weise diesen Angriff machen konnte,
weil die israelische Armee, die sich immer wie ein Kokon hatte,
sich sozusagen um die Politik gelegt.
Also die Spezialisten des Militärs haben sich um die Politik gelegt,
haben denen gesagt, pass auf, da müsst ihr aufpassen, da müsst ihr aufpassen.
Das war unverbrüchlich.
Aber mittlerweile brauchen die immer häufiger ihre Leute,
um diese radikalen Siedler in der Westbank,
im Westjordanland beispielsweise zu schützen und so weiter.
Das heißt, die sind im Einsatz für diese Leute
und waren nicht im Süden des Landes, wo Hamas ist,
wo der Gaserstreifen ist und wo man eigentlich wusste,
das ist potentiell immer gefährlich, ganz genau.
Und das ist auch, glaube ich, der große Vorwurf,
noch nur der Gedanke, Richard, das ist auch, glaube ich, der große Vorwurf
und die Diskussion jetzt in der israelischen Gesellschaft.
Selbst wenn Netanyahu, wenn diese Regierung,
wenn die diesen Krieg militärisch gewinnen, politisch ist Netanyahu für immer erledigt,
das werden die dem nie mehr verzeihen,
dass man sozusagen an der radikale Minderheit, die langsam zur Mehrheit wurde,
auf diese Art und Weise vollumfänglich schützt, diese radikalen Siedler
und auf der anderen Seite aber feiern der junge Menschen auf einer Raveparty,
20 Kilometer vom Gaserstreifen entfernt, nicht mehr ausreichend schützt,
weil die dir nicht mehr so wichtig sind.
Das ist sozusagen das Gefühl.
Und dieses Gefühl des Alleingelassenseins und dem Stichgelassenwerdens,
das ist, glaube ich, das Gefühl,
dass in den nächsten Monaten die Diskussion dort absolut beherrschen wird.
Deswegen gibt es vielleicht nicht mehr...
Die Israelis ist ja politisch ein völlig gespaltenes Land
zwischen den liberalen Demokraten und eben den Autodoxen und den Nationalisten,
die ja identitätspolitisch argumentieren, also mit auserwählten Volken
und mit religiösen Motiven und der gleichen
und die ja jetzt nicht tief in der Demokratie verankert sind.
Und das ist ein Israel ohnehin das Problem.
Israel hat keine Verfassung.
Israel kennt keine Gewaltenteilung,
wie wir das in unseren liberaldemokratischen Ländern haben.
Deswegen hat sie der oberste Gerichtshof so eine hohe Bedeutung,
weil er das einzige Korrektiv der Regierung ist.
Genau.
Und deswegen ist diese Justizreform so wichtig gewesen,
weil die im Grunde genommen der Regierung eine Allmacht verleiht,
wie sie nicht mehr zu demokratischen Gesellschaften passt.
Richtig.
Aber und da siehst du halt eben, was diese israelische Gesellschaft eben auch ist
und das ist einer der Gründe, warum dieses Land auch für mich immer so faszinierend war und ist,
du siehst dann halt den Reflex.
Die Leute verstehen das ganz genau.
Die verstehen ganz genau, wenn die Unabhängigkeit unserer Justiz in Gefahr ist,
dann sind wir ganz in der Nähe eines Staatsstreichs.
Also das sieht die Hälfte der Bevölkerung so um.
Die andere Hälfte der Bevölkerung begrüßt diesen Staatsstreich.
Ja, aber die verstehen das, die verstehen das ganz genau
und das ist schon erstaunlich, wenn du so dieses israelische,
diese Lebensfreude so kennst.
Das ist auch dieses Lesse fair zum Teil.
Also nirgendwo wird so, wie soll man sagen, so dynamisch Auto gefahren wie in Israel.
Nicht mal in der Apel habe ich das so gesehen
und unterm Strand irgendwie.
Das ist sozusagen eine einzige große Kundgebung für Lebensfreude.
Ja, nichts anderes ist das.
Du hattest das ja auch genau so erzählt, als du jetzt in der Ukraine gewesen wirst.
Richtig.
Also die sozusagen, die allgegenwarte Todes.
Genau.
Und der Horizont, Horizont, das könnte jeden Tag vorbei sein.
Dass das einfach so viel lebensüberschäumende Lebensenergie und Lebensfreude frei ist.
Richtig, richtig.
Aber Gaza nochmal, Richard.
Also diese Anreise, du gehst durch diese Kontrolle.
Du bist dann irgendwann durch.
Es ist sehr willkürlich, ob du reinkommst oder nicht.
Wir hatten an dem Tag Glück, kamen rein.
Das Team rein.
Wir waren mit Leuten von der Konrad-Adenauer-Stiftung unterwegs.
Vielen Dank nochmal an der Stelle für die Hilfe damals.
Das war sehr unkompliziert und gut.
Und da haben wir auch profitiert vom guten Image,
dass Deutschland an ganz, ganz vielen Orten dieser Welt hat.
Also Deutschland wird als gute Macht wahrgenommen.
Davon profitiert man immer, wenn man auf Reisen ist.
Deswegen bin ich auch so froh, Teil dieses Landes zu sein.
Und du gehst dann da rein.
Und dann musst du dir vorstellen, du kennst ein Tigerkäfig im Zirkus.
Und der Weg zu diesem Käfig, das ist ja so ein Gittergang sozusagen,
durch den diese Raubtiere dann reingeführt werden.
Stell dir an solchen Gittergang in Größe vor und in Kilometer lang.
So wirst du dann reingeführt nach Gaza, nach Gaza statt.
Und entweder gehst du zu Fuß,
oder es holt dich irgendjemand mit so einem Golfkart irgendwie ab.
Und du wirst dann da rein gefahren.
Und am Ende sitzt dann die Hamas und sagt, guten Tag, die Ausweise, bitte.
Sag mal, die Hamas regiert quasi den Gaza-Streifen,
und obwohl keiner von denen hier gewählt worden ist.
Also sie hat sich selbst ermächtigende Macht.
Na, die sind einmal gewählt worden.
Und als sie dann gewählt worden waren, ich glaube 2006 war das.
Ja, ziemlich lange her.
Genau, haben sie dann auch beschlossen, nie wieder wählen zu lassen, weil einer erreicht.
Genau, also das ist eine Art Diktatur.
Ja, wenn man so will, ja.
Falls es überhaupt was Regierungsartiges ist, darüber kann ich auch schreiben.
Das ist ja wahrscheinlich eher wie so ein Militärprotektorat der Hamas.
Das ist wahrscheinlich gar nicht zu vergleichen mit Regierungen.
Genau, weißt du, was es ist, wenn du da reingehst.
Deswegen sage ich, das ist an Ort, wie ich ihn noch nie gesehen habe.
Wenn du da reingehst, spürst du sofort, das hat hier mit Verwaltung,
mit Regierung, mit irgendwie Ideen entwickeln für ein gutes Zusammenleben,
das kannst du ja auch gar nicht, das ist ja als Bettelarm.
Es ist überleben, genau.
Alles Bettelarm, ich frag mich, in diesem völlig engen Gaserstreifen,
also ein ganz kleines, enges Gebiet.
Das ist so groß wie Köln ungefähr.
Ja, so groß wie Köln.
Halb so groß wie Hamburg.
Leben 2 Millionen Menschen, also doppelt so viel wie Köln.
Und unter zum Teil entsetzlich armen Umständen.
Richtig.
Was machen die den ganzen Tag? Was wird da gearbeitet?
Man ist irgendwie damit beschäftigt, sein Leben zu organisieren.
Und da ist diese Hochhäuser, die jetzt gerade reihenweise bombardiert werden
und einfach dann wie Kartenhäuser zusammenfallen.
Du gehst durch diese Straßenschluchten.
Du wirst dann geführt und da merkst du dann,
als Donalist bist du sozusagen sehr willkommen,
wenn die das Gefühl haben, du könntest jemand sein,
der dazu nützlich ist, dieses Hamas-Narativ.
Also da gibt es diese bösen-bösen Israelis,
ja und dann noch dahinter die bösen Amerikaner.
Und guck mal, was die uns antun, weiter zu verbreiten.
Das ist ja dann auch so offensichtlich sichtbar, dass man sicher sagt, hier ist ja auch irgendwas
wahnsinnig schiefgelaufen, denn die Palästinenser dort unter solchen Bedingungen leben.
Genau. Und das ist das, was dir dann so allmählich dämmert. Also du gehst durch diese Straßen, du
siehst diese alten kaputten Autos fahren, dann siehst du plötzlich Eselkarren. Du merkst,
warte mal, das ist ja hier wie ein Mitleiter, dann fährst du vorbei an Häusern, die noch in
Schutt und Asche liegen. War neulich mal wieder in deine Rakete, die ist da eingeschlagen, sagst du
warum. Ja, Vergeltung für die Hamas-Verkäten. Vergeltung, Böse und so weiter. Tatsächlich ist
aber so, dass die Israelis immer sagen, dass sie sehr genau wissen, was sie da angreifen und
bombardieren. Genau, dass das Quartiere der Hamas sind. Die quartiere der Hamas mitten in den
Städten sind und wenn du diese Quartiere triffst, triffst du auch immer zivilisten. Ja, in. Also
tatsächlich ist es so, dass die Israelis immer sagen und ich glaube, das tun sie auch wirklich,
das weiß ich zumindest aus vielen Gesprächen, die sagen den Vorbescheid. Das haben sie auch
jetzt gemacht, was auch. Wir werden in 10 Minuten, kommt die Rakete, geht bitte raus aus dem Haus.
Raus aus dem Haus. Aber was das perfides Spiel ist, die Abschussbasen sozusagen für diese selbst
gebastelten Hamas-Raketen, die sind teilweise genau in mitten in diesem Bohnblockst. Genau. Und was
dann halt so absurd ist, ist, du fährst da durch, dann fragst du Leute von der Konrad Adenauer Stiftung,
wie viel Geld geht denn hier eigentlich rein? Dann merkst du, da fließen Millionen und Millionen
Milliarden rein. Da ist 300 Millionen allein aus Deutschland. Dann hast du 30 Millionen jeden
Monat aus Qatar. Ich weiß doch, was ich gerne mal wüsste, wie dieses Geld da eigentlich reinverteilt
wird. Wie das also unter diesen Umständen, dann so Gebiet, so groß wie können, wem wird das übergeben?
Ja. Wo kommt das an, in was wird das investiert? Ja, das kann ich. Das kommt wahrscheinlich
ziemlich viel bei der Hamas an, oder? Ja, also. Da geht wahrscheinlich ein sehr erheblicher Teil
Das ist die große Frage, die du dir sehr sofort stellst. Du hörst diese Summen und denkst,
warte mal, wie passt das jetzt zu dem, was ich hier sehe, zu dieser bitteren Armut, zu diesen
Kindern, die überhaupt keine Perspektive haben, zu diesen Jugendlichen. Die Jugendliche sind,
weißt du, wie überall auf der Welt. Sie sind nette junge Leute, die dir mit großen Leuchten
in Augen davon erzählen, dass sie jetzt diesen Computerkurs machen und davon träumen, eine
Karriere als IT-Fachfrau oder Fachmann zu machen, irgendwo in Europa oder in Israel oder wo auch
immer. Das sind Menschen, die sind sozusagen völlig unverdorben und sind so wie Kinder auf
der ganzen Welt. Und du siehst gleichzeitig, die haben alle schlimme Dinge erlebt. Du musst nur
einmal anfangen, kurz nachzufragen, dann wird dir jeder erzählen, ich habe meinen Freund dabei
verloren, meine Freundin wurde an jenem Checkpoint möglicherweise erschossen. Es gibt da furchtbare
grauenvolle Geschichten und es ist immer das traurige Ergebnis sozusagen von Provokationen,
die da so vielen Jahrzehnten stattfinden. Es ist wirklich gruselig und diese Leute werden sozusagen
von diesen religiösen Wahnsinnigen als Geisel genommen. Das verstehst du auch. Du verstehst
auch, dass diese Leute nicht darauf aus sind, in irgendeiner Form Frieden zu schließen. Das ist,
glaube ich, auch eine große Lebenslüge, mit der wir auch aufräumen müssen, auch im sogenannten
Westen, so dieses Gefühl. Aber die Autodoxen wollen sich auch keinen Frieden, weil sie ja für
sich eigentlich beanspruchen, dass die Palästinenser in dem Land eigentlich nichts mehr verloren haben,
weil es ihr Land ist. Ja, genau. Und dann führt das, führt das am Ende in eine Situation,
also schon lange vor diesen fürchterlichen Terroranschlägen der Hamas, schon lange vorher,
ich habe irgendwann mal auch zu meinem Sohn gesagt, diesen Konflikt, den werden auch deine Enkel
noch erleben. Genau. Also ich sehe überhaupt keine Hoffnung oder überhaupt gar keine Perspektive.
Also jetzt, nachdem diese Greultaten begangen worden sind durch die Hamas, wird Israel ja darauf
reagieren, weil sie sich sagen, wir können ja nicht reagieren und geben wir den diesen Verbrechern
auch noch recht. Und auf der anderen Seite wird es also zu mehr Gewalt führen. Diese
Mehrgewalt wird wieder zur heftigeren Unterstützung der anderen arabischen Schatten auch für die
Hamas führen. Und so geht das weiter und weiter und weiter und Gewalt gebiert Gewalt und wieder
Gewalt und gegen Gewalt und Gewalt und Gewalt. Es ist doch überhaupt keine Perspektive in
sich, dass sich da an je etwas änderte. Man war ja schon mal relativ weit. In Oslo war man am
weitesten, also Anfang der 90er-Jahre oder Mitte der 90er. Da hat man die Siedlungspolitik
beendet und hat gesagt, ja okay, das West-Jordanland, das gehört halt im Palästinensern. Und dann hat
man kurz darauf, hat man wieder angefangen. Also es ist doch auch nichts zu glauben. Also alle
lügen, jeder sucht da seinen Vorteil und der Hass, der einmal da ist, der geht nicht weg, sondern der
bleibt und bleibt und das geht weiter und es schaukelt sich weiter hoch. Und es wird immer
weiter Gröltaten geben. Also ich bin ja versuche ja immer in vielen Punkten optimistisch zu sein.
Aber hier, ich sehe überhaupt keine Perspektive. Gar keine. Ich tatsächlich schon und ich dachte
auch, da gibt es eine Chance. Ich sehe dann immer diese junge Generation von mir. Du musst dir
vorstellen, da kommen Kinder auf die Welt und zwar auf beiden Seiten, die nichts anderes kennen
als das Heulen der Syrenen, Raketen, die plötzlich einschlagen, Freunde, Freundinnen, die sterben
an der Bushaltestelle oder bei irgendeinem Raketenangriff im Gasastreifen und so weiter. Die haben so
viel Blut gesehen in ihrem jungen Leben. Und wenn du mit denen sprichst, dann hast du wirklich das
Gefühl, die haben unfassbar genug davon. Die wollen das nicht mehr. Die einen, die anderen,
beide. Aber die haben trotzdem, die haben unvorstellbar genug davon. Und deswegen ist es so schlimm,
dass diese Leute, um ihr eigenes Ding zu machen und ihren religiösen Fanatismus nach vorne zu tragen,
dass die zu absolut nichts bereit sind. Im Gegenteil, du siehst diese Annäherung. Ich meine,
Saudi-Arabien und Israel nähern sich plötzlich einander an. Wer hätte das jemals für möglich
gehalten? Und interessanterweise an gewisser Donald Trump spielt dabei eine Rolle, von der man
fair ist. Klar, beide sind Freunde der USA. Das ist eine nichtunwesentliche Gemeinsamkeit. Aber
lass uns ihm das zu Gute halten. Der hatte auf jeden Fall irgendwie ein paar Dinge, wie auch immer
erst gemacht hat, den Gang gesetzt. Und es war natürlich auch nicht nur er alleine, aber plötzlich
hat so das Gefühl, die reden miteinander. Das kann doch gar nicht sein. Was entsteht da eigentlich?
Und Neues, vielleicht was Besseres. Und dann kommen diese Leute und zerstören das, weil das ist das,
was sie paar tun nicht wollen. Sie wollen nicht, dass das aufhört. Und du siehst dann diese Häuser
zum Beispiel, in Gaza-Stadt. Dann hast du plötzlich in all diesen halb kaputten, halb verfallenen,
baufälligen Hochhäusern, da stehen da plötzlich so komische Willen dazwischen, mit ganz viel
bling-bling und Gold und Lammette, hätte ich jetzt fast gesagt. Das sind natürlich Häuser von
Hamas funktionieren. Und dann siehst du zum Beispiel draußen, ich meine, da leben 2,2 Millionen Menschen.
Das ist der dichteste besiedelte Streifen Erde überhaupt auf der Welt. Es gibt keine Gegend der
Erde, die so dicht besiedelt ist. Innenstadt von Tokio vielleicht noch. Ja, vielleicht. Aber
jedenfalls keine Region, die nicht eine einzige Stadt bildet. Ja, und keine Kläranlage. Keine
Kläranlage. Keine funktionierende Kläranlage. Stundenweise jeden Tag kein Strom, stundenweise
kein Wasser von funktionierenden Schulen und anderen Dingen ganz zu schweigen. Keine Kläranlage.
Das Meer davor ist eine Kloake. Und zwar eine solche Kloake, wenn das Richtung Süd-Israel
treibt, wenn da Wind sozusagen entsprechend steht, dann schalten die Israelis ihre Entsalzungsanlagen
aus, weil das auch die Entsalzungsanlagen nicht mehr können. Und es gibt die Geschichte, man versucht
dort eine Kläranlage zu installieren. Deutsche Politiker, die ankommen und sagen,
wir machen das jetzt. Wir bauen da jetzt eine Kläranlage. Die Israelis sagen, macht ihr nicht.
Ihr geht da nicht mit diesen ganzen Teilen, die man dafür braucht. Viele, viele hunderte Kilometer
Rohre und alles, was dafür nötig ist, ihr geht damit hier nicht rein. Die Schrauben, die Maschinen,
die Pumpen, alles, was man dafür braucht, ihr geht damit hier nicht rein. Und da sagen die,
warum? Weil sie die berechtigte Angst haben. Genau, sie sind streckenfremd mitwürst. Genau,
baust du wieder neue Raketen, aber keine Kläranlage. Könnten die Israelis die Kläranlage
nicht selber bauen? Also ich meine, ich stelle sich mal vor, es geht so ein Marschallplan für
den Gaserstreifen. Du weißt schon, das Gaser hängt komplett von Israel ab. Also Strom,
Lebensmittel, alles, was dort alles kommt, alles aus Israel. Ja, jetzt, aber das kommt alles aus
Israel. Es ist nicht so, dass Israel dort nicht hilft. Es ist nicht so, dass Israel dort nichts macht.
Deswegen meine ich dieses sehr einseitige Bild, das da so gezeichnet wird, speziell von Seiten
der Hamas-Propaganda. Das ist natürlich überhaupt nicht wahr. Die sind so abhängig von diesen
Leuten und sie nutzen es dann auf eine Art und Weise aus, die so nicht geht. Und egal, welcher
Hass, egal, was man sich gegenseitig angetan hat, nichts, aber auch gar nichts rechtfertigt das,
was da jetzt in der Vergangenheit noch passiert. Da brauchen wir gar nicht drüber zu reden. Das
hat überhaupt nichts mit Rechtfertigungen zu tun. Da ist nichts zu rechtfertigen. Das sind
fürchterlich vom Rechen, die da verübt worden sind. Ganz klar. Ja, aber ich wundere mich ein
bisschen, dass du sagst, du bist da nicht so fatalistisch, wie ich. Dass du wirklich glaubst,
du sagst, junge Leute werden geboren und die haben genug vom Krieg und so weiter. Ich sehe auch,
dass im viele junge Leute ohne Perspektive, viele vor allen Dingen junge Männer ohne Perspektive,
das ist auch in arabischen Welten ein großes Thema, grundsätzlich. Leigen natürlich dazu,
gecashed zu werden von Fanatisierten. Und was die ganze Sache so tragisch machte. Ich meine,
in den 60er, 70er Jahren, also ab der Zeit, wo ich ja den Konflikt auch mitbekommen habe als Kind,
also in den Nachrichten und in den Sendungen und so weiter, damals war ja die PLU links und wurde
von den Linken als Teil der Volksbefreiungsarmee, so ist das gesehen, ähnlich wie man die IAA gesehen
hat oder wie Nelson Mandela. Das heißt also, man brachte sehr viel Sympathien von der linken
Seite gegenüber, nicht von der offiziellen Regierungsseite, die stand immer ins Z1,
es war Israel, aber es gab in der linken aufs Breite Sympathie und da hat jemand darauf hingewiesen,
welches Unrecht den Palästinensern da wiederfahren ist. Das war, und auch damals war Terrorismus
eine herkömmliche Waffe der Palästinenser, Flugzeugempführung zum Beispiel, eine Arafatgeil quasi
mal als meistgesuchtester Terrorist der Welt. Und trotzdem muss man sagen, war das immer noch
irgendwie am Ende, hätte es eher noch eine Perspektive geben können und hatten man hat es ja
auch immer wieder versucht, als mit religiösen Fanatikern. Für uns ist das jetzt das Selbstverständlichste,
dass dieser palästinensischen, diese Terrororganisationen, dass die extrem islamistisch sind, die Hezbollah
und auf der einen Seite und Amas auf der anderen Seite, aber dass das merkwürdige dahinter ist,
das ist gar nicht keineswegs selbstverständlich, das ist ja erst Ende der 70er, Anfang der 80er
und über massive Einwirkungen Iranes überhaupt passiert. Denn vorher war das quasi so im linken
Schema der Kampf der Unterdrückung gegen die Unterdrücker. Und jetzt ist es ein Krieg der Religion,
damit hat es eine ganz ganz andere Dimension gewonnen und dann beginnt es ja auch erst mit den
Selbstmordattentäter und mit diesen religiös fanatisierten Taten, die sich noch viel extremer
als das vorher der Fall gewesen ist, über jeglichen Wertes Menschen hinwegsetzen und so weiter. Und
die solche grausigen Taten anrichten wie das, was wir jetzt hier jüngst gesehen haben. Ja,
du hast recht, das lese ich dieser Tage mal wieder, dass sozusagen die die Unterschätzung von
Hamas war ein Fehler auch von Israel und das hat damit zu tun, dass man Arafat und die Fatah,
ja sozusagen die großen Gegenspieler, dass man die am Anfang vor allen Dingen für gefährlich
erachtet hat. Richtig. Das heißt, die ganze Aufmerksamkeit ging da drauf und man fragt sich
natürlich, wie das eigentlich war. Ich weiß, warum das so ist, weil es überall so war. Das war
auch im Iran so. Wir haben noch damals mit der Zeit des Kalten Krieges zu tun und mit der Rivalität
zwischen den USA und der Sowjetunion. Und alles, was links war, galt in diesen Ländern als das
größtmögliche Übel. Also hat man im Zweifelsfall auch die Feinde der Sowjets damals gesetzt. Man
hat die Mujahidin, die dann zu den Taliban wurden, hochgerüstet in Afghanistan gegen die Russen.
Man hat, nachdem klar war, dass der Schaar sich nicht halten kann, war die wichtigste Frage aus der
Sicht der Amerikaner, dass der, der jetzt rankommt, kein Linker ist und dass der Iran nicht mit den
Russen packtiert, also mit der Sowjetunion. Und hat deswegen Khomeini am Anfang unterstützt. Den hat
man ja da eingeflogen. Er war in Frankreich im Exil und so weiter und hat gedacht, mit dem kommen wir
schon klar. Man hat also die Migration, die es immer gegeben hat. Die größte, die größte Massenkundgebung
aller Zeiten, weit über eine Million Menschen. Genau. Das hat, ist völlig unterschätzt worden. Man
hatte also dadurch, dass man so ein bipolares Weltbild hatte. Ja, die Bösenkommunisten,
vier die Guten, völlig unterschätzt das, die dritte Karte, die da im Spiel war. Langfristig
eine viel größere Bedrohung und einen viel größeren Sprengstoff in sich trägt, nämlich der
radikale Islamismus. Das hat man komplett unterschätzt. Das hat man in Israel unterschätzt. Ich
weiß nicht sogar, ob man nicht so am Anfang vorbehaltsst, da die Islamisten auftauchten,
ja, weil die auch gegen die Linken waren. Man fand das doch super, dass sich die PLO quasi
gespalten hat. Man hat da überhaupt nichts gegen gemacht. Teile und Herrschöne, das ist das alte
Prinzip. Das war überhaupt nichts dagegen. Die, die auch gut in die Linken geschwächt wurden. Das war
genau dasselbe, dass man im Iran gesagt hat, weil das war die andere starke Opposition. Das war
ja knapp. Also der Shah hatte zwei Freunde. Der eine Freund waren die religiösen Fanatiker und
der anderen waren die Linken. Die Gewerkschaften und so. Ich meine, der Iran hatte vor dem
Shah einen kommunistisch, also quasi kommunistischen, gewählten Präsidenten mit Mossadegh, der dann
gewaltsam gesturzt worden ist, was der Westen großartig fand. Der hatte auch seine Hände da im
Spiel. Das war immer der Feind gewesen. Man hat in dieser ganzen Zeit auch alles möglich,
so Herr Mujahidin, diese Fanatiker aufgerüstet. Weil man gedacht hat, die können uns nützen.
Und das war ein riesiger Fehler. Und unter der gegenwärtigen Vorausentlast, diese Organisationen
wie die Hamas oder die Spolla, maximal religiös fanatisiert sind, ist doch entfernt irgendwo an
irgendeine Friedensperspektive zu nennen. Das, was du sagst, ist ja richtig Richard. Die Hamas
entsteht ja sozusagen eigentlich aus den ägyptischen Muslimbrüdern heraus. So eine Bewegung
aus den 1920er Jahren. Der Lehrer Hassan Al-Banna, den wir mal in einer Sendung länger drüber gesprochen,
der sozusagen diese Bewegung ins Leben ruft, religiös, sehr, sehr religiös, die aber vor
allen Dingen soziale Fürsorge, karitative Dinge. Das war sozusagen das Thema. Man kümmert sich um
die armen Leute und so. Hat das Hamas ja auch gemacht. Ich glaube, das war auch eine der Gründe,
warum man die am Anfang so sehr unterschätzt hat. Aber in der Gründungsurkunde, ich habe das noch mal
nachgelesen von Hamas, ja, von 1988, steht schon dieser Satz drin. Wer vor den Ungläubigen zurückweicht,
sofern er dies nicht tut, um später zum Kampf zurückzukehren oder sich anderen Kriegern
anzuschließen, den wird der Zorn aller Streffen und die Hölle wird seine Heimatstadt sein. Das heißt,
dieses Radikale, das, was du da jetzt auch gesehen hast, ja, am Wochenende, genau das siehst du
da. Und man fragt sich ja immer, wie müssen den Menschen gemacht sein, die in der Lage sind. Aus
welcher Hölle kommst du, wenn du in der Lage bist, völlig unempartisch, obwohl du selber vielleicht
Kinder zuhause hast, Babys umzubringen, Menschen, die schlafen, den ihren Betten liegen, einfach zu
erschießen, ohne Mitleid, ohne Gnade. Ich habe ein Video gesehen. Ja, das kann man nur auf zwei
Arten und Weisen aus Menschen machen. Also mit Religion, schräg, ideologie oder mit Rogen. Und
da best mit einer Mischung aus Beim. Richtig. Dann verwandelt man Menschen, ich mag ja dem
Begriff Bestie nicht oder Bestialität nicht, weil er den Tieren unrecht tut, aber man bringt halt
Menschen dazu, sich komplett zu entmenschlichen. Genau, deswegen muss man, muss man, das muss man
sozusagen auch klar haben, die Hamas, das sind nicht die Palästinenser. Die Palästinenser gibt es sowieso
nicht, aber der Boden. Es gibt auch hinreichend Palästinenser, die das ganz, ganz schrecklich
finden, die Anschläge der Hamas, in jeglicher Hinsicht aus menschlichen Gründen und auch wegen
der politischen Folgen. Ist richtig, aber umgekehrt muss man auch mal deutlich sagen, also mich
entsetzt, dass der Präsident der Palästinenser, das Abbas, ja, dass der bis heute sich nicht klar
mal davon distanziviert hat. Wahrscheinlich, weil er Angst hat, sich damit zu marginalisieren und zu
viele seiner Leute zu verlieren, die eigentlich sowieso schon verloren hat. Ja, aber das geht nicht.
Natürlich nicht. Du kannst nicht so etwas zulassen und man fragt sich auch immer im Namen
welches Gottes soll das gut sein und in Ordnung sein, wenn man so etwas macht. Und wie du sagst,
das machst du, indem du aufgepeitscht wirst von Ideologie auf eine Art und Weise, wie man sich
das nicht vorstellen kann. Du vergesst die größten Verbrechen gegen deine Religion. Ich meine,
der Koran, mag zwar historisch tendenziell als Kriegsreligion entstanden sein, aber es stehen
im Koran ganz, ganz viele Sätze, die der Bibel sehr, sehr ähnlich sind. Über gedeihliches,
menschliches Zusammenleben, über Gastfreundschaft, über Demut und, und, und, und. Also du wirst
wahnsinnig viel humanistisches auch im Koran finden. Und jemand, der also im Namen dieser Religion
ja vollkommen gegen die eigenen Gebote handelt. Und das ist ja das, was hier passiert. Das war
ja beim IS genau dasselbe. Ich meine, das sind auch keine religiösen Leute, die so was tun. Ja,
das sind Fanatiker im Namen der Religion, aber religiös können die nicht sein. Also jemand,
der eben in dem Sinne religiös ist, dass er das ernst nimmt, die Glaubensinhalte ernst nimmt,
der würde sowas nicht tun. Ja, es ist, also was da in Gaza entstanden ist, das frage ich mich immer,
wie konnte man das eigentlich nicht sehen? Ich meine, die haben in ihren Anfängen, als sie dann die
Macht übernommen haben, die haben Leute, von denen sie annehmen mussten, dass sie nicht unverbrüchlich
an ihrer Seite stehen. Die haben die einfach von hohen Gebäuden geworfen, öffentlich. Die haben
Leute auf Dächer getrieben, im Gaserstreifen, in Gaserstadt und haben sie einfach von Gebäuden
geworfen, unter den Augen derer, die dort gerade vorbeigelaufen sind, um den klar zu machen,
was auf, das läuft jetzt hier so. Und ich habe dieses perfides Spiel, das wir damals auch erlebt
haben, dann wirst du dann zu kleinen Bildungsinitiativen hingeführt und so weiter, dann werdet
diese zerbombten Häuser gezeigt und so weiter, dann wird dir die Armut vorgeführt und du merkst
dann sehr schnell, du sollst für diese Propaganda missbraucht werden und während du da fährst und
läufst, findet unter dir etwas ganz anderes statt. Ganz Gaza ist untertunnelt, mehrere Etagen,
mehrere Stockwerke. Da gibt es riesige Tunnelsysteme, in denen Raketen gebaut werden. Bis zu 30.000
Raketen und Mörser sollen jetzt noch in Gaza sein. Die kommen auf alle erdenklichen Arten und
weisen da rein, vor allen Dingen über diese Tunnelsysteme. Und das findet alles unter
dir die Stadt und die Kommandeure auch von Hamas, die haben dort einen sehr sicheren
Zufluchtsort. Das heißt, wenn die Israelis da jetzt reingehen und wirklich in einen Häuserkampf
reingehen, das wird ein so unvorstellbar blutiges Gemetz. Ich glaube, davon machen uns keine
Vorstellungen. Ich frage mich immer, auch die Bilder, die dabei entstehen werden, zwangsläufig.
Und natürlich. Krieg findet heute, das wissen wir spätestens. Es wird so ähnlich grausige
Bilder von der anderen Seite finden. Richtig. Das wird natürlich alles passieren, das ist ja
völlig klar. Richtig. Und wie lange halten wir das aus? Und das ist das, was ich eigentlich auch
fragen möchte, weil die Frage ist über die ich am meisten nachdenke. Das ist ja die Frage,
was folgt jetzt daraus, abgesehen davon, dass eine Spirale an Gewalt folgt. Aber ich mache
mir noch um sehr viel mehr Sorgen. Also ich mache mir nicht nur Sorgen über all das, was hier
zum Gasa-Streifen dennächst passieren könnte, wenn es wirklich zum Häuserkampf kommt, wo man
gar nicht wissen will, wie 40.000 Tote dabei sein werden. Und natürlich, wie immer auch Zivilisten,
Frauen und Kinder. Sondern ich frage mich, wozu schicken die USA ein Flugzeugträger? Dahinten
braucht man nun wirklich nicht, um die Hamas zu bekämpfen. Also die haben ja, glaube ich, noch
nicht mal Panzer. Man sieht ja immer so Wagen, wo die damit selbst gebauten Kanonen und so
da langgehen. Also da muss man nicht den größten Flugzeugträger, den man hat, in die Region
schicken. Und ich habe mit sehr viel Aufmerksamkeit gelesen, dass der gewohnheitsmäßig sehr gut
informierte Michael Wolfs und sagt, das geht nicht gegen die Hamas. Der Flugzeugträger ist
deswegen nicht da. Es geht gegen Iran. Und ich sehe auch, dass in unseren Nachrichten eine sehr
starke Fokussierung darauf einsetzt, dass der Iran offensichtlich die Hamas unterstützt. Ich
glaube, das tut er nicht offiziell, aber inoffiziell wird er das natürlich machen. Und die Fokussierung
verwundert mich deswegen, weil er natürlich wahrhaftig nicht der einzige Unterstützer ist. Also
traditionell der größte Unterstützer überhaupt, der Palästinenser im Gaza schreifen, aber damit
eben auch der Hamas ist Katar. Also jenes Land, in dem wir vor Kurzem noch in Fußball-Weltmeisterschaften
gemacht haben. Davon wird aber fast nicht geredet, sondern es wird immer und immer und immer wieder
über den Iran geredet. Es wird auch davon geredet, dass die Isbollah im ganz großen Stil eine zweite
Front eröffnet, was Gott sei Dank bisher noch nicht passiert ist. Und ich frage mich, warum
fokussieren wir uns gerade so sehr auf den Iran, wo man eine ganz große Befürchtung ist? Und das
wäre sozusagen das Ende vom Allen, wenn es dann zum Krieg zwischen Israel und dem Iran käme. Das
ist eine ganz, ganz große Befürchtung, die ich habe. Ich schaume das auch alles ziemlich genau an. Und
das Interessante ist, dass die israelische Regierung das bis jetzt nicht macht. Also Netanyahu redet und
auch der Verteidigungsminister Galant, ihr redet nicht von Iran. Das tun sie nicht. Aber die Angst
kommt daher. Also nach dem 11. September, also das ist ein mediales Ding, will ich so sagen.
Dieser Vergleich wird ja oft gezogen, dass das jetzt quasi der 11. September Israel sei. Nach dem
11. September hatten viele erwartet, dass George W. Bush jetzt irgendein Krieg beginnen würde,
sein War on Terrorism. Und da ist sein erst mal zwei Jahre lang vergleichsweise wenig passiert. Und
dann kam der Angriffskrieg gegen den Irak. Und zwar am Anfang, nicht nur mit dem Hinweis Weapons of
Mass Destruction, sondern es wurde immer wieder behauptet von Bush und seinen Leuten, der Irak
stünde hinter dem 11. September. Das ist am Anfang ganz häufig benutzt worden, diese Formulierung.
Wir wissen hinlänglich totaler Quatsch, beides, weder die Weapons of Mass Destruction gab es noch,
hat der Irak irgendwas mit dem 11. September zu tun. Deswegen, ich meine, Israel bekommt jetzt
natürlich durch das enorme Unrecht und die Verbrechen, die da begangen sind, eine Art Freiberief.
Und du weißt nicht, wofür der langfristig genutzt wird. Und da hab ich Angst vor. Also die Tatsache,
dass die Regierung jetzt zögert und das im Augenblick sehr unklar zu sein scheint, wie sie
reagiert, beruhigt mich nicht. Also Leute, die sich damit auskennen, die sagen, es gibt diese drei
Staaten, über die man reden muss. Es Iran, es ist Qatar und es ist die Türkei. Jeder spielt da
sozusagen sein Spiel. Ich kenne die Geschichte von Frachtern, die vermeintlich Baustoffe da rein
bringen, Gips zum Beispiel. Die kommen aus der Türkei, liefern Gips in den Gaserstreifen. Gips
kann man in einer so kaputten Stadt immer gut gebrauchen. Dann gehen die hin, schauen sich diese
Fracht an, schauen sich diese Ladung an und stellen fest, okay, da sind zwar 50 Tonnen Gips drauf auf
diesem Frachter, aber dazwischen hat man versteckt 15, 20 Tonnen hochexplosiver anderer Stoffe. Das heißt,
da geht so was ganz anders. Da kommen auf alle erdenklichen Arten und Weisen, kommen dort Waffen
rein. Und mittlerweile sind in der Lage, das selbst zu tun. In Istanbul, die türkische Regierung
bestreitet das. Aber Leute, die sich damit auskennen, es gibt viele Berichte darüber, sagen,
da gibt es Büros von Hamas, die gehen dort ein und aus. Jemand wie Erdogan ist kein Zufall,
dass der jetzt sozusagen eingeschaltet wird, wenn es um die Frage der Geiseln geht. Wer hat
Einfluss auf diese Leute? Es gibt auch die Erzählung, das zum Beispiel, und das ist Heikel,
weil wir reden über die Türkei, das ist ein NATO-Land. Die Türkei gehört offiziell zum Westen,
weil der Westen ist im Grunde genommen durch die NATO-Mitgliedschaft definiert.
Richtig. Und deswegen gehört die Türkei quasi zu Westen.
Genau, richtig. Und wenn dann dort Hamas-Läute, hochrangige Hamas-Läute Zugang haben zu Dingen,
ihre Geschäfte dort machen, ihre Zahlungen darüber abwickeln, viele, viele Millionen
umsetzen, Waffen kaufen und so weiter. Was, wie gesagt, der Verdacht ist, die Türkei bestätigt
das nicht, bestreiten das, die sagen, das gibt es alles nicht. Aber es gibt sehr viele Hinweise
darauf, dass die dabei eine ganz entscheidende Rolle spielen. Und der andere Player ist Katar.
Auch dort gibt es, ich meine, die Kataris hatten immer ein offizielles Taliban-Büro in Doha und die
waren ein wichtiger Vermittler. Auch wir haben die genutzt, um unsere Leute rauszukriegen aus
Afghanistan, führte der Weg immer über die Kataris. Das heißt, wir mussten uns den dann auch
durchaus andienen und mit denen gemeinsame Sachen machen. Die sind da sehr schmerzfrei im Umgang mit
radikalen Organisationen, Taliban und eben auch Hamas. Und die haben dort ihre Büros, die machen
dort ihre Geschäfte und so weiter. Über Katar kommt sehr, sehr viel Geld rein. Das kommt aber
viel Geld über die Europäische Union rein. Die deutsche Regierung unterstützt NGOs, von denen
man weiß, dass sie sehr nah dran sind an Hamas. Man macht es trotzdem weiter, weil man sagt, wir
können doch die Leute nicht dem Stich lassen. Wohl wissen, dass ein guter Teil und wie wir, also ich
würde es so interpretieren, als jemand, der das auch mal gesehen hat mit eigenen Augen, wenn
gleich nur für ein paar Stunden, würde ich dennoch sagen, ein großer Teil dieses Geldes kommt bei den
armen Leuten niemals an. Das würde ich mir sehr gut vorstellen auf der anderen Seite, wenn das Geld
gar nicht mehr fließt. Was werden die denn dann machen? Das wird doch wahrscheinlich so sein,
dass das meiste Geld bei der Hamas ankommt und dass die Hamas das eine oder andere, was nicht in
Waffen geht, auch an den Ugen gekehrt wieder sozusagen, an die Armen weiter gibt oder den
Armen gibt oder sie unterstützt, einfach damit sie ihnen gegenüber loyal sind. Und wenn ich, wenn
jetzt gar nichts mehr kommt, was passiert denn dann? Also dann würde ja der Gaza-Streifen, der
gegenwärtig von Israel völkerrechtswidrig ausgehungert wird quasi, dass ich schon Versorgung
abgebrochen wird und keine Güter mehr reingekommen und so weiter, was ja auch ein riesiges Problem ist.
Überlegen wir, wozu das, da könnten Krankheiten ausbrechen, Hungerkatastrophen und was, was ich
also das ist ja, ich frage mich auch, wohin soll das führen? Und jetzt keine Gelder mehr, die aus
dem Ausland kommen. Überlegen wir, was dann da passiert? Auf der einen Seite stimmt, hast du ja
völlig recht, ja? Man züchtet die Hamas durch das Geld, was reinkommt, aber auf der anderen Seite,
wenn kein Geld jetzt reinkommt, dann droht da ja die humanitäre Katastrophe schlechthin. Ja, das ist
wahr, aber weißt du, wie das gelaufen ist in der Vergangenheit mit Lebensmittellieferungen? Das
muss man auch mal klar haben, um zu verstehen, ja, wenn man, wenn man sagt, die Israelis können
das doch jetzt nicht machen. Meine, was, was, was Israel da jetzt erlebt hat, an Bildern gesehen hat,
dass du da sagst, okay, wir wollen jetzt eine Rache für das, das hört jetzt auf, wir wollen das nicht
mehr, das kann ich so gut nachvollziehen. Ja, nachvollziehen, ja, aber es gibt einen Unterschied
zwischen nachvollziehen und Guthaisen. Zwei ganz, zwei ganz verschiedene sind es, sind es, aber ich will
nur mal sagen, bevor das sozusagen ein falscher Zungenschlag reinkommt, weißt du, wie das gelaufen
ist mit den Lebensmittellieferungen? Also die Israelis haben den Gasastreifen mit Lebensmitteln
versorgt, ja? Und diese Lastwagen mit Lebensmitteln, Medikamenten, Konsumgüter, die über Israel in
diesen Küstenstreifen da reingelangt sind, ja, die wurden bis zuletzt über so ein Terminal im Süden,
also an der Grenze zu Ägypten reingebracht. Und es läuft dann so, dann kontrollieren Grenzer,
diese Waren, schieben dann die Anhänger der Laster in eine von Betonmauern umgebende Zonen,
in so einem Areal, die von beiden Seiten zugänglich ist und dann ziehen sich irgendwann die Israelis
zurück und überlassen der Hamas diese Zone, um die Güter zu verladen. Das musst du dir mal vorstellen.
Das heißt, die Vertrauen ist da überhaupt nicht Teil des Spiels, wie dieser Tage jemand gesagt hat,
da gibt es überhaupt keinen Kontakt, das ist so feindselig und trotzdem verlässt man sich darauf,
dass die Israelis das machen. Nicht nur das, immer wieder sind Israelis, die sich um Lieferungen
von Lebensmitteln kümmern, die sind bei ihrer Arbeit aus Gaseh heraus beschossen worden. Das
musst du dir mal vorstellen. Und ich habe dieser Tage ein Interview gelesen mit einem dieser Mitarbeiter,
der sagte, das ist nichts Persönliches, wir machen einfach weiter. So ist dort die Situation.
Das mag gerne alles sein. Aber meine Frage ist, du möchtest aber nicht verteidigen,
dass hier gegen das humanitäre Völkerrecht verstoßen wird, in dem die Gutes Wohnen jetzt quasi
ohne Versorgung gelassen werden mit den entsprechenden, früchterlichen Konsequenzen, die das sein.
Nee, nee, ich will da was anderes hinaus, Richard. Ich will darauf hinaus, was das für eine feindselige
Situation ist und wie sehr da offenkundig eine Seite und zwar in dem Fall die Hamas-Verantwortlichen
überhaupt nicht an Frieden, an Freundschaft, an einer guten Lösung interessiert sind. Darauf will
ich hinaus. Und wenn man das mal so hört, es sind immer so diese Details, dann versteht man,
vorher man dann auch diese Brutalität nimmt, mit der man dann das anrichtet, was die am Wochenende
dort angerichtet haben. Aber dass die Leidtragenden, dass das die Zivilbevölkerung dort ist, dass das
das arme Menschen sind, die einfach in diesem riesigen Freiluftknast leben und null Perspektive
haben, dass das ein perfekter Nährboden ist für Demagogie, für Erster, eine Gewalt unvorstellbaren
Ausmaßes und für eine Verrohung und Entmenschlichung.
Schwierig.
Sehr schwierig. Was glaubst du denn, wo ein klein bisschen weiter zu denken, was glaubst du,
was ganz realistisch passieren wird in den nächsten Wochen?
Also ich vertraue ehrlich gesagt auf den amerikanischen Präsidenten.
Ich mochte übrigens auch die Israelis dazu aufgefordert und zu sagen, sie sollten das humanitäre
und theoretisch theoretisch, aber die Tatsache ist, wenn wir uns auf die gleiche Stufe stellen,
dann sind wir eben auch nicht mehr die Guten in dem Spiel. Also das ist natürlich eine zentrale
Sache, dass man nicht genau so reagiert wie diejenigen, die man zu Recht vollständig verurteilt
für das, was sie tun. Aber glaubst du, dass da sich die USA durchsetzen werden?
Ich glaube schon. Ich fand das so eindruckend, wie Joe Biden genau ein einziges Wort braucht,
der um klar zu machen, worum es geht. Don't. Mach es nicht. Versucht es erst gar nicht.
Und ich glaube, das ist auch der Sinn dieses Flugzeugträgers. Das ist die Botschaft an
alle anderen. Wir sind da, ich weiß aus anderen Zusammenhängen.
Ja, aber wir sind da, ich meine nochmal, amerikanische Soldaten werden jetzt am wenigsten gebraucht.
Und die Flugzeuger auf den Flugzeugträgern brauchen ehrlich gesagt auch werden auch nicht
gebraucht, weil du kannst ja nicht flächendeckend, das hat auch Nathan Jago gesagt, du kannst
jetzt den Gasastreifen nicht flächendeckend bombardieren. Das geht ja gar nicht. Das haben
die auch nie gemacht. Das wird ja auch nicht passieren. Und deswegen denke ich,
oder ich befürchte, dass die Gründe, warum der Flugzeugträger da sind, nicht so viel mit dem
Gasastreifen zu tun haben. Ja, Baffeln können ja auch eine sehr abschreckende Wirkung entfalten,
also jetzt auf die radicalisierten Hamas-Leute mit ihren selbstgebassenen Raketen. Nein,
aber du hast ja auch, wir haben ja gerade drüber gesprochen, also die Gefahr eines
drei Frontenkrieges aus Syrien sind ja auch schon Raketen geflogen, aber jedenfalls spielt Liebanon
da auch eine Rolle, der fest in der Hand von Hisbollah ist. Und die wiederum sind der Ableger von
mit 300 Prozent Inflation. Da kann man nicht mehr sein. Es ist auch so eine Tragödie, wie so viele
im Nahen Osten. Aber bei etwas, was du sagst, Flugzeugträger heffender am wenigsten weiter.
Ich glaube, es geht dann mit massiver Drohgebärde. Also gegen Terrorismus im Liebanon und gegen Terroristen
in Syrien und gegen die Terroristen der Hamas, da kann man nicht mit Flugzeugträgern gegenkämpfen.
Nein, ich glaube, da geht es um eine Drohgebärde. Und wie gesagt, wenn du zum Beispiel hörst von
Leuten, die sich damit sehr viel besser auskennen als ich, die sagen, in Gaza haben wir noch 30.000
mehr aus anderen Raketen. In Liebanon haben wir auf 100.000 bis 200.000. Das ist von Hisbollah
militärisch viel mächtiger als die Hamas. Und wenn du auch zum Beispiel in Gaza siehst,
wie vielen Dingen, die du dort siehst, auf Pumpen, auf Kanistern, auf irgendwelchen Lebensmittel,
Säcken und so weiter, das Logo der islamischen Republik drauf zu finden ist, dann weißt du,
dass die dort eine Rolle spielen. Natürlich bin die dort eine riesige Rolle. Und mein Thema ist
eher auch die Frage, was wir leben in einer Welt, in der Konflikte nicht mehr dort bleiben, wo sie
entstehen. Sondern durch auch die Migration in den letzten zehn Jahren, grob gesagt, haben wir sie 48
Stunden später auch in Berliner, in München, in Kölner, Klassenzimmern. Wie haben die dann auch
mitten in Europa? Und wenn du dir mal anschaust, jemand wie Assad, der war fast weg. Und erst als
Iran dort reingegangen ist und dann später auch die Russen, konnte er sich dann an der Macht halten
und hat dann das ausgelöst, was bei uns zu dem Thema geführt hat, dass mittlerweile dazu führt,
dass wir eine Partei wie die AfD bei 30 Prozent und mehr haben in einigen Bundesländern und zu einem
tiefen Konflikt in dieser deutschen Gesellschaft. Aber hast du dir mal überlegt, wenn Assad nicht
geblieben wäre, welcher durchgeknallte religiöse Führer dann in Syrien an die Macht bekommen
wäre, wenn er sich auch nach der Kalihezbollah unterstützt hätte und vieles andere mehr? Ich
meine, was haben wir gegen Saddam Hussein gewettert, als furchtbarer Diktator, der unbedingt wegmüsste
und so weiter? Was ist der Irak heute? Warlord Country durch und durch, ein Failed State wie der
Libanon, das auch ist. Es ist ja nichts Bester geworden dadurch. Fest dem Griff der Mulas Intera,
auch der Irak. Das ist zumindest der gesamte Süden, also nicht der sunnitische Norden, aber der
schiitische Süden. Genau. Das heißt also, da wird ja nichts Besser durch. Ich weiß, dass der Wehr
und der Syrien Krieg immer diese Formel hatten, Assad muss weg, als wenn es irgendeine liberal
demokratische Alternative gegeben hätte, sondern es gab nur beschissen Alternativen. Das muss man
auch ganz ehrlich einräumen und deswegen hat man irgendwann, ist man auch abgerückt, weil es auch
nicht mehr realistisch war und weil es sowieso gar keine andere Perspektive mehr gab und hat sich
dann irgendwie damit arrangiert, dass es außerdem nicht weg ist, weil nichts besser geworden wäre,
wenn Assad weg gewesen ist. Das ist ja das große Problem, weil du hast ja nicht die Alternative
zwischen islamistischen Terror-Regieben auf der einen Seite und auf der anderen Seite liberalen
Demokratien. In der ganzen arabischen Welt hat es nie eine wirklich funktionierende liberale
Demokratie gegeben. Also wenn man sich guckt, was sind denn die Staaten, die uns da noch im
Jesten in den Kram passen, sowas wie Marokko, das ist so eine Seniorie, wo also der König als
Ausgleich zwischen Oligarchen fungiert, quasi Demokratie, aber richtig echte. Ich meine,
guck dir die Geschichte Ägyptens an, da hieß es Mubarak muss weg. Jetzt hast du mit Sisi einen
noch schrecklicheren Diktator als Mubarak, das war wieder eine Militärdiktatur. Also es ist ja nicht
so, als ob in diesen arabischen Staaten eine Alternative wirklich bestünde. Wir gucken zurück
auf eine totale Katastrophengeschichte dessen, was wir uns unter Nationbuilding oder sowas mal
vorgestellt haben und gedacht haben, wir können da irgendwelche liberalen Demokratien etablieren.
Das ist völliger Blödsinn. Ja und deswegen ist ja auch dieses kleine Land, dieses kleine Israel,
auch so ein faszinierender Flecken Erde, auch als funktionierende Demokratie, die das war und die
von Anfang an unter Druck war ich mal, die sind 48 gegründet worden und wenige Tage später bereits
angegriffen worden und sie haben sich gewährt und sie haben das bis heute gemacht und es ist eine
wehrhafte Demokratie geblieben und deswegen hat mich auch so beeindruckt, wie wirklich 10.000
der Israelis auf die Straße gegangen sind, als plötzlich dieses Justizsystem gekapert werden
sollte und diese Entwicklung auch in Israel selbst. Das ist etwas, das spürst du an alten
Eckkontenten. Ich habe vorhin Nikodemus zitiert, denn Benediktina Mönch, der sagt, weißt du,
wenn ich mit meinem Ornat, wenn ich damit auf die Straße gehe in Jerusalem,
da muss ich damit rechnen, wenn ich Orthodoxe treffende, die spucken, wenn es gut geht auf dem
Boden und wenn ich Pech habe, spucken sie mir auch ins Gesicht und du hast zum Beispiel in Hebron,
ja in der Innenstadt von Hebron habe ich das gesehen. Das ist wirklich irre, was da passiert.
Du hast in diesen engen Gassen unten die arabischen Händler und oben drüber dann radikale Siedler,
die sich Wohnungen kaufen und die dann von da oben Dinge herunterwerfen, zum Teil auch Fekali
in unserem Alter, um den Handel dieser armen Leute da unten kaputt zu machen und um die wirklich
Mürbe zu machen und zu vertreiben. Also da gibt es so viele tägliche Demütigungen im Alltag.
Das hast du erwächst hast. Ja, das ist das Tragische. Du hast auf allen Seiten,
hast du einfach Menschen, die ihr kleines Leben leben wollen. Das ist der ganz einfache Punkt,
aber dieser religiöse Fanatismus, und vielleicht sollte mir in der nächsten Folge mal darüber
sprechen, Richard, darüber, wie Religion, von der wir subjektiv das Gefühl haben, Religion spielt
gar keine Rolle mehr. Wo wir das Gefühl haben, die passt gar nicht mehr so richtig ins 21. Jahrhundert.
Richtig, aber weltweit spielt Religion wieder eine unglaubliche Rolle oder Ideologie vielmehr.
Religion kommt mit einer solchen Wucht zurück, missbraucht Menschen auf eine Art und Weise,
wie ich es nicht für möglich gehalten hätte. Und das hast du auf allen Ebenen querbeet.
Vielleicht sollten wir darüber mal sprechen. Ich finde das gut, weil ich habe seit einiger Zeit
das Gefühl, wir leben in einer großen Zeit der Restauration. Also Menschheitsfortschritt wird
gerade auf allen Ebenen zurückgedreht. Und Religionsspielen da drin natürlich eine sehr
wichtige Rolle. Und die andere große Rolle spielen Ideologien. Und ich finde es auch gut
darüber zu reden. Also, Richard, danke dir. Ich danke dir auch. Auf bald. Ja, tschüss.
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Seit letzten Samstag befindet sich Israel im Krieg. Innerhalb weniger Stunden feuerte die Hamas tausende Raketen, überfiel mit großer Brutalität die israelische Zivilbevölkerung. Seitdem erschüttert ein Beben den gesamten Nahen-Osten. Markus Lanz hat Israel und den Gazastreifen häufig für Reportagen bereist. In dieser Folge erzählt Markus Lanz Richard David Precht von seinen Eindrücken. Gemeinsam machen sie sich Gedanken darüber, wie der Konflikt so eskalieren konnte und was dem Nahen-Osten noch schreckliches bevorstehen könnte.