LANZ & PRECHT: AUSGABE 105 (Aiwanger: über Schuld und Sühne)
ZDF, Markus Lanz & Richard David Precht 9/8/23 - Episode Page - 56m - PDF Transcript
Einen schönen guten Morgen Richard.
Guten Morgen Markus.
Woher hielt ich?
In der Kiminate.
Du arbeitest, du arbeitest.
Ja, ich erlebe im Obnett nicht viel.
Doch im Kopf.
Andere Heller, die wahren Abenteuer sind im Kopf.
Ist so, würde ich sagen.
Uta Arno Schmidt gesagt hat, die Welt der Fantasie ist die wahre Welt, der Rest is a Nightmare.
Ein Albtraum ist ein gutes Stichwort.
Richard, ein Albtraum erlebt je nach Sichtweise auch gerade Markus Söder oder Hubert Eibanger,
je nachdem, wer man gerade ist.
Und es ist ein interessanter Fall, dieser Fall, Eibanger, weil er so vieles berührt,
was ja so mit unserem Leben, mit unser aller Leben zu tun hat.
Mit der Frage ist die Jugend ein besonders geschützter Raum, wo man auch mal unfassbar
bescheuert sein darf, wie es noblich Harald Welser, ich habe mit ihm kurz nach der Sendung
noch mal darüber gesprochen.
Er meinte, hoffentlich holt nie irgendeiner das raus, was ich mit 16 so fabriciert habe,
man ist niemals im Leben so dermaßen bescheuert und verblödet wie mit 16, 17.
Da hat er recht.
Es geht aber im Falleibanger, finde ich mittlerweile um eigentlich viel mehr und eigentlich auch um was anderes
als dieses reine Flugplatz.
Sondern es passiert da etwas, was ich interessant finde, wobei ich mit dir gerne reden würde.
In der Impfdebatte damals hat sich ja Hubert Eibanger so als Kämpfer gegen das Böse-Establishment etabliert.
Das war eine klassische Trump-Rolle.
Genau.
Und jetzt?
Die, die das etablierten in Berlin und der Mann aus dem Volk mit dem gesunden Menschenverstand
auf der anderen Seite.
So, und damals hat er etwas gemacht.
Es ist ja sehr interessant, wenn man das in der Retrospective sich nochmal anschaut.
Hat damals bundesweit sehr viel Aufmerksamkeit gekriegt, war dann auch im Fernsehen häufiger,
auch im Gesprächsrunden zu Gast und so weiter.
Und dann, als das Thema sozusagen nicht mal so richtig zog, hat er sich heimlich impfen lassen.
Ja, das fand ich sehr interessant.
Und jetzt in dieser Flugbladaffäre versucht er erneut sozusagen diese Trotzstrategie,
wie es Robin Alexander neulich in einem sehr guten Text genannt hat.
Und er schreibt, Eibanger möchte diese Angelegenheit irgendwie nicht richtig in Ordnung bringen.
Er will nicht sagen, warum er als 17-jähriger komische Flugblätter mit sich herumgetragen hat,
die das Andenken an die Opfer der Nationalsozialistischen Vernichtungslager verhöhnt haben und so weiter.
Komisch ist nicht das passende Wort, sondern sozusagen verstörende, ekelhafte...
Genau, das sagt er auch selber, aber er will sich gleichzeitig nicht erinnern,
ob er die verteilt hat oder ob er sie im Gegenteil eingesammelt hat.
Er verlangt ihm zu glauben, dass er nicht der Verfasser ist, sondern sein Bruder.
Er will aber auch nicht über seine damalige Weltanschauung so richtig sprechen.
Er streitet den Hitlergroß ab, der ihm vorgeworfen wird.
Die Judenwitze hat er auch nicht gemacht.
Er kann das jedenfalls nicht erinnern.
Gedenkstätte, genau, Sprüche wie Negersau sind auch nie gefallen.
Er will also nichts erklären über diese Jugend in einer typisch deutschen Kleinstadt,
auf deren Friedhof 67 KZ-Heftlinge begraben liegen, die einen Todesmarsch aus Dachau nicht überlebt haben.
Erst streitet er alles ab, dann sagt er einige Tage nichts.
Dann besteht er darauf, als Erwachsener kann Antisemit gewesen zu sein.
Später sagt er, er war nie Antisemit.
Und erst auf Druck ringt er sich zu einer Entschuldigung durch,
die ich ihm in dem Moment auch abgenommen habe,
wählt aber diese relativierende Formel, wenn ich Gefühle verletzt habe.
Und Gipfel dann aber in einem Satz, das ganze Interview mit den Kollegen von der Welt,
in meinen Augen wird die Shoa hier zu parteipolitischen Zwecken missbraucht.
Also er sieht nicht die Opfer, er sieht sich als Opfer.
Und das ist schlimm.
Gut, er steckt jetzt ganz, ganz viel auf einmal.
Ja, ich habe es mal so zusammengestellt.
Also das Erste ist, wenn man meint, die Stimme des Volkes zu sein,
der aufrichtige Kopf, der das sagt, was die Heuchler in Berlin nicht so sagen
und die ganz linksgrün Versiffte mit Spoke und was auch immer Herr Eberger darüber denken mag,
dann muss man auch das Rückgrat haben in Situationen, wo es um einen selber geht,
sich so ehrlich wie möglich zu machen.
Und diesen Eindruck hat man nicht.
Also ich kann mich erinnern, dass ich in Schulzeiten auch mal vor dem Direktor stand,
wegen einer völligen Bagatelle.
Ich erinnere mich aber daran, als wenn es gestern gewesen wäre,
weil man dann in dem Moment Angst hat, man könnte von der Schule fliegen,
was wären die Konsequenzen.
Im Fall von Eibanger stand er vor dem Direktor oder sogar vor sozusagen
so einem Untersuchungsgremium der Schule.
Und ich meine, er hätte ja rein theoretisch von der Schule fliegen können,
um nicht zu sagen müssen.
Dass man sich dann an die Details nicht mehr erinnert,
dass man sich nicht mehr genau erinnert, warum das eigentlich so war.
Also wenn sein Bruder das Flugblatt geschrieben hat,
dann müsste doch noch dieses Unrechtsbewusstsein in ihm da gewesen sein.
Nach dem Motto, jetzt muss ich mich auch noch aus kameradschaftlicher Loyalität
hinter dem Blödsinn meines Bruders stecken,
obwohl ich ja die Flugblätter nur eingesammelt habe,
damit andere die nicht in die Finger kriegen.
Und so, da könnte man ganz, ganz viel darüber erzählen.
Oder es war doch ein bisschen anders, als es offiziell dargestellt hat
und er fand den Inhalt des Flugblats schon ziemlich gut und so weiter.
Und dann könnte er sagen, wie er damals drauf war,
warum er damals so drauf war, was das für Einflüsse waren und so weiter.
Und könnte auch die Geschichten erzählen,
wie aus einem verirrten 16, 17-Jährigen,
also dieses widerliche Flugblatt damit sich rumträgt,
ein demokratischer Politiker geworden ist.
Alles das hat er nicht gemacht.
Das ist so der erste Teil.
Und es ist schade, ne?
Der zweite Teil ist, er sagt, er ist Opfer einer Schmutzkampagne.
Und ich würde sofort sagen, natürlich ist er Opfer einer Kampagne.
Das Wort Schmutz würde ich weglassen, den Schmutz hat er fabriziert.
Aber Schmutzkampagne, das klingt so wie unter der Gürtellinie,
sein Sexualleben beleuchten oder solche Sachen.
Das ist ja nicht passiert.
Aber dass es natürlich viele Journalisten gibt,
für die das ein gefundenes Fressen gibt
und die nicht rastenruhen wollen,
bis er aus von der politischen Bühne verschont ist,
das ist natürlich richtig.
Und die springen darauf auf.
Aber es ist immer zu viel.
Es ist eine Kampagne, aber es ist keine Schmutzkampagne.
Wenn er den Begriff Jugendzünde benutzt
oder auch Leute, die ihn verteidigen, den Begriff Jugendzünde,
würde ich sofort sagen, ja,
es war großen Scheiß, den man in seiner Jugend gemacht hat.
Aber das Wort Jugendzünde ist kein schönes Wort dafür.
Das klingt auch wieder so albern und verniedlichend.
Also was mir fehlt in der Augenblicklichen Phase,
ist dieses sich schonungslos ehrlich machen
mit dem, was einem damals für den Mist durch den Kopf gegangen ist
und was man heute darüber denkt.
Und das tut er nicht.
Ja, und es ist schade,
weil da ja auch eine Chance drin steckt
und man vermisst dann plötzlich so diese nötige Ernsthaftigkeit.
Ich finde, Markus Söder hat ja echt was Interessantes gesagt,
sinngemäß, wenn man das wirklich ernst meint,
wenn man sich wirklich aufrichtig entschuldigt,
wenn man das spürt, dass es ernst gemeint ist,
dann gibt es natürlich das Momentum des Verzeihens.
Es ist ja gar keine Frage.
Aber das ungute Gefühl, glaube ich, dass manche haben,
ist es vielleicht beides.
Also, Hubert Einwanger war ja vor einiger Zeit bei uns in der Sendung
auch zu Gast.
Und da hat er das ja ähnlich gemacht,
was sozusagen die Taktik angeht.
Ich habe dieser Tage ein Interview gelesen
mit einem langjährigen Politikberater,
so ein ganz ausgebuffter Typ, der Donald Trump
schon in relativ jungen Jahren politisch beraten hat.
Und der sagte, ich habe ihm eine Sache wahrgebracht.
Gib nie irgendetwas zu.
Und wenn Sie immer weiterkommen
und mit irgendwelchen Vorwürfen oder Schmutz,
so wie er es formuliert hat,
und mit Dreckwerfen und so weiter,
gib es nie zu.
Entschuldige dich auf gar keinen Fall,
sondern geh einfach frontal.
Du selber nach vorne.
Also umdrehen der Täteropferol.
Genau.
Und das war interessant auch.
Aber das ist gerade das für mich aus meiner Sicht
der größtmögliche Fehler.
Also, wir haben schon im Podcast mal darüber geredet
bei der Affäre Wulf.
Wir haben ja auch schon ein paar Dinge
auf den Tisch gelegt und gesagt,
wenn jemand, der so etwas gemacht hat,
der darf nicht Bundespräsident sein,
dann gehe ich auch.
Da hätte jeder Respekt gehabt.
Wenn der Beckenbauer erzählt hätte,
wie günstig man die Weltmeisterschaft gekauft hat,
sich dessen am besten noch gerühmt hätte.
Dann hätte er sich zwar strafbar gemacht,
wenn aber nichts passiert.
Und jeder hätte gesagt, das ist der Franz.
Der Franz hat Eier und so.
Und das Gleiche hätte ich jetzt hier
und ich kann es ja nur wiederholen,
in welchem geistigen Morast man sich bewegt hat,
als man 16 und 17 war.
Um dann zu erzählen,
richtig glaubhaft zu erzählen,
wie man dazu gelernt hat,
warum man das heute anders sieht als damals.
Und genau das macht er nicht,
sondern er macht das Trump-Muster.
Er gibt zu, was er unbedingt zugeben muss
und der Rest schreitet er grundsätzlich ab.
Und damit zeigt man, dass man keine Eier hat.
Und gerade wenn du
einer solchen Partei vorstehst,
das aber eben zeigen.
Er sagt Sätze,
wie ich sollte politisch vernichtet werden.
Er sagt, wenn diese Hexenjagd nicht aufhört,
dann geht keiner mehr an die Politik und so weiter.
Ja, es gibt ja Teilaspekte.
Das ist ja Teilaspekte,
an denen ja durchaus was dran ist
und wo ich ihn verteidigen würde.
Nicht so sehr als Mensch,
im Gegensatz zu dir habe ich ihn nie kennengelernt.
Aber natürlich ist das so,
man kann nicht an das Kreuz dessen geschlagen werden.
Was war mit 16 und 17
ist natürlich recht.
Und da bin ich auch auf welcher Seite.
Und in diesem Punkt,
ja in diesem einen Bumpt
auch auf Eibanger Seite,
was sind denn das auch für Leute,
die 35 oder 36 Jahre später meinen,
sie müssten zu einer Zeitung gehen
und jemanden anschwärtsen.
Dinosiantentum finde ich auch.
Also ich meine, wenn jetzt zuhört Eibanger sich
in den Zeiten seiner aktiven Politiker laufbaren,
rassistischem oder antisemitischem
Mister hat zu Schulden kommen lassen,
das ist unbedingt und zwar ganz gründlich.
Aber wenn er mit 16 oder 17
da ja irgendwelchen für irbten Kreisen unterwegs war,
ist das kein Beleg dafür,
dass er heute noch ein Nazi ist.
Und das ist das.
Und jetzt kommt mein wichtigster Punkt
und den habe ich in der ganzen Diskussion bisher vermisst.
Bei den Enthüllungsversuchen
versucht man ja immer rauszukriegen.
Guck mal, der hat damals schon mit 16, 17 und so weiter
dieses Flugblatt da entweder verfasst
oder mit sich rumgetragen oder verbreitet
oder umgesammelt oder was auch immer.
Da sieht man mal, wie der Eibanger
wirklich ist.
Der hat nur Kreide gefressen, aber ganz, ganz, ganz tief
in seinem Kern ist das ein Nazi.
Und diese Küchenpsychologie
geht mir dermaßen auf dem Sack.
Weil es erstens
Menschen verändern sich.
Also
man ist nicht im Kern das,
was man mit 16 gewesen ist.
Sondern man hat vielleicht eine Menge
im Leben dazugelernt. Darüber müsste er sich
ehrlicher machen. Das habe ich auch gleich gesagt.
Man muss sich das überführen wollen.
Jeder Sherlock Holmes.
Und dann gehe ich durch die verschiedenen
Heute der Zwiebel durch.
Und dann komme ich auf den wahren Kerneiwanger
und da
blitzt mir der Nazi entgegen.
Was mich daran ganz besonders stört,
ist also nicht nur diese Lust daran,
jemanden dazu schälen
um an irgendein Kernrenn zu kommen,
sondern dass es diesen Kern bei keinem
Menschen gibt.
Den gibt es auch bei mir nicht
in einem drin.
Kein wahrer Kern, in dem man Kommunist, Nazi
oder was was ich was ist.
Sondern was man wirklich ist,
verschiebt sich ständig.
Also wenn man mich fragt, was ist
sozusagen deine wichtigste zentrale
Grundüberzeugung, muss ich sagen,
das kommt ja mal ein bisschen auf den Kontext an.
Es gibt Situationen, wenn ich mit dem
und dem rede, dann ist sozusagen meine
gefühlte politische Position.
Die schiebt sich ein bisschen nach da
oder sie schiebt sich, das gehört
man hat nicht diesen einen wahren Kern,
den die Journalisten zu enthöhlen haben.
Sondern Menschen sind ein Ensemble
von Widersprüchen.
Man ist launisch bis ins tiefste Mark
in sich drin.
Man ist ein klein bisschen, auch immer
ein wenig opportunist seiner selber,
ganz tief in sich.
Also der Mensch, der immer nur Prinzipien
fest nach einer festen
Hierarchie von Werten in allen Lebenslagen
entscheidet, den gibt es vielleicht in Filmen.
Der existiert in der Realität nicht.
Ein jemand, der im Krieg tapfer ist,
kann gleichzeitig feige sein,
seiner Frau einen Seitensprung zu beichten.
Dann ist man nicht einfach tapfer.
Man ist mal tapfer und man ist mal weniger
tapfer und man ist mal großzügig
und dann ist man mal geiziger.
Und man ist grundsätzlich loyal,
aber in dem einen oder anderen Fall hat man
auch schon mal jemanden verfiffen.
So sind Menschen.
Und hier wird ein völlig falsches Menschenbild
erzeugt und es läuft immer auf das LB hinaus.
Ganz tief drin ist der Nazi.
Das ist genau
der Kern, glaube ich,
um den sich ganz vieles in der Debatte
auch dreht.
Und das war übrigens, ich musste da ein bisschen
widersprechen. Du sagst, es ist so ein Aspekt,
über den noch gar nicht gesprochen.
Und ich finde, ja, in vieler
Hinsicht wurde genau darüber berichtet.
Man hat genau diesen Vorwurf
der süddeutschen Zeitung gemacht
und hat gesagt, wie könnt ihr diese Linie
ziehen? Wie könnt ihr sagen,
da gibt es eine direkte Linie
von den jährigen Eivanger
damals bis zum Eivanger
mit gut 50 Jahren,
der dann in Erdingen steht
und sagt, wir holen uns die Demokratie zurück.
Ihr habt ja wohl den Arsch offen und so weiter.
Und dann sozusagen
damit zu belegen, guck mal, da ist ja genau
dieser braune Kern,
über den du gerade gesprochen hast.
Und es ist interessant in eine ganz ähnliche Richtung
und wurde dafür
tierisch verprügelt
gegen Sigmar Gabriel dieser Tage.
Ich glaube ich irgendwo im fernen Ausland gerade
weil das aber dennoch alles verfolgt
und folgenden Satz schrieb,
warum sollen junge Neonazis
aus der rechtsextremistischen
Szene aussteigen, wenn sie am Beispiel
Hubert Eivanger gerade erleben,
dass man auch 35 Jahre später
noch für den Wahnsinn der eigenen Jugend
derart öffentlich
gebrannt markt wird.
Gutes Argument, was würdest du sagen?
Das ist ein sehr gutes Argument.
Ich würde das sofort sagen,
dass wir in unserer Gesellschaft den Menschen das Recht
auf Lernen und auf Veränderung absprechen.
Das ist der Punkt.
Dann verfolgen wir nicht nur
ein völlig falsches Menschenbild,
sondern dann kommen wir in eine ganz üble Welt.
Ich meine,
natürlich ist es schön,
wenn wir kein Jugendlichen hätten,
die braune Schriften in den Schulen verteilen.
Aber wenn jeder
schon als 1670er, die ich schere,
im Kopf haben muss, was auch immer ich hier
jetzt gerade tue,
nehmen moralisierenden Gesellschaft
ein Leben lang alles verhageln.
Ich meine,
ein welcher Freiheitsgeist
sollen dann eigentlich junge Menschen herangeführt werden.
Das ist keinerlei Verteidigung
für rechtsradikales Schriftum in der Schule.
Das ist aus guten Gründen geächtet und verboten.
Aber es ist
natürlich eine Warnung vor einer
Übermoralisierung der Gesellschaft,
die nichts verzeiht.
Genau.
Weil du gerade sagst, Schule
ist ja auch interessant,
wie die Schule damals umgegangen ist
mit der Causa-Eiwanger.
Es gibt ja auch ein zweites Argument,
das ich finde,
ein gewichtiges Argument.
Das Argument zu sagen,
Schule ist ja in gewisser Weise
ein geschützter Raum.
Ja, das ist ein Ort der Entwicklung,
der sich ausprobieren,
der sich austestens
und das austestens auch von Grenzen usw.
Und deswegen ist es ein besonders geschützter Raum.
Wir reden über Minderjährige,
wir reden über Kinder,
wir reden über Jugendliche.
Und die müssen wissen,
dass es sozusagen diesen Raum gibt,
der beschützt ist
und der quasi wie an der Brandmauer
nach draußen ist.
Deswegen schaltest du dann auch nicht die Polizei ein.
Deswegen fängst du nicht an,
das ganze Ding an die ganz große Glocke zu hängen.
Nach meinem Gefühl haben diese Lehrer damals,
die Schulleitung damals,
die haben das eigentlich
und die haben sich genau
dieser Verantwortung bewusst.
Und wenn du jetzt hergehst
und zerrst das sozusagen
ans grelle Licht der Öffentlichkeit,
dann tust du etwas, was so eigentlich nicht geht.
Und ich habe dieser Tage
einen Gedanken gelesen, den ich interessant fand.
Auch als 80-Jähriger
wirst du nach Jugendstrafrecht verurteilt,
wenn du irgendetwas mit 14, 15,
16 oder 17 verbockt hast.
Weil du damals
ein anderer warst,
und du hast die Glocke dahinter,
du ziehst nicht den 80-Jährigen
zur Rechenschaft,
sondern ziehst den 16-Jährigen
im heute 80-Jährigen zur Rechenschaft.
Das ist ein guter Gedanke, finde ich.
Absolut, absolut.
Also das ist das, was ich gerade sagte.
Wir müssen das Veränderungspotenzial
unter den Reife-Prozess
von Menschen und so weiter berücksichtigen.
Das Strafrecht macht das ja,
in dem Jugendstrafrecht halt anders ist
als das Erwachsenen-Strafrecht
und das ist auch einfach richtig.
Also wenn du sonst sagst,
jemand kann ein Leben lang als Erwachsener
wie ein Erwachsener für das Beurteil
werden, was er mit 16 gemacht hat,
geht das auch für das, was er mit 10 gemacht hat?
Wo ziehen wir denn dann die Grenze ein?
Also wenn wir bestreiten,
dass es eine Entwicklungsfähigkeit des Menschen gibt,
weil man ja einen teuflischen
oder göttlichen Kern in sich trägt,
der unvorrückbar ist,
der den barren Charakter in einem beschreibt.
Wenn wir tatsächlich so ein Bild hätten,
dann können wir die vollständige Verantwortung
übernehmen. Nein, also wir haben gute Gründe,
das nicht zu tun.
Und diese Grenze, ich meine,
heute ist ja die Zeit der Reife
in einigen Bereichen,
viel länger noch als früher.
Also in einigen Punkten sind 18-Jährige
heute viel, viel Erwachsener
als wir damals
und erst recht meine Eltern und große Eltern
und in anderen Punkten haben sie eine viel,
viel längere Kindheit und Reifezeit.
Und diese Kindheit und Reifezeit
sind wir als Gesellschaftmenschen auch heute gerne ein.
Also sozusagen die Spielphase
im Leben ist heute viel länger als früher.
Mit 14 kamen 90%
der Bevölkerung früher in die Lehre
und musste sich wie Erwachsene verhalten.
Ja, und heute kann man auch mit 25
irgendwo so nicht wissen, was man ist
oder auf der Suche nach seiner wahren Sexualität sein
oder auf der Suche nach seinem Sinn
und nach seiner Rolle und seinem Glück und so.
Das wird ja auch Menschen heute zugestanden,
ist ja auch gut so. Und früher wurde er bei
ab 14 musste man ja funktionieren, wie ein Erwachsener.
Und wenn wir auf der einen Seite eben zugestehen,
dass Menschen eben lebenslang
suchende sind und sich auch verändernden,
dann können wir nicht in den,
wenn wir das mit einem Politiker zu tun haben,
der großen Teilen der Presse aus Gründen,
die sie weiß
und die sie kennt und warum das so ist,
undiebsam ist, dem das absprechen,
dass er in der Lage ist, ein Entwicklungsprozess
durchzumachen. Und ich sehe einen großen
Unterschied zwischen diesem
ekelhaften
Flugblatt, das damals gemacht wurde
und der Entgleisung
von Hubert Eivanger, als er sagte,
wir holen uns die Demokratie zurück.
So, das ist nicht das Gleiche.
Ja, das erste ist
richtiger Nazi-Scheiß gewesen,
ja, übelste Nazi-Witze.
Und das zweite ist Trumpismus.
Und das ist nicht das Gleiche.
Ja, jeder Populist
redet so, ja, wir holen uns unser Land zurück,
wir sind die wahre Demokratie und so.
Das ist der Sprech von Populisten
in aller Welt.
Kein Ausweis.
Ja, es ist genau.
Das gibt es beim Brexit.
Bei Trump, ich nehme mal anders,
die Rassombleen national
wahrscheinlich relativ ähnlich reden,
wenn Marine Le Pen daran ist und so.
Das ist aber etwas anderes,
als ein überzeugter Nazi zu sein,
der Witze über den Holocaust macht.
Das sind zwei verschiedene Dinge.
Und wir können nicht die Nazi-Grenze
1 cm rechts von der Mitte anfangen lassen.
Ja, und auch häufig habe ich in der
Zeit das Gefühl,
für Jan Böhmermann ist jeder,
der rechts von der SPD steht,
ganz schnell unter Nazi-Verdacht.
Und wenn wir so kollektiv
alle Leute, die irgendein rechtes
Gedankengut haben,
direkt als Nazis brandmarken,
dann nehmen wir natürlich
dem Nazi-Begriff, ja,
die Schärfe.
Wir schaffen ein riesiges Monstrum,
nebulöses Monstrum,
wer dann alles ein Nazi ist und so weiter.
Das kann mir von ganz normalen Rechten
unterscheiden werden.
Immer in dieser inflationäre
Gebrauch des Begriffes Nazi.
Ja, schlimm.
Ja, also das letzte Mal
richtig übel aufgestoßen
ist es mir, muss ich wirklich mal in der
Deutlichkeit sagen,
als plötzlich die CDU,
Friedrich Merz, es waren dann plötzlich
auch Nazis mit Substanz.
Zitat Jan Böhmermann.
Furchtbar.
Ja, das habe ich gesagt auch nicht.
Frag ihn mal, wenn du ihm beim nächsten Mal
triffst. Du hast ja schon mal mit ihm diskutiert.
Also ich finde, das unsäglich...
Was soll ich diskutieren denn?
Nein, aber ich finde das völlig unsäglich.
Also abgesehen von der moralischen
Selbstgerechtigkeit, dass Jan Böhmermann
entscheidet, wer in Deutschland Nazi ist
und wer nicht.
Und hier mit holzhakarischer Sicherheit
sich zutraut, Urteile zu fällen.
Also ich finde, ich finde, ich finde
ich schon wirklich schlimm. Also es gibt
öffentliche Debattenkultur.
Warum
sind wir in genau
dieser Situation? Warum sind wir
so eine komische moraliensaure Gesellschaft?
Ja, also erst mal würde ich mal sagen,
es gibt eine interessante Parallele
zwischen dem, was heute passiert,
wo also jeder sich klar
bekennende Konservative in der CDU
in manchen Kreisen bereits als Nazi
tituliert wird. Früher war das
umgekehrt.
In meiner Jugend wurden
linke Sozialdemokraten als Kommunisten
beschimpft. Da war übrigens
Kommunismus ein schlimmeres Schimpfwort
als Nazi.
Weil die eigentlich Gefahr kam ja
aus der Sowjetunion oder aus der DDR
oder wie auch immer. Also das große Feindbild
war ja nicht so sehr der Nazi, da hat man
sich ja mit dem aufarbeiten, manchmal auch wirklich lange
Zeit gelassen. Sondern das Hauptfeindbild
wo von dem man die Gesellschaft bedroht
war von Kommunisten.
Oder Krypto-Komponisten, Untergrundkommunisten
und wie man die alle genannt Willzeitung
ist das sehr breit mit umgegangen.
Günter Wallraff war für die ein Kommunist
und Herbert Zehner natürlich ein Kommunist
und Willi Branden Kommunist und so weiter.
Das heißt, da hat man also kollektiv den
Begriff Kommunismus für alles unliebsame
eingesetzt, was auch nur ein ganz klein
bisschen sich getraut hatte, links zu sein.
Und heute erleben wir,
das Gespenst des Kommunismus ist weg,
Kommunismus ist eigentlich kein Schimpfwort
in der Gesellschaft mehr, weil es so gut wie
keine mehr gibt.
Und das Gleiche erleben wir jetzt, dass der
dualische Kompass, also immer auf der Suche
ist oder der Geiger-Zähler, immer guckt,
tickt irgendwo was als irgendwo einer
verkappter Nazi.
Offensichtlich braucht die
Öffentlichkeit sowas.
Ich bin mir gar nicht sicher, ob die
Öffentlichkeit das braucht.
Einige Massenmedien haben groß, ich meine
mit der Öffentlichkeit sagen wir die
Fer-Öffentlichkeit, also die mediale
Repräsentation der Öffentlichkeit, die
und da hast du recht, mit der Öffentlichkeit
natürlich nicht identisch ist.
Weil du gerade
Jan ansprichst, Jan Bümmermann,
der sich auch gerne mal mit uns
beschäftigt, beschäftigen uns jetzt mal
mit ihm, finde ich gut,
weil gerade jetzt der Anlass mal da ist,
damals in dieser Diskussion
auch auf dieser Zeitveranstaltung,
Giovanni di Lorenzo,
wir sitzen da im Hamburger Michel
und diskutieren ging um Corona und so weiter
und da hat mir ja damals vorgeworfen
die berühmt berüchtigte False Balance.
Das haben mir auch
die Kolleginnen vom Spiegel vorgeworfen
und wieder wurde ich ja gefragt,
wie es denn sei, für den Tod von Tausenden
von Menschen verantwortlich zu sein.
Willkommen im Club, es ist mir auch schon vorgeworfen worden.
Ja und zwar deswegen,
weil wir das Vergehen
begangen hatten,
Hendrik Strick ab und zu in die Sendung
einzuladen. Das war der Grund
für den Vorwurf, für den Tod von
ich zitiere Tausenden von Menschen
verantwortlich zu sein. Das Zitat ist auch genauso gefallen,
das wurde hinterher dann auch bestritten,
hat jemand dann aber auch öffentlich
nochmal wiederholt und deswegen mache ich es
jetzt auch öffentlich.
Und das war damals die Geschichte
auf dieser Zeitveranstaltung
und da warfen wir auch diese False Balance
vor und raunte da so
und ich bin ja dann auch dafür verantwortlich,
dass da Menschen sterben.
Das fand ich damals alles sehr ungut
und ich sag dir, warum ich es ungut fand.
Dann war auch plötzlich jemand wie Alexander Kekolé,
jemand, den man nicht mehr einladen durfte
zu sein.
Und der, der das so ein bisschen ambivalenter
betrachtet hat, wie stark das gemacht hat
und Kekolé.
Die hat man hier um die Ohren gehauen
als zu sagen Relativierung
von Corona.
Genau.
Gut, dass du es nochmal so sauber erklärst
und weißt du was mich damals wirklich gestört hat?
Ich habe Lust
am Streit und ich diskutiere gerne
und das mache ich auch, wenn immer es geht
und wenn der Streit
zu streiten ist, dann mache ich das
und dann tragen wir das aus
und hinterher sind wir wieder gut miteinander
und ich werde auch oft gefragt,
wie eigentlich mein persönliches Verhältnis zu Sarah Wagenknecht
ist und ich sage, das ist großartig.
Ich schätze sie, ich mag sie,
man ist freundlich miteinander
und ich tausche mich wahnsinnig gerne mit Sarah Wagenknecht aus,
wenngleich ich
viele ihrer Positionen, gerade was
Russland und so weiter angeht
oder den vermeintlichen Wirtschaftskrieg,
denn wir oder der böse Westen
gegen die armen Russen vom Zaun gebrochen hat,
ist das Argument gar nicht,
weil es einfach eine Täter-Opferumkehr ist.
Aber das ist ein anderer Punkt.
Was mich bei Jan Böhmermann damals
wirklich zuerst gestört hat
und wo ich gemerkt habe,
da gibt es so ein Mechanismus,
wenn Comedians
oder Satirica, wie er sich nennt,
die dann plötzlich argumentativ
in der Ecke sind, in der Enge sind,
das war damals so, das spitzte sich so zu
und so weiter
und man merkte plötzlich, okay,
ich weiß eher meine Richtung,
da nimmt er immer den Notausgang Satire
und sagt, du, ich
kenne mich ja auch gar nicht aus,
ich bin ja gar kein seriöser Journalist
und so weiter, ich bin ja nur ein kleiner Satirica
und so weiter und man darf ja wohl mal
und das ist etwas, was mich wahnsinnig stört.
Du zündelst mit Argumenten, haust einfach mal einen raus
und wenn du merkst, es geht
daneben oder fällt dir auf die Füße,
dann nimmst du den Notausgang
dann war es Satire.
Und damit kann ich nicht gut umgehen
weil ich immer denke, man muss schon klar sein
in seiner Sache, also
mach gerne Witze, dann lachen wir alle gemeinsam
darüber und verarsche auch mich.
Alles gar kein Thema, kannst du machen.
Jeder, der seine Nase in irgendeiner Form
daraus in diesen öffentlichen
Wind hält, muss damit leben, dass der Wind
irgendwann von vorne kommt.
Nicht das Thema, das Thema ist aber
dieses, das ist ne Form
von Feigheit dann letzten Endes auch,
ja dann steh doch bitte zu deinem Argument,
kenne dein Argument,
rede es so, dass es auch wirklich
glaubwürdig und konsistent ist
und dann bleib auch dabei. Aber sag nicht
da gibt es jetzt irgendwie
diesen Notausgang und den nehm ich immer dann
wenn es eng wird, es geht nicht.
Also ich glaube, dass das Problem ja viel größer ist
als die Person Bömermann,
sondern es ist wirklich mal interessant
darüber nachzudenken, welche gesellschaftliche Rolle
Comedians heute in der Gesellschaft
einnehmen.
In den 60er, 70er, 80er
bis in die 90er Jahre,
dass es noch keine Comedians gab, sondern nur
Kavarizisten,
waren das im Regelfall halb oder
sehr mutige Leute, deren
Aufgabe darin bestand, sich mit den Mächtigen
anzulegen.
Also diese Rollen, die Dieter Hildebrand
oder Matthias Riechling und so weiter gespielt haben
und einige noch sehr viel mehr an dieser Tradition
steht ja nur Volker Pispers und so,
der jetzt ja leider nicht mehr auftritt.
Und das ist immer, immer, immer
sozusagen den Herrschaftsdiskurs in Frage
zu stellen. Also das, was die Mehrheitsmeinung
ist oder was die Parteien vertreten
und sowas sozusagen kritisch und satirisch
zu beleuchten.
Das heißt also, man legt sich mit den Mächtigen an,
das ist die klassische Rolle des politischen
Kavariz gewesen. Heute haben wir politische
Comedians, was ja Jan Böhmermann ist,
er erzählt ja nicht einfach kein Krunk Franzier
und politischer Comedian.
Und was machen die? Die Brandmarken
alles, was nicht im Mainstream liegt.
Also genau umgekehrt.
Sie sind jetzt nicht sozusagen das
Korrektiv,
also das, was sowieso alle denken ja mal
in Frage stellt und überlegt, ist das so?
Sondern sie sind das, die es bestätigen
und die alle, die es wagen, den Mainstream
in Frage zu stellen. Karolin Kebekus gehört
wunderbar auch dazu.
Das sind die, die also was sagen,
die gerade herrschenden Mehrheitsdiskurs,
da wo ich nenne, das ja immer der Cursor
des gefühlten Anstandes ist, ja.
Der wird von den Comedians nicht in Frage
gestellt, der wird immer verteidigt.
Das heißt also, sie haben
so eine Herrschaftsstabilisierende
Funktionen inzwischen übernommen.
Abweichler durch den Kakao,
abweichler durch den Kakao zu tieren.
Leute, die sich getraut haben, mal eine andere
Meinung vorzubringen oder von der
augenblicklichen Mehrheitsmeinung irgendwo
abzuweichen, die werden lächerlich gemacht
mit zum Teil drastischer Art und Weise.
Und das finde ich, ist ein
sociologisch hochinteressanter Befund.
Wie hatte es eigentlich dazu kommen können
und ich glaube, da haben wir
amerikanische Muster kopiert.
Die Comedianlandschaft in den USA
funktioniert ja recht ähnlich.
Ja, John Stuart, mich neulich gehört,
wenn man eine echte Legende,
der klingt mittlerweile auch teilweise
wie ein Aktivist,
stößt das irgendwie auf.
Der so geschätzte John Stuart,
warum muss man das so machen?
Diesbezüglich übrigens interessant,
das ist auch das Problem, mit dem sich
Dieter Nuhr gerade rumschlägt, ne?
Ja, genau. Und ob ich jetzt in dem einen
oder anderen Punkt...
Und Dieter Nuhr ist einer, der diesbezüglich
Herrschaftsnarrative
infrage.
Und jetzt geht es überhaupt nicht um
die Frage, ob ich in dem Punkt mit ihm
übereinstimmen oder in dem oder in dem,
sondern es geht darum, dass das eigentlich
auch durchaus die Aufgabe
von politischen Comedians ist.
Es ist der Job.
Aber die Tatsache, dass er das so macht
und dass er da witzelt und Sachen infrage stellt
und so weiter, wird also von den anderen Comedians,
die so eine Art
Sharia-Polizei für den Cursor
anstandes sind, angegriffen
und zwar massiv.
Ich kenne Dieter Nuhr wirklich nur so ein bisschen,
aber
Dieter Nuhr begleitet mich quasi durch
mein halbes Leben, hatte früher beim WDR
immer so eine Kolumne
bei WDR 2. Und den habe ich ganz oft gehört
so auf dem Weg zur Arbeit, wenn ich
so über die A4 geeiert bin
mit meiner Karre.
Ich habe ganz häufig Dieter Nuhr gehört und zwar mal schön.
Und ich habe mit Entsetzen
festgestellt, dass der ehemalige Lehrer
der eher, also in meinen Augen
war mein Gefühl her,
der links-liberale Dieter Nuhr
ist plötzlich auch so ein Gefühl,
so ein halber rechter, der denkt,
nee, nein, wenn ihr weiß, wie das endet,
gehört Dieter Nuhr in diese Ecke.
Nein, der ist nicht rechts, sondern
der hat ja auch von sich selber gesagt,
der Gürtel war Grünwähler der ersten Stunde,
wie ich übrigens auch.
Und dann kann man plötzlich von Entwicklungen
der letzten zehn Jahre entsetzt sein,
weil man sagt, das ist doch nicht mehr das Grün,
dass ich das nicht verstehe.
Und das ist auch nicht mehr das Links,
für das ich bisher immer gestanden habe.
Es ist also eigentlich, es ist nicht Kritik
von rechts, sondern es ist Kritik aus den
eigenen Reihen. Man kann sogar sagen,
Kritik aus der eigenen Vergangenheit.
Das heißt also, man wird quasi
mit dem konfrontiert, was man doch
eigentlich mal war.
Und darauf reagiert man hochsensibel
und schiebt jeden Linken,
der es war, Linke zu kritisieren,
in die rechte Ecke.
Genau.
Ich habe in dieser Tage beschäftigt
die deutsche Politik noch immer,
die Causa des geschahsten Leiters
des Bundesamts für Sicherheit
in der Informationstechnik.
Arne Schönbohm, hast du den Fall ein bisschen verfolgt?
Nein, erzähl mal.
Der ist auch eher von Jan Böhmermann
vorgeführt worden.
Kann man glaube ich so sagen,
es behauptet worden,
dass Schönbohm sozusagen über ein Lobbyverein
einer mit dem
russischen Geheimdienst verwandelten
Firma nahesteht.
Ist dann irgendwie veräppelt worden,
ist dann irgendwie mit einer Klaunsnase
gezeigt worden und so weiter.
Und
diese Recherche,
also Recherche
unter Anführungszeichen,
das Thema war in der deutschen Politik,
habe ich in dieser Tage mit jemandem gesprochen,
der da wirklich tief drin ist.
Es war lange bekannt.
Und es war auch lange bekannt, dass da nichts dran ist.
Wir haben ja immer das Gefühl,
der Verfassungsschutz ist sozusagen,
das sind so diese Spione,
die ihr Ding machen,
die agieren so in diesem ganzen Graubereich
und eher im Dunkeln und so weiter
und haben eigentlich mit der Politik nichts zu tun.
Die sind quasi unabhängig, das stimmt aber nicht.
Sondern die Innenministerin in dem Fall
ist weisungsbefugt.
Die sagt was auf guck da mal hin.
Und das wird jetzt gerade Nancy Faeser zum Verhängnis,
die dann offenbar
das gesehen hat
und der Meinung war,
okay, dieser Mann ist jetzt einfach nicht mehr zu halten.
Jetzt muss man wissen,
der steht eher der CDU nahe
und hat das zum Anlass genommen, den man rauszuschmeißen.
Stellt sich jetzt raus,
der hat nichts mit irgendeiner russischen
Firma zu tun,
die dem russischen Geheimdienst nahe steht und so weiter
und ist ein großes Politikum
und wird gerade
zu einem echten Thema
auch unser Sender hat,
damit jetzt ein echtes Thema,
der im Bund, der ist gefeuert worden,
macht jetzt was anderes.
Jetzt war der, der leitet, glaub ich,
seit Januar, die Bundesakademie
für öffentliche Verwaltung.
Das ist aber ein exzellenter Beamter.
Das ist das, was ich von denen man immer höre.
Ein absolut integerer,
exzellenter Beamter,
von denen Deutschland übrigens erstaunlich viel hat.
Das ist etwas, das muss nicht auch noch kaputtmachen.
Es gibt in diesem Land
wirklich ein paar exzellent gute Leute,
die wir schimpfen immer so gerne
in der Verwaltung.
Ich weiß, dass in unserer Jugend war Beamter zu sein,
das war ja quasi so eine Art Schimpfwort.
Aber es gibt in dieser deutschen Verwaltung,
gerade in der Spitze,
direkt sozusagen hinter der ersten
politischen Ebene,
die Staatssekretäre und so weiter
und dann auch noch darunter,
da gibt es Leute,
die machen einfach einen
exzellent guten Job,
die kennen deutsches Recht,
die kennen europäisches Recht,
die haben ja Gesetzesänderungen
wegen alle Untiefen
ab, sozusagen,
alle Gegenargumente,
alle Argumente, die dafür sprechen
und treffen dann eine Entscheidung.
Und das ist eine gute Sache,
dass wir diese Leute haben.
Die sind unkorrumpierbar,
die sind Teil dieses
guten Deutschlands,
das wir haben, glücklicherweise.
Und deswegen fand ich es auch immer in der Causa Wolf.
Der arme Wolf hat mir mal leidgetan,
das muss dieser arme Mensch sich irgendwie
für ein Bobbycar rechtfertigen.
Aber das prinzipiell,
die deutsche Justiz sagt, es ist uns 20 Mio.
Wert mal genau hinzugucken,
was da wirklich war.
Und zwar auch als Botschaft für alle anderen,
so nach dem Auto versucht es erst gar nicht.
Aber es ändert ja nichts an,
wer einmal medial verbrannt ist,
der dem haftet,
die Schwärze und der Brandgeruch ein Leben lang an.
Und das Problem,
was wir hier haben,
ist, das ist eine sehr normale Vorverurteilung.
Ja, Schönbom ist ein,
das ist ein, ehrlich gesagt,
bringt jetzt auch die Innenministerin in Bedrängnis,
weil sie sich natürlich fragen lassen muss,
wie kann das eigentlich sein?
Und es geht wohl soweit,
dass es in diesem Verfassungsschutzbericht,
wenn der Innenminister oder die Innenministerin anordnet,
guckt da mal hin.
Dann gucken die hin.
Dann kommt das zurück und die sagen, da ist nichts.
Wir haben das alles abgeklopft.
Und dann sagt man,
das ist wohl in dem Fall gelaufen.
Und am Ende war er weg.
Und das ist schwierig.
Und wenn das dann so medial so getrieben wird,
wie es in dem Fall offensichtlich passiert ist,
und am Ende wird dieser Mann entlassen,
der hat jetzt einen anderen Topjob,
darum geht es gar nicht.
Aber ich verstehe,
dass der Sauer ist darüber,
dass der verbittert ist darüber,
weil ein offenkundig,
markloser,
sehr integrer Beamter
wiederfindet.
Und das Interessante ist ja auch,
du bist Beamter,
du bist nicht in der ersten Reihe.
Aber du findest dich plötzlich
in der ganz großen Öffentlichkeit wieder.
Du bist ja Beamter,
weil du genau das nicht wolltest.
Du wolltest doch jemand in der zweiten Reihe sein.
Du willst einfach,
ganz normal,
deinen guten Job machen,
aber eben nicht
in der ersten Reihe medial,
gemetzelt stattfindet die ganze Zeit,
sondern du willst im Hintergrund
in Ruhe deine Arbeit machen.
Und plötzlich wirst du da so hingehängt,
schwierig.
Ich würde gern von dort aus
zur Eibanger wieder zurückkehren,
weil die Dimension,
über die wir ja bisher nicht geredet haben,
ist die Dimension des praktischen Umgangs.
Also wir waren ja über Einstimmung der Meinung,
dass die Art,
wie er Aufklärungsarbeit über seine Jugend
verrichtet hat,
und dass er da ein sehr schwaches Bild abgibt.
Wir waren uns gleichzeitig
aber einig dafür,
dass Dinge, die man mit 16, 17
gemacht haben, eigentlich ein Leben lang
zur Last gedicht werden können.
Und wir sind uns auch noch,
wenn ich das kurz ergänzen darf,
vielleicht in einen Brittenpunkt einig.
Ich erlebe ja die Leute im Hintergrund.
Ich habe Hubert Eibanger erlebt.
Roman Deininger von der süddeutschen Zeitung
saß neulich da, der kennt den wirklich sehr,
sehr gut, weil er viele dieser Auftritte verfolgt.
Er hat das öffentlich bei uns in der Sendung gesagt,
man mag den ja,
weil der irgendwie so ein Raufbold ist,
der hat Lust am Streit und so weiter,
aber das ist kein böser Mensch.
Ich kenne ihn nur sehr oberflächlich,
aber diese Einschätzung teilen,
das war interessant,
nach der Sendung ihn zu erleben.
Das war für den völlig in Ordnung,
dass ich ihn hart rangenommen habe,
dass wir richtig hart gestritten haben und so weiter.
Das fand er alles in Ordnung.
Und was nicht kam,
es kam nicht im Hintergrund
auch dieses komische Geraune
gegen Migranten
oder so halbraunes Zeug und so weiter.
Nichts von alledem.
Wirklich nichts, deswegen würde ich immer sagen,
wenn Hubert Eibanger sagt,
ich bin kein Antisemit
und ich bin auch kein Menschenfeind,
dem heutigen Hubert Eibanger
nehme ich das zu 100% ab.
Ein weiterer Punkt, der dazu kommt,
ist Schamhaftigkeit und Schamlosigkeit.
Wir haben darüber gesprochen,
wir erleben eine Gesellschaft,
in dem der geforderte Anstand immer höher wird,
in dem also nichts mehr durchgeht,
wie wir hier sehen,
auch kein Scheiß, den man mit 16 oder 17 gemacht hat.
Wir müssen also gezwungen,
jeder Mensch, der in der Öffentlichkeit ist,
muss ein perfekter Mensch sein.
Er darf nichts haben,
was er irgendwann mal irgendwo in seinem Leben
irgendwie nicht in Ordnung war,
weil anders als in früheren Zeiten
findet sich mit Sicherheit irgendjemand,
der das ans Tageslicht zert
und einen verpätzt.
Und jetzt festnisiert Folgendes,
wir leben also in einer Gesellschaft,
in der also immer ein immer mehr Anstand
verlangt wird, aber gleichzeitig
immer mehr Anstand verloren geht.
Nämlich den Anstand,
dass man jemand nicht für was,
was er vor 35 Jahren gemacht hat, verpfeift.
Das heißt, das Maß an Schamlosigkeit
in unserer Gesellschaft,
das verringert sich nicht, es verlagert sich.
Es verlagert sich von der Schamlosigkeit des Tuns
in die Schamlosigkeit des Demunziens.
Und das ist
für die Vertrauenskultur in unserem Land
keine besonders gute Nachricht.
Offensichtlich gibt es da überhaupt nichts mehr.
Oh ja, der hat doch mal das gemacht.
Jetzt gehe ich mal hin
und erzähle mal, was er da vor 20 Jahren gemacht hat.
Oder ich erinnere mich daran,
der hat doch damals da auf dem Volksfest da
und so weiter. Ja, und das erzähle ich jetzt mal
dem Spiegel oder der Süddeutschen Zeitung.
Was sind das für Menschen, die so was tun?
Im Namen des Anstands
jeden Anstand fahren zu lassen
und zu verpetzen,
zu denunzieren, Handyfotos zu machen
und so. Wir sind ja so eine einzige
Verpfeif- und Verpetsgesellschaft geworden.
Das tut uns nicht gut.
Ne, es tut uns nicht gut.
Es wird alles
wahnsinnig breit getreten.
Wir sind auch Teil davon, muss man jetzt auch selbst kritisch mal anmerken.
Will einen anderen Gedanken nochmal
in die Runde werfen, Richard.
Die Süddeutsche Zeitung
ist zum Teil auch heftig
kritisiert worden. Man sagt, man kann nicht
in diesem ersten langen Stück
das sehr gut zu lesen
war.
Das war auch das Problematisch an dem Stück.
Es war ein richtig gut geschriebener Text
und man hatte das Gefühl, das ist zwingend.
Das ist logisch. Ja, da hat man jetzt
dieses alte Ding gefunden
und da führt die direkte Linie
von damals
zu dem 17-jährigen Eivanger
zum heute 52, 53-jährigen Eivanger
und das ist
ganz klar, der hat diesen braunen Kern über den
17-jährigen Eivanger gebrochen.
Roman Deininger, der Kollege von der Süddeutschen.
Ich wirklich sehr schätze, weil er so ein,
erstens ist er so lustig.
Roman ist ein wahnsinnig lustiger Typ
und zweitens, der hat so einen herrlichen Humor.
Er schreibt doch immer so wunderbare Söderreportagen,
empfehle ich sehr.
Aber gleichzeitig ist er so ein Menschenfreund,
der Marktmenschen
und der sagt, der weißt du, mit dem 17-jährigen
Hubert Eivanger muss man milder sein.
Mit dem 52-jährigen Hubert Eivanger
dagegen nicht.
Das ist für uns einig.
Das ist genau das Gleiche,
was ich auch sage.
Die Aufarbeitung
und den Umgang, den Eivanger
mit dem, was er damals gemacht hat,
pflegt, der ist absolut nicht in Ordnung.
Das ist absolut meine Meinung.
Ich wollte nur mal von anderen Gedanken hinaus, Richard.
Was gesagt wird
und in die Richtung argumentiert,
auch Hubert Eivanger sagt, es ist ja kein Zufall,
dass das jetzt gerade kurz vor der Wahl so rauskommt.
Dreh es mal für eine Sekunde um
zu kommen.
Ich finde, da muss man die Kollegen der
süddeutschen Zeitung
ganz kleinen Schutz nehmen.
Wenn du so etwas hast,
wann solltest du es dann berichten?
Das ist nicht der Kritikpunkt.
Solltest du es berichten nach der Landtagswahl?
Doch, doch, doch.
Das wäre nicht meiner.
Wenn du dich dazu entschlossen hast,
das ist mein wichtiger Entschluss zu sagen,
das muss an die Öffentlichkeit.
Dann kannst du das nicht so lange
in der Schublade lassen, bis die Wahl gelaufen ist.
Dann machst du dich quasi indirekt zum Wahlhelfer.
Das kannst du nicht machen.
Dann musst du es veröffentlichen.
Eine andere Frage ist,
musst du es veröffentlichen
und B, musst du es mit dem T-Nur veröffentlichen?
Das ist der wahre Eivanger.
Das sind die beiden strittigen Punkte.
Ja, das ist der strittige Punkt.
Ich weiß daran, ich denke,
ich habe mal vor ein paar Jahren im Interview gehabt,
James Comey,
ein wahnsinnig beeindruckender Mann,
Simons und so weiter.
Das ist so ein ganz, ganz
aufrechter Kämpfer,
ich würde sagen, für die Wahrheit.
Das war auch derjenige,
der damals kurz vor der Wahl,
kurz vor der Wahl schon Trump,
2016,
mit diesen E-Mails
von Hillary Clinton nochmal
um die Ecke kam und sagte,
wir haben da jetzt nochmal Ermittlungen aufgenommen.
Ganz kurz vor der Wahl.
Das wurde ihm dann hinterher,
wurde ihm das wahnsinnig übel genommen von demokratischer Seite,
weil die sagten, wie könnt ihr so was machen?
Das war wirklich 1a Astra in der Wahlkampfhilfe für Donald Trump.
Das hat den letzten Endes ins Amt gebracht.
Und er hat mir erzählt von diesem tiefen Gewissenskonflikt, den er hatte.
Er sagt, ich habe nächtelang, habe ich nicht geschlafen,
weil ich mir überlegt habe, was passiert, wenn ich das jetzt mache?
Ich helfe dem Trump.
Das ist richtig.
Aber am Ende sagt er, das ist das eine.
Und das andere ist, er sagt, am Ende ist mir klar geworden,
ich bin Staatsanwalt und ich bin zuständig in diesem Land für die Wahrheit.
Und ich bin jetzt hier der FBI-Chef.
Und es geht nur um die Wahrheit.
Und die Wahrheit muss immer und immer und immer erzählt werden.
Und wenn die Geschichte so ist, dann ist sie so.
Und notfalls auch zwei Tage vor der Wahl.
Dann muss die Geschichte erzählt werden.
Und wie würdest du mit dem Argument rechtfertigen?
Die Süddeutsche? Ja.
Ja, wenn du die Geschichte rund hast,
wenn du die eidesstaatlichen Versicherungen hast,
wenn du die Zeugen hast und auch wenn du sie anonymisiert hast.
Ich bitte dich, darüber hat sich auch viele mokiert und gesagt haben,
werden nur anonymer Zeugen präsentiert.
Ich meine, das ist ein sehr übliches Vorgehen von investigativen Journalisten, das zu tun.
Und wir reden hier über Verdachtsberichterstattung.
Und es ist natürlich relevant die Frage,
ob der stellvertretende bayerische Ministerpräsident
irgendwann mal so etwas verfasst hat und wie er eigentlich heute so unterwegs ist.
Die Frage kann man ja stellen.
Die muss man auch stellen.
Das meine ich doch.
Das ist auch nicht mein Punkt.
Und das ist, wenn du so willst, an dem Punkt eine vergleichbare Situation.
Find ich ja.
Ja, aber du kannst natürlich auch einen Text treiben.
Die Kollegen haben sich dafür entschieden, es zu machen.
Ja, aber dann, denen die Kollegen sich ja auch entscheiden können
und könnten diese Geschichte erzählen können auf der einen Seite
und die klare Verfasserschaft und das Flugblatt und Wasser draufstand und so weiter.
Das kann man alles erzählen.
Und wenn man meint, dass man das in diesem Moment veröffentlicht muss.
Ich bin immer noch nicht so ganz sicher.
Aber mal für den Fall, dass das so ist, weil das so wahrheitsförderlich ist.
Wo ist dann der einordnende Text, der diesen Abstand einzeichnet,
den wir hier gerade im Podcast machen, den Abstand nach dem Motto.
Das ist natürlich alles wahnsinnig lange her.
Und in den letzten Jahren hat Hubert Eibanger nirgendwo durchblicken lassen,
dass er sich diesem Ungeist noch verpflichtet fühlt.
Das stand da soweit, ich weiß nicht.
Das kam danach.
Ich glaube, da gibt es auch einen Nachdenken.
Roman Deininger meinte zu mir, weißt du, wenn Hubert Eibanger
gesagt hätte im Vorfeld, hätte sich klar erklärt und hätte gesagt, das war ich gar nicht.
Das hat mein Bruder geschrieben, dann hätten wir die Geschichte wahrscheinlich gar nicht gemacht.
Also insofern ist auch dieser Fall an weiterer guter Beleg dafür, dass Politiker selten
über die eigentliche Affäre stolpern, sondern über den Umgang.
Ja, da ist was dran.
Das sehe ich ja auch so.
Das hatte ich als Beispiel von Wolf oder Beckenbauer oder was weiß ich,
ich weiß nicht, da gibt es noch viele andere Beispiele dafür.
Aber weißt du, das liegt immer daran, wenn du in so eine Situation gerätst,
was machst du dann? Großen Anwalt an.
Und Juristen sagen dir, nichts zu geben.
Nichts zu geben.
Die müssen erst mal sehen, dass die dir das glaubhaft und nachweisen müssen.
Du musst beweisen, dass du das Flugrad nicht geschrieben hast.
Die müssen dir beweisen, dass du das Flugrad geschrieben hast.
Und wie auch immer, dass Flugrad zustande gekommen ist,
da waren ein oder zwei Personen in der Dachkammer mit einer Schreibmaschine
und da gibt es wahrscheinlich keine Zeugen oder die einzige Zeuge sind Bruder und Bruder.
Und solange dir niemand irgendwie nachweisen kann,
das kannst du das gemacht, das gibt gar nichts zu.
Das ist die Tipps, die man immer vom Anwalt in so einer Situation bekommt.
Aber nach hinein, Wolf, Beckenbauer und so weiter,
werden die wahrscheinlich auch denken, es war falsch.
Maximal reinen Tisch machen, alles zu geben.
Und dann kann man sagen, hier stehe ich und kann nicht anders.
Ja, ich war ein Idiot.
Ich habe mir in den falschen Kreisen verkehrt.
Ja, ich habe etwas witzig gefunden als 17-Jähriger,
was ich heute nur noch als Menschen verachtend bezeichnen kann und so weiter.
Und diese Worte sind in dieser Form nicht gefallen, da ist ein bisschen rumgedruckst und so.
Ich habe mir diese Antworten auf den Fragebogen.
Ja, ich habe das Flugbeutel ja nicht geschrieben.
Und nee, deswegen kann ich mich auch nicht mehr erinnern.
Ich weiß ja auch gar nichts mehr und so.
Und da hat man Leidheit, das nehme ich ihm nicht ab.
Ja, also an so eine Situation, dass du in der Schule
von Untersuchungsaufschluss kommst, dass du von der Schule fliegen kannst und so weiter.
Und du sagst, du kannst ja nichts erinnern, das quatscht.
Aber hier kommt es noch mal zum Schluss an.
Ein interessanter Punkt.
Wenn du sagst, du glaubst ihm das nicht, er sagt das aber.
Er sagt es so.
Ja, das kann ja auch sein.
Und er sagt zum Beispiel auch.
Da muss man die Frage stellen, kann jemand, der so ein schlechtes Gedächtnis hat,
stellvertretender Ministerpräsident eines anderen ist?
Tue ich alle.
Ja, nicht ernst gemeint.
Aber nein, es kann ja durchaus sein, dass alles, was er gesagt hat, Rechte,
und dass er sich nicht erinnern kann.
Also im Zweifelsfall muss das immer als mögliche Option im Raum bleiben.
Ja, und was mich zum Beispiel in der gesamten Geschichte, in der Gesamtbetrachtung,
ja, wenn man das jetzt nochmal so ein bisschen nach Review passieren lässt,
was mich wirklich massiv stört, ist mittlerweile dieser Sound, der da so entstanden ist.
Es ist eigentlich fast egal, ob er es geschrieben hat oder nicht.
Und ich finde, auf dem Punkt muss man immer wieder hinarbeiten,
dass es eben gerade nicht egal ist.
Unter einem Gesicht ist es kein Stil, weil es 35 Jahre her ist, ist es egal.
Aber unter dem Aspekt ist es egal.
Aber unter dem Aspekt, heute reinen Tisch zu machen, ist es nicht egal.
Das sind zwei verschiedene Dinge.
Das meine ich auch.
Und wenn er sagt, ich war es nicht und niemand von medialer Seite kann ihm das Gegenteil beweisen,
dann sollten wir dann irgendwann auch mal sagen, so dann ist aber auch mal gut.
Und dann muss es auch dieses Momentum geben, und man sagt, jetzt ist jetzt jetzt auch mal Feierabend.
Ich finde ja politisch hat der Söder, Markus Söder das brillant abgeäuert.
Was sollte er sonst machen?
Also wenn er schafft ein Märtyrer, wenn er ihn kurz vor der Landtagswahl feuert
und er kann danach nicht mehr leise pfeifen, mit den freien Wähler eine Koalition eingehen.
Richtig.
Also deswegen, du musst gar nicht brillant sein.
Es gibt nur eine Handlungsoption.
Ja, ich fand, er hat sich auf Standorte Knobloch berufen.
Es fand ich interessant, die 90 Jahre alt mittlerweile.
Frau mit einer sehr bewegenden Geschichte, ihre ganze Familie ist im Holocaust umgekommen,
von Nazis ermordet worden.
Sie selber hat überlebt, weil sie, glaube ich, von einer von einer Hausangestellten,
ist sie versteckt worden, von einer Haushälterin irgendwo von einem Bauernhof
und hat das das ganze so überstanden.
Es ist eine echte moralische Instanz.
Und übrigens, der Grund, das wusste ich nicht, vielleicht wusstest du das, Richard.
Der Grund, warum es in München, auf den Straßen München, es gibt es keine Stolpersteine.
Ist dir das mal aufgefallen? Mir nicht.
Nee. Es gibt keine Stolperstein in München und offenkundig aus Respekt
vor genau dieser Frau, vor Charlotte Knobloch.
Weil die sagt, Stolpersteine mit Boden, alles, was sozusagen auf dem Boden ist,
tue ich mich wahnsinnig schwer, weil ich habe immer diese, ja, ich habe die,
nee, ich habe diese Bilder im Kopf, wie damals Juden auf dem Boden lagen
und getreten worden sind und misshandelt worden sind und teilweise totgeschlagen
worden sind. Und damit hat die so ein Problem und deswegen hat sie ein Problem
mit Stolperstein auf dem Boden. Ja, das wusste ich nicht.
Ich will nur darauf hinaus, Markus Söder sagt, ich habe mich mit ihr ausgetauscht.
Und sie wiederum hat sich mit Hubert Eibang ausgetauscht, hat auch seine
Entschuldigung nicht angenommen, hat ihm sehr klar gesagt, was ihr davon hält
und hat dann aber in der Abwägung Söder den Rat gegeben, entlass ihn bitte nicht.
Und zwar mit der Begründung.
Mach keinen Märtyrer aus ihm.
Genau, wenn du ihn, wenn du ihn entlässt, ist der Schaden am Ende weit größer,
als wenn du ihn nicht entlässt.
Man muss sich ja das politische Terrain in Bayern auch mal anschauen.
Wir erkennen alle noch die Zeiten, als Franz-Jose Strauß seine absolute Mehrheit
geholt hat. Heute splittet sich das Wählerpotenzial von damals auf drei
Parteien auf. Und die anderen beiden sind ja nicht klein, also die freien Wähler und
die AfD. Und das ist ja alles zusammen ein ziemlich gewaltiges Potenzial und der
Traum eines jeden CSU-Vorsitzenden muss ja eigentlich immer darin sitzen, die
wieder heim in die Familie zu holen.
Was unter Strauß ja noch möglich war, also das alles zu klammern, der berühmte Satz
von Franz-Jose Strauß rechts von mir ist nur noch die Wand oder die rechts von CSU
ist nur noch die Wand. Da darf nichts sein, da darf kein Raum mehr entstehen
lassen. Das ist natürlich im 21. Jahrhundert mit seiner veränderten
politischen Topografie nicht mehr realistisch.
Wenn man versuchen würde, heute die AfD tatsächlich noch so zu integrieren, dass
man ihre Positionen im CSU-Partei-Programm unterbringt, dann zereist
es die Partei. Also man hat ja nicht freiwillig gehen lassen, sondern das ist
eine Solbruchstelle gewesen, die musste irgendwann aufreißen.
Aber wenn man sieht an diesem Beispiel, dass weit mehr als die Hälfte aller in
Bayern wählenden Menschen eine Position einnehmen, die von Mitte bis Rechts
geht, um dann da einen solchen Keil reinzumachen, dass man sich also mit dem
Vorsitzenden der Freien Wähler, dass man den öffentlich fallen lässt, dann kriegt
die CSU ein Identitätsproblem in Bayern.
Und ich glaube, das ist ja doch vollkommen klar gewesen von Anfang an.
Insofern spannender Fall, spannende Geschichte und irgendwie noch viel gelernt
auch in der Reflektion über unsere eigene Arbeit, letztendlich über die Rolle
auch vom Medien, die Art und Weise, wie wir als Gesellschaft ticken und so weiter
ist dieser Fall, Alwanger, ein sehr interessanter Fall.
Der ist halt so vieles zusammenkommt. Also ist das was, worüber wir unlängst ja
geredet haben. Öffentliche Denuziation und Vorverurteilung spielt hier mit rein.
Aber es spielt eben auch die Frage rein, umgehen mit Dingen, die man in seiner
Jugend gemacht hat, zu denen man aus guten Gründen nicht mehr stehen kann.
Und in diesem Fall auch noch ziemlich widerliche Sachen.
Das ist ein zweites großes Thema.
Und das dritte große Thema ist, in welche Richtung wird Deutschland unter solchen
Vorzeichen driften? Das bestürzende daran ist, dass der Rechtspopulismus durch diese
Geschichte eigentlich nur gewinnt. Also wenn sich Herr Eibanger in Bierzelten
jetzt als Aufrechter, Kämpfer und so weiter für seine Sache und die Sache des
deutschen Volkes und so weiter feiern lässt, dann geht diese ganze Geschichte
am Ende ja ganz bitter aus. Also die einzigen Gewinner an der ganzen
Geschichte wird dann der Populismus sein. Und die Leute, die sagen, in diesem Land
darf man ja nicht mehr sein, wie man ist oder nicht mehr sagen, was man denkt.
Und das ist die große Gefahr, die am Ende darin steht.
Und auch das ist einer der Gründe, warum die doch recht offensichtliche
Reullosigkeit von Eibanger eine ziemlich gefährliche Geschichte ist.
Und das vierte Thema, Richard, ist sozusagen die Frage, es gibt in der
Juristerei diesen Begriff oder diese Idee des Rechts auf Vergessen.
Ja. Und ich finde, das muss es geben.
Das Recht auf Vergessen ist ein, also es gibt diesen Recht, das Recht darauf,
dass nicht alles mit der Neonlicht beleuchtet wird, ist ein Ur-Ur-Recht des
Liberalismus. Der Liberalismus hat immer gesagt, es gibt Dinge, die geht die
Öffentlichkeit nichts an. Es muss ein Recht darauf geben auf private Verhaltensweisen.
Damit meine ich jetzt nicht, dass Eibanger Flug bleibt. Das meine ich so zu
ganz grundsätzlich und ganz generell. Ja, und wenn das Grelle-Scheinwerfer
liegt, der Öffentlichkeit in alles eindringend, was Menschen, die in der
Öffentlichkeit stehen, tun, dann werden irgendwann nur noch Zombies in der
Öffentlichkeit stehen können und keine Menschen aus Fleisch und Blut mehr.
Genau. Das ist der Punkt. Schöne Schlusswort. Richard, dank dir sehr für diesen
Austausch. Wir hören uns nächste Woche.
Ja, freu mich auch.
Eine gute Woche. Bis dann.
Danke dir. Ciao, ciao, ciao.
Eine Produktion von Mpoch 2 und Potsats bei OMR im Auftrag des ZDF.
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Häufig ist der Umgang mit einer Affäre fataler, als die Affäre selbst. Trifft das auch bei Hubert Aiwanger zu? Die Vorwürfe rund um das Flugblatt in seinem Ranzen sind 35 Jahre her. Es gibt niemanden, der den Inhalt nicht zutiefst geschmacklos findet. Aber rechtfertigen diese Schüler-Verfehlungen heute einen Rücktritt? Darüber sprechen Markus Lanz und Richard David Precht in dieser Folge und gehen der Frage nach, ob durch diese Debatte nicht ein gesellschaftlicher Konsens zerbrochen ist. Hubert Aiwanger zeigt wenig Reue, sein Umgang mit den Vorwürfen ist vermutlich der entscheidende Grund für die anhaltende Debatte.