LANZ & PRECHT: AUSGABE 100 (Utopien)

ZDF, Markus Lanz & Richard David Precht ZDF, Markus Lanz & Richard David Precht 8/4/23 - Episode Page - 55m - PDF Transcript

Land und Brecht.

Schönen guten Morgen, Richard.

Guten Morgen, Markus.

Und es ist das hundertste Mal, dass ich das sage.

Wir machen heute die hundertste Ausgabe unseres Podcasts.

Es kommt einem Spooky vor.

Ich freue mich darüber, ich finde es schön.

Ich freue mich auch darüber, aber es kommt mir nicht wie hundert vor.

Also, dass wir wirklich über hundert verschiedene Themen miteinander geredet haben.

In zwei Jahren ist es schon unvorstellbar.

Und ich muss ehrlich sagen, einfach ganz, wie soll man sagen,

demütig jetzt an dem Punkt.

Das war aus dem Stand sehr erfolgreich.

Und ich habe mich sehr darüber gefreut.

Und mehr noch freue ich mich aber darüber, dass diese Gespräche der Austausch mit dir,

der hat mich in meiner anderen Arbeit noch einmal enorm weitergebracht.

Also, ich glaube, es gibt keinen Freund, den ich habe,

mit dem ich sonst irgendwo zusammenkomme, probiert zu trinken,

mit dem ich mich unter einer solchen Ausführlichkeit und einer solchen Frequenz,

ja nicht nur über das Weltgeschehen unterhalte,

sondern natürlich indirekt auch immer über die eigene Befindlichkeit.

Ja, also wir erörtern ja nicht nur Sachthemen,

sondern das, was uns gerade wichtig ist, hängt natürlich auch immer mit,

wenn man sich gerade fühlt, was ein gerade gefangen nimmt und so weiter.

Und das ist schon sehr merkwürdig, dass man ja irgendwie beruflich

so einen intensiven Austausch miteinander hat.

Genau. Und schön ist zu sehen.

Und das ist ja das, was es dann am Ende auch ausmacht.

Das geht für mich lange schon weit über den Beruf hinaus.

Ja, das fühlt sich ja nicht wie Beruf an. Gott sei Dank.

Ja, das fühlt sich auch nicht wie Arbeit an.

Richtig.

Na, ich glaube, dann würden wir sofort damit aufhören,

wenn es nicht wie Arbeit anfühlen würde.

Aber es ist wirklich bereichert tatsächlich mein Leben.

Ja, meins auch.

Ja, das freut mich.

Das meine ich ganz ehrlich und ganz aufrichtig.

Und ich danke dafür an dem Punkt.

Und ich habe mir überlegt, Richard, es ist ein Sommer,

der an vielen Punkten dazu anrückt, mal ein bisschen nachzudenken.

Und es gab so Entwicklungen in diesem ersten halben Jahr,

von denen ich geahnt habe, dass sie auf Deutschland zukommen würden.

Wir beide haben uns häufiger darüber unterhalten.

2016 war für mich so ein Moment,

als wir damals die erste Amerika-Reportage gemacht haben,

Amerika ungeschminkt.

Das war wie ein Erweckungserlebnis,

aber der negativen Art, ein wirklich einen Schlag ins Gesicht.

Weil plötzlich die Utopie,

und darüber wollte ich heute gerne mal mit dir sprechen,

im Raum stand,

dass Donald Trump Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika werden könnte.

Und es war egal, wie diese Wahl ausgehen würde.

Klar, da verschieben sich gerade Dinge.

Und es ist ein Lebensgefühl in mein Leben.

Und ich glaube auch in das Leben vieler anderer gekommen,

von dem ich sagen würde,

das verschiebt sich auch immer mehr in Richtung Deutschland.

Dieses Gefühl, dass man vorher irgendwie nicht hatte.

In meiner Kindheit, in meiner Jugend war immer die Idee,

es geht irgendwie nach vorne, wir machen weiter.

Wir haben eine Idee,

und vielleicht ist es manchmal nicht spinnert,

aber wir werden irgendwie die Welt erobern.

Und heute ist das Gefühl,

und das betrübt mich richtig dagegen, anti.

Wir wollen nichts mehr,

wir sind von Beruf nur noch dagegen.

Geht das auch so?

Ja, wir können keinen leiden,

wir sind über alles gereizt,

wir sind über alles dagegen,

das ist ja eigentlich die Stimmung.

Genau, aber jetzt kann man sagen,

es ist so dieses Gefühl,

geh mir weg.

Ja, alles nervt, jeder nervt.

Ja, genau.

Jetzt kann man ja sagen,

guck mal, wenn man sich die welthistorische Situation anguckt,

in der wir uns befinden,

dann ist die gar nicht so,

wie wir das gerade beschrieben haben,

so klein gereizt und nicht,

sondern die eigentliche Situation,

in der wir uns befinden,

sind drei große gigantische Revolutionen ereignen sich,

gleichzeitig,

was es noch nie in der Geschichte der Menschheit gab,

und global, was es auch noch nie gab.

Das heißt also,

wir haben den Anfang der multipolaren Weltordnung

durch den Aufschieg Asiens.

Also, dass lange, stabile Gefüge der USA

als jährige Monialmacht der Welt,

das wird in den nächsten Jahrzehnten verloren gehen.

Und davon merken wir jetzt schon ganz, ganz viel,

dass das so ist.

Das zweite, was sich verändert durch die digitale Revolution,

wird sich nicht nur unsere Art zu Wirtschaften verändern,

mit all den Auswirkungen,

Arbeitsmarkt, wo wir darüber gesprochen haben,

sondern es wird wieder um die ganze Gesellschaft gewürfelt.

Als die erste industrielle Revolution

das erste Maschinenzeitalter begann,

als Agrargesellschaften sich in Industriegesellschaften

vorwandelt hat.

Das war der Beginn des bürgerlichen Zeitalters,

das war das Ende der Herrschaft von Adler und Kirche.

Riesige Veränderungen,

neues Betriebssystem von Gesellschaften,

bürgerliche Lohnarbeits- und Leistungsgesellschaften.

Jetzt kommt das zweite Maschinenzeitalter.

Und wir haben gar keine Ahnung,

was kommt denn jetzt für eine Gesellschaft?

Das ist denn das, eine KI-Gesellschaft.

Den muss man sich das vorstellen.

Wie wird die Welt im Zeitalter selbstlernender Maschinen

überhaupt sein?

Wir haben keine Vorstellung.

Wir haben viele Ängste, die sich damit verbinden.

Einige haben Geschäftshoffnungen.

Aber alles im All mulmiges Gefühl.

Ja, verändert sich ganz viel.

Und der Unterschied zur ersten industriellen Revolution war,

damals konnte man sagen,

Adelsgesellschaft war ja auch für 90 Prozent der Menschen,

ihnen erlebten ziemlich übel.

Also man hatte viel zu gewinnen.

Heute hat man eher das Gefühl,

wenn sie jetzt um die ganze Gesellschaft gepokert und gewürfelt wird

und sich ganz, ganz viel verändert,

wir haben so unglaublich viel zu verlieren.

Das ist genau das Thema.

Eine ganz andere Ausgangszeitung.

Eine ganz andere Amerika auch das Thema.

Und das erwischt uns jetzt auch genau das Thema.

Ja, und das Dritte ist dann noch die Nachhaltigkeitsrevolution.

Also die ersten beiden Fragen werden ziemlich unwichtig sein,

wenn wir es nicht schaffen.

Die katastrophale Situation, in die wir die Menschheit,

auch nicht den Planeten,

aber die Menschheit auf dem Planeten gebracht haben.

Also nicht nur der Klimawandel,

auch die Ressourcen, Verschwendung, die wir da betreiben,

die Meere, die Kippen und alles, was dazugehört.

Das heißt, wir sind also kurz davor, diesen Planeten zu verlassen.

Es ist kein wirklich unwahrscheinliches Szenario zu sagen,

in 150 Jahren kann auf der Erde

können Menschen nicht mehr unter normalen Bedingungen leben.

Das ist durchaus denkbar.

Also wir könnten tatsächlich die letzte oder vorletzte Generation sein.

Und wenn man das drei zusammenbringt,

also die Apokalypse, die ökologische Apokalypse,

also als das Damokleschwer,

dann diese enorme Karnevalisierung unserer Gesellschaft.

Und jetzt Karnevalisierung nicht nur in positiven Sinne.

Also ich meine Ummaskierung, Umdrapierung von allem,

die stattfindet durch das zweite Maschinenzeitmeter.

Und dann auch noch die geopolitischen Auseinandersetzung

im Zuge eines gigantischen Umfliegens des Machtgefügels in der Welt.

Wundert man sich dann darüber,

dass so viele Leute sich in ihr Schleckenhaus zurückziehen und sagen,

ihr geht mir alle nur noch auf den Sack.

Das ist vielleicht nicht eine ganz normale Reaktion.

Das glaube ich auch.

Ich habe mich vor einiger Zeit mit Jürgen Schmidhuber beschäftigt,

den du auch kennst.

KI-Pionier der ersten Stunde der München, TU.

Und der Sprach vom Miraculösen Jahr 1990, 1991,

wo die wirklich angefangen haben,

zur richtige Grundlagenforschung zu machen

und die Tatsache, dass dein Telefon heute reagiert,

wenn du mit ihm sprichst, geht unter anderem

auf die Arbeit von Jürgen Schmidhuber und seinen Studenten zurück

und noch einigen anderen.

Und er hat das Ding nochmal in den Schmidhubers Thema,

ist ja der ganz große Horizont.

Und er sagte, pass auf.

Unsere Erde, 14,5 bis 15 Milliarden Jahre alt, richtig alt.

Aber so richtig die Post abgegangen,

ist sozusagen auf den allerletzten Metern,

über die wir jetzt gerade sprechen.

Der Unterschied zwischen dem Typen,

der das erste Mal auf die Idee kam, irgendeinen Flug

hinter einen Ochsen zu spannen.

Und dem Typen, der jetzt darüber nachdenkt,

maximal viele Transistoren auf einen winzigen,

kleinen Computership draufzupacken.

10.000 Jahre.

Das ist nichts.

Das ist gar nichts.

Und dann muss man noch sagen, also neolithische Revolution.

Also ganz lang ist nichts.

Akkabao und Viehzucht.

Der Stress in die Bule.

Da kam der Stress in die Bule, die ungesunde Ernährung.

Die alle Paleo-Diäten machen.

Sollte sagen, seitdem ernähren wir uns falsch.

Also seitdem geht es eigentlich bergab.

Gleichzeitig geht es natürlich kulturgeschichtlich bergauf.

Und dann muss man mal sehen, von Akkabao und Viehzucht angefangen.

Bis zur ersten industriellen Revolution.

Vergehen jetzt erst mal 10.000 Jahre,

in denen die Lebensqualität eines Durchschnittsmenschen

sich nicht verbessert.

Das heißt, auch ein Bauer im alten Rom

hat ähnlich gelebt wie ein Bauer in Westfalen,

der macht es im Jahrhundert.

Die gleiche Lebenserwartung, keine vernünftige Medizin,

keine Rente und so.

Gar nichts.

Und die ganze Entwicklung, über die wir jetzt reden,

das sind 200 Jahre.

Genau das.

Darauf weist er auch hin.

Du kennst das ja von Sassmann, der Anthropologe.

Er hat mal gesagt, den steinzeitlichen Jäger,

den musste man sich eigentlich aus einen relativ entspannten

Menschen vorstellen.

Das ist eine Theorie.

Der geht halt raus, wenn er was zum Essen braucht.

So jagt oder Bären sammeln, was auch immer.

Der Stress kam in die Bude, als wir angefangen haben,

Ackerbau und Viehzug zu bereiben.

Die Kriege kamen da.

Also einer der faszinierendsten Gesprächspartnern,

die ich hier gehabt habe, ist ein Schweizer Anthropologe,

Jürg Helpling.

Der hat so ein dickes Buch geschrieben.

Tribale Kriege.

Stammes Kriege.

Stammes Kriege.

Und damit beschäftigt er sich und sagt,

seit wann gibt es Kriege,

wieso gibt es Kriege, wodurch entstehen Kriege?

Und er sagt, dass indigene Völker,

früher keine Kriege geführt haben.

Das heißt, sie haben, es gab,

natürlich gab es Vergewaltigung,

natürlich gab es Morde.

Natürlich hat man den anderen mal hier was überfallen

und da was weggenommen.

Aber Krieg im Sinne von geplant, organisiert,

von langehand vorbereitet und so weiter,

hat es nicht gegeben,

weil der Preis des Krieges immer höher ist,

als sich aus dem Weg zu gehen.

Das heißt, die klassischen Nomadenvölker,

ja, wussten genau,

du hast durch den Krieg immer mehr zu verlieren,

als du zu gewinnen hast.

Mit der Sesshaftigkeit.

Genau.

Konntest du nicht mehr ausweichen?

Richtig.

Ja, wenn du da zehn Jahre deinen Ackerbacker hast

und jetzt die Früchte deines Erfolgs

und als Erste, was passiert ist, jemand anders,

nimmt dir das weg.

Dann gehst du nicht einfach weg,

sondern du verteidigst deine Scholle.

Also mit der Sesshaftigkeit kommt auch der Krieg in die Welt.

Es ist interessant, ne?

Ich meine, da hast du ja auch die Antwort auf die Frage,

warum die Ukraine sich gerade so wehren,

gegen diesen Putin.

Ja, ausweichen geht ja nun nicht.

Das meine ich.

Genau.

Du kannst nicht ausweichen.

Nein, du kannst nicht ausweichen.

Sondern du musst dich dem stellen.

Und da geht es genau darum, ne?

Du bist im Grunde.

Du bist aber an der Grenze zweier Machtblöcke.

Das ist ja das.

Ich meine, die Ukraine hatte das tragische Pech,

sozusagen an der Naht, an der Schnittstelle.

Ja, so plattentektonisch ist das der Punkt,

wo die beiden Platten aufeinander knallen,

die Asiatische auf die Europäische

und die Vulkaner ausbrechen.

Also es gibt die westliche Machtthemysphäre

und es gibt die russische Machtthemysphäre.

Und hier geht es sozusagen aus Sicht beider Länder.

Hier geht es keinen Schritt mehr nach Dings

und das endet im Stellungskrieg.

Nordeuropäische Tiefheber, ne?

Ja.

Genau.

Aber wenn wir bei Utopien reden,

würden wir natürlich gerne über eine Welt reden,

wo wir sagen, schaffen wir das im 21. Jahrhundert,

die Kriege los zu werden.

Ja, das ist das Ding.

Das Lebensgefühl für mich

und offen kundliche auch für dich

und ich glaube für viele, viele da draußen im Moment

ist nämlich genau das.

Jetzt stehen wir hier in diesem Sommer

und freuen uns auch, dass endlich mal wieder Sommer ist

und so weiter.

Und eigentlich sollte doch alles leicht und schön sein.

Aber nichts ist leicht und schön.

Und dann kriegst du mit, wie wir eigentlich alle

nur noch die ganze Zeit,

und das passiert eben auch politisch,

erklären, was alles nicht geht.

Und wir haben uns ja schon einige Male

über die AfD unterhalten.

Ja.

Das ist das eine.

Aber was ich wirklich viel deprimierender finde,

als ständig über dieses Stöckchen der AfD zu springen,

ist für mich, dass die anderen offenkundig

auch nicht mehr willens sind,

etwas zu gestalten, eine Utopie zu entwerfen.

Sondern kommt die CDU, die FDP,

und sagt, er ist völlig richtig,

also aufpassen, den Verbrenner.

Statt wirklich hinzugehen und zu sagen,

lass uns doch jetzt mal gemeinsam überlegen,

wo ist die große Utopie?

Da ist die Luft raus.

Da ist die Luft raus.

Ich meine, wer etwas verändern will,

was gestalten will, der sucht sich Ziele.

So.

Ja, und wer etwas verhindern will, der sucht Gründe.

Genau.

Und wir erleben eine Diktatur der Gründe über die Ziele.

Das heißt also, wenn irgendjemand mit irgendeiner abweichen Idee

und sagen, können wir nicht mal in diese Richtung denken

oder sollte man das anders machen,

dann kommt die Bedenkenträger mit schweren Panzern angerollt

und malmend ihn nieder.

Ehrlich gesagt, auch in den Medien.

Jeder freut sich, da ist einer einen kleinen Schritt

von dem Weg seiner Partei oder sowas abgegangen.

Das muss jetzt sofort angeprangert werden und so weiter.

Dann gibt es die Bedenkenträger einer eigenen Partei,

die ihn doch wieder zurückfeichen.

Ich habe das schon oft zitiert.

Aber ich finde, das drückt die Situation eigentlich am besten aus.

Das ist dieses Zitat von Sir Juliona,

der im Großen Italo-Western-Regisseur.

Der Regisseur von Spiegel das Lied vom Tod,

der mal gefragt wurde, was ist denn jetzt der Unterschied

zwischen einem Italo-Western und einem amerikanischen Western?

Der sagt, wenn bei John Ford,

großer amerikanischer Western-Regisseur,

jemand aus dem Fenster guckt,

dann hat er den Blick in eine strahlende Zukunft.

Und wenn bei mir einer aus dem Fenster guckt,

dann weiß jeder, der wird jetzt erschossen.

Und so geht es mit Utopien.

Ja, wie er heute die Fensterläden auflegt

und einen Blick in eine strahlende Zukunft zeigt,

der wird erschossen.

Ja, und weißt du, was das Bittere daran ist?

Alle wissen das.

Und es ist ja nicht so,

dass in der CDU oder auch in der FDP

oder auch in allen anderen Parteien,

da sind doch gute Leute.

Die sind billig und so einfach zu sagen,

die haben alle keinen Plan und die wollen nichts.

Also sie sind mit Sicherheit nicht schlechter

als die Leute, die an ihnen rumnörgeln.

Drücken wir es doch einfach mal so aus.

Das kann ja nicht sein, dass die größten Pfeifen der Republik

alle in der Politik sind.

Und alle, die sie kritisieren, sind Genies.

Genau so ist es.

Sondern da sind gute Leute und die sind überall,

das sind nicht nur gute Leute.

Die Grunde sind sie genauso wie der Rest der Gesellschaft.

Das würde ich genauso sagen.

Das sind gute Repräsentanten der Gesellschaft.

Genau.

Was ja die Frage auch fürft und medial übrigens das Gleiche.

Also wenn sozusagen jemand,

das Konzern Robert Habeck ist irgendwie sehr gut sehen,

in den vergangenen Monaten,

alle sind der Meinung, es muss etwas geschehen.

Ja.

Aber wenn dann etwas geschieht,

dann zieh dich warm an.

Genau.

Und dieselben Leute, die vorher sozusagen noch beklatscht haben,

dass dieser Mann erkennbar,

sich traut, in den Wind zu stellen

und auch mal eine möglicherweise

eine Wärmewende wirklich anzufassen,

sind dieselben Leute, die sagen, okay,

aber bitte doch nicht so.

So geht das nicht.

Das heißt, wir alle haben irgendwie ein Problem,

sozusagen konstruktiv nach vorne zu gucken

und schauen die ganze Zeit nur destruktiv

auf das, was nicht geht.

Und ich denke so oft an Alexander Gauland,

der mir mal in der Sendung sagte,

Resontiment ist kein Programm.

Ich bin mir da nicht mehr sicher.

Nein, würde ich auch sagen.

Das ist das erste Programm

im Augenblick in der Politik.

Geht nicht. Wollen wir nicht?

Brauchen wir nicht.

Ja, also wer gegen etwas ist,

macht sich nicht angreifbar.

Das ist der Punkt.

Wer aber für etwas ist.

Ich meine, wir sind eine überalterte Gesellschaft.

Und wenn man diesen Theorien glauben kann,

dass Europa zum Sterben verurteilt ist,

weil es zu alt ist, weil es zu träge ist und so weiter,

ich will das jetzt nicht eins zu eins zu übernehmen.

Aber wenn wir dieses Bild mal bedienen,

dann ist es so.

Das ist der Punkt.

Der Norgler, der Verhinderer und so weiter geworden.

Du meinst, das ist die alte Sackwerdung,

die da gerade schon zu besichtigen ist?

Ja, es stimmt wahrscheinlich deswegen nicht.

Weil große Teile der Jugend sind zum Teil konservativer

als über 60-Jährigen.

Das ist ja, glaube ich, keine reine Altersfrage.

Das ist, glaube ich, was?

Aber man kann, das ist vielleicht nicht rein demografisch,

aber es ist eine satte Gesellschaft,

die zu Recht viel zu verlieren hat

und die wie alle, die viel zu verlieren hat,

und die Angst eigentlich vor Veränderungen.

Unsere Gesellschaft hat Angst vor Veränderungen,

weil sie viel zu verlieren hat.

Und da entsteht relativ wenig politische Dynamik.

Und ich meine, die Dinge, also Heizungsgesetzung,

was ist denn jetzt nicht die Riesenrevolution und was was?

Alles Experten sind sich einig, es ist viel, viel zu wenig.

Und nicht mal dieses viel zu wenig lässt sich realisieren.

Also das ist schon eine implizite Utopie feindlich.

Ja, ich habe mir neulich mal die Zahlen angeguckt.

Weißt du, wann die skandinavischen Länder angefangen haben,

wirklich systematisch auf Wärmepumpen zu steigen?

Ja, sie gehen am Markt vor 10 Jahren.

Pass auf, noch früher, als Angela Merkel ins Amt kam, 2005,

ging es so richtig los.

Und seitdem immer weiter skaliert.

Und wenn du dir sozusagen die guten Geschichten mal anschaust,

wir sind doch eigentlich eine Gesellschaft mit unglaublichen Chancen.

Ich habe neulich eine total beeindruckende Zahl gelesen,

das Durchschnittsmädchen, das heute auf die Welt kommt in Deutschland,

wird 84 Jahre alt.

Und nicht nur das, wir gewinnen jede Woche,

ein Wochenende Lebenserwartung dazu.

Überleg mal, wann war das mal so in der Geschichte der Menschheit?

Gab mal größere Sprünge, definitiv?

Ja, und noch nie wie heute.

Also die Versprechen der Zaubermedizin, der Zukunft sind enorm.

Und selbst wenn vieles am Ende Ankündigung bleibt,

es sind große medizinische Fortschritte zu erwarten,

alles andere würde mich sehr überraschen, wenn das nicht so wäre.

Das heißt also, ein Quantitativ, kriegen wir da ja schon mal

eine ganze Menge hin, messbar.

Die Frage wird nur sein, wie qualitativ schön wird das Leben

eines Mädchens sein, das jetzt geboren wird,

wie wird die Welt in 50, 70 oder 80 Jahren aussehen.

So, und letztlich kann man, dass die gute Nachricht ist,

es liegt ja in unserer Hand, also die Zukunft wird ja gemacht.

Wir können sie gestalten.

Ja, aber gestalten.

Politik ist heute sehr, sehr weitgehend Verwaltung,

weil die Gestaltungsspielräume so klein sind.

Und zwar in Kleinen wie im Großen.

Man könnte ja schon im Kleinen damit anfangen.

Also wenn man jetzt irgendein Großprojekt oder so was plant,

dann weiß man in Deutschland gibt es drei Verfahrensräger, so drei Stufen.

Und man kann also Sachen über 10 Jahre blockieren,

bis sie irgendwann realisiert werden.

Wir nutzen das nicht endlich mal.

Also ein großes Strukturprojekt steht an.

Alle Bevölkerung mit reinholen,

die sich daran beteiligen wollen,

aber dann nur noch ein Revisionsweg.

Und nicht, dass man da noch geht,

und hier noch, und Verwaltungsgericht und so weiter.

Also dieses Ausbremsen auf dem juristischen Wege.

Das ist auch ein ganz anderes Beispiel.

Ich habe mich ja mal damit beschäftigt,

wenn man die Schulen zukunftstauglicher machen kann.

Und ich habe in dem Zusammenhang schon lange her

die Grundschullehrerin, meine Sohness.

Siehst du, wie lange das hier ist, der ist jetzt 20.

Gefragt, warum der Biologieunterricht Thema Blätter.

Warum der auf Arbeitsblättern stattfindet

und nicht mit realen Blättern im Wald.

Und da sagt sie zu mir, ja, das geht nicht.

Das geht nicht, weil dann brauche ich eine juristische Aussichtsperson.

Ja, also wenn nicht auch jemand da ist,

der die Kinder, das könnte ja an Arsten auf den Kopf fallen.

Und ich bin alleine mit 25 Kindern im Wald.

Ja, das sieht der Gesetzgeber so nicht vor.

Und ich dachte, wenn schon auf so einer Mikroebene

überhaupt keine Handlungsspielräume mal

irgendetwas anders zu werden.

Das ist natürlich jetzt ein ganz kleines Beispiel.

Aber das sieht sich natürlich bis in die ganz großen Dinge rein.

Ich habe ein großes Beispiel für dich, Richard.

Wenn du, oder anders gefragt, brauchen wir sozusagen

dieses Schock-Erlebnis, das uns dann aufrüttelt,

frage ich mich manchmal.

So ähnlich wie es zum Beispiel für die Amerikaner war,

als plötzlich Sputnik im Weltraum.

Ja, der Sputnik-Schock.

Der berühmte Sputnik-Schock.

Was dann dazu geführt hat, dass Kennedy sagte,

okay, zum Ende des Jahrzehnts sind wir auf dem Mond.

Ja.

Und alle haben gelacht, also wahrscheinlich

viele Bedenken auch hierzulande.

Und am Ende hat es funktioniert.

Am Ende standen Menschen auf dem Mond.

Aber wie kann das sein,

dass wesentliche Grundlagenforschung zum Thema KI,

du hast ich mit du gerade erwähnt,

im deutschsprachigen Raum geleistet wurde.

Ja, und da so wenig Geschäftsmodelle raus entstanden sind.

Warum gibt es nur zwei Länder in der Welt,

die im Grunde von ganz kleinen Nischen mal abgesehen,

den gesamten KI-Markt und so weiter,

bei herrschen die ganze Digitalisierung in der Hand haben.

Das sind die USA und China.

Warum ist Deutschland überhaupt kein ernstzunebender Player

in dieser ganzen Geschichte?

Was ist da alles schief gelaufen auf dem Weg dahin?

Das ist die große Frage.

Beispiel Frauenhof-Institut,

die haben ja wesentlich den MP3-Player entwickelt.

MP3.

Und ich glaube, die kriegen alle Jahre immer noch

ein paar Tantemen für Patent und so weiter.

Ein paar zehn Millionen, vielleicht sind es auch 100 Millionen.

Ich habe keine Ahnung.

Auf jeden Fall Geld.

Und es steht dann in diesem Geschäftsbericht und so weiter.

Und da ist man stolz drauf.

Aber jetzt überleg dir mal,

was Apple aus dieser Technologie gemacht hat.

Die haben damit Milliarden verdient.

Der Unterschied ist einfach,

am Ende gewinnt der,

der die meisten Investoren anzieht,

also die größten Investoren.

Es ist jetzt der Skalierungseffekt

und diese Weltmachtstellung,

die ist nur zu erreichen,

dass du irrsinnig große Kapitalgeber findest.

Und das funktioniert in den USA anders als bei uns.

Also weil das Kapital der Welt quasi gewöhnt ist,

an einem Ort wie beim Silicon Valley zu investieren

und dort in die Firmen zu investieren,

haben die diese enorme Möglichkeit,

neue Produkte mit einer irrsinnigen Macht

und einer breiter Skalierungseffekte auf den Markt zu bringen,

was sich Deutschland so nicht hinkriegt.

Und wir haben kein europäisch vergleichbaren Kapitalpool

oder eine ähnliche Struktur aufbauen oder schaffen können.

Ich glaube, das ist der Hauptgrund.

Also bei uns fehlt es ein Geld.

Wenn du mal anschaust,

die leintechnologisch der Fortschritt,

der Computer, der Menschen zum Mond gebracht hat,

der war hunderttausend Mal Leistungsschwäche

als ein Prozessor heute in einem iPhone.

Ein iPhone hat hunderttausend Mal mehr Prozessorleistung.

Das musst du dir mal vorstellen.

Das ist unvorstellbar.

Dafür haben sich Menschen,

die auf den Höllen-Trip ihres Lebens eingelassen.

Und gesagt, okay, egal.

Da gibt es ein sehr hohes Risiko.

Und wenn der Rechner einmal abläuft, da haben wir ein Problem.

Das gesamte Risiko dieser Mondlandung war so enorm.

Richtig.

Die Wahrscheinlichkeit nicht zurückzukommen war viel größer.

Ja, war wirklich viel größer.

Und dieser Schock, das meine ich,

der hat dazu geführt,

dass plötzlich technologische Riesensprügel möglich waren.

Dann könnte man ja sagen,

all die Idee großen Erfindungen,

JetGPT und so weiter, könnten ja auch einen Schock auslösen.

Aber es ist in erster Linie,

der auslöst eine andere Art von Schock.

Das ist eine Angst vor einer Zukunft, wo man sich sagt,

aber will ich eigentlich irgendwann nicht mehr drin vorkommen.

Ich will so eine vollautomatisierten Welt und so weiter,

wo die Menschen abhängig sind von KI.

Es verbindet sich ja nicht uneingeschränkt mit positiven WC.

Bei einigen Leuten ja,

aber bei sehr vielen Leuten eben auch nicht.

Wir bräuchten eigentlich,

während Bilder einer positiven Zukunft.

Stattdessen, wir haben ja schon mal darüber gereden,

wenn wir beim Klimawandel denken,

dann versuchen wir uns nicht ein schönes Bild auszumalen.

Wie ist das, wenn wir jetzt alles richtig machen?

Kriegen wir dann die Welt hin?

Sondern wir sehen eigentlich immer nur,

der Zeiger klebt seit Ewigkeiten auf 5 vor 12

und wahrscheinlich ist schon 5 nach 12

und das immer abgrundt.

Immer abgrundt.

Es ist ein bisschen das Gefühl,

die Geschichte der Menschheit ist eigentlich auserzählt.

Genau das.

Auf allen Ebenen.

Genau, und das war doch mal anders, Richard.

Ich meine jetzt auch in der Philosophie auch.

Wir haben doch wahnsinnig gelebt von Menschen,

die Utopien entwickelt haben.

Klar, klar.

An wen denkst du da?

Thomas Moris würde man anfangen.

Da kommt der Begriff her.

Also Thomas Moris war ein Englern,

ein tolles Phänomen.

Er ist ein Nordkanzler unter Heinrich dem 8.

Also diesem vielschrötigen Brutalo-König.

Den Frauen im Wesentlichen durch Enthauptung loswiesen.

Wo ist das?

Genau.

Und der ja dann Ärger mit dem Papst hatte

und dann kurz die anglikanische Kirche gegründet hat.

Sein eigenen Verein aufgemacht und so.

Ein Autokrat, wie er im Buche steht.

Und dieser Thomas Moris war ein ganz fein gebildeter Humanist.

Mit sehr viel Sinn für Humor auch.

Ja, so ein Lateinisch-Anspielungshumor.

Aber so ein Humor, der so aus dem Volk kam.

Das hatte Thomas Moris.

Der Engländer durch und durch.

Kommt César, wie Disset, Portum, Pläne um Esse.

Den kennst du auch noch, ne?

Nee, den kenn ich nicht.

Als César sah, übersetzt,

dass der Hafen voll war, schiffte er daneben.

Ah, okay.

Das war unser Penelahumor.

Das meinst du noch, ne?

Genau, das war so der Humor von Erasmus von Rotterdam

und den anderen Humanisten,

die also so köstliche Drohlerien da verzapften.

Aber in Moris hat er einfach mal gesagt,

wir nehmen alle guten Ideen

und treiben die auf die Spitze,

somit zum Augenzwinker.

Und dann lässt er einen Seefahrer,

Raphael Hütlodeos,

griechisch übersetzt, der Lügenerzähler,

erzählen, dass er, das war ja die Zeit,

das war der Uwe Spucchi,

der Famaas, die Küste.

Und jetzt konnte man natürlich sagen,

ich als Seefahrer bin jetzt hier und da

und da gewesen und so weiter.

Und da gibt es im Fernen Südamerika,

ist eine Raumutopie.

Weißt du, die Welt war noch nicht bekannt.

Man konnte sich also das Paradies

nach irgendwo als bereits realisiert

in der Welt erträumen.

Was ja heute nicht mehr geht.

Aber damals gab es halt so viele blinde Flecken.

Das hat schon Lügenerzähler,

also der gebildete Zeitgenosse wusste,

das ist ersponnen.

Aber es hätte ja sein können.

Da ist eine Insel mit einer perfekten Gesellschaft drauf.

Und da funktioniert alles.

Und im Grunde genommen ist das

sehr, sehr nahe

an einer traumhaften, bürgerlichen,

rechtsstaatlichen Republik.

Und ich meine, müssen wir uns überlegen,

jetzt Anfang des 16. Jahrhunderts,

als so was nirgendwo,

irgendwo in Sicht war.

Was war auf dieser Insel?

Was war die Utopie?

Die Utopie, also es gibt kein Arm und kein Reich.

Alle gleich.

Alle haben ungefähr gleich viel,

ohne gleichgemacht zu werden.

Aber Eigentum

hat seine zentrale Bedeutung verloren

für die Leute.

Interessant.

Die Häuser werden alle zehn Jahre getauscht.

Wettig.

Und wir sehen alle gleich aus, oder?

Ja, also er hat sich so ein bisschen sieht,

wie er sich das vorstellt.

Aber wenn man überlegt,

was es nachher alles für gruselige

Gleichmachereihutopien gab.

Von dem Geist ist es eigentlich nicht beherrscht.

Er sagt, die materiellen Dinge,

da müssen wir uns da nicht lange drum kümmern.

Es gibt zum Beispiel keine Anwälte mehr.

Weil es gibt keinen Grund mehr,

sich zu streiten.

Eigentumsfragen.

Jeder hat genug.

Also die leben alle mittelschichtsleben.

Für die damalige Zeit.

Und die Tasterarmut und so weiter.

Bauern in Leib-Eigenschaften in England.

Und so weiter und so weiter.

Also so eine Mittelschicht.

Jeder hat wirklich ausreichend.

Woher kommt das Geld?

Da hatten die Leute keine Angst vor der Gleichmacherei.

Weil jeder hätte ja viel mehr gehabt,

als die Leute sonst hätten.

Woher kommt das Geld?

Weil alle sehr gerne arbeiten.

Und jeder nach seiner Befähigung arbeiten kann.

Also ein durch und durch positivistisches

Menschenbild.

Und da ist das alles also wirklich großartig.

Das sind so geregelt.

Und dafür hat man ihn auch nicht kommt es kürzer gemacht.

Alle 10 Jahre das Haus.

Ja, genau.

Weißt du, das ist völlig verrückt.

Also man passt ein bisschen aufeinander auf.

Das war die Idee.

Und man tauscht ein bisschen.

Und hilft sich gegenseitig.

Genau, freundliche Nachbarn.

Und man tauscht sogar operatives Arbeiten.

Weißt du wo diese Utopie tatsächlich,

wo ich die erlebt habe in Grönland?

Ja.

Ich habe das oft gehört,

wenn in einem kleinen Dorf,

du hast eine kleine Holzhütte

und dann bist du länger weg.

Und dann kann es sein, dass da ein anderer drin wohnt.

Die hat dann einfach jemand genommen.

Und das ist dann aber auch kein großes Problem.

Und wenn ja auch Frauen,

so familiär,

so unter guten Freunden geteilt werden?

Das ist auch so ein Klischee,

dass wir immer so mit uns rumschleppen.

Das ist ein ganz kompliziertes Ding.

Du musst dir immer klarmachen,

wir reden ja hier über winzige,

kleine Gemeinschaften,

die vollkommen isoliert voneinander leben.

Wenn du die Polarinuit zum Beispiel

nimmst in Nordgrönland,

um in Tule her,

die wurden ja dann umgesiedelt,

weil die Amerikaner dort

ihre Militärbasis aufbauen wollten,

ins heutige Karnak.

Ein schlechter Ort,

weil windiger Ort.

Es ist kein Platz wie der Alte es war.

Es ist ein gottverlassener Ort.

Da leben

700, 800, 900 Menschen.

Und

wenn du dann so abgeschieden lebst,

früher waren das ja noch

viel, viel, viel weniger,

dann ist natürlich die Frage,

woher kommt das frische Blut irgendwann her.

Das heißt, wenn dann irgendwie

der eine Jäger von weit, weit weg

mal zu Besuch kam und so weiter,

dann

passierten da Dinge, aber das folgte

ganz strengen Regeln.

Das hatte nichts mit Sodom und Gomorra

und irgendwelchen Orgien zu tun.

Aber es gab dafür Regeln.

Es gab ganz klare Regeln.

Tabu, das Wort Tabu

wurde dann auch eingesetzt.

Tabus, Dinge, die man nicht macht.

Aber eben auch Dinge, die man macht,

die mich dem bürgerlichen Moral

verständlich von Ehehygiene entsprechen.

Es ist schön ausgedrückt.

Das Interessante ist,

das merkst du bis heute,

dass die Regeln in der Stadt

eher Frauen, die das sagen,

die suchen.

Wenn dann so ein attraktiver junger Mann

wie du dann kommt, in so ein kleines Dorf,

bis heute, würde ich sagen,

da müsstest du damit rechnen,

dass die eine oder andere Frau dir

klar zu verstehen gibt, dich finde ich gut.

Es könnte passieren,

dass jemand daneben sitzt

und sagt, du ist kein Problem.

Den finde ich in Ordnung.

Der sieht mir ähnlich.

Das ist ein großes Thema gewesen,

wie die sexuelle Frage geregelt wird.

Es gibt ja am Anfang

diese Raumutopien,

also wie Morus Utopia

oder Tomaso Campanella, der Sonnenstaat.

Da ist so ein Wesen,

Architektur, Info, sieben Ringen

teilt sich die Stadt ein.

Das ist aber alles ziemlich

brutal, so Jesuiten-mäßig

streng.

Francis Bacon, Nova Atlantis,

das ist so die Forschungsvision.

Das ist das,

wo von Peter Thiel im Silicon Valley träumt.

Eine eigene Insel,

wo sich alles der Technik

unterstellt.

Ich glaube, da hat Bacon

noch nicht darüber nachgedacht,

aber da geht es in den technischen Fortschritt.

Das Finanzamt kommt nicht hin.

Am Anfang sind es die Raumutopien

und dann kommt irgendwann die Zeitutopien.

Wenn klar ist, die Welt ist weitgehend bekannt

und solche Inseln gibt es nicht

und so, dann verlagere ich den idealen Staat

und

ich habe einmal schon mal davon gesprochen,

aber es ist ein tolles Thema.

Vor Marx gab es Charles Fourier.

Und Charles Fourier

hat sich

ideale menschliche Gemeinschaften ausgedacht.

Er hat also ähnlich versucht,

wie die Unuits mit neuen Normen, Codes und so weiter.

Ohne Sodom und Gomorrah,

aber ohne die menschliche Natur

in irgendeiner Form

zu beeinträchtigen.

Wie könnten ideale Gemeinschaften aussehen?

Weil der hatte die Theorie

für die damalige Zeit Revolutionär.

Wir reden jetzt so von 1810, 1820.

Das größte Problem

ist doch letztlich,

dass die Menschen in der bürgerlichen Gesellschaft

ihre Triebe permanent unterdrücken müssen.

Wir sind voller angestauter Leidenschaften,

die wir nicht ausleben können.

Und wenn der Mensch gegen seine Leidenschaften lebt,

lebt er gegen seine Natur.

Du lebst ein falsches Leben.

Und was wirst du eifersüchtig,

neidisch, ekliger Charakter?

Um das zu verhindern,

wenn jeder seine Leidenschaften so ausleben könnte,

wie es ihm entspricht,

dann wird der Theorie aufgehen.

Also hatte er sich überlegt,

aus dem griechischen Wort

farlangs, Schlachtreihe,

Geschlossenheit

und aus dem Gedanken des Klosters,

hermetisch abgeriegelte Anlage,

wo man miteinander klarkommen muss,

entstehen die Falansterien,

das ist ein Kunstwort,

also aus Monasterie und aus Farland.

Das ist im gleichen Interesse.

Kommune.

Und da werden die Leidenschaften so geregelt,

dass also prinzipiell,

es gibt keine bürgerliche Ehe in dem Sinne,

es gibt eher ähnliche Gemeinschaften

und der Status wird signalisiert.

Das heißt also, Kastin Status,

ich bin auf der Suche

und jedem Abenteuer zugetan.

Ich bin grad Mutter

und muss mich in erster Linie um meine Kinder kümmern.

Und so gibt es für jeden Status,

du bist ein Code,

wo die Gleichgesinnte sich problemlos

irgendwie treffen können.

Also es ist im Grunde ein Tinder ohne Digitalisierung.

Einfach da mit dem Tinder ohne Smartphone.

Und sich also vorgestellt,

dass das irgendwie so funktioniert

und auch arbeiten, jeder nach seiner Neigung

und zusammen und so weiter.

Und dann hat er sich gedacht,

das müsste man machen,

so 1.000, 1.500 Leute

in so eine Gemeinschaft

und das wäre so überzeugend.

Da würden sich alle anderen von überzeugen lassen

und die Leute aus Phalansterien bestehen.

Und es gäbe keine Kriege mehr gegeneinander,

weil es gibt nichts, was man erobern will.

Jeder ist zufrieden mit dem, was er hat.

Diese Phalansterien sehen pompös aus.

Die sehen also jetzt nicht so,

Morus sieht so bürgerlich aus,

vielleicht Genossenschaftshäuser.

Bei ihm, die Phalansterien, hat er sich da was aufgemalt.

Das sieht so aus wie Jesuitenstaat

in Paraguay.

Also richtig so schnörkelig,

man weiß, so ein klein Versai für jedermann.

Auch Reichtum, du kannst so viel

anhäufen, wie du willst.

Besitzen darfst du, wie du willst.

Aber du kannst nicht ausbeuten.

Das heißt, es gehört schon alles der Genossenschaft.

Das ist ja die Marx-Idee eigentlich.

Ja, man mag es dasselbe.

Marx hat den Nullproblem mit Besitz und Eigentum.

Also, er selber

hat gerne eine teure Flasche

auf eingetrunken

und wenn er nicht abhängig gewesen

wäre von Engels,

er selber hatte hier eigentlich fast keinen Geld verdient,

der hätte punktvoll gelebt.

Und dann hat er den Jungen Marx

oder so gewesen.

Weil er vom Sozialismus singt

und dabei Champagner trinkt.

Da hat er Nullprobleme gehabt.

Er hatte also nichts von Polpott

oder von Mao oder so was.

Links Predigen und Rechtsleben quasi.

Nee, der hat gesagt, du kannst

an Besitz alles anhäufen.

Du darfst es aber nicht

auf Kosten anderer Erwirtschaften.

Also durch die Arbeitsleistung anderer.

Der Maxismus war halt bei der Utopie

den Jungen Marx anguckt,

der ganz stark von diesem Schalfoyer geprägt war.

Und über den er nur schlecht geredet hat

wie über alle andere Konkurrenz.

Also, die mussten alle erschossen werden.

Der nannte das utopischen Sozialismus.

Was er selber machte,

war wissenschaftlicher Sozialismus.

Das sollte keine Utopie sein.

Marx mochte das Wort Utopie nicht.

Aber als er zum ersten Mal mit Engels

da waren sie jung,

da träumten sie davon,

ihr eigenes Ding aufzuziehen,

ein Start-up aufzuziehen,

gesoffen wie die Löcher,

gut gelebt.

Und in der Zeit haben sie zum ersten Mal definiert,

was Kommunismus ist.

Und da sagt Marx, Kommunismus ist,

wenn ich morgens scharfe Hüte mittags fischen gehe

und abends Bücher kritisiere.

Ohne doch je Hürte,

Fischer

oder Kritiker werden zu müssen.

Also ich muss nicht ein Leben lang

die selber einförmige Tätigkeit machen,

wie in einer kapitalistischen Gesellschaft,

die kann mich optimal selbst verwirklichen.

Jetzt würde ich sagen,

das hat ja Kapitalismus

in den reichen Industriestaaten

für die Jugend von heute relativ gut realisiert.

Indem er eben sagt,

ihr müsst euch darauf einstellen,

nicht ein Leben lang das Gleiche zu machen.

Weil die Jugend am Prenzlauer Berg,

die in den von ihren Eltern finanzierten

Häusern lebt,

ich meine mit Jugend jetzt auch 30-Jährige und so weiter,

mit kleinen Kindern,

was machen die Projekte?

Das kommt der Utopie ja schon ziemlich nachher.

Das ist übrigens interessant,

da würden die jetzt antworten,

ja siehst du, das ist ja genau unser Problem,

diese Unsicherheit, die da drin ist.

Wir sind ja sozusagen die Generation Projekte.

Wir haben ja gar keine Verlässlichkeit mehr.

Das war ja bei euch anders und so weiter.

Ihr Boomer,

du bist gerade noch Boomer oder?

Voll Boomer, 64,

der sozusagen auflagenstärkste Jager.

Ich weiß nicht, ich war der absolute Highlight.

Wie viele von euch gibt es?

Oder gab es?

Ich weiß es nicht, aber wir waren über zu viel.

Ich war mit 45 Kindern in der ersten Schuljahr.

Ich finde heute in der hundertsten Ausgänge,

kann Lukas mal netterweise

einen kleinen Faffencheck für uns nehmen,

bei machen Lukas.

Guck mal, wie viel Brechts

da draußen rumlaufen müssten,

ungefähr.

Also der auflagenstärkste Jager,

das war die ja,

der ist schon offiziell raus.

Du bist der Anfang des Pillenknicks.

Ja, der kam danach.

Der Anfang des Pillenknicks.

Gut, jetzt muss man sagen, ich hatte diese Verzögerung

durch meine Jugend in den Südtiroler Bergen.

Natürlich.

Bis das bei uns ankam, das hat noch ein bisschen gedauert,

wobei mein Vater, die waren 14 Kinder zu Hause.

14 Kinder.

Du beschreibst Südtirol wie den Metzger Jonor.

Als wärst du irgendwo in Apulien

oder Calabri im Groß geworden.

Nein, aber das war...

Das war ein Kind, ein Witz oder Armut,

das ist katholisch.

Aber es war nicht schlecht.

Es war wirklich nicht schlecht.

Weil, und das ist eben der Punkt,

wir hatten sozusagen der Idee davon,

da geht noch was.

Während die Generation,

die da mit Projekten im Prenzlauer Berg

setzt, wie von dir gerade geschrieben,

hat das Gefühl, da geht nichts mehr.

Ja, aber was willst du denn?

Entweder, du hast diese Freiheit.

Ja, egal, von euch gibt es 1,

1,36 Millionen.

1,36, also ungefähr so viel wie Einwohner in München.

Ist ja unvorstellbar.

Also München hat nur ihr Voll gemacht.

Genau. Also wenn man alle in meinem Alphanen

nehmen würde, wäre München komplett gefüllt.

Darunter mit Rainer Langhans,

Kommune 1.

Nein, aber jetzt musst du ja fragen,

was willst du eigentlich?

Also heute hast du die Unsicherheit,

das ist ja nur deswegen größer,

weil die Freiheit größer ist.

Und wir haben doch immer mehr dafür gekämpft,

um das zu erweitern.

Und du musst nicht dein Leben lang die gleiche Arbeit mehr machen.

Es ist ein legitimer Gesellschaft.

Das meine ich Richard.

Einerseits ist das doch ein großer Zugewin,

den man nicht missen will.

Aber mit keine Rose ohne Dorn,

dann musst du halt mit einer größeren Unsicherheit geben.

Aber das meine ich Richard.

Wann ist uns das abhandengekommen,

diese, wir reden ja im Kern ja jetzt auch nie,

Utopie klingt so hoch dran,

wir reden ja eigentlich über den Blick aufs Leben,

auch über Zuversicht. Darüber reden wir doch eigentlich.

Wenn du diese Optimismus abhandengekommen,

wird schon werden.

Ich habe neulich Arnold Schwarzenegger zugehört.

Der, es fand ich total gut,

auf die Frage hatten sie jemals eigentlich einen Plan B,

sagte ich hasse Plan B.

Und ich hatte nie einen Plan B

und hat ja genau erklärt,

warum Plan B für ihn nie ein Thema war.

Weil er meinte, wenn du anfängst,

über Plan B nachzudenken,

dann hast du keinen richtigen Fokus mehr

auf Plan A.

Und ein bisschen ist das deine Geschichte.

Du hast auch alles auf eine Karte gesetzt.

Ja, aber ich würde ganz ehrlich sagen,

ne, aber ich weiß nicht, ob ich im Plan A hatte.

Also ich würde sagen,

ich hatte eine ungefähre Vorstellung,

wo ich meinte,

dass meine Talente liegen,

dass ich 18 oder 19 war.

Und das hat ausgeschlossen,

dass ich zu einer Bank gegangen bin

oder zur Stadtverwaltung oder auch immerhin.

Und so einen richtigen Plan,

so strategisch stehe ich das jetzt an

und dann baue ich immer das auf und so weiter.

Aber das ist, glaube ich, das, was er meint.

Er meinte einfach nur,

der Wille jetzt was zu wollen,

wie genau weiß ich nicht

und Plan B, was soll Plan B?

Ich habe gar keine Ahnung, was das sein soll.

Sondern wirklich,

und das setzt es ja voraus,

voller Zuversicht und Optimismus rein in Plan A.

Ich habe ein anderes Beispiel für dich

aus der Welt der Technik.

Du endest dich das menschliche genommen.

Das war so um die 90er-Jahre herum,

die Jahr 90, glaube ich sogar,

wurde sozusagen überlegt,

wie können wir das menschliche Genom

komplett entschlüssen?

Das Human Genome Project.

Genau, richtig.

Wie lange wird das dauern?

Das kam so um 2000, 2001, glaube ich.

Ja, pass auf, sehr interessant.

Dann wurde 1990 gesagt,

schaffen wir nicht,

weil frühestens 2005 und so weiter,

weil die Rechenleistung,

die wir jetzt haben,

wir bräuchten tausendmal

mehr Rechenleistung,

um überhaupt bis 2005 fertig zu werden.

Und das war das einfachste.

Fertig waren wir 2002,

drei Jahre.

Das Einfachste von der Welt war die Steigerung der Rechenleistung.

Das heißt,

also,

wir hatten klar vor Augen,

wird nicht funktionieren,

ein bisschen wie die Situation jetzt,

was wir eingangs besprochen haben, geht nicht, geht nicht,

geht auch alles nicht.

Und die haben sich einfach an die Arbeit gemacht

und das sind,

man kann sagen, Technik hat es auch einfach,

weil sie einfache Probleme löst.

Die Probleme, die wir heute haben,

die gehen nicht weg dadurch,

dass einer eine gute Idee hat

und dann realisieren wir das

und dann zack, smarte Lösungen weg ist es,

sondern im Grunde haben wir Probleme verschieben.

Wir lösen ein Problem, aber immer auf Kosten,

dessen das neue Probleme entstehen.

Und da hat sich dieser Fatalismus irgendwie eingeschlichen,

dass die Probleme, vor denen wir heute stehen,

und das ist der Unterschied zu früher,

da gab es ja auch Probleme.

Man musste neues Rentensystem,

musste geschaffen werden.

Deutschland musste seine Wirtschaftsperspektive

erst nach Westen ausbreiten,

dann Ostverträge nach Osten,

brauchte also neue Räume

importieren, exportieren.

Dann gesellschaftliche Probleme,

wie die 68er Geschichte,

dass die kathodische Sexualmoral,

die an die Stelle des Hakenkreuzes getreten war,

also das christliche Kreuz

ersetzte das Hakenkreuz

als Chefideologie

und gab den jungen Leuten eigentlich keine Luft zum Atmen mehr.

Das war ein sich anstaunendes

gesellschaftliches Problem.

Dafür brauchte man nicht, wie Rudi Dutschke meinte

in der Weltrevolution,

sondern mehr sexuelle Freiheit,

mehr Rechte für die Frauen,

ein Bürgerrechtsbereich wurde erweitert.

Und dann ging das wieder.

Dann lief das ganz wieder.

Aber alles Sachen, die man innerhalb von Deutschland

realisieren konnte und die in den anderen westlichen Ländern

auch national geregelt werden konnten.

Übrigens, überall zur selben Zeit die selben Sachen.

Also das war das Problem

mit der Jugend, was es in Deutschland gab

oder umgekehrt.

Das Problem der Jugend mit den Nazi-Fältern

auf der anderen Seite.

Das gab es auf ähnliche Formen,

auch wenn die Väter keine Nazis waren in den anderen Ländern.

Auch das war der klassische Generationenkonflikt

der damaligen Zeiten.

Das waren aber alles,

da konnte man als Politiker noch,

und daher rührt wahrscheinlich auch die Größe

der Willy Brandts und so weiter

noch halbwegs daigseln.

Aber die Dinge, vor denen wir jetzt stehen,

also die ökologische Geschichte,

der zweite Maschinen-Seite,

ich sag nicht, man kann gar nichts machen,

aber dieses Gefühl der Ohnmächtigkeit

gegenüber dem Problem, das ist was Neues.

Ich verstehe Gedanken

und du hast auch total Recht.

Ich will aber trotzdem noch mal

nur ein anderes kleines Beispiel anführen.

Schau dir mal den Zustand

der deutschen Autoindustrie an.

Wir sind, also gerade dieser Tage mich mal

mit Audi beschäftigt.

Audi hat ein einziges, ich glaube der Q4 ist es,

wirklich erfolgreiches E-Auto

im chinesischen Markt

und deswegen dort ein riesiges Problem.

Also das Problem von Audi

als Marke

ist nicht, dass sie nicht tolle Autos

im Programm hätten, das Problem ist,

dass sie nur ein richtig gut akzeptiertes

E-Auto in China verkaufen.

Das ist der Problem.

Das heißt, wo die Reise dahingeht,

dass wir das gestalten müssen,

dass die Richtung E-Mobilität geht,

wenn du als Autokonzern erfolgreich sind.

Das ist alles völlig klar.

Mir fällt da nicht mehr Henry Ford ein.

Henry Ford, das legendäre Model T.

Ja, der T-Ford.

Genau, das erste Auto, das vom Fließband gekommen ist.

Das Vorgängermodell,

ich habe mir das mal angesehen, das Model S,

das lustige Model S, denkst du an Tesla.

Das Model S war kein anderes Auto.

Es war das exakt gleiche Auto.

Der einzige Unterschied war,

das Model T, also das

nachbaust du plötzlich am Fließband

und plötzlich senkst du den Preis

von, ich glaube, 700

oder 800 Dollar.

Was damals viel, viel mehr war.

Genau, unter auf 350.

Also halbiert.

Das war der Erfolg, das war die Vision.

Das war das ganze Ding.

Und wenn du dir jetzt mal belegst,

welche Diskussionen wir fielen, welche Beharrungskräfte

da sind, die sagen immer weitermachen,

weiter bloß nicht.

Wenn wir über Utopien reden und Automobilindustrie.

Die Frage sind, E-Autos eines Tages

so günstig zu bauen, eines schnellen Tages,

wie die Chinesen jetzt?

Oder besteht die Utopie,

die Automobilindustrie nicht mehr

zu subventionieren und etwas anderes zu finden,

was an die Stelle des Autos tritt?

Denn beim Bergbau haben wir viel, viel zu lange.

Ich meine, man darf sich gar nicht vorstellen,

was da alles an Geld reingegangen ist.

Das hätten wir damals mal alles schön

in die erneuerbaren Energien stecken sollen.

Also die Frage ist,

versuchen wir hier,

um das Auto zu reiten,

müssten wir nicht rechtzeitig

sozusagen fragen, was wird denn,

wenn die Zeit des deutschen Automobils

möglicherweise vorbei ist,

was wird denn dann die neue Schlüsselindustrie

aus Deutschland sein?

Nichts weniger als das steht,

gerade zur Debatte.

Ich würde sagen, dass das zur Debatte steht,

weil ich meine die Vorstellung,

dass wir in China 40 %

der Autos verkaufen, nicht mehr konkurrenzfähig sind.

Und dass die Chinesen

und sehr guten E-Autos

den Weltmarkt überschwemmen.

Das ist ja nur nicht irgendwas,

was man böse irgendwo dran malt,

sondern etwas, was ganz unmittelbar vor der Haustür steht.

B-Y-D hat gerade die Marktführerschaft

von VW insgesamt übernommen.

Es sagt mir einen guten Grund,

warum es in zehn Jahren

noch eine deutsche Automobilindustrie,

die international konkurrenzfähig ist,

geben sollte.

Das meine ich doch.

Wir leisten uns dann ständig so abseitige Debatten.

Wir pumpen das dann auf

zu einem riesen Ding,

zu einer Glaubensfrage,

ob wir jetzt elektrisch oder mit Verbrenner fahren

und sehen aber dabei zu,

wie woanders diese Zukunft

schlicht und ergreifend gestaltet wird.

Die wird einfach gelebt gemacht.

Die leisten sich nicht 20.000

Schleifen extra

noch mal darüber zu diskutieren,

warum dann doch der Verbrenner das coole Ding ist.

Das kann man alles betrauern

und es ist auch alles nicht schön,

um die deutsche Technologie zu ändern.

Die Deutsch hängen aus emotional

nachvollziehbaren Gründen

an ihrer glorreichen Vergangenheit.

Das ist aber die Vergangenheit.

Ich meine damit die Vergangenheit seit den 50er Jahren.

Also die Wirtschaftswunder,

Vergangenheit und so weiter,

das Zeitalter des deutschen Ingenieurs.

Wir waren dann nicht mehr militärisch,

die große Macht,

aber wir wurden wirtschaftlich

in kürzester Zeit eine Welt macht.

Deswegen ist das Auto

viel fest.

Und du kannst daran so viel

ablesen, auch über diese Beharrungskräfte,

die es da immer weiter gibt

und abschließend gefreut Richard.

Ich meine, du tauschst dich ja nun auch viel aus

mit Leuten aus der Wirtschaft und so weiter.

Hast du das Gefühl,

dass dieses neue

andere Denken, das wir jetzt dringend brauchen,

dieses Wiederverliebtsein

ins Gelingen und ins Gestalten,

dass das langsam

sozusagen sich auch gesellschaftlich

wirklich Bahn bricht?

Oder werden wir noch in 10 Jahren

Verbrenner erhalten plakatieren,

ohne dass ich was gegen den Verbrenner habe?

Du hast jetzt eigentlich eine listige Frage gestellt,

weil erst hast du gesagt,

viele Kontakte in die Wirtschaft.

Was die Wirtschaft anbelangt, würde ich sagen,

es gibt natürlich beides,

es gibt große Firmen,

Lobbys und Bremser,

aber es gibt auf der anderen Seite

gerade durch die Kreativität des Mittelstandes,

die ja nicht über Nacht verloren gegangen ist,

immer noch da, als die hidden Champions,

die wir haben und so weiter.

Also diesen Optimismus und diesen Aufbruchsgeist,

den haben wir

in unserer Mittelstandskultur,

auch bei einigen, wenigen größeren Unternehmen,

haben wir das.

Wir haben ihn viel, viel weniger in der Politik.

Und das liegt daran,

dass die Politik das gebranntere Kind ist.

Aus den Gründen, die ich vorhin genannt habe.

Wenn du als Visionär auftrittst,

wenn du eine Firma führst, passiert hier nichts.

Wenn die Leute im Zweifelsfall sagen,

wir haben doch auch Visionäre und so weiter.

Aber eben als Politiker bedeutet,

Visionär zu sein, Dinge anders zu sehen,

als sie bislang mehrheitlich gesehen wurden.

Und auf der Ebene ist der Angststillstand

riesengroß.

Er ist nicht in der Wirtschaft so groß,

er ist in der Politik so groß.

Und die spannende Frage wäre,

und das würde ich dich ja gern mal fragen,

wenn ein Ruck durch die Politik gehen muss,

im Hinblick an mehr an sich zu glauben,

mehr zu wagen und was, was, ich, was.

Was glaubst du, könnte man tun?

Oder welche konstruktive Rolle könnten die Medien spielen?

Weil das spielt natürlich eine Rolle,

die Angst von Medien angefeindet zu werden.

Klar.

Ich glaube tatsächlich, dass wir uns,

dass wir das AFI mehr einfordern müssen,

auch so im direkten Gespräch.

Also Leute dann auch wirklich zu fragen,

okay, sie haben uns jetzt sehr wortreich erklärt,

wogegen sie sind, aber sagen sie uns bitte immer,

wofür sie sind.

Das versuche ich auch immer wieder.

Könnt ihr nicht mal im Oberweis in der Sendung machen,

eine reine Wofür-Sendung?

Nein.

Und das andere ist natürlich,

ich glaube schon,

dass wir einfach hart daran arbeiten müssen,

sozusagen dieses Résentiment

nicht zum Programm werden zu lassen.

Das ist von politischer Seite die Aufgabe,

und unsere Aufgabe ist es,

und darum bemühe ich mich,

zumindest immer nach dem,

was ich darunter verstehe,

das immer wieder zu entschlüsseln

und zu dekodieren,

und sozusagen den Punkt,

einfach einzutreten,

weil man nicht

durchgehen lassen kann,

dass Leute mit solchen allgemeinen Plätzen

dann einfach so davon kommen.

Er sagt doch mal konkret, was du meinst.

Ganz genau, was ist deine Quelle

und wo willst du eigentlich hin?

Und wenn wir das systematisch machen,

dann habe ich schon das Gefühl,

dann bewegt sich da auch immer was.

Und hast du, ich habe ja häufig

dieses Gefühl,

wir hatten jetzt einige Jahre,

dass die Utopie gar nicht so schlecht war.

Wir haben ja in Lüneburg,

manchmal im Jahres, manchmal als beihares Rhythmus,

Utopie-Konferenzen gemacht

und das ist interessant,

wie viele Leute mit interessanten Ideen

für die Zukunft kommen.

Natürlich ist vieles unausgegoren,

aber am Ende, und sei es ein homöopathischer Teil,

der von dieser Idee,

der kann immer noch die halbe Welt verändern.

Das geht natürlich oft nicht so einfach,

wie sich die Urheber von Utopien das vorstellen.

Viele wissen das ja auch.

Wenn man so zu 10% am Ende realisiert,

kann sehr viel gewonnen sein.

Ich habe jetzt leider seit dem russischen Überfall

auf die Ukraine so das Gefühl,

wir kommen in so eine Restaurationszeit rein.

So eine ganz schlechte Zeit für Utopien.

Dass die Gespenster von früher kommen zurück,

Territorial-Kriege

und so alles Sachen, wo wir gesagt haben,

die haben nun wirklich im Global Village

das 21. Jahrhunderts dachten wir auch,

Kriege gehören nicht mehr in unsere Welt.

Inflation darf nicht mehr in unsere Welt gehören.

Auch viele andere,

dass man also mit dem billigen Restaurant

und Humor noch punktet

und so weiter kann auch so eine aufgeklärten Gesellschaft

nicht mehr gehen.

Du hast sich das Gefühl, so alles geht so zurückwärts.

Und wie fängt man das ab?

Und kriegt die Wungen wieder

in die andere Richtung rein?

Vielleicht letzter Gedanke

ist es die Idee dieses Soziallexperiments,

das irgendwann mal in London gegeben hat.

Also sozusagen nicht die ganze Zeit

Leuten von oben nach unten,

so paternalistisch,

zu sagen, wir wissen genau,

was gut ist für euch,

ihr Dummarchen,

sondern den Leuten selber mehr zuzumuten,

diese Kraft, die Kreativität,

die in jedem von uns letzten Endes steckt,

wirklich wieder zu aktivieren.

Es gab ein interessantes Experiment,

13 Obdachlose,

schwierige Typen,

die das ganze Jahr nur

für Stress gesorgt haben,

Behörden beschäftigt haben,

die Polizei beschäftigt haben,

die Justiz beschäftigt haben.

Man hat mal ausgerechnet,

allein diese 13 Leute haben den Staat

damals an die 400.000, 450.000 Pfund

pro Jahr gekostet.

Und dann radikaler Schnitt.

Wir geben euch jetzt einfach 3.000 Pfund

jedem von euch.

Stellen wir euch zur Verfügung.

Macht damit was immer ihr wollt

und alles andere, stellen wir ein.

Wir kümmern uns darum nicht mehr.

Quasi bedingungsloses Grundeinkommen.

Das große überraschende Ergebnis ist,

dass das funktioniert hat.

Für einen großen Teil von diesen Leuten,

die dann wieder anfingen,

ihre Familien zu besuchen,

die anfingen, plötzlich wieder in eine Arbeit zu kommen.

Die interessanterweise mit diesen 3.000 Pfund,

die sie dann zur Verfügung hat,

noch sehr, sehr sparsam umgegangen sind.

Wenn du auf der Straße lebst,

dann weißt du, wo du Geld sparen kannst

und überlegst, die ganz genau,

wofür du Geld ausgibst

und wofür nicht.

Die Lehre daraus, das klingt wie

im Moment, und am Ende sind alle glücklich.

Aber die Lehre daraus ist,

ich glaube, wir sollten manchmal ein bisschen mehr

uns gegenseitig als auch die Politik

ihren Bürgern vertrauen.

Vertrauen.

Jetzt könnte man ja auch noch ein deutscher,

mein originelles Gedanke-Experiment sagen

und sagen, dass Parlament in Deutschland

verpflichtet sich dazu,

eine halbes Jahr lang kein Nicht zu gebrauchen.

Also dem politischen Gegner

nicht zu sagen, was er nicht tun soll,

sondern quasi nur positive Aussagen

darüber, was man will zu machen.

Dann wird es für die AfD liegen.

Vielleicht ist es die einzige Möglichkeit,

die Verteilung zu entzaubern.

Guter Gedanke.

Vielleicht können wir uns auch so was einigen.

Ich schlag es demnächst mal vor, Richard.

Mach das.

Danke dir sehr.

Wunderts der Ausgabe.

Vielen Dank bis hierhin.

Bis hierhin.

Und auf 100 weitere.

Gerne.

Auf www.fdf.

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Wir leben in einer Zeit der drei globalen Revolutionen: Die Digitalisierung lässt die Gesellschaft neu würfeln, die Welt nimmt Kurs auf eine multipolare Ordnung und dazu kommt die Nachhaltigkeitsveränderung. Wir erleben "eine Diktatur der Gründe über die Ziele". Wo bleiben da die Utopien? Darüber sprechen Markus Lanz und Richard David Precht in dieser Folge und dabei auch über den britischen Humanist Thomas Morus, der Anfang des 16. Jahrhunderts die Idee eines Lebens ohne Eigentum entwarf. Was für eine Utopie.