Ö1 Journale: Abendjournal um 18 (01.09.2023)
ORF Ö1 9/1/23 - Episode Page - 26m - PDF Transcript
Mit Christian Williwald, guten Abend. Das sind die Themen des Tages. Die Wirtschaftsleistung
geht zurück, die Arbeitslosigkeit steigt. Das kommt angesichts der hohen Inflation
nicht ganz überraschend, aber früher als von manchen Ökonominnen und Ökonomen erwartet.
Eine Corona-Aufrischungsimpfung empfiehlt das nationale Impfgremium für den Herbst. Die Pflegereform
wirkt nicht saktige Werkschaft und warnt vor krassen Personalmangel im Gesundheitssystem.
Viele Eltern, die ihre Kinder in der Corona-Zeit abgemeldet haben, schicken die Kinder nun wieder
in die Schule. Die USCD soll vom russischen Geheimdienst unterwandert sein und die algerische
Grenzpolizei hat zwei Touristen erschossen, die mit ihren Jetskeys in algerische Gewässer geraten sind.
Wie geht es der Demokratie in Europa, wohin kann der Aufstieg der AfD führen?
Themen im Europaschinal-Sommergespräch, Gast ist heute der ehemalige deutsche Bundespräsident
Joachim Gauck. Das Europaschinal ab 18.20 Uhr jetzt, der Wettepericht Joachs Stieber.
Im Großteil Österreichs geht es sonnig und warm in den Abend. Einzelne Regenschandgebieter sind
in den nächsten Stunden aber noch dabei. Derzeit etwa in der Steuermark und in Burgenland,
bald auch im Innen- und Müllviertel. Sie klingen aber meist rasch ab, nur ganz vereinzelt können
im äußersten Norden auch in der Nacht leichte Schauer vorüberziehen. Manch Samstag scheint
dann oft die Sonne und es wird sommerlich warm. Einzelne Nebelfelder lösen sich bald auf,
ein paar Wolken ziehen im Müll, Wald und Weinviertel durch. Später bilden sich dann über
den Bergen einige Quellwolken und da und dort auch Regenschauer und Gewitter. Höchstwerte 23 bis 29 Grad.
Und am Sonntag von Vorarlberg bis Kernpnoff sonnig, sonst aber zur Sonne auch einige Wolken
und ein paar Schauer. Die Wirtschaftsleistung in Österreich schrumpft heuer. An sich ist das
System darauf aufgebaut, dass wir von Jahr zu Jahr mehr produzieren. Gleich viel oder gar weniger,
da geht dann der Rezessionsalarm los. Heuer in den Monaten April, Mai und Juni ist die
Wirtschaftsleistung um gut 1 Prozent gegenüber dem zweiten Quartal des Vorjahres zurückgegangen.
Das zeigen die Zahlen der Statistikaustria, Volker Obermeier berichtet. Österreichs Wirtschaft ist
im zweiten Quartal stärker zurückgegangen als erwartet. Das vor allem auf die rückläufige
Entwicklung von Handel und Industrie zurückzuführen, schreibt die Statistikaustria. Die Industrie
ist um 2 Prozent geschrumpft, der Handel um 1,7. In Summe liegt die Wirtschaftsleistung jedoch um
mehr als 3 Prozent über dem Vorkrisenniveau. Ob Österreich heuer in die Rezession rutscht,
lasse sich noch nicht sagen, Wirtschaftsminister Martin Kocher. Die Unsicherheit ist groß. Vieles
hängt davon ab, wie sich jetzt auch in Deutschland die Lage entwickelt. Und da ist die Stimmung
oft sehr entscheidend. Die Stimmung war nicht besonders gut. Das kann sich aber auch in ein paar
Monaten wieder drehen. Die Aussichten für das Kommandia wärtet Kocher es nicht ganz so schlecht.
Er rechnet mit einer geringeren Inflation und feilandenden Energiepreisen. Das wären die
positiven Seiten, wenn die Wirtschaftsleistung zurückgeht. Allerdings, wenn die Wirtschaft nachlässt,
steigt die Zahl der Arbeitslosen. Das war im August zu beobachten. Da waren mehr als 320.000
Menschen arbeitslos gemeldet, um 11.000 mehr, als vor einem Jahr berichtet Maria Kern. Am höchsten
war der Anstieg bei den Arbeitslosen am Bau im Tourismus und in der Industrie. AMS-Chef Johannes
Kopf sagt dazu, Bau und Industrie macht mir noch mehr Sorgen als Tourismus. Da arbeiten viel,
viel mehr Menschen als im Tourismus. Auch wenn wir Tourismusland Nummer 1 sozusagen sind, hat der
Bau etwa in den Beschäftigten Zahlen viel mehr Bedeutung als der Tourismus in Österreich. Die
Gründe für die steigende Arbeitslosigkeit seien die sich eintrübende Konjunktur, die hohe
Inflation und die steigenden Zinsen, die sich etwa auf dem Bausektor auswirken würden, so Kopf. Bei
den Bundesländern gab es den höchsten Zuwachs bei den Arbeitslosen in der Steiermark. Ganz anders
ist die Situation in Tirol. Tirol hat Vollbeschäftigung in der Arbeitslosenquote deutlich unter 3%. Insgesamt
dürften die Arbeitslosenzahlen in Österreich in den kommenden Monaten weiter steigen. 2024
sollten sie laut Kopf aber wieder sinken. Vollaufig steigt die Arbeitslosigkeit, die
Wirtschaftsleistung schrumpft. In einer Zeit stark steigender Preise ist es für Ökonominnen und
Ökonomern nicht ganz überraschend, dass die Leute weniger einkaufen und dass auch etwa weniger
gebaut wird. Einige hätten allerdings erwartet, dass dieser Effekt langsamer eintritt, sagt der
Chefökonom der Industriellenvereinigung Christian Hellmenstein. Der Konsum hat gehalten bis in
den Sommer hinein und jetzt wird es deutlich schwieriger werden. Jetzt spüren die Haushalte
mehr und mehr, die Kaufkrafte, Erosion durch die hohe Inflation und natürlich gleichzeitig kommen
zum Tragen, dass die höheren Zinsen auch die Wohnungswirtschaft extrem belasten. Das erklärt
dann eben auch, warum wir jetzt den Zuwachs an Arbeitslosigkeit gerade in der Bauwirtschaft,
im Baugewerbe haben. Das ist eine beschäftigungsintensive Branche, wo noch viele ausländische
Arbeitskräfte beschäftigt sind und das kann sehr, sehr gut erklären, neben dem Ukraine-Spezialeffekt,
warum wir mit einer paradoxen Situation am Arbeitsmarkt konfrontiert sind. Der Fachkräftemangel
besteht fort auf der einen Seite und auf der anderen Seite haben wir trotzdem eine steigende
Arbeitslosigkeit. Was Sie da jetzt angesprochen haben, das ist ja genau das, muss man sagen,
was die Europäische Zentralbank eigentlich wollte, oder? Sie wollte das jetzt ganz salopp
gesprochen, weniger Geld ausgegeben wird, damit die Inflation nicht weiter steigt. Haben wir da
jetzt den Salat? Also was die Europäische Zentralbank spät aber doch begonnen hat, ist, ihre
ultraexpansive Geldpolitik zu revidieren, vorsichtiger zu gehen, was die Flutung der Märkte
mit Liquidität angeht und das war auch höchst an der Zeit, damit die Immobilienpreise nicht
noch weiter in die Höhe gingen. Jetzt haben wir ja da offensichtlich einen Plafond erreicht. Real
werden die Immobilienpreise meiner Einschätzung nach erheblich zurückgehen, möglicherweise in
einer Größenordnung von 30 Prozent. Erwartet Christian Helmenstein von der Industriellen
Vereinigung im Mittagsschernallinterview mit Franz Renner. Das gesamte Gespräch können
Sie im Podcast der Ö1-Schurnale oder in der Ö1-App nachhören. Von Corona war zuletzt wenig,
bis gar nichts zu hören, aber auch wenn die Corona-Zeit im Allgemeinen als beendet betrachtet
wird, das Virus wird nicht verschwinden, also wird auch die Frage bleiben, wer sich wann impfen
lassen soll. Das Gesundheitsministerium hat heute die Impfempfehlungen für den Herbst
veröffentlicht, kurz gefasst eine Auffrischungsimpfung, vor allem für Risikogruppen. Elke Ziegler
berichtet. Vor allem an ältere Menschen, sowie Menschen mit Vorerkrankungen und mit besonders
vielen Kontakten, wie zum Beispiel das Gesundheitspersonal, wendet sich das nationale Impfgremium mit
seiner aktualisierten Empfehlung zur Corona-Impfung. Katharina Reich, Generaldirektorin für die
öffentliche Gesundheit. Ab sofort reicht eine Impfung aus, um als vollständig immunisiert zu
gelten, auch bei bisher ungeimpften Personen. Für den Herbst steht ein an die Omikron-Variante
angepasster Impfstoff zur Verfügung. Er soll laut Gesundheitsministerium bereits
ab kommender Woche nach Österreich geliefert werden.
Das Gesundheitssystem war während der Pandemie aufs äußerste Strapaziert. Das ist seither
kaum besser geworden, denn viele Beschäftigte haben Gesundheitsberufe verlassen. Die Gewerkschaft
wendet sich heute in einem offenen Brief an Gesundheitsminister Johannes Rauch. Der
Personalmangel sei größer als bisher angenommen, verglichen mit 2019. Also vor der Pandemie
würden jetzt 2.000 Fachkräfte weniger im Gesundheitssystem arbeiten, Peter Dase berichtet.
Die Gesundheitsgewerkschaft in der GÖD, der Gewerkschaft öffentlicher Dienst und das
Team Gesundheit in der Union Gewerkschaft haben sich gemeinsam an den Gesundheitsminister
gewandt. Reinhard Walter von der GÖD beruft sich auf aktuelle Beschäftigtenzahlen im
sogenannten Gesundheitsberuferegister. Damit ist klar, dass mit dem 31.12.2022 eigentlich
weniger diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerinnen im Arbeitsprozess waren als im Jahr 2019,
nämlich um rund 2.000 weniger. Die Pflegereform Wirke nicht, schreiben
die Gewerkschaften in ihrem offenen Brief an den Minister. Es drohe ein Kollaps im Gesundheitswesen.
Gefordert wird unter anderem eine Steuerbegünstigung als Anreiz für Mehrarbeit, andererseits aber
auch kürzere Arbeitszeiten bei vollem Lohnausgleich. Walter sagt, wie vor dann seit April eine
Spitalstipfel mit den Sozialpartnern ein. Wir haben vor einigen Wochen einen 5-Punkte-Plan auf
den Tisch gelegt, der unserer Meinung nach Forderungen beinhaltet, die sofort wirken würden und
langfristig wirken würden. Weitere Forderungen der Gewerkschafter sind, unter anderem ein
verringern der Leistungen des Gesundheitssystems, solange es nicht mehr Personal gibt und eine
Schwerarbeiterregelung für alle im Gesundheitsbereich. Das Gesundheitssystem leider, die man
noch an den Folgen der Pandemie folgen, gab es auch im Bildungssystem. In der Corona-Zeit
haben gar nicht so wenige Eltern ihre Kinder nicht in die Schule geschickt, weil sie Tests
und Maskenpflichten nicht akzeptieren wollten. Unterricht zu Hause war aber nur ein kurzfristiger
Trend, wie Felix Nowak berichtet. Zum Höhepunkt vor zwei Jahren sind etwa 7.500 Kinder und
Jugendliche in Österreich zu Hause unterrichtet worden. Ein Jahr später ist diese Zahl auf
etwas mehr als 4000 gesunken. Gut 1000 davon seien schon vor Schulschluss in die Klassen
zurückgekehrt, heißt es heute im Bildungsministerium entweder freiwillig oder weil Teile der Auflagen
während des Schuljahres nicht erfüllt worden sind. Dann kann eine Rückkehr auch angeordnet
werden. Eine große Hürde ist offenbar für viele die Jahresprüfung, die zu Hause unterrichtete
in einer öffentlichen Schule ablegen müssen. Etwa jeder 10. sei dort heuer gar nicht angetreten,
weitere 7% haben die Prüfung laut Ministerium nicht bestanden. Bundesweite Zahlen zu den
Abmeldungen für das kommende Schuljahr gibt es noch nicht, ein Rundhof zeigt aber flächendeckend
weitere Rückgänge. Etwa in Niederösterreich, wo sich die Zahl im Vergleich zu 2021 halbiert
hat, wie Bildungsdirektor Karl Fritum erklärt. Wir sehen heute eindeutig, dass diese Entwicklung
eine Folge der Pandemie war, das zeigen ganz einfach die Zahlen. Im Burgenland und in Salzburg
hat sich die Zahl der Abmeldungen sogar binnen eines Jahres in etwa halbiert. In Vorarlberg und in
Kärnten gibt es heuer jeweils um gut ein Drittel weniger Abmeldungsanträge als im Vorjahr, in
der Steuermark und in Wien ist es jeweils ein Viertel weniger und in Tirol ist die Zahl der
Abmeldungen immerhin um ein Zehntel gesunken. Ein schon einmal als IS-Terrorist verurteilter
Niederösterreicher muss im Herbst neuerlich vor Gericht, der heute 24-Jährige 2018 zu
neun Jahren Haft verurteilt worden. Während seiner Haft in mehreren Gefängnissen soll
er Teil eines Terror-Netzwerks gewesen sein. Barbara ganz wo sie informiert. Zu Beginn seiner Haft
sitzt Lorenz K. in der Justizanstalt Stein in einer Zelle direkt neben einem verurteilten
Islamisten aus Georgien. Sie nutzen gemeinsame Hofspaziergänge und gemeinsame Gebiete zum
Gedankenaustausch und sie teilen ein illegalbeschaftes Handy, wie der Verfassungsschutz später
herausgefunden hat. Das ist schon seit 2019 bekannt. Im Jänner 2020 wird der 24-Jährige dann
nach Graz in die Justizanstalt K. lau verlegt, um den Kontakt zu anderen Islamisten zu verhindern.
Aber dort ist er als Hausarbeiter beschäftigt und bildet mit zwei anderen Hausarbeitern und
IS-Anhängern laut Austria-Presseagentur eine Art Terrorzelle. Er soll unter anderem Propagandavideos
und eine Anleitung zum Bombenbasteln verschickt haben. Aus dem Justizministerium gibt es dazu
bisher keine Stellungnahme. Im Herbst steht der 24-Jährige wieder vor Gericht. Im werden mehrere
terroristische Straftaten vorgeworfen. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit
in Europa soll von russischen Spionen unterwandert sein. Das berichten heute mehrere Medien.
Für Österreich ist das doppelt bedeutend, denn die OSCD hat ihren Sitz in Wien. Mehrere
Mitgliedsstaaten fürchten, dass die Führung in Moskau die Arbeit der OSCD sabotieren könnte.
Da wird Krieglieder mit den Hinterkrank. Die OSCD steckt seit Ausbruch des Ukrainekriegs
in einer schweren Sinnkrise. Ihr historisches Mandat, Frieden und Zusammenarbeit zwischen Ost
und West ist durch die Mitgliedschaft Russland, dem Aggressor des Krieges, kaum aufrecht zu erhalten.
So viel ist bekannt, doch hinter den Kulissen brodelt es offenbar weit mehr. Laut einer Recherche
von ZDF, der Spiegel und der Standard, werfen mehrere OSZE-Mitglieder Moskau vor, Spione
in die Organisation eingeschleust zu haben. So soll die Frau des russischen Vizeaußenministers
bis vor kurzem für die OSZE gearbeitet haben. Eine mysteriöse russische Dolmetscherin sei
dort noch immer tätig, ebenso ein Mann, der von EU-Geheimdiensten längst als Agent
enttahnt worden sein soll. Russland versuche die OSZE zu sabotieren, es halte seine Mitgliedszahlung
zurück und blockiere durch das Einstimmigkeitsprinzip Entscheidungen. Die Organisation könnte daran
zeitnah zerbrechen, heißt es in dem Bericht. Gastgeber Österreich werde zunehmend in diese
diplomatischen Schermützel hineingezogen, etwa im Februar, als mehreren sanktionierten
russischen Diplomaten trotz Kritik die Einreise zur OSZE-Vollversammlung in Wien gestartet wurde.
Laut Außenministerium sei man dazu völkerrechtlich verpflichtet gewesen. Zum aktuellen Spionagevorwurf
heißt es heute. Österreich habe heuer bereits mehrere russische Diplomaten ausgewiesen,
deren Handlungen nicht mit der Wiener Diplomatenrechtskonvention vereinbar waren. Und man behalte
sich weitere Schritte dieser Art vor.
In Georgien gibt es Strei zwischen der Regierung und der Präsidentin über den EU-Kurs, Präsidentin
Salome Solabi Schwili war gestern in Berlin, beim deutschen Präsidenten Frank-Walter Steinmeier
und heute in Brüssel bei EU-Ratspräsident Charles Michel. Und sie hat dafür geworben,
dass Georgien den Status eines EU-Beitrittskandidaten bekommt. Das missfällt der russlandfreundlichen
Regierung, die nun ein Amtsenthebungsverfahren gegen die Präsidentin einleiten will, Christian
Linninger berichtet.
Gute Stimmung heute Nachmittag beim Empfang bei EU-Ratspräsident Charles Michel, die
Georgische Präsidentin Salome Solabi Schwili birbt für die EU-Anäherung ihres Landes,
genau wie schon gestern in Berlin beim deutschen Präsidenten Frank-Walter Steinmeier. Das
Georgien in die EU strebt gilt eigentlich als ausgemachte Sache, die überwiegende Mehrheit
der Bevölkerung ist dafür und auch die größeren Parteien, zumindest offiziell. Die Regierungspartei
Georgischer Traum will nämlich auch den großen Nachbarn Russland nicht vergreben, laviert
daher zwischen den Blöcken und schlägt über dies einen immer autoritären politischen
Kurs ein.
Nun kündigt die Regierung ein Amtsenthebungsverfahren gegen die Präsidentin an. Der Grund, Suhrübi
Schwili ist angewicht nicht abgesprochener Europareise. Die Präsidentin, die übrigens
früher auch dem Georgischen Traum angehört, sich dann aber distanziert hat, kann dem gelassenen
Gegensehen. Eine Zweidrittelmehrheit, die es für die Amtsenthebung bräuchte, hat das
Regierungslager nämlich nicht. Aber klar ist, die innenpolitischen Fronten sind verhärtet.
Und das heißt gar nichts Gutes für Georgiens EU-Ambitionen. Die EU hat im Land nämlich
einen 12-Punkter-Katalog an Bedingungen gestellt, die Georgien bis Jahresende erfüllen muss,
um den Status eines Beitrittskandidaten zu erhalten. Einer der Punkte ist die Überwindung
der innenpolitischen Polarisierung. Bei anderen geht es um die Frage, wie weit Georgien eine
Demokratie ist. Aber in all diesen Fragen entfernt sich Georgien derzeit von den Anforderungen
der EU.
Bei einem Zwischenfall an der Grenze zwischen Marokko und Algerien haben algerische Grenzpolizisten
zwei Touristen erschossen. Einen Franzosen und einen Marokkaner. Ein weiterer Tourist
wurde verletzt. Die Männer waren von Marokko aus mit ihren Jetskis auf dem Meer unterwegs
und dürften nicht bemerkt haben, dass sie algerische Gewässer erreicht hatten. Das
Ganze ist am Dienstag passiert, erst heute bekannt geworden und könnte Spannungen zwischen
Algerien auf der einen und Frankreich und Marokko auf der anderen Seite auslösen. Ernst
Kernmeier.
Die Auswahrt mit tödlichem Ende hat im marokkanischen Badeort Saidiya an der Grenze zu
Algerien begonnen. Vier junge Männer auf Jetskis. Was passiert ist, kann nur einer von
ihnen öffentlich erzählen. Der Bruder eines der getöteten, der es zurück an den Strand
von Saidiya geschafft hat.
Eines dürfte klar sein. Die drei Franzosen marokkanischer Herkunft und ihr marokkanischer
Freund, der ebenso in Frankreich lebt, sind zu weit nach Osten gefahren in algerisches
Gebiet. Ein Schlauchboot der Küstenwache habe sich ihnen genährt, hat Mohammed Kiszi
Medien erzählt. Sein Bruder Bilal habe mit den Grenzpolizisten noch sprechen wollen,
die hätten aber geschossen. Bilal und ihr marokkanischer Freund zeigen getötet worden.
Ein weiterer Freund wurde dem nach angeschossen und festgenommen. Frankreich hat heute den
Tod eines Franzosen und die Verhaftung eines Weiteren in Algerien bestätigt.
Die Grenze zwischen Marokko und Algerien ist seit 1994 geschlossen. Seit der Unabhängigkeit
von Frankreich liegen die beiden Länder im Klinsch über den Grenzverlauf. Algerien
unterstützt die Polisario, die für die Unabhängigkeit der marokkanisch besetzten
West-Sahara kämpft.
Die Nachrichten im Abendjournal Anseln. Per, bitte.
Ungarn fordert einen raschen Schengenbeitritt Rumäniens. Österreich müsse seine Blockadehaltung
endlich aufgeben, sagte der ungarische Außenminister Peter Siatto heute bei einem Besuch in Rumänien.
Es sei schändlich, dass der grenzkontrollfreie Schengenraum nicht schon längst um Rumänien
und Bulgarien erweitert worden sei.
Die Kriminalpolizei wird neu aufgestellt. Vor allem im Bereich Internetkriminalität
soll sie schlagkräftiger werden. Österreich weit sollen 38 spezialisierte Dienststellen
die Polizei in den Bezirken unterstützen. Innenminister Gerhard Kahn erkündigt für die nächsten
fünf Jahre 700 neue Stellen an. Die Kriminaldienstreform sei die größte Reform seit der Zusammenlegung
von Chandomari und Polizei.
Das neue Militärregime im Niga beschränkt die Arbeit internationaler Hilfsorganisationen.
Begründet wird das mit der aktuellen Sicherheitslage. Für welche Regionen das Verbot gilt, ist
nach UN-Angaben aber noch unklar. Nach den Putsch vor fünf Wochen steht weiterhin ein
Militäreinsatz der ECO-Was-Nachbarstaaten gegen die Putschisten im Raum.
Der Konflikt zwischen den beiden Kaukasusstaaten Arminien und Aserbaidschan ist heute erneut
eskaliert. Bei gegenseitigen Beschuss sind nach arminischen Angaben vier armenische Grenzsoldaten
getötet und einer verletzt worden. Aserbaidschan meldet drei verletzte Soldaten.
Bei der geplanten Wasserzuführen, den Neusiedlerssee, strebt das Burgenland jetzt doch eine innerösterreichische
Lösung an, weil die Pläne mit Ungarn nicht vorankommen, könnte das Wasser aus Niederösterreich
kommen und zwar aus der Donau bei Heinburg heißt es von der Task Force Neusiedlerssee.
Aktuell sei der Wasserstand aber zufriedenstellend erst 15 cm höher als im Vorjahr.
Papst Franziskus ist heute in der Mongolai empfangen worden, einer der weltweit kleinsten
katholischen Gemeinden mit nur 1400 Gläubigen, noch nie zuvor bei ein Papst in der Mongolai.
Der Besuch dauert bis Montag. Und der Wiener Westbahnhof ist zu einem der besten Bahnhöfe
Österreichs gewählt worden, gemeinsam mit dem Bahnhof von Siljan in Ostirol und Baden
in Niederösterreich. Schlusslicht im Bahntest des Verkehrsklubs Österreich ist wie seit
vielen Jahren wieder der Hauptbahnhof Bregenz und zum schönsten Bahnhof haben die 11.700
befragenden den Wiener Hauptbahnhof gewählt. Das Wetter morgen am Samstag wird auf Sonneg
und sommerlich warm, aber auch ein paar Wolkenfelder und am Nachmittag besonders im Bergland stellenweise
Regenschauer und Gewitter, die Höchstwerte 23 bis 29 Grad, am Sonntag eher wechselhaft
mit Sonne, Wolken und ein paar Schauern.
Vielen Dank für das Team des Abendjournaals. Verabschiedet sich Christian Williwald. Bleiben
Sie dran, weiter geht's mit einem Sommergespräch des Europasjournaals Verena Sophie Meier.
Willkommen zu einem Europasjournal Sommergespräch. Ich bin Verena Sophie Meier und wir schauen
uns heute an, wie es um die Demokratie in Europa steht. Von innen und außen werden
demokratische Errungenschaften derzeit bedroht, durch Russlands Überfall auf die Ukraine oder
durch den Vormarsch der AfD in Deutschland. Der frühere deutsche Bundespräsident Joachim Gauck
kennt die Zerbrechlichkeit der Demokratie aus persönlicher Erfahrung. Als Politiker und
Pastor hat er den Widerstand gegen die Diktatur in der DDR mitbegründet. Andreas Pfeiffer hat
für uns mit Joachim Gauck gesprochen.
Herr Bundespräsident, Ihr neues Buch trägt den Titel Erschütterungen und es benennt, was unsere
Demokratie bedroht von außen und von innen. Darüber werden wir uns ausführlich unterhalten. Ich
möchte aber zunächst an eine lange Tradition der Stabilität erinnern. An Deutschland als eine
Macht der Mäßigung, möchte ich sagen, als ein Land, das Lehren gezogen hat aus seiner Vergangenheit,
dass eine Tradition der politischen Zuverlässigkeit gestiftet hat, auch eine Tradition der diplomatischen
Raffinesse. Und nun stehen wir aber in einer Zeitenwende, die mit Erschütterungen einhergeht.
Müssen wir uns von diesem Bild von Deutschland als einer Macht der Mäßigung allmählich verabschieden?
Das kommt darauf an, wie man das mit der Mäßigung auslegt. Aber zunächst etwas anderes. Sie haben
mich korrekt angesprochen zu Beginn, aber in Zukunft rüsten wir mal protokollarisch ab und sie
nennen mich mit meinem Namen. Aber jetzt zu Ihrer Frage. Wir sind ein Land, das lange unter dem
Schatten einer über großen Schuld gestanden hat. Und anders als vielleicht in Österreich, ich weiß es
nicht so genau, aber wenn ich einigen Literaten folge, hat es dann nach einer gewissen Zeit nach
dem Krieg eine vertiefte Aufarbeitung der deutschen Schuld am Völkermord gegeben, der Verantwortung,
auch die die Menschen dann verweigert haben, als sie ihrem Führer Blindlings gefolgt sind und das Land
in eine moralische Verkommenheit gebracht hatte, wie es nie zuvor gewesen ist. Und die Generation,
die das dann aufgearbeitet hat, hat dafür gesorgt, dass es in Deutschland so ein Gefühl gab, erstens,
dass wir wenig wert sind, zweitens, dass die Nation kein Wert ist, weil der Nationalismus,
der in der Hitlerzeit die Menschen erfasst hatte, sich als Desaster erwiesen hat. Aber mit der
Verwerfung des Nationalismus gab es auch eine Verwerfung des nationalen Gedankens und des
Nationalgefühls. Es gab im Grunde so etwas wie eine nationale Entheimatung, jedenfalls bei den
discoursebestimmenden Milieus, die dann unsere Kinder und Jugendlichen ausgebildet haben in der
alten Bundesrepublik. Und so entsteht ein Gestus, der wir wollen nie wieder dabei sein, wenn es hart
zugeht. Wir sind die, die den Frieden lieben, die unbedingt für Entspannung sind. Und das war
eine gute und richtige Antwort auf die Verbrechen von nationalistischem Übermut. Was aber gut ist
bei der Bearbeitung einer schuldbelasteten Vergangenheit, kann mitunter auch lähmend wirken, wenn aktuelle
Anforderungen der Zeit gebieten, dass das Land doch eigene Interessen so ernst nimmt, wie sich das
gehört für eine normale Gesellschaft. Und das war ein sehr komplizierter Prozess. Es fing an
damit, dass unter der Herrschaft, unter der Regierung von Granat Adenauer schon die Wiederbewaffnung
Deutschlands, die Errichtung einer Bundeswehr von Teilen der Gesellschaft abgelehnt würde. Ohne
uns, Herr Adenauer. Und es ging weiter mit einer sehr machtvollen Friedensbewegung. Die begleitet war
von einem Neuanfang der Beziehung in der Zeit des Kalten Krieges mit Moskau und der DDR, den anderen
Ostblockländern. Wir wollten die sein, von denen nie wieder eine Gefahr ausgeht. Und das ist eigentlich
was Gutes, wenn man die Geschichte eines kriegerischen Deutschland sieht. Und nun ist es aber so, dass wir
heute, und deshalb habe ich dieses Buch auch jetzt gemacht, etwas Ähnliches sehen wie zur Zeit der Bedrohung
Europas durch den Kommunismus. Das heißt, der Wunsch, friedfertig mit friedfertigen Nachbarn auszukommen,
ist ein guter. Wenn er aber zu der Fehlwarnung fährt, dass ein unfriedlicher Nachbar, ein aggressiver
Nachbar genauso behandelt werden muss wie ein friedfertiger, dann ist es ein Verlust von Wirklichkeit.
Eine Tradition, wenn ich sie richtig interpretiere, gespeist aus redlichen.
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