Die Dunkelkammer – Der Investigativ-Podcast: #9 Karmasins Anklage, Edtstadlers Pressefreiheit und Zadić' totes Recht

Michael Nikbakhsh Michael Nikbakhsh 4/21/23 - Episode Page - 20m - PDF Transcript

Österreich ist nicht ganz dicht. Genau genommen sind es unsere Wände, Fenster, Türen und Dächer, die nicht ganz dicht sind.

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Herzlich Willkommen in der Dunkelkammer. Mein Name ist Michael Nickbörsch, ich bin freier Journalist und beschäftige mich mit mächtigen Menschen.

Also genauer, mit der dunklen Seite, der Macht.

Das ist die neunte Ausgabe der Dunkelkammer und heute geht es um ein hohes Gut. Die Pressefreiheit.

Wenn es nach ÖVP-Verfassungsministerin Caroline Edstadler geht, dann haben wir in Österreich zu viel Pressefreiheit.

Edstadler will die Pressefreiheit einschränken, indem sie das Zitieren aus Gerichtsakten einschränken will, nach deutschem Vorbild, wie sie es selbst ausdrückt.

Nachzulesen ist das auf Twitter, wo Edstadler am 15. April dazu mehrere Kurznachrichten schrieb, durch die der Geister Lasserschen Sensorartikel des 19. Jahrhunderts wette.

Wenn es also nach Caroline Edstadler geht, dann würde ich für das, was ich im Rahmen dieser Episode mache, ganz sicher eine Geldstrafe bekommen, schlimmstenfalls sogar ins Gefängnis gehen.

Ich veröffentliche nämlich eine Anklageschrift zu einem Strafprozess, der formell noch nicht begonnen hat.

Das ist in Österreich unter bestimmten Voraussetzungen legal, in Deutschland aber eben nicht.

In Österreich darf unter Auflagen wörtlich und sehr ausführlich aus nichtöffentlichen amtlichen Dokumenten zitiert werden, also z.B. aus staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten, aus Gerichtsgutachten und eben auch aus Anklageschriften.

Ne, und solange es hierorts noch legal ist, mache ich das auch.

Am 25. April startet der Strafprozess gegen die frühere ÖVP-Familienministerin Sophie Carmas Inchalla.

Das Verfahren ist auf erst drei Verhandlungstage angesetzt und die Anklage lautet auf schweren Betrug bzw. Wettbewerbsbeschränkende Absprachen.

Sophie Carmas Inchalla wird im Prozess auf ihre langjährige Geschäftspartnerin Sabine Beinschab treffen, die als Kronzeugen erwartet wird.

Beinschab spielt so dem auch eine zentrale Rolle in der ÖVP-Inseraten-Affäre, um die es in diesem Verfahren allerdings nicht geht.

Sophie Carmas Inchalla wird einerseits beschuldigt, nach ihrem Ausscheiden aus der Politik unrechtmäßig Bezüge weiterhin in Anspruch genommen zu haben.

Das steht ausgestellten Ministerinnen und Ministern eine Zeit lang zu.

Das hätte sie aber nicht tun dürfen, weil nach Verdachtslage bereits Nebeneinkünfte bestanden.

Das hätte eben nicht der Fall sein dürfen.

Und andererseits soll sie sich mit Sabine Beinschab und einer weiteren Meinungsforscherin abgesprochen haben,

um über fingierte Angebote an Aufträge des Sportministeriums zu gelangen, da ging es um Studien für das Sportministerium.

Klammer auf, auch gegen diese zweite Meinungsforscherin liefen Ermittlungen.

Ihr Fall wurde dann im Wege einer sogenannten Diversion erledigt.

Sie wird im Carmas-In-Prozess als Zeug in erwartet.

Im Zusammenhang mit den Aufträgen des Sportministeriums ist auch ein Beamter des Ministeriums angeklagt.

Carmas Inchalla wird im Prozess übrigens vom Strafverteidiger Norbert Wes vertreten,

mit dem ich in Ausgabe Nummer 4 der Dunkelkammer über den Fall gesprochen habe.

In letzter Konsequenz geht es in beiden Anklagepunkten um Steuergeld

und im Falle einer Verurteilung drohen Carmas Inchalla bis zu drei Jahre Haft.

Wobei, natürlich bis zu einer allfälligen rechtskräftigen Vorteilung für alle Beteiligten.

Die Unschuldsvermutung gilt.

Wie gesagt, ab dem 25. April wird verhandelt.

Ich werde mich als Kibitz in den Gerichtsaal setzen und berichten.

Die Grundlage für dieses öffentlichkeitswirksame Verfahren

ist eine 40-seitige Anklageschrift der Wirtschaft und Korruptionsstaatsanwaltschaft,

in der sich nachlesen lässt, was genau die WKSDA Carmas Inchalla vorwirft.

Im Sinne der Transparenz stelle ich diese 40 Seiten hin mit zum Download bereit.

Den Link zum Dokument findet ihr in den Show Notes zu dieser Episode.

Weil es auch in Österreich Regeln gibt, was die Veröffentlichung solcher Dokumente betrifft,

musste ich vorher drüber gehen und die Anklageschrift schwerzen bzw. weißen.

Mit Ausnahme von Sophie Carmas Inchalla und Sabine Beinschab

habe ich die Namen der anderen Verfahrensbeteiligten personen unkenntlich gemacht,

also konkreten Namen des zweiten Angeklagten und die allerzeugenden Unzeugen.

Dazu noch alle personenbezogenen Daten, wie beispielsweise Telefonnummern, Postanschriften,

E-Mail-Adressen oder sonstige Informationen, die sich nicht mit einem öffentlichen Informationsinteresse

rechtfertigen lassen.

Das ist nämlich die Grundvoraussetzung, um was Journalist aus staatsanwaltschaftlichen

Ermittlungsakten oder eben Anklageschriften zitieren zu können.

Limitiert wird das übrigens im Paragrafen 54 der österreichischen Strafprozessordnung,

der bezeichnenderweise den Titel Verbot der Veröffentlichung trägt.

Wenn es jetzt also nach Caroline Edstadler geht, dann dürfte ich selbst die geschwarzt weißte Version,

da kann man sie in Anklage nicht veröffentlichen und sei sie noch so relevant,

schlicht weil diese noch nicht in öffentlicher Verhandlung erörtert wurde.

Gut, die Verlesung einer Anklage im Gerichtshall könnte man ja noch erwarten,

also da müsste man jetzt keinen Stress haben, aber hätten wir die deutsche Rechtslage,

dann wäre seit 2020, 2021 auch kein einziger Chat von Thomas Schmidt und Freunden öffentlich geworden,

jedenfalls nicht im Wortlaut, so problematisch viele dieser Chats auch sein mögen.

Paragraf 353d Nummer 3 des deutschen Strafgesetzbuch verbietet die Veröffentlichung von Anklageschriften

und anderen amtlichen Dokumenten im Ganzen oder auch in wesentlichen Teil,

und zwar so lange sie nicht entweder in öffentlicher Verhandlung erörtert worden sind

oder ein Verfahren abgeschlossen wurde.

Das heißt in der Praxis, wenn man aus Gerichtsakten zitieren möchte,

dann kann man das nur unscharf in indirekter Rede umrechtlich ganz auf der sicheren Seite zu sein.

Bei Verstößendrohung Geldstrafen, theoretisch sogar bis zu einem Jahr Freiheitstrafe, drin.

353d des deutschen Strafgesetzbuches ist kein Spaßparagraf und ich weiß wovon ich rede.

Ich gehöre nämlich zu den wenigen Leuten in Österreich, die deshalb schon mal strafrechtlich verfolgt wurden,

aber dazu später.

Zurück zu Caroline Etstadler. Was schrieb sie auf Twitter? Ich zitiere das Wahl.

Österreich braucht ein Zitierverbot nach deutschem Vorbild für das Stadium des Ermittlungsverfahrens,

also bevor es zu einer Anklage und damit zur öffentlichen Verhandlung kommt.

Zitatende.

Begründet hat sie das übrigens hauptsächlich mit dem Recht von Beschuldigten auf Privatsphäre.

Gut, jetzt gehe ich davon aus, dass da jetzt nicht irgendwelche Beschuldigten gemeint waren,

sondern schon irgendwie die eigenen Leute, nicht?

Weil den Rahmen bilden klarerweise die ÖVP-Korruptions-Ermittlungen der WKSDA

und die an die Öffentlichkeit gelangten behördlich ausgewerteten Chatverläufe von Thomas Schmidt.

Ich zitiere weiter aus Etstadlers Tweets.

Mit der medialen Verbreitung von nicht öffentlichen Details werden unter dem Schutzsterm der Pressefreiheit

oft nur die niederen Instinkte von Warriorismus und Sensationslust bedingt.

Zitatende.

Dass eine ÖVP-Ministrin die Veröffentlichung von Chats verhindern will, die für die ÖVP nicht gut ausschauen,

hat mich jetzt ehrlicherweise nicht überrascht.

Überraschender war das, Etstadler sich gar so auf die Privatsphäre von Beschuldigten stürzte,

daneben fielen in den Tweets auch noch Buzzwords wie Unschuldsvermutung und Datenschutz.

Das ist deshalb überraschend, weil es dazu bereits klare gesetzliche Bestimmungen gibt.

Privatsphäre, Unschuldsvermutung, Datenschutz, das ist in der bestehenden österreichischen Strafprozessordnung

ebenso geregelt wie Mediengesetz.

Ich darf als Journalist natürlich nicht vorvorteilen, wenn ich es trotzdem mache, riskiere ich ein Gerichtsverfahren.

Und ich muss mich jedes Mal aufs Neue fragen, ob eine bestimmte Information den geschützten,

höchstpersönlichen Lebensbereich einer Person beschreibt oder nicht.

Fehlt eine Information nämlich in diesen höchstpersönlichen Lebensbereich, also quasi in die Privatsphäre

und ich veröffentliche sie trotzdem, riskiere ich ein Gerichtsverfahren.

Es gibt bereits eine Reihe von Einschränkungen, was übrigens auch erklärt, warum in Österreich

nicht über jeden Strafprozess oder jedes Zivilverfahren berichtet wird.

Da gibt es durchaus geschützte Räume, Scheidungsverfahren zum Beispiel, sind nicht öffentliche Verfahren, die sind streng geschützt.

Wer da trotzdem berichtet, riskiert sogar Haftstrafen von bis zu sechs Monaten.

Ich kann auch ziemlich rechtlichen Ärger bekommen, wenn ich in einem laufenden Gerichtsverfahren den Wert von Beweismitteln

oder Zeugenaussagen würdige oder gar den Ausgang des Verfahrens vorwegnäme.

Auch das ist strafbar.

Eine Veröffentlichung steht also dann auf einem soliden rechtlichen Fundament,

wenn keine schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen verletzt werden und das öffentliche Informationsinteresse überwiegt.

Und wer außerhalb der ÖVP würde in den Schmitjets kein öffentliches Interesse erkennen?

In letzter Konsequenz argumentiert Caroline Edstadler ihr Zitierverbot mit Dingen, die bereits verboten sind.

Klar, ein komplettes Zitierverbot wäre natürlich zweckdinnig, weil dann hätte es die bisherigen Chatveröffentlichung gar nicht geben dürfen.

Und nur darum geht es her.

So etwas hatten wir übrigens schon.

Es ist aber ein Zeitel her, die eingangs zitierten sogenannten laserschen Artikel aus der Strafreform des Jahres 1862 benannt nach einem Juristen und Politiker des 19. Jahrhunderts, Joseph Lasser von Zollheim.

Die laserschen Artikelrömisch 7 und Römisch 18 sierten mehr als 100 Jahre lang die Justizberichterstattung in Österreich.

Lasersartikelrömisch 7 regelte ein umfassendes Zitierverbot aus Ermittlungsaktion und Anklage schriften und das hielt sich so bis in die 1970er-Jahre hinein.

Dann wurde es aufgeweicht und schließlich abgeschafft.

Als Ersatz kam das Mediengesetz 1981.

Es war also ein langer Weg, Weg aus der Zensur und Caroline Edstadler wäre jetzt nicht die erste Politikerin, die den Weg wieder zurückgehen will, also zumindest ein Stück weit.

Schon in den Nullerjahren hatte der damalige FPÖ-Justizminister Dieter Böhmdorfer eine Verschärfung der Strafprozessordnung vorangetrieben, welche das Zitieren aus Ermittlungsakten erschwert und verstöße strafrechtlich sankzimiert hätte.

Die Bestimmungen traten so aber nie in Kraft.

Jetzt kann man natürlich fast immer gefahrlos auf Deutschland verweisen, du siehst ja auch eine entwickelte und funktionsdüchtige Demokratie, kein Zweifel.

Aber das heißt jetzt auch nicht, dass die dort deshalb alles besser machen.

Oder nehmen wir die Schweiz, auch kein Entwicklungsland.

Dort können Journalistinnen und Journalisten eingesperrt werden, wenn sie gegen das eidgenössische Bankgeheimnis verstoßen und zum Beispiel die Geschäftsverbindungen obskurer Leute zu Schweizer Banken veröffentlichen.

Das ist nämlich nicht erlaubt.

Das war auch der Grund, warum man an einer großen internationalen Recherche zu den problematischen Geschäftsbeziehungen der Kreditswiese im Jahr 2022 keine Journalistinnen aus der Schweiz dabei waren, obwohl die Geschichte in der Schweiz spielt.

Klingt absurd, aber es war einfach zu gefährlich für die Kolleginnen und Kollegen dort.

Die Recherche ist übrigens Swiss Secrets.

Ich war damals dabei, organisiert hatten, dass meine wunderbaren deutschen Kollegen Bastian und Frederik Obermeier, die demnächst bei mir in der Dunkelkammer zu Gast sind, worauf ich mich sehr freue.

Wenn es also ans Zitierverbot geht, dann sind die Deutschen uns nicht voraus, sondern zu plus minus 50 Jahre hinter uns.

Auch in Deutschland hat das Zitierverbot eine wechselvolle Geschichte.

Es wurde 1874 eingeführt, viel nach dem zweiten Weltkrieg dann weg und wurde 1975 wieder eingeführt, also zu der Zeit, als es bei uns gerade in Abschaffung war.

Und in Deutschland wird seit Jahrzehnten darüber diskutiert, der Paragraf ist und bleibt umstritten.

Das deutsche Bundesverfassungsgericht musste sich zweimal damit beschäftigen, zuletzt 2014.

Und da bestätigen die Höchstrichter einmal mehr, dass die Strafennamen verfassungskonform ist, also mit den Grundrechten in Deutschland vereinbar.

Nun ist Caroline Etstadler ja nicht Justizministerin in Österreich, den Job hat Alma Sardic von den Grünen.

Sardic war am 16. April zu Gast in der ORF-Pressestunde und da wurde sie auch auf den Vorstoß Etstadlers angesprochen.

Von der Justizministerin kam dazu eine klare Absage.

Sie will kein Zitierverbot, sie begründete das unter anderem mit beschuldigten Rechten,

denn Beschuldigte haben laut Sardic dann einmal das Recht, Akten an Medien weiterzugeben, wenn es ihrer Verteidigung dient.

Und ein Zitierverbot würde laut Sardic eben dieses Recht beschneiden.

Interessant ist allerdings, was der Justizministerin zur gesetzlichen Regelung in Deutschland zu sagen hatte.

Ich schlage vor, wir hören einmal kurz rein.

Vielleicht zwei Punkte zu diesem Bereich.

Was das Zitierverbot betrifft, habe ich ja beispielsweise schon auch mit der Justizministerin damals zu Beginn meiner Amtszeit gesprochen.

Inwiefern, weil damals war das schon Thema, inwiefern sich das in Deutschland bewährt hat.

Und sie hat mir gesagt, das hat sich nicht bewährt.

Die Bestimmung ist de facto totes Recht.

Sie sieht das ganz offensichtlich anders, sonst wird sie es nicht fordern.

Wenn ich das richtig interpretiere, dann hat Alma Sardic anlässlich ihrer Amtsübernahme 2020

mit ihrer damaligen deutschen Amtskollegin über das deutsche Zitierverbot gesprochen.

Das heißt dort übrigens wörtlich verbotene Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen.

Die deutsche Justizministerin hieß 2020 Christina Lambrecht

und sie soll Alma Sardic offenbar gesagt haben, der Paragraf 353D sei in Deutschland totes Recht.

Jetzt bin ich schon wieder überrascht, denn tot ist dieser Paragraf ganz sicher nicht.

Er ist vielmehr lebhaft.

In Deutschland wird laufend gegen Journalistinnen und Journalisten wegen der verbotenen Veröffentlichung ermittelt.

Das richtet sich übrigens immer wieder auch gegen Politikerinnen und Politiker, Juristen, Aktivistinnen und Aktivisten.

Und nicht selten enden diese Verfahren dann tatsächlich in Geldstrafen, Geldauflagen, wie das dann in dem Fall heißt.

Also da schickt dann die Staatsanwaltschaft die jeweilige einfach die Strafen aus.

Und in selteneren Fällen kommt tatsächlich auch zu Gerichtsverfahren.

2022 zum Beispiel war die Staatsanwaltschaft Stuttgart hinter einem Redakteur der Stuttgarter Zeitung her,

der über Missstände bei der Polizei Baden-Württemberg berichtet hatte.

Dabei hat er unter anderem auch ein Dokument veröffentlicht, von dem sich dann herausstellte,

dass er es vom CDU-Innenminister Baden-Württembergs Thomas Strobel erhalten hatte.

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelte gegen den Journalisten und den Innenminister.

Die Ermittlungen gegen den Journalisten wurden eingestellt und der Innenminister wurde zu einer Geldauflage von 15.000 Euro verurteilt,

weil man so sagen darf, die wurde ihm auferlegt.

Im Abtlauchstaus wurde das Verfahren eingestellt.

Der amtierende deutsche Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt von der SPD wiederum,

der musste Ende 2021 kurz vor seinem Amtsantritt 5.000 Euro Geldauflage zahlen.

Aber Meilsberg auf 353 D, er hatte auf Twitter Auszüge aus seinem Gerichtsbeschluss veröffentlicht.

Der betraf das Bundesfinanzministerium, für das er damals als Staatssekretär gearbeitet hatte.

2018 stand ein Aktivist in Deutschland wegen 353 D vor Gericht, weil er eine Anklageschrift vor deren Verlesung gepostet hatte.

Er bekam eine Geldstrafe von 1.350 Euro.

Und auch ich selbst wurde 2010 strafrechtlich in Deutschland verfolgt.

Die Staatsanwaltschaft München 1 war damals hinter einigen Journalisten und Journalisten in Österreich her.

Also konkret hinter mir, meiner Kollegin bei Profil Ulla Kramer-Schmidt,

dem leider viel zu früh verstorbenen Newsjournalisten Kurt Kuch und zwei Kollegen vom Wirtschaftsblatt,

dass es nicht mehr gibt.

Wir alle hatten damals aus Ermittlungsakten zur Kärtner Hypoalpe Adria zitiert,

die nicht nur die Staatsanwaltschaft klagen vor, sondern eben auch die Staatsanwaltschaft München 1 beschäftigte.

Es waren also quasi auch deutsche Akten in Österreich im Spiel.

Bei diesem Profilbetrag hatte einer der damals Beschuldigten eine Profil-Print-Ausgabe am Münchner Hauptbahnhof gekauft

und war zur Staatsanwaltschaft gegangen.

Klammer, wir wussten selbst damals gar nicht, dass man Profil physisch in München kaufen konnte.

Aber dadurch, dass man Profil dort kaufen konnte, sah der Staatsanwalt eine Art innerdeutschen Tatort oder so gekommen

und eröffnete ein Ermittlungsverfahren nach 353 D.

In weiterer Folge schickte ein Rechtshilfeersuchen nach Österreich, das vom Justizministerium auch umstandslos durchgewinkt wurde.

Und das führte dazu, dass Ulla und ich von der Polizei in Wien im Rechtshilfeweg als Beschuldigte einvernommen würden.

Wenn man so will, hatten wir in Österreich gegen deutsches Strafrecht verstoßen.

Das klingt absurd, das war es auch, aber das endete nichts daran, dass wir einvernommen wurden.

Tatsächlich hätte Österreich da gar keine Reaktive leisten dürfen, auch die Einvernahmen jetzt so nicht geben dürfen.

Erst nachdem wir die Sache öffentlich gemacht haben, ließ die damalige Justizministerin Claudia Bandion Ordner, wer sie noch kennt, die Rechtshilfe stoppen.

Aber erledigt war die Sache damit immer noch nicht, denn die Münchner ließen das Verfahren ungeachtet der nicht erteilten Rechtshilfe weiterlaufen.

Und ich weiß noch, wie unser Anwalt uns damals empfohlen hat, die nächste Zeit nicht unbedingt nach Deutschland zu fahren,

weil es sein könnte, dass wir dann einem Staatsanwalt vorgeführt werden.

Also nein, der Paragraf 353D des deutschen Strafgesetzbuches ist kein totes Recht.

Das ist ein durchaus lebhafter und ziemlich bedrohlicher Paragraf. Und nein.

Ein zivilisatorischer Fortschritt ist auch nicht. Ganz im Gegenteil.

Das war die neunte Ausgabe der Dunkelkammer. Ich hoffe, es hat euch gefallen. Zögert weiterhin nicht, die Dunkelkammer zu bewerten,

freue mich immer über konstruktives Feedback. Bleibt mir gewogen. Ihr hört von mir.

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Was genau wirft die WKStA Sophie Karmasin-Schaller im nahenden Strafprozess vor? Und wie sieht eine Anklageschrift eigentlich aus?

 Zum Prozessstart am 25. April stelle ich die 40-seitige Anklageschrift der WKStA zum Download bereit. Hier ist geht es zum Dokument: https://drive.google.com/file/d/1dhQrd4rnPMnGEW3neCFaWCsOLalxm-bA/view?usp=sharing

 Die Veröffentlichung etwa von Anklageschriften vor Prozesseröffnung ist in Österreich unter Auflagen (siehe unten) legal, in Deutschland aber nicht. Das deutsche Zitierverbot ist streng - und wenn es nach ÖVP-Verfassungsministerin Karoline Edtstadler geht, dann soll auch Österreich ein solches Zitierverbot bekommen. 

Die Motivation ist erkennbar: Nach deutschem Vorbild hätte in den vergangenen zwei Jahren keiner von Thomas Schmids Chats veröffentlich werden dürfen. 

Justizministerin Alma Zadić von den Grünen hat Edtstadlers Vorstoß in der ORF-Pressestunde eine Absage erteilt. Sie argumentierte unter anderem, dass das Zitierverbot in Deutschland "totes Recht" sei - nun, so ist es keineswegs. Paragraf 353d des deutschen Strafgesetzbuches ist sehr lebhaft, wie Fälle aus der jüngeren Vergangenheit zeigen.

Diclaimer zur Karmasin-Anklageschrift: Weil es auch in Österreich Regeln gibt, was die Veröffentlichung solcher Dokumente betrifft, musste ich vdie Anklageschrift schwärzen beziehungsweise weißen. Mit Ausnahme von Sophie Karmasin-Schaller und Kronzeugin Sabine Beinschab habe ich die Namen der anderen verfahrensbeteiligten Personen unkenntlich gemacht, also konkret den Namen des 2. Angeklagten und die aller Zeuginnen und Zeugen. Dazu noch alle personenbezogenen Daten wie beispielsweise Telefonnummern, Postanschriften, Email-Adressen oder sonstige Informationen, die sich nicht mit einem öffentlichen Informationsinteresse rechtfertigen lassen.