Die Dunkelkammer – Der Investigativ-Podcast: #6 Dunkelkammer-Telegramm: Der Fall Dichand

Michael Nikbakhsh Michael Nikbakhsh 3/31/23 - Episode Page - 11m - PDF Transcript

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Das ist die 6. Ausgabe der Dunkelkammer und es ist quasi eine Sondersendung, das Dunkelkammertelegramm.

Aus gegebenem Anlass durchbreche ich meinen wöchentlichen Erscheinungsrhythmus und lege

kurzfristig noch eine Episode drauf.

Stichwort der Fall Dichert.

Die Wirtschafts- und Korruptionstaatsanwaltschaft ermittelt jetzt also auch gegen die Verleger

und Ehleute Eva und Christoph Dichert.

Am 30. März gab es dazu Hausdurchsuchungen, darunter auch in den Räumlichkeiten der

Boulevard-Zeitung heute.

Die Kause erscheint komplex, lässt sich aber in etwas so zusammenfassen.

Der frühere Generalsekretär des Finanzministeriums Thomas Schmidt soll dafür gesorgt haben,

dass heute und die Kronen-Zeitung wohlwollend über Sebastian Kurz berichten.

Und dem Abtorsch dafür soll er großzügige Anzeigenschaltungen des Finanzministeriums

in beiden Medien veranlasst haben.

Wir reden also von mutmaßlicher Inseratenkorruption.

Eva Dichert hat die Vorbefin einer ersten Reaktion wie er Twitter als falsch bezeichnet.

Und zugleich hat heute Chefredaktor Christian Nusser die bedingungslose redaktionelle Unabhängigkeit

von heute betont.

Das der Vollständigkeit halber.

Zum besseren Verständnis werde ich mal ein paar Sachverhalte für euch sortieren.

Als Quelle dient mir eine vorliegende 104-seitige Sicherstellungsanordnung der WKSDA, auf deren

Grundlage die jüngsten Hausdurchsuchungen mit richterlicher Genehmigung, erfolgten.

Fangen wir also an, erstens, warum wird hier ermittelt?

Der Kauser Dichern ist ein neuer Ermittlungsstrang der WKSDA im weitläufigen Ermittlungskomplex,

der als Casinosverfahren bekannt ist, wenngleich es da längst nicht mehr nur ums Glücksspiel

geht.

Ausgelöst hat diese neuen Ermittlungen Thomas Schmidt, der bekanntlich Kronzeuge im Casinos

Verfahren werden will.

Schmidt belastet Eva Dichern, aber auch Sebastian Kurz.

Schmidt sagt, Frau Dichern habe eine wohlwollende und parteiische Berichterstattung im Wahlkampf

2017 und darüber hinaus versprochen und dafür mehr Anzeigengeld des Finanzministeriums

bekommen.

Und Schmidt sagt auch, dass Sebastian Kurz zu jedem Zeitpunkt darüber informiert gewesen

sei und das quasi billigend zur Kenntnis genommen habe.

Zweitens, gegen wen wird hier ermittelt?

Der neue Ermittlungsstrang richtet sich gegen neuen Personen und die ÖVP als sogenannten

Verband.

Die Beschuldigten lassen sich in zwei Gruppenteilen.

Auf der einen Seite Eva Dichern und Christoph Dichern bzw. der heute Verlagsmanager Wolfgang

Janski.

Und auf der anderen Seite Sebastian Kurz und Thomas Schmidt, dieser deshalb, weil er

formell noch gar kein Grundzeuge ist, dazu noch Gerald Fleischmann und drei weitere Leute

aus dem Umfeld von Sebastian Kurz.

Es gibt natürlich für alle Beteiligten die Unschuldsvermutung.

Drittens, was wird wem genau vorgeworfen?

Also bei den drei Medienleuten steht der Verdacht der Bestechung sowie der Beteiligung

an der Untreu im Raum und bei Sebastian Kurz und dessen Eckstab geht es um vermutete Bestechlichkeit

und Untreue.

Noch sind wir weit von einer allfälligen Anklagehebung entfernt, aber wir reden hier

von Delikten, die mit mehrjährigen Haftstrafen einhergehen können, das ist also durchaus

nicht ohne.

Viertens, was soll sich denn da nun genau zugetragen haben?

Thomas Schmidt sagte habe im Wahljahr 2017 den vermehrten Kontakt zu Eva und Christoph

Dichern gesucht, um für eine gute und breite Berichterstattung über Sebastian Kurz in

der Kronenzeitung und ihn heute zu sorgen.

Dazu soll es auch mehrere Gespräche mit Eva Dichern gegeben haben, bei denen sie Gegenleistungen

verlangt haben soll, mehr Anzeigen gilt.

Ich zitiere dazu eine Passage aus der Sicherstellungsanordnung der WKSDA, da heißt es.

Bei diesen Gesprächen äußerte Eva Dichern wiederholt, dass es beim Inseratenbudget

des BMF, das ist das Finanzministerium, Notwendigkeiten gebe.

Damit meinte sie, dass sie sich Inseratenschaltungen des BMF in der Kronenzeitung und der Tageszeitung

heute sowie den ihr zuzurechnenden Medien in größerem Umfang erwarte.

Dabei verwies sie immer wieder auf das aus ihrer Sicht nicht adäquate Verhältnis, zu

den in der Österreich-Gruppe geschalteten Inseraten, das ist die Mediengruppe der Gebrüder Felner.

Ich zitiere weiter.

Bei einem Telefonat Anfang 2017 beschwerte sich Eva Dichern bei Schmidt darüber, dass

heute und die Kronenzeitung im Verhältnis zu Österreich zu wenig Inserate des BMF

bekommen, rechnete dies detailliert vor, forderte Schmidt auf, die Unverhältnismäßigkeit

zu beheben und teilte mit, wir können auch anders.

Damit meinte sie, dass im Falle der Nichtentsprechung ihrer Wünsche die Berichterstattung in ihren

Medien entsprechend schlechter ausfallen werde.

Thomas Schmidt war nach eigener Aussage auch bereit, diesem Anliegen von Eva Dichern

nachzukommen, forderte dafür aber eben positive Berichterstattung über Sebastian Kurz und

dessen politische Ziele.

Tatsächlich gab es damals auf Ebene des Finanzministeriums und des Justizministeriums Bestrebungen

das Privatstiftungsgesetz zu reformieren, aber dazu kam es dann wegen der Ibiza-Affäre

2019 nicht mehr.

Fünftens, wie viel an Inseraten Geld war da überhaupt im Spiel?

Die WKSDA hat für den Zeitraum 2017 bis 2021 insgesamt 11,4 Millionen Euro addiert, die

vom Finanzministerium Richtung KRONE-Gruppe und heute Gruppe geschaufelt worden sein sollen.

Das war ausnahmslos Steuergeld, aber natürlich war nicht alles davon jetzt verdächtig oder

problematisch, denn das Finanzministerium darf natürlich schon werben und informieren.

Aber in dieser Millionen Summe sollen auch Inserate stecken, für die es keinerlei sachliche

Rechtfertigung gab.

Da gab es zum Beispiel eine Anzeigenkampagne des BMF, die mehrere 100.000 Euro gekostet

haben soll, sogenannte Zoll-Advatorials über Produktpiraterie, Artenschutz und Einvorbestimmungen.

Laut WKSDA waren diese aber auch andere Kampagnen für die Republik völlig nutzlos, das Finanzministerium

habe sich damit lediglich medialen Goodwill erkauft, wie die WKSDA festhält.

Der Vorwurf trifft neben der KRONE-Zeitung und heute übrigens auch die Mediengruppe

Österreich, der Grüder Felner, gegen die ja seit längerer Zeit ermittelt wird.

Und auch bei Österreich soll wohlwollende Kurzberichterstattung bestellt und mit Steuergeld bezahlt worden

sein.

Die Felners bestreiten das vehement, so wie auch Ewa Dich und das nicht minder vehement

bestreitet.

Jedenfalls stehen jetzt die Verleger der drei auflagenstärksten Pulvarmedien des Landes

unter Koopzonsverdacht und das hat es so auch noch nicht gegeben.

Das ist also der frühe Stand der Dinge, diese Causa wird sich noch entwickeln und ich werde

weiter berichten.

Ein vermeintliches Detail noch zum Schluss, Sebastian Kurz und seine Leute gelten nicht

als Erfinder fragwürdiger Anzeigengeschäfte mit dem Boulevard, da seht ihr kennt auf der

frühere SPÖ-Infrastrukturminister und später Bundeskanzler Werner Feimann tragen.

Aber das ist eine andere Geschichte oder ein anderes Ermittlungsverfahren, das übrigens

schon vor Jahren mit einer Einstellung endete.

Werden in Österreich staatsanwaltschaftliche Ermittlungen das schlagen?

Das war eine der Fragen, die ich dem ehemaligen Staatsanwalt Volker Zackmann gestellt habe.

Was er darauf sagte, könnt ihr in der Dunkelkamerausgabe Nummer 5 nachhören.

So, das war die sechste Ausgabe der Dunkelkammer, wie gesagt eine Dunkelkammer, Sondersendung

in Dunkelkammer Telegram.

Ich hoffe es hat euch gefallen, freue mich weiterhin über konstruktives Feedback und

Bewertungen.

Bleibt mir gewogen, ihr hört von mir.

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Das ist die sechste Ausgabe der Dunkelkammer und es ist quasi eine Sondersendung, das Dunkelkammer-Telegramm. Aus gegebenem Anlass durchbreche ich meinen wöchentlichen Erscheinungsrythmus und lege kurzfristig noch eine Episode drauf. 

Stichwort: Der Fall Dichand. 

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt jetzt also auch gegen die Verleger und Eheleute Eva und Christoph Dichand, am 30. März gab es dazu Hausdurchsuchungen, darunter in den Räumlichkeiten der Boulevardzeitung "Heute". 

Die Causa erscheint komplex, lässt sich aber in etwa so zusammenfassen: Der frühere Generalsekretär des Finanzministeriums Thomas Schmid soll dafür gesorgt haben, dass "Heute" und die "Kronen Zeitung" wohlwollend über Sebastian Kurz berichten –  im Abtausch dafür soll er großzügige Anzeigenschaltungen des Finanzministeriums in beiden Medien veranlasst haben. 

Wir reden also von mutmaßlicher Inseratenkorruption. Eva Dichand hat die Vorwürfe in einer ersten Reaktion via Twitter als Falsch bezeichnet, zugleich hat Heute-Chefredakteur Christian Nusser die bedingungslose redaktionelle Unabhängigkeit von "Heute" betont. 

Zum besseren Verständnis habe ich für die 6. Ausgabe der Dunkelkammer einige Sachverhalte sortier. Als Quelle diente mir eine  104-seitige Sicherstellungsanordnung der WKStA, auf deren Grundlage die jüngsten Hausdurchsuchungen mit richterlicher Genehmigung erfolgten.