Verbrechen: 47 Hilferufe
ZEIT ONLINE 7/11/23 - Episode Page - 1h 6m - PDF Transcript
Liebe Zuhörerinnen, liebe Zuhörer, ganz herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts
Zeit Verbrechen. Mein Name ist Andreas Sendker. Ich sitze im Büro von Sabine Rückert. Mir
gegenüber sitzt, oh Wunder, Sabine Rückert. Und auf Sabine Rückerts Schoß befindet sich...
Sitzt niemand. Nein, natürlich nicht. Nein, hier sitzt niemand, aber hier liegt ein Magazin. Das
Magazin ist schon vor ein paar Wochen rausgekommen, also vor ich glaube vor drei oder vier Wochen rausgekommen.
Ja, wir haben es nicht ankündigen können, weil wir ja live von der Bühne gesendet haben.
Genau, wir haben einen Marathon der Live-Sendungen hinter uns und deswegen kündige ich es erst jetzt
an. Es hat die Titelschwerpunkt, was kostet ein Leben, wenn Menschen entführt werden und handelt
von Entführungen der unterschiedlichsten Sorte. Also wir haben zum Beispiel die Entführung eines
Schiffes. Das war auch schon mal hier bei uns im Podcast Thema, die Schreckensfahrt der Mareda
Margarita. Die moderne Piraterie. Ja, die damit aufgehört hat, dass man dem Entführer nicht
nachweisen konnte, dass er kein Kind war, als er hier nach Deutschland kam und dass wir ihn deswegen
nicht abschieben konnte. Wer das möchte, kann sich noch mal anhören. Interessant ist es,
wie seine Biografie hier weiterging. Die nimmt nämlich eine ganz verrückte Wendung und damit
beschäftigt sich diese. Das verraten wir aber nicht, gerät auf die andere Seite der Macht. Dann haben wir
eine tolle Bilderserie über Lagen, also über Entführungslagen bei der Polizei, wo Leute bei
Entführungsfällen zusammensitzen und sich überlegen, was sie tun sollen oder auf die Anrufe von
Entführern warten. Aus berühmten Entführungen gibt es da Fotos und auch aus Prozessen gegen
Entführer. Und wir haben die Geschichte, die sehr häufiger vorkommt als die Entführung von Schiffen
und Milliardären. Nämlich die Entführung von Kindern. Ein Elternteil entführt ein Kind, woanders
hin und das andere Elternteil versucht ist zu finden und auch so. Eine Geschichte ist bei uns im
Blatt. Und dann haben wir eine kleine Sammlung der schaurigsten Gruselgeschichten, die man sich
nachts am Lagerfeuer erzählt. Die man sich nachts am Lagerfeuer erzählt, die auch viel mit Verbrechen
und gräßlichen Begegnungen. Ja, wo wir nicht genau weiß, ob die stimmen, ob die ein wahren Kern
haben oder ob es nur moderne Märchen sind. Dann haben wir eine Sammlung von Sterbens, schönen
Modetrends. Also zum Beispiel durch die Jahrhunderte von Kleidern, die Feuer gefangen haben, weil sie
aus besonders feuergefährlichem Stoff entstanden sind und zusammen mit Reifröcken und Kerzenlicht
häufiger zu entflammten Figuren geführt haben oder von Schminke, in der Blei enthalten ist, was
der im Geschminkten auch nicht gut getan hat, von Korsetten, die Oberkörper verformen und Organe
deformieren und verrückern im Körper. Also eine interessante Modestrecke der anderen Art. Da können
wir uns freuen, dass wir hier so in luftig sommerliche Kleidung sitzen dürfen. Allerdings,
also wir sitzen hier praktisch mehr oder weniger in Unterhosen. Es hat draußen 30 Grad und nehmen
Sie das Bild wieder aus Ihrem Kopf, liebe Zubere. Wir sitzen natürlich hier gewandet von oben bis
unten und wir haben eine Wanderung durch das Ruhrgebiet, einen Mortspaziergang, den Lisa
Brockmeyer für uns gemacht hat und historische Geschichten aus dem Ruhrgebiet erzählt von Kohle,
Stahl und Rattengift. Und noch viele andere Sachen, die ich jetzt nicht aufzähle, weil wir sonst nicht
zu unserem Gast kommen. Der Gast heißt Christoph Heinemann und ist in unserem Hamburg-Teil der
Kriminalreporter, Polizeireporter, Gerichtsreporter, alles, was so anfällt mit menschlichen Abgründen
und er hat eine sehr, sehr berühmte Geschichte dabei, die er selbst recherchiert hat mit Kollegen
zum Teil, zum Teil auch allein recherchiert hat, die hier in Hamburg im März einen unglaublichen
Wirbel verursacht hat und großes Entsetzen. Das war der Angriff auf eine Gemeinde der Zeugen
Jehovas und er hat das recherchiert. Es ist einer der jüngsten Fälle, die wir erzählen, denn die Tat
ist jetzt etwa vier Monate her und man kann den Fall dennoch schon historisch nennen. Christoph,
herzlich willkommen. Hallo und vielen Dank für die Einladung. Wir reden über einen Donnerstag. Wir
reden über Donnerstag, den 9. März 2023. Wann Christoph beginnt dieser Donnerstag und wie? Also
nachdem, was man mittlerweile weiß, beginnt die Tat oder die unmittelbare Vorbereitung auf die Tat
durch den Detail Philipp F. um 18.30 ungefähr. Er wohnt in Hamburg-Altona, hat da eine vollmobilierte
Wohnung oder ein Apartment und ruft dann ein Taxi und er verlässt dann seine Wohnung oder
sein Wohnhaus. Auf dem Weg hält er sogar noch eine Nachbarin die Tür auf, weil die wohl einen
schweren Topf gerade zu tragen hat und dann steigt er in dieses Taxi ein. Er hat einen Umhängetasche
dabei und ein Rucksack und wie wir auch jetzt wissen, sind darin sehr, sehr viele Pistolenmagazine.
Er hat auch eine Hecklaut-Koch dabei, das Typ Speed 30, also eine halbautomatische Waffe. Steigt
in dieses Taxi und sagt zunächst nur, dass er zur Straße Dielböge möchte, wo eben auch das
Gemeindezentrum der Zeugen Jehovas ist. Er ist selbst Mitglied dieser Gemeinde. Er war Mitglied
dieser Gemeinde. Er war Mitglied dieser Gemeinde. Er kommt am Tatort an. Das ist ein sehr schlichtes
Gebäude, so ein dreistöckiger Betonklotz. Sieht eigentlich aus wie so ein Industriegebäude
und ist sehr schmucklos gelegen. Es gibt so ein kleines blaues Schild, J.W., das sind die Zeugen
Jehovas. J.W. heißt dann Jehovas Witnesses oder was? Genau, es gibt tatsächlich auch eine App bei
den Zeugen Jehovas und weltweit wird eigentlich immer ein Thema festgelegt jeweils für die
Gemeindeversammlung und natürlich in unterschiedlichen Ausführungen, aber im Prinzip findet
so derselbe Gottesdienst dann rund um die Welt gleichzeitig statt. Das ist so ein bestimmter
Thema. Also der Name Jehova kommt aus der Bibel, aus dem alten Testament. Er erscheint ja Mose,
der brennende Dornbusch und eine Stimme spricht zu ihm und er fragt, wer bist du und bittet Gott,
der ihm da erscheint, ihm seinen Namen zu sagen. Und Gott sagt dann zu Mose, ich bin der, ich bin.
Und das wird unterschiedlich ausgesprochen, weil es ja im Hebräisch nur die Konsonanten gibt.
Und ich sage zum Beispiel J.W. dazu, J.W. Gott, ich bin der, ich bin. Also ich habe keine Namen,
sondern ich bin einfach da. Und es gibt andere Formen, da sagt man, da füllt man die Vokale mit
Jehova aus. Und deswegen Jehova, also die Zeugen Gottes. Genau, und wie es gerade schon anklingt,
also dieses Zentrum ist tatsächlich ein sehr, sehr schmuckloser Bau. Und die Zeugen Jehovas
sagen auch, dass die traditionelle Amtskirche einen Startvorteil hatte, gerade finanziell. Und
deswegen suchen sie sich oft solche Immobilien, die jetzt nicht sehr prunkvoll sind, aber versuchen
dann eben da doch so was wie eine andächtige Atmosphäre zu erzeugen. Aber sie lehnen ja alle,
alle Symbole ab. Also der werden auch keine Gewänder getragen und da hängt kein Kreuz,
sondern das ist alles relativ bodenständig, wirkt das erst mal. An diesem Donner's Graben
läuft bereits der Gottesdienst. Und es ist, glaube ich, noch ein hybrider Gottesdienst, oder?
Genau, also der wird mit einem Stream übertragen. Also das sind ungefähr 40 Menschen,
sind in dem Gemeindezentrum selbst, im sogenannten Königreichsaal. Und dann schauen eben noch auch
ungefähr 20, 30 Leute über diesen Stream zu und verfolgen den eben darüber.
Also die erzeugen Jehovas, die kennt man ja, weil sie bei einem klingeln und einem den Wachturm vor
die Nase halten. Die stehen hier in der Spitaler Straße. Ja, die kommen auch zu mir nach Hause und
versuchen mich von Gott zu überzeugen. Wir waren sie eigentlich mehr. Ist keine Einladung. Ja, bei
mir ist es immer vergeblich, weil ich mich in der Bibel ganz gut auskenne, da brauche ich
kein Nachhilfeunterricht. Aber ich bin doch erstaunt, wenn ich diese Menschen sehe, die wirken immer
wie aus einem letzten Jahrhundert. Und jetzt bin ich doch erstaunt, die haben eine App, die Streamen da,
also es macht doch einen relativ modernen Eindruck, dass du hier so schilderst. Das ist auch ganz,
ganz gut organisiert. Also gerade diese Missionierungsarbeit, die sie betreiben, dieses
an Türen klopfen klingeln, wie auch immer, das betreiben die schon sehr professionell. Und bei jedem
Gottesdienst irgendwann wird es einen Teil geben, wo sie auch genau darüber sprechen, wie können wir
besser an Türen klopfen, wie können wir besser Menschen zu uns holen. Also das ist schon ganz
klar deren Impuls. Was haben Sie denn für eine biblische Botschaft, die Sie jetzt von den Kirchen
unterscheidet? Also man kann schon sagen, dass es sich um Untergangskläubige handelt. Also sie
glauben, dass irgendwann ein göttliches Reich das ersetzen wird, was wir jetzt als unsere
Gesellschaft haben und bereiten sich in gewissem Maße auch darauf vor. Also nicht so wie wir,
dass irgendwann der Heiland kommt oder so oder wieder kommt, je nachdem, ob wir Juden oder
Christen sind, sondern die sagen, es passiert in absehbarer Zeit. Genau. Das ist nicht um den
Weltuntergang quasi. Im Endeffekt schon ist nicht genau definiert, glaube ich, wann es soweit ist,
aber es wird kommen und dann wird es eben nach deren Überzeugung einen ausgewählten Kreis von
Menschen geben, die sozusagen errettet werden. Und das gilt aber eben für die große Mehrheit der
Menschheit wahrscheinlich nicht. Aber die haben sich so die Stimmung des frühen Christentums
erhalten, die ja auch dem Wiederkehr des Messias entgegen gefiebert haben. Die haben ja gedacht,
es passiert nächste Woche. Also Paulus und so, die sind ja alle durch Drungen von der Vorstellung.
Es passiert jetzt gleich. Ja, ich glaube die sehen auch staatliche Institutionen insbesondere und
jede Form von Regierung und Staat sowas wie ein Platzhalter, der eben jetzt da ist und dann
wird da aber dann irgendwann auch nicht mehr da sein. Und sie sagen selbst, das betonen sie auch
immer wieder, dass sie schon das anerkennen. Gleichzeitig haben sie sich eben strikte
Unparteiligkeit und eine Heraushalten aus allen Konflikten auf die Fahne geschrieben. Und in diesem
Fall hat eine gewisse Tragik, weil eine Gruppe, die absoluten Gewaltverzicht zumindest in einem
körperlichen Sinne predigt und als einen Wesenskern hat, dann eben zum Ziel einer solchen Tat wird.
Es gibt im Moment auch die Situation, dass viele Geflüchtete aus der Ukraine kommen, die eben
auch zu den Zeugen Jehovas gehören. Und auch da ist es ja so, dass ein Konflikt und Gewalt halt
in diese sehr passivistische Sicht reinplatzt und die dann auch einen Weg finden müssen,
damit umzugehen. Du hast schon gesagt, sie lehnen körperliche Gewalt ab, aber man hört immer wieder,
es ist doch eine relativ strenge und rigide Gemeinschaft, oder? Ja, man kennt das ja von
Aussteigern der Zeugen Jehovas, die genau davon berichten. Wir haben jetzt auch im Zusammenhang mit
diesem Fall, haben wir mit einem Familienmitglied des Täters sprechen können, der auch genau
davon berichtet hat. Dass es eben so etwas wie psychische Gewalt durchaus gibt, dass eben gerade
Menschen, die über den Zeugen Jehovas waren, aber nicht mehr sein wollen, dass die geächtet
werden, gemieden werden. Die haben Park mit der Hölle geschlossen. Ich weiß nicht, ob die das
so unterschreiben würden, aber also da gibt es zumindest, um es mal vorsichtig zu formulieren,
widersprüchliche Angaben, die Zeugen Jehovas selbst sagen, dass sie das natürlich nicht tun,
dass sie keinen Zwang ausüben. Es gibt aber eben diese Berichte von Aussteigern. Ich glaube,
in diesem Fall ist es wichtig, dass man das nicht umkehrt. Also wir haben hier schon einen klaren
Täter, jemanden, der eben das Feuer auf diese Menschen eröffnet hat. Und es gibt zumindest
keine Anzeichen dafür, dass sie jetzt für dich diesen Täter, Philipp F., in einem Sinne psychisch
mishandelt hätten, so dass er in diese Tat getrieben wurde. Das scheint nicht so gewesen zu
sein. Darauf gibt es keine Anhaltspunkte. Es scheint ja auch so, dass er schon vorher Probleme hatte
und deshalb dann zu ihnen gestoßen ist. Diese Lesart gibt es ja auch. Genau, da kommen wir gleich zu.
Philipp F. steigt aus dem Taxi. Ich glaube, er gibt noch einen Trinkgeld. Er gibt sogar noch
einen Trinkgeld? Genau. Und dann steht er da bei dieser Jet-Tank-Stelle in der Nähe des Gemeindezentrums
und er geht dann sogar einmal zu dem Gemeindezentrum hin, stellt sich da vor den Eingang und andere
Gemeindemitglieder sehen ihn auch und die haben später ausgesagt, dass sie dachten, der will
jetzt wiederkommen zu uns. Und angeblich sollen sie sich sogar gefreut haben. Da sind wir wieder
bei dem Punkt, ob man eigentlich bei den Zeugen Jehovas aussteigen und wieder einsteigen kann.
Aber das haben sie zumindest ausgesagt. Und Philipp F. ist dann aber nicht hineingegangen,
sondern ist da im Endeffekt ein bisschen durch die Gegend getigert für mehrere Stunden, fast zwei
Stunden lang. Während der Gottesdienst drin lief, er hat sich dann bei der Tankstelle aufgehalten.
Irgendwann sind auch die Mitarbeiter dieser Tankstelle auf ihn zugegangen und haben gefragt, ob
man ihm helfen könne. Er sagte dann, man kann mir nicht mehr helfen. Und er fragte sie, diese
Mitarbeiter, ob sie Angst vor ihm hätten. Dann entfernte er sich, aber blieb da wohl noch ein
bisschen in der Gegend. Also schien unruhig zu sein. Gleichzeitig, das hat die Polizei dann
ermitteln können, hat er noch WhatsApp-Nachrichten beantwortet und Emojis geschickt.
Mit wem kommuniziert man kurz, bevor man zum Massenmörder wird?
Eine Bekannten wohl. Dazu kommen wir wahrscheinlich gleich auch noch. Philipp F. hat da ein Buch
geschrieben. Und er war davon überzeugt, dass das so ziemlich das beste Buch aller Zeiten ist,
jedenfalls in seiner Wahrnehmung. Und dann hatte ihm wohl ein Bekanter geschrieben,
dass er das Buch jetzt erhalten hat oder bekommt. Und dafür hat dann Philipp F. ihm ein paar WhatsApp
gedankt. Philipp F. scheint also auf irgendetwas zu warten. Worauf wartet er das Ende des Gottesdienstes?
Er hat wahrscheinlich das Ende des Gottesdienstes abgewartet. Er hat sich dann nochmal genähert,
dem Parkplatz von diesem Gemeindezentrum. Und da war eine Frau, die dann schon den Bereich
verlassen wollte, die mit dem Auto wegfahren wollte. Und auf sie hat er zuerst das Feuer eröffnet.
Und sie hat sich dann weggeduckt und ist zum Glück nicht verletzt worden. Und dann ist
eben Philipp F. zum Gemeindezentrum gegangen, beziehungsweise zum Fenster. Und so daraus man
den Königreichssaal einsehen konnte. Und wir können an der Stelle mal Michael Cephidaris hören,
das ist der Sprecher der Zeugen Jehovas, der beschreibt, wie sich das dann aus Sicht der
Gemeinde und der Gläubigen dort abgespielt hat. War er selbst dabei? Nee, aber nicht
selbst dabei, aber er hat dann natürlich schnell davon gehört und mit den Augenzeugen auch gesprochen.
Er hat ja zunächst einmal auf diese Frau geschossen, die den Parkplatz mit ihrem Auto
verlassen hat. Hat sie glücklich aber also nicht getroffen. Und sie war geistesgegenwärtig genug,
dann aus dem Auto heraus die Polizei anzurufen. Er hat auf Gemeinnämter durch die Scheibe vom
Parkplatz aus geschossen und hat dort auch die ersten Gemeinnämter, die in der Nähe des
Fensters sich aufgehalten haben, getroffen. Und ab dann können wir uns nur ausmalen,
was die Menschen dort drin erlebt haben müssen, als er sich dann seinen Weg durch diese Scheibe
freigeschossen hat. Was wir wissen ist, dass die Gemeinde dort, nachdem die Schrecksekunden
vorüber gewesen sind, versucht haben, geistesgegenwärtig zu helfen. Also man hat versucht,
einander zu schützen, mit seinem Körper andere Gemeindemitglieder zu schützen. Ich habe hier
ein Freund und Seelsorger verloren, der hat sich mit seinem Körper auf Gemeindemitglieder
gestürzt, hat mit seinem Leben bezahlt, um deren Leben zu retten. 135 Schüsse gibt der Täter ab.
Es gibt nur kurze Pausen beim Nachladen. Er muss immer wieder das Magazin wechseln. Wie viel
Schuss sind im Magazin? 15. Er hat also neun Magazine entleert und er hat wirklich durchgehend
geschossen, nur wenn das Magazin leer war, hat das Magazin gewechselt und weiter geschossen.
Also eine sehr wahrlose Tatbegehung. Er hat tatsächlich einfach da gestanden und einfach auf
alles gefeuert, was für ein Mensch außer in diesem Königreich sei. Das ist so ehrsinnig.
Stellen wir vor, man liegt da und da fliegen einem 135 Kugeln um die Ohren. Eine unvorstellbare
Situation. Am Ende sind sieben Menschen tot. Vier Männer, zwei Frauen, ein ungeborenes Mädchen.
Sieben Monate alt. Romy hieß das Mädchen. Hatte schon einen Namen. Und die Mutter hat
die überlebt? Die Mutter hat schwer verletzt, überlebt. Zum Glück. Der Täter erschießt sich
schließlich selbst. Drei Männer und fünf weitere Frauen werden sehr schwer verletzt. Der Wahnsinn
dieser Tat, den zu begreifen, das werden wir in den nächsten Minuten versuchen. Aber ich würde
gerne noch einen Blick werfen aus ganz anderer Perspektive auf diesen Tatabend und diesen Tatort,
denn du hast auch mit der Polizeisprecherin gesprochen. Und das ist eine ganz ungewöhnliche
Perspektive, die wir hier im Podcast gar nicht so oft haben. Wie erleben denn Polizisten,
die zu einem solchen Geschehen gerufen werden, diese Tat? Und das ist, glaube ich, ein sehr
guter Einblick, den wir hier bekommen. Dazu mal die Rolle der Polizei, ohnehin jetzt hier uns den Rest
der Sendung begleiten wird. Genau. Ich kann auch das dazu sagen. Also die Polizei steht ja oft in
der Kritik, weil sie zu spät da ist oder weil sie im Vorfeld schon Versäumnisse begangen hat,
mutmaßlich. Letzteres ist auch in diesem Fall eben der Fall. Aber das ist tatsächlich,
dazu können wir jetzt eben Sandra Lefkrün hören, die Sprecherin der Polizei Hamburg natürlich
auch für die Beamten vor Ort und auch diejenigen, die diese Notrufe entgegennehmen. Was ja 47
Notrufe waren. Eine ganz besonders belastende Situation, die sie auch beschreibt. Ja, es
waren Donners nach Abend und es war 21.04 Uhr um genau zu sein, als die ersten Anrufe in der
Einsatzzentrale sowohl bei der Feuerwehr als auch bei der Polizei einging. Wie wir heute wissen,
waren es insgesamt 47 Anrufe, die an dem Abend einging, teilweise aus dem Räumlichkeiten der
Zeugen Jehova, teilweise aber auch von Anwohnern, die dort Schüsse gehört haben, die dann die
Einsatzkräfte informiert haben. Und 21.08 Uhr war dann auch schon der erste Streifenwagen vor Ort.
Das ist ziemlich schnell nach vier Minuten und noch schneller war dann eben die unsere
Unterstützungseinheit vor Ort. Das ist eine Spezialeinheit, die wir haben in der Polizei Hamburg,
die genau für diese robusten Einsatzlagen eben auch ausgebildet und ausgestattet ist. Und die waren
gerade im Begriff Feierabend zu machen und befanden sich zum Teil schon in der Polizeiunterkunft,
die aber glücklicherweise nur ein paar Hundert Meter Luftlinie entfernt ist und hörten diesen
Einsatz dann noch über Funk und sind dann wieder zurückgefahren und waren dann eben insgesamt nach
fünf Minuten nach dem Eingang des ersten Notrufes dann vor Ort. Das wurde denn gesagt am Telefon über
die Lage vor Ort? Es fallen Schüsse. Das war so das einzige, was ist nicht so richtig rational
dann solche Anrufe, aber Fakt war die Mehrheit der Menschen hat gesagt, sowohl die Anrufe,
die aus dem Gebäude kam als auch von draußen, es fallen Schüsse. Zahlreiche Schüsse,
da schießt jemand, da ist jemand, der schießt. Das war so das Hubrum, mit dem das Ganze dann losging.
Und diese Unterstützungseinheit ist dann eben sehr, sehr schnell in das Gebäude gegangen. Sie
haben sich nicht einmal ihre Schutzausrüstung in Gänze angezogen. Also sie hatten kein Helm auf,
keine richtige Schutzausrüstung, die wir normalerweise für genau diese Einsatzlagen dann im
Auto auch zur Verfügung haben. Aber sie waren vor Ort und haben aus dem Gebäude heraus Schüsse
gehört. Und es war ihnen klar, da drin findet grad ein Amoklauf statt, da tötet gerade jemand und
wir haben jetzt keine Zeit, uns noch großartig irgendwelche Sachen anzuziehen. Sondern wir müssen
da jetzt rein. Ungewöhnlich war, dass die Tür verschlossen war. Das ist bei anderen Amokläufen,
wenn man die nochmal so retrokart aufarbeitet, auch für uns im Einsatz gestehen. Das ist
ungewöhnlich gewesen. Insofern mussten sie erst einmal die Tür aufschießen, konnten sich dann über
die Tür klinge und ein bisschen auftreten, dann eben Zutritt zum Gebäude verschaffen. Und ja,
im Gebäude hörten sie weiter Schüsse. Sie haben dann diesen Saal gesehen, in dem sich zahlreiche
Menschen befanden, teilweise panisch, teilweise auf dem Boden liegend. Und sie konnten dann eben sehen,
wie eine Person offenbar vor der Polizei flüchtete und ins erste Obergeschoss gelaufen ist. Und da
haben sie relativ schnell erkannt, dass das eben möglicherweise der Angreifer sein könnte und
sind dann hinterher auch ins erste Obergeschoss und haben da dann festgestellt, dass der Täter sich
in der Zwischenzeit zuizitiert hat. Das war jetzt der Tatergang aus Sicht der Polizei, so wie sie
den Tatort vorgefunden haben, wie sie auf den Täter gestoßen sind. Was mich aber interessiert ist,
was macht das mit den Polizisten, in so eine Situation hinein zu geraten? Das habe ich die
Speicherin der Polizei auch gefragt. Ja, man kann so was, wir üben sowas, wir denken, wir üben
sowas. Wir denken, man kann sich mental auf so eine Situation einstellen, indem man das über Jahre
trainiert. Aber ehrlich gesagt, wenn es dann soweit ist, dann stellt man fest, man kann es eben
doch nicht. Und die waren schon, ich will das Wort nicht überschrappazieren, aber die waren schon
traumatisiert. Und auch jetzt im Nachgang sind einige der Einsatzkräfte eben auch psychosozial
betreut worden im Nachgang. Gab zum Beispiel die Situation, dass in der Einsatzzentrale
jemand einen Anruf entgegengenommen hat, einen Notruf noch mit der Person sprechen konnte und dann
aber feststellte, dass die Person plötzlich nicht mehr antwortete. Im Nachhinein, weil sie in dem
Moment vom Täter erschossen wurde. Und das sind natürlich so Situationen, die packt man nicht
einfach so weg. Das hinterlässt natürlich Spuren auch bei den Einsatzkräften. Aber Gott sei
dann kann wir inzwischen in der Polizei ein ganz gutes Hilfennetz. So, die werden aufgefangen
auch über Wochen. Teilweise entwickeln sich solche Dinge auch erst nach Wochen, dass man dann
auch feststellt, irgendwie geht es mir nicht so gut mit der Situation. Und dann wird man aber
tatsächlich ganz gut aufgefangen und bekommt auch sehr intensive Hilfestellung. Das Gespräch hast du
gestern geführt. Nach einer Pressekonferenz, man hört, wie im Hintergrund die Stühle zusammen
geräumt werden. Ich glaube, wir müssen jetzt einmal erklären, wer Philipp F. ist. Wo kommt er
her? Wer ist das? Wie kommt er an diesen Punkt in seinem Leben? Sein Leben beginnt im September 1987
und zwar im Allgäu. Ja, er wächst behütet auf. Ich glaube, das kann man sagen. Er wächst aber auch
in einer sehr strengen religiösen Familie auf. Also seine beiden Eltern sind auch bei den Zeugen
Jehovas. Sie sind auch in leitender Funktion als älteste aktiv bis heute, nach allem, was wir
wissen. Und in diesem Umfeld wird er dann eben auch zu einem strengen Globbing-Umfeld erzogen. Die
Schulfreunde beschreiben ihn als ruhig. Das ist ja das, was man, glaube ich, meistens hört nach
solchen Taten, dass da in der Kindheit Jugend keine Auffälligkeit war. Ganz bemerkenswert ist auch,
dass Philipp F. genau wie sein Bruder, als die Jugendliche, sich dagegen entscheiden, zu den Zeugen
Jehovas zu gehen. Die lassen sich nicht taufen. Die lassen sich nicht taufen. Sondern Philipp F.
Er greift eigentlich eine normale... Also er hat einen Bruder. Er hat einen Bruder. Hat er noch mehr
Geschwister? Nee, sobald wir wissen, einen Bruder. Einen Bruder. Und die beiden entscheiden sich
dagegen und er gilt als zurückgezogen. Also das ist ja auch die typische Beschreibung für Amokläufer,
dass sie eben für sich sind. Zumindest ruhig, genau. Aber er baut sich dann schon so etwas wie
eigentlich ein ziemlich normales Leben auf, würde ich sagen. Also er wielt einen Karriereweg,
wo er eine Banklehre absolviert. Danach studiert er Wirtschaftswissenschaften, also Finance und
Controlling. Und ist in diesem Beruf, nach allem, was wir wissen, auch ziemlich erfolgreich über eine
längere Zeit. Er soll auch mit Aktien später noch Geld verdient haben und lebte bis zum Schluss
in sehr geordneten Verhältnissen, zumindest finanziell. Es kann sein, dass ihm das Geld am
Ende tatsächlich eher dann doch ausgegangen ist. Aber lange Zeit war er nicht unerfolgreich. Ich
glaube, wenn man ihn so, wenn man seinen Lebensweg so sieht, würde man erst mal nicht darauf kommen,
dass der so eine Tat zu steuert. Ja, er wohnt in Winterhude, einem sehr gediegenen Hamburger
Stadtteil. Und er hat eine Freundin. Hast du mal versucht, mit der Freundin in Kontakt zu treten,
weiß man, wer das ist? Wir haben das versucht, mit der Freundin zu sprechen. Das geht leider
nicht. Wir wissen aber, was die Freundin erzählt hat in den Vernehmungen, die es gab. Sie ist wohl
zusammen mit Philipp F. im Jahr 2014 nach Hamburg gezogen. Und die beiden hatten eine schonisch
stabile, aber auch sehr unstädige Beziehung im Sinne von, dass sie sich öfter wohl getrennt und
dann wieder zusammengerauft haben. Was sie ausgesagt haben soll, ist, dass er eine Tendenz hatte,
an ihrem Äußeren rumzukritteln, dass er sehr auf seine Karriere fokussiert war. So wurde eigentlich
von allen Zeugen, soweit wir wissen, beschrieben als jemand, der sich immer, immer sehr edel
kleidet und der sich, glaube ich, auch so ein bisschen zugehörig fühlt zu einer höheren
Gesellschaft oder zu Menschen, die erfolgreich im Geschäftsleben sind. Sie war ihnen nicht gut
genug oder nicht hübsch genug oder nicht schlank genug oder was hat er denn in dir ausgesetzt?
Das ist nicht ganz klar, aber das war wohl einer der Punkte, die sie nicht so begeistert haben
über eine längere Zeit. Und es gab dann im Jahr 2019, haben sie sich endgültig getrennt. Sie
sollen vorher sogar schon verlobt gewesen sein. Das ist nicht bestätigt, aber es war ja eine
längere Beziehung, das wissen wir. Und dann haben sie sich endgültig getrennt und sie soll
zu dem Zeitpunkt auch unzufriedener mit gewesen sein, wie sehr er jetzt alles auf seine Karriere
ausrichtet. Sein Job bei einem Energieunternehmen hatte er wohl beendet zu der Zeit und hatte dann
gesagt, er kündigt jetzt alle Verträge, die er so hat, damit er für andere Auftraggeber
erreichbar ist und verfügbar ist und auch woanders hinziehen könnte, woraus dann nie so
wirklich was geworden ist. Auf jeden Fall ist diese Beziehung dann gescheitert und das war nach
allem, was wir jetzt wissen, auch der große Bruch in seinem Lebenslauf. Also zwei Brüche gleichzeitig.
Abbruch einer geregelten Arbeit, die mit anderen, mit sozialen Kontakten verbunden ist und
eine Anstellungsverhältnis und Abbruch der Intimbeziehung. Genau. Ich habe hier so ein Foto
von mir, das zeigt eher so ein optimistischen Strahlemann. Gut sitzen des dunkles Sacco,
strahlen weißes Hemd, perfekt gebundene Krawatte, also so wie man sich einen Wirtschaftsberater
oder einen erfolgreichen Finanzmanager vorstellt, sozusagen. Ja, also das war das Bild, was er
vermitteln wollte. Wenn man auf seinen Linken Profil geschaut hat, mittlerweile ist das deaktiviert,
aber direkt nach der Tat konnte man da sehen, dass er sogar auch in den Tagen und Wochen vor
der Tat da noch Sachen kommentiert hat, also die eher im energiepolitischen Sinne waren,
sage ich mal, also hat er politische Entscheidungen kommentiert, hat sich sozusagen in dem Geschäftskontext
geäußert, hat auch gleichzeitig immer so getan, zumindest als wäre er ganz nah an der Spitze
von irgendwelchen Dachskonzern dran. Da reden wir jetzt aber auch schon über ein Stadium, wo seine,
ich nenne es mal, Verwirrungen jetzt ganz grob schon sehr weit fortgeschritten war. Aber tatsächlich
hat er zumindest zeitweise dieses Image, was er sich selber geben wollte oder was er ausstrahlen
wollte, das hat er wohl auch füllen können, zumindest eine Zeit lang. Und dann gab es eben
Aber es gibt ja Menschen, die gucken hinter die Kulissen, die Eltern zum Beispiel. Der Vater
bemerkt, glaube ich, relativ früh, dass da irgendwas nicht stimmt. 2019 haben wir gerade gesagt,
Ende sowohl seine Beziehung als auch seine Festanstellung, ein Jahr und fünf Monate wird
er jetzt ohne Beschäftigung sein. Ja. Und kommt der Hinweis, such doch Hilfe, geh doch zu den Zeugen,
kommt er vom Vater? Es ist nicht ganz klar, was da zuerst kam. Also wir wissen, dass er sich in
dieser Zeit den Zeugen Jehovas zugewendet hat und dass er da offensichtlich auch Halt gesucht hat
in dieser Lebenskrise, in der er sich nun befand. Und er hatte den Vorteil durch sein Elternhaus und
seine Erziehung, dass er das Bibelstudium in relativ kurzer Zeit erledigen konnte. Das ist
verpflichtend. Das ist verpflichtend und es dauert normalerweise so ein bis drei Jahre. Und dann
gibt es eine Bibelprüfung, bei der Sabine scheitern würde oder? Also ich kenne mich mit der Bibel ja
gar nicht aus. Von daher will ich da nicht. Ich kenne mich an, die hätte ich bestanden. Und er hat
das aber auf jeden Fall sehr schnell hinbekommen. Er hatte dann wohl auch da Bezugspersonen in der
Gemeinde, die ihm dabei begleitet haben. Und gleichzeitig, auch das ist relativ klar nach
allem, was ausgesagt wurde, dass er eine psychische Auffälligkeit hatte im Sinne von er ist sehr
aufbrausend gewesen damals schon. Er konnte auch sehr charmant sein, auch bis zur Tür aufhalten,
Trinkgeld geben, offensichtlicher Mann. Offensichtlich, ja. Aber er hatte eben auch eine aufbrausende
Ader und er sagte dann irgendwann auch selbst gegenüber der Familie, dass er Stimmen höre. Und
die Familie hat eigentlich nie befürchtet, dass er jemand anderes was antun könnte, sondern nur,
dass er sich selbst was antun könnte und hat versucht, ihm Hilfe zu organisieren. Er hat ja
auch später geschrieben, dass seine persönliche Hüllenreise da begonnen hätte und du schreibst
etwas von einem Vorfall, den es gegeben hat, der ihn offenbar nachhaltig noch erschüttert hat,
aber von dem du nichts Genaues weißt oder damals, also den Text geschrieben hast,
wusstest. Weißt du jetzt mehr darüber, was für ein Vorfall das gewesen ist?
Das ist tatsächlich ein, es gibt zwei Mysterien, die er da dann beschrieben hat in dem Buch,
was er später verfasst hat. Eines ist eben dieser Vorfall, das kann tatsächlich die
Trennung von der Freundin Verlobten gewesen sein oder etwas anderes. Er beschreibt auch oder
widmet dieses Buch am Ende einer sehr besonderen Frau, wie er das formuliert. Auch da ist bis
heute nicht ganz klar, wer es war, ob das auch die Ex-Freundin Ex-Verlobte war oder eine Prostituierte.
Auch das hält tatsächlich einen Gutachter für möglich. Die Kollegen vom NDR haben am Ende
eine Prostituierte sogar ausfindig gemacht, aber das ist eben die Umstände dieses Bruchs
und etwas Rätselhaft und wahrscheinlich auch im Nachränder nicht mehr zu ergründen,
weil man ihn ja nicht mehr fragen kann. Ein Jahr und fünf Monate, die nutzt Philipp F. Und zwar,
du hast es gerade schon gesagt, um ein Buch zu schreiben, das dem Titel trägt,
die Wahrheit über Gott, Jesus Christus und Satan. Ich will das gar nicht zu ausführlich
widergeben, ehrlicherweise, was er da formuliert. Ich glaube, man muss das in dem Kontext sehen,
wie es ihnen zu diesem Zeitpunkt geht. Also er ist bei den Zeugen Jehovas eingetreten,
um Halt zu suchen, wie wir es eben besprochen haben. Er findet diesen Halter aber nicht.
Und er würde uns zufrieden. Er fängt an, das zu hinterfragen. Er passt ganz offensichtlich nicht
in diese Glaubensgemeinschaft, wie immer man dazu jetzt auch stehen mag und beginnt sich dann
von denen zu entfernen und beginnt in dieser Zeit auch so etwas wie eine Wut zu entwickeln,
nicht nur auf die Zeugen Jehovas, sondern auf Religionsgruppen an sich. Und das ist das,
was er in diesem Buch am Ende kanalisiert. Das trägt den Titel, die Wahrheit über Gott,
Jesus Christus und Satan. Und ich finde, da hört man schon raus, dass er praktisch den Anspruch
erhebt. Ich erzähle jetzt mal allen Religionsgruppen, wie es wirklich geht und was da wirklich im
Gange ist. Und dann ohne das jetzt zu genau auszuführen, aber es gibt da holocaustverhabenlose
Passagen in dem Buch. Es gibt frauenfeindliche Passagen in dem Buch. Es spricht die Sprache eines
Mannes, der, glaube ich, seinen Platz in der Welt sucht oder schon vollständig verloren hat und sich
in so eine Fantasie flüchtet, dass er alles besser weiß. Hat er denn nicht ärztliche Hilfe
gesucht oder wurde er denn nicht aufgefordert von seinem Umfeld, ärztliche Hilfe zu suchen? Ich
meine, wenn jetzt einer von uns kommt und sagt, also mir sagt hier dauernd einer was ins Ohr und
das klingt nicht gut, dann würde ich sagen, geh mal zum Doktor. Da gibt es Medikamente dagegen.
Hat hier niemand ihm irgendwie zum Arzt geschickt? Doch es gab viele Versuche und die waren sogar
gar nicht unerfolgreich. Ihm wurde von der Familie gesagt, dass er sich doch bitte helfen lassen
soll und auch die Zeugen Jehovas in Hamburg, also die Gemeinde Alzadorf, hat versucht,
ihm zu helfen. Und auch darüber habe ich mit Michael Cifidaris gesprochen, dem Sprecher der
Zeugen Jehovas. Es gab tatsächlich dann auch eine Begebenheit, wo wirklich zwei Gemeindemitglieder
mit Philipp F. in die Notaufnahme gefahren sind und ihn zur Behandlung geschickt haben.
Aber da ist er wieder geflüchtet, oder?
Nee, er war da drin, aber am Ende, also er war zwischenzeitlich auch noch mal sogar in Bayern,
dann auch noch mal stationär untergebracht für kürzere Zeit und hat Psychopharmaka bekommen.
Am Ende war die psychiatrische Einschätzung aber so, dass er jetzt nicht unmittelbar
suizidal ist und auch keine Fremdgefährdung darstellt.
Nur um einmal anzudeuten, welcher Warn in diesem Buch steht, Adolf Hitler bezeichnet er als Werkzeug
von Jesus Christus. Das Buch gab es, gibt es, man konnte es runterladen.
Bei Amazon, ja.
Jetzt nicht mehr.
Jetzt nicht mehr, nee, mittlerweile nicht. Aber das spätet tatsächlich dann auch noch
eine Rolle in der Aufarbeitung, wie gut man dieses Buch finden konnte oder eben nicht.
Es war tatsächlich auf Amazon, er hatte sich dann auch eine Website bauen lassen, wo er
das Buch beworben hat.
Und er hat neue Freunde gefunden, im Hanseatik Ganclab.
Ja, ich glaube, man muss das schon sehr im zeitlichen Kontext sehen.
Also wir haben ja eben über 2019, 2020 geredet.
Genau, 2020 wird er getauft.
Genau, und wir erinnern uns ja alle, das war die Zeit in der Corona und wirklich alles
überschlübte auch, was ansonsten an Normalität da gewesen war.
Und er ist also in einer Situation gewesen, wo er in einer Krise ist, er sucht halt, er
findet ihn nicht, er gerät auch in einen Konflikt mit diesen Zeugen Jehovas und dann sitzt er
während Corona zu Hause, beginnt die Arbeit an diesem Buch und hat dann eben noch einen
Schritt hin in Richtung Gewalttätigkeit gemacht, indem er gesagt hat, ich gehe jetzt in einen
Sportschützenverein und zumindest kann man die These aufstellen, dass er das schon mit
dem Gedanken auch daran getan hat, eine Waffe mal zu benutzen.
Er ist dann eben im Oktober 2021 im Hanseatik Ganclab eingetreten.
Das ist ein Sportschützenclub hier in der Hamburger Innenstadt.
Der ist so mitten in der Stadt, ich habe hier ein Bild der Fassade vor mir, der hat wahrscheinlich
ein doch durchaus gehobenes Klientel, Menschen, die Waffen tragen auch, um sich selbst zu schützen
wahrscheinlich.
Was mache ich, um an eine Waffe zu kommen?
Also ich möchte jetzt hier eine Barretta haben oder weiß der Teufel, was hat er denn gehabt?
P30 von Herr Klankoch.
Und was mache ich dann?
Also tatsächlich, der Hanseatik Ganclab, nach allem, was wir wissen, ist nicht die schlechteste
Adresse, wenn es die jetzt nur darum geht, eine Waffe zu bekommen, die haben tatsächlich
sogar bis nach der Tat noch offensiv damit geworben, der Weg zur eigenen Waffe ist weniger
steinig, als man so denkt.
Also das ist ein bisschen ein Hybrid dieser Club.
Einerseits ist das eine Eventlocation, wo man eben als Anzugträger nach Feierabend
hingehen kann und dann da mal auf ein paar Zielscheiben schießt.
Und es gibt eben die reguläre Sportschützenausbildung, die ungefähr ein Jahr dauert, wo man am
Ende eine Prüfung ablegen muss und dann eben gezeigt bekommt, wie halt ich meine Waffe
richtig, wie bewahre ich sie auf, wenn ich dann eine eigene haben darf.
Und wenn man am Ende diese sogenannte Sachkundeprüfung besteht, dann kann man eben eine Waffenbesitzkarte
beantragen und sich eine Waffe kaufen.
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Am 27. Oktober 2022 wird Philipp F. vorstellig beim Justizjahrjahr 4 der Hamburger Polizei.
Dort nämlich beantragt man eine Waffenbesetzerlaubnis.
Genau, das ist die Hamburger Waffenbehörde, die eben bei der Polizei angesiedelt ist.
Also wenn ich mit der Waffe aus dem Club raus will, dann muss ich diesen Waffenbesitzschein haben.
Wenn du deine eigene Waffe haben möchtest?
Ja.
Sonst darf ich da nur rein und darf dann da auf Zielscheiben schießen.
Genau.
Und ich hatte es oft versucht mit dem Gun Club selbst zu sprechen, auch das ganze Team,
in dem wir recherchiert haben, hat es immer wieder versucht, die haben alles abgelehnt.
Was aber bekannt ist und wir auch von Mitgliedern des Gun Club gehört haben, ist, dass Philipp
F. tatsächlich ein lausiger Schütze war.
Er hat wohl ganz oft immer wieder gezeigt bekommen, wie man die Waffe richtig hält.
Er hat es aber nicht so richtig gut hinbekommen und es steht jetzt auch, dass es ein Verdacht
und ein laufendes Verfahren, aber steht der Verdacht im Raum, dass er diese Sachkundeprüfung
gar nicht bestanden hat am Ende, aber trotzdem eben dieses Zeugnis bekam.
Und er hat auch das, wissen wir aus Ermittlungskreisen, ist uns das bestätigt worden, dass
er die Waffe am Ende, also dann zumindest das Zeugnis hatte und das vorlegen konnte,
die Waffe, also diese Heckler-on-Koch P30, über den Gun Club bestellt hat und dann
kurz vor Weihnachten da abgeholt hat.
Gleichzeitig schreitet ja sein Waren fort.
Er ist jetzt selbstständiger Berater und inszeniert sich da im Netz mit englischen Texten und
vermengt religiöse Weltanschauungen mit betriebswirtschaftlichen Themen.
Und er sagt, sein Tagessatz läge bei einer Viertelmillion Euro plus Mehrwertsteuer als
Berater für Unternehmen, also so richtig ...
Pro Tag, ne?
Pro Tag, Tagessatz, so richtig helle klingt das nicht mehr.
Also da hat sich schon jemand von der Realität entfernt.
Das, glaube ich, kann man so sagen, also das muss ja bei ihm auch ein längerer Prozess
gewesen sein.
Auch da hatte er immer noch eine sehr funktionale Art, also diese Website ist sehr professionell
erstellt worden.
Er hat dafür auch viel Geld auf den Tisch gelegt, um diese Website zu haben und er hat es
immer wieder hinbekommen, auch sehr funktional zu sein in Gesprächen, in persönlichen Auftreten
und gleichzeitig.
Ich glaube, das verlangt ja kein vernünftiger Mensch.
Das ist eine Frage, die jetzt auch Gutachter beschäftigt hat, ob er tatsächlich sowas
wie eine Warnerkrankung hatte oder eben nicht.
Ja, mit Stimmen?
Wer Stimmen hört, ist nicht gesundmental, würde ich jetzt mal sagen.
Genau.
Uns liegen beide Gutachten vor, die es gibt zu seiner Psyche oder zu seinem Geisteszustand.
Beide beziehen sich auf das Buch und analysieren nur dieses Buch als Grundlage.
Aber da ist eben sehr unklar, in welchem Zustand er wirklich war, weil man muss es ja auch erst
mal hinkriegen, ein Buch zu schreiben von fast 300 Seiten Länge und auch wenn das völlig
abstrus ist, was er da an Thesen aufstellt, es ist an sich schon konkurrent argumentiert.
Es ist halt völliger Blödsinn, in dem was er innerlich behauptet, aber es ist nicht
so, dass er da gedanklich tausend Sprünge macht, wie das normalerweise Warnkranke dann auch
wird.
Andreas, wir hatten doch mal so einen Schizophrenen, wir hatten doch einen Schizophrenen, der ein
Doppelleben geführt hat.
Die Folge heißt ein Fall von Selbstjustiz.
Da ist ein Warnkranker mit Paranoiden, Schüben, der es aber geschafft hat, einen Teil seiner
Existenz abzuspalten und ein normales Leben zu spielen, also ein fortschrittliches, modernes
Leben zu spielen.
Und dann fiel er wieder zurück in seine Warnwelt und der hatte zum Beispiel eine Freundin,
die hat überhaupt nicht gemerkt, dass mit ihm richtig was nicht stimmt.
Der hatte eine Pseudo-Existenz vorgespielt und zwar gekonnt, sodass sie bis zu seinem
Tod.
Aber bis dahin hat die das nicht gemerkt.
Das kann auch bei Philipp F. tatsächlich so gewesen sein.
Er hatte auf jeden Fall den Kreis seiner Kontakte schon deutlich reduziert, wenn wir jetzt über
den Herbst-Winter 2022 sprechen und Fakt ist auch, dass er sich nicht mehr helfen lassen
wollte.
Das heißt, wir wissen jetzt auch nicht, in welchem Zustand er dann war, dass es nur die
gutachterliche Analyse eben bezogen auf dieses Buch, dass er wahrscheinlich eine Persönlichkeitsstörung
hätte mit dominanten, nazistischen Anteilen.
Das ist auch nach allem, was wir gehört haben, sehr konkurrent zu dem, wie er sich verhalten
hat.
Wie stark dann tatsächlich da ein Warn ausgeprägt war, wird man jetzt nicht mehr ergründen
können.
Aber er wollte sich eben nicht mehr helfen lassen.
Ja, und es lag zwischen dem Buch und der Tag ja mindestens.
Wann ist das Buch rausgekommen nochmal?
Das ist dann Ende 2022 erst rausgekommen.
Geschrieben hat das ja 2019, oder?
Ja, er hat dann angefangen.
Wann er genau die erste Seite geschrieben hat, wissen wir nicht.
Er hat aber dann 2020, also in ganz grob gesagt, in der Corona-Zeit dieses Buch angefangen
zu schreiben.
Und das hat ja auch im Moment gedauert.
Wir und unsere Zuhörerinnen und Zuhörer wissen jetzt eine Menge, was das Justizjariat
4 der Hamburger Polizei nicht weiß.
Also, da ist ein Mann, der hört Stimmen, der hat sich schon in psychologischer Behandlung
begeben.
Der war in der Psychiatrie, der braucht Hilfe, der schreibt ein warnwitziges Buch, der versteigt
sich immer mehr in seinen Warn, muss jemand, der eine Waffe haben möchte, nicht nachweisen,
dass der auch sauber tickt?
Überraschenderweise nicht, das hängt am Alter.
Also, es gibt mittlerweile die Vorschrift bis 25 Jahre, dass man dann eben seine psychologische
Eignung einmal nachweisen muss, also einmal sich untersuchen lassen muss, ob man psychisch
krank ist oder nicht.
Danach gibt es eben diese Regel nicht.
Und da er schon über 30 war, war er davon auch nicht betroffen.
Also, es ist dann tatsächlich so, man legt diese Prüfung ab oder man legt ein Prüfungszeugnis
vor, besser gesagt.
Und dann ist das fast ein Selbstgänger, dass man diese Erlaubnis bekommt.
Mir hat ein leitender Beamter unmittelbar nach der Tat auch gesagt, als er diese Waffenerlaubnis
hatte, da war es eigentlich schon zu spät.
Weil man hätte ihm von Anfang an eben nicht den Weg öffnen sollen zu einer legalen Waffe.
Aber es passiert noch etwas.
Wir haben ja schon darüber gesprochen, kurz angedeutet, wir müssen über die Hamburger
Polizei sprechen.
Denn die Hamburger Polizei, die einem Waffenbehörde, erreicht einen anonymer Hinweis.
Ich würde sogar noch einen Moment früher ansetzen.
Das hat sich dann eben im Laufe der Zeit nach der Tat jetzt erst rauskristallisiert.
Es gibt da auch Sachen, die nach wie vor nicht klar sind.
Aber das war auch für uns in der Recherche ein Moment, wo es ehrlicherweise etwas wild
wurde, weil man sich das einfach nicht vorstellen konnte, was es da an Bezügen gibt.
Also es gab eben die Bemühungen der Familie ja die ganze Zeit, ihnen doch noch in Therapie
zu bringen.
Immer noch von der Sorge getrieben, dass er sich selbst was antun könnte.
Und die haben dann irgendwann auch in diesem Herrn Seate Ganclub angerufen und haben gesagt
hier, der Philipp, der hat große Probleme und der ist nicht geeignet, eine Waffe zu
haben.
Sie wussten offensichtlich, dass er gerade seine Waffe abgeholt hatte vor Weihnachten
und haben versucht dazu intervenieren.
Und es gab dann auch zumindest ein Kontakt zwischen diesem Ganclub und der Waffenbehörde,
aber auf einem sehr inoffiziellen Weg.
Und zwar gibt es eine Verbindung zwischen diesen beiden Institutionen, also diesen Sportschütz.
Persönliche Verbindung.
Ja, eine sehr persönliche Verbindung zwischen diesem Sportschützenglub und der Waffenbehörde.
Es gab nämlich einen Bediensteten in der Waffenbehörde, der früher nebenberuflich
Schießtrainer im Herrn Seate Ganclub war.
Ein Polizisten.
Genau.
Und was jetzt leider die absurde Situation ist, man kann nicht ausschließen, dass sich
dieser Bedienstete der Waffenbehörde, als er noch nebenbei eben dort Schießen unterrichtet
hat und Philipp F. über den Weg gelaufen sein könnten, weil es da eine Überschneidung
gibt, als Philipp F. schon seine Sportschützenausbildung angetreten hatte und dieser Beamte eben noch
dort unterrichtete.
Das hat er dann sein lassen dieser Bedienstete der Waffenbehörde, aber es gab eben offensichtlich
noch einen persönlichen Kontakt und der Mensch im Ganclub, der diesen Hinweis der Familie
entgegengenommen hat, hat dann offenbar an einem Samstag Vormittag seinen guten Bekannten
in der Waffenbehörde angerufen und was die beiden genau besprochen haben, wie detailliert
das war.
Ob der Name gefallen ist, ob die Umstände gefallen sind, wird jetzt noch aufgearbeitet,
ist nicht klar, aber es gab zumindest einen informellen Hinweis an die Waffenbehörde
in Person dieses einen Bediensteten, der hat diesen Hinweis aber aus ungeklärten
Gründen weder dokumentiert noch irgendjemand weitergegeben.
Das ist ja interessant, also die Familie warnt den Ganclub, der Ganclub ruft bei der Waffenbehörde
an, bei einem ehemaligen Kumpel, der früher im Ganclub selbst geschossen hat und der schmeißt
das in Papierkorb.
Der macht damit nichts, wir haben natürlich versucht mit dem Bediensteten zu sprechen,
der sagt gar nichts.
Ja, der muss jetzt auch einiges erwarten, nicht an strafrechtlichen Konsequenzen
und an disciplinarrechtlichen.
Mittlerweile wird gegen ihn sowohl disciplinarrechtlich ermittelt als auch strafrechtlich und der Vorwurf
ist auch erheblich.
Also das Verfahren ist eben noch laufend, das müssen wir klar sagen, das wird wahrscheinlich
auch noch einen Moment dauern, das alles aufzuklären, aber der Anfangsverdacht lautet auf
fahrlässige Tütungen.
Also das ist schon, hat eine gewisse Qualität, der Vorwurf besteht eben darin, dass er diesen
Hinweis hatte und schon hätte reagieren können.
Das hatte er aber nicht.
Dann kommt der angesprochene Anonyme-Hinweis ins Spiel.
Der geht direkt an die Behörde.
Der geht direkt an die Behörde, der kommt auch von der Familie und es ist zwar nur eine
Seite, ohne Absender eben als Anonyme-Hinweis verfasst, aber sehr, sehr deutlich, da steht
drin, dass Philipp F.
eben seit längerer Zeit psychisch krank sei, dass er eine wahnhafte Erkrankung habe, dass
er eine extreme Wut entwickelt habe, sowohl auf Religionsgruppen als auch auf seinen
früheren Arbeitgeber und es wird eben dringend dazu geraten, ihn zu überprüfen und ihm
nach Möglichkeit die Waffe zu entziehen.
Interessanterweise steht in dem Schreiben auch drin, dass eben Philipp F.
über eine sehr charismatische Art verfügt und sehr gut im Stande sei, Erkrankung zu
verbergen.
Und es steht drin, dass man auf keinen Fall sagen soll, dass es diesen anonymen Brief
gegeben hat, weil der Hinweis gebe auch deswegen anonym bleibt, weil er Angst hat vor dem Schützen,
vor dem Philipp F.
Genau.
Und die Sorge heraus, dass er dann eben was tun könnte, entweder sich selbst Gewalt
antun könnte oder anders, in anderer Weise schlecht reagiert.
Im Brief steht auch der Hinweis auf das Buch.
Ja.
Und was passiert jetzt in der Behörde?
In der Behörde beginnt schon ein Prüfprozess.
Man kann, glaube ich, drüber streiten, wie professionell das dann am Ende alles durchgeführt
wurde, aber es gibt nach diesem anonymen Hinweis, gibt es zumindest den Versuch, Philipp
F.
zu überprüfen.
Er betreibt eine Internetrecherche.
Es gab dann nach der Tat sehr widersprüchliche Angaben von der Polizei dazu, ob man dieses
Buch eigentlich gefunden hat oder nicht.
Tatsächlich war am Ende der Schluss, dass man es schon gesehen hat, aber eben nicht für
wichtig erachtete.
Und dass man ja das hätte bezahlen müssen.
Die Behörde hätte es ja bezahlen müssen, wenn sie das Buch hätten kaufen sollen.
Genau.
Das war die Entschuldigung.
Für den Download.
Da sind wir in der wunderbaren Welt des Polizeipräsidiums.
Die technische Ausstattung ist sowieso nicht legendär und ist Gegenstand von vielen Streitigkeiten
in der Polizei.
Und dann hätte wahrscheinlich es auch noch eines extra Antrags bedürft, um dieses Buch
kaufen zu dürfen.
Und dann braucht man ja noch ein Gerät, wo man das abspielen kann, was IT sicher sein
muss oder ansehen kann.
Also das wurde mir jedenfalls so geschildert, dass das völlig utopisch war, dieses Buch
in kürzerer Zeit sich zu organisieren, aber man hat es auch eben nicht für wichtig erachtet.
Okay, aber man setzt sich dennoch in Bewegung.
Februar 2023 stehen Beamte der Waffenbehörde bei Philipp F. vor der Tür.
Genau.
Also es gibt eine unangekündigte Kontrolle bei ihm.
Tatsächlich so, wie es ja nach Lehrbuch eigentlich dann auch sein sollte.
Man guckt sich diesen Menschen mal an.
Philipp F. ist zu Hause, macht den Beamten der Waffenbehörde die Tür auf und ist wohl
sehr nett, so wurde es später geschildert.
Er zeigt ihn, wo er seine P30 aufbewahrt und seine Munition, nämlich in einem Safe, den
er seine Wohnung hat, alles, wie es sein soll.
Es gibt nur eine einzige kleine Unregelmäßigkeit, dass eine Patrone auf dem Safe liegt und nicht
in dem Safe.
Ansonsten können die Beamten aber nichts feststellen und man muss auch sagen, sie haben
jetzt nicht wirklich versucht, ihnen dann nochmal fortgeschritten in die Mangel zu nehmen, sondern
haben im Endeffekt dann gesagt, die Patrone bitte in den Safe packen und dann haben die
wohl noch ein bisschen geplaudert.
Und sie sind eigentlich genau in die Falle getappt, die in diesem anonymen Hinweis beschrieben
wurde, nämlich dem Scham dieses Mannes nicht zu erliegen und nicht sozusagen auf seinen
Versteckspiel da herein zu fallen.
Sie sind dann aber eben, haben die Wohnung wieder verlassen und damit war die Geschichte
dann auch erledigt.
Das ist schon die zweite Geschichte, die wir hören, Andreas von einem Polizisten, der Hamburger
Polizei, damals war es das Landeskriminalamt, soweit ich mich in Sinne oder war es auch
die Hamburger Polizei.
Das weiß ich jetzt gar nicht mehr.
Da ist ein Beamter zu Lutz Err, dem Säurefassmörder gegangen und hat ihn gefragt, ob er wisse,
wo die verschwundene junge Frau sei und der Lutz Err sagte dann, der Mörder sagte dann
zum Beamten, ja, also ich habe die auch nicht gesehen, die wollte aber ins Ausland und sie
hat mir sogar ihr Auto verkauft und zeigt dem noch den Wagen der Verschwundenen, der
bei ihm in der Garage steht.
Die Verschwundene ist im Keller und wurde dann wenige Tage später ermordet, war aber
in einem Bunker im Keller und oben hat sich der Beamte Bestens mit Lutz Err unterhalten
und man war gemeinsam im Schwimmklub und dann ging er seiner Wege und die Frau war, ja,
verloren, verloren, wurde dann später aufgelöst in Säure in einem Fass wiedergefunden.
Und so ein bisschen erinnert mich das auch daran, man verkennt sich, man versteht sich
und dann schaut man nicht so genau hin.
Also ich muss sagen, ich fand vor allem diese Verbindung, die es dann offensichtlich
gab zwischen Waffenbehörde und Sportschützenglub, das ist ja aus Compliance-Gesichtspunkten
heutzutage eigentlich ein völliger Albtraum.
Sowas sollte es ja eigentlich nicht geben.
Eigentlich stellt man sich dann ja da auch sehr homolose Beamte vor, die am besten gar
keine Hobbys haben und auch keine Nähe zu solchen Menschen.
Ich möchte jetzt aber den Bediensteten auch bei dieser Kontrolle nicht unterstellen, dass sie
gar nicht auf der Hut waren.
Sie haben tatsächlich auch Schritte ergriffen, die gar nicht unbedingt vorgesehen sind.
Also es gab zwar keinen Standardverfahren, aber die haben versucht zum Beispiel bei allen
Polizeiwachen, wo Philipp F. mal in der Nähe gewohnt hat, abzufragen, ob da mal
irgendwas war, ob dann eine psychische Auffälligkeit war und welche Einsätze.
Und da war alles Fehlanzeige.
Also er hatte keine Einträge in seinem Führungszeugnis und seine psychische Erkrankung.
Da sind wir wieder beim Thema Datenschutz und Austausch über solche Daten.
Auch die waren nicht aktenkundig, sondern die lagen dann eben bei den Psychatern oder
den Kliniken, wo er mal in Behandlung war.
Und man wusste davon aber nichts.
Das muss man denen, glaube ich, zugut erhalten.
Und man muss ihn zugute halten.
Sie hatten nicht das Recht zu einer Hausdurchsuchung.
Also das ist eine Überprüfung des Waffenschrankes.
Die Waffe war drin, die eine Patrone drauf.
Und die können jetzt nicht anfangen, sozusagen die Schlafzimmer-Schränke durchzufühlen.
Das ist ihnen nicht erlaubt.
Sie hätten sich natürlich Suchungsbeschluss besorgen müssen.
Da sind wir jetzt schon ein bisschen in den Feinheiten des Waffen rechts.
Aber tatsächlich ist also Voraussetzung dafür, dass sie sagen könnten, das würde
ja eigentlich der Königsweg sein.
Wir nehmen ihm sofort die Waffe weg, weil es Hinweise gibt, dass der psychisch krank ist.
Dafür braucht es aber tatsächlich Anhaltspunkte.
Und die hatte man in dem Sinne nicht, weil man hat ein anonymes Schreiben, wo zwar
drin steht, dass er psychisch krank sei, aber sonst hat man dazu nichts.
Und in der Wohnung hat man eben diese tatsächlichen Anhaltspunkte auch nicht gefunden.
Und dann kann man eben, das ist die Darstellung der Polizei zumindest, die ich auch
für glaubwürdig halte, kann man zumindest nicht sagen, mit Gefahr im Verzug nehmen wir
ihm sofort die Waffe weg.
Also wenn die Familie unterschrieben hätte und gesagt hätte, wir sind Papa, Mama und
Bruder und der ist gefährlich, dann wäre es anders gewesen.
Dann hätten sie einen gehabt, auf den sie sich zurückbeziehen können.
Dann hätten sie auch die psychiatrischen Unterlagen anfordern können, die wahrscheinlich da auch
irgendwo in einer Akte liegen oder über die jedenfalls jemand Auskunft geben kann.
Und dann hätte die Sache anders ausgesehen.
Und so haben sie gedacht, den will einer fertig machen.
Ein anonymer Hinweisgeber.
Ja, also da hätten sie sich zumindest so vorstellen, sie hätten besser recherchieren können.
Ja. Und dann kommt wieder dieser Punkt, dass der Bedienstete der Waffenbehörde, der ja davon wusste,
zumindest in Gobenzügen, der hätte ja auch sagen können, woher dieser Hinweis kommt.
Und zumindest nach unseren Erkenntnissen ist dieser Hinweis, also das anonyme Schreiben
auch noch mal über den Schreibtisch dieses Mannes gegeben.
Der hat das also auch noch mal gesehen.
Er hat das gesehen, das Schreiben.
Zumindest ist das unsere Erkenntnislage.
Das wäre die zweite Warnung auf deinem Schreibtisch.
Ja. Und dann wusste er ja auch, woher das ist.
So wie uns das geschildert wurde, hat er das zumindest angegeben, dass er das nicht zusammengebracht hat.
Dass er nicht gesagt hat, ah, das bezieht sich, ist bestimmt der Mensch,
zu dem ich vor ein paar Wochen diesen Anruf bekommen habe.
Und da wir eben nicht genau wissen, was in diesem Telefonat zwischen Mitarbeiter des
Sportschützenclubs und ihm besprochen wurde, wissen wir es nicht genau.
Aber das ist eben, glaube ich, ein ganz wichtiger Punkt, wo sie hätten dann doch mehr tun können.
Auch da muss ich aber wieder sagen, auf der anderen Seite, es gab ja schon auch
Anhaltspunkte in diesem Schreiben trotzdem.
Also man hätte ja zum Beispiel auf die Idee kommen können, wir fragen mal die Zeugen Jehovas,
was die über den Menschen sagen können oder wir fragen den früheren Arbeitgeber.
Das sind ja Sachen, die man herausfinden kann.
Sag mal, Christoph, wie viele anonyme Hinweise bekommt denn die Polizei in Hamburg so
in der Woche, im Jahr und wie viele davon sind bösartige Nachbarschaftspotsichtigungen
und wie viele sind ernst zu nehmen?
Weißt du darüber was?
Ich kenne die absolute Zahlen nicht, was sozusagen Gesamtpolizei angeht.
Also zumindest der Polizeipräsident hat gesagt, dass es eine ganz große Menge sei.
Jetzt gerade im Licht dieser Tat haben die überhaupt mal geguckt, wie viele anonyme
Hinweise hatten oder generell Hinweise hatten wir eigentlich im Bereich der Waffenbehörde.
Das waren gar nicht schrecklich viele.
Das waren tatsächlich 13 Stück bis zur Tat und danach ist die Zahl dann deutlich angestiegen,
weil dann natürlich die Wachsamkeit erhöhte ist bei allen möglichen Menschen.
Aber es waren gar nicht so viele.
Was auf unsere Anfrage dann eingeräumt werden musste, ist, dass die Zahl der Kontrollen
deutlich zurückgegangen ist, ausgerechnet vor der Tat, dramatisch zurückgegangen um zwei Drittel.
Das gab da wohl Personal, Engpässe in der Waffenbehörde, die waren nicht so gut
aufgestellt, wie das hätte sein müssen.
Und es gab eben auch überhaupt gar keine klaren Standards.
Das war im Endeffekt eine Abteilung, die da vor sich hingewerkelt hat und die auch nicht
die Möglichkeiten hatte, eben umfangreiche Ermittlungen anzustellen, ganz abgesehen
von dem rechtlichen Hebel, um dann auch wirklich was zu tun.
Du hast ja auch geschrieben, in einem irgendwo online, glaube ich, hast du geschrieben.
Ich weiß jetzt nicht mehr genau wer, aber ich glaube, es war es du, dass die Waffenbehörde
13 Jahre gebraucht hätte mit diesem Personalstand, den sie hat, um alle Waffenbesitzer einmal zu besuchen.
Ja, das ist schon...
Die es in Hamburg gibt.
Das gibt offenbar einen Haufen Waffen in Hamburg.
Tatsächlich, ja, das denkt man ja gar nicht viel.
Man denkt immer, man liebt in einer sehr friedfertigen Stadt und dann findet man raus, dass allein
in Hamburg 38.000 Waffen in Privathausheiten liegen.
38.000.
38.000.
Und die auch, Andreas?
Nicht, dass ich fürste.
Ja, also wir haben dann tatsächlich mal geguckt, warum das mal einzuordnen, wen könnte man
damit ausrüsten.
Und man landet dann dabei, dass man theoretisch jedem Soldaten von mehreren Staaten unter
einem Dienemark und noch ein paar kleinen Staaten umdrauf eine Waffe in die Hand drücken könnte.
Also man könnte sozusagen eine Grundausrüstung an Waffen schaffen, allein mit den Waffen,
die hier in Hamburg liegen.
Für eine Armee.
Ja, für mehrere Armeen, also eine ganze schadliche Armee.
Und da muss ich glaube ich auch sagen, weil das ist ja eine sehr erhitzt geführte Debatte.
Natürlich ist die Anteil von gewalttätigen Sportschützen nicht besonders hoch, aber
es ist eben, so sehe ich das zumindest, auch kein Tennis-Legat, den man da zu Hause hat,
sondern eben eine Waffe.
Und ich kann mir eigentlich keinen Grund vorstellen, warum ich denn meine Waffe jetzt unbedingt
zu Hause haben muss.
Ich darf die ja auch nicht benutzen, logischerweise, sondern guck mir die dann an vielleicht
oder baue sie auseinander und wieder zusammen.
Aber das ist eben eine große Aufgabe, die sich der Staat auch auferlegt hat, immer
zu gucken, wer von diesen Menschen, die jetzt schon eine Waffe haben oder Waffen zu Hause
haben, könnte dann gefährlich werden.
Die Zahl macht mich jetzt sehr nachdenklich, weil ich gucke immer mit großer Verachtung,
muss ich gestehen, in die USA, die, was die Waffengesetze angeht, einfach die National
Rifle Association ist eine so starke Lobbyvereinigung, die jede Verschärfung von Waffengesetzen verhindert.
Und nach jedem Amoklauf beginnt dort wieder die neue Debatte.
Aber die Zahl frauiert mich jetzt tatsächlich, muss ich sagen.
Ja, ich hätte es auch nicht angenommen.
Ich finde auch, das muss man ein bisschen einordnen.
Natürlich haben wir in Deutschland schon ein relativ strenges Waffenrecht, wenn man
jetzt aber in diese Reihe von Taten mal blickt, die es ja schon gab.
Es ist ja nicht der erste Amoklauf, den wir hatten.
Und ganz oft gibt es einen direkten oder indirekten Bezug zu Sportschützen.
Die Waffen kommen von Sportschützen, sind von Sportschützen geklaut oder sind eingetragene
Waffen.
Und ich finde, das darf man auch nicht vernachlässigen.
Und ich glaube, der Fehler, den man gemacht hat, ist, dass man zwar das Waffenrecht immer
wieder verschärft hat, aber auch praktisch die Hintertür für diejenigen, die das missbrauchen
wollen, gleich offen gelassen hat.
Also beispielsweise, man verbietet oder limitiert bestimmte Magazingrößen und das hat Philipp
F. auch getan.
Er bestellt sich dann einfach eine sehr hohe Anzahl von Magazin mit 15 Schuss und die
kann er sich praktisch ohne Auflagen zulegen.
Ich war auf der Seite von Heckler und Koch zum ersten Mal in meinem Leben, habe ich mich
über Waffen erkundigt, unter anderem über die P30, die gibt es mit verschiedenen Magazinkapazitäten
– 20, 17 und 15 Patronen, 20 ist dann die große Größe sozusagen – es gibt nicht
nur die neuen Magazine, die Philipp F. verschießt, sondern die Polizei findet 37 weitere.
Wie um Gottes Willen kommt man denn an 46 Magazine?
Indem man sie einfach im Internet bestellt.
Das hat wohl auch Philipp F. so gemacht.
Es gibt dafür, von den Munitionen gibt es kaum Auflagen, gerade wenn man eine Waffenbesitzkarte
hat, dann ist man dazu berechtigt, Munitionen zu kaufen und es gibt da auch keine Höchstgrenze.
Er hat das wohl über mehrere Bestellungen, hat er sich diesen Munitionsvorrat zugelegt.
Wir wissen nicht ganz genau, wann er damit angefangen hat, aber zumindest in ein paar
Wochen oder Monate wird er gebraucht haben, um diese Menge dazu versammeln.
Wir wissen auch nicht, wo er das dann aufbewahrt hat, offensichtlich so, dass die Beamten
der Waffenbehörde das auch nicht gesehen haben, als er im Februar da war.
Also da hat man ihm es wirklich nicht schwer gemacht.
Sag mal, was hat sich denn jetzt geändert seit ihr?
Es gab jetzt so ein Aufarbeitungsprozess.
Politisch wurde mit dem Amoklauf erst mal so umgegangen, dass man gesagt hat, eigentlich
sehen wir keine Versäumnisse in dem Fall, was sich eine immer schwerer zuhaltende These
finde, nach allem, was wir jetzt wissen.
Und man hat dann eine Überprüfung angestoßen und hat gesagt, jetzt gucken wir uns überhaupt
mal an, was da in der Waffenbehörde eigentlich läuft.
Also man hat alle Akten nochmal durchgesehen und hat jetzt eben, das war die Pressekonferenz,
die gerade gestern stattgefunden hat, ein Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht, von
dem man sich erhofft, solche Taten bestmöglich verhindern zu können.
Dazu gehört, dass man eben das LKA stärker einbindet, mit der Waffenbehörde zusammen
guckt oder das LKA zusammen mit der Waffenbehörde gucken lässt, wie können wir die gefährlichen
Waffenbesitzer identifizieren und eben, dass man der Waffenbehörde mehr Mitarbeiter gibt.
Sechs zusätzliche Stellen.
Genau, von 27 auf 33 Mitarbeiter eben aufstockt und auch mit Blick auf diese Verbindung in
Herrn Seatek Gang Club in dem Fall, dass man mal sowas wie ein Compliance-System einführt.
Und tatsächlich meine Frage dazu an unseren Insenator Andi Grote und den Polizeipräsidenten
Ralf-Martin Meier war, ob die das eigentlich überrascht hat, wie die Zustände da sind,
weil das sind ja alles keine bahnbrechenden Neuigkeiten, dass man vielleicht ein standardisiertes
Verfahren haben sollte, um zu überprüfen und Compliance-Regeln haben sollte.
Und das hat der Polizeipräsident nun auch eingeräumt dann auf Nachfrage gesagt, ja,
man hätte sich schon mehr gewünscht, was da ist.
Man hatte diese Abteilung einfach nicht so richtig auf den Schirm.
Das fand ich so irre.
Also diese Pressekonferenz, auf der du gestern warst, hat gezeigt, es gab bisher kein standardisiertes
Verfahren.
Da kommt jemand, möchte eine Waffe haben und es gibt jetzt kein Verfahren, wo man Checklisten
abhakt und sagt, das muss erfüllt sein, das muss erfüllt sein, das muss erfüllt sein.
Es gab keine Standards.
Nee, es wurde nicht vernünftig kontrolliert, das kann man glaube ich sagen.
Und dann die Frage, warum wollen Sie eigentlich eine Waffe?
Das ist die Frage, die ich zuerst stellen würde, sind Sie irgendwie gefährdet, wohnen
neben Ihnen Banden oder wurden Sie überfallen oder so?
Die meisten sitzen doch nur in Ihrem Hinter-Erabetouillen-Hecke und freuen sich daran, dass Sie bis an
die Zähne bewaffnet sind.
Was soll das?
Ich glaube, was man richtigerweise jetzt macht, ist gesetzgeberisch.
Das ist ja im Bund auf den Weg, dass man diese psychologische Eingangsuntersuchung unabhängig
vom Alter einfach vorschreibt, was glaube ich ein Mindeststandard ist, auf dem man sich
einigen kann.
Ich würde persönlich argumentieren, dass es eigentlich auch nötig wäre, das Laufen
zu überprüfen, weil wenn wir uns Philipp F. anschauen, das war ja ein längerer Prozess
bei ihm, bis er in diesen Zustand kam, in dem er diese Tat begangen hat.
Und ich finde, man sollte schon, wenn man über scharfe Schusswaffen redet, eigentlich regelmäßig
kontrollieren, in welcher mentalen Verfassung die Menschen sind, weil es eben Brüche im
Lebenslauf geben kann, die auch dahinter liegen können, wenn man eben die Waffe schon erhalten
hat.
Es gibt einen interessanten Gegensatz in der Ideologie oder in dem Glauben der Zeugen
Jehovas und im Glauben von Philipp F.
Die Zeugen Jehovas haben ein wahnsinnig negatives Weltbild, sehen sozusagen den Weltuntergang
herbei.
Philipp F. hat ein wahnsinnig negatives Gottesbild, es ist ein unfassbar rächender Gott.
Das hat jedenfalls die katholische Theologin Johanna Rana gesagt, der du offenbar das
Buch vorgelegt hast.
Ja, also um das noch einmal zu sagen, ich sitze ja stellvertretend hier für einen Team, in
dem wir recherchiert haben, das ist bei so einer großen Lage ja unbedingt nötig, aber
genau wir haben eben das Buch selbst gelesen, was auch kein Vergnügen war, wie ich sagen
und haben eben uns dazu Einschätzung geholt, dann gab es eben diese Einschätzung.
Die Polizei hat auch nochmal einen Gutachten in den Auftrag gegeben bei Peter Neumann
vom Kings College in London, der dieses Buch gelesen hat und danach das Bild von einem
religiösen Fanatiker hatte, dem wiederum widerspricht ein wenig das psychiatische Gutachten,
was wir dann auch gesehen haben, was von einem deutschen Psychiater angefertigt worden
ist, wo eben das nicht so ganz geteilt wird.
Da sind wir wieder an dem Punkt, dass wir es nicht...
Ja, aber das sind Ferndiagnosen ehrlich gestanden, die sollte man jetzt nicht so viel geben.
Interessant fand ich einen Punkt, denn Philipp F. schildert diesen rechenden Gott, aber
er sagt auch gleichzeitig, Menschen dürfen diese Rache nicht ausüben, also Menschen dürfen
nicht töten.
Außer, sie haben einen ganz besonderen Auftrag, sie sind quasi Könige, hat er sich als König
gesehen?
Es ist durchaus möglich, also wenn wir das alles zusammennehmen, was wir jetzt besprochen
haben, dann haben wir es ja mit jemandem zu tun, der eigentlich nicht blöd ist, der
auch einen gewissen Erfolg in seinem Leben hatte und der aber auch dieses Glück nicht
halten konnte und der immer wieder damit kämpft, dass er sich doch für großartiger
Held als der Rest der Welt ihn hält.
Auch das würde zu dieser Tat passen, dass er am Ende aus einem Impuls der Kränkung gehandelt
haben könnte, dass er sich selbst zwar für einen König hält oder zumindest für jemanden
der anderen überlegen ist, aber sonst keiner.
Genau und dieses Buch hat sich jetzt auch nicht so wahnsinnig gut verkauft, nach allem, was
wir wissen.
Also da kann es sein, dass dadurch sozusagen die letzte Kränkung in sein Leben gekommen
ist.
Es ist natürlich spekulativ, aber er hat glaube ich eigentlich die kognitiven Voraussetzungen
gehabt, um nicht in so ein Weg zu gehen, hat dann aber durch verschiedene Umstände
wahrscheinlich einfach eine extreme Wut auch angesammelt in Verbindung mit dieser Eigenschaft,
dass er Kränkung nicht gut verarbeiten konnte.
Auch das haben wir gehört von Geschäftspartnern, dass er zwar auch da sehr charmant sein konnte
und uns sehr freundlich und wenn dann aber was gegen seinen Willen lief, dass er dann
eben sehr schnell aufbrausend wurde.
Deswegen auch die Wechsel in den Arbeitgeber nicht.
Er hat ja auch in letzter Zeit dann häufiger die Arbeitgeber gewechselt und kam überall
nicht gut zurecht und ein paar Monaten war er wieder weg.
Und die Johanna Rana, diese Theologin hat ja gesagt, dass das negative Gottesbild und
das negative Weltbild auch ein Teil dieser Untergangsvorstellungen ist, die es bei den
Jehovas gibt, bei den Zeugen Jehovas gibt, aber er soll eben ein Endzeitglauben verinnerlicht
haben, glaubt sie.
Und sie sagte dann zu euch, die Zeugen Jehovas warten auf das nahe Armageddon, also den
Untergang der Welt, aber der Autor will ihn nicht erwarten, sondern will ihn selbst herbeiführen.
Also er wollte den Untergang selber machen.
Ja, das kann man so sehen.
Das Problem daran ist natürlich immer, er hat keinen Bekennerschreiben hinterlassen und
man kann auch in diesem Buch, das sind 296 Seiten und man findet aber keinen Hinweis
darauf, dass dieser Mensch so eine Tat begeht.
Also man könnte ja annehmen, das ist ein Manifest, was er da schreibt.
Er versucht jetzt seine, eben wenn das so gewesen wäre, genau das darzulegen und zu
sagen, jetzt ist das dann auch deutlich zu schreiben.
Jetzt führe ich den Untergang herbei, er erwähnt aber noch nicht mal die Zeugen Jehovas
explizit.
Er bewegt immer nur von den Köchen in dem Buch und es ist eben alles aus dieser Haltung
einfach zu erklären, eben mit diesen gruten Thesen, die er verbreitet, aber ohne dass
er irgendein Hinweis darauf hinterlässt, dass er wirklich auch zu Gewalt greifen würde
selber.
Wenn ich gleich das Haus verlasse hier, diese Redaktion werde ich, glaube ich, meine Hamburger
mit Bürgern mit etwas anderen Blicken ansehen.
Werd mich fragen, wer von euch hat denn der Waffe zu Hause und warum.
Lieber Christoph, vielen Dank.
Gut, dass du da warst.
Danke euch.
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März 2023: Ein Mann treibt sich vor dem Hamburger Gemeindehaus der Zeugen Jehovas herum. Schließlich eröffnet er das Feuer auf die Gläubigen, ermordet sieben Menschen und verletzt viele weitere. Die Tat hat eine lange Vorgeschichte und erzählt von Wahnsinn und Behördenversagen.
In der Folge 147 sprechen Sabine Rückert und Andreas Sentker mit dem Kriminalreporter von ZEIT-Hamburg, Christoph Heinemann, über ein Massaker, das hätte verhindert werden können.
Der Text zur Folge (Christoph Heinemann, Tom Kroll, Evelyn Finger Annika Lasarzik, Maria Rossbauer und Wolfgang Thielmann: "Wir sahen die leeren Sitze und wussten genau, wer fehlt") ist im März 2023 erschienen.
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