Die Dunkelkammer – Der Investigativ-Podcast: #20 Der Fall Kika-Leiner: Was hat die Signa-Gruppe geleistet? / Der Fall Kurz: Ein Vorhabensbericht auf Reisen

Michael Nikbakhsh Michael Nikbakhsh 6/16/23 - Episode Page - 26m - PDF Transcript

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Herzlich willkommen in der Dunkelkammer.

Mein Name ist Michael Nickbarsch, ich bin freier Journalist und beschäftige mich mit mächtigen Menschen.

Also genauer mit der dunklen Seite. Da macht.

Das ist die zwanzigste Ausgabe der Dunkelkammer und heute gibt's wieder zwei allein.

Erstens, die Insolvenz von Leina Kika.

Vor fünf Jahren übernahm die Signakruppe von Rene Benko eine Möbelhandelskette, die damals praktisch pleite war.

Eben hat er sie verkauft und jetzt ist Leina Kika pleite.

Aber wollte Signa den Laden nicht eigentlich sanieren?

Was ist denn in den vergangenen fünf Jahren passiert?

Wie viel hat Signa in Leina Kika hineingesteckt und wie viel wieder herausgezogen?

Eine Spurensuche.

Ja und zweitens, was wurde aus den Ermittlungen der WKSDA gegen Sebastian Kurz wegen mutmaßlicher Falschaussagen im Ibiza Untersuchungsausschuss?

Tatsächlich hat die WKSDA ihre Erhebungen längst abgeschlossen und dazu auch einen sogenannten Vorhabensbericht verfasst.

Aber der kugelt jetzt seit Monaten im Justizministerium.

Herum. Warum?

Rene Benko gewinnt die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler verlieren.

Dieses Narrativ hat sich rund um die Insolvenz der Möbelhandelsgruppe Leina Kika verfestigt.

Und es ist ein durchaus eingängiges Narrativ.

Erst Anfang Juni hatte Benko's Signa-Gruppe die Leina und Kika Möbelhandels GmbH um einen symbolischen Euro an den Unternehmer Herbert Wieser abgegeben.

Und jetzt ist sie zahlungsunfähig.

Vor dem Landesgericht St. Bölten wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.

Mehr als die Hälfte der 3.300 Beschäftigten stehen vor dem Verlust ihrer Jobs.

Die unbesicherten Gläubigerinnen und Gläubiger sollen um 80% ihrer Forderungen umfallen.

Das sind zuallererst die Steuerzahlenden.

Denn Leina Kika schuldet dem Staat aus pandemiebedingten Steuer- und Abgabestundungen viel Geld.

Und auch der staatliche Insolvenz entgelt von Wirt einspringen müssen, um die Ansprüche der von Kündigung betroffenen Leina Kika Belegschaft zu sichern.

Die gesamten unbesicherten Verbindlichkeiten werden derzeit mit 132 Millionen Euro beziffert.

Und davon dürfte die öffentliche Hand mit plus-minus 100 Millionen Euro mit von der Partie sein.

Der Rest entfällt größtenteils auf Lieferanten.

Der neue Eigentümer Herbert Wieser will nicht gänzlich zusperren.

Er will sanieren. Den Gläubigern werden 20% Quote geboten.

1900 Jobs sollen gestrichen werden.

Und im September soll der Gläubiger Ausschuss über das Sanierungskonzept abstimmen.

Und da wird der Staat als größter Gläubiger ein gewichtiges Wörtchen mitzureden haben.

Vertreten wir die Republik hier von der Finanzprokuratur.

Das ist quasi die Anwaltskanzlei des Bundes.

Und der Präsident der Finanzprokuratur heißt Wolfgang Peschorn.

Und der ist erstens ein fähiger Jurist.

Und zweitens hat er öffentlich bereits betont, dass die Finanzprokuratur die Vorgänge in den Jahren vor der Insolvenz genau prüfen wird.

Und da geht es wieder hauptsächlich um die Frage, ob Leinerkicker nicht schon viel eher insolvent war.

Die Zahlungsunfähigkeit, also vom alten Eigentümer Siegner, verschleppt wurde.

Und dabei geht es natürlich ums Geld.

Weil sollte die Insolvenz verzögert worden sein, könnte man darauf Regressansprüche setzen.

Aber Achtung, ich wäre vorsichtig mit vorschnellen Feststellungen.

Denn natürlich müssen die wirtschaftlichen Probleme von Leinerkicker auch im Kontext von Pandemie liefern.

Kettenkrise und Ukraine-Krieg bewertet werden.

Und dafür kann man eine Banco ehrlicherweise nicht verantwortlich machen.

Und abgesehen davon ist die Feststellung des Zeitpunkts seiner Zahlungsunfähigkeit sehr viel schwieriger als man glauben mag.

Das ist viel mehr eine Raketenwissenschaft, an der sich dann Sachverständige abarbeiten müssen.

Da gibt es dann Gutachten, es gibt Gegengutachten und endlose Gerichtsverfahren zu dieser Frage.

Und manchmal gleitet das dann auch ins Absurde ab.

Ich selbst weiß das nur zu gut, denn ich bin tatsächlich der Mensch,

dem ein Gutachter einst die Verantwortung für die größte Pleite von allen zugeschoben hat,

die der Salzburger Alpine baut, nämlich größte Pleite der österreichischen Wirtschaftsgeschichte.

Und ich hatte im Oktober 2012 für Profil interne Alpine-Dokumente ausgewertet, die darauf schließen ließen,

dass der Konzern im Ausland auf hohen Risiken saß, die so nicht in den Büchern abgebildet waren.

Das war damals völlig neu und das hatten die bei der Alpine vor allem den Anleihegläubigern gegenüber verschwiegen.

Das waren viele Privatleute, die dann die Banken diese Alpine-Schuldtitel so als super sichere Anlage aufgeschwatzt hatten.

Interessanterweise übrigens viele Banken dabei, die selbst keine so rechte Lust mehr hatten, die Alpine zu finanzieren.

Aber das nur am Rande.

Und acht Monate nach meinem Artikel war dann Alpine tatsächlich Pleite.

Und Jahre später gab es dann ein Gutachten, das ein Sachverständiger für die WKSDA in einem Ermittlungsverfahren erstellt hatte.

Und da stand dann tatsächlich drin, dass bei der Alpine bis Oktober 2012 eigentlich eh alles im Lot war.

Und dann kam quasi der Michael Nickwasch von Profil daher, der schrieb auf Profil Online eine Kurzmeldung.

Und schon am nächsten Tag setzte der plötzliche quasi unerwartete Niedergang der Alpine ein.

Ja, damit muss man mal klar kommen, nicht?

Aber die Wahrheit ist, dass die Alpine natürlich lange vor der Pleite nicht mehr aus eigener Kraft bilanzieren konnte

und vom spanischen Mutterkonzern am Leben erhalten wurde.

Und zwar bis eben 2013, wo man die Alpine dann fallen ließ.

So oder so, also mit Linerkicker habe ich nichts zu tun.

Diese Firma ist ganz von alleine umgefallen.

Aber wurde sie auch von der früheren eigentümeren Signa allein gelassen?

Stimmt es zum Beispiel, dass Rene Benko von Haus aus nur an den Linerkicker-Emobilien interessiert war

und in das Handelsgeschäft jetzt mehr oder weniger wurscht war

und man das halt dann halt so lange schleifen hat lassen, bis irgendwann nichts mehr ging?

Ich habe für diese Recherche versucht herauszufinden, was die Signa-Gruppe in den fünf Jahren,

die Linerkicker zu ihr gehörte, aus der Möbelhandelsgruppe herausgezogen hat

und was sie umgekehrt hineingesteckt hat.

Gut, das ist jetzt insofern nicht ganz easy, als die Signa-Gruppe die Transparenz ja nicht gerade erfunden hat.

Aber gehen wir uns mal durch.

Also im Oktober 2018 hatte die Signa-Gruppe Linerkicker von der kollabierten südafrikanischen Steinhoffgruppe übernommen.

Im Kern ging es damals so um vier GmbHs.

Da waren einmal zwei Handelsfirmen, die Rudolf Liner GmbH und die Kicker Möbelhandels GmbH.

Diese beiden Unternehmen standen damals mehr oder weniger unmittelbar vor der Zahlungsunfähigkeit,

was damals rund 5000 Arbeitsplätze betroffen hätte.

Und aus den Chatverläufen von Thomas Schmidt lässt sich ja herauslesen,

dass das Umfeld von Sebastian Kurz damals größtes Interesse daran hatte,

dass Rene Benko den Möbelkonzern rettet.

Österreichische Lösung und so, kann man politisch ja bekanntlich gut verkaufen.

2022 wurden diese beiden Handelsfirmen dann übrigens zu Liner und Kicker Möbelhandels GmbH verschmolzen.

Und das ist jetzt auch die Firma, die insolvent gegangen ist.

Und dann gab es 2018 noch zwei weitere wichtige GmbHs, zwei Immobilienfirmen,

die Signa von Steinhoff ebenfalls übernommen hatte.

Nämlich die Kicker Immobilien GmbH und die Liner Immobilien GmbH.

Ja, und das war der eigentliche Schatz, denn da war und ist der wertvolle Liegenschaftsbesitz von Kicker Liner drin.

Also beispielsweise die Möbelhäuser, in welche der Möbelhandel nur eingemittet war und dort Mieten zahlen musste.

Das hat allerdings nicht Rene Benko erfunden, das war schon Jahre vorher so eingerichtet worden.

Eine der Fragen im Insolvenzverfahren wird aber womöglich sein,

ob die Mieten der Höhe nach angemessen und wirtschaftlich vertretbar waren.

Tatsache ist, dass unmittelbar nach der Übernahme durch Signa noch Ende 2018

neue Mietverträge mit den Möbelhäusern abgeschlossen wurden.

Im Jahresabschluss der Kicker Immobilien GmbH für 2018 habe ich dazu folgendem Satz gefunden, ich zitiere das.

Um die Ertragslage auf konstant gutem Niveau zu halten,

wurden mit bisherigen Mietern neue Mietverträge mit einer Laufzeit von 15 Jahren

inklusive Verlängerungsoptionen abgeschlossen.

Wie viel Signa für die Übernahme von Liner Kicker 2018 insgesamt bezahlt hat,

man weiß es nicht genau, kolportiert wurden immer so vier bis fünfhundert Millionen Euro,

aber das Geldfloss natürlich nur für die Immobilien.

Der Möbelhandel war ja damals schon tiefrot und praktisch pleite.

Fünf Jahre später hat Benko nun auch die beiden Immobilienfirmen verkauft

und die waren jetzt natürlich wenig überraschend deutlich mehr wert

als der symbolische Euro für den Möbelhandel.

Wie viel Signa beim Verkauf der Liner Kicker Immobilien erlöst hat,

man weiß es abermals nicht.

Die Presse schreibt von rund 350 Millionen Euro,

der Standard von rund 400 Millionen Euro und die Krono-Zeitung von rund 500 Millionen Euro.

Gekauft hat das Paket übrigens der Unternehmer Frank Albert mit seiner Grazerfirma Supernova.

Albert war schon 2018 an Liner Kicker interessiert gewesen,

ist damals aber nicht zum Zug gekommen.

Und Albert war auch einer der Großspender an Sebastian Kurzes ÖVP im Wahlkampf 2017.

Was allerdings nur ein weiterer Beleg dafür ist, dass Österreich ein doch recht kleines Land ist.

Weil wir nicht genau wissen, was die Übernahme damals gekostet hat

und weil wir auch nicht genau wissen, was der Verkauf jetzt gebracht hat,

um ein bisschen musik mit vermuteten Millionen zu jonglieren.

Man kann aber zumindest feststellen, wie viel Geld die Signa-Gruppe von den beiden Liner Kicker Immobilienfirmen bekommen hat.

Stichwort Ausschüttungen, also Dividenden.

Die hat es nämlich in einem Jahr tatsächlich gegeben.

Nachlesen kann man das in den Jahresabschlüssen der beiden GmbHs, die man im Firmenbuch abrufen kann.

Also habe ich das gemacht, ich habe mir die Jahresabschlüsse der beiden Immobilienfirmen für die Jahre 2018 bis 2021 angeschaut.

Für das Jahr 2022 liegen übrigens noch keine Zahlen vor.

Und tatsächlich hat sich die Signa-Gruppe schon wenige Monate nach ihrem Einstieg Ausschüttungen abgeholt.

Und zwar gleich für das Jahr 2018 ließ man sich im Jahr darauf von beiden GmbHs insgesamt rund 289 Millionen Euro ausschütten.

289 Millionen Euro brutto natürlich.

Das war schon eine stange Geld, die da gleich wieder in Richtung Signa ging.

In den Jahren darauf gab es dann allerdings keine Ausschüttungen mehr von den beiden Immobilienfirmen Richtung Signa.

Nun ist das Geld aber tatsächlich nicht nur in eine Richtung gegangen, also nicht nur in Richtung Signa.

Es ging auch wieder etwas zurück und zwar ganz konkret von der Signa in Richtung Möbelhandel, wenn auch nicht ganz so viel.

Ich habe für diese Recherche zwei Fragen an die Signa-Gruppe geschickt und um Beantwortung ersucht.

Und das ist auch soweit passiert.

Erstens wollte ich wissen, hat der chronisch-defizitäre Möbelhandel von Signa Sanierungsbeiträge von Signa bekommen?

Und wenn ja, wie hoch waren die?

Und zweitens wollte ich wissen, welche Sanierungsschritte man in den vergangenen fünf Jahren gesetzt hat?

Ja, die Antwort von Signa will ich euch nicht vorenthalten, nicht zitiert das jetzt.

Signa hatte die Möbelhandelsgesellschaften Kicker-Leiner im Jahr 2018 in wirtschaftlich kritischem Zustand von der Steinauf-Gruppe übernommen.

Das Unternehmen konnte im Rahmen des Sanierungskonzepts stabil durch die Corona-Pandemie geführt werden und sich gegen die Verwerfungen am Möbelmarkt behaupten.

Signa hat Kicker-Leiner-Seiterübernahme in Summe rund 140 Millionen Euro durch Sanierungsbeiträge, Vermieter, Zuschüsse etc. zur Verfügung gestellt.

Und ein Dutzend Filialen wurden Teil- bzw. General saniert.

Es kam Seiterübernahme durch Signa zu keinen Erhöhungen der marktüblichen Mieten.

Die Unterstellungen, Signa hätte Kicker-Leiner-Finanzmittel entzogen, sind falsch.

Die Verschmelzung der beiden Gesellschaften war Teil der Sanierungsbestrebungen in Übergang zu einer Einmarkenstrategie und zur Verschlankung der Verwaltungsstrukturen.

Und schließlich der Bereich Immobilien wurde nicht etwa durch Signa abgetrennt, sondern war bereits vorerwerbt durch Signa nicht Teil des Handelsgeschäfts und von diesem getrennt.

Was lernen wir? 2019 hat sich die Signa insgesamt 289 Millionen Euro von den Leiner Kicker Immobilienfirmen ausschütten lassen, Brutto natürlich.

Umgekehrt hat Signa den Möbelhandel in fünf Jahren rund 140 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

Ich brauche da jetzt nicht zwingend einen Taschenrechner um festzustellen, dass deutlich mehr Geld aus dem Leiner Kicker Immobilienbereich Richtung Signa gegangen ist als von der Signa Richtung Möbelhandel.

Um die Rechnung abzurunden, müsste man natürlich wissen, wie viel zwischen An- und Verkauf der Immobilien bei Signa hängen geblieben ist, was zumindest noch nicht der Fall ist.

Signa hat Leiner Kicker in einer ersten Stellungnahme nach dem Verkauf übrigens als gutes Investment bezeichnet.

Und ich weiß jetzt nicht recht, ob denen bewusst war, wie zynisch sich das anhört. Vielleicht schon.

Was wurde eigentlich aus den Ermittlungen gegen Sebastian Kurzwegen seiner mutmaßlichen Falschaussagen im parlamentarischen Ibiza-Untersuchungsausschuss im Jahr 2020?

Das ist wieder so eine Causa mit den Eigenschaften des Strudeltags. Sie zieht sich.

Ziehen wir es mal auseinander.

24. Juni 2020 hat der Sebastian Kurz im Ibiza-Untersuchungsausschuss unter Wahrheitspflicht ausgesagt. Damals war er noch Bundeskanzler.

Wahrheitspflicht heißt, dass man den U-Ausschuss nicht anlügen darf.

Also, man kann es natürlich machen, aber wenn es rauskommt, dann riskiert man einen Strafantrag wegen falscher Beweisaussage, ein Gerichtsverfahren und womöglich eine Haftstrafe von bis zu drei Jahren.

Das muss man sich also gut überlegen.

Soweit es an Sebastian Kurz betrifft, soll er bei seiner Befragung 2020 mehrfach die Unwahrheit gesagt haben, und zwar als es um seine Rolle bei Postenbesetzungen in der Staatsholding Ö-Bag ging.

Kurz hat damals im Wesentlichen zu verstehen gegeben, dass er nie mit der Zusammensetzung des Ö-Bag-Aufsichtsrats befasst war und dass auch nichts mit der Bestellung von Thomas Schmidt zum allein Vorstand der Ö-Bag zu tun hatte.

Ein paar Monate später kam er in den NEOS-Abgeordneten im Ausschuss aber zweifel an dieser Version.

Der Untersuchungsausschuss hatte ja damals bereits viel Datenmaterial gesammelt und ausgewertet.

Im März 2021 schicken die NEOS dann eine Sachverhaltsdarstellung an die Wirtschafts- und Korruptionstaatsanwaltschaft.

Darin ging es um den Verdacht der falschen Beweisaussage im Urschuss gegen Sebastian Kurz, aber auch gegen seinen früheren Kabinettschef Bernhard Bonnelli und Gernot Blümel.

Gegen Blümel wurde eingestellt, gegen Kurz und Bonnelli wurde aber weiter ermittelt.

Beide bestreiten übrigens die Vorwürfe und klar, es gilt die Unschuldsvermutung.

Irgendwann kam dann auch noch die Managerin Bediener Glatz Kremsner als Beschuldigte dazu.

Sie war einige Jahre die Chefin der Casinos Austria und sie war auch mal stellvertretende ÖVP-Bundesparteiobfrau, also die Nummer zwei hinter Sebastian Kurz.

Und auch sie soll im Ibiza Untersuchungsausschuss die Unwahrheit gesagt haben und dazu auch als Zeugen in einer Einvernahme durch die WKSDA.

Denn auch da gilt Wahrheitspflicht, also nur für Zeugeninnen und Zeugen natürlich, für Beschuldigte nicht.

Die dürfen tatsächlich straffrei lügen.

Die WKSDA ermittelte also gegen Kurz, Bonnelli und Glatz Kremsner wegen angenommener Falschaussagen und Ende 2022 war dieses Verfahren dann tatsächlich abgeschlossen.

Ja, und dann hat die Staatsanwaltschafts das machen müssen, was Staatsanwaltschaften in solchen Fällen machen müssen, in Fällen mit prominenten Beschuldigten, nämlich sie schrieb einen sogenannten Vorhabensbericht und den schickte sie nach oben, wie es so schön heißt.

Das war Mitte jener dieses Jahres und mittlerweile haben wir Mitte Juni. Was ist zeitär passiert?

Also zunächst einmal, was ist ein Vorhabensbericht? Wie der Name schon sagt wird dahin ein Vorhaben beschrieben, hier das Vorhaben einer Staatsanwaltschaft.

In Fällen von besonderem öffentlichen Interesse, also wo es um prominente Menschen geht, müssen Staatsanwaltschaften ihre Oberbehörden über bestimmte Verfahrensschritte informieren.

Geregelt ist das im sogenannten Berichtspflichtenerlass des Justizministeriums, der die Voraussetzungen für Vorhabensberichte festschreibt.

Wenn zum Beispiel eine Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen einen prominenten Menschen ohne Anklage einstellt, muss sie dazu einen Vorhabensbericht schreiben.

Und wenn sie den prominenten Menschen anklagen will, auch.

Und das wird dann zur Genehmigung weitergeleitet. Vorhabensberichte sind zentrale Elemente der österreichischen zwei Klassenjustiz, über die ich mit dem ehemaligen Staatsanwalt Volkert Sackmann jüngst in der Dunkelkammer gesprochen habe.

Noch umständlicher als sonst wird österreichische Justiz nämlich nur, wenn prominente Namen im Spiel sind.

Wenn es um einfache Leute geht, ist das nicht der Fall. Warum auch immer.

Also die Staatsanwaltschaft hat einen Vorhabensbericht zu einem prominenten Fall geschrieben und schickt den dann an eine der vier zuständigen Fachaufsichtsbehörden, das sind die sogenannten Oberstaatsanwaltschaften.

Davon gibt es einen in Wien, einen in Graz, einen in Linz und einen in Innsbruck.

Und da gibt es wiederum zuständige Oberstaatsanwältinnen und Oberstaatsanwälte, die schauen sich diesen Vorhabensbericht an und sie schauen sich allenfalls auch den dazugehörenden Ermittlungsakt an.

Und dann schreiben sie ihrerseits einen Bericht zum Vorhabensbericht und schicken den Vorhabensbericht und ihren Bericht zum Vorhabensbericht weiter nach oben ins Justizministerium.

Ja und im Justizministerium, da gibt es die Sektion Römisch 5, die ist zuständig für Einzelstrafsachen und an dieser Sektion Römisch 5 hängt die Abteilung Römisch 5 2 und die ist zuständig für Großverfahren und berichtspflichtige Strafsachen.

Dort schaut sich das zunächst einmal ein Fachreferent oder eine Fachreferentin an, nämlich den Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft und den Vorhabensbericht der Oberstaatsanwaltschaft.

Ja und dann machen die dort eine eigene rechtliche Beurteilung des Aktes. Das wäre dann der nächste Bericht, also der Bericht zum Bericht zum Bericht.

Ja und das ganze geht dann an die Abteilungsleitung, wo man sich das noch einmal anschaut, dann an die Sektionsleitung, spätestens dann geht es dann irgendwann auch ans Kabinett des Bundesministeriums und von da dann auch an den sogenannten Weisungsrat.

Das ist ein Beratungsgremium, das vor einiger Zeit geschaffen wurde, um die Ressortspitze des BMJ, das ist im konkreten Fall jetzt Alma Sardic, bei der abschließenden Erledigung von Vorhabensberichten zu beraten.

Damit soll der Eindruck vermieden werden im Ministerium, würde auch nach politischen Kriterien entschieden, denn in letzter Konsequenz hängt das Schicksal jedes berichtspflichtigen Akt an der Spitze der Weisungskette und das ist der jeweilige Justizminister oder die Justizministerin.

Also der Weisungsrat schaut sich den Vorhabensberichter Staatsanwaltschaftfang, er schaut sich den Berichter Oberstaatsanwaltschaftfang, er schaut sich die Erledigungsentwürfe der Sektion Römisch 5 an und gibt dann seinerseits eine Empfehlung ab.

Die muss ich zwar nicht mit den Vorstellungen des Ministeriums decken, aber das ist meistens der Fall.

Und wenn der Weisungsrat dann endlich mal dran war, dann reist der Akt durch die Instanzen wieder zurück und erst ganz am Ende erfahren die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, ob ihr Vorhaben nun genehmigt wurde oder nicht.

Und das kann halt dauern. Im Fall kurz sind es jetzt sechs Monate in anderen Fällen, vergingen auch schon mal zwölf Monate und mehr eher ein eigentlich fertiger Akt, in deren endlich abgefertigt wurde.

So oder so ist diese Prozedur vollkommen intransparent, denn so groß das öffentliche Interesse an manchen Fällen auch sein mag, so wenig erfährt man darüber, welcher Vorhabensbericht, wann, wo, wie lange liegt, wer was entschieden oder empfohlen hat und warum das wieder mal so lange dauert.

Und das führt jetzt zurück zu Sebastian Kurz. Im Jänner dieses Jahres hatte die WKSDA ihren Vorhabensbericht nach oben geschickt.

Nach oben, das wäre in dem Fall die Oberstaatsanwaltschaft Wien, die für die WKSDA zuständig ist.

Das war hier aber nicht so, weil es rund um die Casinos- und ÖVP-Ermittlungen ja ziemliche Bröseln zwischen der Oberstaatsanwaltschaft Wien und der WKSDA gegeben hat.

Weshalb die Fachaufsicht für dieses Großverfahren jetzt bei einem Oberstaatsanwalt der Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck liegt, der nach Wien Dienst zugeteilt wurde.

Beim Erzähl fällt man auf wie unglaublich kaffgeist sich das ganze Jahr anhören muss.

Jedenfalls hat der für den Fall dienstzugeteilte Oberstaatsanwaltschaft aus Innsbruck in Wien im Jänner den Vorhabensbericht der WKSDA erhalten

und anschließend zusammen mit seinem Bericht an das Justizministerium geschickt und von da weg hatte der Akt den beschriebenen Weg genommen.

Im Kurier habe ich kürzlich gelesen, dass der Fall mittlerweile beim Weisungsrat liegt.

Immerhin nicht, also dann hatte ja quasi die Hälfte des Weges bereits hinter sich.

Sechs Monate hat man bisher also gebraucht, um den Vorhabensbericht in der Kauser Kurz, Bonelli und Klatz-Kremsner keiner Erledigung zuzuführen.

Es ist zwar nicht bestätigt, was die WKSDA vorhat, aber mein educated guess ist, dass wir es hier mit einer geplanten Anklage Erhebung zu tun haben, also ganz konkret mit einem Strafantrag wegen falscher Beweisaussage gegen Kurz,

und Klatz-Kremsner.

Das scheint jetzt keine wirklich komplizierte Kauser zu sein, also warum vergehen da schon wieder Monate?

Ich habe dem Justizministerium dazu neuen Fragen geschickt, wo ich wissen wollte, wo der Vorhabensbericht wie lange lag.

Das Ministerium hat geantwortet, blieb aber das meiste schuldig. Die Fragen und die Antworten findet ihr in den Show-Notes.

Laut einer Sprecherin hat das BMJ den Vorhabensbericht und den Bericht der Oberstaatsanwaltschaft im März dieses Jahres erhalten.

Die zuständige Sektion hat das Vorhaben dann geprüft und nun sei eben der Weisungsrat damit befasst.

Wann das Gremium seine Empfehlung abgeben wird, das erfährt man nicht.

Ja, wir haben ja unter Journos schon gewitzelt, dass die in der Justiz wegen des politischen Impact seiner Anklage gegen Kurz wohl erst die Wahlen in Niederösterreich, in Kärnten und in Salzburg abwarten wollen,

womöglich ist das Ganze gar kein Witz.

Ja, zur Sicherheit, ich habe nachgeschaut, also die nächsten regulären Wahlen während die Gemeinderatswahlen in Salzburg und Innsbruck im März und April kommenden Jahres.

Mal schauen, wie lange es in der Justiz noch brauchen.

Das war die heutige Ausgabe der Dunkelkammer. Ich hoffe einmal mehr, es hat euch gefallen.

Zögert nicht, mir konstruktives Feedback zu schicken, mich zu bewerten. Nachrichten bitte an redaktion.eddunkelkammer.at.

Danke fürs Zuhören. Bleibt mir gewogen, ihr hört von mir.

Copyright WDR 2021

Machine-generated transcript that may contain inaccuracies.

I. Der Fall Kika-Leiner. Vor fünf Jahren übernahm die Signa-Gruppe von René Benko eine Möbelhandelskette, die damals praktisch pleite war. Eben hat er sie abgegeben und mittlerweile ist Kika-Leiner pleite.

Aber wollte Signa den Laden nicht eigentlich sanieren? Was ist da in den vergangenen fünf Jahren passiert? Wie viel Geld hat  Signa in Kika-Leiner hineingesteckt und wie viel wieder herausgezogen? Eine Spurensuche.

II. Der Fall Kurz. Ende des Vorjahres hat die WKStA ihre Ermittlungen gegen Sebastian Kurz und zwei weitere Beschuldigte wegen mutmaßlicher Falschaussagen im "Ibiza"-Untersuchungsausschuss abgeschlossen. 

Ein Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft liegt seit Monaten unerledigt im Justizministerium. 

Ich habe dazu folgende Fragen an das Justizministerium gerichtet:

+ Seit wann liegt der Vorhabensbericht der WKStA in der Causa Kurz/Glatz Kremser/Bonelli dem BMJ vor? 

+ Wann hat der dienstzugeteiliten OStA aus Innsbruck dem BMJ seinen Bericht zum Vorhabensbericht der WKStA übermittelt?

+ Ab wann und wie lange prüfte der/die zuständige BMJ-Fachreferent/in die eingegangenen Berichte?

+ Wie lange prüfte die BMJ-Abteilungsleiterin?

+ Wie lange prüfte die BMJ-Sektionschefin?

+ Wie lange lag der Akt im Kabinett des Bundesministerin?

+ Seit wann liegt der Akt beim Weisungsrat?

+ Wann wird der Weisungsrat seine Empfehlung abgeben?

+ Wurde auf Ebene des BMJ bisher nur der Vorhabensbericht bzw. der Bericht des dienstzugeteilten OStA geprüft oder wurde hierzu der gesamte Ermittlunsakt vorgelegt?

Das Ministerium antwortete darauf wie folgt:
Das Prozedere der Fachaufsicht ist so definiert, dass die Vorhabensberichte der Staatsanwaltschaften von der jeweils zuständigen Oberstaatsanwaltschaft fachlich geprüft werden. In weitere Folge übermittelt die Oberstaatsanwaltschaft den Bericht und das Ergebnis ihrer Prüfung an das Bundesministerium für Justiz. Dies geschah im konkreten Fall im März 2023.

Die zuständige Sektion für Einzelstrafsachen prüft das Vorhaben ebenfalls auf Grundlage der Berichte und allfälliger Erledigungsentwürfe. Der Ermittlungs- oder Strafakt selbst liegt dem Bundesministerium für Justiz grundsätzlich nicht vor.

Die Sektion prüft - wie gesetzlich vorgesehen - die Plausibilität einer Anklage auf Grundlage der Darstellung in der Anklageschrift. Hierbei nimmt die Fachaufsicht eine eigenständige Prüfung und rechtliche Beurteilung nach einem Mehraugenprinzip vor. Eine derartige Prüfung muss immer mit der gebotenen Sorgfalt erfolgen –selbstverständlich auch in Fällen, die öffentlich derart aufmerksam verfolgt werden.

Im Anschluss ist in bestimmten Fällen der Weisungsrat (der unabhängige und an keine Weisungen gebundene Beirat für den ministeriellen Weisungsbereich) zu befassen, etwa wenn es sich um eine Strafsache gegen Oberste Organe der Vollziehung handelt. In diesen Fällen hat das Bundesministerium für Justiz die Berichte der (Ober-)Staatsanwaltschaften über deren beabsichtigtes Vorgehen sowie die vom Bundesministerium für Justiz vorgesehene Erledigung samt Begründung dem Weisungsrat zur Äußerung vorzulegen. Der Weisungsrat kann dieser Erledigung zustimmen oder anderslautende Empfehlungen abgeben.

Im konkreten Fall ist derzeit der Weisungsrat mit dem Vorhaben befasst. Über den Inhaltund Zeithorizont einer laufenden Prüfung können wir – wie immer - keine Auskunft geben.