Die Dunkelkammer – Der Investigativ-Podcast: #10 Dunkelkammer-Telegramm: Tag 1 im Karmasin-Prozess

Michael Nikbakhsh Michael Nikbakhsh 4/25/23 - Episode Page - 12m - PDF Transcript

Österreich ist nicht ganz dicht. Genau genommen sind es unsere Wände, Fenster, Türen und Dächer, die nicht ganz dicht sind.

Jetzt bis zu 14.000 Euro Sanierungsbonus holen und dauerhaft Energiekosten senken, mehr auf sanierungsbonus.at.

Endgeltliche Einschaltung bis Klimaschutzministeriums.

Herzlich Willkommen in der Dunkelkammer. Mein Name ist Michael Nickbarsch, ich bin freier Journalist und beschäftige mich mit mächtigen Menschen.

Also genauer, mit der dunklen Seite, der Macht.

Das ist die zehnte Ausgabe der Dunkelkammer und aus gegebenen Anlass ist sie ein Dunkelkammer-Telegramm.

Ja, und der gegebene Anlass ist der erste Verhandlungstag im Karmasin-Prozess.

Heute am 25. April um 9 Uhr, 36, rief Richter Patrick Aulebauer die Verhandlung gegen die frühere ÖVP-Familienministerin Sophie Karmasin Schaller und einen Mitarbeiter des Sportministeriums auf.

Die Anklage der WKSDR gegen Karmasin Schaller lautet auf schweren Betrug und Wettbewerbsbeschränkende Absprachen.

Und der zweite Anklagepunkt betrifft zugleich den mitangeklagten Mitarbeiter des Ministeriums.

Ort des Geschehens ist der große Schwurgerichtshalt des Wiener Landesgerichts für Strafsachen.

Und der war zum Auftakt ganz gut besucht, wenn auch nicht voll.

Also da habe ich schon vollere erste Prozess-Tage in anderen Fällen erlebt.

Ja, und ich war auch dieses Mal dort und bringe euch ein paar Einbrücke mit.

Am ersten Prozessag hörten wir am Vormittag die Plädoyester Staatsanwaltschaft und der Verteidigung.

Am Nachmittag wurden dann Karmasin Schaller und der zweite Angeklagte befragt.

Beide haben sich übrigens nicht schuldig bekannt.

Um das Geschehen des ersten Verhandlungs-Tags mal so zusammenzufassen, was Interessante daran war,

dass es in dem Verfahren nicht so sehr um die Sache selbst geht.

Die Sachverhalte sind nämlich an sich unstrittig.

Ja, Sophie Karmasin Schaller hat nach ihrem Abschied aus der Politik rund 79.600 Euro an Bezugsfortzahlung aus Steuergeldern in Anspruch genommen.

Ja, sie wusste, dass sie in der Zeit keiner Erwerbstätigkeit nachgehen durfte, also kein Geld verdienen durfte.

Ja, sie hat in der Zeit trotzdem Geschäfte angebahnt und zumindest einen Vortrag gegen Honorar gehalten.

Und ja, sie hat diese Bezugsfortzahlung vier Jahre später als Fehler erkannt und das zu Unrecht bezogene Geld an den Staat zurückgezahlt.

Und so weit es die Studien für das Sportministerium betrifft.

Ja, Sophie Karmasin Schaller hat sich mit ihrer damaligen Geschäftspartnerin Sabine Beinschab und einer weiteren Meinungsforschein abgesprochen,

um sich so Aufträge des Sportministeriums zu sichern.

Ja, jetzt im Moment einmal, wenn das jetzt eh alles außer Streit steht, warum fordert die WKSDA dann eine Verurteilung und die Verteidigung eine Freispruch?

Ja, am Ende geht es da um Details, um rechtliche Würdigungen und die sind dann für den weiteren Prozessverlauf und die Urteilsfindung von ganz entscheidender Bedeutung.

Fangen wir mal mit der WKSDA an.

Oberstaatsanwalt Gregor Adamowicz zeichnet in seinem Eröffnungsplädoyer das Bild einer Angeklagten, die Zitat jede Möglichkeit zur Geldmaximierung auf Kosten anderer genutzt habe.

Immer mehr, nie genug und zahlen sollten, die anderen, sagt er Adamowicz unter anderem.

So habe Karmasin Schaller bereits während ihrer Zeit als Familienministerin verdeckte Provisionen ausgeschäft mit Sabine Beinschab kassiert.

Nach ihrem Abschied aus der Politik nahtlos als Meinungsvorscherin als Vortragende weitergearbeitet er und dennoch die Bezugsverzahlung in Anspruch genommen und das geht so eben nicht.

Zurückgezahlt hat sie das Geld demnach auch erst als ihre WKSDA und die Medien quasi bereits auf den Fersen waren und das zunächst auch nicht zur Gänze.

Von tätiger Reue konnte laut Adamowicz also keine Rede sein.

Karmasin Schaller habe Spielregeln mit Füßen getreten, so der Oberstaatsanwalt und in diesem Kontext setzte er auch die Wettbewerbsabsprachen rund um die Studien für das Sportministerium.

Adamowicz sprach in dem Zusammenhang von einem Karmasinkadel.

Zum Abschluss wandte sich der Ankliger direkt an, Sophie Karmasin Schaller und sagte, ich wünsche ihnen, dass sie den Mut finden, ihre Opferrolle aufzugeben und für ihr Fehlverhalten einzustehen.

Anschließend war dann Karmasin Schallers Verteidiger Norbert Wes mit seiner Eröffnung dran.

Er hat eine Reihe von Folien mitgebracht.

Der große Schwurgerechtsaal hat seit einiger Zeit einen großen Screen, immerhin.

Soweit es die Tontechnik betrifft, ist der altehrwürdige Saal allerdings mehr alt als ehrwürdig. Man versteht teilweise nichts.

Das liegt auch daran, dass den Akteuren keine Head-Sets zur Verfügung stehen, sondern nur Hand- oder Stand-Mikros, an denen halt leider oft vorbeigesprochen wird.

Keine Ahnung, warum die Justiz-Verwaltung da kein Geld in die Hand nehmen will.

Aber zurück zu Norbert Wes. Er stellte gleich Eingangs zweierlei fest.

Erstens, die von der WKSDA vorgebrachten Sachverhalten sind grundsätzlich und großteils richtig.

Aber zweitens, die von der WKSDA gezogenen Schlüsse sind völlig daneben, die Behörde sei rechtlich falsch abgebogen, wie Wes das ausdrückte.

Zu den Studien für das Sportministerium sagt Wes, ja es gab Absprachen zwischen Karma Sinchala, Beinschab und der dritten Meinungsforscherin.

Aber die war nicht wettbewerbsbeschränkend, weil es laut Wes gar keinen Wettbewerb gab.

Das bedarf jetzt seiner Erklärung.

Die WKSDA sagt ja, Karma Sinchala habe mit Beinschab und der zweiten Meinungsforscherin ein Kartell gebildet, also Preise und Inhalte abgesprochen.

Und das mit dem einzigen Ziel vom Sportministerium bei sogenannten Direktvergaben in letztlich drei Fällen als Bestbieterin Studienaufträge zu bekommen.

Klammer auf die gesamte Anklageschrift zum Karma Sin Prozess findet ihr in den Show Notes der vorangegangenen Ausgabe Nummer 9.

Norbert Wes sagt nun, der Vorwurf der WKSDA sei strafrechtlich insofern völliger Quatsch, als Karma Sinchala von vornherein die einzige war, mit der das Ministerium für diese Studien zusammenarbeiten wollte.

Die Aufträge des Ministeriums an Karma Sinchala standen nämlich nach alle längst fest.

Auch die Preise waren intern fixiert, also bevor Karma Sinchala ihre Absprachen mit Sabine Beinschab traf.

Aber wieso hat es dann diese Absprachen gegeben?

Weserargument hätte das so, dass das Ministerium Karma Sinchala ersucht habe, für rein interne Dokumentationszwecke Vergleichsangebote einzuholen.

Und das habe sie dann halt gemacht.

Das sei unschön gewesen, ein Fehler auch, aber keinesfalls strafbar oder verteidiger.

Ja, und soweit es die Bezugsfortzahlung betrifft, sieht er seinem Mandantin ebenfalls im Leo.

Denn von den beanstandeten Bezügen seien ja zwei in jedem Fall zugestanden, weil sie da noch gar kein neues Einkommen hatte.

Und alles, was danach zusammengekommen ist, das hat sie laut Wes Zeitgerecht und freiwillig zurückgezahlt, womit diese sogenannte Tätigereue in jedem Fall erfüllt ist.

Am Nachmittag waren dann die Angeklagten dran, da war ich selbst schon weg, weil ich diese Folge sonst nicht mehr der Zeit hinbekommen hätte.

Gut nachlesen lässt sich das Geschehen aber ohnehin in den Online-Tickern, wo ich jetzt den des Standard hervorheben möchte.

Erstens, weil wir zusammenarbeiten und zweitens, weil ich Renate graber für ihr unermüdliches Tickern aus Gericht zählen und Untersuchungsausschüssen ehrlich bewundere.

Das ist Hochleistungsjournalismus. Alle Achtung.

Ja, also laut dem Standard-Ticker, außer dass sich Sophie Kamers in Schaller erstmals überhaupt inhaltlich zu den Vorwürfen.

Mit der Wecker-SDR scheint sie allerdings ihre Probleme zu haben.

Sie wollte deren Fragen wegen traumatischer Erfahrungen nicht beantworten.

Gegenüber dem Richter sagt es ja aber aus, dass die in Anspruchnahme der Bezugsfortzahlung ein Fehler war, der ja auch Leid tue und sie habe das Geld vollständig und zeitgerecht zurückgezahlt.

Und soweit es die Studien des Ministeriums betraf, folgte Kamers in Schaller der Linie ihrer Verteidigung.

Die Aufträge und Preise seien festgestanden.

Sie habe lediglich auf Wunsch des Ministeriums Vergleichsangebote eingeholt als rein formale, nachträgliche Dokumentation nur für den internen Gebrauch.

Da habe sie sich unnötigerweise einspannen lassen, sagte Kamersin.

Der mitangeklagte Mitarbeiter des Sportministeriums hat übrigens keinen Namen, weil er keine Person des öffentlichen Lebens ist und da hat man eben Anspruch auf Identitätsschutz.

Er sagte unter anderem aus, dass es ihm wurscht gewesen sei, wer einen Auftrag bekommt.

Kamersin habe Expertise gehabt, er wiederum habe Druck von oben verspürt.

Und soweit es die Vergleichsangebote betraf, habe er darauf vertraut, dass die Meinungsvorscherin nichts Rechtswidriges machen werde.

Das sei vielleicht etwas naiv gewesen, sagte er.

Ich fasse zusammen.

Einerseits reden hier alle von den selben Dingen und dann auch wieder nicht.

Also es geht um Neoncen, die darüber entscheiden werden, ob es hier zu verurteilen kommt oder nicht.

Ja, und natürlich werden auch und gerade die Aussagen von Sabine Beinschab eine Rolle spielen, die am 27. April als Grundzeugin erwartet wird.

Der Prozess ist davor erst drei Verhandlungstage, angesetzt am 9. Mai soll ein Urterleger mal sehen, ob sich das ausgeht.

Das war die zehnte Ausgabe der Dunkelkammer, dieses Mal wieder ein Dunkelkammer Telegram.

Ich hoffe, es hat euch gefallen. Zögert nicht, die Dunkelkammer zu bewerten.

Ich freue mich weiterhin über konstruktives Feedback. Bleibt mir gewogen. Ihr hört von mir.

Machine-generated transcript that may contain inaccuracies.

Für die zehnte Ausgabe der Dunkelkammer war ich im zum Auftakt des Karmasin-Prozesses im Großen Schwurgerichtssaal des Landesgerichts für Strafsachen Wien, wo Richter Patrick Aulebauer um 9.36 Uhr die Verhandlung aufrief. 

Der erste Tag brachte eine erste Erkenntnis. Soweit es um die grundlegenden Sachverhalte geht, herrscht zwischen der Anklage und der Verteidigung weitgehend Konsens. 

Wenn es aber an die rechtliche Würdigung geht, gehen die Auffassungen weit auseinander. 

WKStA-Ankläger Gregor Adamovic sieht strafbares Handeln und fordert eine Verurteilung, Karmasin-Schallers Verteidiger Norbert Wess sieht entschuldbare Fehler, aber keine Straftaten und fordert einen Freispruch.